1 Hans-Dieter Mutschler: Naturphilosophie (St. Georgen 2008/9 ...
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4.5. Die Gesetzlichkeit des Zufälligen als Zweckmässigkeit<br />
Es fragt sich, wie die finale und kausale Ordnung der Natur<br />
aufeinander bezogen werden können? Eine Identifikation oder<br />
gegenseitige Ableitbarkeit ist unmöglich.<br />
Als Scharnier kann der Begriff des ‚Zufalls’ dienen. Kant:<br />
„Die Gesetzlichkeit des Zufälligen heisst Zweckmässigkeit“ =<br />
was relativ zur Naturwissenschaft ‚zufällig’ ist, kann ‚sinnnotwendig’<br />
sein.<br />
Das Prädikat ‚zufällig’ ist kontextrelativ wie ‚gross’ und im<br />
Gegensatz zu ‚rot’. Auch im naturwissenschaftlichen Bereich<br />
kann etwas in einem Kontext zufällig und in einem anderen notwendig<br />
sein. (Beispiel elektromagnetische <strong>St</strong>rahlung, die eine<br />
Mutation erzeugt)<br />
Der ‚Zufall’ negiert ein Ordnungschema und da es deren viele<br />
gibt, gibt es auch viele Zufallsarten. Der Zufall, der ein<br />
Naturgesetz negiert, ist ein anderer als der, der einen Zweck<br />
negiert. Daher ist Kants Dialektik nicht paradox.<br />
Zufall = Zweck kommt in allen technischen Artefakten vor, wo<br />
sich die Zwecksetzung hinter den physikalischen Rand- und Anfangsbedingungen<br />
verbirgt.<br />
Diese Dialektik zwischen Zweck und Zufall findet sich ausser<br />
bei Kant bei Hegel, Teilhard, Peirce, Whitehead, Jung, überall<br />
dort, wo das Verhältnis zwischen Kausalität und Finalität zu<br />
Ende gedacht wird.<br />
Wenn Zuf fin der Zufall ist, der durch die Negation eines finalen<br />
Schemas zustande kommt und Zuf nom der, der ein Gesetzesschema<br />
negiert und wenn und wenn Ges fin einen finalen und Ges nom<br />
eine nomologischen Zusammenhang bezeichnen, dann gilt:<br />
Zuf fin = Zuf nom und Ges fin = Ges nom wären Widersprüche, weil die<br />
verschiedenen Zufalls- und Gesetzesarten nicht unterschieden<br />
werden. Diese Gleichsetzungen findet man sowohl bei Materialisten<br />
als auch bei religiösen Fundamentalisten, bzw. überschwänglichen<br />
Metaphysikern, je nachdem, ob man die Gleichung<br />
von links oder von rechts her liest. Ist aber beides falsch!<br />
Insbesondere: Aus der konstitutiven Bedeutung des Zufälligen<br />
in der Evolution kann nicht auf die Abwesenheit einer zweckesetzenden<br />
Instanz geschlossen werden!<br />
Aber: Zufälle (Zuf nom ) müssen nicht, sie können nur teleologisch<br />
interpretiert werden. Gegen Kant und die idealistische<br />
Tradition muss man für eine Interpretation Zuf nom als Ges fin gute<br />
Gründe angeben.