sound:files - bei Doblinger-Musikverlag
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klang:interpreten<br />
„Am Puls der Zeit bleiben!“<br />
Seite 14<br />
Gustavo Balanesco und sein Pierrot Lunaire Ensemble Wien ® im Gespräch<br />
Von Renate Publig<br />
Seit nunmehr zehn Jahren unternimmt das Pierrot Lunaire<br />
Ensemble Wien Konzertreisen ins Ausland. Das Jubiläum wird<br />
mit einer Südamerikatournee gefeiert, auf den Programmen fi ndet<br />
sich wie immer eine unglaubliche Vielfalt vor allem an zeitgenössischen<br />
Komponisten – ein willkommener Anlass, mit Gustavo<br />
Balanesco, dem Begründer des Ensembles zu sprechen.<br />
Gustavo Balanesco ist die Multikulturalität quasi in die Wiege<br />
gelegt worden: Sowohl Großeltern als auch seine Mutter stammen<br />
aus Österreich, geboren wurde Balanesco jedoch in Argentinien,<br />
wo er im Alter von acht Jahren seinen ersten Klavierunterricht<br />
erhielt. In der Familie gibt es keine professionellen Musiker,<br />
doch wurde oft über Musik gesprochen, über Gustav Mahler, die<br />
Staatsoper, über Bruno Walter. „Die Jahrhundertwende fi nde ich<br />
überhaupt die spannendste Zeit!“ Aufgrund eines Stipendiums<br />
studierte er zehn Jahre <strong>bei</strong> Emil Gilels am Tschaikovsky-Konservatorium<br />
in Moskau. Danach zog es Balanesco nach Österreich. Ob<br />
es Zufall ist, dass sich derzeit eine größere Anzahl von Künstlern<br />
aus dem südamerikanischen Raum einen Namen macht? „Viele<br />
Europäer sind nach Südamerika emigriert, dadurch gab es dort<br />
eine sehr spezifi sche kulturelle Entwicklung. Doch nun kehren<br />
viele wieder zurück nach Europa!“<br />
Da sich Balanesco musikalisch nicht einschränken lassen will, war<br />
die logische Konsequenz die Gründung des eigenen Ensembles.<br />
„Ich möchte immer Neues machen!“ Die Idee für den Namen<br />
„Pierrot Lunaire Ensemble Wien“ stammt von Ehefrau und Mitbegründerin<br />
Silvia Gelos. Mittlerweile hat das Ensemble diesen<br />
durch das Opus 21 von Arnold Schönberg inspirierten Namen<br />
schützen lassen.<br />
Einen Schwerpunkt in den Konzertprogrammen bildet Neue Musik:<br />
„Wir leben durchschnittlich 80 Jahre. Die Zeit davor ist unendlich,<br />
ebenso die Zeit danach. Spannend ist für mich aber, was<br />
jetzt passiert. In Österreich gibt es natürlich eine große Tradition<br />
mit Haydn, Mozart, Schubert usw., aber für uns ist die Auseinandersetzung<br />
mit dem, was jetzt geschrieben wurde, von großer Bedeutung!“<br />
Das Ensemble verfügt mit mehr als 300 Werken von rund 150<br />
Komponisten über ein breites Repertoire. Vor allem die große<br />
Palette ästhetischer Positionen will auffallen, allein aus dem Verlag<br />
<strong>Doblinger</strong> standen bisher unter anderem die Komponisten<br />
Bischof, Eder, Eröd, Kratochwil, Lauermann, Radanovics, Schedl,<br />
Schiske und Urbanner am Programm, <strong>bei</strong> der Jubiläums-Tournee<br />
werden Werke von Cerha, Ofenbauer, Raffaseder, Resch, Schmidinger<br />
und Wagner aufgeführt. „Es hat sich im Lauf der Musikgeschichte<br />
einiges geändert. In früheren Musikepochen gab es<br />
ästhetische Linien, stattdessen fi ndet man heute eine große Bandbreite<br />
an Kompositionsstilen, und das möchten wir nutzen. Niemand<br />
kann sagen, was von unserer aktuellen Musik einmal übrigbleiben<br />
wird, was „gute“ Musik ist. Bietet man dem Publikum eine<br />
breitere Palette, ist die Chance größer, dass für jeden Geschmack<br />
etwas da<strong>bei</strong> ist. Und der Erfolg des Konzepts zeigt sich darin, dass<br />
nach den Konzerten die Leute oft zu uns kommen und berichten,<br />
wie ihnen die verschiedenen Stücke gefallen haben. Man ermöglicht<br />
ihnen einen anderen Zugang zur zeitgenössischen Musik und<br />
die Beschäftigung mit unterschiedlichen Werken! Es ist uns auch<br />
sehr wichtig, die Werke nicht nur in Randfestivals zu positionieren,<br />
sondern in ganz ‚normalen‘ Veranstaltungen.“<br />
Balanesco ist es ein besonderes Anliegen, österreichische zeitgenössische<br />
Musik nicht nur in Österreich, sondern weltweit zu<br />
spielen. „Wenn uns ein Werk anspricht, spielen wir es öfter. Es ist<br />
sehr schade, ein Werk nur einmal aufzuführen, durch mehrmalige<br />
Auseinandersetzung kann man ein Stück viel besser erfassen.“<br />
Die umfangreichen Konzertreisen ins Ausland kann das Pierrot<br />
Lunaire Ensemble Wien dank fi nanzieller Unterstützung durch<br />
Außenministerium, Kulturforum, AKM, Austro Mechana etc. tätigen.<br />
„Natürlich sind wir auch dem Verlag <strong>Doblinger</strong> dankbar, mit<br />
dem die Zusammenar<strong>bei</strong>t von Anfang an gut funktioniert hat!“<br />
Mit ausländischem Publikum hat das Ensemble sehr gute Erfahrungen<br />
gemacht. „Als österreichisches Ensemble hat man noch<br />
Fotos: Pierrot Lunaire Ensemble Wien ®