19.06.2014 Aufrufe

Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung

Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung

Gesamtausgabe als PDF - Schweizerische Ärztezeitung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung<br />

Bollettino dei medici svizzeri<br />

26<br />

29. 6. 2011<br />

Bulletin des médecins suisses<br />

Editorial 983<br />

Wenn der Täter zum Opfer wird<br />

FMH 985<br />

SASIS sammelt Ärztedaten ohne Vertragsgrundlage<br />

Stiftung für Patientensicherheit 990<br />

Täter <strong>als</strong> Opfer: konstruktiver Umgang mit<br />

Behandlungsfehlern in Gesundheitsorganisationen<br />

Tribüne 1020<br />

Health Technology Assessment in der Schweiz:<br />

miteinander statt gegeneinander<br />

Begegnung mit Elisabeth Müller 1027<br />

«In der Sprechstunde ist man vom Sprechen<br />

weggekommen»<br />

«Zu guter Letzt» von Erhard Taverna 1030<br />

Integration & Co.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

Offizielles Organ der FMH und der FMH Services www.saez.ch<br />

Organe officiel de la FMH et de FMH Services www.bullmed.ch<br />

Bollettino ufficiale della FMH e del FMH Services


INHALT<br />

FMH<br />

Editorial<br />

983 Wenn der Täter zum Opfer wird<br />

Daniel Herren<br />

Tariffragen<br />

985 SASIS sammelt Ärztedaten ohne<br />

Vertragsgrundlage<br />

Ernst Gähler, Thomas Kessler, Gabriela Lang<br />

Im SASIS-Fragebogen werden Angaben verlangt, die weit<br />

über die im TARMED getroffenen Vereinbarungen hinausgehen.<br />

Die FMH wird prüfen, wie man sich gegen den Informations-Heisshunger<br />

von santésuisse wehren kann. Der<br />

Beitrag informiert auch über Neurungen bei der Mittelund<br />

Gegenständeliste (MiGeL).<br />

DDQ<br />

987 Medizinische Qualitätsarbeit – eine<br />

Bestandesaufnahme in Kleinporträts (31)<br />

Brustzentren – Qualität dank Teamarbeit<br />

Bernd Allgayer, Günther Gruber, Karin Huwiler<br />

Public Health<br />

988 Willkommen in Basel: chronische<br />

Erkrankungen – eine globale<br />

Herausforderung<br />

Nino Künzli, Nicole Probst-Hensch<br />

Weitere Organisationen und Institutionen<br />

Stiftung für Patientensicherheit<br />

990 Täter <strong>als</strong> Opfer – «second<br />

victims» – Konstruktiver Umgang<br />

mit Behandlungsfehlern in<br />

Gesundheitsorganisationen<br />

Nicoletta von Laue, David Schwappach,<br />

Marc-Anton Hochreutener, Olga Frank<br />

In erster Linie leiden Patienten unter Behandlungsfehlern,<br />

doch <strong>als</strong> «zweite Opfer» auch die beteiligten Ärzte. Die<br />

Stiftung für Patientensicherheit hat dieses Thema erstm<strong>als</strong><br />

systematisch aufgearbeitet und nun eine umfassende Broschüre<br />

dazu herausgegeben.<br />

SAMW<br />

993 Neue Berufsbilder für fehlende Berufsleute?<br />

Ein aktueller Kommentar der <strong>Schweizerische</strong>n Akademie<br />

der Medizinischen Wissenschaften zu ihrem im Jahr 2007<br />

erschienenen Bericht über Berufsbilder von Ärzten und<br />

Pflegenden.<br />

Symposium Zürich<br />

997 Kann die Schweiz von den Erfahrungen<br />

in anderen Ländern profitieren?<br />

Bernd Mühlbauer, Heinz Locher<br />

biaggi & partner<br />

999 Führungsprinzipien kennen und<br />

in der Praxis richtig einsetzen<br />

Jean Biaggi<br />

SÄZ-Podiumsdiskussion<br />

1000 Prävention zwischen sinnvoller Steuerung<br />

und Bevormundung<br />

In welchen Bereichen ist eine behördlich gesteuerte<br />

Gesundheitsförderung und Prävention sinnvoll, wann beschneidet<br />

sie Freiheitsrechte in unzulässiger Weise? Diskutieren<br />

Sie am 6. Juli in Bern mit Fachleuten aus Medizin,<br />

Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung.<br />

Im August steht Basel im Zeichen chronischer Krankheiten:<br />

Die Jahreskonferenz von Public Health Schweiz findet statt,<br />

in diesem Rahmen auch ein Workshop zum Thema «Mega-<br />

Kohortenstudien» und eine öffentliche Podiumsdiskussion<br />

zur Frage «Gesunde Stadt – ein Widerspruch?».<br />

989 Personalien<br />

Briefe / Mitteilungen<br />

1001 Briefe an die SÄZ<br />

1003 Facharztprüfungen /<br />

Mitteilungen


INHALT<br />

FMH Services<br />

1005 Seminare / Séminaires / Seminari 2011<br />

FMH Services<br />

1008 Konzentrieren Sie sich auf den Blutdruck<br />

FMH Consulting Services<br />

1009 Berufshaftpflichtversicherung<br />

FMH Insurance Services<br />

1010 Stellen und Praxen<br />

Horizonte<br />

Begegnung mit …<br />

1027 «In der Sprechstunde ist man<br />

vom Sprechen weggekommen»<br />

Daniel Lüthi<br />

Daniel Lüthi hat eine Preisträgerin getroffen: Elisabeth<br />

Müller ist «Kopf des Jahres» des Kollegiums für<br />

Hausarztmedizin. Sie hat etwas sehr Ungewöhnliches<br />

initiiert: Neben ihrer Praxis betreibt sie mit vielen ihrer<br />

Patienten ein Restaurant. Warum, erklärt sie im Gespräch<br />

mit der SÄZ.<br />

Tribüne<br />

Standpunkt<br />

1020 Health Technology Assessment in der<br />

Schweiz: miteinander statt gegeneinander<br />

Alois Gratwohl<br />

Begrenzte finanzielle Mittel zwingen zu objektiven und<br />

nachvollziehbaren Entscheidungen über medizinische<br />

Leistungen. Dies soll HTA gewährleisten, die FMH engagiert<br />

sich dabei im «Medical board». Der Autor stellt dazu<br />

jedoch kritische Fragen, Daniel Herren, Mitglied des FMH-<br />

Zentralvorstands, nimmt in seinem Kommentar Stellung.<br />

Zu guter Letzt<br />

1030 Integration & Co.<br />

Erhard Taverna<br />

Über Zuwanderung wird viel geredet, vor allem von<br />

den Einheimischen. Was denken die Zugewanderten? Ein<br />

türkisch-deutscher Doppelbürger hat dazu Wesentliches<br />

mitzuteilen: Sein Buch heisst «Deutschsein – Eine Aufklärungsschrift»<br />

und ist durchaus auf die Schweiz übertragbar.<br />

Management<br />

1024 Zwischen Medizin und Ökonomie<br />

Daniel Marek, Martin E. Keck<br />

Erfahrungsbericht über eine<br />

spezielle Weiterbildung in<br />

einer Klinik: «Einführung<br />

in Betriebswirtschaft» stand<br />

auf dem Programm.<br />

Anna<br />

IMPRESSUM<br />

Redaktion<br />

Dr. med. et lic. phil. Bruno Kesseli<br />

(Chefredaktor)<br />

Dr. med. Werner Bauer<br />

Dr. med. Jacques de Haller (FMH)<br />

PD Dr. med. Jean Martin<br />

Anna Sax, lic. oec. publ., MHA<br />

Prof. Dr. med. Hans Stalder<br />

Dr. med. Erhard Taverna<br />

lic. phil. Jacqueline Wettstein (FMH)<br />

Redaktion Ethik<br />

PD Dr. theol. Christina Aus der Au<br />

Prof. Dr. med. Lazare Benaroyo<br />

Dr. phil., dipl. biol. Rouven Porz<br />

Redaktion Medizingeschichte<br />

PD Dr. med. et lic. phil. Iris Ritzmann<br />

PD Dr. rer. soc. Eberhard Wolff<br />

Redaktion Ökonomie<br />

Anna Sax, lic. oec. publ., MHA<br />

Redaktion Recht<br />

Fürsprecher Hanspeter Kuhn (FMH)<br />

Managing Editor<br />

Annette Eichholtz M.A.<br />

Redaktionssekretariat<br />

Margrit Neff<br />

Redaktion und Verlag<br />

EMH <strong>Schweizerische</strong>r Ärzteverlag AG<br />

Farnsburgerstrasse 8, 4132 Muttenz<br />

Tel. 061 467 85 55, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: redaktion.saez@emh.ch<br />

Internet: www.saez.ch, www.emh.ch<br />

Herausgeber<br />

FMH, Verbindung der Schweizer<br />

Ärztinnen und Ärzte, Elfenstrasse 18,<br />

Postfach 170, 3000 Bern 15<br />

Tel. 031 359 11 11, Fax 031 359 11 12<br />

E-Mail: info@fmh.ch<br />

Internet: www.fmh.ch<br />

Herstellung<br />

Schwabe AG, Muttenz<br />

Marketing EMH<br />

Thomas Gierl M.A.<br />

Leiter Marketing und Kommunikation<br />

Tel. 061 467 85 49, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: tgierl@emh.ch<br />

Inserate<br />

Werbung<br />

Ariane Furrer, Assistentin Inserateregie<br />

Tel. 061 467 85 88, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: afurrer@emh.ch<br />

«Stellenmarkt/Immobilien/Diverses»<br />

Matteo Domeniconi, Inserateannahme<br />

Stellenmarkt<br />

Tel. 061 467 86 08, Fax 061 467 85 56<br />

E-Mail: stellenmarkt@emh.ch<br />

«Stellenvermittlung»<br />

FMH Consulting Services<br />

Stellenvermittlung<br />

Postfach 246, 6208 Oberkirch<br />

Tel. 041 925 00 77, Fax 041 921 05 86<br />

E-Mail: mail@fmhjob.ch<br />

Internet: www.fmhjob.ch<br />

Abonnemente<br />

FMH-Mitglieder<br />

FMH Verbindung der Schweizer<br />

Ärztinnen und Ärzte<br />

Elfenstrasse 18, 3000 Bern 15<br />

Tel. 031 359 11 11, Fax 031 359 11 12<br />

EMH Abonnemente<br />

EMH <strong>Schweizerische</strong>r Ärzteverlag AG<br />

Abonnemente, Postfach, 4010 Basel<br />

Tel. 061 467 85 75, Fax 061 467 85 76<br />

E-Mail: abo@emh.ch<br />

Jahresabonnement: CHF 320.–,<br />

zuzüglich Porto<br />

© 2011 by EMH <strong>Schweizerische</strong>r<br />

Ärzteverlag AG, Basel. Alle Rechte vorbehalten.<br />

Nachdruck, elektronische<br />

Wiedergabe und Übersetzung, auch<br />

auszugsweise, nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung des Verlages gestattet.<br />

Erscheint jeden Mittwoch<br />

ISSN 0036-7486<br />

ISSN 1424-4004 (Elektronische Ausg.)


Editorial<br />

FMH<br />

Wenn der Täter zum Opfer wird<br />

7.30 Uhr im Operationssaal,<br />

emsige Betriebsamkeit in<br />

allen Vorbereitungskojen. Die<br />

Patienten werden individuell<br />

für ihre Eingriffe vorbereitet,<br />

auf den OP-Tischen bereitgemacht<br />

und anästhesiert. Als<br />

Letzter betritt der Chirurg<br />

den Saal, kontrolliert rasch<br />

die bisherige Arbeit und bereitet<br />

sich dann auf die Operation<br />

vor. Die Akten hat er am<br />

Vorabend studiert und ist geistig vorbereitet, ein letzter Blick<br />

auf den OP-Plan bestätigt ihm, dass <strong>als</strong> Erster der Patient mit<br />

den chronischen Ellbogen-Beschwerden behandelt wird.<br />

Schade, der Patient hat eine Vollnarkose gewünscht und<br />

schläft bereits, <strong>als</strong> der Chirurg den Operationssaal betritt.<br />

Gerne hätte er ihn noch rasch begrüsst und allfällige letzte<br />

Fragen beantwortet. Aber es wurde ja alles bereits ausführlich<br />

in der Sprechstunde besprochen. Die Vorbereitungen nehmen<br />

ihren Lauf, es wird abgedeckt und der Chirurg, mehr aus<br />

Gewohnheit <strong>als</strong> aus Notwendigkeit, zeichnet den Hautschnitt<br />

auf der Aussenseite des Ellbogens ein und greift zum<br />

Messer. In diesem Moment erscheint das freundliche Gesicht<br />

der Anästhesistin über dem sterilen Vorhang und meint mit<br />

Erstaunen: Es sei doch interessant, dass der Schnitt aussen gemacht<br />

werde, hätte doch der Patient noch vor dem Einschlafen<br />

berichtet, er sei dann froh, wenn die Schmerzen auf der<br />

Innenseite des Ellbogens endlich verschwinden würden …<br />

Beinahe die f<strong>als</strong>che Seite des Ellbogens<br />

operiert …<br />

Das ist eine wahre Geschichte aus meiner Tätigkeit, und<br />

ich weiss, dass ich so etwas nie mehr erleben möchte. Zum<br />

Glück war die Kollegin auf der anderen Seite des Vorhanges<br />

so aufmerksam; zum Glück herrscht bei uns ein Betriebsklima<br />

der Kollegialität und gegenseitigem Respekt; zum<br />

Glück habe ich mein Versehen noch bemerkt, bevor ein<br />

Schaden am Patienten entstanden ist.<br />

Was aber in mir selber abgelaufen ist, ist eindrücklich.<br />

Wie von der Tarantel gestochen habe ich mir meine sterilen<br />

Kleider vom Leibe gerissen, die Krankengeschichte konsultiert<br />

und festgestellt, dass ich tatsächlich beinahe eine Operation<br />

an der f<strong>als</strong>chen Seite des richtigen Ellbogens durchgeführt<br />

hätte. Das hat mich völlig aus dem Konzept gebracht,<br />

ich habe mich mit Selbstvorwürfen gemartert und an meiner<br />

Professionalität gezweifelt. Nur dank dem grossen Verständnis<br />

meines Umfeldes und der Erkenntnis , dass kein Patientenschaden<br />

entstanden ist, konnte ich mich nach einer<br />

Pause wieder fangen und meinen Arbeitstag im OP regulär<br />

weiterführen.<br />

Ein guter Umgang mit Fehlern ist keine<br />

Selbstverständlichkeit<br />

Wenn man in solchen Situationen alleingelassen wird<br />

und nicht auf eine Umgebung zählen kann, die so etwas<br />

mitträgt und zu verarbeiten hilft, dann kann ich mir<br />

sehr gut vorstellen, dass selbst eine Tätigkeit, die man liebt,<br />

zum Albtraum wird. Die Initiative «Das Zweite Opfer»<br />

von der Stiftung Patientensicherheit verdient deshalb<br />

unsere volle Aufmerksamkeit. Bisher tabuisiert, ist das<br />

Thema nun systematisch aufgearbeitet worden, mit dem<br />

Ziel zu sensibilisieren, aber auch Mittel zur Verfügung zu<br />

stellen, die Problematik in die Ausbildung des Gesundheitsperson<strong>als</strong><br />

einzubauen. Gefordert ist vor allem auch die<br />

Chefetage. Sie sind es, die Mitarbeitende auffangen und<br />

unterstützen müssen, wenn solche (Beinahe-)Vorfälle passieren.<br />

Der Artikel zu diesem Thema auf Seite 990 dieser Ausgabe<br />

der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung ist mehr <strong>als</strong><br />

lesenswert.<br />

Übrigens, der Patient hat heute einen beschwerdefreien<br />

Ellbogen und ist mit dem Operationsresultat zufrieden. Und<br />

ich habe eine Menge gelernt.<br />

Dr. med. Daniel Herren MHA,<br />

Mitglied des Zentralvorstandes der FMH,<br />

Verantwortlicher für das Ressort DDQ<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

983


Tariffragen<br />

FMH<br />

SASIS sammelt Ärztedaten<br />

ohne Vertragsgrundlage<br />

Ernst Gähler a ,<br />

Thomas Kessler b ,<br />

Gabriela Lang c<br />

a<br />

b<br />

c<br />

Dr. med., Vizepräsident<br />

FMH, Verantwortlicher<br />

Ressort Tarife und Verträge<br />

Projektleiter Ressort Tarife<br />

und Verträge FMH<br />

Rechtsdienst FMH<br />

SASIS: Verhalten nicht vertragskonform<br />

Möchte ein Arzt eine Praxis eröffnen, benötigt er gemäss<br />

Rahmenvertrag TARMED eine sogenannte Zahlstellenregister-Nummer,<br />

auch <strong>als</strong> ZSR-Nummer bezeichnet.<br />

Im Auftrag von santésuisse ist die SASIS AG<br />

schweizweit für die Vergabe der ZSR-Nummern zuständig.<br />

Damit ein Arzt eine solche erhält, muss er<br />

zahlreiche Dokumente einreichen wie etwa die kantonale<br />

Berufsausübungsbewilligung, Fähigkeits- und<br />

Fertigkeitsausweise der FMH sowie die erworbenen<br />

Schwerpunkte FMH. Zudem muss der Arzt einen umfangreichen<br />

Fragebogen ausfüllen [1].<br />

Der drei Seiten umfassende Fragebogen besteht<br />

aus unterschiedlichen Kategorien. Notwendig zur<br />

Überprüfung der Abrechnungsberechtigung des Arztes<br />

sind die Angaben der Kategorien «Basisdaten»,<br />

«Name und Adressen», «Zahlungsverkehr» sowie «Zulassung».<br />

Die Kategorien «Ausbildung und Qualifikation»,<br />

«Status», «Ausrichtung der Praxistätigkeit»,<br />

«Praxiseinrichtung und -Spezialität» und «Beziehungen»<br />

enthalten jedoch grösstenteils Fragen sowie Angaben,<br />

die für die Abrechnung irrelevant sind.<br />

Der Arzt muss zudem unterschreiben: «F<strong>als</strong>che<br />

oder unvollständige Angaben können dementsprechend<br />

ebenso wie das Unterlassen von Mutationsmeldungen<br />

zum Entzug der ZSR- bzw. K-Nummern<br />

führen.»<br />

Der SASIS-Fragebogen verlangt Angaben von Ärztinnen<br />

und Ärzten, die nach Meinung der FMH weit<br />

über die Vereinbarungen im TARMED hinausgehen<br />

und somit ohne entsprechende Rechtsgrundlage sind.<br />

Wir werden den Fragebogen in den kommenden<br />

Wochen im Detail prüfen und in einem späteren Artikel<br />

berichten, wie sich die Ärzteschaft gegen diesen<br />

Informations-Heisshunger von santésuisse wehren<br />

kann.<br />

Auch eine K-Nummer ist nicht notwendig<br />

Wir wissen von Ärzten und anderen Berufsgruppen,<br />

so z.B. von angestellten Psychotherapeuten, die delegierte<br />

ärztliche Leistungen im Rahmen des TARMED<br />

erbringen, dass santésuisse verlangt, sie müssten <strong>als</strong><br />

angestellte Personen in einer Einrichtung gemäss<br />

KVG 36a eine (gebührenpflichtige) Kontroll-Nummer,<br />

auch <strong>als</strong> K-Nummer bezeichnet, beantragen.<br />

Gemäss Rahmenvertrag TARMED und kantonalen<br />

Anschlussverträgen muss die Rechnung an die<br />

Kostenträger sowohl die GLN-Nummer (Global Location<br />

Number, früher <strong>als</strong> EAN-Nummer bezeichnet) <strong>als</strong><br />

auch die ZSR-Nummer enthalten. Die Verträge sehen<br />

jedoch keine Angabe einer K-Nummer für angestellte<br />

Ärzte und Psychotherapeuten vor.<br />

Das Bundesgericht sagt es deutlich [3]: Wenn santésuisse<br />

mehr Daten <strong>als</strong> bisher vertraglich vorgesehen<br />

«Die FMH engagiert sich auch hier sowohl politisch <strong>als</strong> auch inhaltlich für<br />

eine neue Beurteilungspraxis der Wirtschaftlichkeit.»<br />

santésuisse begründet ihren Informationshunger<br />

damit, dass die Angaben notwendig seien für «die Zuteilung<br />

[des Arztes] zur richtigen Arztgruppe für die<br />

Wirtschaftlichkeitsprüfung». Dabei ist der FMH aus<br />

Hunderten von Fällen bekannt, wie intransparent,<br />

unvollständig und zum Teil statistisch ungenügend<br />

die Wirtschaftlichkeitsprüfungen (gemäss der<br />

ANOVA-Methode) durch santésuisse erfolgen. Dies<br />

haben ja auch zwei kürzlich erschienene Bundesgerichtsentscheide<br />

klar bestätigt [2]. Die FMH engagiert<br />

sich auch hier sowohl politisch <strong>als</strong> auch inhaltlich<br />

für eine neue Beurteilungspraxis der Wirtschaftlichkeit.<br />

benötigt, sind «die Verträge in Bezug auf die Abrechnungsmodalitäten<br />

dieser Leistungserbringer-Kategorie<br />

zu ergänzen». Bisher haben die Tarifpartner santésuisse<br />

und FMH nicht vereinbart, dass die K-Nummer<br />

auf der Rechnung anzugeben ist. Deshalb kann santésuisse<br />

weder Ärzte noch andere Berufsgruppen, die im<br />

Rahmen des TARMED Leistungen erbringen, zu einer<br />

K-Nummer verpflichten.<br />

Die FMH pflegt seit Jahren vertragskonform, auftragsgemäss<br />

und mit viel Aufwand die täglich aktualisierte<br />

Datenbank www.doctorfmh.ch: Sie ist öffentlich<br />

zugänglich und stellt transparent die fachlichen<br />

Qualifikationen aller Ärzte in der Schweiz dar.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

985


Tariffragen<br />

FMH<br />

Brillengläser und Kontaktlinsen sind von der Mittel- und<br />

Gegenständeliste (MiGeL) ersatzlos gelöscht.<br />

Geringe Auswirkung der Änderung der MiGeL<br />

auf die Verrechnung von Verbrauchsmaterialien<br />

nach TARMED<br />

Per 1.7.2011 werden folgende «Materialien» von der<br />

Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) ersatzlos gelöscht:<br />

– 03.05.10.00.1 Gripper für Port-A-Cath<br />

– 03.05.11.00.1 Nadeln für Port-A-Cath<br />

– 25.01 Brillengläser/Kontaktlinsen<br />

– 34.50 Gips und Zubehör<br />

– 34.90 Wund-Vakuum-Therapiesystem<br />

von «Verbrauchsmaterialien» im Rahmen der ärztlichen<br />

und nichtärztlichen Leistungserbringung nach<br />

TARMED. Unabhängig davon, ob das «Verbrauchsmaterial»<br />

auf der Mittel- und Gegenständeliste<br />

(MiGeL) aufgelistet ist oder nicht, gilt weiterhin die<br />

folgende im TARMED verankerte Generelle Interpretation<br />

GI-20 Verbrauchsmaterialien und Implantate: «Verbrauchsmaterial<br />

ist separat verrechenbar, sofern der<br />

Einkaufspreis (inkl. MWST) pro Einzelstück 3 CHF<br />

übersteigt. Verrechnet wird der Einstandspreis (Stückpreis<br />

auf der Basis der Jahreseinkaufsmenge) plus ein<br />

Zuschlag von 10%. Für Verbrauchsmaterialien, die in<br />

der {MiGeL} oder in Verträgen aufgeführt sind, gelten<br />

maximal deren Preise.<br />

Die Artikel sind mit Preisangabe und Abgabedatum<br />

(Datum der Sitzung) einzeln aufzuführen.<br />

Nicht unter diese Vergütungsregelung fällt das<br />

wiederverwendbare Instrumentarium (inkl. Fixateur<br />

externe). Dieses ist bereits in den einzelnen Tarifpositionen<br />

berücksichtigt.<br />

Ebenfalls nicht Bestandteil dieser Vergütungsregelung<br />

bilden Massanfertigungen durch Orthopädietechniker<br />

bzw. Orthopädieschuhmachermeister. Solche<br />

Sonderanfertigungen können auf der Basis der<br />

einschlägigen Tarife (Schweizer Verband der Orthopädietechniker<br />

[{SVOT}]-Tarif bzw. Orthopädieschuhmachermeister<br />

[{OSM}]-Tarif) in Rechnung gestellt<br />

werden.»<br />

Literatur<br />

1 vgl. https://www.santesuisse.ch/user_content/editor/<br />

files/SASIS_ZSR_Fragebogen_10-01-06/fragebogen_<br />

aerzte.pdf<br />

2 BGE 9C_968/2009 vom15. Dezember 2010, BGE<br />

9C_733/2010 vom 19. Januar 2011.<br />

3 BGE 9C_701/2008 vom 20. April 2009.<br />

Die Änderung der Mittel- und Gegenständeliste<br />

(MiGeL) hat geringe Auswirkung auf die Verrechnung<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 986


DDQ<br />

FMH<br />

Medizinische Qualitätsarbeit –<br />

eine Bestandesaufnahme in Kleinporträts (31)<br />

* www.fmh.ch → Qualität<br />

→ Qualitätsinitiativen<br />

Qualitätsarbeit hat sich in der Schweizer Medizin etabliert;<br />

dies aufzuzeigen, hat sich die Arbeitsgruppe<br />

Qualität der FMH zur Aufgabe gemacht. Deshalb stellt<br />

sie den FMH-Mitgliedern in vier aufeinanderfolgenden<br />

Ausgaben der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung Qualitätsinitiativen<br />

vor, die Referenten aus verschiedenen<br />

Fachgebieten und Arbeitsbereichen (ambulant/statio-<br />

när) präsentiert haben. Zugleich publiziert die FMH-<br />

Abteilung Daten, Demographie und Qualität DDQ diese<br />

Kurzporträts auf www.fmh.ch und ergänzt sie online um<br />

praktische Informationen.* Heute steht das Projekt<br />

Brustzentren-Zertifizierung der <strong>Schweizerische</strong>n Gesellschaft<br />

für Senologie sowie der Krebsliga im Zentrum.<br />

Brustzentren – Qualität dank Teamarbeit<br />

Bernhard Allgayer,<br />

Günther Gruber,<br />

Karin Huwiler<br />

Korrespondenz:<br />

Bernhard Allgayer<br />

Günther Gruber<br />

info@senologie.ch<br />

Karin Huwiler<br />

q-label@krebsliga.ch<br />

Für den eiligen Leser<br />

– Brustkrebspatientinnen werden am besten<br />

von einem spezialisierten Team betreut.<br />

– Deshalb fördert die <strong>Schweizerische</strong> Gesellschaft<br />

für Senologie (SGS) gemeinsam mit<br />

der Krebsliga Schweiz (KLS) Brustzentren und<br />

Brustzentren-Ärztenetzwerke.<br />

– SGS und KLS haben ein Zertifizierungsverfahren<br />

für Brustzentren entwickelt; die ersten<br />

Labels werden Ende Jahr 2011 vergeben.<br />

Beschreibung<br />

Brustkrebs-Patientinnen werden von Radiologen, Pathologen,<br />

Onkologen, Radioonkologen, Chirurgen,<br />

plastischen Chirurgen und Gynäkologen betreut. Diverse<br />

Studien haben nachgewiesen, dass das Behandlungsergebnis<br />

deutlich besser ausfällt, wenn die Patientinnen<br />

in den Händen eines auf Brustkrebs spezialisierten<br />

Teams sind [1]. Einen bedeutenden<br />

Einfluss auf die Qualität der Behandlung haben insbesondere<br />

die Vernetzung der Spezialisten untereinander<br />

sowie der Caseload bzw. die Erfahrung des<br />

Teams insgesamt. Mit ihrem Brustzentren-Projekt verfolgt<br />

die <strong>Schweizerische</strong> Gesellschaft für Senologie<br />

(SGS) gemeinsam mit der Krebsliga Schweiz (KLS) die<br />

Förderung von Brustzentren und Brustzentren-Ärztenetzwerken<br />

in der Schweiz. Im Rahmen des Projekts<br />

entwickeln SGS und KLS in Zusammenarbeit mit<br />

Sanacert (<strong>Schweizerische</strong> Stiftung für die Zertifizierung<br />

der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen)<br />

ein Zertifizierungsverfahren für Brustzentren. Die Kriterien<br />

für das Qualitätslabel orientieren sich an denjenigen<br />

der Europäischen Gesellschaft für Brustkrebs,<br />

EUSOMA, sie wurden jedoch an die <strong>Schweizerische</strong>n<br />

Verhältnisse adaptiert. Die ersten Labels sollen noch<br />

dieses Jahr vergeben werden.<br />

Eignung<br />

Brustzentren und Brustzentren-Netzwerke<br />

Zeitaufwand und Kosten<br />

Zeitaufwand<br />

– Bereitstellung der Unterlagen: abhängig vom<br />

Stand der Datenerhebung in der einzelnen Institution<br />

– Audit: in der Regel 1–2 Tage, je nach Grösse und<br />

Komplexität der Institution<br />

Kosten<br />

– Erstzertifizierung: noch genau zu definieren;<br />

ca. 15000 CHF<br />

– Rezertifizierung: noch genau zu definieren;<br />

ca. 7500–10000 CHF<br />

Weitere Informationen<br />

www.senologie.ch<br />

www.krebsliga.ch/q-label<br />

Rothenbühler M. Medizinische Qualitätsarbeit – eine<br />

Bestandesaufnahme in Kleinporträts. Stiftung Sana-<br />

CERT suisse. Schweiz Ärztezeitung; 2009;90(24):943.<br />

1 Skinner KA, Helsper JT, Deapen D, Ye W, Sposto R.<br />

Breast cancer: do specialists make a difference?<br />

Ann Surg Oncol. 2003;10(6):606–15.<br />

Stefoski Mikeljevic J, Haward RA, Johnston C,<br />

Sainsbury R, Forman D. Surgeon workload and<br />

survival from breast cancer. Br J Cancer. 2003;89(3):<br />

487–91.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

987


Public Health<br />

FMH<br />

Willkommen in Basel: chronische Erkrankungen –<br />

eine globale Herausforderung<br />

Nino Künzli a ,<br />

Nicole Probst-Hensch b<br />

a Prof. Dr. med. et PhD,<br />

Ordinarius für Sozial- und<br />

Präventivmedizin der<br />

Universität Basel und<br />

Vizedirektor des<br />

<strong>Schweizerische</strong>n Tropenund<br />

Public Health Instituts<br />

(Swiss TPH), Leiter des<br />

Forschungsdepartements<br />

Epidemiologie und Public<br />

Health<br />

b Prof. Dr. phil. et PhD,<br />

Extraordinaria für Public<br />

Health der Universität Basel<br />

und Leiterin der Abteilung<br />

der Epidemiologie<br />

chronischer Krankheiten<br />

sowie Vize-Leiterin des<br />

Departements Epidemologie<br />

und Public Health am Swiss<br />

TPH<br />

Korrespondenz:<br />

Prof. Dr. med. Nino Künzli<br />

Swiss TPH<br />

Socinstrasse 57<br />

Postfach<br />

CH-4052 Basel<br />

nino.kuenzli@unibas.ch<br />

Die Swiss Public Health Conference 2011 wird von Public Health Schweiz in<br />

Zusammenarbeit mit dem <strong>Schweizerische</strong>n Tropen- und Public Health Institut<br />

organisiert. Als grösste akademische Public Health Institution der Schweiz setzt sich<br />

dieses in Forschung, Dienstleistung und Lehre für die Gesundheit der Bevölkerung<br />

ein. Public Health Schweiz setzt sich <strong>als</strong> nationale Dachorganisation für das<br />

Wachstum und die Entwicklung von Public Health und deren Umsetzung in die<br />

Praxis ein. Informationen zu den Veranstaltungen: www.public-health.ch; www.<br />

swisstph.ch<br />

Ende August 2011 steht Basel im Zeichen chronischer<br />

Krankheiten. Dem Workshop zum international<br />

hochaktuellen Thema von «Mega-Kohortenstudien»<br />

(24.8.2011) folgt die Jahreskonferenz von Public<br />

Health Schweiz (25./26.8.2011) zum Titelthema mit<br />

der öffentlichen Podiumsdiskussion zur Frage «Gesunde<br />

Stadt – ein Widerspruch?»<br />

Im September folgt in New York die U.N.-<br />

Gipfelkonferenz zu nichtübertragbaren Krankheiten<br />

[1]. Ein Hauptresultat soll die Verabschiedung einer<br />

Zielvereinbarung sein, um die Todesraten wegen<br />

chronischer Krankheiten jährlich um 2% zu senken.<br />

Nichtübertragbare Krankheiten sind heute weltweit<br />

die wichtigsten Todesursachen. Organisationen wie<br />

WHO oder Weltbank warnen vor den gesundheitlichen<br />

und wirtschaftlichen Folgen der globalen Epidemie<br />

chronischer Erkrankungen.<br />

Einige Beispiele: In der Schweiz leben mindestens<br />

4% der Bevölkerung mit Diabetes mellitus – Dunkelziffer<br />

unbekannt. In afrikanischen Regionen südlich<br />

der Sahara wird – bei noch schlechterer Datenlage –<br />

davon ausgegangen, dass in einigen Gegenden bis zu<br />

16 % an Diabetes leiden. Gemäss Hochrechnungen<br />

für Indien treten pro 1000 Einwohner jährlich ca.<br />

2 neue Diabetesfälle auf. In der Schweiz ist bei den<br />

45–64-Jährigen Krebs die häufigste Todesursache. Das<br />

Nationale Krebsprogramm 2011–2015 betont, dass<br />

die Krebsinzidenzrate weiterhin steigt. Erstm<strong>als</strong> liegen<br />

für die Schweiz auch Zahlen zur Inzidenz der<br />

chronisch obstruktiven Lungenerkrankung vor: gemäss<br />

SAPALDIA-Studie sind dies pro 1000 Einwohner<br />

jährlich ca. 14 neue Fälle. Die Zunahme der Lebenserwartung<br />

erklärt die Epidemie chronischer Krankheiten<br />

nur teilweise. So besteht ein grosses Potential<br />

für die Prävention.<br />

Wichtige Ursachen dieser Krankheitslast liegen in<br />

den Folgeerscheinungen der Verstädterung unserer<br />

Lebensräume. Mehr <strong>als</strong> die Hälfte der Weltbevölkerung<br />

lebt heute in urbanem Umfeld. Damit verbunden<br />

sind starke Veränderungen des Lebensstils, der<br />

Umwelt sowie des sozialen und ökonomischen Umfelds.<br />

Schadstoffe aus Verkehr, Industrie und Haushalt<br />

belasten Luft, Wasser und Böden. Auch in Ländern<br />

des Südens und Ostens tragen die Einflüsse von<br />

Fernsehen, Werbung und Marketing wesentlich zum<br />

gesellschaftlichen Wandel bei. Dort ersetzen chronische<br />

Krankheiten nicht die weitverbreiteten übertragbaren<br />

Krankheiten. Vielmehr tritt diese hohe Krankheitslast<br />

zusätzlich zu bestehenden Problemen. Dies<br />

stellt die Gesundheitssysteme dieser Länder vor immense<br />

Herausforderungen.<br />

Sowohl im Süden wie im Norden bildet Forschung<br />

die zentrale Grundlage, um evidenzbasierte Strategien<br />

zur Prävention und Behandlung chronischer<br />

Krankheiten wirksam umzusetzen. Grossangelegte<br />

Langzeitstudien bilden das Rückgrat der Erforschung<br />

chronischer Krankheiten, ihrer Verläufe, Ursachen<br />

und Prävention. Das <strong>Schweizerische</strong> Tropen- und Public-Health<br />

Institut organisiert deshalb einen ganztägigen<br />

Workshop zur Zukunft der Kohortenforschung.<br />

Experten aus dem In- und Ausland werden darlegen,<br />

wie Kohorten mit mehreren Tausend Teilnehmenden<br />

aufgebaut und über Jahre erhalten werden. In geschlossenen<br />

Workshops werden dann Ziele, Inhalte,<br />

Struktur und Finanzierung der Langzeitforschung in<br />

der Schweiz diskutiert.<br />

An zwei Tagen widmet sich die Public Health<br />

Jahreskonferenz in Symposien, Workshops, Präsentationen<br />

und Postersitzungen insbesondere den chronischen,<br />

nichtübertragbaren Erkrankungen, ihren Ursachen,<br />

ihrer Überwachung und Prävention. Die Bedeutung<br />

von Lebensstil, Umwelt und Gesundheitssystemen<br />

soll ebenso beleuchtet werden wie Chancen und<br />

Herausforderungen neuster -omics-Technologien. In<br />

der abschliessenden öffentlichen Podiumsdiskussion<br />

(26.8.2011, 15.00 Uhr) stehen Fragen zur gesunden<br />

Stadt im Zentrum. Werden unsere Städte gesundheitsgerecht<br />

geplant? Muss verdichtetes Wohnen verdichteten<br />

Lärm, verschmutzte Luft und Unfälle nach<br />

sich ziehen? Brauchen wir die «essbare Stadt»? Wie<br />

sieht die «bewegende» Stadt aus? Persönlichkeiten<br />

aus Politik, Behörden, Wissenschaft und Wirtschaft<br />

werden sich unter der Moderation von Urs Steiger,<br />

Wissenschaftsjournalist und Experte für Raumplanung<br />

und Umwelt, einer kritischen Diskussion stellen.<br />

Die Podiumsdiskussion kann ohne Anmeldung<br />

kostenlos besucht werden. Willkommen in Basel!<br />

1 Beaglehole R et al. for The Lancet NCD Action Group<br />

and the NCD Alliance. Priority actions for the noncommunicable<br />

disease crisis. Lancet. 2011;377:<br />

1438–47.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

988


FMH<br />

Personalien<br />

Todesfälle / Décès / Decessi<br />

Yvonne Knecht (1948), † 26.5.2011,<br />

Fachärztin für Dermatologie und<br />

Venerologie, 3011 Bern<br />

Georg Angele (1951), † 28. 5.2011,<br />

Facharzt für Allgemeinmedizin, 8353 Elgg<br />

Ladislav Horvat (1924), † 6.6.2011,<br />

1213 Petit­Lancy 2<br />

Hans Isenschmid (1926), † 9.6.2011,<br />

Facharzt für Prävention und<br />

Gesundheitswesen, 8400 Winterthur<br />

Praxiseröffnung /<br />

Nouveaux cabinets médicaux /<br />

Nuovi studi medici<br />

GR<br />

Edmund Hofer,<br />

Facharzt für Oto­Rhino­Laryngologie,<br />

Via dal Bagn 16, 7500 St.Moritz<br />

LU<br />

Volker Landschulz,<br />

Facharzt für Physikalische Medizin<br />

und Rehabilitation und Praktischer Arzt,<br />

Hirschengraben 33, 6003 Luzern<br />

Ärztegesellschaft des Kantons Bern<br />

Ärztlicher Bezirksverein Bern Regio<br />

Zur Aufnahme <strong>als</strong> ordentliche Mitglieder haben<br />

sich angemeldet:<br />

Dr. med. Stefano Anastasi, Facharzt für<br />

Ophthalmologie FMH, Berner Augenklinik<br />

am Lindenhofspital, Bremgartenstrasse 119,<br />

3012 Bern<br />

Dr. med. Albrecht Popp, Praktischer Arzt, spez.<br />

Pharmazeutische Medizin FMH, Osteo<br />

Medical AG, Zwinglistrasse 14, 3007 Bern<br />

Dr. med. Christoph Senn, Facharzt für Innere<br />

Medizin FMH, Osteo Medical AG, Zwinglistrasse<br />

14, 3007 Bern<br />

Dr. med. Jotinder Singh Schümatschek-Kainth,<br />

Praktischer Arzt FMH, Osteo Medical AG,<br />

Zwinglistrasse 14, 3007 Bern<br />

Dr. med. Stefanie Springe, Fachärztin für<br />

Allgemeinmedizin FMH, Localmed, Bubenbergplatz<br />

10, 3011 Bern<br />

Einsprachen gegen diese Vorhaben müssen<br />

innerhalb 14 Tagen seit dieser Veröffentlichung<br />

schriftlich und begründet beim Präsidenten<br />

des Ärztlichen Bezirksvereins Bern<br />

Regio eingereicht werden. Nach Ablauf der<br />

Einsprachefrist entscheidet der Vorstand über<br />

die Aufnahme der Gesuche und über die allfälligen<br />

Einsprachen.<br />

Preise / Prix<br />

Universitätsspital Bern<br />

Dr. med. Johannes Lemke von der Universitätsklinik<br />

für Kinderheilkunde, Abteilung<br />

Humangenetik, Inselspital Bern, erhielt den<br />

diesjährigen Forschungsförderungspreis der<br />

<strong>Schweizerische</strong>n Liga gegen Epilepsie. Das<br />

unterstützte Projekt betrifft die Aufklärung<br />

genetischer Ursachen von bestimmten Epilepsieerkrankungen.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

989


Stiftung für Patientensicherheit<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Täter <strong>als</strong> Opfer – «second victims» –<br />

Konstruktiver Umgang mit Behandlungsfehlern<br />

in Gesundheitsorganisationen<br />

Nicoletta von Laue,<br />

David Schwappach,<br />

Marc­Anton Hochreutener,<br />

Olga Frank<br />

* Das Projekt «Täter <strong>als</strong> Opfer»<br />

wurde massgeblich mitfinanziert<br />

durch die FMH.<br />

Error involvement<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. Nicoletta von Laue<br />

Stiftung für Patientensicherheit<br />

Asylstrasse 77<br />

CH­8032 Zürich<br />

Tel. 043 243 76 70<br />

Fax 043 243 76 71<br />

info@patientensicherheit.ch<br />

Ausgangslage<br />

Medizinische Fehler sind eine unausweichliche Realität<br />

in der Gesundheitsversorgung. Durch die Folgen<br />

von Fehlern werden an erster Stelle Patienten und<br />

ihre Angehörigen zu «Opfern» der medizinischen<br />

Versorgung. Doch nicht nur die Patienten werden zu<br />

Opfern, sondern fast alle medizinischen Fachpersonen<br />

werden im Laufe ihrer Berufsausübung einmal zu<br />

einem sog. «zweiten Opfer» oder «second victim»<br />

durch die Beteiligung an einem Fehler.<br />

Engagement der Stiftung<br />

Die Stiftung für Patientensicherheit hat <strong>als</strong> erste<br />

Organisation in Europa das Thema «second victim»<br />

systematisch aufgearbeitet. Mit dem Ziel, Gesundheitsorganisationen<br />

eine Grundlage für den konstruktiven<br />

Umgang mit den Folgen von Fehlern zu<br />

vermitteln.<br />

Die theoretischen Ergebnisse wurden in der<br />

68­seitigen Schriftenreihe Täter <strong>als</strong> Opfer – «second<br />

victims»*, in deutscher und französischer Fassung<br />

publiziert. Im Folgenden wollen wir Ihnen Auszüge<br />

aus der Schriftenreihe vorstellen.<br />

Aufbau der Schriftenreihe<br />

Die theoretischen Inhalte werden «umrahmt» von<br />

konkreten Handlungsempfehlungen für Betroffene.<br />

Guilt<br />

Fear<br />

Frustration<br />

Responses to distress:<br />

Burn-out,Depression,<br />

Diminishing empathy<br />

Quality ofCare,<br />

PatientSafety<br />

Die Schriftenreihe startet, nach einer kurzen Einführung,<br />

direkt mit dem Kapitel «Was muss man wissen<br />

– was muss man tun?». Hier wird die Essenz in Form<br />

von Wissensinhalten und konkreten Verhaltensempfehlungen<br />

für Kader, Kollegen und betroffene Mitarbeiter<br />

vermittelt.<br />

Diese Handlungsempfehlungen liegen ebenfalls<br />

am Ende des Dokumentes in drei handlichen Broschüren<br />

bei. Sie können der Schriftenreihe entnommen<br />

werden und lassen sich z.B. <strong>als</strong> Gedankenstütze<br />

für den konkreten Bedarf verwenden.<br />

Die weiteren Kapitel vermitteln die wissenschaftliche<br />

Evidenz, sozialpsychologische Theorien und<br />

einen konzeptionellen Rahmen für den betriebsinternen<br />

Umgang mit Fehlern.<br />

Wissenschaftliche Evidenz<br />

Die systematische Literaturanalyse zeigt die internationalen<br />

Forschungsergebnisse zum Thema «second<br />

victim» auf. 32 quantitative und qualitative Primärstudien<br />

wurden nach definierten Kriterien ausgewählt<br />

(Datenbanken Medline und CINAHL) und analysiert.<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass Fehler auf Fachpersonen<br />

tiefgreifende emotionale Auswirkungen haben<br />

können. Die Beteiligung an einem Fehler hinterlässt<br />

oft tiefe emotionale Spuren und kann psychische und<br />

gesundheitliche Krisen mit Burn­out, Depression und<br />

Suizidalität auslösen. Auch berufliche Krisen folgen<br />

nach Fehlern, mit Zweifel an der eigenen fachlichen<br />

Kompetenz und Überlegungen, den Beruf zu verlassen.<br />

Ein reziproker Zyklus zwischen Fehlern, individueller<br />

Belastungssymptomatik und suboptimaler<br />

Patientenversorgung mit weiteren Fehlern kann entstehen<br />

(s. Abbildung).<br />

Dies trifft besonders dann zu, wenn eine Betriebskultur<br />

besteht, in der die Fachperson nach dem Fehler<br />

nicht ausreichend unterstützt wird und die<br />

«Schuld» alleine tragen muss.<br />

Die aktuelle Situation von in der Schweiz tätigen<br />

Fachpersonen wurde von uns durch Fokusgruppen<br />

mit Ärzten und Pflegefachpersonen erfasst. Insgesamt<br />

konnten drei Fokusgruppen unter professioneller Moderation<br />

durchgeführt werden. Die qualitativen Daten<br />

wurden inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Ergebnisse<br />

bestätigten die emotionale Belastung durch Fehler<br />

von Fachpersonen in der Schweiz. Besonders die<br />

Kommunikation über die emotionale Situation wurde<br />

<strong>als</strong> defizitär beschrieben.<br />

Sozialpsychologische Theorien<br />

Das menschliche Handeln nach einem Fehler verläuft<br />

nach typischen psychologischen Reaktionsmustern,<br />

die in der Schriftenreihe anhand von sozialpsychologischen<br />

Theorien beschrieben werden. Die Attributionstheorie<br />

beschreibt z.B., dass die Schuldzuweisung<br />

nach einem Fehler («Sündenbock») zunächst einem<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

990


Stiftung für Patientensicherheit<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Schriftenreihe und Schulungsangebote<br />

Kader-Schulung<br />

patientensicherheitschweiz<br />

Täter <strong>als</strong> Opfer<br />

Kaderschulung für den konstruktiven<br />

Umgang mit Fehlern in<br />

Gesundheitsorganisationen<br />

approved by<br />

Behandlungsfehler haben nicht nur Folgen für Patienten.<br />

Sie beeinträchtigen auch die Mitarbeiter – besonders<br />

diejenigen, welche in den Fehler involviert waren.<br />

Untersuchungen zeigen, dass die Beteiligung an einem<br />

Fehler zu starken Belastungen der Mitarbeiter führen<br />

kann, bis hin zuSchlaflosigkeit, Burn-Out und Depression.<br />

Zudem weisen betroffene Mitarbeiter neben ihrer<br />

persönlichen Beeinträchtigung Einbussen ihrer Leistungsfähigkeit<br />

und Leistungsqualität auf. Wenn die Folgeerscheinungen<br />

der Beteiligung an einem Fehler nicht<br />

systematisch und konstruktiv angegangen werden, kann<br />

ein Teufelskreis daraus resultieren, der nicht nur<br />

individuell tragisch, sondern betrieblich und strategisch<br />

relevant sein kann.<br />

Ein aktiver, besonnener und vorbereiteter Umgang hilft,<br />

diese Folgen zu mildern oder zu verhindern und stellt eine<br />

zentrale Aufgabe für Kaderpersonen dar.<br />

Schriftenreihe Nr. 3 – Täter <strong>als</strong> Opfer –<br />

Konstruktiver Umgang mit Fehlern in<br />

Gesundheitsorganisationen. 37 CHF.<br />

Eintägige Kaderschulung auf Deutsch<br />

ab Herbst 2011:<br />

betriebsextern 29. September und<br />

15. Dezember 2011, Zürich,<br />

betriebsinterne Angebote nach Absprache.<br />

Bestellmöglichkeiten, Schulungsangebote und weitere Informationen unter:<br />

www.patientensicherheit.ch<br />

schnellen «kognitiven Automatismus» entspricht, der<br />

zur Entlastung des Teams führt. Die beschuldigte Person<br />

trägt die Schuld alleine, wenn sie gelernt hat, dass<br />

in einer ähnlichen Situation nicht mit Hilfe zu rechnen<br />

ist (Theorie der erlernten Hilflosigkeit). Soll<br />

es nicht bei der Schuldzuweisung bleiben, braucht<br />

es zusätzliche Ressourcen auf kognitiver und struktureller<br />

Ebene. Ein Teamgespräch, bei dem nach fehlerbegünstigenden<br />

Faktoren gefragt wird, kann<br />

einen Perspektivwechsel im Team auslösen (Systemtheorie).<br />

Konzeptioneller Rahmen für den betriebsinternen<br />

Umgang mit Fehlern<br />

Die psychische Belastung nach einem Fehler ist <strong>als</strong><br />

(organisations­)psychologischer Notfall zu betrachten,<br />

der sofortiger Hilfe bedarf. Möchte man die Abläufe<br />

im Notfall nicht dem Zufall überlassen, so<br />

braucht es einen konzeptionellen Rahmen für den<br />

betriebsinternen Umgang mit Fehlern. Ein solcher<br />

wurde von uns erarbeitet und in einem Modell dargestellt.<br />

Das Modell geht von vier Angriffspunkten<br />

aus:<br />

– Die Sensibilisierung von Mitarbeitern: Alle Gesundheitsanbieter<br />

sind potentielle «second<br />

victims», es geht uns alle an.<br />

– Commitment und Leadership der Führung: Kaderpersonen<br />

stehen hinter ihren Mitarbeitern, lassen<br />

die Beschuldigung von Einzelperson («Sündenbock»)<br />

nicht zu und sorgen dafür, dass Fehler systematisch<br />

aufgearbeitet werden.<br />

– Die Entwicklung und Übung: Die richtige Wortwahl<br />

im Gespräch mit der am Fehler beteiligten<br />

Person kann entscheidend sein. Die Kommunikation<br />

nach einem Fehler muss geübt werden.<br />

– Die Vorhaltung unterstützender Strukturen: Wie<br />

bei einem Notfall weiss jeder im Falle eines Fehlers,<br />

an wen er sich zu wenden hat und woher er<br />

Unterstützung bekommt.<br />

Ein gelungener Umgang mit Fehlern im Betrieb ist<br />

möglich, wenn an allen Angriffspunkten die nötigen<br />

Anpassungen vorgenommen werden.<br />

Ausblick<br />

In der Schriftenreihe «Täter <strong>als</strong> Opfer» wird das<br />

Wissen über das Thema wissenschaftlich aufgearbeitet<br />

und konkrete Handlungsempfehlungen werden<br />

gegeben. Um das Thema in den Betrieben zu<br />

verbreiten, bietet die Stiftung für Patientensicherheit<br />

zusätzlich Schulungen für Kaderpersonen an (s. Kasten).<br />

Die Forschungsergebnisse der letzten 10 Jahre zeigen,<br />

dass Fachpersonen nach berufsbedingten Risiken,<br />

wie medizinischen Fehlern, mit tiefgreifenden<br />

psychischen Problemen reagieren können und in der<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 991


Stiftung für Patientensicherheit<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Am internationalen Kongress der Stiftung für Patientensicherheit wird das Thema Täter<br />

<strong>als</strong> Opfer in einer der vielen Parallelsessions in einem Workshop behandelt:<br />

Patientensicherheit – avanti!<br />

Fortschritte!? … im 2. Jahrzehnt des 3. Jahrtausends<br />

29.–30. November 2011, Congress Center Basel<br />

(Preconference 28. November 2011)<br />

Hochkarätige Pioniere und internationale Top-Experten<br />

Charles Vincent (Imperial College London) und Robert Wachter (University of California San Francisco)<br />

sind global führende Forscher und Experten in klinischem Risikomanagement und sicherheitsorientierter<br />

Unternehmensführung. Kathleen Sutcliffe (University of Michigan) ist eine der weltweit anerkannten<br />

Spezialistinnen für Organisation und Kultur in Hochrisikoindustrien. Martin Bromiley war Pilot und<br />

«Human Factor Trainer» und verlor 2005 seine Ehefrau wegen eines Behandlungsfehlers. Er engagiert<br />

sich seither im englischen Gesundheitssystem für die Entwicklung von Human-Faktor-Aspekten <strong>als</strong><br />

Kernelement der Fehlerprävention. Neben diesen Personen wird das Programm durch exzellente Forscher<br />

und Praktiker aus der Schweiz und dem nahen Ausland geprägt.<br />

Hauptthemen werden sein: Patientensicherheit – Vergangenheit und Zukunft, Führung, Strategie und<br />

unternehmerische Chancen, Faktor Mensch, Höchstsicherheit, Patientensicherheit und Patienteneinbezug,<br />

rechtliche Fragen. Daneben werden in Parallelsessions mit Kurzreferaten und interaktiven<br />

Workshops viele weitere Themen vertieft.<br />

Weitere Informationen: www.patientensicherheit.ch/kongress<br />

Folge ein Risiko für die Patientensicherheit darstellen.<br />

Die Verarbeitung der psychischen Belastung nach<br />

einem unerwünschten Ereignis ist somit nicht nur<br />

ein individuelles Problem, sondern ein Thema der<br />

Mitarbeitergesundheit und der Patientensicherheit.<br />

Damit wird klar, dass Betriebe eine mehrfach begründete<br />

Verantwortung dafür tragen, dass nach Behandlungsfehlern<br />

mit den Mitarbeitern konstruktiv umgegangen<br />

wird.<br />

Gesundheitsorganisationen, die konstruktiv mit<br />

Behandlungsfehlern umgehen, schaffen nicht nur die<br />

Voraussetzung dafür, dass engagierte Fachpersonen<br />

die beste Versorgung an den Patienten leisten und<br />

produktiv­motiviert im Arbeitsprozess gehalten werden<br />

können. Sie schaffen zusätzlich die Vorausset­<br />

zung dafür, dass aus betriebsinternen Fehlern gelernt<br />

werden kann und eine Sicherheitskultur entsteht.<br />

Die Stiftung für Patientensicherheit will durch die<br />

Schriftenreihe und die angebotenen Schulungen in<br />

Schweizer Spitälern die Betriebskultur verbessern und<br />

somit einen weiteren Beitrag zur Etablierung einer<br />

Sicherheitskultur leisten.<br />

Literatur<br />

– Schriftenreihe Nr. 3 – Täter <strong>als</strong> Opfer – Konstruktiver<br />

Umgang mit Fehlern in Gesundheitsorganisationen.<br />

– Schwappach DL, Boluarte TA. The emotional impact<br />

of medical error involvement on physicians: a call<br />

for leadership and organisational accountability.<br />

Swiss Med Weekly. 2009; Jan 10;139(1–2):9–15.<br />

Review.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 992


SAMW<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Kommentar 2011 zum Bericht «Die zukünftigen Berufsbilder von Ärztinnen/Ärzten<br />

und Pflegenden in der ambulanten und klinischen Praxis»<br />

Neue Berufsbilder für fehlende Berufsleute?<br />

<strong>Schweizerische</strong> Akademie<br />

der Medizinischen Wissenschaften<br />

SAMW<br />

1<br />

Folgende Persönlichkeiten<br />

gehörten der Arbeitsgruppe<br />

an, die den Bericht 2007 im<br />

Auftrag der Steuerungsgruppe<br />

«Zukunft Medizin<br />

Schweiz» erstellt hat: Dr.<br />

Werner Bauer, Küsnacht<br />

(Vorsitz); Prof. Anne-Françoise<br />

Allaz, Genf; Prof.<br />

Charles Bader, Genf; Barbara<br />

Gassmann, Bern; lic. oec.<br />

Pius Gyger, Zürich; Dr.<br />

Jacques de Haller, Bern; Dr.<br />

Romy Mahrer.<br />

2<br />

Bei der Ausarbeitung des<br />

Kommentars 2001 waren<br />

neben den Mitgliedern der<br />

Arbeitsgruppe auch folgende<br />

Persönlichkeiten beteiligt: Dr.<br />

Hermann Amstad, SAMW,<br />

Basel; lic. phil. Nadja<br />

Birbaumer, SAGW, Bern;<br />

Prof. Claudine Burton-Jeangros,<br />

Genf; Dr Magdalena<br />

Rosende, Lausanne; Prof.<br />

Ursula Streckeisen, Bern;<br />

Prof. Peter Suter, SAMW,<br />

Presinge.<br />

3<br />

Der Bericht aus dem Jahre<br />

2007 und der Kommentar<br />

2011 werden gleichzeitig<br />

auch <strong>als</strong> Broschüre veröffentlicht;<br />

diese kann bei<br />

der SAMW gratis bestellt<br />

werden (mail@samw.ch).<br />

Korrespondenz:<br />

<strong>Schweizerische</strong> Akademie der<br />

Medizinischen Wissenschaften<br />

SAMW<br />

Petersplatz 13<br />

CH-4051 Basel<br />

mail@samw.ch<br />

Ende 2007 veröffentlichte die <strong>Schweizerische</strong> Akademie<br />

der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) den<br />

Bericht «Die zukünftigen Berufsbilder Sommer 2007 in<br />

der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung (46/2007, S. 1942–<br />

52.) [1]; im Gegensatz zu den anderen Berichten im<br />

Rahmen des Projektes «Zukunft Medizin Schweiz»<br />

wurde dam<strong>als</strong> keine Broschüre gedruckt, die zusätzlich<br />

hätte verteilt werden können.<br />

Im Sinne einer gewissen Nachhaltigkeit veranstaltete<br />

die SAMW am 17. Juni 2009 in Bern die Tagung<br />

«Zum Wandel der Berufe im Gesundheitswesen:<br />

Aussensichten und Innensichten»; zum Programmkomitee<br />

gehörten auch Vertreterinnen der <strong>Schweizerische</strong>n<br />

Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften<br />

(SAGW).<br />

An der Tagung waren sich Referenten und Teilnehmer<br />

einig, dass eine optimale Gesundheitsversorgung<br />

nur durch eine enge Kooperation der zahlreichen<br />

Gesundheitsberufe in interprofessionellen<br />

Teams möglich ist, und dass gegenseitige Akzeptanz<br />

und Respektierung der spezifischen Kompetenzen<br />

eine wichtige Voraussetzung dafür sind.<br />

Fast vier Jahre nach der Veröffentlichung des<br />

Berichtes «Die zukünftigen Berufsbilder von Ärztinnen/Ärzten<br />

und Pflegenden in der ambulanten und<br />

klinischen Praxis» kam die damalige, um die SAGW-<br />

Expertinnen des Programmkomitees erweiterte Arbeitsgruppe<br />

zu einem Rückblick und Ausblick zusammen<br />

und prüfte, ob sie einen – und allenfalls welchen –<br />

Beitrag leisten kann bei der Umsetzung der damaligen<br />

Empfehlungen. Als eine der Massnahmen wurde<br />

beschlossen, den Bericht aus dem Jahre 2007 unverändert<br />

(quasi <strong>als</strong> «historisches Dokument») zu veröffentlichen<br />

und ihm einen aktuellen (d. h. den vorliegenden)<br />

Kommentar anzufügen [2, 3].<br />

Das Gesundheitssystem verändert sich<br />

langsam, aber stetig<br />

Das Schweizer Gesundheitssystem ist seit 2007 nicht<br />

stehengeblieben. Stichworte dazu sind Einführung<br />

von DRGs, Umsetzung der Pflegefinanzierung und<br />

Ausarbeitung eines Präventionsgesetzes. Erwähnenswert<br />

sind zudem die Gründung des Verbandes «Hausärzte<br />

Schweiz», die Einreichung der Hausarztmedizin-<br />

Initiative sowie die positive Aufnahme der Managed-<br />

Care-Vorlage im Parlament.<br />

Einige der im Bericht bereits erwähnten Entwicklungen,<br />

namentlich die Feminisierung des Arztberufes<br />

und der zunehmende Personalbedarf im Gesundheitsbereich,<br />

haben sich seither noch akzentuiert. Die<br />

2009 veröffentlichte Studie des OBSAN sowie der Versorgungsbericht<br />

der Gesundheitsdirektorenkonferenz<br />

(GDK) und der Nationalen Dach-Organisation der<br />

Arbeitswelt Gesundheit (OdASanté) zum zukünftigen<br />

Bedarf an Pflegepersonal hat auch die Politik aufgerüttelt<br />

und zu zahlreichen Vorstössen geführt. Es<br />

besteht Einigkeit darin, dass es nicht richtig ist, die<br />

personellen Lücken mit Fachleuten aus dem Ausland<br />

zu füllen und dadurch zur weltweiten Migration im<br />

Gesundheitswesen beizutragen.<br />

Der Wandel der Berufe aus dem sozialwissenschaftlichen<br />

Blickwinkel<br />

Der Bericht fokussiert im Wesentlichen auf zwei Berufsgruppen:<br />

Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegende in<br />

der ambulanten und klinischen Praxis. Alle anderen<br />

Berufe im therapeutischen Bereich, vor allem aber<br />

solche im Bereich der Gesundheitsförderung, werden<br />

eher am Rande erwähnt, gewissermassen <strong>als</strong> Partner<br />

der hier interessierenden zwei Berufe. Um eine umfassendere<br />

und «vollständigere» Perspektive auf die<br />

Gesundheitsberufe zu haben, ist zu überlegen, ob ein<br />

nächster Bericht ins Auge zu fassen wäre, der den<br />

Fokus auf andere Gesundheitsberufe legt, etwa auf<br />

solche, deren Klienten nicht Kranke (Patientinnen<br />

und Patienten), sondern Gesunde sind. Die zahlreichen<br />

Aktivitäten im Zusammenhang mit der Prävention<br />

von Risiken dehnen den Aufgabenbereich des<br />

Gesundheitssystems kontinuierlich aus und führen<br />

dazu, dass die Gesamtheit der Bevölkerung (Gesunde<br />

und Kranke) einer steigenden Vielfalt von Gesundheitsfachleuten<br />

gegenübersteht.<br />

Der Bericht konzentriert sich zudem stark auf die<br />

Berufsinhaber; die Patienten sollten jedoch nicht aus<br />

den Augen verloren werden – sie stehen im Zentrum<br />

der Aktivitäten des Gesundheitssystems. Zu erwähnen<br />

wären in diesem Kontext etwa die folgenden<br />

Elemente: Die wachsende Komplexität des Gesundheitssystems<br />

macht es besonders für chronisch<br />

kranke Patienten schwierig, das undurchschaubare<br />

System zu verstehen; <strong>als</strong> Folge davon kommt es zu<br />

einer grösseren Abhängigkeit der Patienten von Ärztinnen,<br />

Ärzten und Pflegenden bzw. zu Behandlungsund<br />

Betreuungsabbrüchen.<br />

Die Erwartungen und Verhaltensweisen der Patientinnen<br />

und Patienten sind beeinflusst durch verschiedene<br />

gesellschaftliche Zugehörigkeiten (soziale<br />

Schicht; Altersgruppe; Geschlecht) und durch vielfältige<br />

Wertsysteme. Diese Vielfältigkeit und die Bedeutung<br />

der sozialen Faktoren sind zu berücksichtigen,<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

993


SAMW<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

wenn es darum geht, die adäquate Betreuung eines<br />

Patienten zu beschreiben.<br />

Die Ökonomisierung der Medizin <strong>als</strong><br />

treibende Kraft?<br />

Indem sie eine betriebswirtschaftliche Ausrichtung<br />

erhielten, sind zahlreiche Spitäler, Heime usw. zunehmend<br />

zu Betrieben geworden. Soziale Einrichtungen<br />

werden <strong>als</strong>o nach Prinzipien geführt, die ursprünglich<br />

für Fabriken Gültigkeit hatten. Neben den positiven<br />

Folgen dieser Entwicklung (kostenbewusstes<br />

Gestalten von Abläufen usw.), sind aber auch jene<br />

Konsequenzen zu betrachten, die Fragen aufwerfen<br />

oder Kontroversen auslösen.<br />

Was bedeutet es für den Arztberuf, wenn Ärzte im<br />

Krankenhaus zu «gewöhnlichen Angestellten» werden?<br />

Wenn in Spitälern Qualitätskontrolle, Mitarbeitergespräche<br />

usw. zur Selbstverständlichkeit werden?<br />

Was heisst es, wenn Ärzte gewerkschaftliche Aktionen<br />

durchführen? Der «Professionscharakter» entwickelt<br />

sich tendenziell zurück. Damit ist nicht allein<br />

der Prestigerückgang angesprochen, sondern auch<br />

die Frage, was mit der relativen beruflichen Autonomie<br />

geschieht, die Ärztinnen und Ärzte üblicherweise<br />

haben. Zudem fragt sich, welche Bedeutung<br />

den Berufsverbänden unter den veränderten Bedingungen<br />

zukommt. Neben der Verfolgung von Standesinteressen<br />

sind diese immer auch damit beschäftigt,<br />

ethische Prinzipien zu formulieren, die letztlich<br />

garantieren sollen, dass gute ärztliche und pflegerische<br />

Arbeit geleistet wird.<br />

Was bedeutet es, wenn Patienten zu «Kunden»<br />

werden? Was, wenn sie dazu aufgerufen werden, zu<br />

«mündigen» Patienten zu werden (empowerment)?<br />

Es scheint gesellschaftliche Bilder des Patienten <strong>als</strong><br />

unternehmerähnliche Figur zu geben, der seinen<br />

Gang zum Arzt und seinen Alltag nach Prinzipien des<br />

«gesunden Lebensstils» aktiv selber steuert. Sind<br />

solche Vorstellungen mit emanzipatorischen Entwicklungen<br />

oder aber mit einer zunehmenden Disziplinierung<br />

verbunden, die Ärzte und Pflegende mittragen<br />

dürfen/müssen? Wenn der Bericht feststellt,<br />

«Grundelement bleibt die persönliche, oft langfristige<br />

zwischenmenschliche Beziehung von Arzt und<br />

Patient», ist zu fragen, ob dieses Grundelement durch<br />

neuere Entwicklungen unterstützt oder bedroht<br />

wird.<br />

Eine rasante Ökonomisierung aufseiten der Versorger<br />

ist spürbarer <strong>als</strong> noch vor vier Jahren, ausgehend<br />

von den Beitragsleistenden und der Politik mit<br />

unverhältnismässigen Auswüchsen bezüglich Administration,<br />

Kennzahlen-/Datenerfassung und -nachweis,<br />

Controllingmassnahmen und mit einer Ergebnisqualität,<br />

die immer weniger <strong>als</strong> adäquat bezeichnet<br />

werden kann. Problematisch ist, wenn die<br />

Ergebnisqualität ausschliesslich monetär und im<br />

Sinne der Kostensenkung verstanden wird und<br />

schwer messbare Qualitäten wie «verlässliches Sorgen<br />

für jemanden» vernachlässigt werden.<br />

Zu überlegen ist, ob das hartnäckige Verteidigen<br />

traditioneller Rollen und Muster, von dem im Bericht<br />

die Rede ist, immer nur problematischen Charakter<br />

hat. Wenn Ärztinnen und Ärzte etwa dem Management<br />

ihres Betriebs gegenüber Skepsis zeigen, so<br />

braucht dahinter nicht nur Machtstreben zu stehen;<br />

vielmehr ist denkbar, dass ein angemessenes Verhältnis<br />

zum Patienten angestrebt wird und dieses durch<br />

Betriebsinteressen beeinträchtigt wird.<br />

Konflikte und Konsequenzen:<br />

Wo stehen wir heute?<br />

Es stellt sich die Frage, ob Entwicklungen nahezu epochalen<br />

Charakters im Sinne eines immer mächtiger<br />

werdenden Trends einfach «geschehen» oder ob sie<br />

eingeleitet, gefördert, beschleunigt oder gesteuert werden<br />

können – und durch wen? Sind es Berufsverbände,<br />

ist es der Staat, sind es hellhörige Wissenschaftler oder<br />

einzelne Pioniere und Pionierorganisationen, die aktiv<br />

werden müssen? Wie lassen sich die zum Teil berechtigten<br />

Interessen und Ansprüche betroffener Gruppen<br />

mit den Erfordernissen des Wandels in Einklang bringen?<br />

Inwieweit muss bis zu einem gewissen Grad<br />

akzeptiert werden, dass es bei Veränderungen immer<br />

Gewinner und Verlierer gibt, und wie kann sichergestellt<br />

werden, dass nicht die Patientinnen und Patienten<br />

die Verlierer sind? Wo hat der Markt seinen<br />

Platz, was bleibt Domäne eines «Service public»?<br />

Die Klärung dieser Fragen wäre umso dringender,<br />

<strong>als</strong> sich bei Hausärzten und Pflegefachpersonen die<br />

Mangelsituation in keiner Weise entschärft hat und<br />

alle Prognosen darauf hindeuten, dass sie sich weiter<br />

verschlimmern wird.<br />

Auch wenn immer wieder die Möglichkeiten und<br />

Chancen einer Neuverteilung der Verantwortlichkeiten<br />

unter den Gesundheitsberufen genannt und<br />

besprochen werden, ist in den vergangenen Jahren<br />

wenig Konkretes geschehen, um einen Wandel der<br />

Arbeitsmodelle und eben auch der Berufsbilder zu unterstützen.<br />

Zumindest in den Meinungsäusserungen<br />

scheint zwar ein breiter Konsens zu bestehen, dass die<br />

Inhalte, Rahmenbedingungen und Zuständigkeiten<br />

der Berufe im Gesundheitswesen sich wandeln und<br />

entwickeln müssen, doch viel weiter hat dieser etwas<br />

ratlos anmutende Konsens noch nicht geführt.<br />

Bei einigen der im Bericht detailliert besprochenen<br />

konkreten Konsequenzen drängen sich im Jahr<br />

2011 kurze Kommentare zum Stand der Umsetzung<br />

oder der Nicht-Umsetzung auf:<br />

Die Kompetenzen und Verantwortlichkeiten von<br />

Ärzten und Pflegenden und diejenigen innerhalb<br />

der einzelnen Berufsgruppen sind neu zu definieren<br />

Ziel einer solchen Neu-Definition der Arbeitsbereiche<br />

muss es ja sein, dafür zu sorgen, dass jede Berufsgruppe<br />

im Bereich ihrer Kernkompetenzen ihren spezifischen<br />

Beitrag zur bestmöglichen und effizienten<br />

Versorgung der Patienten leisten kann. Dies geschieht<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 994


SAMW<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Projekt «Zukunft Medizin Schweiz» –Phase lll<br />

Die zukünftigen Berufsbilder<br />

von ÄrztInnen und Pflegenden<br />

Bericht und Kommentar<br />

Der vorliegende Beitrag ist ein Kommentar zum 2007<br />

erschienenen Bericht über Berufsbilder von Ärzten und<br />

Pflegenden.<br />

einerseits innerhalb der einzelnen Institutionen im<br />

Rahmen liberaler Regelungen, die vor allem die Qualität<br />

sicherstellen. Nötig sind aber Anreize, optimierte<br />

Rahmenbedingungen (z.B. in der Gesetzgebung) und<br />

unterstützende Massnahmen, damit neue Modelle<br />

auch wirklich realisiert werden können. Ärzte und<br />

Pflegende, aber auch andere Berufsgruppen müssen<br />

Verschiebungen ihrer Kompetenzen akzeptieren lernen.<br />

Sie dürfen dafür einen Abbau von bürokratischen<br />

Belastungen, eine Verwesentlichung ihrer Tätigkeit<br />

und eine bessere Arbeitsqualität erwarten. Seit<br />

der Publikation des Berichtes sind Einzelprojekte bekannt<br />

geworden, eine breite Entwicklung in Richtung<br />

einer neuen Interprofessionalität lässt sich noch<br />

nicht feststellen.<br />

Die Ausbildung auf Bachelorstufe vermittelt in<br />

Zukunft sowohl den Ärzten <strong>als</strong> auch den Pflegenden<br />

gemeinsame Grundelemente<br />

Wir stellen fest, dass die meisten Medizinischen Fakultäten<br />

und viele Ausbildungsinstitutionen für Pflegefachpersonen<br />

noch immer mit der Gestaltung ihrer jeweiligen<br />

Programme mehr <strong>als</strong> ausgelastet sind. Vor allem<br />

die Realisierung des Bologna-Modells fordert von<br />

den Fakultäten grösste Anstrengungen. Trotzdem muss<br />

am Ziel festgehalten werden, dass es zumindest gemeinsame<br />

Ausbildungsblöcke für zukünftige Ärzte und Pflegende<br />

gibt, die ihnen eine gemeinsame Sprache, eine<br />

Grundhaltung und die Basis eines Grundwissens über<br />

das Wesen von Gesundheit und Krankheit vermitteln.<br />

Neue Modelle der interdisziplinären Teamarbeit,<br />

bei der die einzelnen Berufe entsprechend ihren<br />

Kernkompetenzen eingesetzt werden können,<br />

sind zu fördern<br />

Die breite Einführung solcher Modelle (interprofessionelle<br />

Gruppenpraxen, Gesundheitszentren, «patient<br />

centered medical homes») benötigt mehr <strong>als</strong> nur die<br />

verbale Unterstützung und das Wohlwollen von Politikern<br />

und Journalisten. Eigentliche konkrete Bemühungen<br />

sind in den letzten Jahren aber nicht zu beobachten<br />

gewesen, obwohl immer klarer wird, dass<br />

nur dann eine Chance besteht, genügend Nachwuchs<br />

zu finden, wenn auch das Berufsleben mit den Vorstellungen<br />

von einer befriedigenden Lebensgestaltung<br />

kongruent ist. Die Zahl der Gruppenpraxen<br />

nimmt wohl zu, doch handelt es sich häufig nicht um<br />

wirklich integrierte Modelle, sondern um einige Ärzte<br />

mit der gleichen Adresse und dem durchaus berechtigten<br />

Bestreben, Kosten zu teilen und zu senken,<br />

meist ohne weitere Durchlässigkeit zwecks Verbesserung<br />

der Patientenversorgung. Erfreulich ist, dass es<br />

doch weitergehende Pioniergruppen gibt und dass<br />

auch einzelne Gemeinden beginnen, entsprechende<br />

Projekte zu unterstützen, weil sonst die medizinische<br />

Grundversorgung in ihrem Gebiet gar nicht<br />

mehr sichergestellt wäre. Solche Möglichkeiten von<br />

«public-private partnership» sind noch zu seltene,<br />

aber positive Zeichen für neue Entwicklungen. Die<br />

Übernahme von Praxen und Ärztezentren durch<br />

Krankenversicherer ist dagegen keine erstrebenswerte<br />

Entwicklung, da sie der «Gewaltentrennung» im Gesundheitswesen<br />

zuwiderläuft und zu unlösbaren Interessenkonflikten<br />

führen muss.<br />

Die Berufsverbände haben die Aufgabe, die<br />

notwendigen Massnahmen einzuleiten und<br />

miteinander im konstruktiven Gespräch zu<br />

bleiben<br />

Abgesehen von freundlichen, aber oberflächlichen<br />

Kontakten ist eine zielgerichtete Zusammenarbeit<br />

(noch) nicht feststellbar. Das Milizsystem, das dazu<br />

führt, dass die Berufsverbände und Fachgesellschaften<br />

auch ohne solche Projekte schon bis an den Rand<br />

ihrer Leistungsfähigkeit belastet sind, mag dazu beitragen,<br />

dass der Einstieg in eine schwierig zu bearbeitende<br />

neue Problematik wohl gescheut wird. Darum<br />

herumkommen werden sie aber nicht!<br />

Es braucht genügend akkreditierte Weiterbildungsplätze<br />

in Spitälern und in Praxen und<br />

ein genügendes Angebot an Teilzeitstellen<br />

Ausbildung und Weiterbildung sind Investitionen in<br />

die Zukunft und nicht bloss Kosten, an denen mit<br />

dem Rotstift des Sparens herumgestrichen werden<br />

kann. Wenn es nicht gelingt, Ausbildung und Weiterbildung<br />

quantitativ und qualitativ sicherzustellen,<br />

brauchen wir uns über Berufsbilder, zukunftsgerichtete<br />

Modelle und hohe Qualität der Versorgung im<br />

Gesundheitswesen eigentlich gar keine Gedanken<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 995


SAMW<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

mehr zu machen. Dann ginge es allenfalls nur noch<br />

um Notstandspläne.<br />

Der Bachelortitel muss auch in der Deutschschweiz<br />

und im Tessin zum Normalabschluss der<br />

Pflegeausbildung werden<br />

Dies ist begründet durch die weiterhin steigenden<br />

Anforderungen an die professionell Pflegenden und<br />

angesichts der tiefgreifenden Veränderungen im Gefüge<br />

der Pflegeberufe seit Einführung des neuen<br />

Berufs «Fachfrau/Fachmann Gesundheit» und der<br />

Lancierung des Attestberufs «Pflegepraktikerin», die<br />

unter Aufsicht und Anleitung von diplomierten Pflegefachpersonen<br />

arbeiten.<br />

Angemessene Investitionen in die Bildung sind<br />

im Interesse der Gesundheitsversorgung unserer<br />

Bevölkerung von grösster Bedeutung.<br />

Die Nachwuchsrekrutierung ist zu intensivieren<br />

Was immer hier geschieht, es genügt noch nicht. Es<br />

genügt aber auch deshalb nicht, weil nicht nur die<br />

Rekrutierung zu intensivieren ist, sondern weil ohne<br />

genügend Studienplätze die Rekrutierung natürlich<br />

im Sande verläuft. Wenn versucht werden soll, die<br />

Ausbildung der Pflegenden zu erweitern und zu akademisieren,<br />

damit sie einen breiteren Verantwortungsbereich<br />

wahrnehmen können, muss bedacht<br />

werden, dass es kaum Sinn macht, einen Mangelberuf<br />

(Ärzte) durch einen anderen Mangelberuf (Pflegefachleute)<br />

zu substituieren. Es braucht flankierende Massnahmen<br />

und eine Zunahme der Interessentinnen<br />

und Interessenten für Pflegeberufe, die sich dann auf<br />

verschiedenen Ebenen entfalten können.<br />

Gesetzliche Bestimmungen und Tarife sind<br />

dahingehend zu prüfen und so anzupassen, dass<br />

sie den Veränderungen von Kompetenzen und<br />

Verantwortlichkeiten nicht im Wege stehen<br />

Ohne gute Rahmenbedingungen, die auch eine gewisse<br />

Anreizfunktion haben müssten, werden die erhofften<br />

Entwicklungen zähflüssiger verlaufen oder<br />

gar verhindert werden. Tarifliche Anpassungen und<br />

das Ermöglichen der Tätigkeit <strong>als</strong> selbständige Leistungserbringer<br />

für Pflegende oder auch andere Berufsgruppen<br />

sind eine Notwendigkeit. In klar definiertem<br />

Rahmen sollte das Gesetz zulassen, dass diese Fachpersonen<br />

in eigener Verantwortlichkeit grundversicherte<br />

Leistungen erbringen können.<br />

Ausblick: Die Zukunft der Medizin ist teamorientiert,<br />

interprofessionell und modular<br />

Der 2007 veröffentlichte Bericht hat die Diskussion zu<br />

wichtigen Themen rund um die Berufsidentitäten und<br />

ihre Veränderungen eröffnet. Er beschreibt einen ganzen<br />

Strauss von Möglichkeiten und Massnahmen, wie<br />

unser noch gut funktionierendes Gesundheitswesen<br />

im positiven Sinn weiterentwickelt werden kann. Dabei<br />

spielt kompetentes und engagiertes Gesundheitspersonal<br />

eine ausschlaggebende Rolle. Ökonomische<br />

Überlegungen dürfen die uralten Anliegen der Menschheit<br />

rund um ethische Fragestellungen weder pervertieren<br />

noch verdrängen. So lange es Menschen gibt,<br />

die für die gute Sache und für andere Menschen einstehen,<br />

besteht Hoffnung auf gute Lösungen.<br />

Seit bald 10 Jahren macht die SAMW regelmässig<br />

auf den spürbaren und zunehmenden Ärzte- und<br />

Pflegepersonen-Mangel in unserem Land aufmerksam.<br />

Zuerst wenig beachtet, oder <strong>als</strong> «Verteilungsproblem»<br />

zwischen Stadt und Land interpretiert, tönt es<br />

heute ganz anders. Plötzlich sind sich alle einig: Auch<br />

die Universitätsspitäler fühlen den Mangel, die FMH<br />

schlägt Alarm, und die Hausärzte steigen auf die Barrikaden.<br />

Alle fordern energische Schritte, insbesondere<br />

mehr Ausbildungsplätze für Ärztinnen, Ärzte<br />

und andere Gesundheitsfachleute in den Fakultäten<br />

und an den Fachhochschulen.<br />

In der Schweiz kommen heute zwischen einem<br />

Drittel und der Hälfte aller Gesundheitsfachleute aus<br />

dem Ausland. Nun sind aber in der Zwischenzeit<br />

auch in Deutschland – dem «Hauptlieferanten» der<br />

bei uns fehlenden Kräfte – die ärztlichen Standesorganisationen,<br />

die Politiker sowie die Medien alarmiert:<br />

Der Mangel ist ebenfalls spürbar, die Zahl der unbesetzten<br />

Stellen im Spital nimmt rasch zu. Deutschland<br />

wird nicht um wirksame Massnahmen herumkommen,<br />

um die Auswanderung von Medizinalpersonal<br />

zu bremsen – und dann?<br />

Die breite Anerkennung des bedrohlichen Problems<br />

ist eigentlich eine gute Nachricht – besser spät<br />

<strong>als</strong> nie. Doch wie bei anderen späten Diagnosen wird<br />

die Therapie nicht einfacher. Es braucht jetzt stärkere<br />

Mittel, die Korrektur des Defizits wird mehr Zeit in<br />

Anspruch nehmen, Komplikationen sind nicht auszuschliessen,<br />

und die Heilungschancen sind durchzogen.<br />

Allein mit der Erhöhung der Zahl von Ausbildungsplätzen<br />

werden wir die Misere nicht beheben<br />

können. Es braucht zusätzliche mutige Massnahmen,<br />

besonders um die «leaky pipeline» abzudichten, d. h.<br />

den Verlust von ausgebildeten Fachkräften möglichst<br />

klein zu halten. Es gilt, Werte und Ideen der jüngeren<br />

Generationen mehr zu beachten – namentlich auch,<br />

um den Frauen zu erlauben, berufliche und Lebensziele<br />

langfristig zu vereinbaren. Die Mehrheit der Gesundheitsfachleute<br />

ist bereits heute weiblich; jede Reform<br />

hat dieser Tatsache Rechnung zu tragen.<br />

Sollte ein Kommentar zum Bericht über die Berufsbilder<br />

im Jahre 2015 nochm<strong>als</strong> zu ähnlichen<br />

Schlussfolgerungen kommen wie der heutige, wäre<br />

der Versuch, Schaden vom Gesundheitswesen abzuwenden,<br />

wohl gescheitert!<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 996


Symposium Zürich<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Kosten-/Nutzen-Bewertung von Medikamenten und Medizinprodukten<br />

Kann die Schweiz von den Erfahrungen<br />

in anderen Ländern profitieren?<br />

Bernd Mühlbauer a ,<br />

Heinz Locher b<br />

a Prof. Dr. med.<br />

b Dr. rer. pol.<br />

Tarife und Preise für medizinische Leistungen (niedergelassene<br />

Ärzte, Spitäler) werden in der Schweiz<br />

grundsätzlich in Verträgen zwischen Versicherern<br />

und Leistungserbringern vereinbart. Bei Medikamenten<br />

und zum Teil bei Medizinalprodukten (MiGeL)<br />

hingegen werden sie von der zuständigen Behörde <strong>als</strong><br />

Höchstpreis oder Höchstvergütungsbetrag festgesetzt.<br />

Als Voraussetzung für eine Vergütung müssen die<br />

Leistungen die Kriterien der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit<br />

und der Wirtschaftlichkeit (WZW) erfüllen.<br />

Dem Preisüberwacher stehen dabei Mitwirkungsrechte<br />

zu.<br />

Vergütungssysteme im politischen<br />

Brennpunkt<br />

Die verschiedenen Vergütungssysteme, die Prozesse<br />

der Festlegung und die Höhe der Tarife und Preise stehen<br />

<strong>als</strong> Folge der Kostenentwicklung im Gesundheitswesen<br />

zunehmend im politischen Brennpunkt.<br />

Eine stärkere Regelung erscheint aus einer marktwirtschaftlich-wettbewerblichen<br />

Sicht grundsätzlich<br />

unbefriedigend. Die Liste der zur Vergütung durch die<br />

OKP (Obligatorischen Krankenpflegeversicherung)<br />

zugelassenen Medikamente (Spezialitätenliste) samt<br />

deren Preisen, die MiGeL mit ihren Höchstvergütungsbeträgen<br />

und die Analysetarife gehören zudem<br />

zu den wenigen unmittelbaren Eingriffsmöglichkeiten<br />

des Bundesrates zur kurzfristigen Beeinflussung<br />

der von der OKP zu tragenden Kosten. Diese Kompetenzen<br />

nutzt er in letzter Zeit intensiver. Bezogen auf<br />

den Anteil der Medikamentenkosten und der MiGeL<br />

an den OKP-Gesamtkosten erscheint diese Regulierung<br />

<strong>als</strong> überproportional, was Kritiker eine Schwächung<br />

des Forschungs-, Pharma- und Medizinproduktestandorts<br />

Schweiz befürchten lässt.<br />

Die Prozesse und Kriterien zur Festlegung der<br />

Preise und Höchstvergütungsbeträge sind regelmässig<br />

Gegenstand intensiver Auseinandersetzungen, bei-<br />

Symposium im Marriott Hotel, Zürich, 30. August 2011<br />

Bewertung von medizinischen Leistungen und Preisbildung bei Medikamenten und Medizinprodukten<br />

Innovative Lösungsansätze, auch aus internationaler Sicht, für die Schweiz<br />

Liste der Referenten<br />

– Dr. iur. Thomas Heiniger, Regierungsrat und Gesundheitsdirektor des Kantons Zürich (Eröffnung)<br />

– Dr. rer. pol. Heinz Locher, Management + Consulting Services, Bern (Einleitungsreferat)<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. rer. pol. Heinz Locher<br />

Postfach 266<br />

CH-3000 Bern 15<br />

heinz@locher-bern.ch<br />

www.locher-bern.ch<br />

Prof. Dr. med. Bernd Mühlbauer<br />

Direktor Institut für<br />

Pharmakologie<br />

Klinikum Bremen Mitte<br />

D-28177 Bremen<br />

muehlbauer@<br />

pharmakologie-bremen.de<br />

www.pharmakologie-bremen.de<br />

Impuls-Referate<br />

– A. Faller, lic. iur., Advokat, Vizedirektor und Leiter des Direktionsbereichs Kranken-, Unfall- und Militärversicherung des Bundesamtes<br />

für Gesundheit (BAG)<br />

– Prof. Dr. Eberhard Wille, Lehrer für Volkswirtschaftslehre, Universität Mannheim, Vorsitzender des Gesundheits-Sachverständigenrates<br />

im Gesundheitsministerium, Berlin<br />

– Dr. Gian Carlo Sciuchetti, Geschäftsführer «Markt und Erstattung» Verband der forschenden Pharmaunternehmen, Berlin<br />

– Dr. Peter Huber, Geschäftsführer Intergenerika<br />

– Dr. Melchior Buchs, Gener<strong>als</strong>ekretär, Dachverband der <strong>Schweizerische</strong>n Handels- und Industrievereinigung der Medizintechnik<br />

FASMED<br />

– Stefan Wild, External Affairs Director, MSD Schweiz<br />

– Prof. Dr. med. Bernd Mühlbauer, Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie am Klinikum Bremen:<br />

– Stefan Meierhans, Preisüberwacher – Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement, Bern<br />

– Dr. Christopher Hermann, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg<br />

– Professor Dr. Thomas D. Szucs, Verwaltungsratspräsident der HELSANA, Krankenversicherer<br />

– PD Dr. Marcel Mesnil, Gener<strong>als</strong>ekretär, pharmaSuisse, <strong>Schweizerische</strong>r Apothekerverband<br />

– Reinhard Kuster, Leiter Einkauf, Kantonsspital St.Gallen<br />

– Dr. Jacques-Henri Weidmann, Director Public Affairs, Market Access and Communication, sanofi-aventis (suisse) sa<br />

– Dr. pharm. Enea Martinelli, Chefapotheker, Spital Interlaken, Mitglied im Kantonsparlament<br />

Die Veranstaltung dauert von 9 Uhr bis ca. 18 Uhr und umfasst neben den Referaten auch zwei Podiumsdiskussionen.<br />

Detailliertes Programm und Anmeldung unter www.rsmedicalconsult.com<br />

Die <strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung ist Medienpartner des Symposiums<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

997


Symposium Zürich<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

systematische Zugang zu einer oder mehreren HTA-<br />

Agenturen.<br />

Die Preise der überwiegenden Zahl von Medizinprodukten,<br />

die nicht auf der MiGeL stehen, bilden<br />

sich zwar auf dem Markt, die damit verbundenen medizinischen<br />

Leistungen müssen aber ebenfalls die<br />

WZW-Voraussetzungen erfüllen. Auch hier bestehen<br />

die genannten Mängel bezüglich des Health Technology<br />

Assessments.<br />

Eine vom gesetzlichen Zulassungswesen unabhängige<br />

wissenschaftliche Nutzenbewertung hat<br />

inzwischen eine über 15-jährige Tradition, wobei<br />

Gründungen von Institutionen wie des NICE oder<br />

des IQWiG im deutschsprachigen Raum <strong>als</strong> Meilensteine<br />

angesehen werden können (siehe Kasten<br />

unten). Auch hier haben diese Entwicklungen zum<br />

Teil heftige Diskurse ausgelöst. So ist kaum zu bezweifeln,<br />

dass die Schweiz von den einschlägigen Erfahrungen<br />

in Ländern mit einer systematischen Bewertung<br />

des patientenrelevanten Nutzens medizinischer<br />

Innovationen profitieren kann.<br />

Das Symposium in Zürich zu diesem Thema soll den verschiedenen<br />

Beteiligten ermöglichen, unterschiedliche<br />

Sichtweisen und Erfahrungen auszutauschen.<br />

Der frühe Einsatz von Nutzenbewertungsinstrumenten<br />

soll die Unterscheidung echter Innovationen von solchen<br />

mit keinem oder marginalem Zusatznutzen für den<br />

Patienten erleichtern.<br />

spielsweise bezüglich der in die verlangten Auslandspreisvergleiche<br />

einzubeziehenden Länder. Mit diesen<br />

Vergleichen werden in der Regel Behördenpreise mit<br />

ebensolchen verglichen, selbst wenn in Staaten mit<br />

entsprechenden Regulierungsmöglichkeiten die effektiv<br />

bezahlten Preise niedriger sind.<br />

Innovationen: Spreu vom Weizen trennen<br />

Ebenfalls kontrovers wird derzeit diskutiert, inwieweit<br />

die generellen WZW-Grundsätze des Krankenversicherungsgesetzes<br />

(KVG) – «wirksam, zweckmässig,<br />

wirtschaftlich» – und die Ergebnisse hierfür entwickelter<br />

Messinstrumente des Health Technology<br />

Assessments (HTA) in die Preisfindung einbezogen<br />

werden. Der frühe Einsatz von Nutzenbewertungsinstrumenten<br />

soll die Unterscheidung echter Innovationen<br />

von solchen mit keinem oder marginalem Zusatznutzen<br />

für den Patienten erleichtern, um ersteren<br />

eine rasche Zulassung und eine angemessene Tarifierung<br />

zu ermöglichen. In der Schweiz bestehen hier<br />

noch institutionelle Mängel, beispielsweise fehlt der<br />

NICE und IQWiG<br />

Das National Institute for Health and Clinical Excellence<br />

(NICE) wurde 1999 in Grossbritannien <strong>als</strong><br />

Sondergesundheitsbehörde des staatlichen Gesundheitsdienstes<br />

(National Health Service,<br />

NHS) für England und Wales gegründet. Aufgabe<br />

des NICE ist es, möglichst umfassende und<br />

verlässliche Empfehlungen für Patienten, die<br />

medizinische Fachwelt und die Öffentlichkeit zu<br />

den aktuellen «Best Practices» abzugeben.<br />

In Deutschland wurde im Zuge der Gesundheitsreform<br />

vom 1. Juni 2004 das Institut für Qualität<br />

und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)<br />

gegründet, welches <strong>als</strong> unabhängiges wissenschaftliches<br />

Institut im Auftrag des Gemeinsamen<br />

Bundesausschusses (GBA) und des Bundesgesundheitsministeriums<br />

(BMG) tätig ist. Zu<br />

den Aufgaben des Instituts gehören ähnlich wie<br />

beim NICE unter anderem die Bewertung von<br />

Operations- und Diagnoseverfahren, Arzneimitteln<br />

sowie Behandlungsleitlinien. Auf der Basis<br />

der evidenzbasierten Medizin erarbeitet das<br />

IQWiG ausserdem die Grundlagen für neue<br />

Disease-ManagementProgramme (DMP) – struk_<br />

turierte Behandlungsprogramme für chronisch<br />

Kranke.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 998


iaggi & partner<br />

WEITERE ORGANISATIONEN UND INSTITUTIONEN<br />

Führungsseminar für Oberärztinnen und Oberärzte –<br />

Leitende Ärztinnen und Leitende Ärzte 2011–2012<br />

Führungsprinzipien kennen<br />

und in der Praxis richtig einsetzen<br />

Weg vom eigenen Spitalbetrieb reflektieren Oberärzte und Leitende Ärztinnen und<br />

Ärzte die wesentlichen Führungsaspekte des Spitalalltags, tauschen ihre eigenen<br />

Erfahrungen aus und erhalten von qualifizierten Experten wertvolle Inputs und<br />

Führungstools.<br />

Die 4 Module (4 2 Tage) beinhalten die wichtigsten<br />

führungsrelevanten Themen, z. B. «Die Rolle der Ärztinnen<br />

und Ärzte <strong>als</strong> Führungspersonen, Gesprächsführung<br />

in schwierigen Situationen, Qualifikation<br />

von Mitarbeitern, Konfliktmanagement, Leiten von<br />

Sitzungen, Selbstmanagement, Erkennen eigener<br />

Erfolgspotentiale, eigene Karriereplanung usw». Der<br />

Kurs wird offiziell attestiert.<br />

Das Führungsseminar richtet sich ausschliesslich<br />

an Oberärztinnen und Oberärzten, Leitende Ärztinnen<br />

und Leitende Ärzte aller Fachgebiete und wird<br />

vom SIWF/FMH für die Fortbildung mit 32 Credits<br />

anerkannt.<br />

Daten<br />

– 27. und 28. Oktober 2011<br />

– 24. und 25. November 2011<br />

– 26. und 27. Januar 2012<br />

– 15. und 16. März 2012<br />

Seminarort<br />

Kongress-Kursaal Bern<br />

Kurskosten<br />

4900 Franken für 8 Kurstage inkl. Mittagessen, Pausenverpflegung,<br />

Infrastruktur und Kursunterlagen<br />

Anmeldeschluss<br />

15. August 2011<br />

Die Seminare behandeln führungsrelevante Themen in 4 Modulen zu jeweils 2 Tagen.<br />

Informationen und Anmeldung<br />

biaggi-partner, führungsseminare<br />

Kurssekretariat Regina Rothenbühler<br />

Postfach 15, CH-3074 Muri, Tel. 031 951 72 34<br />

jean.biaggi@bluewin.ch<br />

www.biaggi-partner.ch<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 999


SÄZ-PODIUMSDISKUSSION<br />

Podiumsdiskussion der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung<br />

in Zusammenarbeit mit der Ärztegesellschaft des Kantons Bern,<br />

Mittwoch, 6. Juli 2011, 19–21 Uhr,<br />

Restaurant Zum Äusseren Stand, Bern<br />

Prävention zwischen sinnvoller<br />

Steuerung und Bevormundung<br />

Hans-Ulrich Bigler<br />

Bruno Kissling<br />

«Vorbeugen ist besser <strong>als</strong> heilen», sagt der Volksmund.<br />

Wer würde dem nicht zustimmen? Wenn es<br />

aber darum geht, wo Gesundheitsförderung und Prävention<br />

ansetzen und wer dafür zuständig sein soll,<br />

scheiden sich die Geister, wie die Diskussionen um<br />

das Präventionsgesetz zeigen. Während von den Befürwortern<br />

der Vorlage die Notwendigkeit und der<br />

Nutzen einer national koordinierten Strategie mit<br />

klaren Gesundheitszielen betont werden, befürchten<br />

die Gegner eine Bevormundung der mündigen Bürger<br />

durch den Staat und setzen weitgehend auf Eigenverantwortung.<br />

Diskutieren Sie mit<br />

Braucht es im Präventionsbereich tatsächlich neue<br />

Steuerungs- und Koordinationsinstrumente, wie sie<br />

im Entwurf des Präventionsgesetzes vorgesehen sind?<br />

Erhöht eine national koordinierte Prävention und<br />

Gesundheitsförderung die gesamtwirtschaftliche<br />

Produktivität, oder verursacht sie durch Aufblähung<br />

der Administration lediglich zusätzliche Kosten, wie<br />

Wirtschaftskreise befürchten? In welchen Bereichen<br />

ist eine behördlich gesteuerte Gesundheitsförderung<br />

und Prävention sinnvoll, wann beschneidet sie die<br />

Freiheitsrechte des Individuums in unzulässiger<br />

Weise?<br />

Zu diesem Themenkreis diskutiert am nächsten Podiumsanlass<br />

der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung eine<br />

profilierte Vertreterin der Ärzteschaft mit Fachleuten<br />

aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Der<br />

Einbezug des Publikums in die Diskussion ist zentraler<br />

Bestandteil des Konzepts dieser Veranstaltungen,<br />

mit denen ein interessanter und konstruktiver Beitrag<br />

zur Debatte aktueller Fragen des Schweizer Gesundheitswesens<br />

geleistet werden soll.<br />

Christine Romann<br />

Roy Salveter<br />

Die Podiumsgäste<br />

Unter der Leitung von Anna Sax, lic. oec. publ.,<br />

MHA, Redaktorin der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung<br />

und selbständige Gesundheitsökonomin,<br />

diskutieren:<br />

– Hans-Ulrich Bigler, Direktor <strong>Schweizerische</strong>r<br />

Gewerbeverband<br />

– Dr. med. Bruno Kissling, Hausarzt und Mitglied<br />

der Chefredaktion von PrimaryCare<br />

– Dr. med. Christine Romann, Mitglied des<br />

Zentralvorstands der FMH, Verantwortliche<br />

Ressort Gesundheitsförderung und Prävention<br />

– Dr. phil. nat. Roy Salveter, Bundesamt für<br />

Gesundheit, Co-Leiter Abteilung Nationale<br />

Präventionsprogramme<br />

– Ursula Zybach, dipl. Lm.-Ing. ETH, Präsidentin<br />

Public Health Schweiz, Mitglied der<br />

Geschäftsleitung der Krebsliga Schweiz<br />

Ursula Zybach<br />

Die Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit der<br />

Ärztegesellschaft des Kantons Bern organisiert.<br />

Die Durchführung des Anlasses wird möglich dank<br />

grosszügiger Unterstützung durch Interpharma, den<br />

Verband der forschenden pharmazeutischen Industrie.<br />

Die Verantwortung für Konzept und Inhalt des<br />

Podiums liegt bei der <strong>Schweizerische</strong>n Ärztezeitung.<br />

Anna Sax<br />

Eintritt frei – Anmeldung erforderlich<br />

Die öffentliche Podiumsdiskussion mit anschliessendem Apéro findet statt am Mittwoch, 6. Juli 2011,<br />

19–21 Uhr im Empire-Saal des Restaurants Zum Äusseren Stand, Zeughausgasse 17, Bern. Der Eintritt<br />

ist frei, eine Anmeldung ist jedoch erforderlich. Diese kann bis Freitag, 1. Juli, via E-Mail an<br />

redaktion.saez@emh.ch oder via Fax an 061 467 85 56 erfolgen. Bitte Ihren Namen und die Namen<br />

allfälliger Begleitpersonen sowie das Stichwort «Anmeldung zum SÄZ-Podium vom 6. Juli» angeben.<br />

Auch telefonische Anmeldungen sind vormittags unter 061 467 85 72 möglich.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1000


edaktion.saez@emh.ch<br />

BRIEFE<br />

Briefe an die SÄZ<br />

Fin de la clause du besoin<br />

Le 31.12.2011, la clause du besoin devrait êtrement<br />

lors de la prochaine session. Cette clause<br />

du besoin est d’abord une conséquence directe<br />

des accords bilatéraux, dont le moins que l’on<br />

puisse est qu’ils sont à la source de bien des<br />

ennuis pour le corps médical suisse. Cette<br />

clause a naturellement des effets tout à fait<br />

regrettables et préjudiciables pour les jeunes<br />

médecins suisses qui ont investi beaucoup de<br />

temps et d’énergie dans leur formation, qui<br />

reste de très bonne qualité dans notre pays. Et<br />

il n’est pas admissible que, compte tenu du<br />

coût de cette formation pour la population, on<br />

se retrouve avec des médecins suisses au chômage,<br />

faute de pouvoir s’installer.<br />

Mais les situations sont très différentes dans<br />

les régions suisses, et l’ouverture à l’installation<br />

à tout demandeur pose donc des problèmes<br />

très différents. Ainsi, l’abrogation de<br />

la clause du besoin ne va pas améliorer la<br />

situation des régions périphériques, puisque<br />

l’on n’a pas constaté d’augmentation notoire<br />

des médecins généralistes de campagne, alors<br />

que la clause du besoin ne les concerne plus.<br />

En revanche, dans les centres urbains, et<br />

notamment dans les cantons frontières, la disparition<br />

d’une limitation à l’installation va<br />

créer des problèmes majeurs de concurrence<br />

et surtout de coûts. Il a été bien démontré que<br />

la multiplication des médecins sur un territoire<br />

s’accompagne d’une augmentation de<br />

la consommation. Par conséquent, pour un<br />

canton comme Genève, cette fin de la clause<br />

du besoin pourrait bien avoir des conséquences<br />

catastrophiques, engendrant des faillites<br />

en masse, une explosion des coûts et<br />

finalement une baisse de la qualité des soins<br />

aux patients. Une régulation organisée entre<br />

les différents acteurs du système (associations<br />

de médecins, hôpitaux, administration cantonale)<br />

est donc absolument indispensable dans<br />

ces régions. La FMH se doit naturellement de<br />

défendre les jeunes confrères qui veulent<br />

s’installer afin d’assurer une relève de qualité,<br />

mais elle doit aussi défendre ses membres qui<br />

sont en place et dont la survie risque d’être<br />

fortement menacée par une ouverture illimitée<br />

des cabinets médicaux en ville.<br />

Dr Jean-Pierre Grillet, Président SSDV-SGDV,<br />

Genève<br />

Remarque de la rédaction: L’Assemblée des<br />

délégués de la FMH a traité ce point en mars<br />

dernier. Elle a constaté que la FMH avait déjà<br />

soumis à deux reprises ces dernières années<br />

un projet précis, formulé, au Parlement, et<br />

que ce dernier n’en avait pas voulu. Elle a<br />

également pris connaissance du fait que la<br />

CDS (Conference suisse des directrices et<br />

directeurs cantonaux de la santé) ne demandait<br />

plus la possibilité de réguler, en cas de<br />

besoin, la démographie médicale, mais souhaitait<br />

dorénavant la simple poursuite du système<br />

actuel pour une nouvelle période.<br />

Face à cette situation, la plupart des organisations<br />

faîtières représentées à l’Assemblée des<br />

délégués ont plaidé pour la suppression pure<br />

et simple de la clause du besoin. La suppression<br />

d’une réglementation inutile qui n’a<br />

jamais fait ses preuves, la manière très variable<br />

dont la loi était mise en œuvre selon les<br />

cantons, la volonté de garder à l’Etat un rôle<br />

subsidiaire, et enfin aussi le souhait de ne pas<br />

donner trop de pouvoir aux cantons, ont été<br />

les éléments décisifs de la réflexion.<br />

Für die Einführung der Fallpauschalen<br />

am 1. Januar 2012 ist es zu früh!<br />

In der SÄZ vom 16. März 2011 haben wir die<br />

Schweizer Ärztinnen und Ärzte zum Unterzeichnen<br />

eines dem Heft beiliegenden<br />

Petitionsbogens aufgerufen [1]. Gründe dafür<br />

waren einerseits unsere Überzeugung, dass zu<br />

viele mit der Einführung der SwissDRG verbundenen<br />

Probleme noch ungelöst sind (Betreuung<br />

von Patienten mit komplexen Krankheiten,<br />

f<strong>als</strong>che Anreize, Frage der Vergütung<br />

von Weiterbildung und Investitionen, Begleitforschung<br />

etc.) und andererseits die Tatsache,<br />

dass die FMH­Leitung die Einführung<br />

unterstützt, wir aufgrund der Reaktionen aus<br />

Kollegenkreisen aber realisierten, dass die<br />

Basis nicht mit der gleichen Überzeugung<br />

hinter dem FMH­Entscheid steht, mit der er<br />

offiziell vertreten wird. Unterdessen forderte<br />

auch die FMH­Spitze mit Nachdruck eine<br />

Übergangsregelung [2]. Uns war von Anfang<br />

an klar, dass wir mit diesen Unterschriften<br />

nur die Einstellung der interessierten Ärztinnen<br />

und Ärzte zur Frage SwissDRG in<br />

Erfahrung bringen können und dass es zu<br />

einer aussagekräftigen Befragung der Basis im<br />

Grunde genommen eine Urabstimmung<br />

brauchte.<br />

Mit diesem Brief möchten wir den Kolleginnen<br />

und Kollegen, die unterschrieben haben,<br />

danken und mitteilen, dass bis Ende Mai<br />

gut 3400 Unterschriften eingegangen sind.<br />

Laut FMH­Ärztestatistik waren 2010 in der<br />

Schweiz 30273 Ärztinnen und Ärzte beschäftigt.<br />

Damit haben bis jetzt bereits über 10%<br />

die Petition unterschrieben, was angesichts<br />

eines einmaligen Aufrufs ohne standes­ oder<br />

fachgesellschaftliche Unterstützung einer nicht<br />

zu unterschätzenden Rücklaufquote<br />

entspricht.<br />

Die Sammlung geht weiter und wir möchten<br />

alle, die sich bis jetzt noch nicht vertieft mit<br />

den Problemen der SwissDRG befasst haben,<br />

bitten, sich dazu ihre Gedanken zu machen<br />

[3] und die Petition zu unterzeichnen, wenn<br />

sie zu einem ähnlichen Schluss kommen wie<br />

wir [4]. Die auch objektiv betrachtet schlecht<br />

vorbereitete Einführung der SwissDRG wird<br />

uns alle (Ärzteschaft, Pflege, Patienten) betreffen<br />

und Kosten verursachen, die mit einem<br />

Aufschub zu verhindern wären.<br />

Für das ärztliche Petitionskomitee:<br />

Dr. med. Urs Strebel, Männedorf ZH<br />

Dr. med. René Kofmehl, Meilen ZH<br />

1 Hess Ch., Krapf R. und Strebel U. Für die<br />

Einführung der Fallpauschalen (DRG) am<br />

1. Januar 2012 ist es zu früh! – Petition an den<br />

Zentralvorstand der FMH. Schweiz Ärztezeitung.<br />

2011; 92 (11): 423.<br />

2 Wettstein J. «Eine Übergangsregelung ist für<br />

die Einführung von SwissDRG zwingend»<br />

Interview mit P.­F. Cuénoud. Schweiz<br />

Ärztezeitung. 2011;92(10):354.<br />

3 www.drg­moratorium.ch<br />

4 www.drg­petition­aerzteschaft.ch<br />

Anmerkung der Redaktion: Siehe zum Thema<br />

dieses Leserbriefs auch die von der Ärztekammer<br />

vom 16. Mai 2011 verabschiedete Deklaration,<br />

die unter dem Titel «Erklärung der<br />

FMH zur Einführung der neuen Spitalfinanzierung<br />

am 1.1.2012» in der SÄZ Nr. 25/2011<br />

(S. 924–5) erschienen ist. Der Beitrag ist<br />

online zugänglich unter www.saez.ch → Archiv<br />

→ 2011 → 25.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

1001


edaktion.saez@emh.ch<br />

BRIEFE<br />

Wir wollen die Wirklichkeit darstellen [1]<br />

Verina Wild und Eliane Pfister wollen die<br />

Wirklichkeit darstellen. Die Frage ist, wie das<br />

gehen soll, ohne dass man an dieser Wirklichkeit<br />

teilnimmt. Ist die Sicht durch das Fenster<br />

eines Instituts für biomedizinische Ethik<br />

dafür geeignet? Und für was braucht es nun<br />

auch noch eine Virtualisierung der Wirklichkeit,<br />

wenn die Wirklichkeit doch so klar und<br />

offen vor uns liegt?<br />

Die Wirklichkeit, die dargestellt werden soll,<br />

findet in der Realität des Gesundheitswesens<br />

statt. In der Sprechstunde, am Krankenbett<br />

und im Operationssaal. Es geht um Krankheit,<br />

es geht um Therapie und es geht darum,<br />

wie diese finanziert werden kann. Und<br />

es stellt sich die Frage, wie gross der personale<br />

Aufwand denn sein muss, um die «Ökonomie»<br />

im Gesundheitswesen zu bewältigen. In<br />

der Schweiz gibt es rund drei Mal mehr<br />

Abgänger im Fach Wirtschaftswissenschaften<br />

<strong>als</strong> im Fach Medizin. Medizin wurde zum<br />

Markt erklärt. Von wem wohl, von den Ökonomen.<br />

Wen wundert das, wenn man die Anzahl<br />

von Wirtschaftsstudenten sieht? Aber<br />

braucht es sie wirklich in der Medizin? Oder<br />

brauchen sie die Medizin? Braucht man so<br />

viele Wirtschaftswissenschaftler auch dann,<br />

wenn man von den Modebegriffen:<br />

Wettbewerb, Kostentransparenz und Benchmarking<br />

Abstand nähme und wieder einfach<br />

nur Medizin betreiben würde? Wenn man<br />

sich wieder mit der Realität beschäftigen<br />

würde, die da ist und drängt. Und nun drängt<br />

noch ein weiterer bunter Trupp in die Medizin,<br />

um auch noch davon zu leben. Die Ethiker,<br />

Ideenfabrikanten mit unterschiedlichstem<br />

Hintergrund. Sie spielen sich zum Gewissen<br />

der Medizin auf. Ist das nicht bloss eine<br />

neue Religion mit neuen Priestern, den<br />

Bioethikern? Und wer ist deren Gott? Der<br />

Markt, der Mensch oder beides zusammen?<br />

Wurde hier mit der «homo mensura» eine<br />

Apotheose betrieben?<br />

Nach Wild kommt es mit den DRG «zu einer<br />

nie dagewesenen Transparenz». Und nicht<br />

nur das, es kommt die «Kundenlogik» und<br />

die verbesserte Führung von Spitälern nach<br />

betriebswissenschaftlichen Kriterien (erinnern<br />

Sie sich noch: drei Mal mehr Wirtschaftsabgänger<br />

<strong>als</strong> Mediziner?). Und die DRG sind<br />

es, welche diese Logik konsequent einführen<br />

sollen. Mir wird übel, wenn ich diese Metonymien<br />

anhören muss! Hier wird an einer<br />

neuen Welt gebastelt, hier entstehen virtuelle<br />

Kunstprodukte, hier entsteht eine neue EU<br />

der Medizin, eine künstliche Welt, in der es<br />

von «Theoretikern» nur so wimmelt. Aber,<br />

frage ich mich, wird es auch noch Ärzte geben,<br />

die in einer solchen Welt wirken wollen?<br />

Oder schärfer formuliert, die unter einer solchen<br />

Ägide ihren harten und realen Beruf<br />

ausüben wollen? Auf was soll man sie vorbereiten?<br />

Auf Ethik, Wirtschaft, Transparenz,<br />

Benchmarking oder auf Medizin? Und wo<br />

werden sie wohl tätig sein? Im Spital, der<br />

Praxis oder im Cyberspace?<br />

Prof. Dr. med. Dr. H.E. Killer, Aarau<br />

1 Sax A. «Wir wollen die Wirklichkeit darstellen».<br />

Schweiz Ärztezeitung. 2011;92(23/24):907–9.<br />

Hurra – eine Selbstverständlichkeit<br />

wird ausgezeichnet [1]<br />

Schon <strong>als</strong> Unterassistenten lernten wir, dass<br />

ein Dauerkatheter nie länger <strong>als</strong> nötig belassen<br />

werden darf. Als Oberarzt und Chefarzt<br />

auf der Visite war die Frage: «Braucht er/sie<br />

den Katheter noch?» stereotyp. Auch die<br />

Oberschwester drillte die Schwestern, dem<br />

Assistenten diese Frage immer wieder zu stellen.<br />

Nun wird eine Klinik, die diese Selbstverständlichkeit<br />

wieder entdeckt, mit dem Swiss<br />

Award ausgezeichnet. Wie weit sind wir in<br />

unseren Spitälern gekommen? Falls im<br />

Klinikalltag eines Spit<strong>als</strong> diese Regel nicht<br />

mehr gilt, gehört das Spital bestraft. Also<br />

nicht Selbstverständlichkeiten belohnen,<br />

sondern Fehlbare bestrafen, würde die Parole<br />

des gesunden Menschenverstandes lauten.<br />

Dr. med. Wolf Zimmerli, Oberdiessbach<br />

1 Egger M, Balmer F, Näf EM, Friedli­Wüthrich H,<br />

Mühlemann K. Swiss Quality Award 2011 –<br />

Die Gewinner (Teil 1). Schweiz Ärztezeitung.<br />

2011;92(23/24):878–80.<br />

Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EG<br />

Würde das Freizügigkeitsabkommen Schweiz­<br />

EG und <strong>als</strong>dann die gesamten bilateralen Verträge<br />

Schweiz­EG gekündigt werden, wären<br />

vor allem junge Auslandschweizerinnen und<br />

Auslandschweizer betroffen, die nach dem<br />

1. Juni 2002 in der Schweiz eine Aus­ oder<br />

Weiterbildung begonnen haben, in der Hoffnung,<br />

diese werde auf Grund des Freizügigkeitsabkommens<br />

Schweiz­EG auch in der EG<br />

anerkannt. Folgende Beispiele zur Verdeutlichung:<br />

Eine junge Auslandschweizerin und<br />

ein junger Auslandschweizer gehen nach<br />

ihrem Abitur bzw. nach dem Erwerb des<br />

staatlichen Arztdiploms in ihre Heimat,<br />

um eine Ausbildung zur Pflegefachfrau<br />

(früher Krankenschwester) bzw. zum Facharzt<br />

zu absolvieren. Bis jetzt können sie<br />

sich darauf verlassen, dass ihre Aus­ und Weiterbildung<br />

in der EU anerkannt wird. Würde nun<br />

der freie Personenverkehr Schweiz­EG gekündigt<br />

werden, so würden diese Aus­ und Weiterbildungen<br />

in der EG nicht mehr automatisch<br />

anerkannt (zum Ganzen siehe meine Dissertation<br />

«Das Freizügigkeitsabkommen Schweiz­<br />

EG: Auswirkungen auf die Berufe der Humanmedizin»).<br />

Dr. iur. utr. Udo Adrian Essers, Küsnacht ZH<br />

Spitalambulatorien: cui bono?<br />

Aufgrund der nachfolgenden Fakten stellt<br />

sich wirklich die Frage, wozu Spitalambulatorien<br />

nütze sind.<br />

1. Spitalambulatorien betreiben eine viel zu<br />

teure ambulante Medizin (Studie Universität<br />

Bern) – im Durchschnitt sind vergleichbare<br />

Fälle 50% teurer <strong>als</strong> beim Hausarzt.<br />

2. Spitalambulatorien haben die höchste<br />

Wachstumsrate: Was teuer ist, wird noch<br />

teurer gemacht!<br />

3. Die teuren Spitalambulatorien werden in<br />

der Regel mit einem höheren Taxpunktwert<br />

belohnt <strong>als</strong> die Hausärzte im gleichen<br />

Kanton.<br />

4. Wie die Erfahrung zeigt, wurde im Rahmen<br />

des Praxisstopps für Hausärzte und<br />

Spezialisten das Praxisverbot von den Spitälern<br />

ignoriert – ganz im Gegenteil, ganze<br />

Abteilungen wurden massiv personell aufgestockt<br />

(mit Ärzten ohne Praxisbewilligung),<br />

um damit «illegal» ambulante Medizin<br />

zu betreiben.<br />

5. Die Spitalambulatorien haben das Subsidiaritätsprinzip<br />

dankend ignoriert; Die Prämienexplosion<br />

wurde hingegen lächelnd<br />

den niedergelassenen Ärzten in die Schuhe<br />

geschoben.<br />

6. Spitalambulatorien dienen zu einer versteckten<br />

Querfinanzierung der stationären<br />

Kosten – eine Transparenz der Spitalrechnungen<br />

wird somit verunmöglicht.<br />

7. Spitalambulatorien sind die Totengräber<br />

der ambulanten Medizin – alleine in meinem<br />

Kanton werden bereits 40 % der<br />

ambulanten Behandlungen (zu 60% der<br />

Kosten) durchgeführt.<br />

Es gilt <strong>als</strong>o – im Rahmen der notwendigen<br />

Sparmassnahmen – die Spitalambulatorien<br />

schnell abzuschaffen und die Spitäler auf ihre<br />

Kernaufgabe, nämlich die Behandlung der stationären<br />

Patienten und Notfälle zu reduzieren.<br />

Wer <strong>als</strong> Politiker sofort 10–20% sparen will,<br />

muss schleunigst handeln.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1002


edaktion.saez@emh.ch<br />

BRIEFE / MITTEILUNGEN<br />

Es wäre auch eine Aufgabe der FMH, die sich<br />

ja offiziell für die «Stärkung der Hausarztmedizin»<br />

starkmacht – und in diesem Sektor<br />

die Entwicklung völlig aus dem Ruder laufen<br />

liess.<br />

Dr. med. Silvio Marugg, Luzern<br />

PS: Ich höre schon den Aufschrei der Nutzniesser:<br />

«Die Ausbildung der jungen Mediziner<br />

ist nicht mehr gewährleistet!» – wozu<br />

auch ausbilden, wenn sowieso keine Berufsaussichten<br />

mehr bestehen! «Die Versorgung<br />

der Bevölkerung ist nicht mehr gewährleistet!»<br />

– es müsste nur der Praxisstopp aufgehoben<br />

werden!<br />

«Faktor V» – eine statistische<br />

Unbekannte<br />

Seit Einführung der Pauschalen darf man «für<br />

den Patienten» auch dann keine Zeit haben,<br />

wenn man sie hat. Vorher erklärte einem der<br />

Chef, man sollte für den Patienten auch Zeit<br />

haben, wenn man keine hätte, sonst sei man<br />

für die Medizinertätigkeit nicht geschaffen<br />

und sollte auf etwas Anderes umsatteln.<br />

Seit es heisst «Gleich viel Qualität bei (noch?)<br />

weniger Zeit» –, wenn beim Patienten in seinem<br />

Fall die Pauschale schon fast ausgeschöpft<br />

ist – treten mehr Krankheitskomplikationen<br />

auf, die ihrerseits mehr Zeitaufwand<br />

erfordern. Pro solche gibt es jeweils eine neue<br />

Pauschale, die betragsmässig nicht zu überschreiten<br />

ist. Darauf antworten (?) die Patienten<br />

einfach mit neuen Komplikationen. So<br />

kann man zwar die nächste «diagnosis­related<br />

group» beanspruchen, andererseits ist es<br />

etwas umständlich und dauert so lange, bis<br />

«der Patient» den Eindruck gewinnt, nun<br />

habe sich endlich jemand Zeit genommen<br />

und sich dazu hergegeben, ihm die ganze<br />

Aufmerksamkeit zu widmen, obwohl er nur<br />

Patient –<br />

Patienten tricksen die Statistiker aus?<br />

Die anderen Spitäler haben dieselben Sorgen.<br />

Seit wir festgestellt haben, dass wir gegenseitig<br />

verglichen werden. I.S. «welches Spital<br />

leistet dem Patienten beim Gesundwerden<br />

am besten Beistand, ohne den diagnosebezogenen<br />

Betrag zu überschreiten», halten alle<br />

zusammen, Schulter an Schulter – äh – Spital<br />

an Spital: Mit Gruss an die Statistiker, denen<br />

unbekannt scheint, dass es vielleicht irgendwie<br />

doch «etwas Anderes» ist, sich von<br />

morgends bis abends den Belangen «des Patienten»<br />

zur Verfügung zu stellen: Faktor V<br />

(wie: Verfügbar).<br />

Ob es allein unsere Schuld ist, dass wir jetzt<br />

für die Statistiker undurchdringlich und<br />

­aufweichbar sind, wie sie sagen? Jedenfalls<br />

geht es keinem von uns darum, sie das Fürchten<br />

zu lehren, denn dazu ist keine Zeit übrig.<br />

P. Süsstrunk, Mediziner, Seewis<br />

Mitteilungen<br />

Facharztprüfungen<br />

Facharztprüfung zur Erlangung<br />

des Schwerpunktes Neonatologie zum<br />

Facharzttitel Kinder- und Jugendmedizin<br />

Ort: Klinik für Neonatologie, Centre hospitalier<br />

universitaire vaudois (CHUV), Lausanne<br />

(Dr. med. Eric Giannoni)<br />

Datum: Mittwoch, 2. und Donnerstag, 3. November<br />

2011<br />

Anmeldefrist: 1. September 2011<br />

Weitere Informationen finden Sie auf der<br />

Website des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung<br />

AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen<br />

Facharztprüfung zur Erlangung<br />

des Schwerpunktes Pädiatrische<br />

Endokrinologie-Diabetologie<br />

zum Facharzttitel für Kinderund<br />

Jugendmedizin<br />

Ort: Universitäts­Kinderspital beider Basel<br />

(UKBB), Spit<strong>als</strong>trasse 33, 4031 Basel<br />

Datum: Freitag, 16. Dezember 2011<br />

10.00 Uhr–12.30 Uhr schriftliche Prüfung<br />

14.00 Uhr–16.00 Uhr mündliche Prüfung<br />

(1 Stunde pro Kandidat)<br />

Anmeldefrist: 1. November 2011<br />

Weitere Informationen finden Sie auf der<br />

Website des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung<br />

AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen<br />

Facharztprüfung zur Erlangung<br />

des Facharzttitels Arbeitsmedizin<br />

Ort: Bern, Inselspital<br />

Datum: Donnerstag, 26. Januar 2012<br />

Anmeldefrist: 28. November 2011<br />

Weitere Informationen finden Sie auf der<br />

Website des SIWF unter www.siwf.ch → Weiterbildung<br />

AssistenzärztInnen → Facharztprüfungen<br />

Deutsche Gesellschaft<br />

für Angiologie DGA<br />

Förderung der «Jungen Angiologen»<br />

Die DGA bietet 40 Nachwuchsangiologen unter<br />

35 Jahren eine finanzielle Unterstützung<br />

für den Besuch des Forums und des Jahreskongresses<br />

in Frankfurt am Main an. Nachwuchswissenschaftler<br />

können sich bis zum<br />

30. Juni 2011 bewerben. Die Bewerbungen<br />

sind an die Geschäftsstelle der DGA zu senden:<br />

info@dga­gefaessmedizin.de<br />

Weitere Informationen:<br />

www.dga­gefaessmedizin.de<br />

UCB Pharma Preis<br />

Der jährlich vergebene UCB Pharma Preis ist<br />

mit 10000 Euro dotiert. Er wird für abgeschlossene<br />

Forschungsarbeiten auf dem Gebiet<br />

der klinischen und experimentellen Angiologie<br />

vergeben. Die Arbeiten sollten im Jahr vor<br />

der Bewerbung in anerkannten deutsch­ oder<br />

englischsprachigen Fachzeitschriften publiziert<br />

oder zur Publikation angenommen worden<br />

sein. Bewerben können sich Erstautoren<br />

bis 40 Jahre aus einem deutschsprachigen<br />

Land. Die Bewerbungen sind in dreifacher<br />

Ausführung an den Präsidenten der Deutschen<br />

Gesellschaft für Angiologie, Professor Karl­<br />

Ludwig Schulte, Gefässzentrum Berlin, Ev.<br />

Krankenhaus Königin­Elisabeth­Herzberge,<br />

Herzbergstrasse 79, D­10365 Berlin zu richten.<br />

Bewerbungsfrist ist der 30. Juni 2011.<br />

Details zu den Ausschreibungen: www.<br />

dga­gefaessmedizin.de/Ausschreibungen­<br />

2011.88.0.html<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1003


edaktion.saez@emh.ch<br />

MITTEILUNGEN<br />

Hemmi-Stiftung<br />

Forschungspreis 2011<br />

Die Hemmi­Stiftung in Therwil (Baselland)<br />

zur Förderung der klinischen, medizinischen<br />

Forschung im Allgemeinen und der Krebsforschung<br />

im Besonderen stiftet im Jahr 2011 einen<br />

Forschungspreis von 20 000 Franken.<br />

Ausgezeichnet werden eine oder zwei wissenschaftliche<br />

Arbeiten aus dem Bereich der angewandten,<br />

patientenorientierten klinischen<br />

Forschung.<br />

Bewerben können sich Ärztinnen und Ärzte,<br />

die an einer schweizerischen Klinik oder Institution<br />

oder in der Privatpraxis ein klinisches<br />

Forschungsprojekt durchführen. Der<br />

Antrag soll eine Beschreibung des Projektes,<br />

gegebenenfalls bereits vorliegende Ergebnisse<br />

und Publikationen sowie ein Curriculum vitae<br />

des Projektleiters enthalten. Die Jury wird<br />

von Professor Dr. med. Hans Kummer präsidiert.<br />

Die Bewerberinnen und Bewerber sind gebeten,<br />

ihre Unterlagen bis zum 31. Juli 2011 an<br />

Herrn Dr. iur. Markus Bürgin, Präsident des<br />

Stiftungsrates der Hemmi­Stiftung, St.Alban­<br />

Anlage 44, Postfach, 4010 Basel zu senden.<br />

<strong>Schweizerische</strong> Akademie<br />

für Psychosomatische und<br />

Psychosoziale Medizin SAPPM<br />

Die Delegiertenversammlung der <strong>Schweizerische</strong>n<br />

Akademie für Psychosomatische und<br />

Psychosoziale Medizin SAPPM hat am<br />

26.5.2011 ihren Vorstand neu gewählt.<br />

Präsident<br />

Dr. med. Alexander Minzer<br />

Vizepräsidentin<br />

Dr. med. Danièle Lefebvre<br />

Vizepräsidentin und Kassier<br />

Dr. med. Esther Hindermann<br />

Übrige Vorstandsmitglieder<br />

Prof. Dr. med. A.­F. Allaz<br />

Catherine Bronnimann<br />

Dr. med. Isabelle Rittmeyer<br />

Dr. med. Steluta Staicov<br />

<strong>Schweizerische</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />

für Laparo- und Thorakoskopische<br />

Chirurgie (SALTC) / Association<br />

Suisse pour la Chirurgie<br />

Laparoscopique et Thoracoscopique<br />

(ASCLT)<br />

Vorstand/Comité 2011<br />

Präsident/Président<br />

PD Dr. med. Dieter Hahnloser, Zürich<br />

Vize-Präsident/Vice-Président<br />

PD Dr. med. Guido Beldi<br />

Past-Präsident/Past Président<br />

Dr. med. Andreas Scheiwiller, Luzern<br />

Sekretär/Sécretaire<br />

Dr. med. Diego De Lorenzi, Grabs<br />

Vorstandsmitglieder/Membres du Comité<br />

PD Dr. med. Michel Adamina, St.Gallen<br />

Dr. med. Dimitri Christoforidis, Lugano<br />

Dr. med. Andreas Keerl, Baden<br />

Prof. Dr. med. Philippe Morel, Genève<br />

PD Dr. med. Markus Müller, Frauenfeld<br />

Prof. Dr. med. Marc Reymond, D­Bielefeld<br />

PD Dr. med. Stephan Vorburger, Burgdorf<br />

Dr. med. Andreas Zerz, Bruderholz<br />

SALTC Sekretariat/ASCLT Secrétariat<br />

c/o Meister ConCeptGmbH, Bahnhofstrasse<br />

55, CH­5001 Aarau, Tel. 062 836 20 90, Fax<br />

062 836 20 97, SALTC@meister­concept.ch;<br />

www.saltc.ch<br />

Spitex Verband Schweiz<br />

Neuer Präsident: Walter Suter folgt<br />

auf Stéphanie Mörikofer<br />

Walter Suter wurde zum Präsidenten des<br />

Spitex Verbands Schweiz gewählt. Der 60­jährige<br />

Jurist aus Hünenberg/ZG war von 1991<br />

bis 2006 Regierungsrat im Kanton Zug. Mit<br />

dem Gesundheitswesen ist der neue Spitex­<br />

Präsident bestens vertraut. So präsidiert er die<br />

Spitex Kanton Zug und ist Verwaltungsratspräsident<br />

der Zuger Kantonsspital AG.<br />

Walter Suter übernimmt das Amt von Stéphanie<br />

Mörikofer­Zwez, die den Dachverband<br />

der Non­Profit­Spitex seit 2002 präsidiert hat.<br />

In der Öffentlichkeit wurde wohl vor allem<br />

ihr engagiertes Eintreten für eine patientenfreundliche<br />

Pflegefinanzierung wahrgenommen.<br />

Parallel dazu hat sie sich erfolgreich für<br />

die ambulante psychiatrische Pflege eingesetzt<br />

und die Qualitätssicherung in der Spitex<br />

gefördert. Der Spitex Verband Schweiz setzte<br />

unter Mörikofer auch wissenschaftliche Impulse,<br />

etwa mit den Studien über die Situation<br />

pflegender Angehöriger und über die<br />

ökonomischen Grenzen von Spitex.<br />

Für die kommenden Jahre sieht der neue Präsident<br />

Walter Suter eine ganze Reihe Herausforderungen<br />

auf Spitex zukommen. Dazu<br />

zählen der sich abzeichnende Mangel an<br />

Pflegefachpersonen und die immer wichtiger<br />

werdende Vernetzung mit Hausärzten, Spitälern<br />

und Pflegeheimen. Zudem werde sich<br />

die Non­Profit­Spitex auf einen verstärkten<br />

Wettbewerb mit kommerziellen Anbietern<br />

ausrichten und gleichzeitig im Interesse der<br />

Klienten mit den Mitbewerbern zusammenarbeiten<br />

müssen.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1004


FMH SERVICES<br />

Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation<br />

Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES<br />

Seminare / Séminaires / Seminari 2011<br />

Praxiseröffnung/-übernahme<br />

Themen<br />

Juristische Aspekte (Praxisbewilligung, Zulassung zur<br />

Sozialversicherung, Vertragswesen), Gesellschaftsformen<br />

/ Ehe- und Erbrecht (Trennung Privat- vom Geschäftsvermögen,<br />

Ehegüterstand, Erbschaftsplanung),<br />

Praxiseinrichtung (Inneneinrichtung, Kostenberechnung),<br />

Praxisadministration (Leistungserfassungsund<br />

Abrechnungssysteme), Unternehmensbewertung<br />

einer Arztpraxis (Berechnung und Beurteilung<br />

des Unternehmenswertes), Finanzierung der Arztpraxis<br />

(Businessplan, Kredite, Absicherungsmöglichkeiten),<br />

Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Personen-<br />

und Sachversicherungen, Vorsorgeplanung).<br />

Sponsoren<br />

Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe<br />

www.fmhservices.ch) gedeckt.<br />

Daten<br />

K04 Donnerstag, 1. September 2011 Zürich<br />

9.00–16.30 Uhr FMT<br />

K05 Donnerstag, 3. November 2011 Basel<br />

9.00–16.30 Uhr Hotel Victoria<br />

Praxisübergabe<br />

Das Seminar richtet sich an zukünftige Praxisübergeber/innen.<br />

Hinweis: Vor allem aus steuer- und vorsorgeplanerischer<br />

Sicht lohnt es sich, sich bereits<br />

frühzeitig (5–10 Jahre) mit diesem Thema auseinanderzusetzen.<br />

Themen<br />

Juristische Aspekte (Praxisübergabevertrag, allg. Vertragswesen,<br />

Übergabe der Krankengeschichten), Unternehmensbewertung<br />

einer Arztpraxis (Berechnung<br />

Inventarwert und Goodwill <strong>als</strong> Verhandlungsbasis),<br />

Versicherungen/Vorsorge/Vermögen (Übergabe/Auflösung<br />

von Versicherungsverträgen, Pensions- und<br />

Finanzplanung), Steuern (Steueraspekte bei der Praxisübergabe,<br />

Optimierung der steuerlichen Auswirkungen,<br />

Liquidations- und Grundstückgewinnsteuer,<br />

Bestimmung des optimalen Übergabezeitpunktes).<br />

Sponsoren<br />

Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe<br />

www.fmhservices.ch) gedeckt.<br />

Daten<br />

K09 Donnerstag, 8. September 2011 Zürich<br />

13.30–18.00 Uhr FMT<br />

K10 Donnerstag, 10. November 2011 Basel<br />

13.30–18.00 Uhr Hotel Victoria<br />

Finanz- und Steuerplanung<br />

Themen<br />

Finanzplanung (Businessplan, Buchhalterische Massnahmen<br />

vor Praxiseröffnung/-übernahme, Standardkontenplan<br />

für Ärzte, System der doppelten Buchhaltung,<br />

EDV-unterstützte Buchführungslösung),<br />

Steuern (Steueraspekte bei Eintritt in die Selbständigkeit,<br />

Steuerfallen und Steuerrisiken, optimierte Steuerplanung).<br />

Sponsoren<br />

Die Kosten werden durch diverse Sponsoren (siehe<br />

www.fmhservices.ch) gedeckt.<br />

Datum<br />

K12 Donnerstag, 15. September 2011 Bern<br />

13.30–18.00 Uhr Schmiedstube<br />

Praxiscomputerworkshop<br />

Der Workshop wird in Zusammenarbeit mit der Kommission<br />

Informatics – e-Health der Hausärzte Schweiz<br />

durchgeführt und richtet sich an praxiseröffnende<br />

sowie an bereits praxistätige Ärztinnen und Ärzte.<br />

Inhalt<br />

Die Workshopteilnehmer/innen erhalten im 1. Teil<br />

eine Einführung in die Anforderungen an ein Praxisinformationssystem.<br />

Anhand einer modernen vernetzten<br />

Praxisinfrastruktur werden die Beurteilungskriterien<br />

für eine praxis- und zukunftstaugliche<br />

Softwarelösung dargestellt. Checklisten sollen die<br />

schnelle Orientierung unterstützen und bei der Beurteilung<br />

und Wahl des Produkts konkrete Hilfe bieten.<br />

In Zusammenarbeit mit der Kommission Informatics –<br />

e-Health der Hausärzte Schweiz werden die zentralen<br />

Elemente der elektronischen Krankengeschichte aufgezeigt.<br />

Ein Erfahrungsbericht eines EDV-Anwenders<br />

(Arzt) rundet den 1. Teil ab. Der 2. Teil umfasst die<br />

Präsentation von sechs Praxisadministrationssoftwarelösungen<br />

(Leistungserfassung, elektronisches Abrechnen<br />

unter Einbezug der TrustCenter, Agenda-<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

1005


FMH SERVICES<br />

Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation<br />

Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES<br />

führung, Statistiken, Laborgeräteeinbindung, elektronische<br />

Krankengeschichte, Finanzbuchhaltungslösungen<br />

usw.).<br />

Ziel<br />

Die Teilnehmer/innen erhalten einen Anforderungskatalog,<br />

welcher ihnen erlaubt, ihre Vorstellungen für<br />

ein modernes Praxisinformationssystem besser zu<br />

formulieren und diese dem Softwarehersteller zu<br />

dessen Vorbereitung zu kommunizieren. Zudem erhalten<br />

sie einen ersten Überblick über führende Softwarelösungen.<br />

Datum<br />

K15 Donnerstag, 24. November 2011 Olten<br />

9.30–16.30 Uhr Stadttheater<br />

Olten<br />

Röntgen in der Arztpraxis<br />

Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte mit<br />

bestehender Praxis und an solche, die vor einer Praxiseröffnung<br />

oder Praxisübernahme stehen. Das Seminar<br />

ist auf maximal 15 Teilnehmer/innen beschränkt.<br />

Themen<br />

Vom konventionellen zum digitalen Röntgen,<br />

Rentabilität Röntgen in der Arztpraxis, Neue Vorschriften,<br />

Evaluation und Beschaffung neuer oder<br />

gebrauchter Anlagen, Komplette Marktübersicht mit<br />

Preisen und Leistungskomponenten. Die Seminarteilnehmer<br />

erstellen und bearbeiten innerhalb des<br />

Seminars digitale Röntgenbilder und erhalten eine<br />

komplexe Dokumentation über alle Themen – ein<br />

Vademekum rund ums Röntgen.<br />

Kosten<br />

300 CHF (inkl. sämtlicher Kursunterlagen und Verpflegung).<br />

Datum<br />

K16 Donnerstag, 25. August 2011 Niederscherli<br />

09.30–16.00 Uhr WIROMA AG<br />

Tarifwerk TARMED – Einführungskurs<br />

Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte mit<br />

bestehender Praxis und an solche, die kurz vor einer<br />

Praxiseröffnung oder Praxisübernahme stehen. Der<br />

Einführungskurs vermittelt den Kursteilnehmern die<br />

Grundlagen des Tarifwerkes TARMED. Die Seminarteilnehmerzahl<br />

ist begrenzt.<br />

Themen<br />

Fakten (Gesetzliche und vertragliche Grundlagen),<br />

Struktur (Tarifbrowser, Grundstruktur des Tarifwerkes,<br />

Regelhierarchie, Leistungsblöcke, Leistungsgruppen),<br />

Generelle Interpretationen (Wichtigste<br />

generelle Interpretationen), Parameter einer Tarifposition<br />

(Alle Parameter einer Tarifposition), Tarifpositionen<br />

aus dem Kapitel 00 Grundleistungen<br />

(Diverse Tarifpositionen aus dem Kapitel 00 Grundleistungen),<br />

Praxislabor und Präsenzdiagnostik<br />

(Neue Analyseliste), Organisationen und Informationsquellen<br />

(www.tarmedsuisse.ch usw.).<br />

Kosten<br />

200 CHF (inkl. Kursunterlagen).<br />

Datum<br />

K61 Dienstag, 20. September 2011 Olten<br />

14.00–17.15 Uhr Hotel Arte<br />

Praxismarketing für Ärzte<br />

Das Seminar richtet sich an Ärztinnen und Ärzte,<br />

welche vor einer Praxiseröffnung stehen oder bereits<br />

eine Praxis führen.<br />

Themen<br />

Der Erfolg einer Arztpraxis ist unlösbar mit gutem<br />

Service und Kundenorientierung verbunden. Damit<br />

sind mehr <strong>als</strong> gute Umgangsformen gemeint. Echter<br />

Service geht tiefer und bietet den Patientinnen und<br />

Patienten – oder Kunden – einen direkten Nutzen.<br />

Aus einer Arztpraxis wird DIE Praxis.<br />

Die Herausforderung ist nicht, Service für Patienten<br />

zu leisten, sondern Service für Patienten aus der<br />

Sicht des Patienten erlebbar zu machen. Dazu gehört,<br />

dass man seine Kunden versteht, auf ihre Bedürfnisse<br />

vorbereitet ist, sie um Informationen bittet, ihnen genau<br />

zuhört, Verantwortung für das eigene Tun übernimmt,<br />

über das normale Mass hinaus engagiert zu<br />

sein, Menschen zu überraschen, und das immer<br />

regelmässig und auf gleichbleibend hohem Niveau!<br />

Das Wichtigste zu den Themen Telefon, Empfang,<br />

Teamentwicklung wird diskutiert. Die wichtigsten<br />

Werbemöglichkeiten besprochen. Nicht das<br />

Aussergewöhnliche wollen wir tun, sondern das Gewöhnliche<br />

aussergewöhnlich gut!<br />

Kosten<br />

300 CHF (inkl. sämtlicher Kursunterlagen und Verpflegungen).<br />

Datum<br />

K64 Mittwoch, 7. September 2011 Bern<br />

09.00–16.30 Uhr Schmiedstube<br />

Ouverture et reprise d’un cabinet médical<br />

Le séminaire est destiné aux médecins sur le point<br />

d’ouvrir ou de reprendre un cabinet médical.<br />

Contenu<br />

Business plan (préparation du plan de financement<br />

et crédit d’exploitation, financement par la banque),<br />

Aménagement (implantation, projet et concept<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1006


FMH SERVICES<br />

Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation<br />

Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES<br />

d’aménagement, choix du mobilier, budget), Estimation<br />

d’un cabinet (inventaire et goodwill), Administration<br />

d’un cabinet médical (dans le cabinet, par<br />

la banque), Assurances (toutes les assurances à l’intérieur<br />

et autour du cabinet), Passage du statut de<br />

salarié à celui d’indépendant et fiscalité.<br />

Sponsors<br />

Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir<br />

www.fmhservices.ch).<br />

Dates<br />

K22 Jeudi 1 septembre 2011 Lausanne<br />

17.00–21.30 h World Trade Center<br />

K23 Jeudi 10 novembre 2011 Genève<br />

17.00–21.30 h Ramada Park Hôtel<br />

Remise d’un cabinet médical<br />

Le séminaire s’adresse aux médecins désirant remettre<br />

un cabinet médical.<br />

Contenu<br />

Aspects juridiques (autour du contrat de remise/<br />

reprise), Estimation d’inventaire et goodwill d’un<br />

cabinet, Assurances (prévoyance, assurances à l’intérieur<br />

et autour du cabinet), Conséquences fiscales<br />

d’une remise.<br />

Sponsors<br />

Les coûts sont pris en charge par divers sponsors (voir<br />

www.fmhservices.ch).<br />

Date<br />

K25 Jeudi 17 novembre 2011 Genève<br />

17.00–21.30 h Ramada Park Hôtel<br />

Apertura e rilevamento di uno studio medico<br />

Il seminario è destinato ai Sigg. medici in procinto di<br />

aprire o di rilevare uno studio medico.<br />

Contenuto<br />

Business plan (preparazione del piano di finanziamento<br />

e del credito d’esercizio, prestito bancario),<br />

Pianificazione (insediamento, progetto e pianificazione,<br />

scelta del mobilio, budget), Valutazione di<br />

uno studio medico (inventario e goodwill), Amministrazione<br />

di uno studio medico (interna allo<br />

studio, rapporti con la banca), Assicurazioni (tutte<br />

le assicurazioni necessarie interne ed esterne allo studio),<br />

Passaggio dallo stato di dipendente a quello<br />

di indipendente, fiscalità.<br />

Documentazione<br />

Basato su una check-list per l’apertura di uno studio<br />

medico, il raccoglitore, consegnato ad ogni partecipante,<br />

contiene tutte le informazioni utili durante e<br />

dopo il seminario.<br />

Sponsor<br />

Diversi sponsor si fanno carico delle spese (si rimanda<br />

al sito www.fmhservices.ch).<br />

Date<br />

K52 Mercoledì 28 settembre 2011 Chiasso<br />

dalle 14.00 alle 18.00 FMH Fiduciaria<br />

Services<br />

K53 Mercoledì 23 novembre 2011 Chiasso<br />

dalle 17.00 alle 21.00 FMH Fiduciaria<br />

Services<br />

Anmeldung und Auskunft / Inscription<br />

et information / Iscrizioni e informazioni<br />

www.fmhservices.ch oder FMH Consulting Services,<br />

Cornelia Steinmann, Burghöhe 1, 6208 Oberkirch,<br />

Tel. 041 925 00 77, Fax 041 921 05 86.<br />

Hinweis / Remarque / Osservazioni<br />

Bei sämtlichen Seminaren, bei denen die Kosten teilweise<br />

oder gänzlich von Seminarsponsoren gedeckt<br />

werden, werden die Teilnehmeradressen den jeweiligen<br />

Sponsoren zur Verfügung gestellt.<br />

Les adresses des participants aux séminaires dont les<br />

coûts sont couverts en partie ou totalement par des<br />

sponsors sont communiquées aux sponsors concernés.<br />

Gli indirizzi dei partecipanti ai seminari, i cui costi<br />

sono coperti in parte o completamente da degli<br />

sponsor, vengono comunicati agli sponsor interessati.<br />

Annullierungsbedingungen / Conditions<br />

d’annulation / Condizioni d’annullamento<br />

Bei Abmeldungen oder Fernbleiben werden folgende<br />

Unkostenbeiträge erhoben:<br />

Un montant est perçu pour une absence ou une annulation.<br />

Il est de:<br />

Un importo verrà rimborsato in caso di assenza o annullamento.<br />

Esso sarà di:<br />

– 50 CHF pro Person ab 14 Tage vor Seminarbeginn<br />

/ par personne dans les 15 jours avant le début du<br />

séminaire/ per persona entro i 15 giorni prima<br />

dell’inizio del seminario;<br />

– 100 CHF pro Person ab 7 Tage vor Seminarbeginn<br />

oder Fernbleiben / par personne dans les 7 jours<br />

avant le début du séminaire / per persona entro i<br />

7 giorni prima dell’inizio del seminario.<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1007


Konzentrieren Sie sich auf<br />

denBlutdruck.<br />

Aber dochnicht<br />

auf Ihreneigenen!<br />

Machen Sie sich die tägliche Praxis einfacher.<br />

Verlassen Sie sich auf professionelle Unterstützung in<br />

•Praxisgründung •Praxisführung •Praxisübergabe/-übernahme •Praxisfinanzierungen und Finanzplanung<br />

•Persönliche Risiko- und Altersvorsorge •Praxis-, Sach- und Berufshaftpflichtversicherungen •Optimierte<br />

Steuerplanung •Nachfolgeplanung und -regelung •Unternehmenswertberechnungen/Praxisverkauf<br />

•Praxis- und Stellenvermittlung •Seminare zuThemen wie Praxiseröffnung/-übernahme, Praxisübergabe,<br />

Finanz- und Steuerplanung, EDV •Stellenmarkt unter www.fmhjob.ch •Praxismarkt unter www.fmhprax.ch<br />

•Factoring •Inkasso<br />

FMH Consulting Services<br />

Burghöhe 1•Postfach 246 •6208 Oberkirch<br />

Telefon 041 925 00 77 •Fax 041 921 05 86<br />

mail@fmhconsulting.ch •www.fmhconsulting.ch


FMH SERVICES<br />

Die grösste standeseigene Dienstleistungsorganisation<br />

Redaktionelle Verantwortung: FMH SERVICES<br />

Berufshaftpflichtversicherung<br />

Eine zu tiefe Versicherungssumme kann Ihre Existenz gefährden<br />

Die Klagebereitschaft der Patienten hat in letzter Zeit leider immer mehr zugenommen. Auch die Forderungen<br />

sind stetig gestiegen. So wurde z.B. kürzlich in einem Bundesgerichtsurteil die Haftung eines<br />

Spit<strong>als</strong> für einen tragischen Fall aus dem Jahr 1997 bejaht. Die Schadenersatzforderung beläuft sich auf<br />

13 Millionen Franken. Zudem sind nach Abklärungen von FMH Services aktuell zwei weitere ähnlich<br />

gelagerte Fälle bei den Haftpflichtversicherern hängig.<br />

Viele selbständig erwerbstätige Ärzte sind heute mit einer Versicherungssumme von 5 Millionen Franken<br />

oder weniger versichert. Die Differenz zwischen einer allfälligen Schadensumme und der Versicherungssumme<br />

geht zulasten des behandelnden Arztes und kann schnell existenzbedrohend sein.<br />

Die FMH Services empfiehlt bei der Haftpflichtversicherung folgendes zu beachten:<br />

Empfohlene Versicherungssumme 10 Millionen Franken<br />

Nachversicherung bei Geschäftsaufgabe während der gesetzlichen Verjährungsfristen<br />

Regelmässige Kontrolle, ob die aktuelle Tätigkeit mit der versicherten Deckung übereinstimmt<br />

Zudem lohnt sich ein Prämienvergleich<br />

Alle Ärztinnen und Ärzte, welche bereits im FMH Insurance Services-Rahmenvertrag versichert sind, können<br />

die Deckungssumme bereits vor dem Vertragsablauf erhöhen. Profitieren Sie noch nicht von den<br />

Vorteilen des FMH Insurance Services-Rahmenvertrages? Füllen Sie den unten stehenden Talon aus und<br />

senden Sie uns eine aktuelle Policenkopie Ihres Vertrages zu. Wir überprüfen für Sie, per wann ein Wechsel<br />

in den günstigen Rahmenvertrag möglich ist, und senden Ihnen eine Offerte zu.<br />

"<br />

Antworttalon Bitte einsenden oder per Fax an: 031 959 50 10<br />

Vorname / Name<br />

Adresse<br />

PLZ / Ort<br />

Geburtsdatum<br />

Telefon Privat / Geschäft<br />

Beste Zeit für einen Anruf<br />

E-Mail-Adresse<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________________<br />

m Bitte senden Sie mir eine Offerte für eine Berufshaftpflichtversicherung<br />

(Bitte aktuelle Policenkopie der bestehenden Versicherung beilegen)<br />

Fachrichtung (mit/ohne Chirurgie)<br />

Spezialitäten /Laser und Laserklasse?<br />

Beschäftigungsgrad<br />

Sofern Sie medizinisches Fachpersonal (ohne MPAs und Lehrlinge) angestellt haben:<br />

– Anzahl Personen<br />

– Beschäftigungsgrad pro Person<br />

– Fachrichtung pro Person<br />

m Ich interessiere mich für:<br />

m Kapitalanlage m Pensionskasse BVG<br />

m Säule 3a m Rechtsschutzversicherung<br />

m Finanz-/Steuerplanung m Krankenkasse<br />

m<br />

Roth Gygax & Partner AG n Koordinationsstelle<br />

Moosstrasse 2 n 3073 Gümligen<br />

Telefon 031 959 50 00 n Fax 031 959 50 10<br />

mail@fmhinsurance.ch n www.fmhinsurance.ch<br />

Talon-Code: IN2611 / Berufshaftpflicht (2)


Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Health Technology Assessment in der Schweiz:<br />

miteinander statt gegeneinander<br />

Alois Gratwohl<br />

Prof. Dr. med. em.,<br />

Hämatologie, Medizinische<br />

Fakultät, Universität Basel<br />

Ein Kommentar von<br />

Daniel Herren,<br />

Verantwortlicher der FMH<br />

für das Ressort Daten,<br />

Demographie und<br />

Qualität (DDQ) findet<br />

sich auf Seite 1023.<br />

Korrespondenz:<br />

Prof. Dr. med. Alois Gratwohl<br />

Dittingerstrasse 4<br />

CH­4053 Basel<br />

alois.gratwohl@unibas.ch<br />

Die Kluft zwischen unbegrenzten Wünschen und limitierten<br />

Mitteln zwingt jedes Gesundheitswesen mit Solidarprinzip<br />

zu objektivierbaren und nachvollziehbaren Entscheidungen.<br />

Health Technology Assessment (HTA) wird<br />

dafür <strong>als</strong> ein geeignetes Instrument diskutiert. Die FMH<br />

portiert das Zürcher Modell «Medical Board» unter gemeinsamer<br />

Trägerschaft mit der GDK und SAMW <strong>als</strong><br />

HTA Konzept Schweiz. Es stellen sich Fragen zu diesem<br />

Vorgehen. Es führt inhärent zum Konflikt zwischen Bund,<br />

Kantonen und den verschiedenen Partnern im Gesundheitswesen.<br />

Das Konzept suggeriert wissenschaftliche<br />

Lösungen für politische Fragen und geht von einem HTA<br />

Modell aus, das nicht sicher Kosten spart, kaum die Qualität<br />

verbessert. Notwendig wäre eine zukunftsorientierte<br />

gesamtschweizerische Lösung.<br />

Health Technology Assessment<br />

en Suisse: unissons nos forces<br />

Le fossé entre volonté illimitée et moyens limités<br />

contraint tout système de santé soucieux de<br />

solidarité à prendre des décisions objectivables et<br />

claires. Pour ce faire, les HTA (Health Technology<br />

Assessments) sont considérés comme un instrument<br />

adéquat. Aux côtés de la CDS et de l’ASSM, la FMH<br />

parraine le modèle zurichois du «Medical Board» et<br />

souhaite que ce modèle serve de base à l’élaboration<br />

d’un concept HTA national. Mais la démarche suivie<br />

soulève plusieurs questions. Tout d’abord, ce concept<br />

conduit inexorablement à un conflit entre Confédération,<br />

cantons et partenaires de la santé. Par ailleurs,<br />

il propose des solutions scientifiques à des problèmes<br />

politiques, et s’inspire d’un modèle HTA qui ne<br />

garantit pas des économies de coûts et qui améliore<br />

peu la qualité. Or il serait nécessaire d’élaborer une<br />

solution nationale orientée vers l’avenir; la démarche<br />

prévue doit donc être repensée. C’est là l’occasion<br />

idéale de mettre sur pied un concept HTA moderne,<br />

comprenant une saisie des données obligatoire et<br />

prospective pour les traitements onéreux, complexes<br />

ou controversés.<br />

Vous trouverez le commentaire de Daniel Herren,<br />

responsable du département Données, démographie<br />

et qualité (DDQ) de la FMH, sur cet article en page<br />

1023.<br />

Die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen kontinuierlich<br />

und geben Grund zu Sorge. Moderne medizinische<br />

Verfahren können den Verlauf bisher unheilbarer<br />

Krankheiten ändern, Leiden lindern und Leben<br />

verlängern. Dies schafft Bedürfnisse und zwingt dazu,<br />

Kompromisse zwischen unbegrenzten Wünschen der<br />

Patienten und limitierten Mitteln eines solidarischen<br />

Gesundheitssystems zu finden. Die Diskussion darüber<br />

ist nicht nur in der Schweiz voll im Gange [1].<br />

Health Technology Assessment (HTA) wurde vor<br />

etwa dreissig Jahren <strong>als</strong> neues Instrument eingeführt.<br />

Ursprüngliches Ziel war es, unwirksame oder gar<br />

schädliche Massnahmen von der Vergütung durch<br />

ein solidarisches Kostenträgermodell ausschliessen zu<br />

können [2]. Dafür wurden spezifische, unabhängige,<br />

öffentliche oder private Institutionen eingerichtet,<br />

wie das National Institute for Health and Clinical<br />

Excellence (NICE) in England oder das Institut für<br />

Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen<br />

(IQWIG) in Deutschland. Die Frage der Wirksamkeit<br />

wurde im Laufe der Zeit durch Fragen der<br />

Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit ergänzt. Der<br />

Begriff der QUALY (Quality adjusted life years), umschrieben<br />

mit der Frage «Wie viel darf ein gewonnenes<br />

Jahr Lebensqualität kosten?» fand seinen Weg ins<br />

Vokabular. Sie zu negieren, ist nicht mehr möglich [3].<br />

Die eidgenössische Leistungskommission ELK<br />

prüft <strong>als</strong> eine ihrer Aufgaben neue Verfahren bei ihrer<br />

Einführung auf Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit.<br />

Im Umfeld des wachsenden Kostendrucks hat die<br />

Zürcher Gesundheitsdirektion ein «Medical Board»<br />

<strong>als</strong> kantonale HTA Institution geschaffen mit der<br />

Frage, ob und wie Kosten auch bei zugelassenen Methoden<br />

gespart werden können. Nach vier Modelluntersuchungen<br />

über so unterschiedliche Themen<br />

wie Kreuzbandruptur, Avastin, Antibiotikaprophylaxe<br />

oder PET­Untersuchung soll nun das Konzept Medical<br />

Board auf die gesamte Schweiz übertragen werden<br />

[4]. Die Notwendigkeit, HTA Bestrebungen in der<br />

Schweiz zu fördern und zu koordinieren, ist gegeben.<br />

Das gewählte Vorgehen ist suboptimal. Es riskiert,<br />

Unsicherheiten und Kosten zu generieren, ohne die<br />

Qualität zu verbessern.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

1020


Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Organisationsstruktur<br />

Für die Beantwortung der einfachen Frage «Ist Verfahren<br />

X bei der Indikation Y wirksam und kosteneffizient?»<br />

benötigt es keine eigene HTA Institution<br />

in der Schweiz. Eine der anerkannten internationalen<br />

HTA Agenturen könnte die Frage schneller, kostengünstiger<br />

und neutraler beantworten. Für eine gesamtschweizerische<br />

HTA Institution umgekehrt ist<br />

die vorgesehene Trägerschaft, GDK, FMH und SAMW<br />

zu schmal. Sie schliesst wichtige Entscheidungsträger<br />

bindung der Krankenkassen, Spitäler, Pharmaindustrie<br />

und Gerätehersteller wird die Glaubwürdigkeit<br />

und Tragfähigkeit der Entscheidungen aufs Spiel gesetzt.<br />

Daten aus anderen Ländern zeigen klar auf,<br />

dass HTA Empfehlungen nur umgesetzt werden können,<br />

wenn alle national Verantwortlichen loyal zusammenstehen<br />

[5].<br />

Jede Empfehlung für oder gegen die Kostenübernahme<br />

einer medizinischen Leistung wird zu Kontroversen<br />

führen, ihre Durchsetzung eine politische<br />

Massnahme sein. Ein Ablehnen der Kostenübernahme<br />

für Verfahren X durch die soziale Krankenversicherung<br />

unter gleichzeitiger Beibehaltung der Zulassung<br />

durch die Privatversicherung ist wissenschaftlich<br />

nicht begründbar. Die medizinische Wissenschaft<br />

darf nicht Stellvertreterfunktion für politische Entscheide<br />

übernehmen. Die Diskussionen im Rahmen<br />

der Entscheidungsfindung für die «Hochspezialisierte<br />

Medizin Schweiz» oder um die Vergütung der alternativen<br />

Medizin zeigen nur allzu deutlich auf, wie «wissenschaftliche»<br />

Argumente oder «fehlende wissenschaftliche<br />

Grundlagen» zur Begründung politischer<br />

Entscheide nach Belieben uminterpretiert werden.<br />

Die Notwendigkeit, HTA Bestrebungen zu fördern und zu koordinieren,<br />

ist gegeben. Das gewählte Vorgehen ist suboptimal.<br />

Wie viel darf ein gewonnenes Jahr Lebensqualität kosten?<br />

aus. Sie führt inhärent zum Konflikt zwischen Bund<br />

und den Kantonen. Komplexe medizinische Verfahren<br />

beinhalten stationäre und ambulante Kostenteile.<br />

Patienten sind nicht mehr an ihren<br />

Wohnkanton gebun­ den. Welches<br />

Schiedsgericht wird im Streitfall<br />

entscheiden? Ohne Einbindung<br />

vom Bund mit seinen<br />

HTA Institutio­ nen, ohne Ein­<br />

Lehren aus der Geschichte der HTA<br />

auf internationaler Ebene<br />

Die anfängliche Stärke der klassischen HTA, eine Urteilsfindung<br />

aufgrund der «gesamten verfügbaren<br />

Literatur» genügt heute nicht mehr. «Evidence based<br />

medicine» hat ihre dokumentierten Stärken<br />

bei der Erstellung von Abklärungsschemata,<br />

Prophylaxe­ oder Therapierichtlinien.<br />

Die Beurteilung stützt sich auf<br />

publizierte, damit immer alte Daten.<br />

Gerade bei den für eine HTA qualifizierenden<br />

kontroversen Themen riskieren<br />

laufende Studien, unberücksichtigt<br />

zu bleiben. Sorge bereitet die Subgruppenproblematik.<br />

Ein Ansprechen<br />

bei 30% der<br />

Patienten mag <strong>als</strong><br />

kosteneffizient,<br />

ein Ansprechen<br />

bei 5% der Patienten<br />

<strong>als</strong> ineffizient<br />

beurteilt werden. Der<br />

Entscheid wird beiden<br />

Situationen nicht gerecht.<br />

Im ersten Fall wird die Mehrzahl<br />

der Patienten mit einer unwirksamen<br />

Therapie und damit verlorenen Kosten<br />

behandelt. Ein Verweigern einer wirksamen Therapie<br />

kann umgekehrt für die wenigen Patienten, die ansprechen<br />

würden, schwerwiegende Konsequenzen<br />

beinhalten [3, 6].<br />

Aufgrund dieser erwähnten Schwächen wurde<br />

die Beurteilung nach HTA in den letzten Jahren bei<br />

ungenügender Datenlage durch ein «further studies<br />

required» ergänzt [3]. Die Umsetzung dieser Vorgabe<br />

erfolgt aber nur, wenn für die Industrie eine Chance<br />

besteht, die entstehenden Kosten zurückzugewinnen.<br />

Dies ist bei seltenen Krankheiten oder Subgruppen<br />

kaum der Fall, es sei denn, es gelingt durch die Kombination<br />

mit gezielten diagnostischen Tests <strong>als</strong> «customized<br />

therapy» einen Synergie­Gewinn zu erzielen.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1021


Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Schwieriger ist die Situation für Patienten; ihnen<br />

bleibt die Möglichkeit eines Zuganges zu der neuen<br />

Therapie vorläufig verwehrt.<br />

Prospektive obligatorische Evaluation<br />

anstelle retrospektiver Beurteilung<br />

Die obligatorische prospektive Erfassung neuer, vielversprechender<br />

medizinischer Verfahren bietet eine<br />

Alternative. Daten über Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit<br />

können in einem Evaluationsregister in der<br />

realen Alltagssituation prospektiv erfasst werden.<br />

Für die Beantwortung der einfachen Frage «Ist Verfahren X bei Indikation<br />

Y wirksam und kosteneffizient?» ist keine eigene HTA Institution in<br />

der Schweiz nötig.<br />

Dies kann auch einen prospektiv randomisierten Vergleich<br />

mit der bisherigen Standardtherapie beinhalten.<br />

Voraussetzung ist, dass Kriterien für Diagnose,<br />

Entscheidungsfindung, Behandlungsart, Behandlungsdauer,<br />

Datenerfassung, Kostenabklärung und<br />

Evaluation der Studie in einem durch die zuständige<br />

Fachgesellschaft festgelegten Qualitätsmanagementsystem<br />

definiert sind.<br />

Kosten und sogenannter «Zwangscharakter» der<br />

Massnahmen sind kein Hinderungsgrund. Daten<br />

werden schon heute gesammelt, nur unkoordiniert,<br />

an unterschiedlichen Orten. Der Aufwand ist primär<br />

organisatorischer Art. Die Kosten für die Datenkoordination<br />

werden in einem günstigen Verhältnis zu<br />

den hohen Kosten der Therapie selbst stehen. Sie sollten<br />

vom primären Kostenträger übernommen werden<br />

wie es das KVG vorsieht. Datenerfassung und<br />

Datenevaluation sind integraler Bestandteil jeder<br />

Therapie. Die Kosten werden durch Einsparungen<br />

wettgemacht. Nicht indizierte Therapien werden vermieden,<br />

Therapien ohne Ansprechen rechtzeitig abgebrochen.<br />

Der aktive Zwang, sich einem definierten<br />

Behandlungssystem anzuschliessen, ist für Patienten<br />

wie behandelnde Ärztinnen und Ärzte akzeptierbar.<br />

Er ist nur verbunden mit einer Vergütung der Kosten<br />

im Solidarsystem. Alle behalten die Freiheit, auf eine<br />

Teilnahme bei der Evaluation zu verzichten und die<br />

Kosten selbst zu übernehmen. Der aktive Zwang ist<br />

attraktiver <strong>als</strong> der passive Zwang des heute geplanten<br />

Systems, das bei unsicherer Kosten­Nutzen­Lage nur<br />

einen Ausschluss von der Kostenübernahme vorsieht.<br />

Beispiele für das geplante Vorgehen sind vorhanden.<br />

Die Transplantation blutbildender Stammzellen<br />

ist eine anerkannte, teure Behandlungsform<br />

bei schweren Erkrankungen des blutbildenden Systems.<br />

Sie wurde seit ihrer Einführung immer wieder<br />

Kosten­Nutzen­Evaluationen im Rahmen von HTAs<br />

unterworfen. Aus Kosten­ und Qualitätsgründen haben<br />

sich Verantwortliche in Europa und Nordamerika<br />

auf die Erarbeitung eines Qualitätsmanagementsystems<br />

und eine standardisierte Datenerfassung geeinigt.<br />

In mehreren Ländern, auch der Schweiz, ist die<br />

Akkreditierung und obligatorische Datenerfassung<br />

Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung<br />

und der Kostenübernahme. Jüngste Daten bestätigen<br />

nun, dass die Einführung des Qualitätsmangementsystems<br />

in den akkreditierten Zentren mit einer signifikanten<br />

Verbesserung des Überlebens verbunden<br />

ist [7].<br />

Schlussfolgerung<br />

Das HTA Konzept Schweiz muss überdacht werden. Es<br />

besteht ein ideales «window of opportunity», ein modernes<br />

HTA Konzept einzuführen, mit prospektiver<br />

obligatorischer Datenerfassung für teure, komplexe<br />

oder umstrittene Therapieverfahren.<br />

Literatur<br />

1 Fuchs VR. Government Payment for Health Care.<br />

NEJM. 2010;363(23):2181–3.<br />

2 Goodman CS. Introduction to Health Technology<br />

Assessment. The Lewin Group. 2004. www.nlm.nih.<br />

gov/nichsr/hta101/ta101_c1.html<br />

3 Chalkidou K, Walley T. Using comparative effectiveness<br />

research to inform policy and practice in the UK<br />

HHS: past, present and future. Pharmacoeconomics.<br />

2010;28(10):799–811.<br />

4 Herren D. HTA: How to assess. Schweiz Ärztezeitung.<br />

2011;92(14):519.<br />

5 Mørland B, Ringard A, Røttingen JA. Supporting<br />

tough decisions in Norway: a healthcare system<br />

approach. Int J Technol Assess Health Care.<br />

2010;Oct;26(4):398–404. Epub 2010 Oct 13.<br />

6 Elshaug AG, Garber AM. How CER could pay for<br />

itself – Insights from vertebral fracture treatments.<br />

NEJM. 2011;364(15):1390–3.<br />

7 Gratwohl A, Brand R, Niederwieser D, Baldomero H,<br />

Chabannon C, Cornelissen J, et al. Introduction of a<br />

Quality Management System and Outcome After<br />

Hematopoietic Stem­Cell Transplantation.<br />

J Clin Oncol. 2011;Apr 11. [Epub ahead of print].<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1022


Standpunkt<br />

TRIBÜNE<br />

Kommentar von Daniel Herren, Mitglied des Zentralvorstandes<br />

der FMH, Verantwortlicher für das Ressort DDQ<br />

Keine Frage, Health Technology Assessment (HTA)<br />

steckt in der Schweiz noch in den Kinderschuhen.<br />

Und wie immer, wenn es in der Politik Neuland zu<br />

betreten gilt, versuchen sich die verschiedenen<br />

Player zu positionieren. Im konkreten Fall sind es die<br />

Initiativen des Medical Board und der SwissHTA, die<br />

das Feld derzeit besetzen.<br />

Die einzelnen Akteure im Gesundheitswesen haben<br />

dabei unterschiedliche Interessen, wenn es um das<br />

Thema der Technologiefolgenabschätzung, wie HTA<br />

auf Deutsch auch genannt wird, geht. Die Finanzierer,<br />

Versicherungen und die Kantone möchten<br />

primär griffigere Kriterien zur Durchsetzung der<br />

WZW­Kriterien, die Ärzteschaft ist interessiert an<br />

evidenzbasierten Behandlungen, das Bundesamt für<br />

Gesundheit (BAG) will den gesetzlichen Auftrag erfüllen,<br />

und die Pharmaindustrie möchte ihre Innovationskraft<br />

behalten.<br />

Gerade die Verfügbarkeit neuer Therapieverfahren ist<br />

für ein qualitativ hochstehendes und effizientes Gesundheitswesen<br />

wichtig, allerdings stehen wir – in<br />

einem solidarisch finanzierten Umfeld – in der Verpflichtung,<br />

den Mehrwert solcher Innovationen<br />

nachweisen zu können. Hier kommen nun die Assessments<br />

zum Tragen. Mit unterschiedlichen Ansätzen<br />

versuchen die beiden erwähnten Initiativen das<br />

Thema anzugehen. Das Medical Board hat den praktischen<br />

Weg gewählt und unterzieht bestimmte<br />

medizinische Fragestellungen einer Prüfung. Man<br />

bedient sich dabei bekannter methodischer Ansätze<br />

und versucht durch die Analyse konkrete Empfehlungen<br />

zu formulieren. Interessant dabei ist, welche<br />

Implikationen diese Empfehlungen in der ärztlichen<br />

Praxis, auch ohne Sanktionierungsmassnahmen, bereits<br />

haben. Es ist allerdings nicht so, wie Kollege<br />

Gratwohl in seiner Einleitung ausführt, dass die Trägerschaft<br />

des Medical Board meint, das HTA­Konzept<br />

für die Schweiz gefunden zu haben. Die FMH<br />

engagiert sich in der Trägerschaft, um über die Fachgesellschaften<br />

den Zugang zu denjenigen Experten<br />

zu schaffen, die kompetent mitwirken können, die<br />

jeweiligen Fragestellungen inhaltlich korrekt zu begleiten.<br />

SwissHTA, eine Initiative der Pharmaindustrie und<br />

der Versicherungen, versucht auf der Metaebene einen<br />

Konsens bezüglich ethischer Vorstellungen, methodischer<br />

Ansätze und gesetzlicher Vorgaben für<br />

die Schweiz zu formulieren. Das ist sicherlich ein<br />

wichtiger Prozess, um HTA in unserem Gesundheitssystem<br />

zu verankern. Die Initiative bietet auch die<br />

Chance, bestehende Institutionen wie zum Beispiel<br />

die Eidgenössische Leistungskommission (ELK) in ein<br />

zukünftiges HTA­Konzept zu integrieren. SwissHTA<br />

war immer <strong>als</strong> temporäre Plattform gedacht und soll<br />

sich, gemäss der Idee der Initianten, nach Erarbeitung<br />

des Konsenspapiers wieder auflösen. Grundsätzlich<br />

begrüsst die FMH eine solche Initiative, allerdings<br />

erschien uns das Vorgehen der Gründungsmitglieder<br />

von SwissHTA zu einseitig. Zwischenzeitlich<br />

hat man sich aber gegenseitig angenähert, und die<br />

FMH schaltet sich nun in die Diskussion zu diesem<br />

Konsenspapier ein.<br />

Was uns aber vor allem fehlt, und da bin ich mit<br />

Herrn Gratwohl vollkommen einig, ist ein Leader und<br />

Koordinator all dieser Bemühungen. Wohl ist das<br />

BAG verheissungsvoll mit der Organisation eines<br />

Rundtischgespräches in die Diskussion gestartet;<br />

allerdings vermisst man seither weitergehende Koordinationsmassnahmen.<br />

Wenn man die zukunftsorientierte<br />

gesamtschweizerische Lösung erarbeiten<br />

will, wie sie Kollege Gratwohl zu Recht fordert,<br />

braucht es den Lead durch den Bund. HTA muss<br />

dabei zwingend in die übergeordnete Qualitätsstrategie<br />

des Bundes eingebaut werden, darf dabei aber<br />

kein Rationierungsinstrument werden! Ziel sollte<br />

sein, die Qualität der medizinischen Leistungserbringung<br />

zu verbessern. Im besten Fall dürfen wir eine<br />

verbesserte Ressourcen­Allokation erwarten, aber<br />

auch nur dann, wenn man sich auf die wirklich grossen<br />

Brocken der Kosten stürzt, auf die Behandlung<br />

der chronischen Erkrankungen.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1023


Management<br />

TRIBÜNE<br />

Zwischen Medizin und Ökonomie<br />

Interne Weiterbildung kann dem Kulturwandel Impulse verleihen. Das Beispiel eines<br />

Führungskurses der Clienia Privatklinik Schlössli zeigt, wie betriebswirtschaftliches<br />

Denken für das patientenorientierte Entscheiden im Klinik-Alltag vermittelt werden<br />

kann.<br />

Daniel Marek a ,<br />

Martin E. Keck b<br />

a Dr., selbständiger Berater<br />

und Ausbilder im Bereich<br />

Unternehmensentwicklung<br />

b Prof. Dr. med. Dr. rer. nat.,<br />

eMBA UZH, Ärztlicher<br />

Direktor der Clienia<br />

Privatklinik Schlössli, Oetwil<br />

Korrespondenz:<br />

Dr. Daniel Marek<br />

Unternehmensentwicklung<br />

Zollikerstrasse 153<br />

CH­8008 Zürich<br />

Abbildung 1<br />

Das Cliena Schlössli-Haus und sein Umfeld.<br />

Mitbewerber<br />

Zuweisende<br />

Patienten/innen<br />

und Angehörige<br />

Die Diskussionen um die Kosten des Gesundheitswesens<br />

und die neue Spitalfinanzierung ab 2012<br />

zwingen alle Leistungserbringer zu einer verstärkten<br />

Beachtung wirtschaftlicher Aspekte. Nicht zuletzt fordert<br />

die Gesetzgebung des Bundes, dass Leistungen<br />

im Gesundheitswesen sowohl wirksam und zweckmässig<br />

<strong>als</strong> auch wirtschaftlich sein müssen. Vor diesem<br />

Hintergrund entschloss sich die Leitung der<br />

Clienia Privatklinik Schlössli, einen viertägigen internen<br />

Kurs in Betriebswirtschaft anzubieten Die Absicht<br />

war, eine praktische Einführung zu liefern, ohne<br />

dabei den Vorrang von Patientenwohl und Behandlungsqualität<br />

in Frage zu stellen. Unter Wirtschaftlichkeit<br />

verstanden die Verantwortlichen das Erkennen<br />

und Nutzen von Verbesserungsmöglichkeiten<br />

zugunsten einer optimalen Versorgung und keine<br />

einseitige Effizienzsteigerung, die zu Lasten der Patienten<br />

und der Mitarbeitenden geht. Die Existenz<br />

eines Spit<strong>als</strong> lässt sich nicht primär durch positive<br />

Finanzzahlen rechtfertigen. Im Vordergrund stehen<br />

die Linderung von Leid sowie die Erhaltung oder<br />

Wiederherstellung von Gesundheit.<br />

Der Kurs richtete sich an Führungskräfte und Projektverantwortliche<br />

aus Medizin, Pflege und Diensten.<br />

An drei Durchführungen im Jahr 2010 nahmen<br />

Umwelt /Markt<br />

Ziele<br />

Wertschöpfung<br />

Mitarbeitende<br />

Bund, weitere<br />

Kanton (GD)<br />

Krankenkassen<br />

Gesellschaft<br />

Entre médecine et économie<br />

Le nouveau financement hospitalier et les discussions<br />

sur les coûts de la santé exigent de tous les<br />

prestataires de soins qu’ils accordent plus d’importance<br />

aux aspects économiques de leur activité. Dans<br />

ce contexte, l’économicité c’est avant tout reconnaître<br />

et utiliser les possibilités d’amélioration qui<br />

existent. Une hausse du rendement ne doit pas se<br />

faire sur le dos des patients ou du personnel. Dès<br />

lors, il est important que ce soit le personnel médical<br />

qui tranche entre aspects économiques et perspective<br />

médicale. Ces réflexions ont amené la clinique<br />

privée Schlössli de Clienia à Oetwil à proposer à ses<br />

cadres dirigeants des domaines de la médecine, des<br />

soins et des services de suivre une formation complémentaire<br />

en gestion d’entreprise. Un sondage effectué<br />

auprès des participants a montré que ce cours<br />

leur a non seulement permis d’acquérir de nouvelles<br />

connaissances mais aussi de changer leur point de<br />

vue sur l’économie d’entreprise et les questions<br />

qu’elle soulève. Présenter la médecine et l’économie<br />

non pas comme des antagonistes mais comme des<br />

disciplines qui se complètent a été un point crucial<br />

du succès de ce cours. Pour ce faire, il a fallu aussi enseigner<br />

la manière de penser propre à l’économie en<br />

plus des différents instruments utilisés en gestion.<br />

Les participants ont ainsi appris à devenir par euxmêmes<br />

efficaces dans leur domaine d’activités.<br />

Le mélange des participants venus des différents domaines<br />

de la clinique s’est traduit par de nouveaux<br />

contacts au sein du personnel. Ce qui, d’après les<br />

participants, a eu un impact favorable sur la collaboration<br />

interne et sur la compréhension mutuelle des<br />

différents services.<br />

Daniel Marek 2010‘ 1<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

1024


Management<br />

TRIBÜNE<br />

annähernd 50 Personen aus allen Bereichen der<br />

Klinik teil. Um eine möglichst hohe Anschaulichkeit<br />

zu erreichen, folgte der Aufbau des Kurses einem<br />

vereinfachten Modell, das die wichtigsten betriebswirtschaftlichen<br />

Aspekte einer Klinik abbildete (sog.<br />

Clienia­Schlössli­Haus, s. Abb.). In seinen Grundzügen<br />

übernimmt das Modell die Gliederung von Input,<br />

Behandlung und Output. Es erlaubt, betriebswirtschaftliche<br />

Grundbegriffe wie Effizienz, Effektivität<br />

oder Wertschöpfung sowie die Stellung der Klinik<br />

im Gesundheitssektor aufzuzeigen.<br />

Der Kurs begann mit betriebswirtschaftlichen<br />

Grundbegriffen und einer Übersicht über die Spitalfinanzierung.<br />

Das Kernstück bildete eine Einführung<br />

in die Finanzwirtschaft, die sich auf Instrumente zur<br />

Unterstützung von Entscheiden konzentrierte (z. B.<br />

Deckungsbeitragsrechnung, Investitionsrechnung,<br />

Interpretieren von Kennzahlen). Abgerundet wurde<br />

der Kurs mit klinikspezifischen Themen, wie etwa<br />

den Fallpauschalen oder dem Qualitätsmanagement.<br />

Mit Hilfe einer begleitenden klinikspezifischen Fallstudie<br />

konnten die Teilnehmenden die vermittelten<br />

Inhalte nach jeder Lerneinheit auf ihren Arbeitsalltag<br />

übertragen.<br />

Die Lerneffekte des Kurses<br />

Die Auswertungsrunden während des Kurses zeigten,<br />

dass die Teilnehmenden neben einzelnen Instrumenten<br />

vor allem betriebswirtschaftliche Denkweisen<br />

kennenlernten. Diese Beobachtung bewog die Verantwortlichen,<br />

die Auswirkungen des Kurses mit<br />

Hilfe einer Nachbefragung zu untersuchen. Deren Ergebnisse<br />

stützten den ersten Eindruck: Rund 85 Prozent<br />

gaben an, der Kurs habe ihnen zu neuen Einsichten<br />

verholfen. Gut 75 Prozent der Befragten fanden,<br />

der Kurs habe es ihnen erleichtert, ihren Mitarbeitenden<br />

betriebswirtschaftliche Zusammenhänge zu er­<br />

«Heute bin ich der Meinung, (…) eine betriebswirtschaftliche<br />

Denkweise berücksichtigt (die) wichtigen<br />

Aspekte, die zum Erfolg führen. (...) Betriebswirtschaft<br />

ist für mich nicht mehr nur Zahlen oder (…) eine<br />

unbegreiflich langweilige Materie.»<br />

läutern. Bemerkenswert sind zudem die Kommentare,<br />

die darauf hindeuten, dass sich die Einstellung<br />

gegenüber der Betriebswirtschaftslehre verändert hat<br />

(vgl. die Zitate von Ärzten in den Kästen). Dieser<br />

Effekt war bei Teilnehmenden aus allen Bereichen der<br />

Klinik zu beobachten.<br />

«Ich versuche grundsätzlich, (betriebs-)wirtschaftliche<br />

und auch ökologische Überlegungen anzustellen, z(um)<br />

T(eil) sind dies simple Alltagshandlungen, die ich<br />

danach richte (…).»<br />

Veränderte Sichtweise von Betriebswirtschaft<br />

Die Öffnung gegenüber betriebswirtschaftlichem<br />

Denken lässt sich aus mehreren Hinweisen ableiten:<br />

Erstens gab ein gutes Drittel der Befragten an, der<br />

Kurs habe ihre Einstellung zu betriebswirtschaftlichen<br />

Fragen verändert. Zweitens erklärte mehr <strong>als</strong><br />

die Hälfte der Befragten, bei Entscheidungen im Klinik­Alltag<br />

einzelne Instrumente aus dem Kurs regelmässig<br />

oder gelegentlich anzuwenden. Drittens wiesen<br />

die Kommentare zur Frage nach den gelernten Inhalten<br />

in dieselbe Richtung: Hier tauchten weniger<br />

einzelne Instrumente, <strong>als</strong> vielmehr bestimmte Denkfiguren<br />

auf, so etwa die Anwendung des Pareto­Prinzips.<br />

Die veränderte Einstellung resultierte in einer erhöhten<br />

Aufmerksamkeit für wirtschaftliche Aspekte<br />

des eigenen Handelns.<br />

Zusammenarbeit in der Klinik<br />

Eine weitere Wirkung des Kurses bestand in der Stärkung<br />

der fachübergreifenden Zusammenarbeit: Rund<br />

60 Prozent der Befragten meinten, der Kurs habe Kontakte<br />

innerhalb der Klinik unterstützt oder dazu beigetragen,<br />

dass sich die Angehörigen unterschiedlicher<br />

Bereiche besser verstehen. Die gemeinsame Arbeit an<br />

der Fallstudie förderte das Verständnis für die Sichtweise<br />

anderer Fachbereiche. Dieser Nebeneffekt hatte<br />

sogar eine Verbindung zum Thema: In Spitälern verspricht<br />

die Verbesserung der internen Zusammenarbeit<br />

und die Abstimmung der einzelnen Glieder<br />

einer Behandlungskette derzeit das grösste Optimierungspotential<br />

[1, 2].<br />

Fazit<br />

Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Vermittlung von<br />

betriebswirtschaftlichen Themen dann erfolgreich<br />

ist, wenn Ökonomie und Medizin nicht <strong>als</strong> «Antagonisten»,<br />

sondern <strong>als</strong> ergänzende Fachgebiete dargestellt<br />

werden. Dabei ist auf die Zuweisung der Verantwortlichkeiten<br />

zu achten: Der Entscheid über<br />

wirtschaftliche wie medizinische Argumente sollte<br />

beim Fachpersonal bleiben und nicht dritten Stellen<br />

überlassen werden. Ärzte müssen dafür einstehen,<br />

dass auch weiterhin die Bedürftigkeit der Patienten<br />

und nicht Renditedenken das Handeln bestimmt.<br />

Entscheidend sind die Behandlungsergebnisse: Im<br />

Sinne bestmöglicher Ressourcennutzung müssen vorrangig<br />

jene Therapieprogramme sichergestellt und<br />

optimiert werden, die langfristig den grössten Nutzen<br />

für die Patienten versprechen. Gerade deshalb muss<br />

die häufig schmerzhafte Frage nach den Kosten gestellt<br />

und nicht reflexartig abgewehrt werden, denn<br />

der zunehmende Kosten­ und Wettbewerbsdruck im<br />

Gesundheitswesen birgt die Gefahr, dass die bisherige<br />

Vertrauenskultur nachhaltig geschädigt wird. Diese<br />

Entwicklung muss sorgfältig beobachtet werden. Es<br />

gilt mehr denn je, alle Massnahmen nach ihrer zu erwartenden<br />

Kosteneffektivität zu priorisieren, was die<br />

zuweilen unangenehme Frage beinhaltet, ob die vorhandenen<br />

Mittel für die richtigen Dinge ausgegeben<br />

werden. Im Spital ist beispielsweise regelmässig zu<br />

überprüfen, ob die jeweiligen Aktivitäten zur Erhöhung<br />

des Patientennutzens beitragen und nicht etwa<br />

lediglich auf liebgewonnenen Traditionen beruhen.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1025


Management<br />

TRIBÜNE<br />

Hierfür sind betriebswirtschaftliche Kenntnisse unerlässlich.<br />

Aus diesen Überlegungen darf sich ein derartiger<br />

Kurs nicht auf die Schulung einzelner Instrumente<br />

beschränken, sondern muss vor allem die ökonomische<br />

Denkweise vermitteln. Zielorientierung, das Bewusstsein<br />

für knappe Mittel und das Augenmerk auf<br />

Vereinfachungsmöglichkeiten sind Elemente davon.<br />

Dies befähigt die Teilnehmenden, in ihrem Arbeitsgebiet<br />

in eigener Verantwortung wirksam zu werden.<br />

Darüber hinaus erfordert der Transfer des Gelernten<br />

auf die Realität der Klinik seinen Platz. Geeignete<br />

Übungen und Aufgaben können es den Teilnehmenden<br />

erleichtern, die Transferleistung selbst zu erbringen<br />

[3]. Das sichert den besten Lerneffekt. Wenn sich<br />

der Kurs an Führungskräfte richtet, so können diese<br />

eine Multiplikator­Funktion ausüben, etwa wenn sie<br />

ihren Mitarbeitenden betriebswirtschaftliche Zusammenhänge<br />

erklären. Damit wirkt der Kurs über den<br />

Kreis der Teilnehmenden hinaus. Bei der Ausschreibung<br />

des Kurses ist auf die Durchmischung der Teilnehmenden<br />

zu achten. Neben der Erleichterung betriebsinterner<br />

Kontakte unterstreicht sie eine Öffnung<br />

des Denkens jenseits der Paradigmen einzelner<br />

Disziplinen. So kann die Arbeit zwischen den Fachbereichen<br />

unmittelbar geprobt und vertieft werden.<br />

Das Beispiel zeigt einmal mehr: Die Anwendung<br />

neuer Instrumente ist nicht allein eine Frage des Wissens,<br />

sondern eine Frage der Denkhaltung. Damit lassen<br />

sich die Effekte des Kurses unter dem Aspekt des<br />

Kulturwandels betrachten, weil sie gemeinsame<br />

Werte sowie bestimmte Denk­ und Verhaltensmuster<br />

betreffen, die <strong>als</strong> Teil der Organisationskultur gelten<br />

[4]. Kulturwandel bedingt freilich mehr <strong>als</strong> Weiterbildungsveranstaltungen.<br />

Folgemassnahmen und die<br />

Verankerung des Lerntransfers sind unabdingbar.<br />

Aber Weiterbildung kann Kulturwandel unterstützen<br />

[5]. Idealerweise ist Weiterbildung Bestandteil einer<br />

langfristig angelegten Initiative zur Spitalentwicklung.<br />

Dieser Prozess verlangt Zeit, zwei bis drei Jahre<br />

sind ihm einzuräumen [6].<br />

Die Einstellung gegenüber der Betriebswirtschaftslehre hat sich<br />

verändert.<br />

Literatur<br />

1 Rüegg­Stürm J. Operation gelungen, Patient gestorben,<br />

Schweiz Ärztezeitung. 2008;89(33):1413–16.<br />

2 Von Arx W, Rüegg­Stürm J. Spitäler im Umbruch –<br />

Ansatzpunkte für eine gelingende Weiterentwicklung.<br />

Schweiz Ärztezeitung. 2007;88(27/28:1214–19.<br />

3 Meier R. Praxis Weiterbildung. Offenbach: Gabal;<br />

2005.<br />

4 Schein EH. Organizational Culture and Leadership.<br />

3rd ed. San Francisco: Jossey­Bass; 2004.<br />

5 Pieler D. Neue Wege zur lernenden Organisation.<br />

Bildungsmanagement – Wissensmanagement –<br />

Change Management – Culture Management.<br />

2. Aufl. Wiesbaden: Gabler; 2003.<br />

6 Doppler K, Lauterburg, C. Change Management.<br />

Den Unternehmenswandel gestalten, 11. Aufl.<br />

Frankfurt a.M./New York: Campus; 2005.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1026


Begegnung mit …<br />

HORIZONTE<br />

… Elisabeth Müller: Allgemeinmedizinerin, Gründerin des «Kafi Mümpfeli»<br />

in Zürich und «Kopf des Jahres» des Kollegiums für Hausarztmedizin<br />

«In der Sprechstunde ist man<br />

vom Sprechen weggekommen»<br />

Daniel Lüthi<br />

Text und Bilder<br />

danielluethi@gmx.ch<br />

Das Kafi Mümpfeli* ist ein modern eingerichtetes<br />

Restaurant mit einer vielversprechenden Speisekarte,<br />

einer schönen Terrasse und rund 50 Plätzen. Es liegt<br />

nur wenige hundert Meter von der Hausarztpraxis<br />

von Elisabeth Müller entfernt – und ist eigentlich<br />

eine Art «Verlängerung», eine Filiale dieser Praxis.<br />

Denn von den insgesamt 22 Angestellten des Restaurants,<br />

das sich etwas gar bescheiden «Kafi» nennt,<br />

sind fast alle Patientinnen und Patienten von Müller.<br />

Sie selber steht übrigens mindestens einen Tag pro<br />

Woche <strong>als</strong> Köchin in der Küche, «allein über Mittag<br />

gehen bis zu 60 Essen raus, dann kommt noch das<br />

Abwaschen und Putzen, das gehört selbstverständlich<br />

auch bei mir dazu. Hier bin ich nicht die Frau Doktor,<br />

sondern eine gleichwertige Mitarbeiterin, die erledigt,<br />

was ansteht.» Ein bescheidener Mensch, diese<br />

Ärztin, das wird sofort klar. Eine Frau auch, die Sachen<br />

macht, statt bloss darüber zu reden.<br />

Übrigens: Das Kafi Mümpfeli ist an 365 Tagen im<br />

Jahr geöffnet.<br />

Erzählen und zuhören können<br />

Ein Café fürs Quartier, ein Ort, wo man sich treffen<br />

kann und sitzenbleiben, solange man will, ein Res-<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1027


Begegnung mit …<br />

HORIZONTE<br />

taurant mit sozialem Hintergrund und günstigen<br />

Preisen: Das war schon lange die Idee von Elisabeth<br />

Müller. Im Juni 2009 setzte sie den Traum in die Wirklichkeit<br />

um, mit eigenem Geld und viel Engagement,<br />

«aber ohne Business- oder Budgetplan. Ich weiss, dass<br />

es blauäugig, ja unprofessionell war, wie ich an dieses<br />

Projekt heranging. Ich weiss aber auch, dass man<br />

manchmal unprofessionell handeln muss, weil man<br />

sonst nämlich zu viel überlegt und plant – und nichts<br />

macht.»<br />

Eine Ärztin, die ein Restaurant eröffnet und dieses<br />

parallel zu ihrer Praxis führt – das ist ungewöhnlich,<br />

für Elisabeth Müller aber absolut naheliegend: «Druck<br />

und Hektik nehmen zu in der Arbeitswelt – gleichzeitig<br />

gibt es immer mehr Menschen, die sich einsam<br />

fühlen. Das ist etwas, was unsere Gesellschaft krank<br />

macht: dass wir uns gegenseitig nicht mehr zuhören<br />

können und wollen, auch in der Familie nicht. Leider<br />

ist es auch bei vielen Ärztinnen und Ärzten so: In der<br />

Sprechstunde ist man vom Sprechen weggekommen.<br />

Patienten erzählen mir von Spezialisten, die ihnen<br />

den Rücken zeigen und ins Diktaphon sprechen. Von<br />

einem Arzt, der den Patienten anschnauzte: ‹Hier<br />

stelle ich die Fragen, nicht Sie.› Oder einem, der<br />

unvermittelt aufstand, dem Patienten die Hand entgegenstreckte<br />

und sich verabschiedete – <strong>als</strong> dieser<br />

noch etwas sagen oder fragen wollte. Auch habe ich<br />

von Gynäkologen gehört, bei denen die Frauen schon<br />

ausgezogen daliegen müssen, wenn der Herr Doktor<br />

kommt.»<br />

Offene Ohren<br />

Zu Elisabeth Müller kommen, so erzählt sie, viele psychisch<br />

Angeschlagene. Weil es sich schnell herumspricht,<br />

dass man hier noch sprechen kann und einem<br />

jemand zuhört. «Aber auch psychisch Gesunde<br />

erzählen manchmal gerne etwas und sagen dann am<br />

Schluss der Sprechstunde, jetzt gehe es ihnen schon<br />

viel besser. Ohne Spritze, und ohne Rezept.» Ein offenes<br />

Ohr <strong>als</strong> Therapieform. Oder wie sie selber sagt:<br />

«Ich versuche immer, mich in mein Vis-à-vis hineinzuversetzen.»<br />

Empathie <strong>als</strong> therapeutischer Grundsatz.<br />

Aber Elisabeth Müller ist, wie gesagt, ein bescheidener<br />

Mensch. Einer, der grosse Worte scheut und lieber<br />

im Kleinen etwas bewegt.<br />

Das war einer der Beweggründe, die zur Gründung<br />

des Kafi Mümpfeli führten: die Erkenntnis, dass<br />

die Zeit in der Hausarztpraxis trotz allem nicht<br />

reichte, um allen, die es nötig gehabt hätten, genug<br />

zuhören zu können. «Im Gespräch mit meinen Patienten<br />

wurde mir klar, dass es neben der Praxis noch<br />

einen anderen Ort bräuchte, wo man reden kann. Ein<br />

Café oder Restaurant ist ein solcher Ort. Die ‹gruusigste›<br />

Beiz ist eine wertvolle soziale Institution, wenn<br />

sie liebevoll geführt wird», sagt Elisabeth Müller.<br />

Behindert und doch normal<br />

Ihr zweiter Katalysator, selber eine Beiz zu eröffnen, war<br />

der: «Ich sehe immer wieder Leute, die durch alle<br />

Elisabeth Müller<br />

Dr. med. Elisabeth Müller wurde 1952 in Zürich<br />

geboren, wo sie auch die Schulen absolvierte.<br />

Sie liess sich zuerst zur Laborantin ausbilden<br />

und danach zur Krankenschwester. Zehn Jahre<br />

lang arbeitete sie am Kantonsspital Winterthur,<br />

machte dann auf dem zweiten Bildungsweg die<br />

Matura und studierte in Zürich Medizin. 1992<br />

konnte sie in Zürich-Affoltern – etwas überraschend<br />

– die Hausarztpraxis eines Kollegen<br />

übernehmen, den sie zuvor mehrm<strong>als</strong> vertreten<br />

hatte. 2009 übernahm Elisabeth Müller ganz in<br />

der Nähe ihrer Praxis ein Restaurant und<br />

machte daraus ihr Projekt «Kafi Mümpfeli».<br />

Leute, die zwischen die sozialen Maschen fallen –<br />

viele davon eigene Patientinnen und Patienten<br />

– finden dort Arbeit und Strukturen. Vor<br />

wenigen Tagen erhielt Elisabeth Müller für ihr<br />

Engagement vom Kollegium für Hausarztmedizin<br />

KHM im KKL Luzern die Auszeichnung<br />

«Kopf des Jahres».<br />

Sie lebt mit ihrem Ehemann in Rapperswil am<br />

Zürichsee.<br />

Maschen des sozialen Netzes fallen, Menschen, für deren<br />

Leiden niemand bezahlen will. Und solche, die<br />

krankgeschrieben und von IV und Sozialamt abgeschrieben<br />

sind, obschon sie arbeiten könnten – wollte<br />

man ihrer Behinderung im Arbeitsmarkt nur Rechnung<br />

tragen.» Müller nennt <strong>als</strong> Beispiel eine Frau, die Probleme<br />

mit beiden Schultern hat. Niemand wollte sie<br />

anstellen, ihren Mann, einen Handwerker, wagte sie<br />

kaum mehr um Geld für ein Kleidungsstück zu bitten,<br />

Beziehungsprobleme waren die Folge. Jetzt arbeitet sie,<br />

gemäss ihren Möglichkeiten – und deshalb glücklich –<br />

im Kafi Mümpfeli. Man musste in der Küche nur das<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1028


Begegnung mit …<br />

HORIZONTE<br />

Material ein wenig tiefer lagern, damit sie jeweils ihre<br />

Arme nicht so hoch hinaufheben muss.<br />

Im Kafi Mümpfeli arbeiten auch Leute, denen ihre<br />

Behinderung anzusehen ist. Sie verdienen gleich viel<br />

wie alle anderen. Und fühlen sich allein deshalb <strong>als</strong><br />

ganz normale Arbeitnehmerinnen. «Es gibt aber auch<br />

Randgruppen, die im Alltag niemand <strong>als</strong> solche erkennen<br />

würde», weiss Elisabeth Müller. Auch sie gilt<br />

es ernst zu nehmen und am richtigen Ort einzusetzen.<br />

So dass der Gast letztlich kaum merkt, dass dieses<br />

Kafi eigentlich gar kein normales Restaurant ist.<br />

«Da schickte mir doch tatsächlich eine Krankenkasse<br />

einen Brief, in dem sie mich fragte, warum ich eine<br />

Salbe verschrieben habe, die 16 Franken 50 kostet.»<br />

Ländliche Stadt<br />

Zurück in die Arztpraxis: An der Wand hinter dem<br />

Pult hängt ein Schaubild mit dem Titel «Das Herz».<br />

Das Bild passt. Die Ärztin, die hier arbeitet, hat offensichtlich<br />

ein grosses Herz. Und viel Bodenhaftung.<br />

Das wiederum könnte mit ihrer Herkunft zu tun haben:<br />

Ihr Vater war Bergbauer in Brienz im Berner<br />

Oberland, die Mutter Handarbeitslehrerin aus Zürich.<br />

Sie wollte Tochter Elisabeth in ihrer Heimat zur Welt<br />

bringen, dort blieb diese dann auch. Während der<br />

letzten zwei Studienjahre und während der Zeit <strong>als</strong><br />

Assistenzärztin vertrat Müller mehrm<strong>als</strong> einen Allgemeinmediziner.<br />

Als dieser völlig unerwartet verstarb,<br />

boten ihr seine Angehörigen die Praxis zum Kauf an.<br />

«Dam<strong>als</strong> hatte man noch das Gefühl, ein solches<br />

Angebot annehmen zu müssen», sagt sie heute dazu.<br />

Den Schritt bereut sie nicht.<br />

Elisabeth Müller gefällt der Standort ihrer Praxis in<br />

Zürich-Affoltern: «Es ist ein Ort mit ländlichem Charakter.<br />

Hier sind die Leute noch normal, nicht so überdreht<br />

wie anderswo, sie respektieren mich <strong>als</strong> Fachfrau<br />

und knallen mir nicht einfach einen Internet-Ausdruck<br />

auf den Tisch, um ihre Forderungen zu unterstreichen.<br />

Und im Wartezimmer ist immer ein grosses<br />

Hallo, weil sich die Leute gegenseitig ja kennen.» Elisabeth<br />

Müller liebt auch ihren Beruf: «Es ist faszinierend,<br />

ganze Familien und deren häusliche Verhältnisse<br />

kennenzulernen, manchmal über mehrere Generationen<br />

hinweg, und Beziehungen aufzubauen.<br />

Dies hilft mir, Situationen richtig einzuschätzen.»<br />

Zukunft mit Fragezeichen<br />

Etwas macht Müller gar nicht gern, nämlich den zunehmenden<br />

Bürokram erledigen: «Die Verbürokratisierung<br />

der Medizin ist eine Katastrophe», ärgert sich<br />

jetzt jemand, der sonst sehr ausgeglichen wirkt. «Da<br />

schickte mir doch tatsächlich eine Krankenkasse<br />

einen Brief, in dem sie mich fragte, warum ich eine<br />

Salbe verschrieben habe, die 16 Franken 50 kostet. Ich<br />

schrieb zurück, dass dieser Briefwechsel ein Vielfaches<br />

koste und allein deshalb unsinnig sei. Das ist doch<br />

nichts anderes <strong>als</strong> das Zeichen einer ungehörigen Bevormundung<br />

und eines aufgeblähten Apparates mit<br />

Leuten, die von Medizin keine Ahnung haben.»<br />

Nicht zuletzt aus solchen Gründen würden immer<br />

weniger Studienabgänger die Allgemeinmedizin <strong>als</strong> ihr<br />

Spezialfach wählen. «Dazu kommt, dass wir im Vergleich<br />

mit den Spezialisten und dem, was wir leisten,<br />

zu wenig verdienen.» Immer wieder vom Essen wegrennen<br />

zu müssen oder in der Nacht einen Hausbesuch<br />

zu machen, sei eben auch nicht jedermanns<br />

Sache. «Viele Junge denken: ‹Warum sollte ich zwölf<br />

Stunden pro Tag schuften, wenn ich auch acht Stunden<br />

arbeiten kann?› Als Hausarzt kann man sich die<br />

Zeit oft halt nicht so einteilen, wie man gerne möchte.»<br />

Fazit: Elisabeth Müller befürchtet, dass der Hausarztberuf<br />

dereinst aussterben könnte, «was ich sehr<br />

bedauern würde.» Und viele Patientinnen und Patienten<br />

sicher auch.<br />

Dass das Kafi Mümpfeli nicht stirbt, ist auch immer<br />

noch ein Kampf. Seit rund einem halben Jahr ist<br />

die Trägerschaft eine Stiftung. Nach wie vor aber<br />

stopft Müller die finanziellen Löcher mit ihren eigenen<br />

Mitteln, es geht um mehrere tausend Franken<br />

pro Monat. «Unser Ziel ist es, dass diese Institution<br />

selbsttragend wird, das wäre das Allerschönste.» Die<br />

Idee von Patenschaften liegt in der Luft – Entwicklungshilfe<br />

vor der Haustüre wäre das. Sponsoring und<br />

Fundraising sind angesagt.<br />

Und wer weiss: Vielleicht hilft ja auch die Auszeichnung<br />

weiter, die Elisabeth Müller Mitte Monat<br />

vom Kollegium für Hausarztmedizin erhalten hat –<br />

der Titel «KHM Kopf des Jahres». «Den Schwachen in<br />

unserer Gesellschaft eine starke Hand reichen» –, für<br />

sie seien dies nicht bloss leere Worte, heisst es in der<br />

Laudatio.<br />

Auf die Ehrung angesprochen sagt Müller selber:<br />

«Ich habe keinen blassen Schimmer, wie es dazu gekommen<br />

ist.»<br />

Die nächste «Begegnung mit …»<br />

* www.muempfeli.ch<br />

Am Ende jeden Monats stellt die <strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung eine Persönlichkeit vor, die sich im<br />

Gesundheitswesen engagiert. Im Juli schildert Daniel Lüthi seine Begegnung mit Orsola Vettori,<br />

Direktorin des Spit<strong>als</strong> Zollikerberg bei Zürich.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26 1029


ZU GUTER LETZT<br />

Integration & Co.<br />

Von einigen spezifisch<br />

deutschen Problemen<br />

abgesehen, gelten fast alle<br />

Äusserungen des deutschtürkischen<br />

Doppelbürgers<br />

Ş enocak auch für die<br />

Schweiz.<br />

1 Şenocak Z. Deutschsein –<br />

Eine Aufklärungsschrift.<br />

Hamburg: Edition<br />

Körber-Stiftung; 2011.<br />

erhard.taverna@saez.ch<br />

Deutschland schrumpft, die Schweiz wächst und verjüngt<br />

sich. Das vielstimmige Gejammer über die Kollater<strong>als</strong>chäden<br />

der Personenfreizügigkeit verschweigt<br />

die Vorteile der Zuwanderung und verdrängt zudem<br />

eine Binsenweisheit: Es gab hierzulande nie eine kohärente<br />

Migrationspolitik, sowenig wie eine wirksame<br />

Landschaftspolitik. Das eine bleibt den Bedürfnissen<br />

der Wirtschaft überlassen, das andere ist stets<br />

am kleinräumigen Denken der Gemeinden und Kantone<br />

gescheitert. Jetzt, wo es langsam eng wird, sind<br />

die Ausländer schuld. Gestern war es noch die fehlende<br />

Integration, heute ist die pure Existenz der Aufenthalter<br />

ein Problem, es sei denn, sie sind reich.<br />

In Zeiten wahljahrbedingter, parteilicher Vereinfachungen<br />

lohnt sich das Nachdenken besonders.<br />

Dafür ist das Buch von Zafer Şenocak gut geeignet.<br />

Achtjährig, 1970 von Istanbul mit beiden Eltern nach<br />

Oberbayern eingewandert, hat der türkisch-deutsche<br />

Doppelbürger Wesentliches mitzuteilen. Natürlich ist<br />

er ein Glücksfall, nicht jeder Fremdsprachige schreibt<br />

deutsche Lyrik, Prosa und Essays, die in mehrere Sprachen<br />

übersetzt vorliegen. Nicht jeder publiziert regelmässig<br />

in grossen Tageszeitungen. «Deutschsein –<br />

Eine Aufklärungsschrift» [1] nennt sich der Band,<br />

durchaus auch auf die Schweiz übertragbar. Natürlich<br />

gibt es einige spezifisch deutsche Probleme, die sich<br />

aus der Geschichte erklären, doch alles andere trifft<br />

auch für uns zu.<br />

«Niemand war schon immer da»<br />

steht am Anfang eines Parcours<br />

durch die Schweizergeschichte<br />

im Landesmuseum.<br />

Er hat Verständnis für die Schwierigkeiten der<br />

Einheimischen: «Dort, wo wir zu Hause sind, ist auch<br />

fast immer Ausland.» Er analysiert das Gefühl der<br />

Heimatlosigkeit, das immer wieder zu Sehnsuchtsausbrüchen<br />

führt, ein Heimweh nach einer romantisierten<br />

Vergangenheit. Zwischentöne gehen dabei verloren,<br />

es gilt nur noch die Entweder-oder-Denkschablone,<br />

Reizwörter wie «Islam» oder «multikulturelle<br />

Gesellschaft» beherrschen öffentliche Diskurse.<br />

Şenocak erinnert daran, dass offene Gesellschaften<br />

immer unübersichtlich sind, dass es schwierig ist,<br />

ihre soziale Fragmentierung auszuhalten. Eine Gesellschaft,<br />

die Fremde aufnehmen und integrieren<br />

möchte, muss sich auch eine Assimilationsgeschichte<br />

vorstellen können. «Bikulturalität ist keine Perversion»,<br />

ruft er uns zu, und «Doppelidentität kein Loyalitätskonflikt»;<br />

er beschreibt die durchlässige Parallelgesellschaft<br />

<strong>als</strong> natürliche Orte des Übergangs. Die<br />

Furcht vor Überfremdung <strong>als</strong> Lautsprecher für die<br />

existentiellen Urängste der Moderne kontrastiert er<br />

mit dem kreativen Potential junger Einwanderer, eine<br />

Dynamik, die für einschneidende Veränderungen<br />

notwendig ist. Die Entwurzelung ist ein kulturübergreifendes<br />

Phänomen, in der Türkei wie in Deutschland<br />

und der Schweiz. Er weiss: «Der postmoderne<br />

Migrant ist ein Pendler, und er wird immer ein Pendler<br />

bleiben.»<br />

«Niemand war schon immer da» steht am Anfang<br />

eines Parcours durch die Schweizergeschichte im Landesmuseum.<br />

Können wir es uns leisten, junge, gut<br />

motivierte Politikkandidaten von einer Wahlliste zu<br />

streichen, nur weil sie ausländische Namen tragen?<br />

Wie gehen wir mit den eigenen landessprachlichen<br />

Gruppierungen um, sind sie nicht auch emotionale<br />

Parallelgesellschaften geblieben? Kaum ein anderssprachiger<br />

Autor hat bisher so wunderbar beschrieben,<br />

wie eine früh erlernte Sprache zur Heimat werden<br />

kann, wie das Kinderzimmer immer mehr zum<br />

deutschen Sprachraum wurde. «Nur mit Wörtern, die<br />

einen Geschmack haben, kann man gut formulieren»,<br />

und «jedes Gespräch, das mehr sein möchte <strong>als</strong><br />

ein Zusammentreffen von Monologen, ist Übersetzung»,<br />

so der Autor. Gruppenzuweisungen führen ins<br />

Leere. Zafer Şenocak betont, dass beruflicher Erfolg<br />

und Zivilisationsgrad in einer pluralistischen Demokratie<br />

weit wichtiger sind <strong>als</strong> die ethnische und religiöse<br />

Zugehörigkeit.<br />

Die angstbesetzten Debatten über Lohndrückerei,<br />

steigende Wohnungsmieten, überfüllte Züge, zubetonierte<br />

Landschaften und Dichtestress tragen xenophobe<br />

Züge, die jedem Ansatz einer Bewältigung im<br />

Wege stehen. Die Massenwanderung ist ein Phänomen<br />

unserer Zeit und wird es bleiben. Für einen konstruktiven<br />

Umgang mit den vielschichtigen Herausforderungen<br />

braucht es mehr <strong>als</strong> markige Sprüche.<br />

Das Eingeständnis unserer eigenen Versäumnisse<br />

wäre dazu ein erster Schritt.<br />

Erhard Taverna<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26<br />

1030


ANNA<br />

www.annahartmann.net<br />

Die letzte Seite der SÄZ wird von Anna frei gestaltet, unabhängig von der Redaktion.<br />

Editores Medicorum Helveticorum<br />

<strong>Schweizerische</strong> Ärztezeitung | Bulletin des médecins suisses | Bollettino dei medici svizzeri | 2011;92: 26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!