(Ost-)Deutschland - Rainer Land Online Texte
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Zudem würde auch eine neue Phase dynamischer Entwicklung hohe Raten der Produktivitätsentwicklung,<br />
auch der Arbeitsproduktivität, einschließen, die „disponible Zeit“ erzeugt. Die<br />
Frage, ob diese „disponible Zeit“ sozial ausgrenzend als Arbeitslosigkeit eines Teils der Erwerbsbevölkerung<br />
verschwendet wird (während der andere Teil in Zeitnotstand lebt) oder ob<br />
es zu einer sinnvollen Verteilung der disponiblen Zeit kommt, hat sich nicht erledigt.<br />
Folgen der zu erwartenden demographischen Entwicklung<br />
In der öffentlichen Debatte wird vor allem der Geburtenrückgang und die damit verbundene<br />
Zunahme des Durchschnittsalters der Bevölkerung sowie die damit verbundene Veränderung<br />
des Verhältnisses von Erwerbstätigen und Altersrentnern in alarmierter Tonlage debattiert.<br />
Dabei wird oft behauptet, dass die Veränderung des Altersquotienten dazu führen wird, dass<br />
die Sozialsysteme nicht länger finanzierbar seien und daher ein Umstieg auf die private Rente<br />
und Krankenversicherung und eine dramatische Reduzierung der Sozialausgaben geboten<br />
seien. Diese Frage gehört nur mittelbar in den hier zu behandelnden Themenkreis, nämlich<br />
insoweit es um die Frage nach der zu erwartenden Entwicklung der Erwerbstätigkeit geht.<br />
Zunächst muss festgestellt werden, dass der Altersquotient allein nicht besonders viel sagt.<br />
Entscheidend ist das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Nicht-Erwerbstätigen, also derjenigen,<br />
die Transfereinkommen beziehen, zu denen, die Transfers zahlen. Dies hängt nicht nur vom<br />
Altersquotienten sondern ebenso von der Erwerbsquote und der Arbeitslosenquote ab. Wenn<br />
der Anteil der Rentner steigt, gleichzeitig aber auch die Erwerbsquote steigt und die Arbeitslosigkeit<br />
sinkt, entschärft sich das Problem. Auf Grund der hohen Arbeitslosigkeit und der<br />
vergleichsweise immer noch niedrigen Erwerbsquote der Frauen ist das Verhältnis von Erwerbstätigen<br />
zu Nicht-Erwerbstätigen schon heute so ungünstig, wie es auf Grund der demographischen<br />
Entwicklung im Jahr 2050 werden könnte.<br />
Ein großer Teil der demographischen Panikmache der letzten Jahre und Monate hält so gesehen<br />
einer nüchternen Bestandsaufnahme nicht stand. Dazu soll hier nicht weiter argumentiert<br />
werden (vgl. Busch, <strong>Land</strong>: Bericht zur Lage in <strong>Ost</strong>deutschland, Teil 5; vgl. die Beiträge in<br />
Berliner Debatte Initial 2006 Heft 3 „Politik mit Demographie, Kahlert 2006). Tatsächlich<br />
wird es nur dann zu gravierenden Problemen in den Sozialsystemen kommen, wenn die rezessive<br />
Wirtschaftslage immer weiter andauert und die Arbeitslosigkeit in den derzeitigen Größenordnungen<br />
bestehen bleibt. Gelingt es aber, dynamische Entwicklungen in Gang zu setzen<br />
und die Arbeitslosigkeit wenigstens in dem Maße zu reduzieren, in dem die Zahl der Erwerbstätigen<br />
relativ zur Gesamtbevölkerung aus demographischen Gründen zurückgeht, können die<br />
demographischen Probleme im Allgemeinen, speziell aber die Finanzierungsprobleme des<br />
Gesundheitswesens und der Rentenversicherung, durchaus gelöst werden. Sie sind nicht größer<br />
als z.B. in den 1960er Jahren, wo sie ohne gravierende Folgen und ohne Mediengeklingel<br />
gelöst wurden. Bleibt es hingegen noch lange bei einer anhaltend depressiven Entwicklung,<br />
dann kann die Rente mit 67 weder das deutsche Wirtschafts- und Sozialmodell noch den Lebensstandard<br />
der Arbeitnehmer und auch nicht das Vermögen der Reichen retten.<br />
Ganz anders aber fällt die Einschätzung aus, wenn man sich die Folgen der demographischen<br />
Veränderungen – und vor allem der demographischen Turbulenzen – in speziellen Konstellationen,<br />
also bezogen auf bestimmte Regionen (vor allem die benachteiligten ostdeutschen<br />
Regionen) oder Alterskohorten ansieht (Lutz; Steiner, Wiener; Wiener). <strong>Ost</strong>deutschland hat