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Faktoren der Standortwahl

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<strong>Faktoren</strong> <strong>der</strong> <strong>Standortwahl</strong><br />

Grundsätzlich sind folgende <strong>Faktoren</strong> für die <strong>Standortwahl</strong> zu berücksichtigen:<br />

• Absatzmöglichkeiten, also die Lage des Unternehmens (im Industriegebiet o<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> City).<br />

• Nähe zu Kunden und Lieferanten.<br />

• Nähe zur Konkurrenz.<br />

• Infrastruktur und Verkehrsanbindung.<br />

• Lohnkosten und Lohnzusatzkosten.<br />

• Rohstoffkosten und Transportkosten.<br />

• Behördliche Auflagen und Verordnungen.<br />

• Steuern- und Abgabenbelastung.<br />

• Miethöhe.<br />

Ein Einzelhändler muss natürlich an<strong>der</strong>e Kriterien bei <strong>der</strong> <strong>Standortwahl</strong> beachten als<br />

ein Versicherungsvertreter. Ein Produzent muss einen an<strong>der</strong>en Wert auf<br />

Rohstoffkosten und Personalkosten legen als ein Dienstleister. Für einen Produzenten<br />

stehen somit ganz an<strong>der</strong>e Schwerpunkte bei <strong>der</strong> <strong>Standortwahl</strong> zur Debatte. Aus<br />

diesem Grund sollten Sie in Ihrem Businessplan dem Faktor <strong>Standortwahl</strong> eine ganz<br />

entscheidende Rolle zuweisen. Die einzelnen Standortfaktoren werden nun im<br />

Folgenden erläutert.<br />

Absatzmöglichkeiten: Vor allem <strong>der</strong> Groß- und Einzelhandel,<br />

Nahrungsmittelbetriebe, Brauereien und Betriebe des Baugewerbes orientieren sich an<br />

den besten Absatzmöglichkeiten. Nach <strong>der</strong> Wahl eines bestimmten Standortes<br />

tauchen dann wie<strong>der</strong> neue Probleme auf, die es zu lösen gilt. Da sind zum Beispiel die<br />

Kosten für die Miete und für Parkplätze, baurechtliche Auflagen o<strong>der</strong> Vorschriften des<br />

Umweltschutzes. Für die Handelsbetriebe sind in <strong>der</strong> heutigen Zeit die Mietkosten und<br />

die Parkplatzsituation an einem bestimmten Standort <strong>der</strong> entscheidende Faktor. Für<br />

Industriebetriebe, die in <strong>der</strong> Regel größere Flächen beanspruchen als Handelsbetriebe,<br />

kommt es eher darauf an, ein Grundstück zu finden, das groß genug ist, und dass<br />

bestimmte bauliche Maßnahmen seitens <strong>der</strong> Behörden erlaubt sind.<br />

Speziell für den Einzelhandel, <strong>der</strong> sehr stark in den Innenstädten <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik vertreten ist, spielt das Warenangebot eine ganz wesentliche Rolle.<br />

Man unterscheidet zwischen Geschäften, die Güter des täglichen Bedarfs anbieten,<br />

das sind zum Beispiel Lebensmittelgeschäfte o<strong>der</strong> Kioskbetriebe. Daneben existieren<br />

die Geschäfte, die Güter des sog. periodischen Bedarfs anbieten z.B. Boutiquen und<br />

Schuhgeschäfte, sowie Unternehmen, die aperiodische Güter anbieten z.B.<br />

Möbelgeschäfte und Handy-Shops. Die »Konzentration« im Handelsbereich hat dazu<br />

geführt, dass viele kleinere Geschäfte, die früher über die gesamte Stadtlandschaft<br />

verteilt waren, heute nur noch vereinzelt zu finden sind. Die Handelsketten haben den<br />

»Tante Emma« Laden an <strong>der</strong> Ecke sozusagen zum Dinosaurier degradiert und ihn fast<br />

vollständig aus <strong>der</strong> Stadt verdrängt. Die großen Verbrauchermärkte sind nun fast in<br />

allen Stadtteilen etabliert, die den Marktforschern lukrativ erschienen und haben den


Markt unter sich aufgeteilt. Denn die Verbrauchermärkte bieten eine Vielzahl von<br />

Parkplätzen und ein großes Warensortiment zu günstigen Preisen. So kann <strong>der</strong><br />

Konsument alle Waren, die er benötigt, in einem Geschäft kaufen und spart zudem<br />

noch Zeit und Geld. Somit birgt eine zukünftige Neugründung in diesem Bereich eine<br />

Vielzahl von Risiken und Unwägbarkeiten und sollte vom Grün<strong>der</strong> sehr intensiv<br />

überlegt werden.<br />

Einzelhandelsbetriebe, die auf den Verkauf von Investitionsgütern, also Gütern des<br />

aperiodischen Bedarfs spezialisiert sind, wählen den Standort in <strong>der</strong> Regel nach<br />

an<strong>der</strong>en Kriterien aus. Sie müssen sich dem Wettbewerb und dem Kunden »stellen«<br />

und sind dort angesiedelt, wo auch die Vielzahl <strong>der</strong> Konsumenten flanieren geht: in<br />

den Einkaufsmeilen <strong>der</strong> Innenstädte. Zwar besteht auch die Möglichkeit, einen<br />

Standort außerhalb <strong>der</strong> City zu wählen, das spart sehr viele Mietkosten, aber ob <strong>der</strong><br />

zusätzliche Werbeaufwand diese Einsparung nicht übertreffen wird, das bleibt doch<br />

fraglich. Zudem sind die Konsumenten nur bedingt bereit, diese Außenbezirke<br />

aufzusuchen, da <strong>der</strong> Anfahrtsweg meistens lang und unbequem ist.<br />

In den Haupteinkaufsstraßen herrscht ein regelrechter Preiskampf, ein<br />

Verdrängungswettbewerb, <strong>der</strong> die weniger leistungsfähigen Betriebe zum Umzug o<strong>der</strong><br />

zur Aufgabe <strong>der</strong> Existenz zwingt. Dies hat zur Folge, dass in diesen Bezirken ein reger<br />

Inhaberwechsel stattfindet, da die weniger erfolgreichen Geschäfte in die<br />

Nebenbezirke abwan<strong>der</strong>n müssen. Wie bereits besprochen sind viele Betriebe dadurch<br />

auch gezwungen, bestimmte Betriebsteile wie z.B. die Verwaltung an an<strong>der</strong>e<br />

Standorte zu verlegen, da die Mietkosten in bestimmten Lagen <strong>der</strong> Innenstadt viel zu<br />

hoch sind und den Aufwand nicht rechtfertigen. So kommt es auch im Handelsbereich<br />

zur klassischen Teilungsform des Betriebs, zur sog. Dezentralisierung. Die<br />

Verwaltung und die Läger befinden sich dann aus den genannten Punkten auf <strong>der</strong><br />

«grünen» Wiese, um unnötige Kosten zu vermeiden.<br />

Nähe zu Kunden und Lieferanten: wie bereits im vorigen Abschnitt erläutert, spielt<br />

die Kundennähe speziell im Handelssegment eine ganz entscheidende Rolle. Aber<br />

auch im Automobilbereich hat sich <strong>der</strong> Trend verfestigt, dass sich die Zulieferfirmen in<br />

<strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Kunden ansiedeln, um unnötige Kosten zu vermeiden. Aber für viele<br />

Betriebe spielt auch die Nähe zum Lieferanten eine große Rolle, denn dadurch kann<br />

man Transport- und Lagerkosten (just in time Lieferung) minimieren und zusätzlich<br />

Synergie-Effekte erzielen. Für Betriebe, die sehr viel Rohstoffe zur Verarbeitung<br />

benötigen, spielt die Höhe <strong>der</strong> Transportkosten eine immer entscheiden<strong>der</strong>e Rolle. So<br />

haben sich in den letzten vierzig Jahren regelrechte Ballungsgebiete gebildet, in<br />

denen ausschließlich produzierende Betriebe angesiedelt sind wie z.B. im Ruhrgebiet.<br />

Dort sind Walzwerke neben Hüttenwerken und Veschmelzungsanlagen beheimatet.<br />

Dies hatte natürlich zur Folge, dass sich dort Tausende Arbeitnehmer mit ihren<br />

Familien und in ihrem Gefolge viele absatzorientierte Betriebe angesiedelt haben.<br />

Diese Konzentration <strong>der</strong> Betriebe hatte auch zur Folge, dass die Verkehrswege<br />

weiter ausgebaut wurden und sich deshalb an<strong>der</strong>e Industriezweige aufgrund dieser<br />

verbesserten Infrastrukturmaßnahmen zusätzlich ansiedelten. Somit ergab sich ein<br />

Wachstumseffekt, <strong>der</strong> gewollt o<strong>der</strong> ungewollt, viele Arbeitsplätze geschaffen hat und<br />

die Handelsbetriebe nach und nach »angelockt« hat. In Zeiten <strong>der</strong> Rezession führt<br />

eine solche Zusammenballung aufgrund <strong>der</strong> Verknappung des Arbeitsangebots und<br />

<strong>der</strong> daraus resultierenden geringeren Kaufkraft zu einer gegenläufigen Entwicklung.


Lohnkosten und Lohnzusatzkosten: Für Betriebe, die arbeitsintensiv geprägt sind,<br />

spielen die Lohnkosten eine sehr große Rolle. Denn auch in diesem Bereich gilt es,<br />

unnötige Kosten zu vermeiden, um dem Ziel <strong>der</strong> Gewinnmaximierung dienen zu<br />

können. Es geht nicht nur um die Frage, an welchem Standort generell die billigsten<br />

Löhne bezahlt werden, son<strong>der</strong>n auch um die Frage, ob an diesem Standort genügend<br />

qualifizierte Mitarbeiter zur Verfügung stehen, denn Qualifizierungsmaßnahmen sind<br />

teuer und dauern sehr lange. Früher suchten die Betriebe einzig nach den Standorten,<br />

an denen die geringsten Tariflöhne bezahlt wurden. Damals siedelten sich viele<br />

Industriebetriebe in kleineren Gemeinden an, ohne an die Folgen zu denken. Neben<br />

den höheren Transportkosten aufgrund längerer Transportwege kam es aufgrund des<br />

Wachstums vieler Betriebe zu einem Arbeitskräftemangel. Dieser führte dann im<br />

ungünstigsten Fall zu Betriebsteilungen, da die Produktionsabteilungen gezwungen<br />

waren, neue Standorte zu suchen, an denen genügend qualifizierte Mitarbeiter zur<br />

Verfügung standen.<br />

Somit wurde aus einem anfänglichen Standortvorteil binnen kurzer Zeit ein<br />

Standortnachteil mit weitreichenden Folgen für die Unternehmensplanung. Dieses<br />

Problem <strong>der</strong> mangelnden Arbeitskräfte betrifft in zunehmendem Masse auch die<br />

Führungskräfte, da diese nur ungern in Gegenden übersiedeln, die unattraktiv sind<br />

und nur einen geringen Freizeitwert bieten. Natürlich zieht es einen Manager samt<br />

Familie eher an den Starnberger See als in den Bayerischen Wald, denn dort ist das<br />

kulturelle Angebot besser und die Lebensqualität wesentlich höher. In bestimmten<br />

Regionen spielt auch das Angebot an Spezialkräften eine große Rolle, so<br />

beispielsweise im Raum Pforzheim, in dem sich die Schmuck- und Uhrenindustrie<br />

angesiedelt hat.<br />

Steuern- und Abgabenbelastung: in ganz Europa herrschen unterschiedliche<br />

Steuersysteme, so dass sich Deutschland in <strong>der</strong> heutigen Zeit auch im Wettbewerb<br />

mit an<strong>der</strong>en europäischen Län<strong>der</strong>n befindet. Die Standortvorteile, die die<br />

Bundesrepublik noch vor Jahren ausgezeichnet haben, sind längst »Schall und<br />

Rauch«. Im europäischen Vergleich liegt die Bundesrepublik abgeschlagen auf einem<br />

<strong>der</strong> hinteren Ränge. Dies resultiert zum einen aus den deutlich erhöhten<br />

Lohnkosten und zum an<strong>der</strong>en aus <strong>der</strong> ständig steigenden Steuer- und Abgabenlast,<br />

welche die Unternehmen zusätzlich belasten.<br />

Des weiteren scheuen sich viele Kapitalgeber auch in <strong>der</strong> Bundesrepublik zu<br />

investieren, da die Regulierungswut <strong>der</strong> Regierung und Behörden fast keine Grenzen<br />

kennt. In <strong>der</strong> Bundesrepublik selbst besteht auch ein sog. Steuergefälle, denn die<br />

Gemeinden dürfen aufgrund <strong>der</strong> Finanzhoheit <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> die Hebesätze für die<br />

kommunalen Steuern selbst festlegen. Zwar sind einige Steuern bundeseinheitlich<br />

geregelt, doch setzen sich viele Finanzminister aufgrund <strong>der</strong> Finanzmisere <strong>der</strong><br />

Kommunen darüber hinweg. Ein typisches Beispiel hierfür sind die Gewerbesteuer und<br />

die Grundsteuer. Auf diese Weise entstehen zwischen den Gemeinden<br />

unterschiedliche Steuersätze, die die Unternehmen zwingen, diesen monetären<br />

Unterschied ebenfalls als Standortfaktor zu beurteilen. In Berlin herrscht ein<br />

Spitzensatz von 410 %, in Eschborn sind es gerade mal 280 %.


Nach <strong>der</strong> Analyse aller in Frage kommenden Standortfaktoren bleibt dem Grün<strong>der</strong> und<br />

angehenden Unternehmer die Qual <strong>der</strong> Wahl. Er muss nun entscheiden, welcher <strong>der</strong><br />

Standortfaktoren höherwertiger einzuschätzen ist und nach dieser Abwägung aller ihm<br />

vorliegenden Informationen muss er eine Wahl treffen: Die Wahl des Standorts, <strong>der</strong><br />

dem Unternehmen langfristig den höchsten Gewinn prognostiziert.

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