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368 6 Klinische Diagnostik von Fettstoffwechselstörungen und Atherosklerose<br />

Tab. 6-3 Körperliche Untersuchung.<br />

Dyslipoproteinämie-typische Zeichen<br />

(vgl. Abb. 6-1 bis 6-9)<br />

Body-mass-Index (kg/m²)<br />

Taillenumfang (cm)<br />

Taillen-Hüft-Quotient<br />

Hautfaltendicke<br />

Blutdruck und Pulsfrequenz<br />

Periphere Pulse<br />

Auskultation von Herzklappen und Arterien<br />

Achillessehnenverdickung<br />

werden (subskapulär, Bizeps, Trizeps). Das<br />

Körpergewicht muss in der Praxis mit einer geeichten<br />

Waage ermittelt werden genau wie die<br />

Größe mit einem Stadiometer und der Body-<br />

Mass-Index (BMI; Körpergewicht [kg] geteilt<br />

durch Körperlänge 2 [m 2 ]). In keinem Fall sollten<br />

die Pulse der peripheren Arterien vergessen<br />

werden (Karotiden, Arm- und Beinarterien),<br />

idealerweise ergänzt mit Knöchel/Arm-Index<br />

und Sonographie der Halsarterien.<br />

III Diagnostik von Dyslipoproteinämien<br />

6.2.2 Eigenanamnese<br />

Bei der Eigenanamnese (Tab. 6-2) werden die<br />

Ernährungsgewohnheiten gern übersehen, körperliche<br />

Aktivität und Gewichtsverlauf sind<br />

nicht immer dokumentiert und eine vollständige<br />

Erhebung der eingenommenen Medikamente<br />

wird oft unterlassen (wobei unbedingt<br />

auch nach pflanzlichen Präparaten und Nahrungsergänzungsmitteln<br />

gefragt werden sollte).<br />

Ebenfalls sind die Rauch- und Trinkgewohnheiten<br />

zu dokumentieren.<br />

6.3 Körperliche<br />

Untersuchung<br />

Bei der Erhebung der anthropometrischen Daten<br />

(Tab. 6-3) sollten auch die so genannten<br />

»Banalitäten« nicht vergessen werden, beispielsweise:<br />

Sind der Blutdruck nach 5 MinutenRuheimSitzenanbeidenArmenaufHerzhöhe<br />

mit der adäquaten Manschettenbreite<br />

und der Taillenumfang in cm mit einem nicht<br />

elastischen Maßband in der Mitte zwischen<br />

unterem Rippenbogenrand und Crista iliaca<br />

gemessen worden? Die Hüftumfang-Bestimmung<br />

erfolgt über den beiden Trochanteres<br />

majores. Die Hautfaltendicke sollte mit dem<br />

Caliper wenigstens an drei Stellen bestimmt<br />

6.4 Klinische Befunde<br />

(vgl. Kap. 4.1 und 4.2 sowie Tab. 4−1, 4−2)<br />

Die nachfolgend aufgeführten Hautablagerungen<br />

sind keineswegs obligat und schließen eine<br />

Dyslipoproteinämie weder aus noch sind sie<br />

ein Beleg.<br />

6.4.1 Xanthelasmen<br />

Xanthelasmen können ein Hinweis auf das<br />

Vorliegen einer familiären Hypercholesterinämie<br />

sein. Es handelt sich dabei um die Einlagerung<br />

von Lipiden, vorwiegend Cholesterinestern,<br />

in der Epidermis (Abb. 6-1). Sie sind<br />

Abb. 6-1 Xanthelasmen bei einem 32-jährigen Patienten<br />

mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie.


6.4 Klinische Befunde 369<br />

hauptsächlich in den Augenhöhlen und an den<br />

Augenlidern zu finden.<br />

Unter einer wirksamen lipidsenkenden Therapie<br />

bilden sich die Xanthelasmen häufig rasch<br />

zurück.<br />

6.4.2 Arcus lipoides<br />

Beim Arcus lipoides handelt es sich um die<br />

Einlagerung von Cholesterinestern am Rand<br />

der Cornea, wobei zur Sklera meist ein dünner<br />

Saum frei bleibt (Abb. 6-2). Im Alter unter<br />

50 Jahren hat der Arcus Hinweischarakter auf<br />

eine familiäre Hypercholesterinämie, kommt<br />

aber gelegentlich auch familiär ohne Vorliegen<br />

einer Fettstoffwechselstörung vor.<br />

6.4.3 Plane Xanthome<br />

Abb.6-2 Arcus lipoides bei einem 36-jährigen Patienten<br />

mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie.<br />

Typisch für die seltene homozygote familiäre<br />

Hypercholesterinämie sind plane Xanthome.<br />

Es handelt sich dabei um orange-gelbe, gering<br />

erhabene Einlagerungen in der Haut, die unregelmäßig<br />

begrenzt sind und konfluieren können.<br />

Sie finden sich vorwiegend am Gesäß, an<br />

den Extremitäten und an den Händen, meist<br />

a<br />

b<br />

d<br />

Abb. 6-3a−d Sehnenxanthome bei heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie: a Handrücken (34-jähriger<br />

Patient); b Ellenbogen (56-jähriger Patient); c Patellarsehne (56-jähriger Patientin); d Achillessehne (56-jährige<br />

Patientin).<br />

c<br />

III Diagnostik von Dyslipoproteinämien


370 6 Klinische Diagnostik von Fettstoffwechselstörungen und Atherosklerose<br />

zwischen Daumen und Zeigefinger, sehr selten<br />

auch an der Zunge oder der Wangenschleimhaut.<br />

6.4.4 Sehnenxanthome<br />

III Diagnostik von Dyslipoproteinämien<br />

Sehnenxanthome finden sich ausschließlich an<br />

Strecksehnen, also z.B. am Handrücken, im<br />

Bereich des Ellenbogens, im Bereich der Patellar-<br />

oder der Achillessehne (Abb. 6-3). Sie bestehen<br />

vorwiegend aus Cholesterinestern, zu<br />

geringeren Anteilen aber auch aus freiem Cholesterin,<br />

Phospholipiden, freien Fettsäuren und<br />

Triglyzeriden. Sehnenxanthome sind derb und<br />

lassen sich gegenüber der Sehne nicht verschieben.<br />

In der Regel sind sie schmerzlos.<br />

Die Einlagerung von Lipiden in die Sehnen<br />

kann jedoch auch diffus erfolgen; so sind Verdickungen<br />

der Achillessehne bis auf einige<br />

Zentimeter möglich (Abb. 6-4) und sonographisch<br />

im Verlauf gut zu dokumentieren.<br />

Sehnenxanthome lassen sich bei familiärer<br />

heterozygoter Hypercholesterinämie mit einer<br />

Häufigkeit von etwa 30% nachweisen. Ihre<br />

Größe und Manifestation hängen vom Ausmaß<br />

der lipidsenkenden Behandlung ab. Unter konsequenter<br />

LDL-Cholesterin-senkender Therapie<br />

können die Sehnenxanthome völlig verschwinden<br />

oder zumindest an Größe abnehmen.<br />

Abb. 6-4 Diffus verdickte Achillessehnen bei einem<br />

49-jährigen Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie.<br />

Abb. 6-5 Tuberöse Xanthome bei einem 42-jährigen<br />

Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie.<br />

6.4.5 Tuberöse und tuberoeruptive<br />

Xanthome (vgl. Kap. 4.3.4)<br />

TuberöseundtuberoeruptiveXanthomeweisen<br />

auf das Vorliegen einer familiären Dysbetalipoproteinämie<br />

hin, selten sind sie auch bei<br />

heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie<br />

zu finden. Diese Xanthome sind vorwiegend<br />

im Bereich der Extremitäten lokalisiert, insbesondere<br />

an druckbelasteten Stellen, wie dem<br />

Ellenbogen oder dem Knie (Abb. 6-5 u. 6-6).<br />

Gegenüber dem Unterhautfettgewebe sind sie<br />

verschieblich.<br />

6.4.6 Eruptive Xanthome<br />

(vgl. Kap. 4.3.3)<br />

Bei der Chylomikronämie ist das Auftreten von<br />

eruptiven Xanthomen möglich. Es handelt sich<br />

dabei um die kutane Ablagerung von Makrophagen,<br />

die Chylomikronen phagozytiert haben.<br />

Sie bestehen aus maximal linsengroßen<br />

rötlichen Arealen (Erytheme), in deren Mitte<br />

sich eine gelbliche Papel findet (Abb. 6-7). In<br />

einigen Fällen besteht Juckreiz. Unter Therapie<br />

kommt es zunächst zum Verschwinden der gelben<br />

Infiltration (Triglyzeride), das Erythem<br />

(mit Cholesterinestern) bleibt meist noch einige<br />

Tage länger bestehen.


6.4 Klinische Befunde 371<br />

6.4.7 Braune Handlinien<br />

(vgl. Kap. 4.3.4)<br />

a<br />

Braun erscheinende Handlinien (Abb. 6-8) sowie<br />

extrem selten plane Xanthome im Bereich<br />

der Handlinien sind pathognomonisch für die<br />

familiäre Dysbetalipoproteinämie. Die braunorange<br />

Färbung der Handlinien (Handlinienxanthome)<br />

ist in der Regel nur gering ausgeprägt.<br />

Differenzialdiagnostisch ist eine Braunfärbung<br />

bei Addison-Krankheit abzugrenzen.<br />

6.4.8 Sonstige klinische<br />

Hinweise (s. auch Kap. 4.1 und 4.3.3)<br />

b<br />

Abb. 6-6a, b Tuberoeruptive Xanthome bei einem<br />

37-jährigen Patienten mit familiärer Dysbetalipoproteinämie:<br />

a am Ellenbogengelenk; b interdigital, an<br />

der rechten Hand.<br />

In diesem Abschnitt können nur einige markante<br />

Beispiele genannt werden. Weiteres findet<br />

sich in den einschlägigen Kapiteln.<br />

Gelenkbeschwerden, entweder als Mono-,<br />

Oligo- oder Polyarthritis, treten mit relativ großer<br />

Häufigkeit bei der familiären Hypercholesterinämie<br />

auf. Aber auch bei Hypertriglyzeridämie<br />

sind Oligoarthritiden beschrieben worden<br />

(sehr selten), bei denen die Punktion des<br />

Gelenkergusses den diagnostischen Hinweis<br />

gab [3, 4, 9]. Daneben kann bei familiärer Hypercholesterinämie<br />

auch eine Tendinitis oder<br />

eine Tendosynovitis auftreten. Bei der familiä-<br />

Abb. 6-7a, b Eruptive<br />

Xanthome bei Chylomikronämiesyndrom<br />

(41-jähriger<br />

Patient, Triglyzeridkonzentration<br />

23 000 mg/dl).<br />

a<br />

b<br />

III Diagnostik von Dyslipoproteinämien


372 6 Klinische Diagnostik von Fettstoffwechselstörungen und Atherosklerose<br />

III Diagnostik von Dyslipoproteinämien<br />

Abb. 6-8 Braune Handlinien bei familiärer Dysbetalipoproteinämie<br />

(30-jähriger Patient).<br />

ren Hypercholesterinämie sind nahezu ausschließlich<br />

die großen Gelenke betroffen. Fieber<br />

tritt nicht auf.<br />

Chylomikronämie ist mit abdominellen<br />

Schmerzen verbunden [15]. Sie können durch<br />

eine Kapselspannung von Leber und Milz ausgelöst<br />

werden, die durch eine Überladung des<br />

retikuloendothelialen Systems mit Chylomikronen<br />

bedingt ist. Krampfartige, kaum durch<br />

Medikamente zu beeinflussende Schmerzen<br />

sind durch Mikrozirkulationsstörungen im Bereich<br />

des Dünndarms verursacht [6]. Am bedeutendsten<br />

ist aber die akute Pankreatitis. DerenDiagnosewirdhäufigdurchdieTatsache<br />

erschwert, dass die Bestimmung der ⁄ -Amylase<br />

falsch-negative Ergebnisse ergibt [13]. Ursache<br />

ist entweder ein zirkulierender Hemmstoff der<br />

⁄ -Amylase oder eine Störung des Assays [19].<br />

Neurologische Symptome, insbesondere eine<br />

ausgeprägte Konzentrationsschwäche und Verlust<br />

oder Störung des Kurzzeitgedächtnisses,<br />

Kopfschmerzen (klinisch auch als Arteriitis<br />

temporalis imponierend) [20], Tinnitus und<br />

Parästhesien können ebenfalls bei einer ausgeprägtenChylomikronämievorhandensein[3].<br />

Bei der Tangier-Krankheit treten neuropathische<br />

Beschwerden, bei der Abetalipoproteinämie<br />

eine periphere Neuropathie und eine spinozerebelläre<br />

Ataxie auf.<br />

Eine Chylomikronämie kann auch zu Atemnot<br />

(Mikrozirkulationsstörungen der Lunge)<br />

und Angina-pectoris-Beschwerden führen [3].<br />

Bei Serumtriglyzeridkonzentrationen über<br />

8 000 mg/dl ist mit dem Auftreten einer so genannten<br />

Lipaemia retinalis zu rechnen. Es handelt<br />

sich dabei um eine diffuse Gelbverfärbung<br />

der Retina, insbesondere stellen sich auch die<br />

sonst immer rot imponierenden Blutgefäße<br />

aufgrund des hohen Chylomikronengehaltes<br />

gelb dar.<br />

Andere Augenbefunde, die auf eine Fettstoffwechselstörung<br />

hinweisen, sind eine Retinitis<br />

pigmentosa bei Abetalipoproteinämie sowie<br />

eine Linsentrübung bei LCAT-Mangel und<br />

Fischaugenkrankheit. Bei Abetalipoproteinämie<br />

kann auch eine Ophthalmoplegie beobachtet<br />

werden.<br />

Eine Gelbfärbung der Tonsillen weist auf das<br />

Vorliegen der Tangier-Krankheit hin. Auch ein<br />

Pseudo-Sjögren-Syndrom trat im Zusammenhang<br />

mit Fettstoffwechselstörungen auf [10].<br />

Bei chronischer Chylomikronämie kann eine<br />

Hepatosplenomegalie, bei der Tangier-Krankheit<br />

eine Splenomegalie beobachtet werden.<br />

Zeichen der Herzinsuffizienz sowie eine Cholezystolithiasis<br />

können bei chronischer Chylomikronämie<br />

auftreten. Eine Cholezystolithiasis<br />

findet sich auch häufiger beim Vorliegen einer<br />

Hypercholesterin- oder einer Hypertriglyzeridämie<br />

[18]. Bei akuter Virushepatitis sind die<br />

Lp(a)-Konzentrationen erniedrigt [8].<br />

Bei einer ausgeprägten Chylomikronämie<br />

(wenn das Serum vor Bestimmung der Parameter<br />

nicht delipidiert wird) kommt es zu Störungen<br />

in der Labordiagnostik: So werden<br />

Elektrolyte, aber auch andere Serumbestandteile<br />

zu niedrig gemessen. Entscheidend dabei<br />

ist die Konzentration im wässrigen Anteil. Da<br />

die Chylomikronen einen erheblichen Anteil<br />

des Serumvolumens einnehmen, wird pro<br />

1 000 mg/dl Triglyzeride der jeweilige Parameter<br />

um 2−3% zu niedrig gemessen. Auch Störungen<br />

bei der Bestimmung von Bilirubin und<br />

Hämoglobin wurden berichtet [3].

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