Juni-August 2013 - Ev. Luther-Kirchengemeinde Remscheid
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Andacht<br />
Jesus Christus - Ziel des Lebens<br />
Ein Auszug aus der<br />
Konfirmationspredigt vom 5. Mai in<br />
der Melanchthonkirche.<br />
Prinzessin. - Pirat. - So’n Mist! - Zurück zum<br />
Anfang. - Vergessen. - Peanuts. So hießen die<br />
Wege an der Wand in der Kletterhalle in<br />
Wuppertal, wo wir unseren gemeinsamen<br />
Abschlusstag verbracht haben.<br />
Jeder Weg hat auch eine bestimme Farbe.<br />
Prinzessin z.B. ist dunkelpink. Pirat ist schwarz.<br />
Damit man in dem Gewirr von unzähligen bunten<br />
Griffen, Trittstellen, Vorsprüngen, Noppen<br />
und Halterungen nicht den Überblick verliert,<br />
sondern darin einen, SEINEN Weg erkennt. Da<br />
ist es hilfreich, dass zusätzlich zu den Farben<br />
und Bezeichnungen auch Schwierigkeitsgrade<br />
angegeben waren. „Prinzessin“ war da übrigens<br />
sehr begehrt zum Anfangen. Auch bei<br />
den Jungs. Wie gut aber auch, dass man<br />
jeden beliebigen anderen Griff oder Tritt mit<br />
benutzen konnte! Zwischendurch mal auf<br />
andere Wegen ausweichen, wenn der eigene<br />
zu schwer wurde. Und wenn es gar nicht<br />
mehr ging, dann konnte man rufen: AB! Und<br />
der, der unten stand und euch gesichert hat,<br />
wusste dann, was er zu tun hatte: Vorsichtig<br />
ablassen, mit eingeprägten und eingeübten<br />
Handgriffen. Ein gutes Gefühl zu wissen: ich bin<br />
gesichert, es kann mir nichts passieren, ich bin<br />
gehalten. Ja, wie finde ich meinen Weg? Einen,<br />
der zu mir passt. Einen, den ich bewältigen<br />
kann? Und wer ist da, der mich hält, wenn ich<br />
falle, und der mir den Weg weist, wenn ich<br />
nicht weiter weiß? Unser Leben ist wie so ein<br />
Weg. Ein Weg ins Ungewisse. Eine Teilstrecke<br />
können wir überschauen, planen. Aber nicht<br />
den ganzen Weg. Manchmal fühlt sich der Weg<br />
an wie „Prinzessin“: Alles geht leicht, keine<br />
Steine liegen darauf, keine Hindernisse im Weg,<br />
ich muss mich gar nicht groß anstrengen, er<br />
läuft sich wie von alleine. Vielleicht aber auch<br />
ein bisschen langweilig, so ganz ohne Herausforderungen.<br />
Und vielleicht werde ich auch zu<br />
sehr verwöhnt, mir wird zu viel abgenommen,<br />
was ich vielleicht lieber gerne selber tun<br />
würde? Manchmal fühlt sich der Weg an wie<br />
„Pirat“: Er riecht nach Abenteuer, ich fühle die<br />
Weite und die Freiheit, das Risiko auch, aber<br />
der Boden schwankt wie bei einem Schiff in den<br />
Wellen. Manchmal fühlt sich der Weg an wie<br />
„So’n Mist“: Was ich mir vorgenommen habe,<br />
will einfach nicht gelingen. Ich mache Fehler,<br />
gerate in Schuld, mache andere unglücklich<br />
durch das, was ich ihnen antue, vielleicht ohne<br />
dass ich es beabsichtige, aber es geschieht einfach.<br />
Wie gut, wenn ich dann erfahre: „Zurück auf<br />
Anfang“ ist möglich. Wenn ich erfahre: ich kann<br />
die Richtung noch einmal ändern. Mir wird verziehen,<br />
was ich falsch gemacht habe, ich darf<br />
noch mal von vorne anfangen...<br />
EINE Beschriftung war nicht dabei. Habe ich<br />
auch nicht erwartet dort in der Kletterhalle.<br />
Hätte mich gewundert, wenn ich sie gefunden<br />
hätte: Jesus Christus.<br />
Jesus Christus? In den Wupperwänden?<br />
Nein, da nicht unbedingt. Obwohl...<br />
Aber hier. Hier auf jeden Fall. Denn deswegen,<br />
liebe Konfirmanden, liebe Täuflinge, seid ihr<br />
heute hier, feiert ihr mit euren Familien und der<br />
Gemeinde diesen Gottesdienst: Weil ihr eines<br />
gemeinsam habt...: dass ihr alle heute sagt und<br />
bekennt: mein Weg heißt: Jesus Christus.<br />
DIESEN Weg will ich gehen. Auf diesem Weg<br />
fühle ich mich sicher und gehalten, und ich<br />
weiß, es ist der richtige. Jesus Christus - Ich<br />
will in seinen Spuren gehen, er soll mein<br />
Wegbegleiter und mein Wegweiser sein und der,<br />
der mich hält, wenn ich falle. Alles das ist er<br />
für mich. Er kann das. Ich glaube daran. Er hat<br />
gesagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das<br />
Leben. Er hat das nicht nur gesagt, er hat das<br />
auch gelebt. In seinen Worten lag Tiefe und<br />
Wahrheit. In seinen Taten die heilende Kraft der<br />
Liebe Gottes. Und seinem Leben konnte der Tod<br />
nichts anhaben. Er ist der Weg. Aber so einfach<br />
ist das nicht immer, JA dazu zu sagen.<br />
Manchmal fällt es auch ganz schön schwer zu<br />
glauben, wenn ich Erfahrungen mache, die dem<br />
Glauben entgegenstehen. Und manchmal ist es<br />
auch ganz schön<br />
schwierig, im Alltag ein Christ zu sein, sich vielleicht<br />
doch etwas anders zu verhalten, einen<br />
anderen Weg einzuschlagen als den, der vielleicht<br />
gerade die meiste Akzeptanz findet. Aber<br />
auch mit diesen ganzen Gedanken seid ihr nicht<br />
alleine. Die hatten schon Generationen von<br />
Christen vor euch. Der Weg des Glaubens geht<br />
manchmal ganz verschlungene Pfade.<br />
Das haben schon unsere Vorfahren gewusst, die<br />
in die Kathedrale von Chartres in Frankreich in<br />
den Steinfußboden jenes Labyrinth als Mosaik<br />
gelegt haben, welches ihr auf dem Deckblatt<br />
eures Programms findet. Ihr könnt ja mal mit<br />
dem Finger den Weg nachgehen. Fangt unten<br />
an, dort ist der „Eingang“. Und dann fahrt mit<br />
dem Finger den Weg entlang. Ihr merkt, wie<br />
kurvig es zugeht. Und kaum meinst du, in der<br />
Mitte angekommen zu sein, dann führt einen<br />
der Weg wieder ganz nach außen, weg von der<br />
Mitte an den Rand. Und es ist ein langer Weg,<br />
den du weiter gehst. Schließlich aber kommst<br />
Du an in der Mitte. Und du hast gemerkt: es ist<br />
nur ein Labyrinth, aber kein Irrgarten. Ich kann<br />
mich nicht verlaufen. Es gibt zwar Umwege<br />
aber keine Sack-gassen. Die waren schon klug<br />
damals, die Erbauer dieses Labyrinthes. Sie<br />
haben erkannt: der Weg des Glaubens hat es<br />
durchaus in sich. Aber er führt in jedem Fall ans<br />
Ziel.<br />
Auf diesem Weg fühle ich mich Gott manchmal<br />
ganz nah. Ich spüre, dass es ihn gibt, für mich<br />
gibt. Ich spüre vielleicht eine Kraft in mir, die<br />
ich mir nicht erklären kann, genau in dem<br />
Moment, wo ich sie ganz dringend brauche. Und<br />
wo ich meine, in eine Sackgasse geraten zu<br />
sein, da tut sich plötzlich doch ein neuer Weg<br />
auf.<br />
Und ich finde mich neben Menschen wieder, die<br />
mir Halt geben, denen ich vertrauen kann, ja,<br />
die mir vielleicht „der Himmel geschickt hat“.<br />
Und dann wieder ist es so, dass ich nicht sicher<br />
bin, ob Gott da ist, ob er mich sieht. Dann verstehe<br />
ich mich und die ganze Welt nicht mehr.<br />
Aber auch dann, gerade dann gelten Jesu<br />
Worte: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das<br />
Leben. Dem, dem im Leben nichts fremd war,<br />
der leidenden Menschen mit großer Hingabe<br />
begegnet ist und selbst gelitten hat, der redet<br />
nicht nur so daher, sondern der weiß, wovon er<br />
redet.<br />
Auf der Darstellung des Labyrinthes auf dem<br />
Programmblatt ist die Mitte leer. Sie sieht aus<br />
wie eine kleine Blume. Gleich nach der Taufe<br />
und Einsegnung bekommt ihr dieses Labyrinth<br />
geschenkt in der Form eines Bronzekreuzes.<br />
Dort ist die Mitte nicht leer. Ein Kreuz findet<br />
sich darin. Das Zeichen für Jesus Christus. Eure<br />
Mitte will er sein. Ziel, auf das ihr zusteuert,<br />
auch mit Umwegen. Und Ausgangspunkt für<br />
eure Wege nach draußen. Anker. Sicherung,<br />
woran ihr euch festmachen könnt. Wegweiser<br />
und Wegbegleiter zugleich.<br />
Für Prinzessin, für Pirat. Für euch:<br />
Weg, Wahrheit, Leben.<br />
Wiebke Harbeck<br />
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