Jahresgutachten 1988/89 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 11/3478 Deutscher Bundestag - 11. Wahlperiode<br />
Rohstoffpreise nach ihrem zeitweiligen Höhenflug<br />
wiedernach unten tendieren. Die wirtschaftliche Lage<br />
der hochverschuldeten Länder wird weiter prekär<br />
bleiben.<br />
18*. Auch im nächsten Jahr werden die Auftriebskräfte<br />
von den Investitionen kommen. Die Rahmenbedingungen<br />
für die Investoren sind fast überall gut,<br />
zumindest sind sie deutlich besser als zu Beginn der<br />
achtziger Jahre. In den meisten Ländern - wenn<br />
auch mit Unterschieden von Land zu Land - haben<br />
sich die Erträge wieder erholt; teils weil sich der Kostenanstieg<br />
abgeflacht, teils weil sich die Belastung<br />
mit Steuern und Abgaben vermindert hat. überdies<br />
hat es Fortschritte bei der Beseitigung bürokratischer<br />
Investitionshemmnisse gegeben. Das hat den Struktunvandelvorangebrachlund<br />
die Wachstumschancen<br />
auf längere Sicht verbessert.<br />
19*. Der konjunkturelle Gleichschritt der westlichen<br />
Industrieländer läßt auch den Welthandel erneut<br />
kräftig expandieren, im Vergleich <strong>zur</strong> Entwicklung in<br />
diesem Jahr aber etwas schwächer. Das Expansionstempo<br />
ist im nächsten Jahr fast überall etwas verhaltener,<br />
und das dürfte sich auch in den internationalen<br />
Warenströmen niederschlagen. Wir rechnen deshalb<br />
mit einer etwas niedrigeren Expansionsrate - mit<br />
5'1, vH für das Volumen des Welthandels mit Industriegütern<br />
und mit 5 vH für das Importvolumen der<br />
deutschen Handelspartner.<br />
Wie schon in diesem Jahr dürften die großen Industrieländer<br />
in recht unterschiedlichem Maße an der<br />
Expansion des Welthandels teilhaben. Die Vereinigten<br />
Staaten dürften erneut Weltmarktanteile gewinnen,<br />
Japan dürfte Anteile verlieren, und die europäischen<br />
Unternehmen dürften ihre Weltmarktanteile<br />
etwa behaupten. Der Abbau der hohen Leistungsbilanzdefizite<br />
und -überschüsse wird sich damit fortsetzen,<br />
wenn auch nicht überall.<br />
20*. Die Sorge, daß sich mit dem kräftigen Konjunkturaufschwung<br />
auch der Preisanstieg beschleunigen<br />
könnte, bleibt weiterhin groß. Auf der Kostenseite<br />
- bei den Vorleistungen, den Löhnen und den Kapitalkosten<br />
- werden sich zwar die Belastungen in engen<br />
Grenzen halten, zumal die Produktivität erneut<br />
kräftig steigen wird. Gefahren drohen aber auch von<br />
der Nachfrageseite. In vielen Ländern ist und bleibt<br />
die Kapazitätsauslastung hoch, und eine solche Konstellation<br />
eröffnet den Unternehmen Preiserhöhungs·<br />
spielräume. Alles in allem muß man sich wohl darauf<br />
einstellen, daß die Preissteigerungsraten im nächsten<br />
Jahrim ganzen etwas höher sein werden als in diesem<br />
Jahr.<br />
Prognose für die Bundesrepublik (Ziffern 197 ff.)<br />
21*. Die Wirtschaft der Bundesrepublik bleibt auch<br />
im kommenden Jahr auf einem Expansionspfad. Das<br />
konjunkturelle Muster wird sich nicht wesentlich verändern:<br />
Die Auftriebskräfte werden erneut aus dem<br />
Ausland wie aus dem Inland kommen und erneut<br />
mehr von den Investitionen, weniger vom privaten<br />
Verbrauch. Die Basis für die Aufwärtsentwicklung ist<br />
also nach wie vor recht breit. Das eröffnet gute Chancen,<br />
daß die Beschäftigung weiter steigt. Dennoch<br />
wird es bei der Lösung der Arbeitsmarktprobleme nur<br />
geringe Fortschritte geben; denn auch die Anzahl der<br />
Arbeitsuchenden wird zunehmen.<br />
22*. In diesem Jahr waren es neben den Exporten<br />
vor allem die Investitionen, von denen die Dynamik<br />
kam. Im kommenden Jahr muß es sich erweisen, was<br />
hinter dem kräftigen Anstieg steckt - ob darin der<br />
Auftakt zu einem noch kräftigeren, lang anhaltenden<br />
Investitionsaufschwung oder nur ein Nachziehen bisher<br />
aufgeschobener Investitionsvorhaben zu sehen<br />
ist.<br />
Einerseits: Die Rahrnenbedingungen für die Investoren<br />
sind so gut wie seit langem nicht mehr. Die Kosten-Erlös-Relation<br />
bat sich auch in diesem Jahr verbessert,<br />
und sie dürfte sich im nächsten Jahr zumindest<br />
nicht verschlechtern. Die Unternehmen werden<br />
also weiterhin über hohe Eigenfinanzierungsmittel<br />
verfügen. überdies sind die Zinsen für langfristige<br />
Kredite und damit die Kosten der Fremdfinanzierung<br />
vergleichsweise niedrig. Einer abermaligen kräftigen<br />
Aufstockung der Investitionsbudgets stünde also von<br />
der Finanzierungsseite nichts im Wege. Es kommt<br />
hinzu, daß Absatzlage und Absatzerwartungen<br />
durchweg zufriedenstellend oder gut sind, auf den<br />
inländischen wie auf den ausländischen Märkten. Höhere<br />
Auftragsbestände und längere Lieferfristen signalisieren,<br />
daß sich viele Unternehmen mit der Produktion<br />
den Kapazitätsgrenzen nähern. Auch sieht es<br />
so aus, als würden sich wegen der Vollendung des<br />
europäischen Binnenmarktes die Modernisierungstendenzen<br />
verstärken. Auf den ersten Blick spricht<br />
somit vieles dafür, daß sich die Investitionskonjunktur<br />
weiter kräftigt.<br />
Andererseits: Trotz guter Rahmenbedingungen haben<br />
die Unternehmen in den vergangenen Jahren die<br />
Investitionen deutlich weniger ausgeweitet als früher<br />
in ähnlichen Konjunkturphasen. Es stellt sich die<br />
Frage, ob die hiesigen Investitionsbedingungen in der<br />
Einschätzung durch die Unternehmen wirklich so attraktiv<br />
sind, wie es die gute Konjunkturlage und die<br />
nicht minder gute Gewinnsituation erscheinen läßt.<br />
23*. Wirsindbei unseren Schätzungen davon ausgegangen,<br />
daß die realen Bruttoanlageinvestitionen der<br />
Unternehmen (ohne Wohnungswirtschaft) im Durchschnitt<br />
des nächsten Jahres um 5 1 12 vH zunehmen<br />
werden. Die Zuwachsrate wird zwar etwas niedriger<br />
sein als in diesem Jahr (6 1 12 vH). doch ist dies nicht als<br />
konjunkturelle Abschwächung zu interpretieren (Tabelle<br />
B).<br />
Mit einem unvermindert kräftigen Anstieg rechnen<br />
wir bei den AusfÜstungsinvestitionen. Dafür spricht,<br />
daß ein großer Teil der Unternehmen derzeit die Produktionsanlagen<br />
grundlegend erneuert und modernisiert.<br />
Erneuerungs- und Modernisierungsinvestitionen<br />
schlagen sich in erster Linie in Käufen von Erzeugnissen<br />
der Büro- und Datentechnik, der Elektrotechnik<br />
und des Maschinenbaus nieder. Zu einem<br />
gewissen Teil spiegelt sich darin auch die Verlagerung<br />
der sektoralen Investitionsschwerpunkte wider:<br />
Im nächstenJahrwerden diejenigen Bereiche mit Abstand<br />
Spitzenreiter unter den Investoren sein, die<br />
mehrin Ausrüstungen als in Bauten investieren - die<br />
Bauwirtschaft und die Industrie. Im Durchschnitt des<br />
Jahres 19<strong>89</strong> dürfte nach unserer Schätzung die Zu-<br />
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