Februar 11 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...
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Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Association Suisse pour organisations<br />
de sourds et malentendants<br />
Associazione Svizzera per organizzazioni<br />
a favore delle persone audiolese<br />
105. Jahrgang<br />
Nr. 2 <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong><br />
4<br />
7<br />
<strong>11</strong><br />
16<br />
20<br />
Wer ist SVEHK – die Elternvereinigung<br />
hörbehinderter Kinder?<br />
Zeittableau 100 Jahre <strong>sonos</strong><br />
Who is who, facts and figures<br />
40 Jahre Katholische Gehörlosengemeinde<br />
Basel mit Pfarrer Rudolf Kuhn<br />
Gehörlose Könige und Adlige<br />
Schwiegermutter von Queen Elisabeth II. war<br />
gehörlos<br />
Pionierleistung bimodaler Unterricht<br />
Interview mit Lucia Schmid-Cestone
Seite des<br />
Präsidenten<br />
„Salamanca-Erklärung“ nur durchzusetzen<br />
ist, wenn sich alle Länder den neuen Überlegungen<br />
anschliessen.<br />
Und dann kommt doch noch der Hinweis<br />
auf Ausnahmen: „AUSSER ES GIBT ZWIN-<br />
GENDE GRÜNDE, DIES NICHT ZU TUN“.<br />
Die spanische Stadt mit dem klingenden<br />
Namen Salamanca ist die Hauptstadt der<br />
gleichnamigen Provinz und liegt etwa 220<br />
Kilometer nordwestlich von Madrid. 1988<br />
wurde Salamanca von der UNESCO zum<br />
Weltkulturerbe erklärt, 2002 war die<br />
Stadt zusammen mit Brügge die Kulturhauptstadt<br />
Europas. Die Stadt ist<br />
berühmt durch ihre Universität, 40'000<br />
Studenten holen sich dort ihr geistiges<br />
Rüstzeug.<br />
Auch wir als Fachverband horchen auf,<br />
wenn wir den klingenden Namen dieser<br />
Stadt hören. 1994 fand in dieser Stadt die<br />
Weltkonferenz „Pädagogik <strong>für</strong> besondere<br />
Bedürfnisse“ statt. Es trafen sich 300 Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer, die 92<br />
Regierungen und 25 internationale Organisationen<br />
repräsentierten. Es wurden<br />
grundlegende politische Änderungen<br />
besprochen, um eine integrative<br />
Pädagogik zu ermöglichen. Schulen<br />
sollten darin unterstützt werden, allen<br />
Kindern gerecht zu werden, vor allem<br />
jenen mit besonderen Bedürfnissen.<br />
Oberstes Ziel war eine „Schule <strong>für</strong> alle“,<br />
eine Einrichtung also, die alle aufnimmt,<br />
die Unterschiede akzeptiert, die <strong>das</strong><br />
Lernen unterstützt und auf individuelle<br />
Bedürfnisse eingeht. Die Teilnehmer<br />
waren sich bewusst, <strong>das</strong>s die sogenannte<br />
Wo stehen wir heute in der Schweiz mit der<br />
BILDUNG FÜR ALLE, also auch <strong>für</strong> diejenigen,<br />
die besonders verletzbar und<br />
bedürftig sind?<br />
In den einzelnen Schulgemeinden hat sich<br />
viel entwickelt mit den sogenannten Integrativen<br />
Schulformen ISF; Schulische HeilpädagogInnen,<br />
LogopädInnen, Ergo-TherapeutInnen<br />
unterstützen die Regelschullehrkräfte<br />
bei der Idee, behinderte Kinder nicht<br />
auszusondern. Eine permanente Begleitung<br />
sei aber nicht nötig, sagt Prof. Gérard<br />
Bless von der Universität Fribourg, da die<br />
Kinder sehr viel von ihren Altersgenossen<br />
lernten.<br />
Als leuchtendes Beispiel darf aber immer<br />
wieder auf die Beschulung von Hörbehinderten<br />
in der Schweiz verwiesen werden.<br />
Die meisten dieser Kinder sind gut eingegliedert<br />
in Regeleinrichtungen. Allerdings<br />
ist auch dieser Erfolg nicht zum Nulltarif<br />
erhältlich. Voraussetzungen sind eine positive<br />
Einstellung der Regelschullehrer, nicht<br />
zu grosse Klassen, optimale akustische<br />
Bedingungen, gute und korrekt eingestellte<br />
Hörhilfen und die Unterstützung<br />
durch die da<strong>für</strong> spezialisierten<br />
Audiopädagogischen Dienste.<br />
Noch einmal zurück zur „Erklärung von<br />
Salamanca“: „Wir glauben und erklären,<br />
<strong>das</strong>s Kinder mit besonderen Bedürfnissen<br />
Zugang zu regulären Schulen haben<br />
müssen, die sie mit einer kindzentrierten<br />
Pädagogik, die ihren Bedürfnissen gerecht<br />
werden kann, aufnehmen soll“.<br />
Darin sah man <strong>das</strong> beste Mittel, diskriminierende<br />
Haltungen zu bekämpfen und<br />
Gemeinschaften zu schaffen, die alle willkommen<br />
heissen. Die Regierungen wurden<br />
aufgefordert, höchstes Augenmerk auf die<br />
Verbesserung der Schulsysteme zu richten<br />
und entsprechende Gesetze zu erlassen,<br />
die <strong>das</strong> Prinzip der integrativen Pädagogik<br />
anerkennen.<br />
Ich bin froh um diesen Hinweis. Bei aller<br />
ethisch wertvollen Intention, eine Schule<br />
<strong>für</strong> alle zu haben, darf nicht übersehen<br />
werden, <strong>das</strong>s es auch hier Grenzen gibt:<br />
Mehrfachbehinderungen, Ausgrenzungen,<br />
wenig Unterstützung durch die Eltern, zu<br />
schnelles Lerntempo in der Oberstufe, Engpässe<br />
bei der beruflichen Eingliederung<br />
und vieles mehr können Grenzen setzen.<br />
Für mich ist immer wieder folgende Überlegung<br />
wichtig: Nicht die pädagogische Ideologie,<br />
nicht die politische Überzeugung der<br />
Schulbehörden und nicht die finanzielle<br />
Situation der Gemeinde soll <strong>für</strong> die richtige<br />
Schulwahl entscheidend sein, sondern<br />
einzig und allein die Bedürfnisse des<br />
Kindes sollten dabei ausschlaggebend im<br />
Zentrum stehen.<br />
Euer Bruno Schlegel<br />
Präsident <strong>sonos</strong><br />
Quellen:<br />
• Salamanca Erklärung zur Pädagogik <strong>für</strong><br />
besondere Bedürfnisse<br />
• Die Wirkungen der schulischen Integration<br />
von Kindern mit einer geistigen Behinderung,<br />
Prof. Dr. G. Bless, Universität Fribourg
Impressum<br />
Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />
Wussten Sie, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Jahr 20<strong>11</strong> ganz im<br />
Zeichen der Freiwilligenarbeit steht?<br />
Das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit<br />
(EJF) ist <strong>das</strong> am 27. November 2010<br />
vom Rat der Europäischen Union und dem<br />
Europäischen Parlament auf Vorschlag der<br />
Kommission beschlossene Europäische<br />
Jahr 20<strong>11</strong>.<br />
Die EU hat <strong>das</strong> freiwillige Engagement ihrer<br />
Bürger seit langem als Element der Förderung<br />
des sozialen Zusammenhalts sowie<br />
als wichtigen Wirtschaftsfaktor erkannt.<br />
Laut einer aktuellen Studie der Europäischen<br />
Kommission sind rund 92 bis 94 Millionen<br />
Erwachsene in der EU im freiwilligen<br />
Sektor aktiv. Das sind etwa 22 bis 23 Prozent.<br />
Freiwilligentätigkeit zieht sich dabei<br />
quer durch alle Altersgruppen. Eine besonders<br />
wichtige Rolle im ehrenamtlichen<br />
Engagement nimmt in fast allen EU-Mitgliedstaaten<br />
der Sport ein. Auch als Wirtschaftsfaktor<br />
hat Freiwilligentätigkeit in<br />
den meisten EU-Mitgliedstaaten eine hohe<br />
Bedeutung. In Österreich, den Niederlanden<br />
und Schweden trägt ehrenamtliches<br />
Engagement mit mehr als drei Prozent zum<br />
Bruttoinlandsprodukt bei.<br />
Ziel des Europäischen Jahres 20<strong>11</strong> ist es, die<br />
Bedeutung der Freiwilligentätigkeit <strong>für</strong> die<br />
europäische Gesellschaft bekannter zu<br />
machen. Daneben sollen die Freiwilligentätigkeit<br />
gefördert, Freiwilligenorganisationen<br />
gestärkt und ehrenamtliches<br />
Engagement stärker gewürdigt werden.<br />
Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann<br />
unterstreicht die Leistungen der Freiwilligen<br />
in seinem Statement: „In der Schweiz<br />
engagieren sich 1.3 Millionen Menschen in<br />
einem Verein oder einer Organisation, weitere<br />
1.5 Millionen Menschen leisten auf die<br />
eine oder andere Art Freiwilligenarbeit. Das<br />
ist beachtlich und lobenswert, denn wer<br />
sich ehrenamtlich <strong>für</strong> die Öffentlichkeit einsetzt,<br />
trägt zum Funktionieren des Staates<br />
bei, eint die Gesellschaft und unterstützt<br />
die Wirtschaft. Ein grosses Dankeschön<br />
gehört deshalb jenen Menschen, die sich<br />
jahraus jahrein ohne Wenn und Aber <strong>für</strong><br />
<strong>das</strong> Wohl der Allgemeinheit engagieren.“<br />
Auch bei den schweizerischen Dachorganisationen<br />
und ihren Mitgliedern, die sich <strong>für</strong><br />
hörbehinderte Menschen in ganz unterschiedlichen<br />
Ausrichtungen und Tätigkeitsfeldern<br />
engagieren, stellen seit jeher zahlreiche<br />
Freiwillige ihr Wissen und Wirken zur<br />
Verfügung. Sie leisten viele tausend<br />
Stunden jährlich „pro bono“, d.h. ohne<br />
finanzielle Abgeltung - ganz im Sinne und<br />
getreu der typischen traditionellen urschweizerischen<br />
Haltung. Gerade im<br />
Jubiläumsjahr von <strong>sonos</strong> soll ihnen allen<br />
gedankt und sich derer erinnert werden,<br />
die mit ihrer uneigennützigen Handlungsweise<br />
massgeblich und wegleitend dazu<br />
beigetragen haben, <strong>das</strong>s <strong>sonos</strong> im 20<strong>11</strong><br />
seinen hundertsten Geburtstag feiern<br />
kann.<br />
Gehörlose und Hörbehinderte werden auch<br />
weiterhin auf Euch, die Freiwilligen, zählen.<br />
Herzlichen Dank.<br />
Erscheint monatlich<br />
Herausgeber<br />
<strong>sonos</strong><br />
<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />
Hörgeschädigten-Organisationen<br />
Feldeggstrasse 69<br />
Postfach 1332<br />
8032 Zürich<br />
Telefon 044 421 40 10<br />
Fax 044 421 40 12<br />
E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />
Redaktion<br />
Redaktion <strong>sonos</strong><br />
Feldeggstrasse 69<br />
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Druck und Spedition<br />
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<strong>sonos</strong> verwendet bei Personen zur<br />
Vereinfachung abwechslungsweise die<br />
weibliche oder männliche Form,<br />
angesprochen sind beide Geschlechter.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />
Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />
und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />
Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />
geben nicht in jedem Fall die Auffassung des<br />
Herausgebers wieder.<br />
Auch in der Schweiz wird im Jahr 20<strong>11</strong> auf<br />
die Wichtigkeit der Freiwilligenarbeit mit<br />
verschiedenen Veranstaltungen und<br />
gezielten Informationen aufmerksam<br />
gemacht.<br />
Unterschiedliche Organisationen haben<br />
sich unter dem Patronat von Bundesrat<br />
Johann N. Schneider-Ammann zusammengeschlossen,<br />
um <strong>für</strong> die Freiwilligenarbeit<br />
zu werben und deren Bedeutung hervorzuheben.<br />
Roger Ruggli<br />
Master of Arts (M.A.)<br />
Redaktor<br />
Die nächste Ausgabe erscheint<br />
am 1. März 20<strong>11</strong><br />
Redaktionsschluss:<br />
15. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong><br />
Titelbild: Mady Mauli, Pfarrer Rudolf Kuhn<br />
und Nicolas Mauli von der Katholischen<br />
Gehörlosengemeinde Basel<br />
3
100<br />
Jahre<br />
19<strong>11</strong> - 20<strong>11</strong><br />
... im Einsatz <strong>für</strong> Gehörlose und<br />
Schwerhörige!<br />
Schweizerische Vereinigung der Eltern<br />
hörgeschädigter Kinder - SVEHK<br />
Text: Tobias Schölly, Präsident SVEHK<br />
<strong>sonos</strong> gibt uns freundlicherweise die Gelegenheit,<br />
die Elternvereinigung hörgeschädigter<br />
Kinder (SVEHK, französisch<br />
ASPEDA, italienisch ASGBA) im „<strong>sonos</strong>“<br />
vorzustellen. Wir nehmen diese Gelegenheit<br />
gerne war.<br />
Mitglieder<br />
Mitglied wird man bei uns nicht aus Sympathie<br />
oder weil man andere Vereinsmitglieder<br />
kennt. Wir sind alles Eltern hörgeschädigter<br />
Kinder - eine Schicksalsgemeinschaft.<br />
Und weil Hörschädigungen statistisch<br />
verteilt vorkommen, sind die politischen<br />
und konfessionellen Ansichten der<br />
Eltern hörgeschädigter Kinder so verteilt<br />
wie in der übrigen Bevölkerung. Deshalb<br />
sind wir politisch und konfessionell neutral.<br />
Wir wollen, <strong>das</strong>s alle betroffenen<br />
Eltern bei uns Mitglied sein können.<br />
Werden in der Schweiz Angelegenheiten<br />
diskutiert, die uns etwas angehen - etwa,<br />
ob der Staat Hörgeräte zentral einkaufen<br />
darf - und bei denen verschiedene Meinungen<br />
richtig sein können, informieren<br />
wir möglichst umfassend und diskutieren<br />
mitunter heftig darüber. Wir geben aber<br />
keine Abstimmungsempfehlung heraus.<br />
Durch <strong>das</strong> Sorge- und Erziehungsrecht<br />
(oder auch: -pflicht) <strong>für</strong> ein hörgeschädigtes<br />
Kind wird man nicht automatisch<br />
Mitglied der SVEHK. Auch bei uns muss<br />
man aktiv eintreten. Und weil sich die<br />
Eltern hörgeschädigter Kinder nicht mehr<br />
unbedingt an einer Schule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />
sehen und sich so nicht mehr untereinander<br />
kennen lernen, müssen wir auf<br />
uns aufmerksam machen; so machen wir<br />
auch Werbung <strong>für</strong> uns.<br />
Seit wann gibt es den SVEHK?<br />
Es gibt uns seit 1974. Damals war der<br />
Hauptzweck, die Integration in die Regelschule<br />
zu erkämpfen. Heute ist dies weitgehend<br />
erreicht. Weil die Integration aber<br />
nicht in jedem Fall <strong>für</strong> jedes Kind und jede<br />
Familie zu jedem Zeitpunkt die beste<br />
Lösung darstellt, wehren wir uns in diesen<br />
Fällen <strong>für</strong> die Sonderschulung. Wir wollen,<br />
<strong>das</strong>s die Eltern entscheiden, welchen Weg<br />
ihr Kind gehen darf. Wir setzen uns <strong>für</strong><br />
dieses Eltern- und Kinderecht ein und wir<br />
helfen den Eltern bei der Entscheidungsfindung,<br />
indem wir Kontakte mit Eltern vermitteln,<br />
die diesen Weg schon gegangen sind.<br />
Die fachliche Information hingegen gehört<br />
den Fachleuten.<br />
Was macht der SVEHK?<br />
Etwa jedes tausendste Kind kommt mit<br />
einer Hörschädigung zu Welt. Bis zum<br />
Erwachsenenalter kommen noch fünf von<br />
zehntausend Kindern dazu (Krankheiten,<br />
Unfälle). Etwa die Hälfte dieser Kinder<br />
tragen ein CI (Cochlea Implant), die meisten<br />
anderen Hörgeräte. Es gibt auch Familien,<br />
die in der Gebärdensprache kommunizieren<br />
und solche, die den bimodalen<br />
(Laut- und Gebärdensprache) Weg gehen.<br />
In der SVEHK sind etwa zwanzig Prozent<br />
der betroffenen Familien organisiert. Die<br />
SVEHK Dachorganisation vereinigt elf<br />
Regionalgruppen, die sich um die Schulen<br />
<strong>für</strong> hörgeschädigte Kinder (die früheren<br />
Taubstummenanstalten) gebildet haben.<br />
Die meisten dieser Schulen bieten heute<br />
nur noch einen audiopädagogischen Dienst<br />
an, der die Kinder, deren Familien und<br />
Lehrer vor Ort in der Regelschule unterstützen,<br />
und keine Klassen mehr mit ausschliesslich<br />
hörgeschädigten Kindern.<br />
Was wollen wir, was andere<br />
nicht auch wollen (aus dem<br />
Leitbild):<br />
• Wir wollen, <strong>das</strong>s unsere Kinder trotz ihrer<br />
unsichtbaren Behinderung selbständige<br />
Erwachsene werden<br />
• Wir wollen, <strong>das</strong>s die Eltern selbst über<br />
den einzuschlagenden Therapieweg entscheiden<br />
können und dürfen<br />
• Wir wollen eine ausgezeichnete (Schul-)<br />
Bildung <strong>für</strong> unsere Kinder<br />
• Wir wollen, <strong>das</strong>s der Zugang zur Information<br />
erleichtert wird, indem Fernsehsendungen<br />
untertitelt und Informationen<br />
visuell vermittelt werden<br />
• Wir wollen, <strong>das</strong>s eine Hörbehinderung<br />
nicht mit einer geistigen Schwäche<br />
gleichgesetzt wird<br />
Und <strong>das</strong> tun wir da<strong>für</strong>:<br />
Wir unterstützen uns gegenseitig mit<br />
unseren gemachten Erfahrungen, wir<br />
melden uns bei den Schulen, wenn uns<br />
Eltern Schwierigkeiten melden. Wir können<br />
keine direkte Rechtshilfe geben, weil wir<br />
keine Juristen sind. Aber wir weisen Eltern<br />
auf die Beratungsstellen und auf den<br />
Ombudsmann von pro audito und die<br />
Rechtshilfe <strong>für</strong> Behinderte weiter. Wir<br />
helfen Briefe an Behörden schreiben und<br />
wir stützten uns gegenseitig moralisch.
Unsere Treffen finden vermehrt mit den<br />
ganzen Familien statt. So lernen sich hörbehinderte<br />
Kinder gegenseitig kennen.<br />
Früher taten sie dies an der Sonderschule,<br />
heute haben sie in der Regelschule kaum<br />
mehr eine Gelegenheit dazu.<br />
Einblick in die SVEHK<br />
Regionalgruppen<br />
Es gibt Regionalgruppen in der Romandie<br />
und in der Deutschschweiz, die Tessiner<br />
gehören zurzeit noch der Regionalgruppe<br />
Basel an.<br />
Die eigentlichen Vereinstätigkeiten finden<br />
in den Regionalgruppen statt. Für die Eltern<br />
in der ganzen Schweiz gibt es jedes Jahr<br />
eine zweitätige Elterntagung an wechselnden<br />
Orten.<br />
Wir sind eine Selbsthilfeorganisation mit<br />
allen dazugehörigen Vor- und Nachteilen.<br />
Wir arbeiten viel und <strong>das</strong> in unserer Freizeit.<br />
Wir müssen uns die Informationen<br />
selbst holen und verstehen lernen. Weil wir<br />
Eltern verschiedenste Berufe ausüben,<br />
kommen auch viele Kenntnisse zusammen,<br />
die sich gegenseitig ergänzen. So erweitern<br />
wir unseren Horizont und schaffen uns<br />
Beziehungsnetze. Wir sind authentisch und<br />
wir geniessen Sympathie.<br />
Elterntagung mit vielen Attraktionen <strong>für</strong> die Kinder.<br />
Fast alle bei uns arbeiten ehrenamtlich, nur<br />
die beiden Sekretärinnen (zusammen nicht<br />
einmal eine ganze Stelle) und die Bulletinredaktorinnen<br />
erhalten eine Entschädigung<br />
aus der Subvention vom Bundesamt <strong>für</strong><br />
Sozialversicherungen (BSV). Wir haben<br />
einen eigenen Leistungsvertrag mit dem<br />
BSV <strong>für</strong> <strong>das</strong> Erbringen von „LUFEB“ (Leistungen<br />
<strong>für</strong> die Unterstützung und Förderung<br />
<strong>für</strong> die Eingliederung von Behinderten).<br />
Schlusswort<br />
Weil wir klein sind, arbeiten wir mit andern<br />
Organisationen zusammen. Das sind<br />
andere Elternvereinigungen, andere<br />
Selbsthilfegruppen und andere Organisationen<br />
in der Hörgeschädigtenwelt. Mit<br />
diesen arbeiten wir an gemeinsamen Projekten<br />
und führen auch Veranstaltungen<br />
durch.<br />
Von den Kindern heiss geliebt, die Samichlausfeier im Wald.<br />
5
Die Kinder stehen im Mittelpunkt.<br />
Zum Vereinsleben der<br />
SVEHK gehört auch die<br />
Lancierung und Umsetzung<br />
verschiedenster Projekte.<br />
Vereinsmitglieder bei einer Werbeaktion<br />
<strong>für</strong> die SVEHK.
Zeittableau: 100 Jahre <strong>sonos</strong> – Facts<br />
and Figures<br />
Wer war bei <strong>sonos</strong> von wann bis wann <strong>für</strong><br />
<strong>das</strong> Präsidium, die Geschäftsleitung und<br />
die Redaktionsleitung der <strong>Verband</strong>szeitschrift<br />
zuständig, wie gestaltete sich die<br />
Einnahmen- und Ausgabensituation, wie<br />
verlief die Gründung des <strong>Verband</strong>es und<br />
wie hat <strong>sonos</strong> den Jahrtausendwechsel vor<br />
10 Jahren überstanden?<br />
Der <strong>Verband</strong> und seine<br />
Repräsentanten<br />
Die nachfolgenden Zeittableaus, die mit<br />
der wertvollen Unterstützung von Heinrich<br />
Beglinger erarbeitet werden konnten,<br />
verleihen einen Überblick.<br />
Der Name des <strong>Verband</strong>s<br />
Am 2. Mai 19<strong>11</strong> wurde in Olten der „Schweizerische<br />
Fürsorgeverein <strong>für</strong> Taubstumme“<br />
gegründet. 1920 schloss sich dieser Verein<br />
der neugegründeten „Vereinigung <strong>für</strong> Anormale“<br />
(heute Schweizerische Vereinigung<br />
pro infirmis) an.<br />
Jahr Präsidium Geschäftsführung Redaktionsleitung<br />
19<strong>11</strong> Hans Wydler (Kaufmann) Eugen Sutermeister Eugen Sutermeister (gehörlos)<br />
1914 Walter Ernst (Jurist/Oberrichter)<br />
1926 Dr. Heinrich Preiswerk (Rektor)<br />
1931 Johann Held (Pfarrer i.R.) Adolf Lauener Adolf Lauener<br />
1938 Henriette Lauener Henriette Lauener<br />
1941 Pfarrer Alfred Knittel Arnold Scherrer Johannes Hepp<br />
1950 Hans Gfeller<br />
1951 Marta Muggli<br />
1957 Gertrud Gallmann<br />
1960 Elisabeth Mittelholzer<br />
1962 Alfred Roth<br />
1963 Dr. iur. Georg Wyss<br />
1966 Verena Eichenberger<br />
1969 Kathi Biellmann<br />
1970 Anita von Siebenthal<br />
1971 Marianne Huber-Capponi<br />
1978 Erhard Conzetti<br />
1982 Erhard Conzetti mit Team bestehend aus:<br />
Heinrich Beglinger (gehörlos)/Walter Gnos (gehörlos)/<br />
Markus Huser (gehörlos)/Elisabeth Hänggi (schwerhörig)<br />
1983 Hanspeter Keller Erika Müller Viererteam bestehend aus:<br />
Heinrich Beglinger/Walter Gnos/ Elisabeth Hänggi/<br />
Trudi Bühlmann<br />
1984<br />
1985<br />
1986 Martin Hintermann mit Team<br />
1990 Matthys Böhm Regine Kober<br />
1992 Beat Kleeb (gehörlos) Monika Landmann<br />
1994 Co-Präsidium:<br />
Bruno Steiger/Felix Urech (gehörlos)<br />
1995<br />
1996 Anke Zinsmeister<br />
1998 Andreas Meier Christina Stahlberger<br />
2000 Ruedi Heer<br />
2003 Ernst Bastian<br />
2004 Pia Estermann<br />
2005 Susanne Rüegg<br />
2006 Léonie Kaiser Roger Ruggli<br />
2008 Bruno Schlegel<br />
20<strong>11</strong><br />
7
1925 wurde die „Schweizerische Vereinigung<br />
<strong>für</strong> Bildung taubstummer und schwerhöriger<br />
Kinder“ gegründet.<br />
1933 erfolgte der Zusammenschluss des<br />
„Schweizerischen Fürsorgevereins <strong>für</strong><br />
Taubstumme“ und der „Schweizerischen<br />
Vereinigung <strong>für</strong> Bildung taubstummer und<br />
schwerhöriger Kinder“ zum Schweizerischen<br />
<strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Taubstummenhilfe“,<br />
welcher 1960 den Namen „<strong>Schweizerischer</strong><br />
<strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Taubstummen- und Gehörlosenhilfe“<br />
annahm.<br />
Mit der Statutenrevision von 1977 wurde<br />
der <strong>Verband</strong> in „<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> Gehörlosenwesen“ - SVG - umbenannt.<br />
Gemäss Beschluss der a.o. Delegiertenversammlung<br />
vom 22. März 2002 wurde der<br />
<strong>Verband</strong> in „<strong>sonos</strong>“ umbenannt. Der Name<br />
„<strong>sonos</strong>“ leitet sich ab aus dem lateinischen<br />
Wort Sonus (Laut, Ton, Klang) bzw. sonare,<br />
was tönen, klingen widerhallen bedeutet.<br />
Hans Wydler-<br />
Oboussier, erster<br />
Präsident des<br />
Schweizerischen<br />
Fürsorgevereins <strong>für</strong><br />
Taubstumme -<br />
heute <strong>sonos</strong>.<br />
Der <strong>Verband</strong> und <strong>das</strong> Geld<br />
Mitgliederbeiträge<br />
Anfangs alimentierte sich der <strong>Verband</strong><br />
eigentlich nur über Mitgliederbeiträge.<br />
Beiträge von pro infirmis<br />
1924 wurden über die seinerzeitige<br />
„Schweizerische Vereinigung <strong>für</strong> Anormale“<br />
heute pro infirmis erstmals<br />
Fr. 1'200.-- Bundesgelder erhältlich. pro<br />
infirmis hatte ja damals die Hauptaufgabe,<br />
Mittel <strong>für</strong> die angeschlossenen Organisationen<br />
zu beschaffen. Über die Kartenspende<br />
erhielt <strong>sonos</strong> ab 1931 dann so Fr.<br />
9'000.--. 1984 flossen unserem <strong>Verband</strong><br />
unter diesem Titel Fr. 25'000.-- zu und von<br />
1985 bis 2002 jedes Jahr Fr. 55'000.--.<br />
Erlös aus dem Gehörlosenkalender<br />
Als zweiter wichtiger Einnahmeposten seit<br />
den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts<br />
erwies sich der Gehörlosenkalender,<br />
der damals noch als „Taubstummen-<br />
Kalender“ bezeichnet worden ist.<br />
1909 und 1910 gab Eugen Sutermeister<br />
einen „Schweizerischen Taubstummenka-<br />
lender“ heraus. Als Grundlage diente ihm<br />
der „Deutsche Taubstummenkalender“,<br />
den er den schweizerischen Verhältnissen<br />
anpasste. Viel später, zwischen 1948 und<br />
1971 erschien in 23 Auflagen ein kleiner<br />
Taschenkalender mit vielen Adressen und<br />
Hinweisen aus dem In- und Ausland mit der<br />
Bezeichnung „<strong>Schweizerischer</strong> Gehörlosenkalender“.<br />
Als Herausgeber figurierte<br />
der Schweizerische Gehörlosenbund.<br />
Wichtiger als diese beiden Publikationen<br />
wurde <strong>für</strong> <strong>sonos</strong> indes, was der damalige<br />
Zentralvorstand am 1. Oktober 1934 auf der<br />
Traktandenliste behandelt hatte: Buchdrucker<br />
Binkert aus Laufenburg hatte eine<br />
Offerte im Zusammenhang mit der Herausgabe<br />
eines Taubstummenkalenders<br />
gestellt Die daraus resultierende Einnahmequelle<br />
schien <strong>für</strong> <strong>sonos</strong> attraktiv. Man<br />
holte noch eine Gegenofferte bei Hallwag<br />
in Bern ein, denn diese Grossdruckerei gab<br />
seit 1922 einen zweisprachigen Blindenkalender<br />
heraus. Der Zentralvorstand<br />
beschloss deshalb einstimmig, <strong>das</strong>s im<br />
Jahr 1936 der erste Jahrgang erscheinen<br />
sollte über den Hallwag-Verlag, der noch<br />
heute den Gehörlosenkalender herausgibt.<br />
Die Erträge <strong>für</strong> <strong>sonos</strong> über diese neue Einnahmequelle<br />
verliefen erfreulich, was die<br />
nachstehenden Zahlen veranschaulichen.<br />
Jahrgang Auflage Verkaufspreis Einnahmen <strong>für</strong> <strong>sonos</strong><br />
1936 15‘000 Fr. 1.20 Fr. 4‘283.40<br />
1946 40‘000 Fr. 1.35 Fr. 5‘895.30<br />
1956 45‘300 Fr. 1.90 Fr. 10‘652.25<br />
1966 50‘300 Fr. 2.40 Fr. 17‘356.50<br />
1976 69‘800 Fr. 4.50 Fr. 43‘058.40<br />
1985 Fr. 96‘556.00<br />
1986 131‘600 Fr. 7.20 Fr. <strong>11</strong>2'342.60<br />
1996 keine Angaben Fr. 15.60 Fr. 213‘085.45<br />
2006 keine Angaben<br />
verkaufte Expl. 35‘640 Fr. 18.50 Fr. 394‘768.95<br />
2010 keine Angaben<br />
verkaufte Expl. 31‘928 Fr. 19.50 Fr. 385‘359.85
Staatsbeiträge des BSV<br />
Seit 1960 wurde es möglich, gewisse Leistungen,<br />
die von Organisationen der privaten<br />
Behindertenhilfe erbracht wurden,<br />
mit der Invalidenversicherung zu verrechnen.<br />
1960 erhielt <strong>sonos</strong> vom seinerzeit parallel<br />
zur Inkraftsetzung des Invalidenversicherungsgesetzes<br />
neu gegründeten Bundesamt<br />
<strong>für</strong> Sozialversicherungen, BSV, erstmals<br />
Fr. 7'093.--. 1984 waren es bereits Fr.<br />
92'681.--. Die seinerzeitigen Staatsbeiträge<br />
waren als Lohnsummen-Subventionierung<br />
konzipiert. 1996 betrug der so vom BSV<br />
erhältliche Betrag Fr. 1‘952‘880.00 (Beitrag<br />
<strong>für</strong> Gehälter der <strong>sonos</strong>-Angestellten, Dolmetscher<br />
und Teletext). Im Jahr 2000 stellte<br />
<strong>das</strong> BSV die bisherige Lohnsummen-Subventionierung<br />
um auf Leistungsverträge.<br />
Seither muss auf recht aufwändige Art und<br />
Weise Rechenschaft abgelegt werden über<br />
die Aktivitäten und es findet durch <strong>das</strong> BSV<br />
ein sorgfältiges Controlling und Reporting<br />
über die einzelnen wahrgenommenen Aufgaben<br />
aller Leistungserbringer statt. 2005<br />
wurden seitens des BSV Fr. 6‘400‘879.00 an<br />
<strong>sonos</strong> ausgerichtet (Beitrag an Consortium<br />
<strong>sonos</strong> / pro audito schweiz und Beitrag an<br />
Consortium <strong>sonos</strong> / SGB DS), im Jahr 2009<br />
Fr. 4‘821‘104.70 (Beitrag an Consortium<br />
<strong>sonos</strong>/ pro audito schweiz). Den Grossteil<br />
dieser Beträge leitete <strong>sonos</strong> an die Unterleistungsvertragsnehmenden<br />
weiter.<br />
Licht und Schatten im Verlauf<br />
von 100 Jahren<br />
<strong>Verband</strong>sgründung<br />
Nachdem Eugen Sutermeister im Jahre<br />
1900 mit seiner Schrift „Verlassene“ und<br />
1910 mit seiner Broschüre „Fürsorge <strong>für</strong><br />
erwachsene Taubstumme in der Schweiz“<br />
auf <strong>das</strong> Schicksal gehörloser Menschen in<br />
der Schweiz aufmerksam gemacht hatte<br />
bzw. viele Personen diesbezüglich sensibilisiert<br />
hatte, konnte er im März 19<strong>11</strong> ein<br />
Initiativ-Komitee bilden, dem 31 Personen<br />
angehörten, darunter namentlich Bundesrat<br />
Eduard Müller, 4 National- und 3<br />
Ständeräte, mehrere Ärzte und Pfarrer,<br />
dazu die deutschschweizerischen Vorsteher<br />
der Taubstummenschulen. Dieses<br />
Komitee lud schliesslich zur offiziellen<br />
Gründungsversammlung auf den 2. Mai<br />
19<strong>11</strong> nach Olten. Um 13.30 Uhr war es<br />
soweit. Im Bahnhofbuffet versammelten<br />
sich die Tagungsteilnehmer. 21 Personen,<br />
darunter 3 Gehörlose, vier Vorsteher von<br />
Taubstummenschulen, 5 Seelsorger, ferner<br />
Präsident und Sekretär der Schweizerischen<br />
Gemeinnützigen Gesellschaft.<br />
Tagungspräsident Leo Weber, Bundesrichter<br />
im Ruhestand, leitete die Verhandlung.<br />
Nach der Begrüssung hörte man<br />
einen Vortrag von Eugen Sutermeister,<br />
deren Hauptgedanken sich in den ersten<br />
Statuten des <strong>Verband</strong>es wiederspiegeln.<br />
Einige Kennzahlen aus Erfolgsrechnung und Bilanz im Lauf von 100 Jahren<br />
Jahr Ertrag Aufwand Vermögen<br />
1915 Fr. 6‘783.00 Fr. 14‘084.00 Fr. 12‘185.46<br />
1925 Fr. 8‘138.00 Fr. 7‘215.00 Fr. Angaben fehlen<br />
1935 Fr. 19‘950.00 Fr. 19‘950.00 Fr. 98‘056.00<br />
1945 Fr. 23‘053.03 Fr. 20‘225.43 Fr. 166‘650.30<br />
1955 Fr. 32‘165.10 Fr. 40‘018.30 Fr. 175‘503.05<br />
1965 Fr. 54‘696.00 Fr. 75‘423.51 Fr. 62‘976.30<br />
1975 Fr. 132‘486.00 Fr. 127‘848.00 Fr. 162‘396.75<br />
1985 Fr. 313‘990.25 Fr. 3<strong>11</strong>‘537.60 Fr. 416‘534.20<br />
1996 Fr. 2‘988‘328.72 Fr. 2‘906’34.20 Fr. 672‘536.15<br />
2005 Fr. 7‘615.473.31 Fr. 7‘649‘075.63 Fr. 701‘693.00<br />
2009 Fr. 5‘722‘788.28 Fr. 5‘063‘212.43 Fr. 1‘421‘602.00<br />
Der Zweckartikel nannte eine dreifache<br />
Tätigkeit:<br />
• Förderung der Gehörlosenpfarrämter mit<br />
den Aufgaben: Gottesdienste, Hausbesuche,<br />
Vermittlung geistlicher Nahrung<br />
und <strong>für</strong>sorgerische Tätigkeit<br />
• Gewährleistung des Schulbesuchs von<br />
gehörlosen Kindern und Öffentlichkeitsarbeit<br />
über die Herausgabe einer<br />
eigenen Zeitung und Planung von Fortbildungsschulen<br />
• Verbesserung der beruflichen Ausbildung<br />
Schulentlassener, Gründung von<br />
Wohnheimen und Schaffung eines Zentralsekretariats<br />
<strong>für</strong> den <strong>Verband</strong><br />
Die ersten 75 Jahre des <strong>Verband</strong>es<br />
In der 1986 herausgegebenen Jubiläumsschrift<br />
zum 75-jährigen Bestehen des <strong>Verband</strong>es<br />
von Willi Pfister wird <strong>das</strong> verdienstvolle<br />
Wirken des <strong>Verband</strong>es in den Jahrzehnten<br />
bis Mitte der 80er Jahre anschaulich<br />
beschrieben, <strong>das</strong> parallel zur Entwicklung<br />
der Schweiz auf dem Weg zum Sozialstaat<br />
und zu den Errungenschaften der<br />
modernen Hörgerätetechnik gelaufen ist.<br />
Der <strong>Verband</strong> und der Jahrtausendwechsel<br />
Ende der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts<br />
wurde versucht, dem Gehörlosenwesen<br />
eine neue Ausrichtung im Rahmen<br />
des Projektes GL 2000 zu geben. Diese<br />
Bestrebungen waren - wie man dem Jahresbericht<br />
1998 des seinerzeitigen Präsidenten<br />
von <strong>sonos</strong>, Andreas Meier, entnehmen<br />
kann - Mitte 1998 definitiv<br />
gescheitert. „Die Vorstellungen der Selbsthilfe-<br />
und Fachhilfe-Vertreter konnten nicht<br />
auf einen gemeinsamen Nenner gebracht<br />
werden“, schreibt Meier. Im Jahresbericht<br />
1999 erwähnt Andreas Meier, <strong>das</strong>s der SGB<br />
als Selbsthilfeverband aus dem SVG - wie<br />
<strong>sonos</strong> damals hiess - austreten würde. Er<br />
sei überzeugt, <strong>das</strong>s dies der einzig richtige<br />
Weg gewesen sei, um die Querelen der Vergangenheit<br />
zu überwinden, äussert Andreas<br />
Meier im Weiteren und <strong>das</strong>s die beiden<br />
jetzt eigenständigen Verbände sich zu einer<br />
partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />
hätten finden und bereits verschiedene<br />
gemeinsame Projekte in die Wege hätten<br />
leiten können. Das Jahr 1999 war <strong>für</strong> den<br />
SVG mit Umstrukturierungen verbunden,<br />
galt es doch den Aufbau des neuen Dol-<br />
9
metschdienstes und die zukünftige Sicherung<br />
der Dolmetscheraufgaben als gemeinsame<br />
Aufgabe mit dem SGB sicherzustellen<br />
und die vom BSV geforderte Umstellung<br />
auf Leistungsverträge vorzunehmen.<br />
Die Jahre 2002 und 2003 waren geprägt<br />
von intensiver Zusammenarbeit mit pro<br />
audito schweiz im Hinblick auf den damals<br />
geplanten <strong>für</strong> 2004 vorgesehenen Zusammenschluss<br />
der beiden Verbände.<br />
Das Geschäftsjahr 2004 wurde vom seinerzeitigen<br />
<strong>Verband</strong>spräsidenten Ernst<br />
Bastian umschrieben als ein Jahr des Einbruchs<br />
und des Aufbruchs. Die abrupte<br />
Trennung vom damaligen Geschäftsführer<br />
hatte zu einer zeitweiligen Paralysierung<br />
und Stagnation bei der Bewältigung des<br />
Aufgabenportfolios geführt. Die anschliessende<br />
Neuausrichtung benötigte Zeit. Aufgrund<br />
der im Frühjahr 2004 vorliegenden<br />
diffusen Gegebenheiten in der Geschäftsstelle<br />
wurde die Fusion mit pro audito<br />
schweiz nicht umgesetzt. Der damalige<br />
<strong>sonos</strong>-Präsident Ernst Bastian hat anschliessend<br />
viel wertvolle Aufbauarbeit<br />
geleistet, die wesentlich zu einer Situations-<br />
und Rollenklärung bei den verschiedenen<br />
Repräsentanten des <strong>Verband</strong>es und<br />
Exponenten seiner Mitglieder wie auch bei<br />
den Partnerorganisationen beigetragen<br />
hat.<br />
An der Delegiertenversammlung 2006 ist<br />
dem Antrag von Jan Keller, der zu diesem<br />
Zeitpunkt in den <strong>sonos</strong>-Vorstand gewählt<br />
wurde, entsprochen worden, eine Strategieentwicklungsgruppe<br />
einzusetzen. Ein<br />
interdisziplinär zusammengesetztes Gremium,<br />
dem verschiedenste VertreterInnen<br />
der Mitgliederorganisationen angehörten,<br />
hat unter der externer Moderation einer<br />
ausgewiesenen Fachkraft in vielen konstruktiv<br />
geführten Sitzungen im Jahr 2007<br />
eine zeitgemässe Strategie <strong>für</strong> den Fachhilfedachverband<br />
erarbeitet, die dann 2008<br />
an der ordentlichen Delegiertenversammlung<br />
verabschiedet wurde. Der ebenfalls an<br />
der Delegiertenversammlung 2008 neu<br />
gewählte <strong>sonos</strong>-Präsident, Bruno Schlegel,<br />
setzt diese Neuorientierung des <strong>Verband</strong>s<br />
zusammen mit dem gesamten Vorstand<br />
seither authentisch um. Alle Aktivitäten des<br />
<strong>Verband</strong>s werden kontinuierlich überprüft.<br />
In Anbetracht der Schnelllebigkeit der heutigen<br />
Zeit wird die Strategie laufend modifiziert<br />
und in adäquater Weise aktuellen<br />
Gegebenheiten angepasst. So wird <strong>sonos</strong><br />
im hundertsten Jahr seines Bestehens<br />
wieder als erstarkte Institution und wich-<br />
tiger Akteur innerhalb der Hörbehindertenszene<br />
und der Politik als auch bei Exponenten<br />
von Technik und Medizin wahr- und<br />
ernst genommen.<br />
Der <strong>Verband</strong> und seine<br />
Mitglieder<br />
Damit gehörlose und schwer hörbehinderte<br />
Menschen Arbeitsmarktfitness erlangen -<br />
dazu gehören Employability und Identität -<br />
ist eine bestmögliche Ausbildung elementar.<br />
Zu ganz essentiellen Mitgliedern<br />
von <strong>sonos</strong> gehören deshalb seit jeher<br />
neben den Gehörlosen<strong>für</strong>sorgevereinen,<br />
den Trägern der 7 Beratungsstellen, nach<br />
wie vor die ehemaligen Gehörlosenschulen,<br />
die heute mehrheitlich als Sprachheilschulen<br />
bezeichnet werden.<br />
Der <strong>Verband</strong> als Träger der<br />
Berufsschule <strong>für</strong><br />
Hörgeschädigte BSFH<br />
Besonders stolz ist <strong>sonos</strong>, <strong>das</strong>s der <strong>Verband</strong><br />
mittlerweile seit 57 Jahren Träger der<br />
Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte in Zürich-<br />
Oerlikon ist, welche im Jahr 2010 von rund<br />
220 hör- bzw. wahrnehmungsbeeinträchtigten<br />
jungen Leute, die eine Berufslehre<br />
absolvieren, besucht worden ist. Mit dieser<br />
Ausbildungsstätte wird seit fast sechs Jahrzehnten<br />
bereits in nachhaltiger Weise<br />
sichergestellt, <strong>das</strong>s diese Menschen bestmöglich<br />
<strong>für</strong> die Herausforderungen auf<br />
dem Arbeitsmarkt gerüstet sind.<br />
Fazit<br />
Arbeit ist elementar wichtig und bezeichnend<br />
<strong>für</strong> uns Menschen. Der Begriff existiert<br />
in allen Sprachen und gehört zu<br />
unseren frühesten Wörtern. Er birgt eine<br />
vielfältige Spannweite: vom Tun zum<br />
Schaffen und Arbeiten, vom Machen zum<br />
Gestalten und Wirken. Arbeiten umfasst<br />
nicht nur dem Erwerb dienende Tätigkeiten,<br />
sondern auch Erziehungs-, Familien-,<br />
politische und ehrenamtliche Arbeit.<br />
Mit all diesen Aspekten hat sich <strong>sonos</strong> seit<br />
seiner Gründung ganz stark befasst. Darüber<br />
legen die Jahresberichte über ein Jahrhundert<br />
und insbesondere die Schrift von<br />
Willi Pfister eindrücklich Zeugnis ab. So<br />
erstaunt es nicht, <strong>das</strong>s sich <strong>sonos</strong><br />
zusammen mit seinen Mitgliederorganisationen<br />
auch heutzutage sehr intensiv mit<br />
dem Thema befasst, wie gehörlose und<br />
schwer hörbehinderte Menschen Arbeitsmarktfitness<br />
erlangen. Denn durch den Einbezug<br />
in die Erwerbsgesellschaft sehen<br />
alle Menschen ihre persönliche Identität,<br />
ihren Lebensunterhalt und ihre gesellschaftliche<br />
Anerkennung gesichert. Deshalb<br />
ist vor allem dieser Faktor bei der Ausrichtung<br />
der verschiedenen Tätigkeiten von<br />
<strong>sonos</strong> - namentlich bei der wertvollen<br />
Gestaltung gemeinsamer Projekte<br />
zusammen mit dem SGB-FSS und pro<br />
audito schweiz - besonders wichtig.<br />
Infolge der heutigen medizinischen Möglichkeiten<br />
überleben viele frühgeborene<br />
Babys mit Mehrfachbehinderungen. Sehr<br />
häufig haben diese Kinder auch gravierende<br />
Hörschädigungen. Infolge der Vielzahl<br />
von Asylgesuchen und Wanderungsbewegungen<br />
ausländischer Menschen<br />
kommen zusehends auch schwer hörbehinderte<br />
Menschen aus Entwicklungsländern<br />
in die Schweiz, die kaum oder nur dürftig<br />
mit Hörgeräten versorgt worden und deren<br />
Sprachkompetenzen sehr schlecht sind.<br />
Gerade in diesen Bereichen scheint es<br />
wichtig, in Zukunft angemessene und sinnvolle<br />
Hilfsangebote aufzubauen. Auch all<br />
diese Menschen sollen in der Schweiz eine<br />
optimale Lebensqualität haben, nicht ausgegrenzt<br />
sein und ein sinnerfülltes Leben<br />
führen dürfen.<br />
Bei dieser kurzen Rückschau über 100 Jahre<br />
wird <strong>für</strong> die <strong>sonos</strong>-Redaktion erkennbar,<br />
<strong>das</strong>s <strong>für</strong> unseren <strong>Verband</strong> <strong>das</strong> Motto gelten<br />
dürfte: „Wer Umwege macht, der kennt die<br />
Landschaft besser“ oder wie es Sören Kierkegaard<br />
beschreibt: „Wer arbeitet, bewegt<br />
sich von sich selbst weg, durch die Welt<br />
hindurch, zu sich selbst zurück“.<br />
[lk]<br />
Quellen:<br />
Willi Pfister: Gemeinsam unterwegs, 1986<br />
Diverse Jahresberichte SVG bzw. <strong>sonos</strong>
40 Jahre katholische Gehörlosengemeinde<br />
Basel<br />
Am 15. Januar 20<strong>11</strong> findet der erste Gottesdienst<br />
im neuen Jahr der katholischen<br />
Gehörlosengemeinde Basel im Pfarreiheim<br />
St. Franziskus in Riehen statt.<br />
26 Personen darf Pfarrer Rudolf Kuhn an<br />
diesem strahlend sonnigen und fast frühlingshaft<br />
warmen Samstagnachmittag<br />
begrüssen. Schon zu Beginn des Gottesdienstes<br />
weist er darauf hin, <strong>das</strong>s die<br />
katholische Gehörlosengemeinde Basel<br />
heuer ihr 40-Jahrjubiläum feiern könne.<br />
1971 hat alles angefangen<br />
1971 sei er von Bischof zum Priester<br />
geweiht worden. Damals sei es als ein Riesenproblem<br />
empfunden worden, was man<br />
mit einem schwerhörigen Priester machen<br />
solle. Im August 1971 habe er deshalb in<br />
Genf während dreier Wochen ein Seminar<br />
über Gehörlosenseelsorge besuchen<br />
können bei Denis Mermod. Viele von<br />
Gehörlosigkeit Betroffene aber auch Nichtbetroffene<br />
aus der ganzen Welt haben an<br />
dieser Fortbildung teilgenommen. Es sei<br />
Rudolf Kuhn mitunter beim Besuch dieses<br />
dreiwöchigen Kurses bewusst geworden,<br />
<strong>das</strong>s Gehörlose und Schwerhörige Menschen<br />
mit einer eigenen Würde und Identität<br />
seien.<br />
Diskriminierungen und Kampf<br />
<strong>für</strong> Gleichstellung<br />
Eindrücklich sind die Schilderungen von<br />
Pfarrer Kuhn, wie er habe kämpfen müssen<br />
als junger schwerhöriger Geistlicher, <strong>das</strong>s<br />
ihm ein gleicher Lohn wie einem hörenden<br />
Geistlichen bezahlt werde. Die katholische<br />
Kirchenobrigkeit habe geltend gemacht, er<br />
könne die Beichte nicht abnehmen, weil er<br />
als Schwerhöriger ja nicht höre, was die<br />
Leute im Beichtstuhl flüstern würden. Er sei<br />
immer wieder – gerade zu Beginn seiner<br />
Laufbahn als Pfarrer – mit Diskriminierungen<br />
konfrontiert worden. Man habe ihm<br />
empfohlen, sich doch um eine volle Invalidenrente<br />
zu bemühen, damit er so ein möglichst<br />
bequemes Leben führen könne. Kuhn<br />
wollte <strong>das</strong> indes nicht. Er wollte arbeiten<br />
Der hörsehbehinderte Pfarrer Rudolf Kuhn schildert in seiner Predigt eindrücklich, wie er selbst <strong>für</strong> Gleichstellung<br />
kämpfen musste in Bezug auf seine Anstellung als katholischer Gehörlosenseelsorger.<br />
und da<strong>für</strong> logischerweise auch den üblichen<br />
Lohn erhalten.<br />
Am 1. September 1971 habe Rudolf Kuhn<br />
dann im Alter von 27 Jahren in Riehen mit<br />
der Arbeit als Pfarrer beginnen können. Zu<br />
zwei Dritteln als Gehörlosenpfarrer, zu<br />
einem Drittel war er <strong>für</strong> die hörende Kirchgemeinde<br />
Riehen tätig. Als zu seiner hochgradigen<br />
Schwerhörigkeit dann auch noch<br />
eine Sehbehinderung hinzukam, die sich<br />
zunehmend verschlimmerte, konnte Rudolf<br />
Kuhn dann im Jahr 2001 gleichwohl nicht<br />
umhin, auf eine IV-Rente zu verzichten.<br />
Die Arbeit als<br />
hörsehbehinderter<br />
Gehörlosenpfarrer<br />
Pfarrer Kuhn kann heute lediglich noch hell<br />
und dunkel auseinanderhalten. Gesichter<br />
kann er keine mehr erkennen. Deshalb ist<br />
er auch auf die Begleitung und Unterstützung<br />
einer Kommunikationsassistentin<br />
angewiesen, die ihn auf die Anzahl Gottesdienstbesucher<br />
hinweist, ihm mitteilt,<br />
wenn alle die Kommunion empfangen<br />
haben und ihn bei der Verrichtung vielerlei<br />
Aktivitäten als Pfarrer auf verschiedenste<br />
Belange aufmerksam macht, die wichtig<br />
sind.<br />
Aber auch nach Erhalt der IV-Rente hat<br />
Pfarrer Kuhn weitergearbeitet als Gehörlosenseelsorger.<br />
Er nimmt Bezug auf die<br />
vielen und ganz verschiedenen Aktivitäten,<br />
welche in der katholischen Gehörlosengemeinde<br />
Basel in all den Jahren unternommen<br />
worden sind, Gottesdienste,<br />
Reisen an verschiedene Destinationen in<br />
der ganzen Welt, die USA, Israel, auch<br />
Papst Johannes Paul II. habe man besucht.<br />
Das grosse Fest, um all diese Jahre in feierlichem<br />
Rahmen zu würdigen, finde am 21.<br />
August 20<strong>11</strong> im Pfarreiheim St. Franziskus<br />
statt. All dies sei möglich geworden, weil er<br />
von vielen wertvollen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern unterstützt worden sei, ist<br />
Pfarrer Kuhn überzeugt. Er dankt seinem<br />
Team denn auch ganz herzlich <strong>für</strong> die 40<br />
Jahre, die man miteinander habe gestalten<br />
dürfen. Gleichzeitig gibt er zu bedenken:<br />
„Die kirchlichen Gremien laufen immer<br />
neben uns vorbei.“<br />
<strong>11</strong>
Die Würde gehörloser<br />
Menschen<br />
Heute sei es spürbar, <strong>das</strong>s man gehörlosen<br />
und schwerhörigen Menschen Würde zugestehe.<br />
Das sei vor 40 Jahren noch nicht der<br />
Fall gewesen. Als er angefangen habe als<br />
Gehörlosenpfarrer hätten die Schuldirektoren<br />
verboten zu gebärden und auch bei<br />
<strong>sonos</strong> habe man von Gehörlosigkeit und<br />
Schwerhörigkeit Betroffene seinerzeit nicht<br />
als vollwertige Menschen behandelt, sondern<br />
oft rücksichtslos und lapidar abgefertigt<br />
bzw. in ihren effektiven Bedürfnissen<br />
und Anliegen überhaupt nicht ernst<br />
genommen. „Doch auch heute noch, muss<br />
man in der Kirche kämpfen <strong>für</strong> die Anliegen<br />
Gehörloser“, erklärt Pfarrer Kuhn und weist<br />
darauf hin, <strong>das</strong>s sich die Kirche gerade bei<br />
Einstellungen von hörbehinderten Menschen<br />
nach wie vor schwer tue. Man müsse<br />
deshalb die Würde Gehörloser und ihre<br />
Interessen in der Kirche nach wie vor sehr<br />
stark vertreten.<br />
Gehörlose und Hilfsmittel<br />
Rudolf Kuhn nimmt noch darauf Bezug,<br />
<strong>das</strong>s er zu den Gründungsmitgliedern der<br />
Genossenschaft Hörgeschädigtenelektronik<br />
in Wald gehört habe. Es sei <strong>für</strong> ihn<br />
klar gewesen, <strong>das</strong>s Gehörlose Hilfsmittel<br />
bräuchten.<br />
Die katholische<br />
Gehörlosengemeinde Basel<br />
und ihr Bischof<br />
Auch heute noch sei es in der katholischen Kirche mit vielen Hindernissen verbunden, eine Berufslaufbahn<br />
als gehörloser Seelsorger einschlagen zu können.<br />
39. Jahresversammlung<br />
Im Anschluss an den Gottesdienst findet<br />
die 39. Jahresversammlung der katholischen<br />
Gehörlosengemeinde Basel statt.<br />
Mady Mauli wurde im März 2010 zur vierten<br />
Präsidentin gewählt. Sie berichtet über die<br />
wichtigsten Ereignisse im vergangenen Jahr<br />
und streicht bei ihrem Ausblick auf <strong>das</strong> Jahr<br />
20<strong>11</strong> vor allem die Feier vom 21. August<br />
20<strong>11</strong> im Zusammenhang mit dem 40-Jahrjubiläum<br />
hervor. Nicolas Mauli ist Kassier<br />
und erläutert anschliessend noch kurz die<br />
Bilanz und Jahresrechnung. Schliesslich<br />
ehrt Pfarrer Kuhn seine guten Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, die alle ehrenamt-<br />
lich tätig sind. Er erläutert, <strong>das</strong>s eine ganz<br />
wesentliche Aufgabe vor 40 Jahren darin<br />
bestanden habe, einen guten Mitarbeiterkreis<br />
zu schaffen. Dies sei ihm gelungen,<br />
erwähnt er stolz und überreicht allen Mitarbeitenden<br />
ein Präsent.<br />
Mittlerweile ist es draussen dunkel<br />
geworden, und alle Anwesenden sind zum<br />
Nachtessen und gemütlichen Beisammensein<br />
eingeladen.<br />
[lk]<br />
Am Schluss seiner engagiert vorgetragenen<br />
Predigt nimmt Pfarrer Kuhn noch darauf<br />
Bezug, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Bistum Basel am 16.<br />
Januar 20<strong>11</strong> einen neuen Bischof bekomme.<br />
Bischof Koch sei ja Kardinal geworden.<br />
Kuhn äussert sich unsicher über die<br />
Zukunft mit dem neuen Bischof. Vor allem<br />
macht ihm zu schaffen, <strong>das</strong>s in den vierzig<br />
Jahren, seit es die katholische Gehörlosengemeinde<br />
Basel gibt, nur ein einziges Mal<br />
ein Bischof zu den Gehörlosen gekommen<br />
sei. Man müsse immer wieder seine Präsenz<br />
anmelden. So hofft Kuhn und mit ihm<br />
auch <strong>sonos</strong>, <strong>das</strong>s der neue Bischof, Felix<br />
Gmür, diese lebendige Gemeinde im Pfarreiheim<br />
St. Franziskus in Riehen bald besuchen<br />
wird.<br />
Mady Mauli, die vierte Präsidentin der katholischen Gehörlosengemeinde berichtet engagiert über die wichtigsten<br />
Ereignisse im vergangenen Vereinsjahr.
Kleiner Bilderreigen<br />
Zufriedene Gesichter beim<br />
anschliessenden gemütlichen<br />
Beisammensein.<br />
13
Glückliche Angestellte um jeden Preis?<br />
Am 16. November 2010 hält der renommierte<br />
Ökonomieprofessor Bruno S. Frey<br />
von der Universität Zürich im Rahmen<br />
einer Veranstaltung an der Sozialversicherungsanstalt<br />
des Kantons Zürich ein<br />
Referat zum Thema Glück. Er nimmt Bezug<br />
auf Jeremy Bentham, einem Sozialreformer<br />
und Begründer des Utilitarismus in<br />
der Ökonomie sowie den Psychologen<br />
Daniel Kahnemann, der den Nobelpreis <strong>für</strong><br />
Volkswirtschaftslehre erhalten hat.<br />
Zentrale Frage seiner Forschungsarbeiten<br />
bildet die Frage der Messbarkeit des<br />
Glücks. Glück ist messbar, hat er herausgefunden<br />
und zwar auf eine sehr einfache<br />
Weise. Man stellt den Probanden bzw. Testpersonen<br />
die Frage, sie sollten alles in<br />
allem genommen auf einer Messskala von 1<br />
bis 10 erklären, wie zufrieden sie sich mit<br />
ihrem Leben fühlten. Das Bild sei immer<br />
<strong>das</strong> Gleiche. Einträge von 1 bis 5 (sehr<br />
unglücklich bis unglücklich bzw. weder<br />
glücklich noch unglücklich) kämen eigentlich<br />
fast nie vor. Die meisten Menschen<br />
beurteilten ihre Lebenszufriedenheit mit<br />
Werten zwischen 6 bis 8, wenige mit 9, fast<br />
keine mit 10. Dies bedeutete, <strong>das</strong>s eigentlich<br />
fast alle mit ihrem Leben recht<br />
zufrieden seien.<br />
Für Arbeitgeber sei nun der Umstand<br />
wichtig, <strong>das</strong>s Leute, die erklären, sie seien<br />
glücklich dies in ihrem Verhalten wiederspiegle.<br />
Glückliche bzw. mit ihrem Leben<br />
zufriedene Arbeitnehmende würden den<br />
höheren Output erbringen und was nicht zu<br />
unterschätzen sei, sie würden aktiv mitdenken<br />
und die Arbeitgeber von sich aus<br />
auf Situationen hinweisen, die sich möglicherweise<br />
<strong>für</strong> den Betrieb ungünstig auswirken<br />
könnten und die oftmals bei den<br />
Arbeitgebern nicht bekannt wären bzw.<br />
übersehen würden.<br />
Auto-Ikone von<br />
Jeremy Bentham.<br />
gebe bei ihnen weniger Absenzen zu verzeichnen<br />
am Arbeitsplatz. Glückliche bzw.<br />
zufriedene Menschen seien generell<br />
gesünder. Dies sei wissenschaftlich<br />
erwiesen. Glücklichere bzw. zufriedenere<br />
Menschen würden im Durchschnitt auch 10<br />
Jahre länger leben. Glücklichere bzw.<br />
zufriedenere Menschen bräuchten auch<br />
weniger psychologische Beratung.<br />
Duchenne-Lächeln<br />
Zufriedene bzw. glückliche Leute erkenne<br />
man am sog. Duchenne-Lächeln. Dies<br />
werde erkennbar am Mundwinkel und an<br />
der Augenpartie. Das Duchenne-Lächeln<br />
könne man nicht nachmachen bzw. imitieren.<br />
Es sei ein echtes Lächeln, weil die<br />
Personen eben echt glücklich und<br />
zufrieden seien und gegen aussen auch als<br />
solches erkennbar. Glückliche bzw. zufriedene<br />
Leute seien optimistischer und es<br />
Das Duchenne-Lächeln, welches nach dem<br />
französischen Wissenschaftler Guillaume-<br />
Benjamin Duchenne benannt ist, gilt als<br />
<strong>das</strong> wahre menschliche Lachen, d.h. der<br />
Mensch zeigt wahre Freude und kein<br />
gestelltes Lachen. Als Kennzeichen da<strong>für</strong><br />
wird angesehen, <strong>das</strong>s nicht nur die Mundwinkel<br />
mittels der mimischen Muskulatur<br />
nach oben gezogen werden, sondern auch<br />
die Augen beteiligt sind und in den äusseren<br />
Winkeln die typischen kleinen Fältchen<br />
zeigen.
Das Glück hänge von<br />
folgenden Faktoren ab, erklärt<br />
Prof. Frey:<br />
• Disposition/Gene<br />
• Sozio-Demographie<br />
• Wirtschaft<br />
• Kultur<br />
• Politik (Demokratie und auch Föderalismus<br />
wirkten sich verstärkend auf <strong>das</strong><br />
Glück aus, weil man mitreden könne und<br />
dies mache zufrieden)<br />
Arbeitslosigkeit werde in der durchschnittlichen<br />
Wahrnehmung als grosse Katastrophe<br />
empfunden und mache die Betroffenen<br />
sehr unglücklich.<br />
Der Titel des Referats von Prof. Frey heisst<br />
„Glückliche Angestellte um jeden Preis?“.<br />
Dazu nimmt er gegen Ende seiner Ausführungen<br />
dann noch detaillierter Stellung.<br />
Er führt aus, <strong>das</strong>s Firmen und Dienstleistungen<br />
nicht in erster Linie die Aufgabe<br />
verfolgten, ihre Mitarbeitenden glücklich<br />
zu machen. Es gehe bei den Industrie- und<br />
Dienstleistungsbetrieben in erster Linie<br />
darum, Umsatz zu erzielen und ihre Marktanteile<br />
zu halten bzw. zu vergrössern. Die<br />
Mitarbeitenden brauchen die Unternehmen<br />
in erster Linie, um dieses Ziel zu erreichen.<br />
Es sei indes so, <strong>das</strong>s zufriedene Mitarbeitende<br />
den Firmen eigentlich viel nützen,<br />
weil sie Probleme erkennen und mehr<br />
arbeiten. Von da her lohne es sich seitens<br />
der Arbeitgeber ein Umfeld zu schaffen, in<br />
dem sich die Angestellten wohl fühlen.<br />
Als Faktoren <strong>für</strong> mehr Glück<br />
im Privatleben bezeichnet<br />
Prof. Frey:<br />
• Das Positive sehen<br />
• Kultivierte Offenheit (Toleranz <strong>für</strong> Andere<br />
und Anderes)<br />
• Anderen Helfen<br />
• Sich über sein eigenes Verhalten freuen<br />
Kurzporträt von Bruno S. Frey<br />
Prof. Bruno S. Frey<br />
Bruno S. Frey wurde 1941 in Basel geboren,<br />
wo er auch Ökonomie studierte. Seit 1977<br />
hält er an der Universität Zürich den Lehrstuhl<br />
<strong>für</strong> Wirtschaftspolitik und aussermarktliche<br />
Ökonomik. Frey, der dank einer<br />
Sonderregelung nicht emeritiert wurde,<br />
gehört zu einem der meist zitierten Ökonomen.<br />
Anfang März 2010 zeichnete ihn<br />
<strong>das</strong> deutsche Handelsblatt als den<br />
„gemessen an seinem Lebenswerk mit<br />
Abstand forschungsstärksten aktive Ökonomen“<br />
aus. Frey beschäftigte sich als<br />
einer der ersten in der Ökonomie mit der<br />
Glücksforschung. Vor kurzem ist im<br />
Rüegger Verlag <strong>das</strong> Buch „Glück - die Sicht<br />
der Ökonomie“ erschiene, <strong>das</strong> Frey<br />
zusammen mit seiner Nichte Claudia Frey<br />
Marti geschrieben hat, und <strong>das</strong> viele Ergebnisse<br />
seiner englischen Publikationen in<br />
deutscher Sprache zusammenfasst.<br />
Ein sehr spannendes Interview mit dem<br />
Titel „Glückliche Menschen arbeiten gern“<br />
ist vor kurzem in der Zeitschrift „reformiert“<br />
vom 14. Januar 20<strong>11</strong> erschienen.<br />
Darin nimmt Frey nochmals Bezug auf seine<br />
wichtigsten Schlussfolgerungen. Frey hat<br />
mit seinen Forschungsresultaten nachgewiesen,<br />
<strong>das</strong>s Beschäftigung <strong>für</strong> <strong>das</strong> Glücksempfinden<br />
wesentlich wichtiger ist als Einkommen.<br />
Das ganze Interview ist downloadbar unter<br />
http://www.reformiert.info/artikel_7990.h<br />
tml.<br />
Die Auseinandersetzung mit den Thesen<br />
von Frey machen deutlich, <strong>das</strong>s Beschäftigung,<br />
eine sinnerfüllte Arbeit <strong>für</strong> alle Menschen<br />
enorm wichtig ist. Das gilt selbstredenderweise<br />
auch <strong>für</strong> Menschen mit Behinderungen.<br />
In verschiedenen Artikeln in der<br />
<strong>Februar</strong>ausgabe von <strong>sonos</strong> wird dieser<br />
Aspekt unterstrichen.<br />
Entsprechend dem vom SGB-FSS im Jahr<br />
1984 gewählten Leitsatz „Einander verstehen,<br />
miteinander leben - ob gehörlos<br />
oder hörend“ liegt in diesem nach wie vor<br />
sehr aktuellen Motto eigentlich alles, damit<br />
ein glückliches Leben auch <strong>für</strong> gehörlose<br />
und hörbehinderte Menschen gewährleistet<br />
wird. Da<strong>für</strong> <strong>das</strong>s dieser Devise noch<br />
viel mehr Nachachtung in den verschiedensten<br />
Lebensbereichen verschafft wird, setzt<br />
sich auch <strong>sonos</strong> mit seiner im Jahre 2008<br />
von der Delegiertenversammlung verabschiedeten<br />
neuen Strategie ungebrochen<br />
ein.<br />
[lk]<br />
15
Das Leben von gehörlosen<br />
blaublütigen Königen und<br />
Herzogen<br />
Viele sind sicher erstaunt, <strong>das</strong>s es unter<br />
Königen und Herzogen auch Gehörlose<br />
gab. Haben Sie beispielsweise gewusst,<br />
<strong>das</strong>s die Schwiegermutter der englischen<br />
Königin Elisabeth gehörlos war und <strong>das</strong>s<br />
der spanische König einen gehörlosen<br />
Onkel und eine gehörlose Tante hatte?<br />
In einem spannenden Vortrag informiert<br />
Marlise Gundi-Reinhart über <strong>das</strong> Leben von<br />
gehörlosen blaublütigen Königen und Herzogen.<br />
Sie geht der Frage nach, ob früher<br />
die gehörlosen Adeligen in ihren Familien<br />
und der Gesellschaft integriert waren.<br />
Kannte man früher in den Königshäusern<br />
die Gebärdensprache? Wie kommunizierten<br />
die Gehörlosen und Schwerhörigen<br />
mit den Hörenden?<br />
In der Gehörlosenfachstelle im Walkerhaus<br />
in Bern treffen sich im August 2010 auf Einladung<br />
des „kofo-bern“ zahlreiche BesucherInnen,<br />
um sich von Marlise Gundi-Reinhart<br />
in die europäischen Königshäuser entführen<br />
zu lassen und mehr über gehörlose<br />
Adelige zu erfahren.<br />
Die Präsidentin der IGGH, Anna von Steiger, eröffnet <strong>das</strong> kofo und freut sich auf den spannenden Vortrag von<br />
Marlise Gundi-Reinhart.<br />
Anna von Steiger eröffnet <strong>das</strong> kofo und<br />
heisst alle Anwesenden und insbesondere<br />
auch die Gebärdensprachdolmetscherinnen<br />
Barbara Bürki und Prisca Villiger<br />
ganz herzlich willkommen.<br />
Eingangs meint Anna von Steiger: „Ich bin<br />
ganz sicher, <strong>das</strong>s wir heute einen ganz<br />
spannenden und informativen Abend<br />
erleben werden. Ich freue mich sehr auf<br />
den Vortrag von Marlise Gundi-Reinhart<br />
und ihre Geschichten vom europäischen<br />
Adel.“<br />
Marlise Gundis Zeitreise<br />
Marlise Gundi stellt einleitend fest, <strong>das</strong>s<br />
sie sich schon immer <strong>für</strong> die Geschichten<br />
rund um die europäischen Königshäuser<br />
interessiert habe. Per Zufall sei sie bei<br />
Internet-Recherchen auf eine junge gehörlose<br />
britische Prinzessin gestossen. Ab<br />
diesem Moment gab es <strong>für</strong> sie kein Halten<br />
Marlise Gundi zieht die zuschauenden und die zuhörenden kofo- Besucherinnen und -besucher mit ihrer faszinierenden<br />
Zeitreise in die Welt der hörbehinderten Königen, Prinzen und Adeligen in Europa in den Bann.<br />
mehr. Ihre Neugier war nun geweckt, und<br />
sie forschte mit beharrlicher Leidenschaft<br />
weiter. Die Frage „Wer waren die Gehör-<br />
losen Adeligen in Europa?“ beherrschte<br />
von diesem Augenblick an den Lebensalltag<br />
von Marlise Gundi-Reinhard.
Marlise Gundi erzählt, <strong>das</strong>s sie sehr viel<br />
Zeit <strong>für</strong> ihre Recherchen investieren<br />
musste. Eine der grössten Herausforderungen<br />
<strong>für</strong> sie war <strong>das</strong> Übersetzen der<br />
meist englischen Texte ins Deutsche.<br />
Prinz John<br />
Mit der Entdeckung der Lebensgeschichte<br />
des „versteckten“ Prinz John fing eigentlich<br />
alles an. Bei Prinz John Charles Francis<br />
Windsor traten im Alter von vier Jahren epileptische<br />
Anfälle auf, und man stellte auch<br />
Lernschwierigkeiten fest. Die Königsfamilie<br />
schämte sich <strong>für</strong> ihn und versteckte ihn im<br />
Jahr 1916 auf einem Bauernhof, wo er von<br />
einem Kindermädchen umsorgt und<br />
betreut wurde. Die Eltern besuchten John<br />
regelmässig. John verstarb im Alter von 13<br />
Jahren. Sein Grab schmückt ein Grabstein,<br />
aber ohne seinen eingravierten Namen.<br />
Bei weiteren Recherchen stiess Marlise<br />
Gundi auf die Geschichte von zwei adeligen<br />
Mädchen. Katherine (1919 - 1940) und<br />
Nerissa (1919 - 1961) Bowes-Lyon. Ihre<br />
Nachforschungen ergaben, <strong>das</strong>s Kahterine<br />
unter einer Hörbehinderung gelitten haben<br />
musste.<br />
Kurzporträt von Marlise Gundi-Reinhat<br />
• verheiratet mit Daniel Gundi<br />
• Hauswirtschafts- und Handarbeitslehrerin<br />
• Unterrichtet am ZGSZ in Zürich, im Landenhof<br />
und am HPZ Hohenrain<br />
• Ihre Hobbys sind Reisen, Lesen und Forschen,<br />
Textiles Gestalten, Hundezucht<br />
und vieles mehr<br />
Marlise Gundi erzählt, <strong>das</strong>s sie nun unter<br />
allen Umständen herausfinden wollte, ob<br />
es auch gehörlose Adelige gegeben haben.<br />
Und tatsächlich sei sie fündig geworden.<br />
Der König Krösus von Lydien hatte einen<br />
hörenden und einen gehörlosen Sohn. Der<br />
Gehörlose blieb namenlos und war „keine<br />
Person“. Man wisse dies, erzählt Marlise<br />
Gundi weiter, weil König Krösus zu seinem<br />
hörenden Sohn gesagt habe; „Du bist mein<br />
einziger Sohn. Ich kann den anderen Sohn<br />
nicht dazu zählen.“<br />
Marlise Gundi ist sichtlich stolz, <strong>das</strong>s ihr<br />
unermüdliches Suchen Erfolg gehabt hat<br />
und sie auf weitere „taube“ Adelige<br />
gestossen ist.<br />
• Tochter Katharine Plantagenet von König<br />
Heinrich VIII (später Gräfin von Devon):<br />
1479 - 1527, gehörlos<br />
• Pedro und Francisco des Adeligen Juan<br />
Fernandez de Velasco y Tovar: gehörlos<br />
• Mönch Pedro Ponce de Leon: 1500 - 1584,<br />
er unterrichtete mit Erfolg; Lesen,<br />
Schreiben, Rechnen und Sprechen<br />
• Dritter Sohn Luis des Adeligen Juan Fernandez<br />
de Velasco y Tovar: gehörlos<br />
• Manuel Ramirez de Carrion (zweiter<br />
Taubstummenpädagoge) 1579 - 1652. Er<br />
verfeinerte die Methoden von Pedro<br />
Ponce de Léon und baute sie weiter aus<br />
• Prinz Philibert von Avignon: taub ca.<br />
1620<br />
• Königin Alexandra von Grossbritannien<br />
und Kaiserin von Indien: spätertaubt<br />
1844 - 1925. Sie hatte stets ein gutes Verhältnis<br />
zu den Dienern und Kindern im<br />
Gegensatz zu anderen Prinzen und<br />
Königen. Sie genoss die Gesellschaft von<br />
anderen Gehörlosen und kommunizierte<br />
auch in der Gebärdensprache. Nach der<br />
Geburt ihres dritten Kindes erkrankte sie<br />
an Rheuma und ertaubte vollständig. Sie<br />
war die Grossnichte von Alice von Battenberg<br />
• Prinzessin Alice von Battenberg und Griechenland:<br />
gehörlos geboren 1885 - 1969.<br />
Sie ist die Mutter von Prinz Philip von<br />
England<br />
• Prinz Jaime Luitpold de Borbon von Spanien:<br />
nach einer Operation ertaubt 1908 -<br />
1975. Er war der zweite Sohn von König<br />
Alfons XIII. Da der erstgeborene Bruder<br />
eine Bürgerliche heiratete und auf die<br />
Thronnachfolge verzichtete, sollte er<br />
König von Spanien werden. Er wurde<br />
aber zum Thronverzicht gezwungen. Sein<br />
Onkel ist der heutige König von Spanien<br />
Juan Carlos. Prinz Jaime lebte als Lebemann<br />
und war zweimal verheiratet. Seine<br />
Schwester war ebenfalls gehörlos. In St.<br />
Gallen verstarb er im Alter von 67 Jahren.<br />
Die kofo-Besucherinnen und -besucher<br />
erfahren von Marlise Gundi über weitere<br />
Schicksale von gehörlosen und hörbehinderten<br />
Adeligen in Europa aus der Vergangenheit<br />
bis hin in die Gegenwart. So ist beispielsweise<br />
auch der aktuelle Thronfolger<br />
Felipe von Spanien mit einer Hörbehinderung<br />
konfrontiert. Er ist auf einem Ohr taub.<br />
Prinzessin Alice von<br />
Battenberg<br />
Marlise Gundi erzählt weiter, <strong>das</strong>s sie aber<br />
die Biografie von Prinzessin Alice von Battenberg<br />
ganz speziell fasziniert und in den<br />
Bann gezogen habe. Prinzessin Alice von<br />
Battenberg war die Urenkelin von Königin<br />
Victoria von England. Alice wurde im Palast<br />
von Königin Victoria zur Welt gebracht. Sie<br />
war ein sehr schönes Mädchen und war<br />
auch die Lieblings-Urenkelin von Königin<br />
Victoria. Nach dem Tod von Königin Victoria<br />
ist die Familie nach Darmstadt gezogen. Im<br />
Alter von vier Jahren wurde bei Alice festgestellt,<br />
<strong>das</strong>s sie gehörlos sei. Immer mehr<br />
wurde Alice auch von ihrer Tante Elisabeth<br />
(Russland) betreut.<br />
Das in englischer Sprache erschienene<br />
Buch von Hugo Vickers mit dem Titel: „Alice<br />
Princess Andrew of Greece“ informiert<br />
umfassend über die aufwühlende Lebensgeschichte<br />
dieser aussergewöhnlichen<br />
Frau.<br />
Die kofo-Besucherinnen und -besucher<br />
sind begeistert über die Darlegungen von<br />
Marlise Gundi. Die Zeitreise zu den hörbehinderten<br />
Adeligen, Prinzen und Königen<br />
war ein lebendiges Erlebnis, vor allem dank<br />
einer aufwändig gestalteten PowerPoint-<br />
Präsentation mit den zahlreichen Fotos und<br />
Illustrationen. Mit einem grossen herzlichen<br />
Applaus wird der unvergessliche Auftritt<br />
von Marlise Gundi verdankt.<br />
Auszug aus Hugo Vickers:<br />
Alice Princess Andrew of<br />
Greece<br />
Prinzessin Alice wurde gehörlos geboren in<br />
Windsor Castle in Gegenwart ihrer Grossmutter<br />
Königin Viktoria von England. Sie<br />
wuchs in England, Darmstadt und Malta<br />
auf. 1903 heiratete sie Prinz Andreas von<br />
Griechenland und Dänemark. Ihr Sohn<br />
Prinz Philipp ist der heutige Ehemann von<br />
Königin Elisabeth II von England. Alice<br />
wurde selbst in ihrer eigenen Familie als<br />
geheimnisvolle Figur wahrgenommen. Ihr<br />
Leben wurde überschattet von Kriegen,<br />
Revolutionen und aufgezwungenem Exil.<br />
Als sie 35 Jahre alt war, geriet die Welt und<br />
damit wohl auch ihr eigenes Leben regelrecht<br />
aus den Fugen. Zu ihrer Familie<br />
gehört <strong>das</strong> britische Königshaus, der deut-<br />
17
society of her little Erbach cousin is helping<br />
her on.”<br />
sche Adel. Zwei ihrer Tanten haben russische<br />
Grafen geheiratet, die ein böses Ende<br />
fanden. Der Ehemann von Alice selbst<br />
wurde als politischer Spion beinahe mit<br />
dem Tode bestraft. Auch in ihren mittleren<br />
Lebensjahren blieb es ihr vergönnt, eine<br />
ruhigere und stabilere Zeit zu haben. Sie<br />
litt im Alter von 45 Jahren unter religiösen<br />
Wahnvorstellungen und brachte längere<br />
Zeit in einem Sanatorium am Bodensee in<br />
der Schweiz zu. Man ging davon aus, <strong>das</strong>s<br />
sie es nicht mehr schaffen würde, aus dem<br />
Teufelskreis der <strong>für</strong> sie diagnostizierten<br />
paranoiden Schizophrenie zu gelangen.<br />
Doch sie schaffte es wieder ein unabhängiges<br />
Leben führen zu können. Gerade in<br />
diesem Umstand wird erkennbar, <strong>das</strong>s Prinzessin<br />
Alice eine ganz aussergewöhnliche<br />
Frau gewesen ist.<br />
Ihre schwere Hörbehinderung ist in der von<br />
Hugo Vickers im Jahre 2000 über Alice verfassten<br />
Biographie zwar erwähnt, aber<br />
bloss zu Beginn ihres Lebens findet dies<br />
Niederschlag und zwar wie folgt:<br />
Alice wurde 1885 geboren. Ihre Urgrossmutter<br />
war Königin Viktoria von England.<br />
Viktoria war damals noch bei sehr<br />
guter Gesundheit und interessierte sich<br />
brennend, wie sich ihre kleine Urgrosstochter<br />
entwickelt. Sie hielt vieles in<br />
ihrem Tagebuch fest.<br />
Philip Alexius<br />
de László:<br />
Prinzessin<br />
Alice, Öl auf<br />
Leinwand,<br />
1922.<br />
Niemand anderes hatte denn auch<br />
bemerkt, als Königin Viktoria, <strong>das</strong>s<br />
Klein-Alice gehörlos war. So schrieb sie<br />
ihrer Grosstochter, der Mutter von Alice,<br />
die ebenfalls Victoria hiess, im Januar<br />
1887 in einem Brief:<br />
„Baby looks so nice in the pretty frocks<br />
you gave her. She is very slow in learning<br />
to talk, but on the other hand very<br />
clever with her fingers. She unties a bow<br />
without ever pulling it into a knot & now<br />
& then succeeds in buttoning her own<br />
dressing gown. This sort of amusement<br />
she is particularly fond of & spends any<br />
amount of time patiently at it, which is<br />
very funny.”<br />
Erst als Alice vierjährig war, begann ihre<br />
Mutter Prinzessin Louis von Battenberg<br />
gegenüber ihrer Grossmutter, Königin Victoria,<br />
ihre Sorgen bezüglich des Spracherwerbs<br />
von Alice zum Ausdruck zu bringen.<br />
So schrieb sie Königin Viktoria:<br />
„The child has grown very much since<br />
last you saw her, is very lively & quick<br />
with her fingers, but decidedly backward<br />
of speech, using all sorts of selfinvented<br />
words & pronouncing others<br />
very indistinctly, so that strangers find it<br />
difficult to understand her. We make<br />
great effort to improve this & I think the<br />
Es war dann schliesslich die andere Grossmutter<br />
von Alice, Prinzessin Battenberg,<br />
welche die Gehörlosigkeit klar erkannte.<br />
Sie nahm Alice zu einem Ohrenspezialisten<br />
in Darmstadt. Alice war mit diesem Gebrechen<br />
geboren, obwohl einige Familienmitglieder<br />
davon ausgingen, <strong>das</strong>s sie sich als<br />
ganz kleines Kind auf einer ihrer vielen<br />
Seereisen zusammen mit ihrer Mutter<br />
diese Behinderung zugezogen haben<br />
musste. Die Gehörlosigkeit wurde an der<br />
Verdickung der Ohrtrompete erkannt und<br />
es wurde gewiss, <strong>das</strong>s diese Beeinträchtigung<br />
Alice ihr Leben lang begleiten würde.<br />
Ihre Mutter verbrachte viele Stunden<br />
damit, ihr <strong>das</strong> Lippenlesen beizubringen.<br />
So lernte Alice Gesprächen folgen zu<br />
können. Im Mai 1889 stellte sie fest, <strong>das</strong>s<br />
Alice recht gut sprach. Auch <strong>das</strong> Hörvermögen<br />
schien ein Jahr später besser. Im<br />
Jahr 1893, als Alice achtjährig war, nahm<br />
Victoria sie zu einem Ohrenarzt in London.<br />
Die verzögerten Fortschritte im Spracherwerb<br />
machten ihren Eltern grosse Sorgen.<br />
Man erkannte damals, <strong>das</strong>s keine Operation<br />
Alice helfen könnte. Im Alter von vierzehn<br />
Jahren zeichnete sich eine Verbesserung<br />
ab und im Jahr 1922 hörte Alice erstmals<br />
einen Kuckuck.<br />
Durch ihre Schwerhörigkeit lebte Alice<br />
recht isoliert. Sie konnte keine Freundschaften<br />
mit anderen Kindern pflegen. Sie<br />
war deshalb viel stärker als hörende Kinder<br />
mit sich selbst und ihren eigenen Ressourcen<br />
konfrontiert. Sie war aber überhaupt<br />
kein Problemkind und war sehr intelligent.<br />
Alice war <strong>das</strong> älteste Kind. Ihre jüngeren<br />
Brüder und Schwestern wurden von<br />
den Eltern angehalten, ganz normal mit<br />
Alice zu sprechen und keine Konzessionen<br />
ihr gegenüber zu machen. Die Eltern gingen<br />
davon aus, entweder bekomme Alice die<br />
Gespräche mit oder eben nicht. Ihr Bruder<br />
Dickie (Lord Mountbatten) fand dies sehr<br />
schwer verständlich. Dieser Erziehungsansatz<br />
im Umgang mit Alice störte ihn je<br />
länger je mehr.<br />
Als Alice älter wurde, konnte sie bestimmte<br />
Stimmen besser hören je nach Hallverhältnissen.<br />
In den 50er Jahren überraschte sie<br />
ihre Familie in Baden damit, <strong>das</strong>s sie einen<br />
Marsch, der gerade draussen gespielt<br />
wurde, hörte. Es war indes <strong>das</strong> Echo der<br />
Stiefel, mit denen auf die Strasse<br />
gestampft wurde, <strong>das</strong> sie aufhorchen liess.
Die Gehörlosigkeit bzw. Schwerhörigkeit<br />
von Alice beschäftigte ihre Mutter stärker<br />
als Alice selbst. So schrieb Victoria:<br />
„I know… from experience that to see<br />
one’s children not quite strong, or with<br />
some little ailment, like Alices’s hearing,<br />
is a cause of worry & paint to the<br />
parents.”<br />
Alice lebte von 1885 bis 1969. Aus ihrer Ehe<br />
mit Andreas von Griechenland und Dänemark<br />
ist 1921 Prinz Philip hervorgegangen,<br />
der heutige Mann von Königin Elisabeth II<br />
von England.<br />
Fazit: An der Erscheinungsform und der<br />
Hauptproblematik der Gehörlosigkeit, wie<br />
sie damals vom Elternhaus von Alice empfunden<br />
worden sind, hat sich im Vergleich<br />
mit der heutigen Wahrnehmung eigentlich<br />
nichts geändert.<br />
[rr]<br />
Urgrossmutter Victoria, Grossmutter Alice,<br />
Mutter Victoria und Tochter Alice.<br />
Ihr Lippenlesen war so gut, <strong>das</strong>s Leute ihre<br />
Hände über den Mund hielten, wenn sie<br />
sich etwas Geheimes sagen wollten. Alice<br />
konnte nicht nur in Deutsch und Englisch<br />
Lippenlesen, sie beherrschte dies auch in<br />
mehreren Fremdsprachen. Man war sich in<br />
der Entourage von Alice bewusst, <strong>das</strong>s man<br />
vorsichtig sein musste, was man sagte.<br />
Besonders Gefallen fand Alice an Stummfilmen.<br />
Aufgrund ihrer Lippenlesekenntnisse<br />
war sie problemlos in der Lage, zu<br />
erkennen was die Schauspieler sagten bzw.<br />
<strong>das</strong>s die Schauspieler in den Stummfilmen<br />
einander oftmals etwas völlig anderes<br />
sagten, <strong>das</strong> mit der gespielten Szene gar<br />
nichts zu tun hatte. So stellte Alice beispielsweise<br />
amüsiert fest, <strong>das</strong>s im 1923<br />
gedrehten Stummfilm „Greed“ in einer leidenschaftlichen<br />
Liebesszene der Filmheld<br />
seiner Angebeteten in Wahrheit keine Liebesschwüre<br />
machte, sondern ihr lediglich<br />
sagte, er sei kürzlich gemahnt worden, weil<br />
er vergessen habe seine Miete zu bezahlen.<br />
Alice im hohen Alter von 82 Jahren während<br />
eines Spitalaufenthaltes.<br />
19
Interview mit Lucia Schmid-Cestone<br />
Per Ende Januar 20<strong>11</strong> beendet Lucia<br />
Schmid-Cestone ihr langjähriges Engagement<br />
als Gesamtleiterin der Gehörlosenund<br />
Sprachheilschule Riehen GSR.<br />
Gegenüber der <strong>sonos</strong>-Redaktion hat sie<br />
sich entgegenkommenderweise ganz<br />
kurzfristig zu einem Interview bereit<br />
erklärt.<br />
<strong>sonos</strong>: Wie lange waren Sie <strong>für</strong> die GSR<br />
tätig und in welchen Funktionen?<br />
Schmid-Cestone: Die GSR habe ich schon<br />
während meiner Studienzeit als Praktikumsort<br />
kennen und schätzen gelernt.<br />
1998 bin ich als Logopädin am GSR-Standort<br />
im Kanton Basel-Landschaft eingetreten<br />
und habe 2000 die Schulleitung<br />
dieser Abteilung übernommen. Seit 2003<br />
bin ich <strong>für</strong> die Gesamtleitung dieser Institution<br />
tätig, welche zwei Sprachheilschulen,<br />
je eine in Basel-Stadt und Basel-Landschaft,<br />
und den überregionalen<br />
Audiopädagogischen Dienst mit der Bimodalklasse<br />
betreibt. Die Gesamtinstitution<br />
schult und fördert über 400 Kinder, Jugendliche<br />
und junge Erwachsene.<br />
Sie haben Hörgeschädigtenpädagogik studiert.<br />
Was hat Sie dazu bewogen, diese<br />
Studienrichtung einzuschlagen?<br />
Ich habe Logopädie studiert und seit<br />
meiner Studienzeit eine Affinität zur Hörgeschädigtenpädagogik<br />
gehegt. Fundiertere<br />
Kenntnisse in dieser Disziplin konnte ich im<br />
Rahmen meiner Tätigkeit an der GSR dank<br />
einem sehr differenziert arbeitenden<br />
Audiopädagogischen Dienst erwerben und<br />
vertiefen.<br />
Wenn Sie nun auf Ihre Zeit in der GSR<br />
zurückblicken, welches waren die Flash-<br />
Lights bzw. die ganz guten Erfahrungen<br />
und welches sind Begebenheiten, die<br />
besser hätten laufen können?<br />
Meine Tätigkeit an der GSR habe ich als<br />
eine sehr bereichernde und herausfordernde<br />
Zeit erlebt. Ich habe meistens sehr<br />
gute Begegnungen erfahren dürfen und<br />
konnte dank der Unterstützung meiner Mitarbeitenden<br />
die Institution in der Bildungslandschaft<br />
der Nordwestschweiz gut positionieren,<br />
so <strong>das</strong>s auch nach dem Inkraft-<br />
Lucia Schmid-Cestone.<br />
treten der NFA genügend Angebote <strong>für</strong> die<br />
Schulung und Förderung von Kindern,<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit<br />
einer Spracherwerbsstörung und/oder<br />
einer Hörbeeinträchtigung sichergestellt<br />
werden konnten.<br />
Die Zusammenarbeit mit allen involvierten<br />
Kreisen habe ich als sehr respektvoll, offen<br />
und lösungsorientiert erlebt.<br />
Welche wesentlichen Meilensteine wurden<br />
während Ihrer Zeit an der GSR erreicht?<br />
Die Zeit seit meinem Amtsantritt war von<br />
wesentlichen Änderungen in der ganzen<br />
Bildungslandschaft geprägt. In der Nordwestschweiz<br />
hat man sich sehr früh mit der<br />
integrativen Schulungsform auseinandergesetzt<br />
und die Kantone haben diese auch<br />
konsequent umgesetzt. Der lautsprachlich<br />
ausgerichtete Audiopädagogische Dienst<br />
der GSR konnte sich in diesem Umfeld gut<br />
positionieren und <strong>für</strong> Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
eine hervorragende Ausgangslage<br />
schaffen.<br />
Noch vor dem Inkrafttreten, resp. Umsetzung<br />
der NFA konnte die GSR Leistungsvereinbarungen<br />
mit den Kantonen Basel-Stadt<br />
und Basel-Landschaft abschliessen und<br />
wurde auf der Liste der Interkantonalen<br />
Vereinbarung sozialer Institutionen (IVSE)<br />
aufgenommen.<br />
Der Auftrag der GSR, welcher sich in der<br />
Sonderschulung grundsätzlich nur auf die<br />
Primarschule erstreckte, konnte durch die<br />
Weiterführung der bimodalen Schulung bis<br />
zum Ende der obligatorischen Schulzeit<br />
auch auf die Sekundarschule I erweitert<br />
werden.<br />
Die Gründung des Autismuszentrums der<br />
GSR bildete einen weiteren Schwerpunkt<br />
meiner Arbeit.<br />
Im letzten Herbst ist der von Ihnen und Frau<br />
Stritt verfasste Artikel „Wenn Hände sprechen<br />
und Ohren hören“, der als Nachspann<br />
zu diesem Interview in unserer Zeitschrift<br />
ebenfalls zu lesen ist, in den Basellandschaftlichen<br />
Schulnachrichten abgedruckt<br />
worden. Gab es Reaktionen auf die Publikation<br />
in diesem Organ bzw. welche?<br />
Dieser Artikel wurde von Frau Stritt und mir<br />
unter anderem auch als Dank an unsere<br />
Partner und unseren Mitarbeitenden der<br />
Bimodalklasse, die uns dieses aufwändige<br />
Projekt ermöglichen, verfasst. Es war uns<br />
auch wichtig aufzuzeigen, welche Leistung
unsere Schülerinnen und Schüler mit einer<br />
Hörbeeinträchtigung tagtäglich erbringen<br />
müssen. Ich habe keine inhaltliche Reaktionen<br />
auf den Artikel erhalten, wurde aber<br />
verschiedentlich darauf angesprochen.<br />
Wenn Hände sprechen<br />
und Ohren hören<br />
Welche Vorstellungen haben Sie<br />
gegenüber <strong>sonos</strong>, welche Aufgaben sollte<br />
<strong>sonos</strong> nach Ihrem Da<strong>für</strong>halten wahrnehmen?<br />
Ich denke, <strong>das</strong>s <strong>sonos</strong> sehr viele Aufgaben<br />
jetzt schon wahrnimmt und <strong>für</strong> die Anliegen<br />
von Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
einsteht. In einer Zeit, die durch viele<br />
Umbrüche und Verunsicherungen gekennzeichnet<br />
ist, scheint mir die Sicherung der<br />
Aus- und Weiterbildung <strong>für</strong> junge Menschen,<br />
sowie die Arbeitsplatzsicherung ein<br />
sehr wichtiger Punkt zu sein. Ich möchte<br />
<strong>sonos</strong> dazu ermutigen den eingeschlagenen<br />
Weg der Kontaktpflege und des Networkings<br />
zu Firmen und Institutionen<br />
weiter auszubauen und auch die Wirtschaft<br />
und Politik <strong>für</strong> diese Anliegen vermehrt einzubinden.<br />
Im Weiteren bin ich immer wieder überrascht,<br />
wie wenig die Öffentlichkeit über<br />
die Entwicklungen im Bereich der Hörhilfen<br />
und der damit verbundenen Erleichterungen<br />
<strong>für</strong> die betroffenen Menschen informiert<br />
ist. Ich wünsche mir, <strong>das</strong>s <strong>sonos</strong> als<br />
Sprachrohr von Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
in diesem Bereich eine breitere<br />
Öffentlichkeitsarbeit in Angriff nehmen<br />
werden würde.<br />
Publikation aus der März-Ausgabe 2010 der<br />
Basellandschaftlichen Schulnachrichten.<br />
Die Integrative Schulung von Kindern und<br />
Jugendlichen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
ist in den beiden Basler Halbkantonen<br />
sowie Teilen des Kantons Solothurn<br />
bei weit über 200 Kindern und Jugendlichen<br />
bereits erfolgreich zum Standard<br />
geworden. Im August 2008 startete die<br />
Gehörlosen- und Sprachheilschule Riehen<br />
GSR in enger Zusammenarbeit mit der<br />
Primar- und der Sekundarschule Reinach<br />
ein spezielles integratives Schulprojekt. In<br />
diesem werden sechs Schülerinnen und<br />
Schüler im Alter von 10 bis 14 Jahren unterrichtet.<br />
Einerseits werden sie alle<br />
gemeinsam in einer mehrstufigen Bimodalklasse<br />
sowohl in der Laut- als auch in der<br />
Gebärdensprache unterrichtet. Andererseits<br />
sind sie jeweils zu zweit in verschiedene<br />
Regelklassen auf Primar- und<br />
Sekundarstufe integriert. Mit dem Angebot<br />
in Reinach erfährt <strong>das</strong> Angebot der GSR<br />
dank dem Einsatz der involvierten Lehrkräfte<br />
und ihren Schulleitungen sowie dank<br />
der Unterstützung durch den Reinacher<br />
Schulrat sowie verschiedene lokale Politikerinnen<br />
und Politiker eine wertvolle<br />
Ergänzung.<br />
Anfänge in Riehen<br />
Bereits im Sommer 2003 konnte die GSR,<br />
gestützt auf ihre Konzepte, am Standort<br />
Riehen die mehrstufig geführte Bimodalklasse<br />
auf Primarschulstufe eröffnen.<br />
Sechs Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
wurden dort auf Wunsch der Eltern<br />
sowohl mit Gebärdensprache als auch<br />
Lautsprache unterrichtet. Der Begriff<br />
„Bimodalklasse“ weist darauf hin, <strong>das</strong>s es<br />
sich bei der Gebärdensprache und der Lautsprache<br />
um zwei Sprachen in verschiedenen<br />
Modalitäten handelt. Ermöglicht<br />
wurde die Eröffnung der Bimodalklasse<br />
dank der Unterstützung und Offenheit der<br />
Abteilung Sonderpädagogik des Erziehungsdepartementes<br />
Basel-Stadt.<br />
Umsetzung im Alltag<br />
In der Bimodalklasse werden die Gebärdensprache<br />
und die Lautsprache nach dem<br />
Prinzip „one person - one language“ unterrichtet.<br />
Jeweils eine hörende und eine<br />
gehörlose Heilpädagogin erteilen die entsprechenden<br />
Lektionen in verschiedenen<br />
Räumen, wodurch die Bedeutsamkeit der<br />
Sie sind zweifelsfrei eine kompetente und<br />
äusserst versierte Fachfrau. Werden Sie<br />
sich in Zukunft weiterhin <strong>für</strong> die gehörlosen<br />
und hörbehinderten Menschen engagieren?<br />
Die Leistung, die Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />
in der Welt von Hörenden<br />
täglich erbringen müssen, beeindruckt<br />
mich zutiefst und sie können auch<br />
zukünftig auf meine Solidarität zählen.<br />
[lk / rr]<br />
21
eiden Kommunikationsformen erlebt<br />
werden kann. Die Kinder und Jugendlichen<br />
tragen individuelle Hörhilfen. Solchen mit<br />
Hörgeräten erlaubt dies, ihr Restgehör auszunützen.<br />
Jene mit Cochlea Implantaten<br />
können von einem sehr differenzierten Hörvermögen<br />
profitieren. Das Hören bildet<br />
beim Erwerb der Lautsprache <strong>für</strong> alle eine<br />
unschätzbare Basis.<br />
Weiterentwicklung des<br />
Projektes<br />
Im Laufe der Zeit und angesichts der guten<br />
Fortschritte der Schülerinnen und Schüler<br />
wuchs der Wunsch, die Schülerinnen und<br />
Schüler sorgfältig in ein Teilintegrationsmodell<br />
überführen zu können, in welchem<br />
sie die erworbenen Kompetenzen in der<br />
Kommunikation, im Sozialverhalten und in<br />
den alltäglichen Schulfächern auch an<br />
einer Regelschule anwenden und weiter<br />
entwickeln können. Die Ausdehnung des<br />
Projekts auf die gesamte obligatorische<br />
Schulzeit sowie die Teilintegration in Partnerklassen<br />
der Primar- und der Sekundarstufe<br />
der Regelschule führten zu einer Weiterentwicklung<br />
und Erweiterung des Konzepts.<br />
Umzug nach Reinach<br />
Da die Schülerinnen und Schüler grösstenteils<br />
aus dem Kanton Basel-Landschaft<br />
stammen, wurde beim Übertritt der ersten<br />
Schülerinnen und Schüler in die Sekundarstufe<br />
I, in Absprache mit dem Amt <strong>für</strong> Volksschulen<br />
und der Fachstelle <strong>für</strong> Sonderschulung,<br />
Jugend- und Behindertenhilfe der Bildungs-,<br />
Kultur- und Sportdirektion und der<br />
entsprechenden Fachstelle in Basel-Stadt,<br />
der Anschluss an eine Primar- und eine<br />
Sekundarschule des Kantons Basel-Landschaft<br />
angestrebt. Bei den Schulleitungen<br />
und Schulräten der Primar- und der<br />
Sekundarschule Reinach stiess die GSR mit<br />
ihrem Anliegen auf offene Ohren. Von<br />
Anfang an wuchs eine enge Zusammenarbeit,<br />
die im Sommer 2008 den Umzug der<br />
Bimodalklasse nach Reinach ermöglichte.<br />
Teilintegration in die<br />
Regelschule: Partnerklassen<br />
und Kleingruppen<br />
Die sechs Mädchen und Jungen im Alter von<br />
10 bis 14 Jahren besuchen in Reinach<br />
gemeinsam die mehrstufig geführte Bimodalklasse<br />
der GSR, in der sie intensiven<br />
Schulunterricht in Kleinstgruppen sowie<br />
logopädische Förderung erhalten. Dieser<br />
spezifisch auf Kinder und Jugendliche mit<br />
Hörbeeinträchtigungen ausgerichtete<br />
Schulunterricht wird in Lautsprache oder in<br />
Gebärdensprache durchgeführt. Damit die<br />
Kinder beide Sprachen auf hohem Niveau<br />
angeboten erhalten, erfolgt der Unterricht<br />
im Job-Sharing durch gehörlose Gebärdensprachlehrpersonen<br />
und hörende schulische<br />
Heilpädagoginnen. In der Regelschule<br />
folgen jeweils zwei Kinder zusammen dem<br />
Unterricht in ihrer Partnerklasse an der<br />
Primar- oder der Sekundarschule. Dort<br />
besuchen sie die Unterrichtsfächer, die<br />
ihrem Entwicklungsstand entsprechen. In<br />
diesen integrativen Stunden werden sie in<br />
der Regel von einer Heilpädagogin<br />
begleitet. So können sie ihre neu erworbenen<br />
Kommunikationsfähigkeiten im<br />
Alltag anwenden, sind auf ihrer Klassenstufe<br />
in ein ganzes Primarschul- oder<br />
Sekundarschulsystem eingebettet und<br />
haben in einer grossen Gruppe von Gleichaltrigen<br />
die Chance, Freundschaften<br />
wachsen lassen. Parallel dazu schafft die<br />
Heilpädagogin <strong>für</strong> sie Zwischenschritte,<br />
wenn der Schulstoff nicht auf Anhieb verarbeitet<br />
werden kann.<br />
Stärkung der<br />
Eigenverantwortung<br />
In den nicht kognitiven Fächern wie Turnen<br />
oder Werken wird bewusst versucht, die<br />
Schülerinnen und Schüler in ihrer Eigenverantwortung<br />
dadurch zu stärken, <strong>das</strong>s sie<br />
diese Stunden alleine besuchen. Im Hintergrund<br />
ist dabei stets eine Ansprechperson<br />
der Bimodalklasse auf Abruf bereit, falls<br />
Schwierigkeiten auftreten sollten.<br />
Intensive Kooperation<br />
zwischen Sonderschule und<br />
Regelschule<br />
Der integrative Unterricht stellt hohe Anforderungen<br />
an die Lehrpersonen der Regelschulen.<br />
So sind tägliche Absprachen notwendig<br />
und im Schulunterricht muss auf<br />
gute akustische Bedingungen und viele<br />
weitere Dinge geachtet werden, die <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />
Gelingen der Integration entscheidend<br />
sind. In Reinach ist die GSR auf eine hoch<br />
motivierte Lehrerschaft sowie grosszügige<br />
Schulleitungen und Schulbehörden<br />
gestossen, die <strong>das</strong> neue Projekt massgeblich<br />
mitprägen und ihm zu beeindruckenden<br />
Erfolgen verhelfen. Ermöglicht<br />
wird <strong>das</strong> Projekt durch die drei Wohnortkantone<br />
der Schülerinnen und Schüler aus<br />
Basel-Stadt, Basel-Land und Solothurn,<br />
welche die Kosten <strong>für</strong> die Sonderschulung<br />
dieser Schülerinnen und Schüler tragen.<br />
Geschäftsleitung und Audiopädagogischer<br />
Dienst der GSR<br />
Lucia Schmid-Cestone / Mirjam Stritt
Wie entstand die Lautsprache?<br />
Der Ursprung der Sprache ist bis heute<br />
ungeklärt. Die US-Anthropologin Dean<br />
Falk vertritt in ihrem jüngsten Buch die<br />
These, <strong>das</strong>s Mütter die ersten Laute<br />
erfanden, um ihre Säuglinge zu beruhigen.<br />
Warum haben unsere Vorfahren einst<br />
begonnen, miteinander zu reden? Die<br />
Sprache ist <strong>das</strong>, was Menschen von allen<br />
anderen Lebewesen unterscheidet. Und<br />
doch ist es immer noch ein Rätsel, wie die<br />
Wörter entstanden sind.<br />
Lange Zeit kümmerte sich die Forschung<br />
kaum um dieses Thema. Erst seit den<br />
1990er Jahren beschäftigen sich Forschungsinstitute<br />
wieder intensiver mit dem<br />
Ursprung der Sprache. Anfang 2010 wurde<br />
an der Uni Wien der Fachbereich Kognitionsbiologie<br />
gegründet und einer der weltweit<br />
bekanntesten Experten <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
der Sprache dorthin berufen, der<br />
US-Biologe Tecumseh Fitch. Zwei wichtige<br />
Bücher sind im vergangenen Jahr zum<br />
Thema erschienen „The Evolution of Language“<br />
(Cambridge University Press) von<br />
Tecumseh Fitch und „Wie die Menschheit<br />
zur Sprache fand“ (DVA) von der US-<br />
Anthropologin Dean Falk.<br />
Wann und warum begannen<br />
die Urmenschen miteinander<br />
zu kommunizieren?<br />
Das Problem des Forschungsgegenstands<br />
besteht darin, <strong>das</strong>s gesprochene Sprache<br />
keine Fossilien hinterlässt und die ältesten<br />
Schriftstücke bloss 6‘000 Jahre alt sind.<br />
Fitch ist überzeugt, <strong>das</strong>s Menschen schon<br />
miteinander geredet haben, als sie vor<br />
50'000 bis 70'000 Jahren Afrika verlassen<br />
haben. Die biologischen Voraussetzungen,<br />
jede Sprache zu lernen, müssen schon sehr<br />
früh angelegt gewesen sein. Denn alle<br />
Menschen tragen sie in sich.<br />
Bereits Darwin machte sich Gedanken darüber,<br />
weswegen diese Fähigkeit einzigartig<br />
beim Menschen ist und wie <strong>das</strong> mit der Evolutionstheorie<br />
zusammenpassen könnte. Er<br />
ging davon aus, <strong>das</strong>s die Sprache aus dem<br />
Gesang entstanden ist, mit dem unsere<br />
Vorfahren um potenzielle Partner warben<br />
und ihr Territorium akustisch markierten.<br />
Darwin sah darin eine Ähnlichkeit mit dem<br />
Die renommierte Anthropologin Dean Falk.<br />
Gesang von Vögeln. Dass aus dem Gesang<br />
der Menschen schliesslich Sprache wurde,<br />
erklärte Darwin damit, <strong>das</strong>s die Menschen,<br />
nachdem sie gelernt hatten, ihren Vokaltrakt<br />
zu kontrollieren, damit begannen,<br />
Umweltgeräusche, zum Beispiel von<br />
gefährlichen Tieren nachzuahmen. So<br />
wurde in der Vorstellung von Darwin die<br />
erste Verbindung zwischen Lautäusserung<br />
und Bedeutung geknüpft, aus der dann<br />
Sprache entstand.<br />
Lange beachtete man diese Idee kaum.<br />
Denn Sprache wurde insbesondere von Philologen<br />
und nicht von Naturwissenschaftern<br />
analysiert. 1866 wurde in Frankreich<br />
die Société de Linguistique de Paris<br />
gegründet, einer der ersten Linguisten-<br />
Zusammenschlüsse. In dessen Statut<br />
wurde festgelegt, <strong>das</strong>s es den Mitgliedern<br />
verboten sei, darüber zu diskutieren, wie<br />
Sprache entstanden sei. Dies sei nur spekulativ<br />
und gebe nichts her.<br />
Die Linguisten befassten sich deshalb vor<br />
allem damit, die Systeme der Weltsprachen,<br />
ihre Regeln und ihre Verwandtschaftsverhältnisse<br />
untereinander zu<br />
untersuchen und zu erklären.<br />
Erst seit den 1990er Jahren beschäftigte<br />
sich die Wissenschaft wieder intensiver mit<br />
der Frage nach dem Ursprung der Sprache.<br />
Der US-Evolutionsbiologe Geoffrey Miller<br />
und der britische Urgeschichtler Steven<br />
Mithen griffen Darwins Ideen auf.<br />
23
Tecumseh Fitch hält den Erklärungsansatz<br />
von Darwin <strong>für</strong> nachvollziehbar und<br />
modern. Er hatte beobachtet, <strong>das</strong>s Papageien<br />
sprechen können. Sie machen indes<br />
keine sinnergebenden Sätze. Darwin hatte<br />
daraus hergeleitet, <strong>das</strong>s die Fähigkeit zur<br />
sprachlichen Lautäusserung und <strong>das</strong>, was<br />
Sprache sonst ausmacht, Syntax und Grammatik<br />
etwa, voneinander unterschieden<br />
werden müssen. Kein Tier hat je Wörter so<br />
verwendet, <strong>das</strong>s sie einen Sinn ergeben<br />
hätten. Diese Trennung ist heute von den<br />
Sprachforschern anerkannt.<br />
Tecumseh Fitch.<br />
Gebärden oder Laute<br />
Strittig ist, wie die Sprache letztlich entstanden<br />
ist. Waren, wie Darwin glaubte,<br />
zunächst Laute da, die dann mit Bedeutung<br />
belegt wurden und aus denen sich dann<br />
eine komplexe Sprache entwickelte? Oder<br />
verständigten sich die Menschen zunächst<br />
mit Gebärden und Gesten, bevor sie auf<br />
eine Lautsprache umstellten? Die Menschenaffen<br />
benutzen Gesten, um zu kommunizieren.<br />
Vielleicht haben sich auch die<br />
Urmenschen so verständigt. Allerdings hat<br />
diese Theorie eine Schwäche. Warum<br />
hätten sie auf einmal auf gesprochene<br />
Sprache umstellen sollen, fragt Fitch.<br />
Diese Frage wirft auch die renommierte US-<br />
Anthropologin Dean Falk in ihrem neuen<br />
Buch „Wie die Menschheit zur Sprache<br />
fand“ auf. Sie hält <strong>das</strong> Szenario, <strong>das</strong>s es<br />
zunächst eine Gestensprache samt Syntax<br />
gegeben habe, <strong>für</strong> unrealistisch - und entwickelt<br />
eine Theorie, die derjenigen von<br />
Darwin verwandt aber trotzdem anders ist.<br />
Ausschlaggebend könnte der<br />
aufrechte Gang gewesen sein<br />
Für Falk führte der aufrechte Gang dazu,<br />
<strong>das</strong>s die Menschen sprechen lernten. Diese<br />
Art der Fortbewegung hat zur Folge, <strong>das</strong>s<br />
<strong>das</strong> Becken der Frau enger und <strong>das</strong><br />
Gebären damit schwieriger wurde. Gleichzeitig<br />
begünstigte die Evolution ein immer<br />
grösser werdendes Gehirn beim Menschen<br />
und damit einen voluminöseren<br />
Kopf. Es gab nur eine Lösung <strong>für</strong> dieses<br />
Dilemma: Kleinere und damit hilflose<br />
Babys erhöhten die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
der Mutter, damit auch die<br />
des Kindes - und setzten sich deshalb in<br />
der Evolution schnell durch. Anders als die<br />
Menschenaffen können sich menschliche<br />
Säuglinge nicht an ihrer Mutter festhalten.<br />
Dean Falk folgert, <strong>das</strong>s Mütter ihre Kinder<br />
deshalb bei der Arbeit ablegen mussten -<br />
und zur Beruhigung der Kleinen deshalb<br />
die erste Sprache entwickelten. Nach Falk<br />
gingen Laute ohne konkrete Bedeutung<br />
der Sprache voraus - aber es waren keine<br />
Laute, die, wie bei Darwin der Paarung<br />
oder der Verteidigung eines Reviers<br />
dienten, sondern dem Beruhigen eines<br />
Kleinkindes. Falk führt eine Vielzahl von<br />
Belegen <strong>für</strong> ihre Theorie an. Zunächst zeigt<br />
sie, <strong>das</strong>s Körperkontakt <strong>für</strong> Schimpansenund<br />
Menschen-Babys essentiell ist - und<br />
<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Schreien der Kinder vor allem ein<br />
Ausdruck <strong>für</strong> einen Mangel davon ist. Dann<br />
stellt sie fest, <strong>das</strong>s es Ammensprachen,<br />
also die Art und Weise, wie Erwachsene mit<br />
Babys reden, in allen Regionen der Welt<br />
gibt - und <strong>das</strong>s alle ähnliche Charakteristika<br />
haben: langsames Sprechen, viele<br />
Wiederholungen, hohe Stimmmelodie,<br />
starke Betonungen, einen reduzierten<br />
Wortschatz. Aus dieser Universalität folgert<br />
sie, <strong>das</strong>s Ammensprache sehr früh entstanden<br />
sein muss.<br />
Fitch hält Falks Theorie <strong>für</strong> ein mögliches<br />
Szenario. In Experimenten habe man so<br />
festgestellt, <strong>das</strong>s Kinder eher auf Musik als<br />
auf Sprache reagierten.<br />
Allerdings fehlt derweil in der Wissenschaft<br />
noch <strong>das</strong> Versatzstück, warum dann auch<br />
Erwachsene angefangen haben, miteinander<br />
zu sprechen, und ihren Lauten eine<br />
Bedeutung zugewiesen haben. Für Fitch<br />
steht zunächst im Vordergrund zu klären,<br />
ob sich Sprache aus Lauten oder Gesten<br />
und Gebärden entwickelt hat. Er sieht drei<br />
Möglichkeiten, sich der Antwort zu nähern.<br />
Erstens, indem man Arten wie Wale und<br />
Vögel beobachtet, die zwar Gesänge, aber<br />
keine Sprache haben - und so feststellt,<br />
welche Aehnlichkeiten und Unterschiede<br />
es zu den Menschen gibt. So kann man herausfinden,<br />
welche physiologischen, neurologischen<br />
und genetischen Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> Lautäusserungen notwendig<br />
sind.<br />
Blick in die Gene<br />
Eine zweite Möglichkeit besteht darin, mit<br />
bildgebenden Verfahren <strong>das</strong> Gehirn beim<br />
Sprechen und Singen zu beobachten und<br />
zu unterstützen, ob die gleichen Areale<br />
aktiv sind, gibt Fitch zu bedenken. Das<br />
grösste Potenzial besteht nach ihm indes in<br />
der Genetik. Er ist davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />
man in Zukunft mehr Gene finden werde,<br />
die mit der Lautäusserung und mit Gesten<br />
bzw. Gebärden zu tun haben. So könne man<br />
viel mehr darüber erfahren, wie die Evolution<br />
der Sprache abgelaufen sei. Denn: In<br />
allen Genen entstehen Mutationen. Ihre<br />
Anzahl ist abhängig vom Alter der Erbanlagen.<br />
So wird man in Zukunft wohl ermitteln<br />
können, welche Gene zuerst entstanden<br />
sind: die der Lautäusserungen<br />
oder diejenige der Gesten. Und damit<br />
dürften dann auch die Theorien der Sprachevolution<br />
der Wahrheit näher kommen.<br />
Quellen:<br />
Frederik Jötten: Mutters Sprache in NZZ am<br />
Sonntag vom 16. Januar 20<strong>11</strong><br />
Wikipedia
News aus der<br />
IGGH<br />
Text: Daniel Ziegler<br />
Museumsbesuch hörbehindertengerecht<br />
Das Paul Klee Museum bietet <strong>für</strong> seine<br />
reguläre Ausstellung einen Audioguide<br />
mit Induktionsschlaufe an.<br />
Ds Historische Museum bietet <strong>für</strong> <strong>das</strong> Einsteinmuseum<br />
sowohl einen Videoguide in<br />
Gebärdensprache als auch einen Audioguide<br />
mit induktivem Kopfhörer an (sehr<br />
gute Übertragungsqualität).<br />
Für die bis 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong> laufende Ausstellung<br />
von James Cook und die Südsee<br />
können ebenso Audioguides mit induktiven<br />
Kopfhörern bezogen werden.<br />
Finanzierungspool <strong>für</strong> Dolmetscheinsätze<br />
Innerhalb der IGGH ist ein Finanzierungspool<br />
<strong>für</strong> Dolmetscheinsätze geschaffen<br />
worden. Dank Beiträgen der Aenggi-Stiftung<br />
und dem Fonds <strong>für</strong> Kranke, Betagte<br />
und Behinderte der Stadt Bern stehen Fr.<br />
12‘000.-- zur Verfügung. Mit diesen<br />
Beiträgen finanziert die IGGH Dolmetscheinsätze<br />
an öffentlichen kulturellen<br />
Veranstaltungen.<br />
Hörbehindertengerechtes Bauen<br />
Neu findet sich ab Januar 20<strong>11</strong> auf der<br />
Homepage der IGGH ein InfoPoint Hörbehindertengerechtes<br />
Bauen mit vielen<br />
nützlichen Informationen (www.iggh.ch).<br />
Regionalisierung SGB-FSS Region<br />
Bern-Oberwallis<br />
Nachdem bereits in 3 Regionen in der<br />
Deutschschweiz die Regionalisierung<br />
SGB-FSS umgesetzt worden ist, startet<br />
die Region Bern - Oberwallis im Jahr 20<strong>11</strong><br />
als 4. Region. Erste Vorabklärungen bei<br />
den grossen Selbsthilfe-Vereinen haben<br />
ergeben, <strong>das</strong>s die IGGH eine gute mögliche<br />
Partnerorganisation und regionale<br />
Kontaktstelle des SGB-FSS werden kann.<br />
Inzwischen hat sich eine Arbeitsgruppe<br />
gebildet, die abklärt, welche Aufgaben<br />
einer regionalen Kontaktstelle Bern -<br />
Oberwallis zustehen würden. Diese setzt<br />
sich zusammen aus Andreas Janner, Mitglied<br />
der Geschäftsleitung SGB-FSS,<br />
Mirjam Münger, Fachstelle <strong>für</strong> Gehörlose<br />
Bern, Tina Blumenthal, Vertreterin Region<br />
Oberwallis und Daniel Ziegler, Geschäftsstellenleiter<br />
IGGH.<br />
Ab Januar 20<strong>11</strong> bis Juni 20<strong>11</strong> wird Daniel<br />
Ly, gehörlos, aus Ittigen / BE von der<br />
Arbeitsgruppe mit der Bedarfsanalyse<br />
und Konzeptentwicklung beauftragt. Er<br />
wird während dieser Zeit mit allen Organisationen,<br />
Institutionen und Gruppen<br />
Gespräche führen und einen Schlussbericht<br />
vorlegen. Es soll herausgefunden<br />
werden, welche Aufgaben und Funktionen<br />
eine regionale Kontaktstelle Bern - Oberwallis<br />
des SGB-FSS wahrzunehmen hätte.<br />
Dabei sollen sowohl die bereits bestehende<br />
Angebote und Dienstleistungen als<br />
auch der aktuelle Bedarf an Angeboten<br />
und Dienstleistungen ermittelt werden.<br />
Mitgliederversammlung<br />
Die Mitgliederversammlung der IGGH<br />
findet am 22. Juni 20<strong>11</strong> statt.<br />
RTL Schweiz mit digitaler<br />
Untertitelung?<br />
Text: Daniel Ender (gehörlos)<br />
Am 16. Dezember 2010 habe ich auf dem Internetportal<br />
<strong>für</strong> Gehörlose und Schwerhörige,<br />
www.taubenschlag.de eine Neuigkeit entdeckt<br />
auf die gehörlose und hörbehinderte<br />
Menschen sehr lang gewartet haben: Ab 19.<br />
Dezember 2010 startet RTL mit der Untertitelung<br />
<strong>für</strong> Hörgeschädigte. Allerdings strahlt<br />
RTL keine Teletext-Untertitel, sondern nur<br />
digitale DVB-Untertitel aus.<br />
Über die Feiertage habe ich mit Interesse<br />
einige untertitelte Spielfilme bei RTL über eine<br />
Mini-Digital-Satellitenanlage angeschaut. Die<br />
digitalen Untertitel (DVB-Subtitle) haben<br />
bestens funktioniert, aber die Qualität und<br />
der verfasste Inhalt der Untertitelung sind<br />
ungenügend. Einzelne Sendungen hatten<br />
Untertitel-Ausfälle. Bei den Wiederholungen<br />
der Spielfilme haben die Untertitel wiederum<br />
gut funktioniert.<br />
Eigentlich erwarte ich eine störungsfreiere<br />
Untertitelung und qualitativ hochwertigere<br />
Untertitel <strong>für</strong> Gehörlose und Hörbehinderte.<br />
Für <strong>das</strong> Verfassen der deutschen Untertitel<br />
müssen nach meiner Einschätzung selbst<br />
betroffene Fachleute als kompetente Mitarbeiter<br />
beigezogen werden. Diese kennen die<br />
Bedürfnisse der betroffenen Zuschauer. Die<br />
Untertitel sind so entsprechend fachgerecht<br />
und nach dem neuesten Stand der Technik,<br />
gemeinsam von Hörenden und Nichthörenden<br />
herzustellen.<br />
Ich stellte auch fest: Über Satellit stehen<br />
untertitelte Sendungen zurzeit nur <strong>für</strong> den<br />
Kanal „RTL Television“ zur Verfügung, auf den<br />
anderen RTL Kanälen, wie z.B. RTL CH, RTL<br />
Austria, etc. werden keine Untertitel angeboten.<br />
Auch habe ich festgestellt <strong>das</strong>s beim Sender<br />
RTL auf dem Netz des grössten Kabelnetzbetreiber<br />
UPC (cablecom) in der Schweiz keine<br />
digitalen Untertitel angeboten werden. Bei<br />
anderen digitalen Fernsehkanälen wie z.B.<br />
Pro7 und Kabel 1 läuft dies nicht immer einwandfrei.<br />
Als Satelliten-Zuschauer bin ich sehr froh,<br />
<strong>das</strong>s ich RTL-Television und viele andere Fernsehkanäle<br />
mit digitaler bzw. Teletext-Untertitelung<br />
einwandfrei empfangen kann.<br />
25
Soziales<br />
und Politik<br />
Jährlich lassen 5000<br />
Jugendliche die Schule sausen<br />
Text: Daniel Schneebeli in Tages-Anzeiger vom<br />
14. Januar 20<strong>11</strong><br />
Nicht alle Schulabbrecher kommen aus<br />
zerrütteten Familien. Und ein grosser Teil<br />
schafft die Rückkehr in ein geregeltes<br />
Leben.<br />
Die Schulpflicht in der Schweiz beträgt<br />
(ohne Kindergarten) neun Jahre. Doch<br />
jedes Jahr verlassen rund 5000 Jugendliche<br />
die Volksschule früher. Diese Erkenntnisse<br />
aus einer langjährigen Studie präsentierte<br />
am 13. Januar 20<strong>11</strong> Erziehungswissenschaftlerin<br />
Margrit Stamm zusammen mit<br />
einem Forscherteam im Auftrag der Gerbert-Rüf-Stiftung.<br />
Erst wurden Schülerinnen<br />
und Schüler aus elf Kantonen im 8.<br />
und 9. Schuljahr befragt. Ein Jahr später<br />
ermittelten die Wissenschaftler, wie viele<br />
von ihnen die Schule frühzeitig verlassen<br />
haben, aus welchen Gründen und mit welchen<br />
Folgen.<br />
Ein Drittel ist „schulmüde“<br />
Die Studie räumt dabei gleich mit mehreren<br />
Vorurteilen auf. Die Schulabbrecher<br />
kommen nicht nur aus bildungsfernen<br />
Schichten, aus Realschulen oder Sekundarschulen<br />
C, wo schulschwache Jugendliche<br />
unterrichtet werden. Sie kommen ebenso<br />
häufig aus ambitionierten Elternhäusern<br />
und aus Progymnasien.<br />
Es wird unterschieden zwischen fünf Typen<br />
von Aussteigern: Am häufigsten (30 Prozent)<br />
sind „die Schulmüden“, die unter problematischen<br />
Lehrerbeziehungen und<br />
hohem Elterndruck gelitten haben. „Die<br />
Hänger“ (20 Prozent) werden als selbstbewusste<br />
Anführer mit Disziplinarproblemen<br />
beschrieben. Sie konsumieren viel Alkohol<br />
oder Cannabis. Die „familiär Belasteten“<br />
(18 Prozent) konnten die Schule wegen<br />
ihrer Probleme zu Hause nicht bewältigen.<br />
Die Gemobbten (16 Prozent) sind<br />
gezeichnet von Konflikten mit Gleichaltrigen.<br />
Am problematischsten beurteilt<br />
Stamm die Gruppe „der Delinquenten“ (16<br />
Prozent). Sie fallen durch teilweise<br />
schweres rechtswidriges Verhalten und<br />
durch Gewaltbereitschaft auf.<br />
Von Lehrern „rausgeekelt“<br />
Weiter widerlegt die Studie die verbreitete<br />
Ansicht, die Schüler seien allein <strong>für</strong> den<br />
Abbruch verantwortlich. Denn fast die<br />
Hälfte verlässt die Schulen nicht freiwillig.<br />
Sie werden oft zum Austritt gedrängt -<br />
passiv oder auch repressiv. Entweder reagiert<br />
die Schule nicht aufs Schwänzen oder<br />
andere Rückzugszeichen und lässt die<br />
Jugendlichen gewähren, bis sie nicht mehr<br />
erscheinen. Oder dann werden die<br />
Schulabbrecher in der Schule als „hoffnungslose<br />
Fälle“ abgestempelt.<br />
„Manchmal werden die nicht pflegeleichten<br />
Schülerinnen und Schüler von<br />
ihren Lehrern regelrecht hinausgeekelt“,<br />
schreibt Margrit Stamm in ihrem Bericht.<br />
Meist werde der Schulaustritt von den<br />
Jugendlichen als Befreiung und nicht als<br />
Versagen empfunden - allerdings nur am<br />
Anfang, später setzten dann Reue und<br />
Bedauern ein.<br />
Die Studie macht aber auch Hoffnung.<br />
Denn längst nicht alle Schulabbrecher<br />
erleben ein berufliches Desaster. Drei Jahre<br />
nach dem Austritt sind zwei Drittel von<br />
ihnen entweder in die Schule zurückgekehrt,<br />
oder sie haben eine Berufsausbildung<br />
begonnen. Ein Drittel hingegen hatte<br />
nach drei Jahren den Weg zurück noch nicht<br />
gefunden - unter ihnen vorwiegend „die<br />
Delinquenten“.<br />
Die Forschergruppe hat unter dem Titel<br />
„Stop-Drop“ ein Programm <strong>für</strong> Lehrpersonen<br />
und Schulen erarbeitet, wie <strong>das</strong> Problem<br />
angepackt werden könnte. Es baut<br />
auf vier Fragen auf: 1. Wie diagnostiziert<br />
man einen potenziellen Schulausstieg? 2.<br />
Wie sollte man mit derart gefährdeten<br />
Schülern im Unterricht arbeiten? 3. Welches<br />
sind die präventiven Möglichkeiten<br />
der Schulen? 4. Wie kann man desintegrativem<br />
Verhalten schon im Vorschulbereich<br />
entgegentreten?<br />
Wie sich die Politik bei der<br />
Überentschädigung im<br />
Rentenalter selbst blockiert<br />
Text: Katharina Fontana in NZZ vom <strong>11</strong>. Januar 20<strong>11</strong><br />
Wer im Alter zusätzlich zur AHV eine Unfallrente<br />
erhält, steht finanziell häufig viel<br />
besser da als ein „normaler“ Rentner. Diese<br />
Situation wird allseits als stossend angesehen.<br />
Der Wille, sie zu beseitigen, ist aber<br />
gering.<br />
In der laufenden Legislatur hat sich einmal<br />
mehr gezeigt, <strong>das</strong>s Leistungskürzungen im<br />
Sozialbereich politisch nur schwer durchzusetzen<br />
sind. Die <strong>11</strong>. AHV-Revision ist im<br />
Parlament gescheitert, die Reduktion des<br />
Umwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge<br />
erlitt an der Urne Schiffbruch. Umso<br />
entschlossener, sollte man meinen, müsste<br />
die Politik jene sozialpolitischen Änderungen<br />
an die Hand nehmen, über deren<br />
Notwendigkeit man sich einig ist. Allerdings<br />
hapert es auch hier, wie die Revision<br />
des Unfallversicherungsgesetzes (UVG)<br />
zeigt.<br />
Entlastung der UVG-Prämien<br />
Das UVG ist zwar kein Sorgenkind wie<br />
andere Sozialversicherungen, sondern<br />
steht finanziell solide da. Dennoch gibt es<br />
auch in diesem Bereich klaren Verbesserungsbedarf.<br />
Ein Missstand, der seit<br />
langem bekannt ist und von allen Seiten<br />
kritisiert wird, ist die Überentschädigung<br />
im Rentenalter: Zahlreiche Pensionäre, die<br />
neben ihrer AHV-Rente noch eine Unfallrente<br />
erhalten, fahren heute finanziell<br />
deutlich besser als jene Personen, die bis<br />
zum Rentenalter voll gearbeitet haben (vgl.<br />
Kasten).<br />
Die Überentschädigung im Rentenalter<br />
schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit der<br />
Sozialversicherungen, sie fällt auch finanziell<br />
ins Gewicht. Der Bundesrat geht davon<br />
aus, <strong>das</strong>s bei der Unfallversicherung pro<br />
Jahr rund 170 Millionen Franken eingespart<br />
werden könnten (Zahlen des Jahres 2007),<br />
wenn die Bevorzugung der UVG-Renten<br />
beseitigt würde. Hochgerechnet auf <strong>das</strong><br />
gegenwärtige Gesamtprämienvolumen von<br />
rund 6 Milliarden Franken könnten die<br />
UVG-Prämien damit um schätzungsweise<br />
3,5 bis 4 Prozent entlastet werden, rechnet
Peter Schlegel vom Bundesamt <strong>für</strong> Gesundheit<br />
vor.<br />
Der Bundesrat will <strong>das</strong> Problem der Überentschädigung<br />
im Rahmen der laufenden<br />
UVG-Revision lösen. Die Erfolgschancen<br />
der Vorlage sind allerdings gering. Der<br />
Nationalrat hat nämlich im letzten September<br />
beschlossen, <strong>das</strong> Geschäft an den<br />
Bundesrat zurückzuweisen. Grund waren<br />
verschiedene umstrittene Leistungskürzungen,<br />
welche die vorberatende Kommission<br />
zusätzlich in die Vorlage aufgenommen<br />
hatte. Ende Januar wird sich die<br />
Ständeratskommission mit dem Traktandum<br />
befassen, voraussichtlich im März<br />
dann die kleine Kammer. Lehnt sie die<br />
Rückweisung ab, kommt die UVG-Vorlage<br />
wieder in den Nationalrat. Nimmt sie sie an,<br />
ist <strong>das</strong> Geschäft definitiv vom Tisch.<br />
Zu welchem Szenario es kommen wird, ist<br />
offen. Allerdings lässt die Motivation der<br />
Parlamentarier, sich mit kontroversen Dossiers<br />
zu beschäftigen, gegen Ende der<br />
Legislatur erfahrungsgemäss etwas nach.<br />
Zudem stehen nicht nur Linke und Gewerkschaften<br />
der UVG-Revision ablehnend<br />
gegenüber, auch auf der bürgerlichen Seite<br />
ist der Widerstand erstaunlich gross.<br />
Sozialpolitische Prioritäten<br />
So kommt man sowohl beim Gewerbe- wie<br />
beim Arbeitgeberverband zum Schluss,<br />
<strong>das</strong>s die UVG-Vorlage derart entgleist sei,<br />
<strong>das</strong>s der Schaden im Parlament nicht mehr<br />
behoben werden könne. Der Bundesrat<br />
solle deshalb eine zweite, auf <strong>das</strong> Notwendige<br />
beschränkte UVG-Revision vorlegen<br />
und dabei auch <strong>das</strong> Problem der Überentschädigung<br />
angehen, heisst es unisono. So<br />
umkompliziert, wie es tönt, ist dieses Vorgehen<br />
indes nicht. Im zuständigen Innendepartement<br />
stehen derzeit nämlich<br />
andere sozialpolitische Grossprojekte<br />
(AHV, IV) im Vordergrund; die UVG-Revision<br />
geniesst keine Priorität. Weist <strong>das</strong> Parlament<br />
die Vorlage zurück, dürfte sich an der<br />
Bevorzugung der UVG-Rentner also nicht<br />
so schnell etwas ändern - auch wenn diese<br />
Situation allseits als stossend angesehen<br />
wird.<br />
90 statt 60 Prozent des letzten<br />
Lohns<br />
Das Problem der Überentschädigung<br />
im Rentenalter hängt mit dem komplexen<br />
Zusammenspiel der verschiedenen<br />
Sozialversicherungen zusammen.<br />
Wer einen Unfall erleidet und<br />
ganz oder teilweise erwerbsunfähig<br />
wird, erhält heute eine Rente der<br />
Unfallversicherung, und zwar bis zu<br />
seinem Tod. Je nach Schwere der<br />
gesundheitlichen Beeinträchtigung hat<br />
der Verunfallte gleichzeitig noch <strong>das</strong><br />
Recht auf eine Rente der Invalidenversicherung.<br />
Die beiden Renten dürfen<br />
zusammen nicht mehr als 90 Prozent<br />
des letzten Verdienstes ausmachen.<br />
Falls diese Obergrenze überschritten<br />
wird, wird die UVG-Rente entsprechend<br />
reduziert; auch die Pensionskasse ist<br />
berechtigt, ihre Leistungen unter<br />
bestimmten Bedingungen zu kürzen.<br />
Kommt der Verunfallte nun ins Rentenalter,<br />
ändert sich an dieser Regelung<br />
nichts; die Obergrenze der Entschädigung<br />
aus UVG- und AHV-Rente beträgt<br />
nach wie vor 90 Prozent. Für „normale“<br />
Rentner liegt <strong>das</strong> Leistungsziel<br />
dagegen deutlich tiefer: Mit den Geldern<br />
aus AHV und obligatorischer<br />
beruflicher Vorsorge sollen lediglich 60<br />
Prozent des zuletzt bezogenen Lohnes<br />
gesichert werden. Der Unterscheid ist<br />
also beträchtlich. Die Besserstellung<br />
der UVG-Rentner gegenüber den<br />
übrigen Rentnern macht sich umso<br />
stärker bemerkbar, je älter die Person<br />
und damit je höher ihr Verdienst im<br />
Zeitpunkt des Unfalls war.<br />
Anlass zu Hoffnung - weniger<br />
IV-Neurentner<br />
Text: Michael Schoenenberger in NZZ vom 3. Januar 20<strong>11</strong><br />
Die Ausgaben der IV sind 2010 leicht rückläufig.<br />
Der Trend bei den Neurenten weist<br />
nach unten. Die Schulden belaufen sich<br />
aber unterdessen auf 15 Milliarden<br />
Franken. Die Behörden beurteilen die 5. IV-<br />
Revision positiv, Betroffene sind skeptisch.<br />
Vielen Betroffenen und der politischen<br />
Linken folgen die Revisionen der Invalidenversicherung<br />
(IV) zu schnell. Bevor die 6.<br />
IV-Revision umgesetzt werde, müssten die<br />
4. und 5. Revision „erst einmal verdaut“<br />
werden, heisst es. Für diese Sichtweise<br />
spricht, <strong>das</strong>s ein systematisches Monitoring<br />
und eine fundierte Analyse betreffend<br />
die Massnahmen, die eingeführt worden<br />
sind, weitgehend fehlen. Sicher ist indes,<br />
<strong>das</strong>s sich die Revisionen ergänzen und<br />
<strong>das</strong>s die Stimmbürger der ab 20<strong>11</strong> gültigen<br />
Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4 Prozentpunkte<br />
unter dem Vorbehalt einer<br />
zügigen Umsetzung der 6. IV-Revision<br />
zugestimmt haben.<br />
Ausgaben sinken moderat<br />
Trotz der lückenhaften Datenbasis stellt<br />
sich die Frage, ob die 5. IV-Revision hinsichtlich<br />
des Grundsatzes „Eingliederung<br />
vor Rente“ Wirkung entfaltet. Zunächst<br />
kann konstatiert werden, <strong>das</strong>s sich nach<br />
der langjährigen, massiven Zunahme der<br />
IV-Ausgaben in diesem Jahr der moderate<br />
Ausgabenrückgang, der 2007 begonnen<br />
hat, fortgesetzt hat. Wie <strong>das</strong> Bundesamt <strong>für</strong><br />
Sozialversicherungen (BSV) auf Anfrage<br />
sagt, wird die IV im Jahr 2010 geschätzte<br />
9,2 Milliarden Franken ausgeben und 8,2<br />
Milliarden einnehmen. Die Ausgaben<br />
dürften im Jahresvergleich um rund 130 Millionen<br />
Franken leicht sinken. Das Defizit<br />
reduziert sich auf gut 1 Milliarde - der<br />
Schuldenstand erreicht Ende 2010 etwa 15<br />
Milliarden Franken.<br />
Gleichzeitig ging die Zahl der Neurenten<br />
zurück. 17‘700 gewichtete Renten waren es<br />
2008, 15‘900 waren es 2009. Seit 2003 ist<br />
die Anzahl neuer Renten um rund 45 Prozent<br />
reduziert worden. Für <strong>das</strong> laufende<br />
Jahr kann <strong>das</strong> BSV noch keine Zahlen<br />
27
nennen, rechnet aber mit einer weiteren<br />
Abnahme der neu gesprochenen Renten.<br />
Die Anzahl Personen, die eine IV-Rente<br />
beziehen, ist anhaltend hoch. 2009 waren<br />
es 283‘981 Personen mit einer Invalidenrente<br />
und 99‘906 Kinder mit einer Zusatzrente.<br />
Werden die Invalidenrenten über die<br />
Zeit betrachtet, war die Zunahme bis 2005<br />
stetig und massiv, die Abnahme seit 2006<br />
nur geringfügig (1991: 170‘099; 2000:<br />
235‘529; 2005: 293‘251; 2006: 290‘889).<br />
Mit Besorgnis erfüllen muss auch, <strong>das</strong>s<br />
sich der Anteil psychischer Erkrankungen<br />
als Ursache einer Neurente im Verhältnis zu<br />
anderen Ursachen weiter erhöht hat.<br />
Sind Massnahmen nachhaltig?<br />
Die IV bleibt aus finanzieller Sicht ein Sorgenkind,<br />
und sie bliebe es ohne weitere<br />
Reformen auch mit den zusätzlichen Mitteln<br />
aus der Mehrwertsteuer. Die mit der 4.<br />
und besonders der 5. IV-Revision einsetzende<br />
Trendwende lässt aber zumindest<br />
zuversichtlicher in die Zukunft blicken.<br />
Besonders der nicht nur propagierte, sondern<br />
seit der 5. IV-Revision erstmals ernsthaft<br />
exerzierte Grundsatz „Eingliederung<br />
vor Rente“ scheint ein Erfolgsrezept zu<br />
sein. Darauf deutet die hohe Zahl der beruflichen<br />
Massnahmen hin, die ergriffen<br />
worden sind. Dies gilt auch <strong>für</strong> die neuen,<br />
mit der 5. IV-Revision eingeführten Massnahmen:<br />
Zwischen Januar 2008, also ihrem<br />
Inkrafttreten, und Mitte 2010 wurden<br />
schweizweit rund 32‘600 Massnahmen der<br />
Frühintervention und 6300 Integrationsmassnahmen<br />
zugesprochen.<br />
Eine andere Frage ist, ob die Nachhaltigkeit<br />
der Massnahmen gegeben ist. Behindertenverbände<br />
verweisen auf die fehlenden<br />
Daten und betonen, <strong>das</strong>s die erhöhte Zahl<br />
ergriffener Massnahmen noch wenig aussage<br />
über die effektive Eingliederung<br />
behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt<br />
– und darüber, ob sie dann dort auch länger<br />
blieben.<br />
Frühere Erkennung<br />
Ein positives erstes Fazit zieht man bei den<br />
IV-Stellen. So sagt Martin Kalbermatten,<br />
bei der IV-Stellen-Konferenz zuständig <strong>für</strong><br />
<strong>das</strong> Ressort Integration: „Wir erkennen<br />
einen möglichen IV-Fall heute viel früher<br />
und können mit den neuen Instrumenten<br />
im Werkzeugkasten sehr viel bewirken.“<br />
Die Meldung von Risikofällen mittels der<br />
Früherfassung funktioniere, könnte aber<br />
von versicherten Personen und berechtigten<br />
Instanzen vermehrt genutzt werden.<br />
Als Folge der Früherfassung bleiben Personen<br />
mit gesundheitlichen Störungen<br />
eher im Arbeitsprozess oder würden einfacher<br />
wieder an eine neue Aufgabe herangeführt.<br />
Gemäss einer Hochrechnung der<br />
Zahlen von 18 IV-Stellen haben die Arbeitsvermittlungen<br />
und die Beibehaltungen von<br />
Arbeitsverhältnissen 2009 im Vergleich zu<br />
2007 um 53 Prozent zugenommen. Wie<br />
bereits erwähnt, kann <strong>das</strong> BSV aufgrund<br />
fehlender Daten keine zuverlässige Aussage<br />
über effektive Eingliederungen behinderter<br />
Menschen ins Erwerbsleben<br />
machen. Für die nächsten Jahre ist aus<br />
diesem Grund ein Monitoring geplant. Ein<br />
Indikator sind laut dem Bundesamt die<br />
2’670 Abgänge aus der IV im Jahr 2008, die<br />
nicht durch eine AHV-Rente ersetzt wurden<br />
und nicht auf einen Todesfall zurückzuführen<br />
waren. Bei 17‘700 Neurenten entspricht<br />
dies einer Quote von 15 Prozent, die<br />
möglicherweise in den Arbeitsprozess<br />
haben integriert werden können.<br />
Für den Bereich Eingliederung veranschlagte<br />
der Bund zusätzliche Kosten von<br />
500 Millionen Franken. Eine nachhaltige<br />
Integration von behinderten Menschen in<br />
den Arbeitsmarkt soll diese Ausgabe<br />
wieder wettmachen. Heute rechnet die IV-<br />
Stellen-Konferenz laut Kalbermatten mit<br />
tieferen Kosten: Während <strong>das</strong> BSV in<br />
seinen Berechnungen von durchschnittlichen<br />
Fallkosten in der Höhe von 5000<br />
Franken ausgegangen sei, zeige die Erfahrung<br />
im Kanton Wallis, <strong>das</strong>s eine Frühintervention<br />
im Schnitt 2’500 Franken koste. Es<br />
könne damit gerechnet werden, <strong>das</strong>s die<br />
Investitionskosten der 5. IV-Revision tiefer<br />
ausfallen würden als angenommen, sagt<br />
Kalbermatten.<br />
Zufriedenheit im BSV<br />
Dauerte es früher im Durchschnitt 1,5 Jahre,<br />
bis nach einer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit<br />
eine Anmeldung bei der IV<br />
erfolgte, geschieht <strong>das</strong> heute wesentlich<br />
schneller. Laut BSV wird die Früherfassung<br />
innerhalb von 30 Tagen umgesetzt. Bei der<br />
Frühintervention, also der Phase der niederschwelligen<br />
Massnahmen (Assessment<br />
bei der IV-Stelle, Planung der Eingliede-<br />
rung), wird die Vorgabe, <strong>das</strong>s zwischen der<br />
Anmeldung und dem Entscheid nicht mehr<br />
als 180 Tage verstreichen dürfen, allerdings<br />
erst in 50 Prozent der Fälle eingehalten. Die<br />
Dauer <strong>für</strong> die Bearbeitung der Anträge hat<br />
sich verkürzt, seit 2007 um rund 46 Prozent.<br />
Im BSV und bei der IV-Stelle-Konferenz<br />
zieht man insgesamt eine positive Bilanz<br />
über die 5. IV-Revision, auch wenn bei der<br />
Umsetzung noch einige Korrekturen nötig<br />
sind, wie Stefan Ritler, IV-Chef im BSV, sagt.<br />
So müsse die Regelung der Zuschüsse <strong>für</strong><br />
die Einarbeitung behinderter Menschen<br />
vereinfacht werden. Und Integrationsmassnahmen<br />
müssten länger als ein Jahr<br />
zulässig sein, da besonders psychische<br />
Erkrankungen nicht linear verliefen.
IV verweigert einem<br />
verunfallten Bauarbeiter die<br />
Integrationshilfe zu Recht<br />
Text: Markus Brotschi in Tages-Anzeiger vom<br />
23. Dezember 2010<br />
Das Bundesgericht beschränkt <strong>das</strong> Recht<br />
auf Integrationsleistungen der IV. Ein Versicherungsanwalt<br />
wertet <strong>das</strong> Urteil als weitere<br />
Verschärfung der IV-Praxis.<br />
„Eingliederung vor Rente“ heisst <strong>das</strong> Motto<br />
der 5. IV-Revision. Zu den Instrumenten,<br />
die der Invalidenversicherung seit 2008 zur<br />
Verfügung stehen, gehören Integrationsmassnahmen.<br />
Diese sind eine Vorstufe zur<br />
beruflichen Eingliederung und umfassen<br />
etwa Belastbarkeits- und Aufbautrainings<br />
sowie Beschäftigungsprogramm. Ziel ist es,<br />
jemanden nach längerer Arbeitsunfähigkeit<br />
wieder an den Arbeitsprozess zu<br />
gewöhnen.<br />
Solche Massnahmen beantragte auch ein<br />
Bauarbeiter, der im November 2000 mit<br />
dem Velo verunfallte. Dabei erlitt er einen<br />
Bruch am Oberarmknochen sowie einen<br />
Sehenanriss. Neun Monate später nahm<br />
der Mann seine Arbeit wieder auf. Aufgrund<br />
von Bewegungseinschränkungen bei<br />
Arbeiten über Kopfhöhe entliess ihn die<br />
Baufirma im August 2002. Zwei Jahre<br />
später verletzte sich der Mann bei einem<br />
Velounfall nochmals am linken Arm. Im<br />
September 2005 meldete er sich bei der IV-<br />
Stelle Zürich.<br />
„Fast alle sind ausgeschlossen“<br />
Die ärztliche Untersuchung ergab, <strong>das</strong>s der<br />
heute 51-jährige Mann zwar seine Tätigkeit<br />
auf dem Bau nicht mehr ausführen kann,<br />
ihm jedoch eine „leidensangepasste Tätigkeit<br />
vollumfänglich möglich“ sei. Hilfe bei<br />
der beruflichen Integration lehnte die IV ab,<br />
obwohl der Mann seit seiner Entlassung<br />
arbeitslos war. Der Anwalt des Bauarbeiters<br />
begründete den Antrag auf Integrationsmassnahmen<br />
damit, <strong>das</strong>s sein Mandant<br />
seit sechs Jahren nicht mehr im Arbeitsprozess<br />
stehe und sich wieder an die Anforderungen<br />
des Arbeitslebens gewöhnen<br />
müsse.<br />
Diese restriktive Praxis der IV stützt nun<br />
<strong>das</strong> Bundesgericht. Anrecht auf Integrationsmassnahmen<br />
habe nur, wer mindestens<br />
50% arbeitsunfähig sei und zwar auch <strong>für</strong><br />
Tätigkeiten ausserhalb des angestammten<br />
Berufes, hielt <strong>das</strong> höchste Sozialversicherungsgericht<br />
in Luzern fest. Diese Interpretation<br />
hält Versicherungsanwalt David Husmann<br />
<strong>für</strong> folgenschwer. „Das bedeutet,<br />
<strong>das</strong>s man jeden, der theoretisch in irgendeinem<br />
Bereich noch mehr als 50 Prozent<br />
arbeitsfähig ist, von Integrationsmassnahmen<br />
ausschliessen kann. Damit kann<br />
die IV eigentlich fast alle von solchen Massnahmen<br />
ausschliessen“, sagt der Vizepräsident<br />
der Rechtsberatungsstelle <strong>für</strong><br />
Unfallopfer und Patienten. Die schriftliche<br />
Begründung des Urteils vom 14. Dezember<br />
2010 steht noch aus. Bei der Vorinstanz,<br />
dem Sozialversicherungsgericht Zürich,<br />
war der Mann mit der Begründung abgewiesen<br />
worden, nichts deute auf eine fehlende<br />
Eingliederungsfähigkeit hin.<br />
Integrationsmassnahmen würden vorab bei<br />
psychischen Erkrankungen angewendet.<br />
Eine solche sei nicht festgestellt worden.<br />
Bundesrichter uneinig<br />
Für Husmann ist absehbar, <strong>das</strong>s ohne<br />
Begleitmassnahmen Leute wie der verunfallte<br />
Bauarbeiter bei der Sozialhilfe<br />
landen. Wenn ein Bauarbeiter während<br />
Jahren nicht mehr gearbeitet habe, sei er<br />
auf dem Arbeitsmarkt kaum mehr vermittelbar.<br />
Erschwerend komme hinzu, <strong>das</strong>s die<br />
Betroffenen oft nur über geringe Kenntnisse<br />
einer Landessprache verfügten. Dass<br />
in solchen Fällen Integrationsmassnahmen<br />
verweigert würden, sei unbegreiflich.<br />
Der Fall war am Bundesgericht umstritten.<br />
So kam die I. Sozialversicherungsrechtliche<br />
Kammer zunächst zum Schluss, entscheidend<br />
<strong>für</strong> <strong>das</strong> Recht auf Integrationsmassnahmen<br />
sei die Arbeitsunfähigkeit bei der<br />
angestammten Tätigkeit. Da es sich nach<br />
Ansicht der Richter um einen Grundsatzentscheid<br />
handelte, wurde die II. Kammer hinzugezogen.<br />
Und diese drehte den Entscheid<br />
um: Für <strong>das</strong> Ausmass der Arbeitsunfähigkeit<br />
ist nicht die ursprüngliche Tätigkeit<br />
massgebend, sondern diejenige in<br />
einer angepassten Tätigkeit. Konkret: der<br />
Betreffende kann zwar nicht mehr auf dem<br />
Bau arbeiten, aber einen Job suchen, bei<br />
dem er mit dem linken Arm keine schweren<br />
Arbeiten verrichten muss. Ob der vor 26<br />
Jahren in die Schweiz eingewanderte Mann<br />
nach 8-jähriger Arbeitslosigkeit ohne Integrationsmassnahmen<br />
dazu in der Lage ist,<br />
ist allerdings fraglich.<br />
Präsidiert wurde die II. Kammer von Bundesrichter<br />
Ulrich Meyer. Dieser war bereits<br />
mitverantwortlich <strong>für</strong> die härtere Gangart<br />
gegenüber Schleudertrauma-Patienten.<br />
Gemäss einem Urteil vom September 2010<br />
begründen die Folgen eines Schleudertraums<br />
der Halswirbelsäule in der Regel<br />
keinen Anspruch mehr auf eine IV-Rente.<br />
Aufgrund dieses Urteils will der Nationalrat<br />
nun IV-Renten von Schleudertrauma-Patienten<br />
aufheben.<br />
This Priis 20<strong>11</strong> zeichnet Firma<br />
aus mit gehörlosem<br />
Angestellten<br />
Quelle: Schweizer Fernsehen vom 23. Januar 20<strong>11</strong><br />
Mit dem This Priis werden seit 2005 Firmen<br />
ausgezeichnet, die sich in vorbildlicher Art<br />
und Weise <strong>für</strong> Menschen mit Behinderung<br />
einsetzen bzw. Menschen mit Behinderung<br />
in ihren Betrieb integrieren. Einer der drei<br />
Preise 20<strong>11</strong> ging am 24. Januar 20<strong>11</strong> an <strong>das</strong><br />
Thalwiler Architekturbüro Archplan. Vor<br />
drei Jahren stellte <strong>das</strong> KMU Samuel Wullschleger<br />
an, der seit seinem 2. Lebensjahr<br />
gehörlos ist. Samuel Wullschleger hat an<br />
der BSFH die Ausbildung als Hochbauzeichner<br />
abgeschlossen und sich anschliessend<br />
an der Technikerschule Rapperswil<br />
zum Hochbautechniker weitergebildet.<br />
Im Thalwiler Architekturbüro kommunizieren<br />
die Mitarbeiter in Gebärdensprache<br />
mit Samuel Wullschleger und er<br />
liest von den Lippen ab. Das Bewusstsein<br />
<strong>für</strong> Kommunikation hat sich dadurch in der<br />
ganzen Firma merklich verbessert. Das<br />
Gegenüber im Gespräche werde so generell<br />
viel besser wahrgenommen, strichen sämtliche<br />
Angestellten der Architekturfirma<br />
gegenüber dem Schweizer Fernsehen<br />
hervor.<br />
29
Leben und<br />
Glauben<br />
unterwegs<br />
in den Bergen<br />
Fernsicht ins<br />
Mattertal.<br />
Fotos: Felix<br />
Weber-Stöckli<br />
Kirchliche Vera<br />
Katholische Gehörlosengemeinden<br />
REGION AARGAU<br />
Kath. Gehörlosenseelsorge im Kt. Aargau<br />
Theaterplatz 1, 5400 Baden<br />
Peter Schmitz-Hübsch<br />
Gehörlosenseelsorger<br />
Tel. 056 222 13 37<br />
Fax 056 222 30 57<br />
E-Mail peter.schmitz-huebsch@gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />
Sonntag, 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Katholischer Gottesdienst in der Herz-Jesu<br />
Kirche Lenzburg, mit anschliessendem<br />
Kirchenkaffee<br />
REGION ZÜRICH<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge Kt. Zürich<br />
Beckenhofstrasse 16, 8006 Zürich<br />
Telescrit 044 360 51 51<br />
Tel. 044 360 51 51<br />
Fax 044 360 51 52<br />
E-Mail info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />
Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Ökumenischer Gottesdienst in der<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
Noch im alten Jahr wollte ich diesen<br />
Artikel schreiben und dann in die Winterferien<br />
fahren. Mehr als einmal setzte ich<br />
mich an den Computer und versuchte<br />
etwas zu schreiben. Den Mac habe ich<br />
nicht in den Papierkorb geworfen, die Entwürfe<br />
aber schon. Es ging einfach nichts<br />
mehr.<br />
Zum ersten Mal nahm ich die Schneeschuhe<br />
mit in die Winterferien. Meiner<br />
Schulter zu liebe verzichtete ich aufs Skifahren.<br />
So machte ich mich auf und wanderte<br />
mit meinen Schneeschuhen los. Ich<br />
konnte die Ruhe in der Natur geniessen,<br />
mich von der Sonne wärmen lassen. Hatte<br />
wieder einmal Zeit <strong>für</strong> mich. Konnte loslassen,<br />
von den Dingen, die noch erledigt<br />
sein wollten. Ich hatte Zeit, einfach so, <strong>für</strong><br />
mich.<br />
An Leib und Seele tat es mir<br />
gut, sehr gut.<br />
Ein Spruch von Theresa von Avila kam mir<br />
in den Sinn: „Tu deinem Leib Gutes, damit<br />
die Seele gerne in ihm wohnt.“ Er steht<br />
unter anderem auf den Prospekten <strong>für</strong> die<br />
Shibashi-Kurse, die ich vermittle.<br />
Es war wieder mal an der Zeit, meinem Leib<br />
Gutes zu tun. Ihm Musse und Erholung zu<br />
gönnen. Und er dankte es mir. Oberhalb der<br />
Läger, einer Alphütte in Emd hatte ich diese<br />
wunderbare Aussicht ins Mattertal.<br />
Ich genoss die Weite, die Zeit mit mir. Zeit<br />
über mich, meinen Lebensweg, über Gott<br />
nachzudenken. Es tat mir sehr gut.<br />
Ich suchte einen Platz <strong>für</strong> meine Bewegungen<br />
des Shibashis. Und siehe da: Dort<br />
wo die Bewegungen in den Schultern<br />
vorher noch harzten, da ging alles viel<br />
lockerer voran. Eigentlich gar nicht so überraschend...<br />
Und am letzten Ferientag war es auch kein<br />
Gewürge mehr, diesen Text zu schreiben. Es<br />
war eine Freude. So wünsche ich allen<br />
Leserinnen und Lesern:<br />
„Tu deinem Leib Gutes, damit<br />
die Seele gerne in ihm<br />
wohnt.“<br />
Felix Weder-Stöckli<br />
kath. Gehörlosenseelsorger Solothurn<br />
und Bern<br />
Sonntag, 27. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, <strong>11</strong>.00 Uhr<br />
Katholischer Gottesdienst mit hörender<br />
Gemeinde St. Peter und Paul, Zürich, mit<br />
Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />
REGION BASEL<br />
Katholische Hörbehindertenseelsorge KHS<br />
Basel, Häslirain 31, 4147 Aesch BL<br />
Tel. 061 751 35 00<br />
Fax 061 751 35 02<br />
E-Mail khs.rk@bluewin.ch<br />
Im <strong>Februar</strong> findet kein Gottesdienst statt.<br />
REGION ST.GALLEN<br />
Katholische Gehörlosenseelsorge<br />
des Bistums St.Gallen<br />
Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />
Dorothee Buschor Brunner<br />
Gehörlosenseelsorgerin<br />
Tel. 071 227 34 61<br />
Fax 071 227 33 41<br />
E-Mail gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch
nstaltungen<br />
Sonntag, 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 9.30 Uhr<br />
Gottesdienst in der Schutzengelkapelle am<br />
Klosterplatz St. Gallen<br />
Mit Dorothee Buschor<br />
Evangelische Gehörlosengemeinden<br />
REGION ZüRICH<br />
Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />
Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />
Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />
E-Mail: gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />
Fax 044 3<strong>11</strong> 90 89<br />
Pfrn. Antje Warmbrunn<br />
Natel: 079/608 70 41<br />
E-Mail: antje.warmbrunn@zh.ref.ch<br />
Mittwoch, 2. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 18.30 Uhr<br />
Ref. Gottesdienst<br />
Gehörlosendorf Turbenthal<br />
Freitag, 4. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 19.30 Uhr<br />
Ökum. Gehörlosentreffpunkt <strong>für</strong><br />
Jugendliche und junggebliebene Erwachsene<br />
in Zürich-Oerlikon<br />
Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Ökum. Gottesdienst<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
Sonntag, 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Ref. Gottesdienst<br />
Ref. Kirche Winterthur<br />
Sonntag, 27. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />
Kulturkino, ökum. Gehörlosentreffpunkt<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
Samstag, 5. März 20<strong>11</strong>, 12.00 Uhr<br />
Ökum. Feier zum Weltgebetstag der Frauen<br />
Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />
anschliessend „Suppezmittag“<br />
GEHÖERLOSENGEMEINDE<br />
ST.GALLEN - APPENZELL - GLARUS - THURGAU<br />
- GRAUBÜNDEN - SCHAFFHAUSEN<br />
Pfarrer Achim Menges,<br />
oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />
Tel. 071 227 05 70<br />
Fax 071 227 05 79<br />
SMS/Mobile 079 235 36 48<br />
E-Mail gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />
www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />
Donnerstag, 10. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 15.30 Uhr<br />
Seniorenandacht in Trogen, Haus Vorderdorf<br />
Josef Manser<br />
Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst in Wattwil, Altersheim Risi<br />
Achim Menges<br />
Sonntag, 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 10.00 Uhr<br />
Gottesdienst in Chur, Martinskirche<br />
Achim Menges, Jost Keller<br />
Donnerstag, 24. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 15.30 Uhr<br />
Seniorenandacht in Trogen, Haus Vorderdorf<br />
Andrea Leupp<br />
REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />
DER NORDWESTSCHWEIZ<br />
Pfr. Anita Kohler<br />
Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />
Tel./Fax 061 701 22 45<br />
Natel: 079 763 43 29<br />
E-Mail: anita.kohler@ref-aargau.ch<br />
anita.kohler@gmx.ch<br />
Sonntag, 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 10.00 Uhr<br />
Gottesdienst in Olten, Pauluskirche,<br />
Grundstrasse 18<br />
mit Seelsorger Felix Weder<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst in Aarau, Bullingerhaus,<br />
Jurastrasse 13<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
Samstag, 5. März 20<strong>11</strong>, 12.00 Uhr<br />
Ökumenischer Weltgebetstag der Frauen<br />
mit Pfarrerin Antje Warmbrunn und<br />
Pfarrerin Anita Kohler in der Gehörlosenkirche<br />
Zürich-Oerlikon, Oerlikonerstr. 98<br />
anschliessend Mittagessen, vorbereitet<br />
durch Seelsorger Peter Schmitz-Hübsch<br />
separate Einladung mit Anmeldung<br />
Sonntag, 6. März 20<strong>11</strong>, 10.00 Uhr<br />
Gottesdienst in Grenchen, Gemeindehaus<br />
der Zwinglikirche, Berchtold Haller-Stube<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
Sonntag, 6. März 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst in Basel, Gemeindezentrum<br />
Breite, Farnsburgerstr. 58<br />
mit Pfarrerin Anita Kohler<br />
anschliessend Kaffee und Kuchen<br />
REGION BERN, JURA<br />
Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />
Bereich Sozial-Diakonie<br />
Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />
3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />
E-Mail: isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />
Sonntag, 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />
Kirchensonntag zum Thema „Es braucht<br />
deine Aufmerksamkeit.“<br />
Bern, Markuskirche, Tellstrasse 35<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler, Doris De<br />
Giorgi, Gongspieler Hans Ries, Therese<br />
Künzler, Fränzi Roos und Yvonne Zaugg<br />
Mittwoch, 16. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 18.00 Uhr<br />
Werktagsgottesdienst<br />
Bern, Treff G 33, Gutenbergstrasse 33<br />
mit Diakon Andreas Fankhauser und<br />
Doris De Giorgi<br />
Ein Transportdienst nach Hause wird<br />
organisiert.<br />
Montag, 21. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />
Belp, Atelier Triebwerk<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />
Montag, 21. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 20.00 Uhr<br />
Gottesdienst mit Abendmahl<br />
Uetendorf, Stiftung Uetendorfberg<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />
Dienstag, 22. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />
Gottesdienst mit Abendmahl<br />
Belp, Wohnheim, Seftigenstrasse 101<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />
Sonntag, 27. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />
Gottesdienst mit Abendmahl<br />
Thun, Kirchgemeindehaus,<br />
Frutigenstrasse 22<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />
Freitag, 4. März 20<strong>11</strong>, 17.00 Uhr<br />
Gottesdienst zum Weltgebetstag<br />
„Wie viele Brote habt ihr?“ in Bern,<br />
Dreifaltigkeitskirche, Taubenstrasse<br />
mit Pfarrerin Susanne Bieler und<br />
Vorbereitungsteam<br />
anschliessend Abendessen und<br />
Informationen<br />
Sonntag, 6. März 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />
Gottesdienst in Frutigen,<br />
Kirchgemeindehaus<br />
mit Diakon Andreas Fankhauser<br />
31
100<br />
Jahre<br />
19<strong>11</strong> - 20<strong>11</strong> im Einsatz<br />
<strong>für</strong> Gehörlose und<br />
Schwerhörige!<br />
Gemeinsam in die Zukunft<br />
Eine Denkwerkstatt zum 100-jährigen<br />
Jubiläum von <strong>sonos</strong> vom 1. und 2. April<br />
20<strong>11</strong> im Seehotel Sternen in Horw/LU<br />
Bildungsangebote 20<strong>11</strong><br />
Gedächtnistraining 25. bis 27. März<br />
Leitung: Beatrix Schwitter<br />
Fuss-/Handreflexzonenmassage/ Der sanfte Weg<br />
zur Gesundheit 26. und 27. März<br />
Leitung: Martina R. Hertig<br />
Flechtkurs: Verrückte Hühner / Flechten mit<br />
Weiden 2. April<br />
Leitung: Simone Rüppel, Einführung mit Gebärdensprachdolmetscherin<br />
Schüssler Mineralstoffe/ Die äussere Anwendung<br />
2. und 3. April<br />
Leitung: Dora Kühnis mit Gebärdensprachdolmetscherin<br />
Hornschmuck-Kurs 9. April<br />
Leitung: Silvia Coray, bei Bedarf mit Gebärdensprachdolmetscherin<br />
Das Bildungsprogramm 2010 kann bezogen werden bei:<br />
Fontana Passugg, Bildung und Kultur <strong>für</strong> Gehörlose,<br />
Schwerhörige, Ertaubte, CI-Träger und Hörende<br />
7062 Passugg-Araschgen<br />
Tel. 081 250 50 55, bildung@fontana-passugg.ch<br />
www.fontana-passugg.ch<br />
<strong>sonos</strong> nimmt seinen runden Geburtstag zum Anlass,<br />
zusammen mit seinen Mitgliedorganisationen und<br />
Gästen aus der Selbsthilfe seine zukünftige Tätigkeit zu<br />
gestalten.<br />
Was braucht es, damit gehörlosen und hörbehinderten<br />
Menschen mit oder trotz veränderter Rahmenbedingungen<br />
eine hohe Lebensqualität möglich ist? Welche<br />
Beiträge können <strong>sonos</strong> und seine Mitgliedorganisationen<br />
dazu leisten?<br />
Nach zwei Inputs zu erwartbaren Trends in den kommenden<br />
Jahrzehnten, und einer lustvollen Begegnung<br />
mit der Vielfalt im ganzen Bereich mit theatralischer<br />
Mittel, lassen wir uns anregen von praxisnahen Zukunftsideen<br />
und entwickeln daraus erste Leitlinien.<br />
a u s g e b u c h t<br />
Beispiele innovativer Projekte und Dienstleistungen<br />
unterstützen uns am zweiten Tag beim Entwickeln einer<br />
Zukunftsvision. Dazwischen sind genügend Freiräume<br />
<strong>für</strong> Begegnungen und Gespräche in ansprechender<br />
Umgebung am wünderschönen Vierwaldstättersee eingeplant.<br />
Hinweis:<br />
Leider können keine Anmeldungen mehr entgegengenommen<br />
werden.