Martin Heimbucher
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Gottesdienst am 1. Weihnachtstag 2008<br />
Darauf kehrten die Engel in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander:<br />
»Kommt, wir gehen nach Bethlehem! Wir wollen sehen, was dort geschehen ist und<br />
was der Herr uns verkünden ließ.« Sie machten sich auf den Weg, so schnell sie<br />
konnten, und fanden Maria und Josef und ‚bei ihnen‘ das Kind, das in der Futterkrippe<br />
lag. Nachdem sie es gesehen hatten, erzählten sie ´überall`, was<br />
ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, mit denen die Hirten<br />
sprachen, staunten über das, was ihnen da berichtet wurde. Maria aber prägte<br />
sich alle diese Dinge ein und dachte immer wieder darüber nach. Die Hirten<br />
kehrten zu ihrer Herde zurück. Sie rühmten und priesen Gott für alles, was sie<br />
gehört und gesehen hatten; es war alles so gewesen, wie der Engel es ihnen gesagt<br />
hatte.<br />
Liebe Gemeinde, es gibt ein Bild von der Weihnachtsnacht - Beate Heinen, ein Künstlerin aus<br />
Maria Laach hat es gemalt - da fährt in der Heiligen Nacht ein Müllwagen durch die dunklen<br />
Straßen der Stadt.<br />
Manche haben schon aufgeräumt - Geschenkkartons, Feierabfall und auch schon nadelnde<br />
Weihnachtsbäume liegen am Straßenrand. Nach aufwendiger Vorbereitung der Festtage muss bei<br />
manchen auch schnell wieder Ordnung sein ...<br />
Auf der Ladefläche des Müllwagens sitzt vor goldenem Hintergrund Maria und das Jesuskind ...<br />
Von ihnen beiden geht immer noch himmlische Ruhe aus, während um sie herum schon wieder<br />
irdische Alltäglichkeit die Oberhand gewinnt.<br />
Doch vergessen wir nicht - die Hauptaussage des Bild - auch diese beiden sind gewissermaßen von<br />
den Menschen auf den Müll geworfen. Von denen jedenfalls die Kirche, Glaube, Religion aus ihrem<br />
Leben längst entsorgt haben (nicht nur die die ausgetreten sind, sondern auch eine Mehrheit derer,<br />
die noch Kirchensteuern zahlen) ... aber auch von denen, die sich bewusst noch Christen nennen,<br />
aber eigentlich gar nicht im Traum damit rechnen, es könnte sie berühren, gar verändern, was da in<br />
dieser Nach zu Bethlehem geschehen ist.<br />
Liebe Gemeinde, was bleibt von Weihnachten? ist die Frage, die uns auch mit dem für heute<br />
vorgeschlagenen Text, dem Ende der Weihnachtserzählung nach Lukas gestellt wird. Was bleibt<br />
vom Eindruck dieses Festes?<br />
Die Hirten sind die ersten Hörer und sie werden dann zu den ersten Zeugen der Geburt im<br />
1
Stall. Ich denke, dass sie weithin unterschätzt sind - romantisch stilisiert zu armseligen Gestalten -<br />
es sind auch die, die ein Ahnung haben - wie David das Hirtenkind - dass der Herr mein Hirte ist<br />
und er kommt, sich um die die Seinen zu kümmern ... Psalm 23 ... oder wie es auch Jesaja<br />
prophezeit: Er wird seine Herde weiden wie ein guter Hirte. Er wird die Lämmer auf seinen<br />
Arm nehmen und in seinem Gewand tragen und er wird die Mutterschafe behutsam führen ...<br />
Sie wissen, dass Gott Großes verheißen hat und darum trauen sie dem Wort der Engel und<br />
machen sich auf den Weg. Es war schon ein Stück bis Bethlehem und die Ortsangabe war nicht so<br />
klar, dass sie direkt gewusst hätten wohin ... Vielleicht haben sie einige Ställe durchsucht, bis sie<br />
dann aber am Ende den richtige Ort mit Maria und Joseph dazu das Kind in der Krippe fanden ...<br />
Gott ist nicht einfach zu finden - aber wer seinen alten Versprechen noch immer traut und sich<br />
tatsächlich auf die Suche macht und nicht aufgibt bei ersten oder zweiten Misserfolg, dem gilt die<br />
Zusage: "Wenn Ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, will ich mich von euch finden lassen"<br />
oder mit den Worten des Bergpredigers "Suchet, so werdet Ihr finden!"<br />
Noch einmal: wer aber sucht Gott heute - reden wir nicht über die anderen, die sicher auch etwas<br />
suchen - reden wir über uns: besteht nicht die Gefahr, dass wir christlichen Insider (Ich schließe<br />
mich da voll und ganz ein) längst viel zu genau zu wissen, was es da zu finden gibt und was eben<br />
nicht ... und dass in den Kirchen zu Weihnachten viel darüber gepredigt wird mit feierlich frommen<br />
- leider viel zu wenig handfesten - Worten ... und die stillschweigende Übereinkunft ist ohnehin<br />
"morgen so wie gestern" ... nichts vom Frieden auf Erden - nicht vom Ende des Streites in der<br />
Familie - nicht am Arbeitsplatz - wenig Hoffnung auf wirkliche Wenden im meinem / im unseren<br />
Leben. ... Fragen Sie sich selbst ... ich erspare uns Beispiele ...<br />
Die Hirten gelangen ans Ziel: "Seht Ihr, ein Kind in einer Futterkrippe. Unglaublich! So kommt<br />
Gott als der gute Hirte - als der, der dies Leben gibt für die Seinen. Unglaublich!"<br />
Und dann - da bin ich sicher werden sie still geworden sein - ganz still, weil sie gespürt haben, dass<br />
sie Zeugen sind des Allergrößten, wo von die Weltgeschichte weiß, auch wenn es nicht zu beweisen<br />
ist ... Gott ist hier mit seiner Gegenwart - er zeigt uns sein Bild in diesem Kind - ein Bild der<br />
2
Liebe - ein Bild auch der Zerbrechlichkeit - ein Bild der Liebe, das unsere Herzen berühren<br />
will und sich durchsetzen wird ohne Macht und Gewalt.<br />
Es wird gar nicht erzählt, dass die rauhen Gesellen vom Feld irgendetwas für das Kind<br />
mitgebracht hätten oder dass sie Maria und Joseph etwas geschenkt hätten.<br />
Lukas erzählt etwas anders, nämlich was die Folge des Sehens des Wunders dann ist:<br />
"Nachdem sie es gesehen hatten, erzählten sie ´überall`, was ihnen über dieses Kind gesagt<br />
worden war."<br />
Die Hirten verstehen, wer dieses Kind ist - sie verstehen, wie sich die Botschaft vom Himmel deckt<br />
mit den Ankündigungen der Propheten - sie fühlen in ihrem Herzen, dass der Himmel sich geöffnet<br />
in dieser Nacht und auch dass Gott zugegen war in diesem Kind ...<br />
Sie sind erfüllt von echter Freude und können, obwohl sie sonst sicher nicht die großen Redner und<br />
Prediger sind, diese Freude nicht für sich behalten ... "das Herz ist so voll, dass es überfließt" ...<br />
irgendwann löst sich die ehrfurchtsvolle Stille im Stall und mündet in lauten Jubel - und dann gehen<br />
sie auf die nächtlichen Straßen Bethlehems und loben und preisen Gott.<br />
Bestimmt wurden sie für verrückt erklärt, vielleicht als betrunken verspottet wie die Jünger zu<br />
Pfingsten in Jerusalem ... ja ganz ähnlich ist die Situation hier wie da - Gottes verborgene<br />
Geistesmacht ist es, die Menschen in Bewegung bringt und zum begeisterten Zeugnis für seine<br />
Wunder ...<br />
Hört, was mir mit Gott passiert ist. Hört, was mich in dieser Nacht vom Himmel berührt hat.<br />
"Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen<br />
hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.<br />
Auch die ersten Zeugen treibt es zu ihren alltäglichen Aufgaben zurück - aber sie nehmen das Lob<br />
Gottes mit und nehmen damit ihre Arbeit wieder auf. Und wer das kennt, sich leise singend an die<br />
Arbeit zu machen oder im Kopf noch eine schöne Melodie zu haben, der weiß auch, dass das tragen<br />
kann ...<br />
3
ganz sicher haben die Hirten diese Nacht niemals vergessen - ganz sicher hat sie das Bild Gottes<br />
in diesem Kind niemals losgelassen.<br />
Und wir, wie kommen wir näher ran?<br />
... wie geben wir dem Bild der Weihnacht Raum in unserer Seele, dass wir auch morgen und<br />
übermorgen noch das Lied der Hoffnung summen und nicht wieder mitsingen die vielen Lieder der<br />
Resignation und des Unfriedens auf Erden<br />
Maria, die Mutter, diese junge Frau aus Nazareth, sie kann uns Vorbild werden, wenn es von<br />
ihr heißt es am Ende, dass sie alle Worte behielt und sie in ihrem Herzen bewegt hat.<br />
Als es wieder ruhig geworden war im Stall nach Abzug der Hirten - als es wieder ruhig geworden<br />
war für Mutter und Kind ... wir Menschen brauchen das auch in den schönsten Festtagen, auch<br />
mitten unter unseren Liebsten - ab und an mal wieder Ruhe für mich, um zu mir zu kommen ...<br />
Maria braucht die Stille um zu begreifen, was da eigentlich geschehen ist mit ihr mittendrin ...<br />
die Botschaft des Engels - die Zweifel ihres Mannes Josef - das laut gewordene Zeugnis der Hirten<br />
Nehmen auch wir uns die Zeit, vielleicht immer mal wieder nur für einen Gedanken - für einen<br />
Satz zu dieser Geschichte der Weihnacht zurückzukehren - oder nehmen wir ein Stück<br />
prophetischer Ankündigung... und bewegen wir er hin und her, in dem wir jedes Wort wiegen und<br />
erspüren - nicht nur mit dem Kopf, nein eben auch mit dem Herzen ...<br />
Euch ist heute ist der Heiland geboren - Gottes guter Hirte in diesem Kind<br />
Lassen wir die Worte nicht zu schnell verklingen, geben wir dem Raum, was schon immer nach-<br />
klingen will ins uns ... dann sind wir auf dem richtigen Weg ... das Übrige muss Gottes Heiliger<br />
Geist machen, nämlich, dass es Weihnachten in uns wird und dass etwas bleibt ...<br />
Nehmen wir uns die Zeit, die wir hoffentlich noch haben in diesen Tagen ... nehmen wir noch<br />
4
einmal die Bibel in die Hand ... und räumen vor allem nicht zu schnell das Fest beiseite.<br />
Auf dem Bild vom Anfang, das habe ich vergessen, strahlt über dieser nächtlich Müllabfuhrszene<br />
trotz allem wunderschön der Weihnachtsstern ...<br />
<strong>Martin</strong> <strong>Heimbucher</strong><br />
er leuchtet, egal was wir Menschen aus Weihnachten machen<br />
5<br />
er leuchtet auch noch heute für uns und will sich finden lassen. Amen