<strong>Die</strong> Innenrestaurierung <strong>der</strong> Kathedrale St.Urs und Viktor <strong>in</strong> Solothurn 2011/12 <strong>Die</strong> <strong>Restaurierungen</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>ersten</strong> <strong>Hälfte</strong> <strong>des</strong> <strong>20.</strong> Jahrhun<strong>der</strong>ts: e<strong>in</strong> illustres Kapitel <strong>der</strong> Schweizer Denkmalpflegegeschichte 2 3 Abb. 2 Nördliches Querschiff, Fenstersturz und Stichkappe. Zustand vor <strong>der</strong> Innenrestaurierung 1917–19<strong>20.</strong> Foto: Hans König (Fotomappe 1917–1937, DSSO 709, 5.7.). Abb. 3 Mittelschiffgewölbe, Fresko «Liebe» von Giovanni Domenico Francesco Pozzi, vor <strong>der</strong> Restaurierung 1917, mit Rissen. Stuckrahmen von Francesco Pozzi. Foto: Hans König (KDSO). Abb. 4 Südliches Querschiff, Erdbebenspalte vor <strong>der</strong> Innenrestaurierung, 1917. Foto: Hans König (KDSO). Abb. 5 Chorgewölbe, Fresko «Herzog Leopold opfert se<strong>in</strong>e Hauptfahne» von Gottfried Bernhard Götz, mit Stuckrahmen von Francesco Pozzi. 1769. Zustand während <strong>der</strong> Restaurierung 1917, mit geflickten Rissen. Foto: Hans König (KDSO). Abb. 6 Chor, Verdachung <strong>der</strong> Sakristeitür. Dem Stuckengel fehlen e<strong>in</strong> Flügel und e<strong>in</strong> Unterarm. Foto: Hans König (Fotomappe 1917–1937, DSSO 709, 5.4). Abb. 7 Chor o<strong>der</strong> Querschiff, Kranzgesims mit Rissen, ausgebrochenen Friesen und Würfeln während <strong>der</strong> Restaurierung 1917. Foto: Hans König (KDSO). 4 5 6 7 1906 wurde e<strong>in</strong>e elektrische Beleuchtung e<strong>in</strong>gerichtet. 4 Zur Konsekration <strong>des</strong> Bischofs Jakob Stammler (1840–1925) am 30. September 1906 tünchte man den Chor und vergoldete die Chorgloriole neu. 1907 entstanden vierzehn Kreuzwegsta tionen <strong>in</strong> «Münchner Stuckarbeit». 5 Vom November 1913 stammt die Nachricht, es sei wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Stück aus <strong>der</strong> Gewölbestuckatur heruntergefallen. 6 E<strong>in</strong>e Gesamtrestaurierung <strong>des</strong> Kirchen<strong>in</strong>neren war überfällig. Ausserdem waren Nutzungsansprüche zu befriedigen, zuoberst auf <strong>der</strong> Liste standen e<strong>in</strong>e Heizung, e<strong>in</strong> neuer W<strong>in</strong>dfang am Hauptportal und e<strong>in</strong>e Grablege für die Bischöfe. Im Protokoll <strong>der</strong> Kirchgeme<strong>in</strong>de s<strong>in</strong>d die bis im Februar 1919 erledigten Arbeiten <strong>der</strong> Innenrestaurierung aufgezählt: 7 «Aussen: Stern, Kupferbedachung <strong>der</strong> Kuppel, Ste<strong>in</strong>werk und die Fenster <strong>der</strong> Laterne, die Fenster wurden mit Vorfenstern versehen. Verputz <strong>der</strong> Trommel wurde erneuert, das Ziegeldach wurde vollständig umgeän<strong>der</strong>t, die Latten s<strong>in</strong>d enger gelegt, es ist e<strong>in</strong> Doppeldach mit Sch<strong>in</strong>delunterzug erstellt worden. Von den 8 horizontalen Fel<strong>der</strong>n wurde ab fünftem <strong>der</strong>selben <strong>der</strong> Kupferbelag weggenommen und durch Cementbeton und Asphalt ersetzt, welcher Belag besser vor dem E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen von Wasser schützt. Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Antritte zu den Portalen. <strong>Die</strong> am Äussern <strong>der</strong> Kirche ausgeführten Arbeiten hatten alle den Zweck, das Innere vor den zerstörenden Wirkungen <strong>des</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>genden Wassers zu schützen. Inneres: Erstellung e<strong>in</strong>es W<strong>in</strong>dfangs beim Hauptportal, Kirchenheizung funktioniert den zweiten W<strong>in</strong>ter, bewährt sich vorzüglich, die Stuckaturen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> ihrer ursprünglichen Fe<strong>in</strong>heit wie<strong>der</strong>hergestellt, die Freskogemälde hat Meister Gubler von <strong>der</strong> Firma Christian Schmid <strong>in</strong> Zürich <strong>in</strong> ihren leuchtenden Farben aufgefrischt, die Altarbil<strong>der</strong> wurden von Rüefli restauriert, die Altäre wurden renoviert, namentlich <strong>der</strong> Hochaltar, die Ratsherrenstühle wurden erneuert, die alten kle<strong>in</strong>en Bänke ohne Lehne, die zuvor<strong>der</strong>st <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kirche standen, s<strong>in</strong>d nicht mehr da, dafür aber e<strong>in</strong>e entsprechende Anzahl neuer Kirchenbänke, <strong>der</strong> Ste<strong>in</strong>plattenboden ist ausgebessert worden, die grosse Orgel wurde gere<strong>in</strong>igt und mit e<strong>in</strong>igen mo<strong>der</strong>nen E<strong>in</strong>richtungen versetzt: neuer Ventilator. Schre<strong>in</strong>erarbeiten an Stühlen s<strong>in</strong>d im Gang. Neu s<strong>in</strong>d die Stuckrahmen um die Stationenbil<strong>der</strong> an Stelle <strong>der</strong> hölzernen Rahmen. Vier neue Leuchter s<strong>in</strong>d da, weitere <strong>in</strong> Seitenschiffen werden folgen.» <strong>Die</strong> Kirchgeme<strong>in</strong>de bewilligte e<strong>in</strong>en neuen Kredit von 55’000 Franken für folgende Arbeiten im Jahr 1919: 1) Vollendung Innenrenovation, 2) Vollendung <strong>der</strong> Seitenbedachung, 3) Auskitten und Abdecken <strong>der</strong> Gesimse, 4) Schuhkratzeisen, 5) Renovation <strong>der</strong> Abfallrohre und <strong>der</strong> Anschlüsse. Das Kirchen<strong>in</strong>nere präsentierte sich 1916 mitsamt Ausstattung weitgehend im Orig<strong>in</strong>alzustand, allerd<strong>in</strong>gs stark verschmutzt und stellenweise ziemlich mitgenommen. Zahlreiche Fotos vermögen dies zu belegen (Abb. 1). 8 Durch die Gewölbe von Querschiffen und Chor zog sich e<strong>in</strong> bis 5 cm breiter Spalt, gemäss <strong>der</strong> Überlieferung durch das Erdbeben von 1853 verursacht (Abb. 4). 9 <strong>Die</strong> Gewölbefresken waren von Rissen durchzogen (Abb. 3, 5), mehrere Gewände und Stürze <strong>der</strong> Obergadenfenster mitsamt Stichkappen mürbe von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>genden Feuchtigkeit und zerrissen (Abb. 2). Aus dem Kranzgesims waren Teile ausgebrochen (Abb. 7), <strong>der</strong> Zahnschnitt zeigte Lücken und bröckelte, Engelsköpfchen drohten von den Fenstergewänden herunterzustürzen, den Stuckengeln über den Sakristeitüren fehlten Arme und Flügel (Abb. 6). Bauorgane und externe Fachleute Vom Vorzustand, dem Bauvorgang und dem frisch renovierten Innenbau <strong>der</strong> St.-Ursen-Kirche s<strong>in</strong>d gut 100 ausgezeichnete Fotos erhalten. <strong>Die</strong>s verdanken wir den Verantwortlichen <strong>der</strong> Gesamterneuerung, <strong>der</strong>en tatkräftiger und umsichtiger Promotor Schwendimann war. Wie die Er<strong>in</strong>nerungstafel im nördlichen Vorbereich <strong>der</strong> Kirche aussagt, war er <strong>der</strong> eigentliche Bauherr: «1916–1936 RESTAURIERTE / 8 Abb. 8 Innenrestaurierung 1917–1920, das Baukomitee auf <strong>der</strong> Baustelle <strong>in</strong> Übergewän<strong>der</strong>n und Zeichnerschürzen. Von rechts nach l<strong>in</strong>ks: Domprobst Friedrich Schwendimann, sitzend Architekt Otto Schmid-Holenste<strong>in</strong>, angelehnt Robert Durrer. Foto: Hans König (Fotomappe 1917– 1937, DSSO 705, 1.1). 24 25