Predigt zur Predigtreihe über die Seligpreisungen Sommer ... - Neues
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<strong>Predigt</strong> <strong>zur</strong> <strong>Predigt</strong>reihe <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Seligpreisungen</strong> <strong>Sommer</strong> 2005<br />
Selig sind <strong>die</strong> geistlich Armen, denn ihrer ist das Himmelreich! (Matthäus 5,3)<br />
Gott war vor aller Zeit,<br />
Gott will auch jetzt mitten unter uns sein<br />
Gott wird da sein in allen kommenden Zeiten<br />
Gnade und Friede sei mit euch<br />
Liebe Gemeinde,<br />
wir beginnen unsere <strong>Predigt</strong>reihe mit der ersten Seligpreisung:<br />
Selig sind <strong>die</strong> geistlich Armen, denn ihrer ist das Himmelreich!<br />
Drei Fragen stellten sich uns am vergangenen Mittwoch beim <strong>Predigt</strong>vorgespräch: Wer sind<br />
eigentlich <strong>die</strong> „Geistlich Armen“? Was bedeutet „selig“? Was meint „denn ihrer ist das<br />
Himmelreich“?<br />
Die längste Zeit hat uns <strong>die</strong> Frage beschäftigt: Wer ist geistlich arm? Oder wenn man es aus dem<br />
griechischen Urtext genau <strong>über</strong>setzt: Die Armen im Geist.<br />
Gemeint sind jedenfalls nicht <strong>die</strong> mit geringer Bildung, <strong>die</strong> wenig wissen und Mühe haben, sich<br />
etwas zu merken.<br />
Jesus spielt hier auch nicht mit einem Seitenhieb auf den geistlichen Berufsstand der Pfarrerin und<br />
Pfarrer an.<br />
Wer also sind <strong>die</strong> geistlich Armen?<br />
Durch Jona erfahren wir mehr dazu: Gott beauftragt Jona, in eine für ihn fremde Stadt zu gehen. Er<br />
gibt ihm <strong>die</strong> Aufgabe: Sag den Menschen dort meinen Willen, denn sie leben ganz und gar gegen<br />
meine Gebote, kennen keine Nächstenliebe und keine Barmherzigkeit. Aber für Jona – wir haben es<br />
in dem Psalm eben gelesen – ist das eine zu große Herausforderung. Er will sich drücken, will<br />
ausweichen. Er macht sich dünne, rennt weg, hofft, Gott zu entkommen. Lieber abhauen als sich<br />
Gott und der Welt stellen. Denn dafür fühlt er sich innerlich nicht stark und „reich“ genug.<br />
Wie wäre <strong>die</strong> Geschichte verlaufen, wenn Jona kein geistlich Armer, sondern eine geistlich Reicher<br />
gewesen wäre? Er hätte souverän den Auftrag Gottes angenommen. Er wäre ohne Furcht ins ferne<br />
Ninive gegangen und hätte ihnen Gottes Meinung mutig ins Gesicht gesagt.<br />
So weit damals Jona. Wen eigentlich könnte man heute geistlich reich nennen?<br />
Wer den Auftrag Jesu im Ohr hat – wie eben im Missionsbefehl nochmals gehört: „Geht hin in alle<br />
Welt und lehret sie halten alles, was ich euch gesagt habe.“ Und <strong>die</strong>s dann auch tut, mit großer<br />
Leidenschaft, offen und ohne Scham von Gott und seinem Glauben erzählt und so auch immer<br />
handelt; das Risiko eingeht, dafür belächelt zu werden, denn mehr müssen wir in unserem<br />
Deutschland nicht befürchten. Geistlich reich wäre jemand, der auf alle Fragen des Glaubens eine<br />
Antwort wüsste, der kein Gefühl der Gottesferne erlebt, dem <strong>die</strong> Warum-Frage nicht mal in den<br />
Sinn kommt; der kein Gefühl von Panik oder Bedrohung kennt, wenn <strong>die</strong> Anschläge von USA <strong>über</strong><br />
Madrid und London scheinbar näher kommen; dessen Sicherheit „von guten Mächten wunderbar<br />
geborgen“ zu sein, unerschütterlich ist, auch beim Blick in <strong>die</strong> Zeitung mit den Bildern der Opfer<br />
von sinnlosem Terror. Wer dagegen arm ist im Geiste, den hinterfragt das; der macht sich heftig<br />
Sorgen um <strong>die</strong> gute alte Erde und wie unsere Kinder und Enkel hier einmal leben werden.<br />
Wer sich geistlich arm nennt, weiß sich von seinem ganzen Menschsein her zutiefst auf Gott<br />
angewiesen, fühlt sich jeden Tag neu bedürftig der Kraft des Geistes Gottes, um <strong>die</strong>sem Leben stand<br />
zuhalten.<br />
Wer also sind nun <strong>die</strong> geistlich Armen? Jona allein? Einige andere auch? Sie? Ich?<br />
Vielleicht können wir das besser beurteilen, wenn wir von den Auswirkungen <strong>die</strong>ser Diagnose<br />
„geistlich arm“ hören:
Luther auf seine gewohnt drastische Weise sagte auf dem Sterbebett als letzten Satz: Wir sind alle<br />
Bettler vor Gott. Aber er sagte es nicht vorwurfsvoll, auch nicht voller Selbstmitleid. Schwer zu<br />
verstehen. Wer will schon gerne Bettler sein? Sein Leben lang mit bittenden, geöffneten Händen<br />
dastehen? Aber bei Luther führte <strong>die</strong>se Lebenshaltung zu hoher Zufriedenheit und er sang fröhlich:<br />
Ein feste Burg ist unser Gott. „Selig“ nennt Jesus das, ein Glücksgefühl, nicht aus berauschender<br />
Selbstsicherheit geboren, nicht aus Begeisterung <strong>über</strong> eine gelungene Neugestaltung des Kirchsaals<br />
heraus, sondern aus dem Wissen: Gott füllt mir <strong>die</strong> Hand und das Herz und den Mund.<br />
Ihrer ist das Himmelreich... nicht: Ihrer wird sein, irgendwann einmal, keine Vertröstung auf später,<br />
aufs Jenseits. Mit Jesus begann das Reich Gottes und dringt auf Vollendung. Schon jetzt und doch<br />
noch nicht ganz... Anteil haben an der Zukunft, wie Gott sie sich vorstellt. Unsere Wirklichkeit hier<br />
AUSHALTEN und doch an der Wirklichkeit Gottes und wie das eigentlich alles gemeint war FEST<br />
HALTEN.<br />
Gemeinde ist der Ort dafür. Hier treffen sich <strong>die</strong>, <strong>die</strong> sich arm und doch manchmal selig fühlen; <strong>die</strong><br />
ein Stück Himmel hinter den Wolken und dem Nebel erkennen wollen; <strong>die</strong> immer noch und immer<br />
wieder Kinder taufen und sie hineinnehmen in <strong>die</strong> Gemeinschaft mit Jona, Luther und so vielen<br />
anderen und <strong>die</strong> am Anfang des Zusammenkommens hören wollen:<br />
Unsere Hilfe kommt von Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, Bund und Treue hält ewiglich<br />
und nicht <strong>die</strong> loslässt, <strong>die</strong> er einst ins Leben rief. Amen.<br />
Und der Friede Gottes, höher als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.<br />
Amen.<br />
Almut Matting-Fucks, 10.07.05