SONDERAUSGABE - DPSG DV Aachen
SONDERAUSGABE - DPSG DV Aachen
SONDERAUSGABE - DPSG DV Aachen
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3/10<br />
Stufen-<br />
orientierung
impressum<br />
2<br />
$<br />
In h a lt - Im p r e s s u m<br />
inhalt<br />
Vorweg<br />
Die avanti ist die Zeitung der Leiterinnen und Leiter<br />
des <strong>DPSG</strong> Diözesanverbands <strong>Aachen</strong> und erscheint<br />
viermal im Jahr.<br />
Herausgeber:<br />
Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg,<br />
Diözesanverband <strong>Aachen</strong>,<br />
Jugendbildungsstätte Haus St. Georg,<br />
Mühltalweg 7-11, 41844 Wegberg,<br />
Tel.: 02434-98120/Fax: 02434-981217,<br />
E-Mail: avanti@dpsg-ac.de<br />
Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2<br />
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3<br />
Teil 1 Stufenorientierung<br />
Mit Wölflingen das Leben entdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
Abenteuer Jungpfadfinderstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6<br />
Abenteuer – Aus der Ordnung der <strong>DPSG</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Ziele und Menschenbild des Verbandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
Wagt es – gelebte Stufenorientierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
„Chill ma!“ – Gelebter Roverkult oder Vorurteil?! . . . . . . . . . . . . . . .15<br />
Hinweise zu den Methodenkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Teil 2 Methodensammlung<br />
Methodenkarten zum Heraustrennen im Mittelteil<br />
Redaktion:<br />
Jörg Duda, Elmar Mertens, Stephan Milthaler, Anja<br />
Rave, Martin Reinartz, Ralf Steigels, Michael Teubner<br />
(ViSdP)<br />
Layout:<br />
Ralf Steigels<br />
Druck:<br />
Druckerei Mainz, Süsterfeldstraße, <strong>Aachen</strong><br />
Titelbild:<br />
Raphael Immer<br />
Redaktionsschluss für die nächste avanti:<br />
15.10.2010
Liebe avanti-Leserinnen und -Leser<br />
Mit dieser Ausgabe der avanti habt ihr eine Ausgabe in den Händen,<br />
die sich mit einem grundlegenden Thema der <strong>DPSG</strong>-Pädagogik befasst<br />
und sich der Philosophie unseres Verbandes widmet.<br />
Auf den nächsten Seiten werdet ihr die Stufenorientierung der einzelnen<br />
Altersstufen kennenlernen, Hintergründe dazu erfahren sowie Umsetzungsmöglichkeiten<br />
und Praxisbeispiele im Verband entdecken.<br />
Aber warum gibt es die Stufenorientierung eigentlich?<br />
Der Grund ist simpel, auch wenn die Stufenorientierung an manchen<br />
Stellen sehr komplex erscheint. Kinder und Jugendliche eines jeden<br />
Alters haben individuelle Bedürfnisse, Interessen und – ganz wichtig<br />
– unterschiedliche Fähigkeiten. Hierzu gehören nicht nur die kognitiven<br />
Fähigkeiten, sondern auch physische Leistungsfähigkeit und<br />
motorische Entwicklung.<br />
$<br />
Vo r w e g<br />
Die Stufenorientierung gibt hierzu Hilfestellungen und geht in ihren<br />
Zielen ganz bewusst auf die Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen Passgenau solls sein<br />
ein. Generell ist ein objektives Augenmerk auf Kinder und Jugendlichen<br />
zu richten. Dies hat Baden-Powell, Gründer der Pfadfinderbewegung,<br />
bereits vor mehr als einem halben Jahrhundert mit dem Satz „Look at the boy/girl“ erkannt.<br />
Denn: Niemand soll überfordert, aber auch nicht unterfordert werden. Beides, führt langfristig<br />
betrachtet, nur zu Frustration.<br />
Kinder und Jugendliche – und das nicht nur in unserem Verband – brauchen eine alters- und entwicklungsgerechte<br />
Förderung und sollen ihre Um- und Mitwelt entsprechend ihres Entwicklungsstandes<br />
kennenlernen und sich nach und nach mit immer komplexeren Themen und Problematiken<br />
auseinandersetzen können. Und darum geht es im Eigentlichen; Kindern und Jugendlichen die<br />
Möglichkeit bieten IHRE Welt zu erleben, zu erkunden, Wagnisse einzugehen und schlussendlich<br />
Verantwortung zu übernehmen.<br />
Diese altersgerechte Herangehensweise ergibt sich auch aus den Zielen und dem Menschenbild<br />
unseres Verbandes, wie sie zu Beginn unserer Ordnung formuliert sind. Das zugehörige Kapitel<br />
der Ordnung findet ihr ebenfalls in diesem Heft.<br />
Und zur Anregung der eigenen Kreativität gibt es in dieser Ausgabe auch zwei leere Methodenkarten,<br />
die ihr mit euren eigenen Ideen füllen könnt.<br />
Ich wünsche euch viel Spaß mit dieser avanti, nicht nur beim Lesen und beim Hintergründe- und<br />
Zusammenhänge-Entdecken, sondern ganz besonders auch beim Ausprobieren und Umsetzen<br />
in der Praxis.<br />
Michael Teubner,<br />
Diözesanvorsitzender<br />
3
4<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Mit Wölflingen das Leben entdecken<br />
Die Stufenorientierung der Wölflingsstufe<br />
„Entdecken“ ist der zentrale Schlüsselbegriff der Stufenorientierung in der Wölflingsstufe.<br />
Was verstehen wir eigentlich unter Entdecken?<br />
Bei Wikipedia findet sich folgende<br />
Definition:<br />
Eine Entdeckung ist – nach<br />
Meyers Konversationslexikon<br />
– die Auffindung dessen, was<br />
schon vorhanden, aber noch<br />
nicht bekannt war, zum Beispiel<br />
eines neuen Landes, eines<br />
neuen Himmelskörpers, einer<br />
neuen Tier-, Pflanzen- oder<br />
Mineralart sowie auch neuer<br />
Tatsachen und Gesetze auf<br />
dem Gebiet der verschiedenen<br />
Naturwissenschaften .<br />
Die Entdeckung kann, wie die<br />
im Gegensatz dazu stehende<br />
Erfindung, zufällig oder absichtlich<br />
sein . Zu der absichtlichen<br />
Entdeckung gehört immer ein<br />
ausgezeichnetes Talent zur Anstellung<br />
von Beobachtungen,<br />
Experimenten oder Spekulationen,<br />
unter Umständen auch ein<br />
großer Unternehmungsgeist.<br />
Wieso, weshalb, warum?<br />
Wölflinge sind Forscher, Entdecker,<br />
Kundschafter und Kritiker.<br />
Die Kinder fragen „Wieso,<br />
weshalb, warum?“, „Wie funktioniert<br />
das?“ und „Warum ist<br />
eigentlich der Himmel blau und<br />
die Banane krumm?“. Sie wollen<br />
wissen wie alles funktioniert,<br />
wollen hinter die Dinge schauen<br />
und Neuigkeiten entdecken.<br />
Die Wölflinge wollen das Leben<br />
entdecken außerhalb des Elternhauses<br />
und dazu brauchen<br />
Wölflinge Leiter, die sich auf<br />
das spielerische Entdecken der<br />
Wölflinge einlassen.<br />
Spielen macht Spaß<br />
Das Spiel ist die Handlungsform<br />
der Wölflingsstufe. Dabei<br />
ist Spielen deutlich mehr als<br />
Selbstzweck oder gar Beschäftigungstherapie!<br />
Spielen macht<br />
Spaß, Spielen öffnet Horizonte,<br />
Spielen überwindet Konflikte,<br />
Spielen fördert die Phantasie,<br />
Spielen bewegt. Das Spielen<br />
ist in der Wölflingsstufe eine<br />
Methode, die vier Entdeckungsfelder<br />
erlebbar zu machen. Die<br />
Entdeckungsfelder lauten:<br />
1. Wölflinge finden zu<br />
sich selbst!<br />
Sie entdecken sich selbst. Sie<br />
fangen intensiver an über sich<br />
nachzudenken. Warum sind sie<br />
gerade so und nicht anders?<br />
Wölflinge erfahren beim Spielen,<br />
Streiten, Versöhnen und<br />
Handeln in der Gruppe sich<br />
selbst. Schon bei der Planung<br />
der gemeinsamen Unternehmungen<br />
ver treten sie ihre<br />
Positionen und Interessen. Sie<br />
lernen sich mit anderen auseinanderzusetzen,<br />
nicht gleich<br />
zurückzustecken und trotzdem<br />
eine Einigung zu finden. In der<br />
Reflexion ihrer Handlungen und<br />
Erlebnisse werden ihre eigenen<br />
körperlichen und geistigen<br />
Fähigkeiten für sie erkennbar.<br />
Ermutigt und gestärkt gehen<br />
sie ihren Weg.<br />
2. Wölflinge finden Freundinnen<br />
und Freunde!<br />
Sie entdecken ihre Freunde, die<br />
kleinen und die großen. Da gibt<br />
es welche, die sie mehr, andere,<br />
die sie weniger mögen. Einige<br />
brauchen sie, andere stören sie.<br />
Der eine ist offen, der andere<br />
verschlossen.<br />
Wölflinge finden innerhalb der<br />
Gruppe ihren Platz und sie<br />
finden Freunde. Freundschaft<br />
heißt Vertrauen aufzubauen und<br />
für andere dazusein. Grundlage<br />
allen Handelns ist gegenseitige<br />
Achtung und Wertschätzung.<br />
Dabei haben sie Spaß und<br />
wollen auch anderen Freude<br />
machen. Mutig bringen sie ihre<br />
Wünsche und Kompetenzen ein<br />
und gestalten das Gruppenle-
en. Sie lernen voneinander<br />
und miteinander. Um einen<br />
friedlichen und fairen Umgang<br />
zu ermöglichen, erarbeiten sie<br />
Regeln und entwickeln eine positive<br />
Streitkultur.<br />
3. Wölflinge schauen hinter<br />
die Dinge und gestalten<br />
sie mit!<br />
Die Interessen und Bedürfnisse<br />
von Mädchen und Jungen stehen<br />
im Mittelpunkt der Gruppenarbeit.<br />
Wölflinge werden<br />
als Experten für ihr eigenes<br />
Leben ernst genommen. Sie<br />
entdecken neugierig ihr Umfeld.<br />
Unbekannte Dinge, Orte und<br />
Geheimnisse werden erforscht.<br />
In der Gruppe erweitern sie<br />
ihren Horizont und setzen sich<br />
mit ihrer und der Lebenswirklichkeit<br />
anderer auseinander.<br />
In der Begegnung mit Kindern<br />
anderer Länder und Kulturen<br />
lernen Wölflinge die kulturelle<br />
und religiöse Vielfalt ihrer Gesellschaft<br />
kennen und erfahren<br />
diese als Bereicherung.<br />
Kinder übernehmen so Verantwortung<br />
für die nachhaltige<br />
Gestaltung ihrer Zukunft. Wölflinge<br />
gestalten ihre Welt aktiv<br />
mit!<br />
4. Wölflinge erfahren,<br />
dass Gott für sie da ist!<br />
Im vierten Entdeckungsfeld<br />
wirkt sich die Entdeckerlust<br />
nicht so selbstverständlich<br />
aus. Die Wölflinge brauchen<br />
Anstöße.<br />
Wölflinge fragen nach dem „Woher“,<br />
„Wohin“ und „Warum“. Sie<br />
spüren, dass es etwas gibt, das<br />
über uns Menschen hinauszeigt.<br />
Staunend begegnen sie der<br />
Welt der kleinen und großen<br />
Wunder.<br />
Bei ihren Entdeckungen begegnen<br />
sie Menschen, für die<br />
Gott wichtig ist. Durch deren<br />
Vorleben von Glaubensinhalten<br />
und christlichen Werten können<br />
Wölflinge Gottes Gegenwart erfahren.<br />
Daneben gehören Glaubenserfahrungen<br />
und deren<br />
Deutung sowie die Vermittlung<br />
von Glaubensinhalten genauso<br />
zum Leben und Handeln der<br />
Gruppe wie kirchliche Feste und<br />
Gottesdienste.<br />
Die Kinder bekommen Raum<br />
und Zeit, ihre Erlebnisse, die<br />
schönen und die traurigen,<br />
einander und Gott mitzuteilen.<br />
Der Meutenalltag bietet<br />
ihnen zahlreiche Möglichkeiten,<br />
Glauben zu erleben und aktiv<br />
mitzugestalten. Somit erleben<br />
Wölflinge pfadfinderische Spiritualität<br />
als Teil ihres Lebens<br />
und Gott als jemanden, der für<br />
sie da ist.<br />
Methodensammlung<br />
Eine große Sammlung von Methoden,<br />
Spielen und Anregungen<br />
zu den vier Entdeckungsfeldern<br />
findet ihr unter www.woelflinge-wollens-wissen.de.<br />
Beim<br />
Bundeslager 2008 „Meuterei<br />
– Wölflinge am Ruder“ standen<br />
die vier Entdeckungsfelder im<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Mittelpunkt der Veranstaltung,<br />
sodass die Wölflinge „ihre“ Stufenorientierung<br />
kennenlernen<br />
konnten.<br />
Im Vorfeld des Bundeslagers<br />
haben wir, der Wölflings-Arbeitskreis,<br />
uns auch mit den<br />
vier Entdeckungsfeldern in<br />
unseren Diözesankonferenzen<br />
auseinandergesetzt. Die Diözesankonferenz<br />
ist das höchste<br />
beschlussfassende Gremium<br />
der Stufe auf Diözesanebene,<br />
zu der die Bezirksstufenreferenten<br />
eingeladen werden.<br />
So haben wir jeweils ein Entdeckungsfeld<br />
als „Schwerpunktthema“<br />
für unsere Konferenz<br />
genommen. Wir haben u.a. einen<br />
Klettergarten besucht, um<br />
zu uns selbst zu finden. Im Rahmen<br />
einer Exkursion waren wir<br />
im Kindermuseum in Duisburg,<br />
um hinter die Dinge zu schauen.<br />
Zusammen mit unserem<br />
Kuraten haben wir in einer<br />
Konferenz nach Möglichkeiten<br />
der Spiritualität mit Wölflingen<br />
gesucht und gefunden. Beim Diözesanlager<br />
01Topf09 haben wir<br />
für die 500 Wölflinge beim Stufentag<br />
eine Freundschaftsrallye<br />
angeboten mit den Inhalten des<br />
Entdeckungsfeldes.<br />
Entdeckt das Leben<br />
Nehmt euch doch einfach mal<br />
ein Entdeckungsfeld vor und<br />
entdeckt mit euren Wölflingen<br />
das Leben! Es macht Spaß. Für<br />
alle vier Entdeckungsfelder gibt<br />
es die entsprechenden Logos,<br />
die ihr auch als Aufnäher im<br />
Rüsthaus beziehen könnt. So<br />
können die Wös auch nach<br />
außen zeigen, dass sie die Stufenorientierung<br />
kennengelernt<br />
haben.<br />
Markus Neuenhaus<br />
Diözesanreferent Wölflingsstufe<br />
5
6<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Abenteuer Jungpfadfinderstufe<br />
Stufenpädagogik oder „Was macht die blaue Stufe besonders?“<br />
Stufenpädagogik – ein schreckliches Wort für etwas, das in den meisten<br />
Truppstunden ganz normaler Alltag ist. Was macht die Jungpfadfinderstufe<br />
aus? Welche Auswirkungen hat das auf das Programm und unser<br />
Leitungsverständnis?<br />
Jungpfadfinder sind zwischen<br />
10 und 13 Jahre alt. In dieser<br />
Zeit passiert viel in ihrem Leben.<br />
Sie gehen auf weiterführende<br />
Schulen und müssen sich<br />
hier behaupten. Die Pubertät<br />
beginnt und damit ein großer<br />
persönlicher Umbruch im Leben<br />
eines Juffis. Das Kind wandelt<br />
sich zum Jugendlichen, die erste<br />
Liebe verwirrt, Erwachsene<br />
werden hinterfragt, die Position<br />
in der Gruppe wird oft immer<br />
wichtiger.<br />
Eine Herausforderung<br />
Im Jungpfadfindertrupp ist die<br />
Spannweite oft sehr groß. Auf<br />
der einen Seite gibt es Kinder,<br />
die immer nur spielen möchten,<br />
die beim Fangenspiel richtig<br />
glücklich sind, und auf<br />
der anderen Seite die, die<br />
während des Fangenspielens<br />
lieber am Rand<br />
stehen und sich über<br />
die netten Pfadi-<br />
Jungs unterhalten.<br />
Wenn dann<br />
aber das schon<br />
so erwachsen wirkendeJuffi-Mädchen<br />
doch zum<br />
Mitmachen begeistert<br />
wird, ist<br />
sie oft Feuer und<br />
Flamme und freut<br />
sich, noch mal richtig<br />
Kind sein zu dürfen.<br />
Dieses Spannungsfeld ist die<br />
Herausforderung für jeden<br />
Jungpfadfinderleiter und jede<br />
Jungpfadfinderleiterin.<br />
Als Pfadfinder haben wir es uns<br />
zum Ziel gesetzt den Kindern<br />
zu helfen, sich zu eigenverantwortlichen<br />
Persönlichkeiten zu<br />
entwickeln. Gerade in der Phase<br />
der Orientierungssuche, die<br />
häufig in der Jungpfadfinderstufe<br />
richtig beginnt, heißt das für<br />
uns Leiterinnen und Leiter, dass<br />
wir den Kindern ermöglichen,<br />
ihre Bedürfnisse zu erkennen,<br />
diese zu benennen und zu vertreten.<br />
Sie sollen lernen, die<br />
Konsequenzen ihres Handelns<br />
zu überblicken und aus den Folgen<br />
etwas mitzunehmen.<br />
Als Leiterinnen und Leiter bieten<br />
wir dazu Raum und Gelegenheit.<br />
Der Jungpfadfindertrupp<br />
soll ein Ort des Vertrauens<br />
sein, in dem man sich auch<br />
mal ausprobieren kann, in<br />
dem ein Rückschlag nichts<br />
Schlimmes ist. In diesem<br />
vertrauten Rahmen sollen<br />
die Kinder sich selbst<br />
erleben.<br />
Abenteuer<br />
Das Abenteuer steht dabei<br />
im Mittelpunkt der Jungpfadfinderstufe.<br />
Abenteuer können ganz<br />
unterschiedlich sein. Ob<br />
nun das Staudammbauen im<br />
Sommerlager, die Schnitzeljagd<br />
in der Gruppenstunde,<br />
die Organisation eines Infostandes<br />
in der Fußgängerzone,<br />
die gemeinsame<br />
Bergbesteigung oder die<br />
Teilnahme am Diözesanlager.<br />
Für jeden Juffi<br />
werden andere Dinge<br />
zum Abenteuer. Im<br />
Abenteuer erfahren<br />
der Jungpfadfinder<br />
und die Jungpfadfinde- rin viel<br />
über sich selbst, über ihre Rollen<br />
in der Gruppe. Sie lernen Stärken<br />
und Schwächen kennen.<br />
Als Leiterin oder Leiter kann ich<br />
diese Abenteuer nur bedingt planen.<br />
Ich muss die nötigen Rahmen<br />
schaffen, selber Programm<br />
vorbereiten, damit der Trupp<br />
eigene Ideen entwickeln kann<br />
und dann diese Ideen aufgreifen,<br />
gemeinsam mit den Kindern weiterspinnen<br />
und so tolle Projekte<br />
in Angriff nehmen.<br />
Eine Methode ist hierzu in allen<br />
Stufen die Projektmethode (siehe<br />
Kasten). In der Jungpfadfinderstufe<br />
muss dabei besonderer<br />
Wert auf ausreichende Animation<br />
gelegt werden. Es erfordert<br />
ein wenig Kreativität, die passende<br />
Stimmung im Trupp zu<br />
erreichen und um gemeinsam in<br />
die Ideenfindung für ein Projekt<br />
einzusteigen, auf das sich die<br />
ganze Gruppe geeinigt hat.
In der Jungpfadfinderstufe<br />
wurden sieben Abenteuerbereiche<br />
definiert<br />
(siehe Seite 8) die im<br />
Truppalltag eine Rolle<br />
spielen sollen. Um euch<br />
die Umsetzung dieser<br />
Abenteuerbereiche<br />
leichter zu machen,<br />
findet ihr in dieser<br />
avanti zu jedem<br />
Abenteuerbereich<br />
eine<br />
Methodenkarte.<br />
Strukturen im<br />
Trupp<br />
Die Kinder sollen<br />
sich nicht nur im Rahmen<br />
der Programmgestaltungein-<br />
bringen. Im Jungpfadfindertrupp<br />
gibt es mit Sippen, Kornetts<br />
und Trupprat bewusst<br />
eingerichtete Strukturen,<br />
in denen die Kinder lernen,<br />
was Delegation<br />
und<br />
Verantwortung<br />
für die Gruppe bedeutet.<br />
Ein Trupp wird üblicherweise<br />
in Sippen,<br />
bestehend<br />
aus fünf bis acht Mitgliedern,<br />
aufgeteilt.<br />
Jede Sippe wählt ihren<br />
Kornett, der die Sippe im<br />
Trupprat vertritt. Auch<br />
die Leiter wählen einen<br />
Vertreter für den<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Trupprat. Im Trupprat können<br />
Probleme diskutiert, Aufgaben<br />
verteilt und das Programm abgesprochen<br />
werden.<br />
Der Trupprat ist dabei aber kein<br />
erweitertes Leitungsgremium,<br />
sondern eher eine Organisationsstruktur.<br />
Die Mitglieder der<br />
Sippen lernen ihrem Vertreter<br />
im Trupprat zu vertrauen, die<br />
Kornetts erfahren, was es heißt,<br />
Verantwortung zu tragen.<br />
Stufenpädagogik ist nicht<br />
schwer – freut euch auf euer<br />
nächstes Abenteuer!<br />
Sebastian Käfer,<br />
Referent der Jungpfadfinderstufe<br />
Projektmethode<br />
Die Projektmethode besteht aus vier Schritten: Der Ideenfindung, der Planung<br />
und Vorbereitung, der Durchführung und der Projektreflexion .<br />
Zwei sich wiederholende Elemente sind die Animation und die Reflexion. Beide können<br />
flexibel und bei Bedarf an verschiedenen Stellen im Projekt angewandt werden.<br />
Ideenfindung<br />
Innerhalb der Ideenfindung ist das Leitungsteam dazu aufgefordert, die Gruppe<br />
zu animieren. Die Jungpfadfinderinnen und Jungpfadfinder müssen aktiv werden<br />
und ihre Ideen in die Projektumsetzung einfließen lassen. Jede und jeder<br />
Einzelne muss im Projekt erkennbar sein und sich mit dem Projekt<br />
identifizieren können. Die Einigung auf ein Projekt soll einstimmig,<br />
also im Konsens erfolgen .<br />
Planung und Vorbereitung<br />
An dieser Stelle erfolgen konkrete Umsetzungs- und Zeitplanungen.<br />
Welche Vorbereitungen müssen getroffen, welche Absprachen getätigt<br />
werden? Einzelne Aufgaben werden von den Juffis untereinander delegiert<br />
und ausgeführt .<br />
Durchführung<br />
In der folgenden Zeit arbeitet die Gruppe vollkommen eigenständig<br />
an ihrem Projekt . Sie ist für sich selbst verantwortlich und sollte den<br />
zeitlichen Rahmen und die einzelnen Aufgaben im Blick behalten. Das<br />
Leitungsteam unterstützt, wenn notwendig, und passt auf, dass alles in<br />
geordneten Bahnen verläuft.<br />
Projektreflexion<br />
In der Reflexion wird gemeinsam besprochen, was gut und was nicht so gut<br />
gelaufen ist. Die Reflexion sollte vom Leitungsteam vorbereitet und moderiert<br />
werden .<br />
Das Projekt wird zum Abschluss gebührend gefeiert .<br />
7
8<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Abenteuer – Aus der Ordnung der <strong>DPSG</strong><br />
Abenteuer Leben – finde dich selbst<br />
Wir lernen uns als einzigartige Persönlichkeiten mit all unseren Stärken und Schwächen kennen .<br />
Der Jungpfadfindertrupp bietet uns die Chance, uns auszuprobieren und unsere Rollen zu finden.<br />
Unsere Gemeinschaft macht uns Mut, zu uns selbst zu stehen und uns weiterzuentwickeln.<br />
Die „Prinzipien und Handlungsfelder des Verbandes“ und das „Gesetz der Pfadfinderinnen und<br />
Pfadfinder“ bieten uns hierzu Orientierung.<br />
Abenteuer Gesellschaft – misch dich ein<br />
Wir sehen die Welt mit offenen Augen und begreifen, was um uns herum geschieht. Wir arbeiten<br />
an einer Welt, die besser ist und in der es gerecht zugeht. Durch das Handeln in der Gemeinschaft<br />
erreichen wir Veränderungen im Kleinen und im Großen .<br />
Abenteuer Glaube – geh den Dingen auf den Grund<br />
Wir erleben im Trupp, wie hilfreich und bereichernd der Glaube an Gott sein kann. Die Auseinandersetzung<br />
im Trupp hilft uns, unseren Glauben zu hinterfragen, zu finden und zu erleben. Im<br />
Trupp können wir Glauben auf eine Weise erleben, die unseren Wünschen entspricht.<br />
Abenteuer Trupp – ergreif die Chance<br />
Wir bringen im Jungpfadfindertrupp etwas gemeinsam voran. Wir erleben, dass alle von uns im<br />
Trupp wichtig sind und dass wir viel mehr erreichen können, wenn wir als Gruppe gemeinsam<br />
handeln. Entscheidungen zu treffen und die Meinungen der anderen zu akzeptieren, ist nicht<br />
immer einfach. Wir nehmen uns Zeit, über unser Handeln nachzudenken. Wir reden darüber,<br />
was wir gemeinsam erlebt haben . So können wir besser Entscheidungen für die Zukunft treffen .<br />
Wir lernen durch jede Erfahrung hinzu .<br />
Abenteuer Jungen und Mädchen – sei du selbst<br />
Wir lernen im Jungpfadfindertrupp, was Zusammenleben zwischen Jungen und Mädchen bedeutet.<br />
Manchmal ist es aber wichtig, dass wir in Mädchen- und Jungengruppen zusammenkommen. Dort<br />
können wir Themen besprechen und Dinge erleben, die nur für uns als Jungen oder Mädchen<br />
wichtig sind .<br />
Abenteuer Freiheit – lass es krachen<br />
Wir sind neugierig auf das Unmögliche und mutig genug, es auszuprobieren. Wir stecken uns<br />
gegenseitig mit unserer Begeisterung an und wachsen über uns hinaus. Wir staunen darüber,<br />
was wir alles machen können, und sind stolz auf das, was wir selbstständig erreicht haben. Wir<br />
haben Spaß in unserem Trupp und feiern, wie wir es wollen.<br />
Abenteuer leben – wag den Schritt<br />
Wir erleben tolle Abenteuer. In unserer Umwelt sind wir<br />
gemeinsam unterwegs, sei es in der Natur oder in der<br />
Stadt. Hier erfahren wir, dass wir uns auf die anderen<br />
verlassen können . Wir gehen nicht den gewohnten Weg<br />
und wagen dadurch das Außergewöhnliche . Hierzu reichen<br />
uns oftmals einfache Mittel, denn das Leben bietet<br />
uns überall Abenteuer .
so n d e r a u s g a b e<br />
Ziele und Menschenbild des Verbandes<br />
Der folgende Text aus der Ordnung der <strong>DPSG</strong> über die Ziele und das Menschenbild des<br />
Verbandes ist der Ausgangspunkt für die jeweilige Stufenorientierung. Er verdeutlicht,<br />
welche Elemente sich in der Stufenorientierung wiederfinden sollen und wie diese bei<br />
der Leitung von Pfadfindergruppen umgesetzt werden sollen.<br />
Die <strong>DPSG</strong> ist Teil einer weltweiten<br />
Erziehungsbewegung, die<br />
sich an alle jungen Menschen<br />
wendet.<br />
Persönlichkeit entwickeln<br />
Der Verband eröf fnet ihnen<br />
im Rahmen der Prinzipien der<br />
Pfadfinderbewegung und auf<br />
der Grundlage der biblischen<br />
Botschaft die Chance, durch<br />
selbstgesetzte Ziele und prägende<br />
Erlebnisse die eigene<br />
Persönlichkeit zu entdecken und<br />
zu entwickeln.<br />
Förderung junger<br />
Menschen<br />
Der Verband fördert junge Menschen:<br />
Sie lernen ihre sozialen<br />
und emotionalen, spirituellen<br />
und geistigen sowie körperlichen<br />
Fähigkeiten einzusetzen. Die<br />
<strong>DPSG</strong> erzieht ihre Mitglieder zu<br />
einer kritischen Weltsicht und<br />
schafft einen Freiraum für den<br />
Entwurf neuer Ideen. So handeln<br />
sie als verantwortungsbewusste<br />
Bürgerinnen und Bürger, als<br />
Christinnen und Christen sowie<br />
als Mitglieder ihrer lokalen, nationalen<br />
und weltweiten Gemeinschaften.<br />
In Ergänzung zu anderen Erziehungsträgern<br />
wie Familie und<br />
Schule gibt sich die <strong>DPSG</strong> einen<br />
eigenständigen Erziehungsauftrag.<br />
Lebensfreude und<br />
Engagement<br />
Die <strong>DPSG</strong> greift Bedürfnisse<br />
und Fragen von Kindern, Ju-<br />
gendlichen und Erwachsenen<br />
auf. Sie zeigt Perspektiven einer<br />
Lebensgestaltung auf, die zu<br />
Lebensfreude und Engagement<br />
führen.<br />
Leben in die Hand nehmen<br />
Die Pfadfinderidee ermöglicht<br />
jungen Menschen, das eigene<br />
Leben zu entdecken und bewusst<br />
in die Hand zu nehmen. Menschen<br />
mit und ohne Behinderung<br />
erfahren sich in ihrer Selbstständigkeit<br />
und als wechselseitige<br />
Bereicherung. Durch praktisches<br />
Tun und reflektierte Erlebnisse<br />
werden die Fähigkeiten jeder und<br />
jedes Einzelnen angesprochen<br />
und entwickelt.<br />
Angenommen und<br />
geliebt werden<br />
Junge Menschen und Erwachsene<br />
machen in der <strong>DPSG</strong> die<br />
Erfahrung, dass sie von Gott und<br />
den Menschen angenommen und<br />
geliebt werden.<br />
Ganzheitliche Entwicklung<br />
Die Mitglieder der <strong>DPSG</strong> entwickeln<br />
ein ganzheitliches Bewusstsein<br />
von Körper, Gefühlen<br />
und Geist. Ihren Körper begreifen<br />
sie als schützenswerten und<br />
aktiven Teil ihrer Persönlichkeit.<br />
Sie lernen den Umgang mit<br />
Gefühlen wie Liebe und Freude,<br />
Angst und Traurigkeit. Ihre<br />
Spiritualität entwickeln sie mit<br />
allen Sinnen. Die Mitglieder der<br />
<strong>DPSG</strong> eignen sich Kenntnisse in<br />
vielen Bereichen an und lernen<br />
diese in Handeln umzusetzen.<br />
$<br />
Dabei trennen sie Wichtiges von<br />
Unwichtigem.<br />
Gemeinsam auf dem Weg<br />
Junge Menschen und Erwachsene<br />
sind gemeinsam auf dem Weg und<br />
aufgefordert, ihre eigenen Talente<br />
für sich und die Gemeinschaft einzubringen.<br />
Durch ihren bisherigen<br />
Lebensweg sind sie bereits in<br />
unterschiedlicher Weise spirituell<br />
sensibilisiert, vielfältig gebildet<br />
sowie politisch interessiert.<br />
Verantwortung übernehmen<br />
In Gruppen von Gleichaltrigen<br />
erleben Kinder, Jugendliche und<br />
junge Erwachsene Gemeinschaft<br />
und übernehmen schrittweise für<br />
sich selbst und für andere Verantwortung.<br />
Erwachsene Leiterinnen<br />
und Leiter<br />
Erwachsene Leiterinnen und<br />
Leiter unterstützen Kinder und<br />
Jugendliche dabei, die Ziele des<br />
Verbandes zu erreichen. Als Anwältin<br />
oder Anwalt von Kindern,<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
setzen sie sich partnerschaftlich<br />
für deren Anliegen und<br />
Interessen ein.<br />
In ihrer Aufgabe entwickeln sich<br />
auch die erwachsenen Leitungskräfte<br />
des Verbandes weiter.<br />
Die Pfadfinderbewegung zeigt<br />
einen Weg für Menschen auf, die<br />
sich nicht mit dem Erreichten<br />
zufriedengeben und sich für Gerechtigkeit,<br />
Frieden und Bewahrung<br />
der Schöpfung engagieren.<br />
Aus der Ordnung der <strong>DPSG</strong><br />
9
10<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Wagt es – gelebte Stufenorientierung<br />
Die Stufenpädagogik der Pfadfinderstufe<br />
Hier soll jetzt eigentlich ein Text über die Stufenpädagogik stehen... die Wagt-es-Orientierung<br />
könnt ihr aber in der Ordnung nachlesen, die muss ich hier nicht wiederholen.<br />
Warum mich aber die Stufenorientierung bis in den ewigen Winter verfolgte, das könnt<br />
ihr hier nachlesen:<br />
Als ich mich im letzten Dezember<br />
spontan entschied, nach Beendigung<br />
meines Studiums einen Aupair-Aufenthalt<br />
in Finnland einzuschieben,<br />
hatte ich noch keine<br />
Ahnung, welche pfadfinderische<br />
Herausforderung mich hier erwarten<br />
würde. Noch weniger war<br />
mir bewusst, dass mich dieses Erlebnis<br />
bis zur Stufenorientierung<br />
„Wagt es“ führen würde – etwas,<br />
das ich versuche meinen Pfadis zu<br />
vermitteln, aber selber auch gar<br />
nicht so richtig umsetze.<br />
Wag es, dein Leben aktiv<br />
zu gestalten!<br />
Eigentlich war der Plan, möglichst<br />
weit weg vom Alltag<br />
zu kommen: Die letzten Prüfungen<br />
und viel Stress, auch<br />
bei den Pfadfindern, hatten<br />
mich dazu bewogen ein sehr<br />
nett klingendes Au-pair-Angebot<br />
einer finnischen Familie<br />
anzunehmen.<br />
Finnland<br />
Meine Gastmutter, die hervorragend<br />
Deutsch sprach, war<br />
auf mich aufmerksam geworden,<br />
weil sie als Kind selbst<br />
Pfadfinder gewesen war. Ehe<br />
ich mich also versah, hatte ich<br />
schon zugesagt, sechs Wochen<br />
später für drei Monate meiner<br />
Heimat den Rücken zu kehren<br />
und mich ins finnische Rovanie-<br />
mi zu begeben. Als ich endlich<br />
auf die Idee kam, diesen Ort<br />
einmal zu googeln, stellte ich<br />
fest, dass ich mich mitten im<br />
tiefsten Winter in der Hauptstadt<br />
Lapplands eingenistet<br />
hatte.<br />
Die letzten paar Wochen verbrachte<br />
ich also damit möglichst<br />
viele warme Sachen<br />
zu horten und dann hob der<br />
Flieger auch schon ab, Ziel:<br />
Rovaniemi, Lappland, Wohnsitz<br />
des Weihnachtsmanns.<br />
Glück<br />
Ich hatte Glück: Mal abgesehen<br />
von einer tollen Familie,<br />
guten sozialen Kontakten und
einer herrlichen Lage an einem<br />
kleinen See direkt im Zentrum<br />
der Stadt, war es erstens im<br />
Februar schon acht Stunden<br />
hell am Tag, zweitens gewöhnte<br />
ich mich schnell daran,<br />
dass es im Schnitt -15 Grad<br />
war und drittens überlebte<br />
ich auch die Tage, an denen<br />
die Temperatur auf -32 Grad<br />
sank.<br />
Keine Pfadfinder<br />
Nur von den lappländischen<br />
Pfadfindern war nichts zu<br />
sehen, aber das machte ja<br />
nichts, mal drei Monate ohne<br />
war ja auch was Schönes. Bis<br />
meine Gastmutter dann eines<br />
Nachmittags Mitte März nach<br />
Hause kam und stolz verkündete,<br />
sie hätte für mich<br />
organisiert, dass ich im April<br />
an einer Schneehöhlentour<br />
der Partiolainen teilnehmen<br />
könne.<br />
Die Gute wusste nicht, dass<br />
ich normalerweise die Erste<br />
bin, die rumjammert, wenn’s<br />
auf Wanderung geht. Diejenige,<br />
die schwerste Probleme<br />
hat draußen irgendwie Schlaf<br />
zu finden. Die noch nie im Leben<br />
Wintersport getrieben hat<br />
und zudem klaustrophobisch<br />
ist. Und wenn man das Ganze<br />
mal addiert mit finnischen<br />
Bergen und einer Menge<br />
Schnee und Kälte, dann kann<br />
man sich wohl vorstellen,<br />
dass sich meine Begeisterung<br />
doch eher in Grenzen hielt.<br />
Aber irgendwie hatte ich das<br />
unbestimmte Gefühl, dass ich<br />
aus der Nummer nicht mehr<br />
rauskam.<br />
Wag es, den nächsten<br />
Schritt zu tun!<br />
Gesagt, getan. Nur wenige<br />
Wochen später fand ich mich<br />
auf einem Parkplatz mitten<br />
im lappländischen Nirgend-<br />
wo wieder, ausgestattet mit<br />
Schneeschuhen, Schaufel und<br />
einem Schlitten mit meinem<br />
Wanderrucksack, in dem hoffentlich<br />
ausreichend wärmende<br />
Kleidung war.<br />
Meine Kondition schien gut zu<br />
sein, denn ich stapfte zügig<br />
mit den Vordersten den gut<br />
begehbaren Wanderweg hoch.<br />
Die Anstrengung war durchaus<br />
nicht ohne, denn, an die Hüfte<br />
gebunden, schleppte man sein<br />
Gepäck auf dem Schlitten hinterher,<br />
aber es war alles gut<br />
machbar.<br />
Rechts abbiegen<br />
Naja, bis zu dem Punkt zumindest,<br />
an dem es hieß, dass wir<br />
dann jetzt rechts abbiegen.<br />
Zu Sommerzeiten mag es<br />
rechts irgendwo einen kleinen<br />
Wanderpfad geben (und wenn<br />
ich klein sage, dann meine<br />
ich wirklich klein!), im Winter,<br />
so stellte sich raus, hieß das,<br />
dass man versuchte, mitten<br />
durch den Wald und beinahe<br />
metertiefen Schnee, der einige<br />
Büsche und kleinere Bäume<br />
teilweise unter sich begraben<br />
hatte, irgendwie vorwärtszu-<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
kommen. Das Ganze stetig<br />
bergauf, versteht sich. Alle<br />
paar Meter brach man trotz der<br />
Schneeschuhe ein und so zersplitterte<br />
die Gruppe in immer<br />
kleinere Einzelteile.<br />
Die Baumgrenze<br />
Als die Baumgrenze erreicht<br />
war, befand sich noch eine<br />
meiner zukünftigen Höhlen-<br />
Mitschläferinnen bei mir. Vor<br />
uns lag eine steil ansteigende,<br />
schneebedeckte Fläche und<br />
auf gut Glück folgten wir den<br />
Schlittenspuren einiger Vorgänger.<br />
Dieser Teil der Strecke<br />
war aber nun schon sehr<br />
für Fortgeschrittene. Zudem<br />
machte mein vielleicht etwas<br />
überladener Schlitten schlapp<br />
und drehte sich ca. alle drei<br />
Meter um und war einige Male<br />
drauf und dran, den Berg<br />
hinunterzugleiten.<br />
Wag es, deine Augen<br />
aufzumachen!<br />
Die Rettung nahte in Form<br />
des Erste-Hilfe-Beauftragten,<br />
ein netter Estländer, der mir<br />
prompt Erste Hilfe leistete<br />
und meinen Schlitten an<br />
11
12<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
seinen band, so dass ich nur<br />
noch hinterhertraben musste.<br />
Erfreulicherweise erreichten<br />
wir dann nach zehn Minuten<br />
unser Ziel.<br />
Am Ziel<br />
Am Zielort hausten bereits seit<br />
zwei Tagen ein paar waghalsige<br />
Jungs, die offensichtlich<br />
irgendwie den Schulbesuch<br />
umgehen konnten, und Chef-<br />
Scout Antti. Der sprach<br />
leider kaum Englisch,<br />
freute sich aber offenkundig<br />
riesig, dass ich<br />
tatsächlich oben angekommen<br />
war. Vermutlich<br />
hatte er es bis zur letzten<br />
Sekunde bezweifelt,<br />
wie ich übrigens auch.<br />
M i t P a u s e w a r a b e r<br />
dann nicht viel, denn<br />
die Schneehöhle grub<br />
sich nicht von alleine und<br />
noch lag vor uns eine<br />
schimmernde, meterhoch<br />
schneebedeckte Anhöhe.<br />
Selten habe ich etwas so<br />
Deprimierendes erlebt<br />
wie die nächsten sieben<br />
Stunden.<br />
Im Loch<br />
Falls ich nicht im Loch<br />
lag und versuchte, über<br />
mir und um mich herum<br />
Schnee wegzuschippen<br />
und mehrmals dem Impuls<br />
widerstand laut loszukreischen,<br />
wenn ich<br />
wieder mal dabei war<br />
mich selbst zu begraben und<br />
der Schnee gar nicht leise auf<br />
mich herunterrieselte, dann<br />
versuchte ich draußen die<br />
enormen Schneemengen, die<br />
aus dem Loch herausgeworfen<br />
wurden, wegzuschaffen, um<br />
den Eingang freizuhalten.<br />
Als die sieben Stunden vorbei<br />
waren, waren wir alle<br />
von außen pitschenass vom<br />
Arbeiten im Schnee und nass<br />
geschwitzt von innen. Da die<br />
Sonne längst untergegangen<br />
war, wurde es wirklich schattig.<br />
Ich glaube nicht, dass ich<br />
jemals in meinem Leben so<br />
gefroren habe wie in diesen<br />
Minuten, als wir fertig waren.<br />
Die Arme und Hände waren<br />
kaum noch zu gebrauchen<br />
durch die anhaltende Schaufelei.<br />
Trotz zweier kochend<br />
heißer Getränke änderte sich<br />
nichts am Frieren.<br />
Sowas wie Wärme<br />
Erst als ich zu komplett trockenen<br />
Klamotten wechselte<br />
(das hieß vor allem, sich erst<br />
einmal bis auf die Unterwäsche<br />
und darüber hinaus ausziehen<br />
bei der Kälte), stellte sich ein<br />
Gefühl, naja, nicht von woh-<br />
liger Wärme, aber vielleicht von<br />
einem Zehntel dieser ein. Sitzen<br />
konnte man in der Höhle nur mit<br />
Mühe, also ging es direkt in den<br />
Schlafsack.<br />
Wir lagen so eng aneinander auf<br />
kleinstem Raum, dass das Umdrehen<br />
im Schlafsack wirklich<br />
ein Kunststück war.<br />
Isolation ist alles<br />
Ich fror nicht richtig, aber da<br />
ich direkt mit dem Rücken<br />
an der eisigen Wand lag,<br />
drohte mein Hinterteil zu<br />
verkühlen, bis ich schließlich<br />
mein Kopfkissen opfer<br />
te und mich damit<br />
isolierte.<br />
Die Kerze<br />
Nachdem ich den ersten<br />
klaustrophobischen Anfall<br />
überwunden hatte,<br />
begann ich mir Gedanken<br />
zu machen, wie wir es<br />
merken würden, wenn<br />
die Kerze ausging, die<br />
uns informierte, ob genug<br />
Sauerstoff in der<br />
Höhle war. Als mir keine<br />
Lösung einfiel, beschloss<br />
ich, dieses Problem zu<br />
vertagen und beschäftige<br />
mich mit der Frage,<br />
ob es klug gewesen war,<br />
den Lebensmittelbeutel<br />
draußen zu lassen, der<br />
meinem Gefühl nach,<br />
abgesehen von kleinen<br />
putzigen Nagetieren,<br />
durchaus Potential für<br />
Elche, Wölfe und Bären war,<br />
auf einen Mitternachtsimbiss<br />
vorbeizukommen. Über dieser<br />
Frage schlief ich irgendwann<br />
drei Stunden später dann tatsächlich<br />
ein.<br />
Entspannung<br />
Den nächsten Tag verbrachten<br />
wir frierend, denn trotz Sonnenschein<br />
pfiff der Wind ganz
gut um unsere<br />
Ohren, und fressend,<br />
denn keiner<br />
von uns Vieren<br />
hatte Interesse,<br />
sich weiter als<br />
bis zum Trangia<br />
oder zur „Toilette“<br />
zu bewegen.<br />
Wir futterten<br />
also eine ganze<br />
Menge, machten<br />
Fotos und entspannten.<br />
Am<br />
späten Nachmittag<br />
legten wir<br />
uns in die Höhle<br />
und dann, naja,<br />
aßen wir die unglaublichen Süßigkeitenvorräte<br />
meiner Mitbewohnerinnen<br />
auf, die offenbar<br />
geplant hatten, alle 25 Leute zu<br />
versorgen.<br />
Endlich wurde wieder Englisch<br />
gesprochen, denn die letzten<br />
zwei Stunden hatte ich<br />
mich mit einem Buch bespaßt<br />
und war heilfroh, es hochgeschleppt<br />
zu haben, wenn es<br />
auch nach diesem Wochenende<br />
in Nässe, Schmutz und<br />
Kälte nicht mehr aussah wie<br />
eins.<br />
Wag es, dich für die Natur<br />
einzusetzen!<br />
Als ich am Abend meine Zähne<br />
putzte, entfernte ich mich ein<br />
paar Schritte vom Lager. Als<br />
die Sonne unterging, fühlte<br />
ich mich schrecklich klein vor<br />
diesem Naturschauspiel, dieser<br />
wahnsinnigen Kulisse.<br />
Schöpfung<br />
Da bekommt das Wort Schöpfung<br />
eine Bedeutung, die sich<br />
komplett von dem unterscheidet,<br />
was mir mein heimatlicher<br />
Garten bietet. Heute krochen<br />
wir früh ins Bett. Wenn auch<br />
diese Nacht für mich nicht<br />
erholsam sein sollte, so er-<br />
füllte mich doch der Gedanke,<br />
dass ich nun nicht mehr weit<br />
von Dusche und warmem Bus<br />
entfernt war. Der „Abbau“<br />
war sehr entspannend, denn<br />
außer eigenem Kram und Müll<br />
musste nichts entfernt werden<br />
und das war wirklich sehr entspannend.<br />
Verantwortungsgefühl<br />
Ich hätte gerne mein entgeistertes<br />
Gesicht gesehen, als<br />
sich alle, die was zu sagen<br />
hatten, als erste gesammelt<br />
auf den Weg machten und sich<br />
keiner darum kümmerte, ob<br />
alles in Ordnung zurückgelassen<br />
wurde, ob alle mitkamen<br />
oder ob irgendjemand am<br />
Wegesrand zurückblieb. Da<br />
lobte ich im Stillen zum ersten<br />
Mal aus vollem Herzen unser<br />
daheim gelebtes Verantwortungsgefühl.<br />
Schlittenfahrten<br />
Der Rückweg war nicht weniger<br />
schwierig als der Hinweg<br />
auf dem steilen Waldstück,<br />
aber immerhin konnte man,<br />
wenn gar nichts mehr ging,<br />
seinen Schlitten hinunterrutschen<br />
lassen und dann hinterherschlittern.<br />
Auf guten<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Stücken konnte<br />
man sich auch<br />
einfach aufs Gepäck<br />
setzen und<br />
losdüsen, was<br />
doch für einigen<br />
Spaß sorgte.<br />
Durch ein Knieproblem<br />
einer<br />
meiner Mitbewohnerinnen<br />
kamen wir als<br />
letzte unten an.<br />
Erschöpft ergriff<br />
ich die mir dargeboteneWasserflasche<br />
und<br />
verstaute meine<br />
Sachen im Bus. Während der<br />
dreißig Minuten Fahrt, die wir<br />
bis zu einem Hotel zurücklegten,<br />
in dem wir kostenlos<br />
Sauna und Dusche nutzen<br />
durften und in dem wir auf<br />
dem Hinweg Wechselklamotten<br />
deponiert hatten, fühlte<br />
ich mich unendlich müde.<br />
Ein neuer Mensch<br />
Eineinhalb Stunden später war<br />
ich ein neuer Mensch. Warm,<br />
sauber und trocken – anständige<br />
Kleidung, Bodylotion<br />
und Make-up hatten den Rest<br />
getan. Als wir Richtung Bus<br />
gingen, fragte ich mich, ob all<br />
diese Leute tatsächlich mit auf<br />
der Tour gewesen waren. Ich<br />
hatte mich schon gewundert,<br />
wie viele langhaarige Jungs<br />
es eigentlich gewesen waren,<br />
denn mit Mützen und dicken<br />
Schneeklamotten sahen irgendwie<br />
alle gleich aus. Bei<br />
einigen bin ich bis heute nicht<br />
sicher, ob ich sie je zuvor gesehen<br />
hatte, aber das bleibt mal<br />
dahingestellt.<br />
Wag es, deinen eigenen<br />
Lebensstil zu finden!<br />
Ich habe viel gelernt dort<br />
oben. Über finnische Pfadfin-<br />
13
14<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
derei. Über Schnee, natürlich.<br />
Vor allen Dingen aber über<br />
mich selbst. Über den winzigen<br />
Schritt, der zwischen „Ich will<br />
nicht…“ und „Ich kann!“ liegt<br />
und der so viel verändert.<br />
Über Mut und Ausdauer. Über<br />
Stärken, die einem innewohnen<br />
und von denen man vielleicht<br />
noch gar nichts weiß.<br />
Und die einem helfen an die<br />
eigenen Grenzen zu gehen und<br />
sie zu überschreiten. Dazu gehört<br />
Vertrauen: In sich selbst,<br />
dass man es schafft. In die<br />
anderen, die Wildfremden am<br />
Anfang, dass sie wissen, was<br />
sie da tun.<br />
Wag es, nach dem Sinn<br />
des Lebens zu suchen!<br />
Und schließlich ein Vertrauen<br />
darauf, dass die Kerze nachts<br />
am Brennen bleibt. Dass es<br />
einer gut mit mir meint. Und<br />
plötzlich ist man ganz nah am<br />
eigenen Wagnis.<br />
Grenzen überwinden<br />
Etwas wagen heißt nicht nur,<br />
körperlich eine Anstrengung<br />
in Kauf zu nehmen. Sondern<br />
vor allen Dingen, sich innerlich<br />
über selbst gesteckte Grenzen<br />
zu bewegen. Eine Herausforderung<br />
annehmen, Neuland<br />
begehen. Über sich selbst<br />
hinauswachsen.<br />
Wag es, deine Meinung<br />
zu vertreten!<br />
Wenn man ältere Menschen<br />
fragt, was sie in ihrem Leben<br />
anders machen würden, dann<br />
heißt es oft: „Mehr Risiken<br />
eingehen“.<br />
Herausforderungen<br />
Ich glaube nicht, dass damit<br />
gemeint ist, waghalsige Action-<br />
Happenings en masse zu besuchen<br />
und mitzuerleben.<br />
Ich glaube, dass es manchmal<br />
eine Herausforderung ist, jemandem<br />
zu verzeihen. Dass<br />
es Mut braucht, sich jemandem<br />
anzuvertrauen. Dass es<br />
anstrengend ist, einen Standpunkt<br />
zu haben und ihn zu<br />
vertreten.<br />
Und vor allen Dingen: Ich entscheide,<br />
wo meine Herausfor-<br />
derungen sind, wo meine Grenzen<br />
sind und welches Wagnis<br />
ich eingehen will. Gerne mit<br />
anderen. Aber nicht wegen<br />
ihnen.<br />
Wag es, das Leben<br />
zu lieben!<br />
Im Bus, mit Ipod in den Ohren<br />
und die Landschaft betrachtend,<br />
stiegen mir die Tränen<br />
in die Augen. Ich glaube nicht,<br />
dass ich je zuvor so glücklich<br />
und vor allem so unglaublich<br />
stolz auf mich selber gewesen<br />
bin.<br />
Nicht ein einziges Mal hatte<br />
ich gejammert oder das Gefühl<br />
gehabt nach Hause zu wollen.<br />
Ich hatte zum ersten Mal<br />
etwas getan, das mir keiner<br />
zugetraut hätte, nicht einmal<br />
ich mir selbst.<br />
Das Schlimmste und<br />
das Schönste<br />
Was das Schlimmste war?<br />
Nichts. Und das Schönste?<br />
Eigentlich auch nichts.<br />
Es war einfach einmalig, wie<br />
es war, ohne es werten zu<br />
müssen. Und ic h<br />
würd’s wieder tun.<br />
Nicht direkt morgen<br />
vielleicht.<br />
Aber irgendwann.<br />
Wagt es!<br />
Mareile Metzmacher,<br />
Kuratin der Pfadfinderstufe
so n d e r a u s g a b e<br />
„Chill ma!“ – Gelebter Roverkult oder Vorurteil?!<br />
Über die Roverstufenorientierung<br />
Fragt man Rover, was es für Vorurteile gegenüber der Roverstufe gibt, kommen<br />
die Antworten wie aus der Pistole geschossen: „Das übliche Bild, das andere<br />
von den Rovern haben ist, dass wir viel chillen und saufen“, meint Stephan<br />
(18), Rover im Stamm Mariadorf. Lisa (18), ebenfalls Roverin im Stamm Mariadorf,<br />
setzt noch einen drauf: „Rover, so sagt man, sind in Alkohol eingelegte<br />
Wölflinge.“<br />
Aber chillen Rover tatsächlich<br />
nur den ganzen Tag in ihrer<br />
Ecke? Machen Rover wirklich<br />
nur den ganzen Tag Party, sind<br />
faul und halten sich für privilegiert,<br />
nur weil sie ein rotes<br />
Halstuch tragen? Die Antwort<br />
ist ganz klar: Nein!<br />
Fragen über Fragen<br />
Aber was macht Roversein<br />
aus? Was bewegt die Jugendlichen<br />
in dieser Altersstufe<br />
und wo finden Leiter und Leiterinnen<br />
die nötige Orientierung,<br />
um ihr Leitungsamt in<br />
der Roverstufe gut ausfüllen<br />
zu können?<br />
Antworten<br />
Antworten auf diese Fragen liefert<br />
die Stufenorientierung der<br />
Roverstufe. Diese ist Bestandteil<br />
unserer Ordnung. Gerade<br />
in der Roverstufe erleben wir<br />
oft, dass es heißt, Rover seien<br />
alt genug, um sich selber zu<br />
leiten. Manchmal kommt es so-<br />
gar vor, dass gar kein Leiter am<br />
Programm der Rover teilnimmt,<br />
sondern nur ab und an mal vorbeischaut.<br />
Gerade die Roverstufe<br />
bedarf jedoch einer Leitung,<br />
die ihre Aufgaben ernst nimmt.<br />
Leitermangel ist ein Thema,<br />
womit sich immer mehr Stämme<br />
auseinanderzusetzen haben.<br />
Dabei haben wir die Möglichkeit,<br />
gerade aus der Roverstufe<br />
qualifizierte und hoch motivierte<br />
Leiter zu gewinnen. Dies ist aber<br />
nur möglich, wenn Roverleitung<br />
ernst genommen wird.<br />
Die Ordnung<br />
Die Ordnung weist uns dabei<br />
den Pfad, den wir mit den Rovern<br />
gehen können. Roverrunden<br />
sollten bestrebt sein, sich<br />
immer mehr selbst zu organisieren<br />
und ihr Gruppenprogramm<br />
selber auszuwählen.<br />
Unterstützen<br />
Leiterinnen und Leiter der<br />
Roverstufe beobachten die-<br />
$<br />
sen Prozess, unterstützen<br />
die Gruppe und motivieren<br />
die Rover, diesen Weg in die<br />
Selbstbestimmung bewusst<br />
zu gehen. Sie schaffen die<br />
nötigen Strukturen, in denen<br />
sich die Gruppe entfalten kann,<br />
stärken das Wir-Gefühl der<br />
Roverinnen und Rover und zeigen<br />
echtes Interesse an ihren<br />
Gruppenmitgliedern.<br />
Ziel eines jeden Roverleiters<br />
sollte es sein, das Handeln<br />
der Rover zu verstärken.<br />
Das bedeutet jedoch nicht,<br />
dass man sich als passiver<br />
Beobachter zurückzieht. Bei<br />
Bedarf sollten auch Roverleiter<br />
in der Lage sein Themen<br />
in die Gruppe einzubringen<br />
und diese methodisch vorzubereiten.<br />
Auseinandersetzungen<br />
Leiterinnen und Leiter in der<br />
Roverstufe können für die<br />
Jugendlichen aber auch als<br />
Reibungspunkt dienen. Die<br />
15
16<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Auseinandersetzung mit verschiedenen<br />
Themen fällt den<br />
Jugendlichen gegenüber ihren<br />
Leitern häufig leichter<br />
als ihren Eltern oder Lehrern<br />
gegenüber.<br />
Das bedeutet jedoch nicht,<br />
dass man als Leiter Reibung<br />
provozieren soll. Es ist nicht<br />
die Aufgabe der Leiter, den<br />
Roverinnen und Rovern Steine<br />
in den Weg zu legen oder sie<br />
mit gewissen Fragestellungen<br />
zu provozieren.<br />
Unterwegssein<br />
Roverinnen und Rover sind<br />
unterwegs. Sie befinden sich<br />
in einem Alter, in dem sich<br />
ihr Leben grundlegend zu ändern<br />
beginnt. Sie verlassen<br />
die Schule, ihr Freundeskreis<br />
wandelt sich, die Frage nach<br />
der beruflichen Ausbildung<br />
stellt sich, manche nehmen<br />
ein Studium auf und auch privat<br />
ändert sich einiges: Liebe<br />
und Sexualität nehmen einen<br />
wichtigen Stellenwert im Leben<br />
der Jugendlichen ein.<br />
Sie sind unterwegs vom Jugendlichen<br />
zum Erwachsenen<br />
und dabei auf der Suche nach<br />
sich selbst. Roversein bedeutet<br />
also viel mehr als nur die Teilhabe<br />
an einer Altersstufe der<br />
<strong>DPSG</strong>. Die Stufenorientierung<br />
fasst dies mit den Schlagworten<br />
be rB v e r, rB v e r spirit,<br />
futu rB v e r, inte rB v e r,<br />
rB v e r mission, rB v e r power<br />
und rB v e r kult zusammen.<br />
Themenfelder<br />
All diese Begriffe stehen für Themenfelder,<br />
die in der Roverstufe<br />
eine gewichtige Rolle spielen.<br />
Die Roverzeit ist einzigartig und<br />
wichtig.<br />
Rover haben die Möglichkeit sich<br />
selbst durch Aktionen besser<br />
kennenzulernen. Sie können allerhand<br />
ausprobieren, Grenzen<br />
erfahren und darüber hinauswachsen<br />
(be rB v e r).<br />
Der Sinn des Lebens<br />
Viele Roverinnen und Rover<br />
beschäftigt in dieser Zeit die<br />
Frage nach dem Sinn des Lebens.<br />
Die Fragen zu Glauben<br />
und Religiosität stellen sich und<br />
werden zum Teil auch kontrovers<br />
diskutiert.<br />
Aber Glauben und Religiosität<br />
sind nicht unbedingt immer<br />
mit Spiritualität gleichzusetzen.<br />
Spiritualität erfahrbar zu<br />
machen ist ein wichtiger Teil<br />
der Roverzeit (rB v e r spirit).<br />
Zukunft<br />
In der Roverstufe haben die<br />
Jugendlichen auch die Möglichkeit<br />
sich mit Gleichaltrigen über<br />
Fragen der eigenen Zukunft<br />
auseinanderzusetzen.<br />
Berufliche Zukunft, Studium,<br />
Ausbildung oder die weitere<br />
Lebensgestaltung beschäftigen<br />
sie in diesen Jahren. Leiterinnen<br />
und Leiter können auch hier<br />
Orientierung geben und als Vorbilder<br />
dienen (futu rB v e r).<br />
Internationale<br />
Begegnungen<br />
Eine gute Möglichkeit Erfahrungen<br />
zu machen, die das<br />
Leben der Jugendlichen nachhaltig<br />
prägen werden, sind internationale<br />
Beziehungen.<br />
Auf Grund ihres Alters und der<br />
höheren Mobilität bietet es<br />
sich für Roverstufen geradezu<br />
an internationale Begegnung<br />
zu erfahren. Mitglieder der<br />
Roverstufe lernen auf diese<br />
Weise ungewohnte Lebenswege,<br />
Kulturen und Berufswege<br />
kennen und erfahren am<br />
eigenen Leib, wie Frieden auf
dieser Welt gemeinsam gelebt<br />
und gestaltet werden kann<br />
(inte rB v e r).<br />
Querdenken<br />
Internationale Partnerschaften<br />
verführen geradezu zum Querdenken.<br />
Dies ist auch ein Teil<br />
der Roverzeit. Roverinnen und<br />
Rover sollen ihre Vorstellungen<br />
von einer idealen Welt thematisieren.<br />
Werte, Normen,<br />
Rollenverständnisse, Lebensentwürfe<br />
gehören auf den<br />
Prüfstand.<br />
Die kritische Auseinandersetzung<br />
mit Themen unserer Zeit<br />
gehört zum Pflichtprogramm<br />
eines jeden Rovers. Dazu sollte<br />
man des Öfteren auch einmal<br />
den Gruppenraum verlassen<br />
und einen Blick auf die Welt da<br />
draußen wagen. Nur so können<br />
Roverinnen und Rover einen<br />
eigenen Standpunkt entwickeln,<br />
die Welt mit kritischen<br />
Augen betrachten und ihre<br />
Meinung konstruktiv vertreten<br />
(rB v e r mission).<br />
Projekte<br />
Dabei entdecken sie Bereiche,<br />
in denen es sich lohnt sich<br />
einzumischen. Sie ermuntern<br />
sich gegenseitig für ihre Lebensvorstellungen<br />
einzutreten<br />
und machen sich stark gegen<br />
Ungerechtigkeiten. Die Projektmethode<br />
bietet sich besonders<br />
dafür an Aktionen innerhalb<br />
der Roverstufe zu starten und<br />
durchzuführen. Das gesellschaftliche<br />
und politische Engagement<br />
stärkt die Rover auch<br />
über die Zeit in der Roverstufe<br />
hinaus (rB v e r power).<br />
Spaß<br />
Bei allem Ernst darf natürlich<br />
der Spaß in der Roverstufe nicht<br />
zu kurz kommen. Roverinnen<br />
und Rover genießen das Leben<br />
mit allen Sinnen. Auch die reflektierte<br />
Auseinandersetzung<br />
mit Themen wie Partnerschaft,<br />
Sexualität, Alkohol und Drogen<br />
steht im Zentrum der Zeit als<br />
Rover. Geist und Körper sind<br />
immer in Bewegung. Beim<br />
gemeinsamen Spielen, Essen<br />
und Feiern entwickeln Roverrunden<br />
ihre ganz eigene Kultur<br />
und einen individuellen Stil<br />
(rB v e r kult).<br />
Vorurteile<br />
Vielleicht ist es gerade der Bereich<br />
rB v e r kult, aus dem die<br />
Vorurteile erwachsen, mit denen<br />
sich Roverrunden immer wieder<br />
konfrontiert sehen. Auf die Frage<br />
nach den Inhalten der Stufenorientierung<br />
haben die Roverinnen<br />
und Rover aus Mariadorf nicht<br />
gleich eine Antwort auf Lager.<br />
Eine Alternative<br />
Was Roversein für sie bedeutet,<br />
wissen sie jedoch ganz genau:<br />
„Roversein ist für mich eine Alternative<br />
zu unserer heutigen<br />
Mainstream-Gesellschaft. Hier<br />
lernen wir vernünftig miteinander<br />
zu reden und uns selbst zu<br />
reflektieren. Wir stehen oft vor<br />
Problemen, finden aber gemeinsam<br />
auch immer eine Lösung“,<br />
meint Stephan.<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Lisa sieht das ganz ähnlich: „Rover<br />
halten einfach zusammen,<br />
auch bei Problemen. Wir können<br />
uns aufeinander verlassen<br />
und genießen die Zeit, die wir<br />
gemeinsam haben.“<br />
Gelebte Kultur<br />
Es ist also nicht schwer, das umzusetzen,<br />
was uns die Ordnung<br />
über das Leben der Roverstufe<br />
sagt. Es klingt zwar im ersten<br />
Augenblick immer sehr theoretisch,<br />
wenn wir aber unsere<br />
Rover im Diözesanverband<br />
beobachten, sehen wir, dass<br />
vieles, was in der Ordnung<br />
steht, schon gelebte Kultur in<br />
den Roverrunden darstellt.<br />
Verantwortung<br />
Wir Leiterinnen und Leiter haben<br />
jedoch eine Verantwortung<br />
unseren Stufen gegenüber. Ein<br />
Blick in die Stufenorientierung<br />
lohnt sich also auf jeden Fall,<br />
auch, um den Vorurteilen,<br />
die uns jeden Tag begegnen,<br />
noch besser entgegentreten<br />
zu können.<br />
René Streitenbürger,<br />
Diözesanarbeitskreis Roverstufe<br />
17
Hinweise zu den Methodenkarten<br />
Die vorliegende Spiel- und Methodensammlung bietet zahlreiche Ideen für eure<br />
praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in der Gruppenstunde und auf Lager<br />
sowie auch einige Ideen für die Leiterrunde. Sie ist aufgebaut wie eine Spiele-<br />
Kartei, um möglichst einfach geeignete Methoden für entsprechende Situationen<br />
herauszusuchen.<br />
18<br />
$<br />
so n d e r a u s g a b e<br />
Was steht alles auf den Karteikarten?<br />
Ziel<br />
An dieser Stelle ist angegeben, welches Ziel die entsprechende Methode in erster Linie<br />
hat.<br />
Verlauf<br />
Hier steht die eigentliche „Spielbeschreibung“, die Anleitung, wie die Methode in die<br />
Gruppe eingebracht werden kann.<br />
Bemerkungen<br />
Hier findet ihr wichtige zusätzliche Informationen, Tipps oder Varianten zu der entsprechenden<br />
Methode, die über die direkte Spielanleitung hinausgehen.<br />
Gruppengröße<br />
In diesem Feld ist die ideale Gruppengröße angegeben.<br />
Alter<br />
In diesem Feld ist die untere Altersgrenze angegeben, für die die entsprechenden<br />
Methoden geeignet sind. Diese Angaben können nicht mehr als Orientierungspunkte<br />
sein, die jede/r für ihre/seine Gruppe überprüfen muss, denn der tatsächliche Entwicklungsstand<br />
der einzelnen Gruppenmitglieder weicht oft vom für ein bestimmtes<br />
Alter vorgegebenen ab. Methoden, die hier zum Beispiel ab acht Jahre angegeben sind,<br />
können für einzelne Neun- bis Zehnjährige zu schwierig, für bestimmte Siebenjährige<br />
aber genau richtig sein.<br />
Dauer<br />
Dieses Feld gibt eine Richtlinie für die ungefähre Dauer der entsprechenden Methode.<br />
Häufig sind zwei Zeitangaben vorhanden. Die Angabe in der Klammer gibt die Dauer<br />
der eigentlichen Methode an. Die Zahl ohne Klammer nennt die Dauer inklusive Auswertungsgespräche.<br />
Natürlich sind diese Zeiten von der entsprechenden Situation abhängig.<br />
Abweichungen nach oben oder unten sind möglich und können auch gesteuert<br />
werden.<br />
Material<br />
An dieser Stelle befinden sich die Informationen über eventuell benötigte Materialien.<br />
Bis auf wenige Ausnahmen findet ihr keine Mengenangaben, da diese von der entsprechenden<br />
Gruppengröße abhängig sind.
Termine 2010 / 2011<br />
$<br />
Ve r a n s ta lt u n g e n<br />
01.10.–03.10.2010 Grundlagenseminar Teil 2 Bezirke Eifel und <strong>Aachen</strong>-Land 1a, 2c, 3a<br />
01.10.–03.10.2010 Grundlagenseminar Teil 2 Bezirk <strong>Aachen</strong> Stadt 1a, 2c, 3a<br />
22.10.–24.10.2010 Seminar für Stammesvorstände<br />
31.10.–07.11.2010 Woodbadgekurs der Pfadfinderstufe<br />
31.10.–07.11.2010 Woodbadgekurs der Roverstufe<br />
05.11.–07.11.2010 Grundlagenseminar Teil 2 Bezirk Düren 1a, 2c, 3a<br />
12.11.–14.11.2010 NRW-Ausbildungstagung (aubita)<br />
19.11.–21.11.2010 Seminar Fahrt und Lager 1b, 3c, 3d, 3f<br />
19.11.–21.11.2010 Roverleiter/-innenwochenende<br />
26.11.–28.11.2010 Grundlagenseminar Teil 2 Bezirk Grenzland 1a, 2c, 3a<br />
09.12.2010 Wir warten aufs Christkind (für Leiter/-innen der Pfadfinderstufe)<br />
10.12.–12.12.2010 Seminar Gewalt gegen Kinder und Jugendl.: Prävention und Intervention 2d<br />
12.12.2010 Friedenslicht<br />
29.01.2011 Leiter- und Leiterinnenkongress aller Altersstufen<br />
30.01.2010 Diözesankonferenzen aller Altersstufen<br />
19.02.–20.02.2011 Seminar Fahrt und Lager 1b, 3c, 3d, 3f<br />
12.03.–13.03.2011 Diözesanversammlung<br />
16.04.–23.04.2011 Woodbadgekurs der Wölflingsstufe<br />
16.04.–23.04.2011 Woodbadgekurs der Jungpfadfinderstufe<br />
14.05.–15.05.2011 Seminar Fahrt und Lager 1b, 3c, 3d, 3f<br />
18.06.–19.06.2011 Seminar Fahrt und Lager 1b, 3c, 3d, 3f<br />
01.07.–03.07.2011 alle Stufen-Modul-Werkstätten 2a, 2b<br />
10.09.–11.09.2011 Diözesankonferenzen aller Altersstufen<br />
14.10.–15.10.2011 Seminar für Stammesvorstände<br />
29.10.–06.11.2011 Woodbadgekurs der Pfadfinderstufe<br />
29.10.–06.11.2011 Woodbadgekurs der Roverstufe<br />
19.11.–20.11.2011 Ausbildungstagung (aubita)<br />
11.12.2011 Friedenslicht<br />
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