Fütterung 6 Wird der Einsatz pflanzlicher Proteine zur Kostenfrage? Dr. Jürgen Weiß, 34117 Kassel F ür die Tierernährung hat das Verbot der Verfütterung proteinhaltiger Erzeugnisse und von Gewebefetten warmblütiger Landtiere und Fischen Konzequenzen in Richtung Protein-, Energie- und Phosphorversorgung insbesondere bei Schweinen und Geflügel. Legt man die Einzelfuttermittelliste der futtermittelrechtlichen Vorschriften aus dem Jahr 1997 zu Grunde, sind insgesamt 29 Einzelfuttermittel von dem Verbot betroffen. Die Zahlen zeigen stark schwankende Rohprotein-Gehalte der einzelnen Futtermittelkomponenten. Zur Beurteilung ist aber nicht nur der RP-Gehalt in der Trockenmasse (T) heranzuziehen, sondern auch dessen Qualität. Diese wird durch den Lysingehalt einerseits und durch das Verhältnis der nächst wichtigsten Aminosäuren Methionin/Cystin, Threonin und Tryptophan andererseits charakterisiert. In den Futtermischungen für Schweine sollte der Lysingehalt 5 bis 5,3 Prozent des Rohproteins ausmachen. Das Verhältnis Lysin zu Methionin/Cystin zu Threonin zu Tryptophan soll bei 1 : 0,6 : 0,6 : 0,2 liegen. In der Ferkelaufzucht sollte der Threoninanteil höher sein und 0,65 betragen. Verdaulichkeit der Aminosäuren entscheidend Die Leistungsfähigkeit von Futterkomponenten ist jedoch letztendlich von der Verfügbarkeit der Nährstoffe im Verdauungstrakt der Tiere abhängig. Im Falle der Aminosäuren wird diese in Form der praecaecalen Verdaulichkeit (Dünndarmverdaulichkeit) gemessen. Bezüglich Tiermehl muss von einer deutlich verringerten Verdaulichkeit der Aminosäuren ausgegangen werden, bedingt durch den sehr starken Erhitzungsprozess. Damit ist die Proteinqualität allenfalls als durchschnittlich anzusehen. Für Fischmehl trifft dies nicht zu, hier ist von einer guten Aminosäureverdaulichkeit auszugehen. Im Zusammenhang mit den hohen Protein- und Aminosäuregehalten ist diese Komponente als sehr hochwertige Eiweißquelle zu charakterisieren. Die Beurteilung der vom Verbot betroffenen Futtermittel darf sich allerdings nicht allein auf die Proteinkomponente beschränken. Es handelt sich hier auch um wesentliche Calzium- und Phosphorlieferanten. Wenn man wieder die Verdaulichkeit als Maß aller Dinge zu Grunde legt, muss man insbesondere für Phosphor von hervorragenden Werten (80 Prozent) ausgehen. Sojaschrot und alle anderen pflanzlichen Produkte haben nicht nur erheblich geringere absolute P-Gehalte, sondern auch wegen des hohen Phytatanteils wesentlich geringere Verdaulichkeiten (Soja: 35 Prozent). Bei dieser Überlegung ist der Bereich Protein einerseits und Phosphor andererseits zu betrachten. Als spezielle Komplexe sind Fett und Gelatine zu behandeln. Die Haupteiweißquelle in der Futtermittel In der Schweinefütterung können Tiermehle in erster Linie durch Sojaschrot und Rapsschrot ersetzt werden (Foto: Hensch) Schweine- und Geflügelernährung wird Sojaschrot sein. Für Mastschweine, Zuchtsauen und auch Legehennen kann man davon ausgehen, dass aus ernährungsphysiologischer Sicht die Proteinversorgung über pflanzliche Komponenten sicherzustellen ist. Bei den Futtermitteln der Tabelle 1 muss unterschieden werden zwischen solchen, die nur in sehr begrenzten Mengen zur Verfügung stehen – deshalb auch sehr teuer sind – und solchen, die zumindest in absehbarer Zeit in Tab. 1: Futterwert der wichtigsten Eiweißfuttermittel 1 000 g Futtermittel enthalten: T Roh- Roh- Lysin Meth.+ Threo- Trypto- ME Ca P protein fett Cyst. nin phan g g g g g g g MJ g g Sojaschrot HP 890 488 12 30,3 14,2 19,0 6,3 14,6 2,8 7,1 Sojaschrot (42 % Rp) 878 419 17 26,6 12,1 16,4 5,5 12,6 5,2 6,1 Bierhefe, getrocknet 900 469 14 30,5 13,1 22,5 6,1 13,4 2,6 14,8 Kartoffeleiweiß 906 765 15 55,5 29,1 21,5 9,5 18,2 0,9 2,6 Maiskleber 900 637 47 10,8 26,7 21,7 3,2 18,3 0,6 5,0 Rapsextraktionsschrot 890 355 22 19,8 16,0 15,7 4,6 11,0 6,6 11,7 Ackerbohnen 880 262 14 16,5 5,3 9,4 2,4 13,0 1,2 4,8 Erbsen 880 210 10 15,0 5,2 7,8 1,9 13,3 0,9 4,7 Lupinen, blau, süß 897 280 63 13,3 5,4 9,3 1,9 10,9 3,9 4,5 Magermilchpulver 960 350 5 27,4 11,9 15,7 4,5 16,5 13,0 10,1 ausreichender Menge vorhanden sind. Zur ersteren Kategorie gehören Bierhefe, Kartoffeleiweiß und Maiskleber. In der letzten Zeile der Tabelle 1 ist auch Magermilchpulver als einzig noch zugelassenes tierisches Eiweißfutter aufgeführt. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass diese Komponente für Fütterungszwecke zur Verfügung steht, beziehungsweise bezahlbar ist. Die genannten Futtermittel zeichnen sich durch hohe Proteingehalte mit sehr guter Qualität und Verdaulichkeit aus und sind deshalb bevorzugt für die Jungtierernährung (Ferkel) einzusetzen. Die zweite Kategorie der in der Tabelle 1 aufgeführten Eiweißfuttermittel muss man zwar auch in erster Linie unter dem Aspekt der Deckung der durch das Verbot entstandenen Eiweißlücke sehen. Wegen der Preisentwicklung bei Sojaschrot sind sie jedoch auch unter dem Aspekt der Preiswürdigkeit als Ersatz von Sojaschrot zu betrachten. Im Aminosäurenmuster bestehen gravierende Unterschiede Futtermittel nerell niedriger als bei Sojaschrot. Besonders niedrig ist die Methionin/Cystin-Verdaulichkeit von Ackerbohnen und auch von Erbsen. Die hier aufgezeigten qualitativen Unterschiede müssen bei der Futteroptimierung berücksichtigt werden. Wie bei vielen Futtermitteln sind auch bei einigen pflanzlichen Eiweißfuttermitteln Mengenbegrenzungen in den Futtermischungen zu beachten. Diese sind durch spezifische, schädliche (antinutritive) Pflanzeninhaltsstoffe bedingt, die sich in größeren Mengen negativ auf die Futteraufnahme und auf die tierische Leistung und Gesundheit auswirken. Bei Rapsextraktionsschrot sind diese zum Beispiel die Glucosinolate, bei Körnerleguminosen Tanine, Glucoside sowie eventuell Alkaloide. In der Tabelle 2 sind Angaben zu Höchstmengen der verschiedenen Komponenten in den Futtermischungen aufgeführt. Diese Angaben beinhalten hohe Sicherheitszuschläge. Bei einzelnen Komponenten wurden in Tierversuchen zum Teil erheblich höhere Mengen ohne negative Auswirkungen eingesetzt. Phosphorversorgung künftig vorwiegend mineralisch Die Deckung des Phosphorbedarfes im Mischfutter wurde von den Herstellern bisher ausschließlich über tierische Futtermittel realisiert. Mineralische Phosphate in Form von Mono- und Dicalziumphosphaten wurden in erster Linie von den Mineralfutterherstellern Tab. 2: Empfohlene Höchstanteile von pflanzlichen Eiweißfuttermitteln in % im Alleinfutter (88 % T) für: Ferkel Zuchtsauen Mast- Geflügel Legetragend säugend schweine Aufzucht hennen und Mast Bierhefe, getrocknet 5 10 10 10 8 8 Kartoffeleiweiß 5 3 5 5 – – Maiskleber 4 10 5 10 15 25 Rapsextraktionsschrot 3 5 5 10 15 10 Ackerbohnen 5 10 10 15 15 10 Erbsen 5 10 10 20 20 20 Süßlupinen, blau, süß 5 10 10 10 20 15 *Braunleger 0 % Quelle: BLT Grub 1999 und Jahrbuch der Geflügelwirtschaft Was die praecaecale Verdaulichkeit der Aminosäuren betrifft, liegt diese bei Rapsextraktionsschrot und Körnerleguminosen geeingesetzt. Nunmehr muss auch im Mischfutterbereich auf die mineralischen Komponenten zurückgegriffen werden. Dies führt zu einem erheblichen Mehrbedarf, was unter dem Aspekt der begrenzten Rohphosphatvorkommen, der zum Teil erheblichen Belastung mit Schwermetallen (insbesondere Cadmium und Fluor), die eliminiert werden müssen, und des sehr energieaufwendigen Aufschlusses besonders kritisch zu betrachten ist. Die Preise, die wegen der höheren Energiekosten ohnehin gerade erhöht werden mussten, werden weiter steigen. Zur besseren Nutzung des in pflanzlichen Futtermitteln vorhandenen Phytinphosphors In der Geflügelfütterung muss nach dem Verbot der Tiermehle nicht nur die Eiweiß-, sondern auch die Mineralstoffversorgung im Auge behalten werden ist auch ein verstärkter Einsatz von Phytase denkbar. Hohe Energiedichte für Jungtieraufzucht nötig Die Einbeziehung von Tierfett in das Verbot bringt besonders in der Jungtierernährung (insbesondere Kälber, aber auch Ferkel) Probleme, die notwendigen hohen Energiedichten im Futter zu realisieren. Aber auch im Mischfutter für Schweine und Geflügel wurde Tierfett als Energieträger eingesetzt. Mit 24 bis 35 MJ ME/kg ist der Energiegehalt in etwa doppelt so hoch wie zum Beispiel in Weizen. Ein Ersatz durch pflanzliche Öle, die zur Zeit 7 VeredlungsProduktion 1/2001 VeredlungsProduktion 1/2001