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Leseprobe - Sankt Ulrich Verlag

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des öfteren, dass am Ende alles nur „schnell, schnell“ gehen<br />

musste. Viel „bedrucktes Papier“ (wie ich manche Artikel<br />

bzw. Zeitungsausschnitte nenne), Vorträge, Briefe, Rechnungen<br />

etc. wurden rasch in Kartons und Plastiktüten verstaut.<br />

Einiges habe ich verloren, anderes schlichtweg vergessen.<br />

Was meinen Lebensunterhalt betrifft, so gebe ich<br />

meine Rente und alles andere ab. Ich lebe – so heißt das<br />

wohl – „von der Hand in den Mund“, also von dem, was mir<br />

die Leute geben. Moderne Sozialstatistiker würden sagen:<br />

„am Existenzminimum“. Gläubige, wenn sie alles wüssten,<br />

würden sagen: ich lebe arm.<br />

Anfang des Jahres 2010 verschrieb mir mein Augenarzt<br />

eine neue Brille. Für meine Bedürfnisse ist eine sogenannte<br />

„Gleitsichtbrille“ eine große Hilfe. Doch ist sie auch ziemlich<br />

teuer. Aber was sein muss, muss eben sein. Sie kostete<br />

760 Euro.<br />

Seelsorglich betreue ich viele Menschen, und oft bringe ich<br />

Kranken die heilige Kommunion. So kümmerte ich mich<br />

über viele Jahre auch um eine alte Dame – nennen wir sie<br />

einfach mal Adele. Im Mai vergangenen Jahres starb sie im<br />

gesegneten Alter von 90 Jahren, körperlich zwar am Ende,<br />

aber geistig voll und ganz da. Fromm, wie sie war, zweifelte<br />

ich nie, dass Gott sie zu sich genommen hatte: „Komm,<br />

meine Tochter – geh ein in die Freude deines Herrn“.<br />

Ein paar Tage später fand die Beerdigung statt. Die Familie<br />

betraute mich damit, da ich die alte Dame ja über<br />

viele Jahre hinweg betreut und auch diese sich gewünscht<br />

hatte, von mir ausgesegnet zu werden. Als das Requiem zu<br />

Ende und die Beisetzung erfolgt war, musste ich aus seelsorglichen<br />

Gründen nach Frankfurt am Main fahren; ich<br />

war demzufolge sehr in Eile. Nachdem ich mich umgezogen<br />

hatte, wollte ich zum Auto gehen. Genau in diesem<br />

Moment ging ein Wolkenbruch herunter, wie er eben im<br />

Mai nicht ungewöhnlich ist. Da mein Auto nahe der Kirche<br />

geparkt war und ich auch keinen Regenschirm hatte,<br />

zog ich kurzerhand meinen Mantel über den Kopf, lief zum<br />

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