Editorial - Psychotherapeutenkammer NRW
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Methodenvielfalt in der<br />
Psychotherapieforschung<br />
Matthias Ochs<br />
<strong>Psychotherapeutenkammer</strong> Hessen<br />
Zusammenfassung: Quantitative und qualitative Forschungsmethoden bilden das<br />
empirische Fundament der Psychotherapieforschung. Denn wissenschaftlich anerkannte<br />
psychotherapeutische Verfahren sind sowohl in natur-, als auch in kultur- und<br />
sozialwissenschaftlichen Traditionen verankert. In dem Artikel werden zum einen einige<br />
relevante Aspekte quantitativer Psychotherapieforschung gewürdigt. Zum anderen<br />
werden Aspekte qualitativer Psychotherapieforschung unter dem Blickwinkel der<br />
möglichen Relevanz für die Praxeologie, für die psychotherapeutische Ergebnis- und<br />
Prozessforschung sowie für die Erforschung von Psychotherapie im Kontext des Gesundheitssystems<br />
dargestellt. Abschließend wird für die Kombination quantitativer als<br />
auch qualitativer Methoden bei der Erforschung von Psychotherapie plädiert.<br />
„Whether one uses numbers, narrative, poetry, drama, or photos as data, each<br />
points to a better understanding (or multiple understanding) of some phenomenon“<br />
Einführung<br />
Dieser Artikel versteht sich als ein Diskussionsbeitrag<br />
zur Frage der Kombination<br />
quantitativer und qualitativer Methoden in<br />
der Psychotherapieforschung. 1 Hierzu werden<br />
verschiedene Überlegungen und Aspekte<br />
zum Thema kursorisch beleuchtet.<br />
Der Anspruch des Artikels ist es nicht, das<br />
weite Feld der quantitativen und qualitativen<br />
Psychotherapieforschung hinreichend<br />
umfassend darzustellen. Ein solches Unterfangen<br />
würde den Rahmen des Artikels<br />
deutlich sprengen. (Ein stärker forschungsorientierter,<br />
in die fachlich-inhaltliche Tiefe<br />
gehender Artikel zur qualitativen Forschung<br />
in der Psychotherapie wird vom Autor zurzeit<br />
vorbereitet.)<br />
Der Artikel plädiert für den Einsatz von sowohl<br />
quantitativen als auch qualitativen<br />
Methoden in der Psychotherapieforschung.<br />
Acock, Van Dulmen, Allen und Piercy (2005)<br />
Im Folgenden wird jedoch ein Schwerpunkt<br />
auf qualitative Psychotherapieforschung<br />
gelegt; da diese immer noch eher<br />
stiefmütterlich behandelt wird. Denn qualitative<br />
Psychotherapieforschung kann (a)<br />
möglicherweise einerseits (komplementär<br />
zur quantitativen Forschung) ebenfalls zur<br />
im berufs- und sozialpolitischen Kontext<br />
bedeutsamen Versorgungsforschung beitragen<br />
und ist (b) andererseits praxeologisch<br />
von hoher Relevanz.<br />
Quantitative Forschung<br />
Es würde den Rahmen dieses Artikels<br />
sprengen, einen Überblick über das gesamte<br />
Spektrum quantitativ orientierter<br />
Psychotherapieforschung zu geben. Hierfür<br />
sei auf gute aktuelle Überblickarbeiten<br />
z. B. bei Lutz und Grawe (2007), Hautzinger<br />
(2007) oder Strauss und Wittmann<br />
(2005) verwiesen. Hier sollen lediglich einige<br />
m. E. relevant erscheinende Aspekte<br />
kurz skizziert werden.<br />
Legitimation und<br />
Versorgung<br />
Die Verdienste der quantitativ und experimentell<br />
orientierten Forschung für die<br />
psychotherapeutische Profession sind<br />
unbestritten und überwältigend. Dieser<br />
Forschung ist zu verdanken, dass heute<br />
innerhalb gesellschaftlicher, politischer<br />
sowie wissenschaftlicher Diskurse mit Fug<br />
und Recht festgestellt werden kann, dass<br />
Psychotherapie wirkt und diese Wirkung<br />
nicht (nur) auf Placebo-Effekte zurückzuführen<br />
ist, sondern auf eine Reihe von weiteren<br />
Faktoren, die beispielsweise Lambert<br />
und Barley (2002) folgendermaßen gewichten:<br />
40% Veränderungen außerhalb<br />
der Psychotherapie; 30% unspezifische<br />
Wirkfaktoren (z. B. die therapeutische<br />
Beziehung, Therapeuteneigenschaften);<br />
15% Erwartungseffekte (Placebo); 15%<br />
Therapietechniken. Diese Prozentangaben<br />
stellen keine endgültigen Werte dar; so<br />
wird etwa der Anteil der therapeutischen<br />
Beziehung am Therapieerfolg im Großen<br />
und Ganzen nicht bezweifelt, aber teilweise<br />
unterschiedlich bewertet (z. B. Martin<br />
et al., 2000, zitiert in Harfst, Wessels,<br />
Buchholz & Kächele, 2008). Anhand dieser<br />
Zahlen wird aber auch deutlich, dass die<br />
1 Für hilfreiche Anmerkungen danke ich Jürgen<br />
Hardt, Prof. Jürgen Kriz und Prof. Jürgen<br />
Hoyer.<br />
120 Psychotherapeutenjournal 2/2009