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Katalog zur Ausstellung - Stadt Salzgitter

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Tomasz Sobczak<br />

Malerei, Fotos und Texte eines polnischen Künstlers<br />

<strong>Katalog</strong> <strong>zur</strong> <strong>Ausstellung</strong> in Schloß Salder vom 2. Februar 2014 bis zum 16. März 2014<br />

mit einer Einführung von Iwona Glajc.<br />

<strong>Salzgitter</strong> 2014<br />

1


Vorwort<br />

Mit dem Kniefall Willy Brandts im Jahr 1970 vor<br />

dem Denkmal für die Opfer des Warschauer<br />

Ghettoaufstandes begann ein neues Kapitel der<br />

deutsch-polnischen Geschichte. Die deutschen<br />

Verbrechen während der Zeit der Besetzung Polens<br />

im Zweiten Weltkrieg, Flucht und Vertreibung,<br />

aber auch die Diskussion über die Rückgabe von<br />

Kulturgütern, belasteten diesseits und jenseits von<br />

Oder und Neiße für mehrere Jahrzehnte nach<br />

dem Krieg das Verhältnis ungemein stark. Hinzu<br />

kam, dass Polen und die Bundesrepublik nach<br />

dem Krieg den beiden sich feindlich gegenüberstehenden<br />

Blöcken angehörten. Seit der großen<br />

Zeitenwende 1989/1990 hat sich vieles verbessert.<br />

Diese Wende haben wir in einem hohen<br />

Maße dem starken Freiheitswillen der Menschen<br />

in Polen zu verdanken. Nun konnte an die alten<br />

Kulturbeziehungen zwischen Deutschen und Polen<br />

angeknüpft werden. Während der Kunstinteressierte<br />

Laie hier in Deutschland sicherlich auf<br />

Anhieb französische Künstler des 20. Jahrhunderts<br />

nennen kann, dürfte dies in Bezug auf polnische<br />

Künstler noch nicht ganz so einfach sein.<br />

Mit unserer <strong>Ausstellung</strong> möchten wir einen Beitrag<br />

dazu leisten, dass sich dies ändert. Daher ist es<br />

sehr erfreulich, dass Frau Petra Behrens-Schröter,<br />

die Beauftragte der Diakonie in <strong>Salzgitter</strong>, die als<br />

Kind einer Flüchtlingsfamilie enge emotionale Bindungen<br />

an das heutige Polen hat, den polnischen<br />

Künstler Tomasz Sobczak kennen gelernt hat und<br />

nun aufgrund ihrer Vermittlung erstmals im Städtischen<br />

Museum Schloß Salder ausgestellt werden<br />

kann. Herrn Tomasz Sobczak, der seit 1986<br />

mit über 40 <strong>Ausstellung</strong>en in seiner Heimat, aber<br />

auch im europäischen Ausland, die polnische<br />

Kunst in die Herzen der Betrachter legt, lebt und<br />

arbeitet in Lodz. Sein künstlerisches Werk umfasst<br />

nicht nur Ölgemälde und Aquarelle. Für ihn ist die<br />

künstlerische Ausdrucksweise mit Hilfe der Poesie<br />

ebenso wichtig. So sind in dieser <strong>Ausstellung</strong> auch<br />

eine Reihe seiner Gedichte und Geschichten zu<br />

finden, die im Kontrast zu Fotografien stehen, die<br />

die Symbolik seiner Texte gekonnt umsetzen. Herr<br />

Sobczak stellt sich als Künstler des 21. Jahrhunderts<br />

den gesellschaftlichen Problemen in seiner<br />

Heimat. So setzt er sich auch sehr intensiv mit polnischen<br />

Alltagsproblemen auseinander.<br />

Wir wünschen uns, dass diese <strong>Ausstellung</strong> zum<br />

besseren Kennenlernen der polnischen Kultur<br />

beiträgt. Ein reger Kulturaustausch schützt zwar<br />

nicht vor politischen Spannungen. Aber jeder Kulturschaffende,<br />

der mit einem Partner des anderen<br />

Landes erfolgreich zusammengearbeitet hat, ist<br />

in der Regel künftig ein Multiplikator zum Abbau<br />

von Vorurteilen und dem Werben für Interesse und<br />

Verständnis. In diesem Sinne ist der <strong>Ausstellung</strong><br />

ein großer Erfolg zu wünschen.<br />

Dr. Jörg Leuschner<br />

Leiter des Fachdienstes Kultur<br />

Petra Behrens-Schröter<br />

Beauftragte der Diakonie<br />

3


Thomasz Sobczak –<br />

Malerei, Fotos und Texte eines polnischen Künstlers<br />

Iwona Glajc<br />

Wenn man heute in den polnischen Nachrichten<br />

über Deutschland berichtet, so tut man das meistens<br />

im wirtschaftlichen Kontext. Deutschland, als<br />

die unumstrittene Nr.1 der europäischen Volkswirtschaften,<br />

die die neuste Krise gerade zu bravourös<br />

gemeistert hat, erntet Lob und stellt ein Vorbild<br />

dar, an dem sich Polen (und andere Länder) zu<br />

orientieren haben. Immer wieder wird dabei die<br />

Tatsache betont, dass Deutschland der wichtigste<br />

wirtschaftliche Partner Polens sei.<br />

Ja natürlich kann die Wirtschaft wichtige Impulse<br />

für die Festigung und den Ausbau des gegenseitigen<br />

Vertrauens liefern, doch der wirtschaftliche<br />

Austausch alleine genügt nicht, um die wahre<br />

Verständigung zwischen zwei benachbarten Kulturnationen<br />

auf adäquate Weise voranzutreiben.<br />

Es braucht einer reflektierten und differenzierten<br />

Perspektive, um über den historischen Schatten<br />

zu springen und mehr von dem, was verbindet, als<br />

von dem, was trennt, wahrzunehmen. Diese Persp<br />

ektive wird beispielhaft seitens der Kunst und<br />

der Kultur bereitgestellt.<br />

1989, das Jahr des politischen Umbruchs in Mittel-<br />

und Osteuropa, stellte eine Chance für die<br />

Revidierung und Neubewertung der bisherigen,<br />

von Ängsten und Vorurteilen geprägten Vorstellungsbilder<br />

dar. Diese Chance wurde nicht zuletzt<br />

durch die Künstler ergriffen. Berlin wurde schnell<br />

zum ersten <strong>Ausstellung</strong>sort für zahlreiche junge,<br />

noch kaum bekannte Vertreterinnen und Vertreter<br />

der kritischen Kunst aus Polen. Das deutsche<br />

Publikum zeigte sich interessiert an dem Themenspektrum,<br />

das in Polen selbst kaum öffentliche<br />

Akzeptanz fand. Gleichwohl wurde dadurch eine<br />

Lücke im Wissen über das künstlerische Potenzial<br />

des Nachbarnlandes offenbart. Vierzig Jahre<br />

staatlich gelenkter Kulturpolitik hinter dem Eisernen<br />

Vorhang hat auf der deutschen Seite zu<br />

falschen Annahmen und Erwartungen geführt.<br />

5


In der kritischen Kunst zeigte Polen abermals seine<br />

Zugehörigkeit zum freiheitlichen Wertesystem<br />

des Westens.<br />

Das große Freiheitsstreben Polens ist historisch<br />

begründet. So kann man die polnische Mentalität<br />

und deren Spiegelung in der polnischen Kunst<br />

nicht ohne das Verständnis der polnischen Geschichte<br />

begreifen. Die drei Teilungen Polens von<br />

1772, 1793 und 1795 führten zum Verlust der eigenen<br />

Staatlichkeit, der bis Ende des Ersten Weltkriegs<br />

andauerte. Die sogenannte Zweite Republik<br />

bestand nur zwanzig Jahre und ging mit dem Ausbruch<br />

des Zweiten Weltkriegs zugrunde. Die Besatzung<br />

Polens durch Hitler-Deutschland endete<br />

zunächst mit der Befreiung durch die Rote Armee,<br />

die allerdings wieder in eine nächste Besatzung,<br />

nämlich durch das kommunistische Regime, mündete.<br />

Die Volksrepublik Polen genoss nur eine eingeschräkte<br />

Souveränität, in Wahrheit stand sie zusammen<br />

mit anderen mittel- und osteuropäischen<br />

Ländern unter dem direkten Machteinfluss der<br />

Sowjetunion. Auf die nächste Befreiung mussten<br />

die Polen über vierzig Jahre warten. Diese wurde<br />

nun mit den ersten freien Parlamentswahlen vom<br />

4. Juni 1989 und dem Sieg der Bürgerbewegung<br />

„Solidarnosc“ besiegelt.<br />

Das Aufrechterhalten des Freiheitsgeistes in Polen<br />

war nicht ohne Beteiligung der katholischen Kirche<br />

denkbar. Es mag für den Außenstehenden etwas<br />

verwunderlich erscheinen, jedoch gerade in der<br />

Religiosität fanden die Polen immer wieder das Gefühl<br />

der Zugehörigkeit, das ihnen die nötige Kraft<br />

gab, sich gegen die Fremdherrschaft durchzusetzen.<br />

Mit der Wahl des Krakauer Kardinals Karol<br />

Wojtyla zum Papst Johannes Paul I. war im historisch<br />

günstigen Zeitpunkt auch die entscheidende<br />

Identitätsfigur gefunden worden, die die Menschen<br />

in Polen in ihrem Unabhängigkeitswillen bestärkte.<br />

Nicht zuletzt mit seiner Unterstützung ist Polen seit<br />

1989 erneut ein souveränes, freies Land.<br />

Nun stand dieses Land vor so mancher Herausforderung,<br />

unter anderem musste es seine Relationen<br />

mit den Nachbarstaaten im Geiste der wiedergewonnenen<br />

Freiheit erneuern. Auch Deutschland<br />

hatte sich verändert. Wiedervereint musste es<br />

zunächst demokratische Strukturen in den neuen<br />

Bundesländern schaffen. Gleichwohl gingen beide<br />

Staaten von Anfang an freundschaftlich aufeinander<br />

zu, Deutschland warb aktiv um die Mitgliedschaft<br />

Polens in der EU. Die schwierige und<br />

schmerzliche Geschichte, vor allem die Erfahrung<br />

des Zweiten Weltkriegs, bildet keine Hürde mehr in<br />

den gegenseitigen Beziehungen.<br />

Für das Fortschreiten und Vertiefen dieser Beziehungen<br />

haben nicht zuletzt die <strong>Ausstellung</strong>en<br />

beigetragen. So wurde vor Kurzem eine bildliche<br />

Analyse der deutsch-polnischen Beziehungen in<br />

einer imposanten Präsentation „Tür an Tür Polen<br />

– Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte“<br />

in Berlin gezeigt. Die <strong>Ausstellung</strong> wurde gemeinsam<br />

vom Martin-Gropius-Bau und dem Warschauer<br />

Königsschloss organisiert. Das große Interesse<br />

des Publikums an der Exposition und die Bereitschaft<br />

<strong>zur</strong> Auseinandersetzung mit der Thematik<br />

bestätigte noch einmal die reflexive und vermittelnde<br />

Funktion der Kunst.<br />

Diese vermittelnde Rolle der Kunst wird besonders<br />

hoch in Niedersachsen geschätzt. Im Jahr 1977<br />

wurde zum ersten Mal der Kulturpreis Schlesiens<br />

des Landes Niedersachsen verliehen, der zunächst<br />

an die in der Bundesrepublik Deutschland<br />

lebenden Schlesierinnen und Schlesiern vorgesehen<br />

war. Nach der Unterschreibung des Vertrags<br />

zwischen Deutschland und Polen „über die gute<br />

Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammen-<br />

6


arbeit“ im Jahr 1991 wurde der Preis konzeptionell<br />

erweitert. Abwechselnd bekommen jetzt auch<br />

die in Schlesien lebenden Polen den Preis für ihre<br />

hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Literatur,<br />

bildenden Kunst und Musik. Schlesien wird<br />

somit zum Symbol der kulturellen Zusammenarbeit<br />

beider Nationen.<br />

Ein anderes Beispiel für den deutsch-polnischen<br />

Kulturaustausch findet man an der Hochschule für<br />

Bildende Künste Braunschweig. Die traditionelle<br />

intensive Partnerschaft mit der Kunstakademie in<br />

Wroclaw sowie die neugewonnenen Kontakte mit<br />

anderen akademischen Einrichtungen in Katowice<br />

und in Radom zeugen von lebendigen Beziehungen,<br />

die durch Dr. Grzegorz Zgraja initiiert und<br />

betreut werden und dank derer die Studentinnen<br />

und Studenten des Industrial Designs, des Kommunikationsdesigns<br />

und der Freien Kunst weit<br />

über das Erasmus-Programm hinaus die Gelegenheit<br />

bekommen, an Projekten und Workshops<br />

(etwa dem langjährigen Workshop in Krzyzowa)<br />

sich kreativ zu beteiligen. Seit 2010 wird im Fach<br />

Kunstwissenschaft das Lehrangebot um die Seminare<br />

<strong>zur</strong> Kunst Osteuropas erweitert. Das Ziel<br />

der von der Lehrbeauftragten Iwona Glajc geführten<br />

Veranstaltungen ist eine systematische<br />

Einbindung der künstlerischen und theoretischen<br />

Positionen osteuropäischer und speziell der polnischen<br />

Kunst in den westlichen Diskurs. Die in<br />

diesem Rahmen organisierten Exkursionen haben<br />

mitunter eine wertvolle Kooperation mit der<br />

renommierten Nationalgalerie Zacheta in Warschau<br />

zustande gebracht. Das Engagement der<br />

Studentinnen und Studenten aus Braunschweig<br />

zeugt nicht nur von der Sensibilität und Offenheit,<br />

mit der sie der polnischen Kultur begegnen, sondern<br />

lässt sich bereits auch als eine Frucht der<br />

deutsch-polnischen Bemühungen um die Überwindung<br />

von Vorurteilen deuten.<br />

Die guten Beziehungen zwischen Deutschland<br />

und Polen werden nicht nur durch staatliche und<br />

öffentliche Institutionen gefördert. Es sind immer<br />

die konkreten Menschen, die hinter der Idee der<br />

Versöhnung und der gegenseitigen Verständigung<br />

stehen – Menschen mit ihren persönlichen Erfahrungen<br />

und Erlebnissen, die offen und freundschaftlich<br />

aufeinander zuzugehen bereit sind. Die<br />

<strong>Ausstellung</strong> von Tomasz Sobczak geht auf das<br />

Engagement solcher Menschen <strong>zur</strong>ück. Sie wäre<br />

nicht entstanden, wenn nicht zwei Personen: Frau<br />

Petra Behrens-Schröter und Herr Dr. Jörg Leuschner<br />

ihr Herzblut für sie aufgebracht hätten.<br />

Über die Kunst von Tomasz Sobczak<br />

Wenn wir zum ersten Mal die Bilder von Tomasz<br />

Sobczak betrachten, können wir von der Vielfalt<br />

der Motive eingeschüchtert werden. Zugegeben,<br />

ein akademisch geschulter und in einer methodischen<br />

Systematik geübter Kunstwissenschaftler<br />

steht diesen stilistisch eklektischen Werken zuerst<br />

ratlos gegenüber. Sobczak scheint sich jeder Deutung<br />

zu entziehen und lässt uns mit seiner Mannigfaltigkeit<br />

der formellen Ausdrucksmittel alleine.<br />

Und wir hätten es gerne „geregelt“. Geregelte Verhältnisse,<br />

klare Richtlinien, präzise Formulierungen.<br />

Aber Tomasz Sobczak weiß genau, was er tut.<br />

Wenn wir seine Kunst betrachten, sollten wir nicht<br />

außer Acht lassen, dass wir es nicht nur mit einem<br />

Künstler zu tun haben, der mit Medien der Malerei<br />

und Fotografie arbeitet, sondern auch mit einem<br />

Bühnenbildner und Dichter. All dies setzt sich zu<br />

einer ganz persönlichen Bildsprache zusammen,<br />

die mal poetisch und melancholisch, mal drastisch<br />

und kühn unsere Sehgewohnheiten in Frage stellt.<br />

Plötzlich entdecken wir jedoch in der unfassbaren<br />

Vielzahl an Ideen eine Möglichkeit <strong>zur</strong> Erweiterung<br />

7


unserer Wahrnehmung. Seine höchst subjektive<br />

Bildsprache erfordert eine höchst subjektive Lesart.<br />

Ihre plastische Dimension erhalten die Bilder<br />

durch eine Raumdramaturgie, in der Farben und<br />

Objekte arrangiert werden. Durch das Übermalen,<br />

Überlappen und Übergleiten verschiedener Motive<br />

entsteht der Eindruck hybrider Strukturen. Darin ist<br />

ein Prinzip der Dekomposition und Inszenierung<br />

zu finden. Das Bild wird zu einem multiplen Ort der<br />

Übergänge, wo die Formen sich sowohl einander<br />

gesellen, als auch ausschließen. Indem Sobczak<br />

den einheitlichen Blickpunkt und die damit zusammenhängende<br />

motivische Objektivität aufhebt,<br />

dekonstruiert er jegliche positive Bildaussage und<br />

fragmentarisiert die von ihm selbst suggerierte<br />

Erzählung. So schwankt der Rezipient immer zwischen<br />

bewusster und unbewusster, erlebter und<br />

erträumter, erinnerter und aktueller Bildwirklichkeit.<br />

Aber es gibt auch Werke von Tomasz Sobczak,<br />

die dem Betrachter eine Reflexion über die raue<br />

Realität und die harten Lebensverhältnisse in<br />

Polen abfordern. So etwa in seiner Doktorarbeit:<br />

„Die Ikonen der Popkultur des 21.Jahrhunderts“<br />

wird der Künstler zum feinfühligen Beobachter<br />

der modernen, von sozialen Ungerechtigkeiten<br />

gekennzeichneten Welt. Der provokative Titel der<br />

Serie verweist auf die Diskrepanz zwischen der<br />

medialen Scheinwelt der „Stars“ und der Lebenswirklichkeit<br />

der Obdachlosen, die durch Sobczaks<br />

künstlerische Intervention aus der Anonymität herausgeholt<br />

und mit der fremden Rolle der „Popikonen“<br />

konfrontiert werden. Eine Anspielung an Andy<br />

Warhols Diktum von „5 Minuten Berühmtheit“ ist<br />

unübersehbar. Allerdings verzichtet der polnische<br />

Künstler auf das weitere Reproduzieren der massenmedialen<br />

Muster und zeigt dem Betrachter<br />

eben keine bekannten Gesichter, um seinen Reiz<br />

an Wiedererkennung zu bedienen, sondern widmet<br />

sich gleich den von den Medien unbeachteten<br />

und in gesellschaftliche Vergessenheit geratenen<br />

hilfsbedürftigen Menschen seiner <strong>Stadt</strong>. Zu sehen<br />

sind männliche Porträts in der Konvention einer<br />

Briefmarke. Verdeutlicht wird damit der spezifische<br />

„Sendecharakter“ der Botschaften. In ästhetischer<br />

Hinsicht vermischen sich nämlich die populären<br />

und seriellen Briefmarkenformen mit christlicher<br />

Symbolik. Mit dieser Symbolik tritt gleichwohl nicht<br />

die Religiosität des Künstlers zum Vorschein, vielmehr<br />

ist sie als ein Ergebnis seiner Auseinandersetzung<br />

mit seiner Umgebung zu verstehen, was<br />

für den westlichen Rezipienten durchaus als ein<br />

Hinweis auf die polnische Herkunft des Künstlers<br />

gelesen werden kann.<br />

Vielleicht ist die Herkunft des Künstlers nicht<br />

ausschlaggebend für die Rezeption seiner Werke,<br />

dennoch es gibt immer wieder Akzente und<br />

Aspekte, wo diese verschlüsselt ist. So schließt<br />

eine durchdringende und scharfsinnige Betrachtung<br />

eine Art Spurensuche in sich. Für eine solche<br />

Spur ensuche sind die Werke von Tomasz Sobczak<br />

geradezu prädestiniert.<br />

8


Der Osten im Westen (o. J.)<br />

120 x 100 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

9


10<br />

Die Magie der Worte (1997)<br />

120 x 100 cm<br />

Öl auf Leinwand


Und das Wort, ich wollte, dass es wird (o. J.)<br />

70 x 50 cm<br />

Aquarell<br />

11


12<br />

Red sailor (1995)<br />

120 x 100 cm<br />

Öl auf Leinwand


Der Schwur (2011)<br />

105 x 130 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

13


14<br />

o. T. (1994)<br />

65 x 81 cm<br />

Öl auf Leinwand


o. T. (2011)<br />

82 x 112 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

15


16<br />

o. T. (1990)<br />

90 x 57 cm<br />

Öl auf Leinwand


o. T. (1991)<br />

100 x 70 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

17


18<br />

Selbstbildnis (1994)<br />

61 x 50 cm<br />

Öl auf Leinwand


Mütterchen (2011)<br />

40 x 50 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

19


CISZA<br />

Skąd bierze się nadzieję?<br />

Z czystości dłoni i myśli.<br />

Z jasnego nieba o świcie.<br />

Kiedy zbudzeni<br />

nie potrafimy myśleć inaczej<br />

jak na biało.<br />

Kartką, nie zapisaną jeszcze...<br />

Wsłuchani w dźwięki i szarości wiatrów<br />

przynoszących ptasie trele.<br />

Kiedy lustro wody niezmącone przeszłością<br />

naszych snów niespokojnych,<br />

trwa<br />

w cierpliwości.<br />

Gotowe na nasze przyjście do źródła.<br />

Każdego ze zdarzeń...<br />

STILLE<br />

Woher ist die Hoffnung zu schöpfen?<br />

Von der Reinheit der Hände und der Gedanken.<br />

Vom hellen Himmel <strong>zur</strong> Morgenstunde.<br />

Wenn aufgewacht, wir<br />

nicht anders denken können<br />

als nur mit dem Weiß<br />

des noch unbeschriebenen Blattes...<br />

Wir horchen den Klängen und dem Grau der Winde,<br />

die den Triller der Vögel bringen.<br />

Wenn der Wasserspiegel, durch die Vergangenheit<br />

unserer unruhigen Träume nicht betrübt,<br />

in Geduld<br />

harrt.<br />

Und unsere Ankunft an der Quelle<br />

all dessen, was geschehen ist, erwartet...<br />

20


PROLOG<br />

...To moja prośba.<br />

Ciszą mą pozostań!<br />

Bym z nocy niespokojnej świtu mógł doczekać<br />

i przebiegając po wszystkich snu mostach,<br />

mógł z ulgą wyszeptać,<br />

to Ty moja rzeka...<br />

PROLOG<br />

... Hier ist meine Bitte.<br />

Bleib meine Stille,<br />

damit ich nach ruheloser Nacht den Morgen dämmern sehen darf<br />

und über alle Brücken des Traumes laufend<br />

erleichtert flüstern kann<br />

du bist das, mein Fluss...<br />

22


EPILOG<br />

... Jedyna prośba zasnęła niespełnieniem.<br />

Moja jest tylko cisza.<br />

Z nocy niespokojnych, świt tylko tulę w ramionach,<br />

trwając wspomnieniem na jedynym moście,<br />

o którym nikt nigdy nie słyszał.<br />

Białymi źrenicami samotnych liter<br />

pytam wciąż gdzie jesteś? Rzeko wyśniona!...<br />

EPILOG<br />

... Die einzige Bitte ist unerfüllt eingeschlafen.<br />

Mein ist nur die Stille.<br />

Aus unruhigen Nächten, nur die Morgendämmerung wiege ich in den Armen<br />

und meine Erinnerung bleibt auf der einzigen Brücke,<br />

von der niemand je gehört hat.<br />

Mit den weißen Pupillen einsamer Buchstaben<br />

frage ich immer wieder: Wo bist du? Erträumter Fluss!...<br />

24


26<br />

Umkleideraum der Könige (o. J.)<br />

150 x 200 cm<br />

Öl auf Leinwand


o. T. (1996)<br />

150 x 130 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

27


28<br />

Hänsel und Gretel (1998)<br />

120 x 100 cm<br />

Öl auf Leinwand


Neid (o. J.)<br />

120 x 100 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

29


30<br />

Der Strand (1997)<br />

120 x 100 cm<br />

Öl auf Leinwand


Sex $ 7 (1995)<br />

46 x 38 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

31


32<br />

Epilog einer Hochzeit (o. J.)<br />

70 x 50 cm<br />

Aquarell


o. T. (o. J.)<br />

81 x 122 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

33


34<br />

Der Herr Niemand (1989)<br />

61 x 46 cm<br />

Öl auf Leinwand


o. T. (2011)<br />

72 x 48 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

35


36<br />

Diary (Tagebuch) (2002)<br />

60 x 73 cm<br />

Öl auf Leinwand


o. T. (2011)<br />

102 x 71 cm<br />

Öl auf Leinwand<br />

37


38<br />

Die Schicksalstreppe (o. J.)<br />

70 x 50 cm<br />

Aquarell


Lebenslauf Tomasz Sobczak<br />

22. Januar 1954 in der polnischen Pabianice geboren.<br />

1969–1973 Unterricht an der Oberschule Nr. 9 in Lodz.<br />

1973–1975 Ausbildung am College für Tourismusindustrie.<br />

1975–1982 Studium an der Wladyslaw Strzeminski Kunstakademie, Lodz.<br />

1980–1981 Kunsterzieher an der Grundschule Nr. 47 in Lodz.<br />

1981–1986 Designer bei der polnischen Filmindustrie.<br />

1986–2005 47 Einzelausstellungen in Polen, Großbritannien, Österreich und Deutschland<br />

1987–2005 Wissenschaftlicher Assistent am Internationalen College für Journalisten in den<br />

Bereichen Kunst und Fotografie.<br />

1998–2005 Lehrer für Gemälde, Zeichnungen und Fotografie am Profesja-College.<br />

2002–2005 Wissenschaftlicher Assistent für Fotografie und Kunst am Profesja-College.<br />

2003– Eigenes Studio für Fotografie und Werbefotografie.<br />

2008– Dozent für Gemälde, Zeichnungen, Fotografie und Kunstgeschichte an der<br />

Humanistyczno-Ekonomiczna Akademie.<br />

Nach 2011<br />

Erlangung des akademischen Grades „Doktor der Künste“ und Habilitation.<br />

<strong>Ausstellung</strong>en<br />

Seit 1983 hat Tomasz Sobczak zahlreiche Einzelausstellungen mit Malerei (bis 2005: 47) und Fotografie<br />

(bis 2005: 3) in Polen, Österreich, Großbritannien und Deutschland durchgeführt. Für sein Oeuvre ist er mit<br />

mehreren Preisen ausgezeichnet worden.<br />

39


Impressum<br />

<strong>Stadt</strong> <strong>Salzgitter</strong>/Fachdienst Kultur/Städtisches Museum Schloß Salder,<br />

38229 <strong>Salzgitter</strong>, Museumstraße 34<br />

<strong>Ausstellung</strong> und <strong>Katalog</strong>: Petra Behrens-Schröter, Dr. Jörg Leuschner, Dr. Broder-Heinrich Christiansen<br />

Texte: Iwona Glajc<br />

Fotos: Tomasz Sobczak<br />

Übersetzungen: Malgorzata Polrola<br />

Gesamtherstellung: poppdruck, Langenhagen<br />

Titelbild: Tomasz Sobczak, Das Wanderhaus (o. J.), Öl auf Leinwand.<br />

40

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