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Februar 11 - sonos - Schweizerischer Verband für das ...

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Schweiz. <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />

Hörgeschädigten-Organisationen<br />

Association Suisse pour organisations<br />

de sourds et malentendants<br />

Associazione Svizzera per organizzazioni<br />

a favore delle persone audiolese<br />

105. Jahrgang<br />

Nr. 2 <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong><br />

4<br />

7<br />

<strong>11</strong><br />

16<br />

20<br />

Wer ist SVEHK – die Elternvereinigung<br />

hörbehinderter Kinder?<br />

Zeittableau 100 Jahre <strong>sonos</strong><br />

Who is who, facts and figures<br />

40 Jahre Katholische Gehörlosengemeinde<br />

Basel mit Pfarrer Rudolf Kuhn<br />

Gehörlose Könige und Adlige<br />

Schwiegermutter von Queen Elisabeth II. war<br />

gehörlos<br />

Pionierleistung bimodaler Unterricht<br />

Interview mit Lucia Schmid-Cestone


Seite des<br />

Präsidenten<br />

„Salamanca-Erklärung“ nur durchzusetzen<br />

ist, wenn sich alle Länder den neuen Überlegungen<br />

anschliessen.<br />

Und dann kommt doch noch der Hinweis<br />

auf Ausnahmen: „AUSSER ES GIBT ZWIN-<br />

GENDE GRÜNDE, DIES NICHT ZU TUN“.<br />

Die spanische Stadt mit dem klingenden<br />

Namen Salamanca ist die Hauptstadt der<br />

gleichnamigen Provinz und liegt etwa 220<br />

Kilometer nordwestlich von Madrid. 1988<br />

wurde Salamanca von der UNESCO zum<br />

Weltkulturerbe erklärt, 2002 war die<br />

Stadt zusammen mit Brügge die Kulturhauptstadt<br />

Europas. Die Stadt ist<br />

berühmt durch ihre Universität, 40'000<br />

Studenten holen sich dort ihr geistiges<br />

Rüstzeug.<br />

Auch wir als Fachverband horchen auf,<br />

wenn wir den klingenden Namen dieser<br />

Stadt hören. 1994 fand in dieser Stadt die<br />

Weltkonferenz „Pädagogik <strong>für</strong> besondere<br />

Bedürfnisse“ statt. Es trafen sich 300 Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer, die 92<br />

Regierungen und 25 internationale Organisationen<br />

repräsentierten. Es wurden<br />

grundlegende politische Änderungen<br />

besprochen, um eine integrative<br />

Pädagogik zu ermöglichen. Schulen<br />

sollten darin unterstützt werden, allen<br />

Kindern gerecht zu werden, vor allem<br />

jenen mit besonderen Bedürfnissen.<br />

Oberstes Ziel war eine „Schule <strong>für</strong> alle“,<br />

eine Einrichtung also, die alle aufnimmt,<br />

die Unterschiede akzeptiert, die <strong>das</strong><br />

Lernen unterstützt und auf individuelle<br />

Bedürfnisse eingeht. Die Teilnehmer<br />

waren sich bewusst, <strong>das</strong>s die sogenannte<br />

Wo stehen wir heute in der Schweiz mit der<br />

BILDUNG FÜR ALLE, also auch <strong>für</strong> diejenigen,<br />

die besonders verletzbar und<br />

bedürftig sind?<br />

In den einzelnen Schulgemeinden hat sich<br />

viel entwickelt mit den sogenannten Integrativen<br />

Schulformen ISF; Schulische HeilpädagogInnen,<br />

LogopädInnen, Ergo-TherapeutInnen<br />

unterstützen die Regelschullehrkräfte<br />

bei der Idee, behinderte Kinder nicht<br />

auszusondern. Eine permanente Begleitung<br />

sei aber nicht nötig, sagt Prof. Gérard<br />

Bless von der Universität Fribourg, da die<br />

Kinder sehr viel von ihren Altersgenossen<br />

lernten.<br />

Als leuchtendes Beispiel darf aber immer<br />

wieder auf die Beschulung von Hörbehinderten<br />

in der Schweiz verwiesen werden.<br />

Die meisten dieser Kinder sind gut eingegliedert<br />

in Regeleinrichtungen. Allerdings<br />

ist auch dieser Erfolg nicht zum Nulltarif<br />

erhältlich. Voraussetzungen sind eine positive<br />

Einstellung der Regelschullehrer, nicht<br />

zu grosse Klassen, optimale akustische<br />

Bedingungen, gute und korrekt eingestellte<br />

Hörhilfen und die Unterstützung<br />

durch die da<strong>für</strong> spezialisierten<br />

Audiopädagogischen Dienste.<br />

Noch einmal zurück zur „Erklärung von<br />

Salamanca“: „Wir glauben und erklären,<br />

<strong>das</strong>s Kinder mit besonderen Bedürfnissen<br />

Zugang zu regulären Schulen haben<br />

müssen, die sie mit einer kindzentrierten<br />

Pädagogik, die ihren Bedürfnissen gerecht<br />

werden kann, aufnehmen soll“.<br />

Darin sah man <strong>das</strong> beste Mittel, diskriminierende<br />

Haltungen zu bekämpfen und<br />

Gemeinschaften zu schaffen, die alle willkommen<br />

heissen. Die Regierungen wurden<br />

aufgefordert, höchstes Augenmerk auf die<br />

Verbesserung der Schulsysteme zu richten<br />

und entsprechende Gesetze zu erlassen,<br />

die <strong>das</strong> Prinzip der integrativen Pädagogik<br />

anerkennen.<br />

Ich bin froh um diesen Hinweis. Bei aller<br />

ethisch wertvollen Intention, eine Schule<br />

<strong>für</strong> alle zu haben, darf nicht übersehen<br />

werden, <strong>das</strong>s es auch hier Grenzen gibt:<br />

Mehrfachbehinderungen, Ausgrenzungen,<br />

wenig Unterstützung durch die Eltern, zu<br />

schnelles Lerntempo in der Oberstufe, Engpässe<br />

bei der beruflichen Eingliederung<br />

und vieles mehr können Grenzen setzen.<br />

Für mich ist immer wieder folgende Überlegung<br />

wichtig: Nicht die pädagogische Ideologie,<br />

nicht die politische Überzeugung der<br />

Schulbehörden und nicht die finanzielle<br />

Situation der Gemeinde soll <strong>für</strong> die richtige<br />

Schulwahl entscheidend sein, sondern<br />

einzig und allein die Bedürfnisse des<br />

Kindes sollten dabei ausschlaggebend im<br />

Zentrum stehen.<br />

Euer Bruno Schlegel<br />

Präsident <strong>sonos</strong><br />

Quellen:<br />

• Salamanca Erklärung zur Pädagogik <strong>für</strong><br />

besondere Bedürfnisse<br />

• Die Wirkungen der schulischen Integration<br />

von Kindern mit einer geistigen Behinderung,<br />

Prof. Dr. G. Bless, Universität Fribourg


Impressum<br />

Zeitschrift <strong>sonos</strong><br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen und liebe Leser<br />

Wussten Sie, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Jahr 20<strong>11</strong> ganz im<br />

Zeichen der Freiwilligenarbeit steht?<br />

Das Europäische Jahr der Freiwilligentätigkeit<br />

(EJF) ist <strong>das</strong> am 27. November 2010<br />

vom Rat der Europäischen Union und dem<br />

Europäischen Parlament auf Vorschlag der<br />

Kommission beschlossene Europäische<br />

Jahr 20<strong>11</strong>.<br />

Die EU hat <strong>das</strong> freiwillige Engagement ihrer<br />

Bürger seit langem als Element der Förderung<br />

des sozialen Zusammenhalts sowie<br />

als wichtigen Wirtschaftsfaktor erkannt.<br />

Laut einer aktuellen Studie der Europäischen<br />

Kommission sind rund 92 bis 94 Millionen<br />

Erwachsene in der EU im freiwilligen<br />

Sektor aktiv. Das sind etwa 22 bis 23 Prozent.<br />

Freiwilligentätigkeit zieht sich dabei<br />

quer durch alle Altersgruppen. Eine besonders<br />

wichtige Rolle im ehrenamtlichen<br />

Engagement nimmt in fast allen EU-Mitgliedstaaten<br />

der Sport ein. Auch als Wirtschaftsfaktor<br />

hat Freiwilligentätigkeit in<br />

den meisten EU-Mitgliedstaaten eine hohe<br />

Bedeutung. In Österreich, den Niederlanden<br />

und Schweden trägt ehrenamtliches<br />

Engagement mit mehr als drei Prozent zum<br />

Bruttoinlandsprodukt bei.<br />

Ziel des Europäischen Jahres 20<strong>11</strong> ist es, die<br />

Bedeutung der Freiwilligentätigkeit <strong>für</strong> die<br />

europäische Gesellschaft bekannter zu<br />

machen. Daneben sollen die Freiwilligentätigkeit<br />

gefördert, Freiwilligenorganisationen<br />

gestärkt und ehrenamtliches<br />

Engagement stärker gewürdigt werden.<br />

Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann<br />

unterstreicht die Leistungen der Freiwilligen<br />

in seinem Statement: „In der Schweiz<br />

engagieren sich 1.3 Millionen Menschen in<br />

einem Verein oder einer Organisation, weitere<br />

1.5 Millionen Menschen leisten auf die<br />

eine oder andere Art Freiwilligenarbeit. Das<br />

ist beachtlich und lobenswert, denn wer<br />

sich ehrenamtlich <strong>für</strong> die Öffentlichkeit einsetzt,<br />

trägt zum Funktionieren des Staates<br />

bei, eint die Gesellschaft und unterstützt<br />

die Wirtschaft. Ein grosses Dankeschön<br />

gehört deshalb jenen Menschen, die sich<br />

jahraus jahrein ohne Wenn und Aber <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> Wohl der Allgemeinheit engagieren.“<br />

Auch bei den schweizerischen Dachorganisationen<br />

und ihren Mitgliedern, die sich <strong>für</strong><br />

hörbehinderte Menschen in ganz unterschiedlichen<br />

Ausrichtungen und Tätigkeitsfeldern<br />

engagieren, stellen seit jeher zahlreiche<br />

Freiwillige ihr Wissen und Wirken zur<br />

Verfügung. Sie leisten viele tausend<br />

Stunden jährlich „pro bono“, d.h. ohne<br />

finanzielle Abgeltung - ganz im Sinne und<br />

getreu der typischen traditionellen urschweizerischen<br />

Haltung. Gerade im<br />

Jubiläumsjahr von <strong>sonos</strong> soll ihnen allen<br />

gedankt und sich derer erinnert werden,<br />

die mit ihrer uneigennützigen Handlungsweise<br />

massgeblich und wegleitend dazu<br />

beigetragen haben, <strong>das</strong>s <strong>sonos</strong> im 20<strong>11</strong><br />

seinen hundertsten Geburtstag feiern<br />

kann.<br />

Gehörlose und Hörbehinderte werden auch<br />

weiterhin auf Euch, die Freiwilligen, zählen.<br />

Herzlichen Dank.<br />

Erscheint monatlich<br />

Herausgeber<br />

<strong>sonos</strong><br />

<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Gehörlosenund<br />

Hörgeschädigten-Organisationen<br />

Feldeggstrasse 69<br />

Postfach 1332<br />

8032 Zürich<br />

Telefon 044 421 40 10<br />

Fax 044 421 40 12<br />

E-Mail info@<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

www.<strong>sonos</strong>-info.ch<br />

Redaktion<br />

Redaktion <strong>sonos</strong><br />

Feldeggstrasse 69<br />

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Druck und Spedition<br />

Bartel Druck AG<br />

Bahnhofstrasse 15<br />

8750 Glarus<br />

<strong>sonos</strong> verwendet bei Personen zur<br />

Vereinfachung abwechslungsweise die<br />

weibliche oder männliche Form,<br />

angesprochen sind beide Geschlechter.<br />

Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />

Redaktion, unter Hinweis auf die Quelle<br />

und mit Zustellung eines Belegexemplars.<br />

Die veröffentlichten Artikel von Gastautoren<br />

geben nicht in jedem Fall die Auffassung des<br />

Herausgebers wieder.<br />

Auch in der Schweiz wird im Jahr 20<strong>11</strong> auf<br />

die Wichtigkeit der Freiwilligenarbeit mit<br />

verschiedenen Veranstaltungen und<br />

gezielten Informationen aufmerksam<br />

gemacht.<br />

Unterschiedliche Organisationen haben<br />

sich unter dem Patronat von Bundesrat<br />

Johann N. Schneider-Ammann zusammengeschlossen,<br />

um <strong>für</strong> die Freiwilligenarbeit<br />

zu werben und deren Bedeutung hervorzuheben.<br />

Roger Ruggli<br />

Master of Arts (M.A.)<br />

Redaktor<br />

Die nächste Ausgabe erscheint<br />

am 1. März 20<strong>11</strong><br />

Redaktionsschluss:<br />

15. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong><br />

Titelbild: Mady Mauli, Pfarrer Rudolf Kuhn<br />

und Nicolas Mauli von der Katholischen<br />

Gehörlosengemeinde Basel<br />

3


100<br />

Jahre<br />

19<strong>11</strong> - 20<strong>11</strong><br />

... im Einsatz <strong>für</strong> Gehörlose und<br />

Schwerhörige!<br />

Schweizerische Vereinigung der Eltern<br />

hörgeschädigter Kinder - SVEHK<br />

Text: Tobias Schölly, Präsident SVEHK<br />

<strong>sonos</strong> gibt uns freundlicherweise die Gelegenheit,<br />

die Elternvereinigung hörgeschädigter<br />

Kinder (SVEHK, französisch<br />

ASPEDA, italienisch ASGBA) im „<strong>sonos</strong>“<br />

vorzustellen. Wir nehmen diese Gelegenheit<br />

gerne war.<br />

Mitglieder<br />

Mitglied wird man bei uns nicht aus Sympathie<br />

oder weil man andere Vereinsmitglieder<br />

kennt. Wir sind alles Eltern hörgeschädigter<br />

Kinder - eine Schicksalsgemeinschaft.<br />

Und weil Hörschädigungen statistisch<br />

verteilt vorkommen, sind die politischen<br />

und konfessionellen Ansichten der<br />

Eltern hörgeschädigter Kinder so verteilt<br />

wie in der übrigen Bevölkerung. Deshalb<br />

sind wir politisch und konfessionell neutral.<br />

Wir wollen, <strong>das</strong>s alle betroffenen<br />

Eltern bei uns Mitglied sein können.<br />

Werden in der Schweiz Angelegenheiten<br />

diskutiert, die uns etwas angehen - etwa,<br />

ob der Staat Hörgeräte zentral einkaufen<br />

darf - und bei denen verschiedene Meinungen<br />

richtig sein können, informieren<br />

wir möglichst umfassend und diskutieren<br />

mitunter heftig darüber. Wir geben aber<br />

keine Abstimmungsempfehlung heraus.<br />

Durch <strong>das</strong> Sorge- und Erziehungsrecht<br />

(oder auch: -pflicht) <strong>für</strong> ein hörgeschädigtes<br />

Kind wird man nicht automatisch<br />

Mitglied der SVEHK. Auch bei uns muss<br />

man aktiv eintreten. Und weil sich die<br />

Eltern hörgeschädigter Kinder nicht mehr<br />

unbedingt an einer Schule <strong>für</strong> Hörgeschädigte<br />

sehen und sich so nicht mehr untereinander<br />

kennen lernen, müssen wir auf<br />

uns aufmerksam machen; so machen wir<br />

auch Werbung <strong>für</strong> uns.<br />

Seit wann gibt es den SVEHK?<br />

Es gibt uns seit 1974. Damals war der<br />

Hauptzweck, die Integration in die Regelschule<br />

zu erkämpfen. Heute ist dies weitgehend<br />

erreicht. Weil die Integration aber<br />

nicht in jedem Fall <strong>für</strong> jedes Kind und jede<br />

Familie zu jedem Zeitpunkt die beste<br />

Lösung darstellt, wehren wir uns in diesen<br />

Fällen <strong>für</strong> die Sonderschulung. Wir wollen,<br />

<strong>das</strong>s die Eltern entscheiden, welchen Weg<br />

ihr Kind gehen darf. Wir setzen uns <strong>für</strong><br />

dieses Eltern- und Kinderecht ein und wir<br />

helfen den Eltern bei der Entscheidungsfindung,<br />

indem wir Kontakte mit Eltern vermitteln,<br />

die diesen Weg schon gegangen sind.<br />

Die fachliche Information hingegen gehört<br />

den Fachleuten.<br />

Was macht der SVEHK?<br />

Etwa jedes tausendste Kind kommt mit<br />

einer Hörschädigung zu Welt. Bis zum<br />

Erwachsenenalter kommen noch fünf von<br />

zehntausend Kindern dazu (Krankheiten,<br />

Unfälle). Etwa die Hälfte dieser Kinder<br />

tragen ein CI (Cochlea Implant), die meisten<br />

anderen Hörgeräte. Es gibt auch Familien,<br />

die in der Gebärdensprache kommunizieren<br />

und solche, die den bimodalen<br />

(Laut- und Gebärdensprache) Weg gehen.<br />

In der SVEHK sind etwa zwanzig Prozent<br />

der betroffenen Familien organisiert. Die<br />

SVEHK Dachorganisation vereinigt elf<br />

Regionalgruppen, die sich um die Schulen<br />

<strong>für</strong> hörgeschädigte Kinder (die früheren<br />

Taubstummenanstalten) gebildet haben.<br />

Die meisten dieser Schulen bieten heute<br />

nur noch einen audiopädagogischen Dienst<br />

an, der die Kinder, deren Familien und<br />

Lehrer vor Ort in der Regelschule unterstützen,<br />

und keine Klassen mehr mit ausschliesslich<br />

hörgeschädigten Kindern.<br />

Was wollen wir, was andere<br />

nicht auch wollen (aus dem<br />

Leitbild):<br />

• Wir wollen, <strong>das</strong>s unsere Kinder trotz ihrer<br />

unsichtbaren Behinderung selbständige<br />

Erwachsene werden<br />

• Wir wollen, <strong>das</strong>s die Eltern selbst über<br />

den einzuschlagenden Therapieweg entscheiden<br />

können und dürfen<br />

• Wir wollen eine ausgezeichnete (Schul-)<br />

Bildung <strong>für</strong> unsere Kinder<br />

• Wir wollen, <strong>das</strong>s der Zugang zur Information<br />

erleichtert wird, indem Fernsehsendungen<br />

untertitelt und Informationen<br />

visuell vermittelt werden<br />

• Wir wollen, <strong>das</strong>s eine Hörbehinderung<br />

nicht mit einer geistigen Schwäche<br />

gleichgesetzt wird<br />

Und <strong>das</strong> tun wir da<strong>für</strong>:<br />

Wir unterstützen uns gegenseitig mit<br />

unseren gemachten Erfahrungen, wir<br />

melden uns bei den Schulen, wenn uns<br />

Eltern Schwierigkeiten melden. Wir können<br />

keine direkte Rechtshilfe geben, weil wir<br />

keine Juristen sind. Aber wir weisen Eltern<br />

auf die Beratungsstellen und auf den<br />

Ombudsmann von pro audito und die<br />

Rechtshilfe <strong>für</strong> Behinderte weiter. Wir<br />

helfen Briefe an Behörden schreiben und<br />

wir stützten uns gegenseitig moralisch.


Unsere Treffen finden vermehrt mit den<br />

ganzen Familien statt. So lernen sich hörbehinderte<br />

Kinder gegenseitig kennen.<br />

Früher taten sie dies an der Sonderschule,<br />

heute haben sie in der Regelschule kaum<br />

mehr eine Gelegenheit dazu.<br />

Einblick in die SVEHK<br />

Regionalgruppen<br />

Es gibt Regionalgruppen in der Romandie<br />

und in der Deutschschweiz, die Tessiner<br />

gehören zurzeit noch der Regionalgruppe<br />

Basel an.<br />

Die eigentlichen Vereinstätigkeiten finden<br />

in den Regionalgruppen statt. Für die Eltern<br />

in der ganzen Schweiz gibt es jedes Jahr<br />

eine zweitätige Elterntagung an wechselnden<br />

Orten.<br />

Wir sind eine Selbsthilfeorganisation mit<br />

allen dazugehörigen Vor- und Nachteilen.<br />

Wir arbeiten viel und <strong>das</strong> in unserer Freizeit.<br />

Wir müssen uns die Informationen<br />

selbst holen und verstehen lernen. Weil wir<br />

Eltern verschiedenste Berufe ausüben,<br />

kommen auch viele Kenntnisse zusammen,<br />

die sich gegenseitig ergänzen. So erweitern<br />

wir unseren Horizont und schaffen uns<br />

Beziehungsnetze. Wir sind authentisch und<br />

wir geniessen Sympathie.<br />

Elterntagung mit vielen Attraktionen <strong>für</strong> die Kinder.<br />

Fast alle bei uns arbeiten ehrenamtlich, nur<br />

die beiden Sekretärinnen (zusammen nicht<br />

einmal eine ganze Stelle) und die Bulletinredaktorinnen<br />

erhalten eine Entschädigung<br />

aus der Subvention vom Bundesamt <strong>für</strong><br />

Sozialversicherungen (BSV). Wir haben<br />

einen eigenen Leistungsvertrag mit dem<br />

BSV <strong>für</strong> <strong>das</strong> Erbringen von „LUFEB“ (Leistungen<br />

<strong>für</strong> die Unterstützung und Förderung<br />

<strong>für</strong> die Eingliederung von Behinderten).<br />

Schlusswort<br />

Weil wir klein sind, arbeiten wir mit andern<br />

Organisationen zusammen. Das sind<br />

andere Elternvereinigungen, andere<br />

Selbsthilfegruppen und andere Organisationen<br />

in der Hörgeschädigtenwelt. Mit<br />

diesen arbeiten wir an gemeinsamen Projekten<br />

und führen auch Veranstaltungen<br />

durch.<br />

Von den Kindern heiss geliebt, die Samichlausfeier im Wald.<br />

5


Die Kinder stehen im Mittelpunkt.<br />

Zum Vereinsleben der<br />

SVEHK gehört auch die<br />

Lancierung und Umsetzung<br />

verschiedenster Projekte.<br />

Vereinsmitglieder bei einer Werbeaktion<br />

<strong>für</strong> die SVEHK.


Zeittableau: 100 Jahre <strong>sonos</strong> – Facts<br />

and Figures<br />

Wer war bei <strong>sonos</strong> von wann bis wann <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> Präsidium, die Geschäftsleitung und<br />

die Redaktionsleitung der <strong>Verband</strong>szeitschrift<br />

zuständig, wie gestaltete sich die<br />

Einnahmen- und Ausgabensituation, wie<br />

verlief die Gründung des <strong>Verband</strong>es und<br />

wie hat <strong>sonos</strong> den Jahrtausendwechsel vor<br />

10 Jahren überstanden?<br />

Der <strong>Verband</strong> und seine<br />

Repräsentanten<br />

Die nachfolgenden Zeittableaus, die mit<br />

der wertvollen Unterstützung von Heinrich<br />

Beglinger erarbeitet werden konnten,<br />

verleihen einen Überblick.<br />

Der Name des <strong>Verband</strong>s<br />

Am 2. Mai 19<strong>11</strong> wurde in Olten der „Schweizerische<br />

Fürsorgeverein <strong>für</strong> Taubstumme“<br />

gegründet. 1920 schloss sich dieser Verein<br />

der neugegründeten „Vereinigung <strong>für</strong> Anormale“<br />

(heute Schweizerische Vereinigung<br />

pro infirmis) an.<br />

Jahr Präsidium Geschäftsführung Redaktionsleitung<br />

19<strong>11</strong> Hans Wydler (Kaufmann) Eugen Sutermeister Eugen Sutermeister (gehörlos)<br />

1914 Walter Ernst (Jurist/Oberrichter)<br />

1926 Dr. Heinrich Preiswerk (Rektor)<br />

1931 Johann Held (Pfarrer i.R.) Adolf Lauener Adolf Lauener<br />

1938 Henriette Lauener Henriette Lauener<br />

1941 Pfarrer Alfred Knittel Arnold Scherrer Johannes Hepp<br />

1950 Hans Gfeller<br />

1951 Marta Muggli<br />

1957 Gertrud Gallmann<br />

1960 Elisabeth Mittelholzer<br />

1962 Alfred Roth<br />

1963 Dr. iur. Georg Wyss<br />

1966 Verena Eichenberger<br />

1969 Kathi Biellmann<br />

1970 Anita von Siebenthal<br />

1971 Marianne Huber-Capponi<br />

1978 Erhard Conzetti<br />

1982 Erhard Conzetti mit Team bestehend aus:<br />

Heinrich Beglinger (gehörlos)/Walter Gnos (gehörlos)/<br />

Markus Huser (gehörlos)/Elisabeth Hänggi (schwerhörig)<br />

1983 Hanspeter Keller Erika Müller Viererteam bestehend aus:<br />

Heinrich Beglinger/Walter Gnos/ Elisabeth Hänggi/<br />

Trudi Bühlmann<br />

1984<br />

1985<br />

1986 Martin Hintermann mit Team<br />

1990 Matthys Böhm Regine Kober<br />

1992 Beat Kleeb (gehörlos) Monika Landmann<br />

1994 Co-Präsidium:<br />

Bruno Steiger/Felix Urech (gehörlos)<br />

1995<br />

1996 Anke Zinsmeister<br />

1998 Andreas Meier Christina Stahlberger<br />

2000 Ruedi Heer<br />

2003 Ernst Bastian<br />

2004 Pia Estermann<br />

2005 Susanne Rüegg<br />

2006 Léonie Kaiser Roger Ruggli<br />

2008 Bruno Schlegel<br />

20<strong>11</strong><br />

7


1925 wurde die „Schweizerische Vereinigung<br />

<strong>für</strong> Bildung taubstummer und schwerhöriger<br />

Kinder“ gegründet.<br />

1933 erfolgte der Zusammenschluss des<br />

„Schweizerischen Fürsorgevereins <strong>für</strong><br />

Taubstumme“ und der „Schweizerischen<br />

Vereinigung <strong>für</strong> Bildung taubstummer und<br />

schwerhöriger Kinder“ zum Schweizerischen<br />

<strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Taubstummenhilfe“,<br />

welcher 1960 den Namen „<strong>Schweizerischer</strong><br />

<strong>Verband</strong> <strong>für</strong> Taubstummen- und Gehörlosenhilfe“<br />

annahm.<br />

Mit der Statutenrevision von 1977 wurde<br />

der <strong>Verband</strong> in „<strong>Schweizerischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> Gehörlosenwesen“ - SVG - umbenannt.<br />

Gemäss Beschluss der a.o. Delegiertenversammlung<br />

vom 22. März 2002 wurde der<br />

<strong>Verband</strong> in „<strong>sonos</strong>“ umbenannt. Der Name<br />

„<strong>sonos</strong>“ leitet sich ab aus dem lateinischen<br />

Wort Sonus (Laut, Ton, Klang) bzw. sonare,<br />

was tönen, klingen widerhallen bedeutet.<br />

Hans Wydler-<br />

Oboussier, erster<br />

Präsident des<br />

Schweizerischen<br />

Fürsorgevereins <strong>für</strong><br />

Taubstumme -<br />

heute <strong>sonos</strong>.<br />

Der <strong>Verband</strong> und <strong>das</strong> Geld<br />

Mitgliederbeiträge<br />

Anfangs alimentierte sich der <strong>Verband</strong><br />

eigentlich nur über Mitgliederbeiträge.<br />

Beiträge von pro infirmis<br />

1924 wurden über die seinerzeitige<br />

„Schweizerische Vereinigung <strong>für</strong> Anormale“<br />

heute pro infirmis erstmals<br />

Fr. 1'200.-- Bundesgelder erhältlich. pro<br />

infirmis hatte ja damals die Hauptaufgabe,<br />

Mittel <strong>für</strong> die angeschlossenen Organisationen<br />

zu beschaffen. Über die Kartenspende<br />

erhielt <strong>sonos</strong> ab 1931 dann so Fr.<br />

9'000.--. 1984 flossen unserem <strong>Verband</strong><br />

unter diesem Titel Fr. 25'000.-- zu und von<br />

1985 bis 2002 jedes Jahr Fr. 55'000.--.<br />

Erlös aus dem Gehörlosenkalender<br />

Als zweiter wichtiger Einnahmeposten seit<br />

den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

erwies sich der Gehörlosenkalender,<br />

der damals noch als „Taubstummen-<br />

Kalender“ bezeichnet worden ist.<br />

1909 und 1910 gab Eugen Sutermeister<br />

einen „Schweizerischen Taubstummenka-<br />

lender“ heraus. Als Grundlage diente ihm<br />

der „Deutsche Taubstummenkalender“,<br />

den er den schweizerischen Verhältnissen<br />

anpasste. Viel später, zwischen 1948 und<br />

1971 erschien in 23 Auflagen ein kleiner<br />

Taschenkalender mit vielen Adressen und<br />

Hinweisen aus dem In- und Ausland mit der<br />

Bezeichnung „<strong>Schweizerischer</strong> Gehörlosenkalender“.<br />

Als Herausgeber figurierte<br />

der Schweizerische Gehörlosenbund.<br />

Wichtiger als diese beiden Publikationen<br />

wurde <strong>für</strong> <strong>sonos</strong> indes, was der damalige<br />

Zentralvorstand am 1. Oktober 1934 auf der<br />

Traktandenliste behandelt hatte: Buchdrucker<br />

Binkert aus Laufenburg hatte eine<br />

Offerte im Zusammenhang mit der Herausgabe<br />

eines Taubstummenkalenders<br />

gestellt Die daraus resultierende Einnahmequelle<br />

schien <strong>für</strong> <strong>sonos</strong> attraktiv. Man<br />

holte noch eine Gegenofferte bei Hallwag<br />

in Bern ein, denn diese Grossdruckerei gab<br />

seit 1922 einen zweisprachigen Blindenkalender<br />

heraus. Der Zentralvorstand<br />

beschloss deshalb einstimmig, <strong>das</strong>s im<br />

Jahr 1936 der erste Jahrgang erscheinen<br />

sollte über den Hallwag-Verlag, der noch<br />

heute den Gehörlosenkalender herausgibt.<br />

Die Erträge <strong>für</strong> <strong>sonos</strong> über diese neue Einnahmequelle<br />

verliefen erfreulich, was die<br />

nachstehenden Zahlen veranschaulichen.<br />

Jahrgang Auflage Verkaufspreis Einnahmen <strong>für</strong> <strong>sonos</strong><br />

1936 15‘000 Fr. 1.20 Fr. 4‘283.40<br />

1946 40‘000 Fr. 1.35 Fr. 5‘895.30<br />

1956 45‘300 Fr. 1.90 Fr. 10‘652.25<br />

1966 50‘300 Fr. 2.40 Fr. 17‘356.50<br />

1976 69‘800 Fr. 4.50 Fr. 43‘058.40<br />

1985 Fr. 96‘556.00<br />

1986 131‘600 Fr. 7.20 Fr. <strong>11</strong>2'342.60<br />

1996 keine Angaben Fr. 15.60 Fr. 213‘085.45<br />

2006 keine Angaben<br />

verkaufte Expl. 35‘640 Fr. 18.50 Fr. 394‘768.95<br />

2010 keine Angaben<br />

verkaufte Expl. 31‘928 Fr. 19.50 Fr. 385‘359.85


Staatsbeiträge des BSV<br />

Seit 1960 wurde es möglich, gewisse Leistungen,<br />

die von Organisationen der privaten<br />

Behindertenhilfe erbracht wurden,<br />

mit der Invalidenversicherung zu verrechnen.<br />

1960 erhielt <strong>sonos</strong> vom seinerzeit parallel<br />

zur Inkraftsetzung des Invalidenversicherungsgesetzes<br />

neu gegründeten Bundesamt<br />

<strong>für</strong> Sozialversicherungen, BSV, erstmals<br />

Fr. 7'093.--. 1984 waren es bereits Fr.<br />

92'681.--. Die seinerzeitigen Staatsbeiträge<br />

waren als Lohnsummen-Subventionierung<br />

konzipiert. 1996 betrug der so vom BSV<br />

erhältliche Betrag Fr. 1‘952‘880.00 (Beitrag<br />

<strong>für</strong> Gehälter der <strong>sonos</strong>-Angestellten, Dolmetscher<br />

und Teletext). Im Jahr 2000 stellte<br />

<strong>das</strong> BSV die bisherige Lohnsummen-Subventionierung<br />

um auf Leistungsverträge.<br />

Seither muss auf recht aufwändige Art und<br />

Weise Rechenschaft abgelegt werden über<br />

die Aktivitäten und es findet durch <strong>das</strong> BSV<br />

ein sorgfältiges Controlling und Reporting<br />

über die einzelnen wahrgenommenen Aufgaben<br />

aller Leistungserbringer statt. 2005<br />

wurden seitens des BSV Fr. 6‘400‘879.00 an<br />

<strong>sonos</strong> ausgerichtet (Beitrag an Consortium<br />

<strong>sonos</strong> / pro audito schweiz und Beitrag an<br />

Consortium <strong>sonos</strong> / SGB DS), im Jahr 2009<br />

Fr. 4‘821‘104.70 (Beitrag an Consortium<br />

<strong>sonos</strong>/ pro audito schweiz). Den Grossteil<br />

dieser Beträge leitete <strong>sonos</strong> an die Unterleistungsvertragsnehmenden<br />

weiter.<br />

Licht und Schatten im Verlauf<br />

von 100 Jahren<br />

<strong>Verband</strong>sgründung<br />

Nachdem Eugen Sutermeister im Jahre<br />

1900 mit seiner Schrift „Verlassene“ und<br />

1910 mit seiner Broschüre „Fürsorge <strong>für</strong><br />

erwachsene Taubstumme in der Schweiz“<br />

auf <strong>das</strong> Schicksal gehörloser Menschen in<br />

der Schweiz aufmerksam gemacht hatte<br />

bzw. viele Personen diesbezüglich sensibilisiert<br />

hatte, konnte er im März 19<strong>11</strong> ein<br />

Initiativ-Komitee bilden, dem 31 Personen<br />

angehörten, darunter namentlich Bundesrat<br />

Eduard Müller, 4 National- und 3<br />

Ständeräte, mehrere Ärzte und Pfarrer,<br />

dazu die deutschschweizerischen Vorsteher<br />

der Taubstummenschulen. Dieses<br />

Komitee lud schliesslich zur offiziellen<br />

Gründungsversammlung auf den 2. Mai<br />

19<strong>11</strong> nach Olten. Um 13.30 Uhr war es<br />

soweit. Im Bahnhofbuffet versammelten<br />

sich die Tagungsteilnehmer. 21 Personen,<br />

darunter 3 Gehörlose, vier Vorsteher von<br />

Taubstummenschulen, 5 Seelsorger, ferner<br />

Präsident und Sekretär der Schweizerischen<br />

Gemeinnützigen Gesellschaft.<br />

Tagungspräsident Leo Weber, Bundesrichter<br />

im Ruhestand, leitete die Verhandlung.<br />

Nach der Begrüssung hörte man<br />

einen Vortrag von Eugen Sutermeister,<br />

deren Hauptgedanken sich in den ersten<br />

Statuten des <strong>Verband</strong>es wiederspiegeln.<br />

Einige Kennzahlen aus Erfolgsrechnung und Bilanz im Lauf von 100 Jahren<br />

Jahr Ertrag Aufwand Vermögen<br />

1915 Fr. 6‘783.00 Fr. 14‘084.00 Fr. 12‘185.46<br />

1925 Fr. 8‘138.00 Fr. 7‘215.00 Fr. Angaben fehlen<br />

1935 Fr. 19‘950.00 Fr. 19‘950.00 Fr. 98‘056.00<br />

1945 Fr. 23‘053.03 Fr. 20‘225.43 Fr. 166‘650.30<br />

1955 Fr. 32‘165.10 Fr. 40‘018.30 Fr. 175‘503.05<br />

1965 Fr. 54‘696.00 Fr. 75‘423.51 Fr. 62‘976.30<br />

1975 Fr. 132‘486.00 Fr. 127‘848.00 Fr. 162‘396.75<br />

1985 Fr. 313‘990.25 Fr. 3<strong>11</strong>‘537.60 Fr. 416‘534.20<br />

1996 Fr. 2‘988‘328.72 Fr. 2‘906’34.20 Fr. 672‘536.15<br />

2005 Fr. 7‘615.473.31 Fr. 7‘649‘075.63 Fr. 701‘693.00<br />

2009 Fr. 5‘722‘788.28 Fr. 5‘063‘212.43 Fr. 1‘421‘602.00<br />

Der Zweckartikel nannte eine dreifache<br />

Tätigkeit:<br />

• Förderung der Gehörlosenpfarrämter mit<br />

den Aufgaben: Gottesdienste, Hausbesuche,<br />

Vermittlung geistlicher Nahrung<br />

und <strong>für</strong>sorgerische Tätigkeit<br />

• Gewährleistung des Schulbesuchs von<br />

gehörlosen Kindern und Öffentlichkeitsarbeit<br />

über die Herausgabe einer<br />

eigenen Zeitung und Planung von Fortbildungsschulen<br />

• Verbesserung der beruflichen Ausbildung<br />

Schulentlassener, Gründung von<br />

Wohnheimen und Schaffung eines Zentralsekretariats<br />

<strong>für</strong> den <strong>Verband</strong><br />

Die ersten 75 Jahre des <strong>Verband</strong>es<br />

In der 1986 herausgegebenen Jubiläumsschrift<br />

zum 75-jährigen Bestehen des <strong>Verband</strong>es<br />

von Willi Pfister wird <strong>das</strong> verdienstvolle<br />

Wirken des <strong>Verband</strong>es in den Jahrzehnten<br />

bis Mitte der 80er Jahre anschaulich<br />

beschrieben, <strong>das</strong> parallel zur Entwicklung<br />

der Schweiz auf dem Weg zum Sozialstaat<br />

und zu den Errungenschaften der<br />

modernen Hörgerätetechnik gelaufen ist.<br />

Der <strong>Verband</strong> und der Jahrtausendwechsel<br />

Ende der 90-er Jahre des vergangenen Jahrhunderts<br />

wurde versucht, dem Gehörlosenwesen<br />

eine neue Ausrichtung im Rahmen<br />

des Projektes GL 2000 zu geben. Diese<br />

Bestrebungen waren - wie man dem Jahresbericht<br />

1998 des seinerzeitigen Präsidenten<br />

von <strong>sonos</strong>, Andreas Meier, entnehmen<br />

kann - Mitte 1998 definitiv<br />

gescheitert. „Die Vorstellungen der Selbsthilfe-<br />

und Fachhilfe-Vertreter konnten nicht<br />

auf einen gemeinsamen Nenner gebracht<br />

werden“, schreibt Meier. Im Jahresbericht<br />

1999 erwähnt Andreas Meier, <strong>das</strong>s der SGB<br />

als Selbsthilfeverband aus dem SVG - wie<br />

<strong>sonos</strong> damals hiess - austreten würde. Er<br />

sei überzeugt, <strong>das</strong>s dies der einzig richtige<br />

Weg gewesen sei, um die Querelen der Vergangenheit<br />

zu überwinden, äussert Andreas<br />

Meier im Weiteren und <strong>das</strong>s die beiden<br />

jetzt eigenständigen Verbände sich zu einer<br />

partnerschaftlichen Zusammenarbeit<br />

hätten finden und bereits verschiedene<br />

gemeinsame Projekte in die Wege hätten<br />

leiten können. Das Jahr 1999 war <strong>für</strong> den<br />

SVG mit Umstrukturierungen verbunden,<br />

galt es doch den Aufbau des neuen Dol-<br />

9


metschdienstes und die zukünftige Sicherung<br />

der Dolmetscheraufgaben als gemeinsame<br />

Aufgabe mit dem SGB sicherzustellen<br />

und die vom BSV geforderte Umstellung<br />

auf Leistungsverträge vorzunehmen.<br />

Die Jahre 2002 und 2003 waren geprägt<br />

von intensiver Zusammenarbeit mit pro<br />

audito schweiz im Hinblick auf den damals<br />

geplanten <strong>für</strong> 2004 vorgesehenen Zusammenschluss<br />

der beiden Verbände.<br />

Das Geschäftsjahr 2004 wurde vom seinerzeitigen<br />

<strong>Verband</strong>spräsidenten Ernst<br />

Bastian umschrieben als ein Jahr des Einbruchs<br />

und des Aufbruchs. Die abrupte<br />

Trennung vom damaligen Geschäftsführer<br />

hatte zu einer zeitweiligen Paralysierung<br />

und Stagnation bei der Bewältigung des<br />

Aufgabenportfolios geführt. Die anschliessende<br />

Neuausrichtung benötigte Zeit. Aufgrund<br />

der im Frühjahr 2004 vorliegenden<br />

diffusen Gegebenheiten in der Geschäftsstelle<br />

wurde die Fusion mit pro audito<br />

schweiz nicht umgesetzt. Der damalige<br />

<strong>sonos</strong>-Präsident Ernst Bastian hat anschliessend<br />

viel wertvolle Aufbauarbeit<br />

geleistet, die wesentlich zu einer Situations-<br />

und Rollenklärung bei den verschiedenen<br />

Repräsentanten des <strong>Verband</strong>es und<br />

Exponenten seiner Mitglieder wie auch bei<br />

den Partnerorganisationen beigetragen<br />

hat.<br />

An der Delegiertenversammlung 2006 ist<br />

dem Antrag von Jan Keller, der zu diesem<br />

Zeitpunkt in den <strong>sonos</strong>-Vorstand gewählt<br />

wurde, entsprochen worden, eine Strategieentwicklungsgruppe<br />

einzusetzen. Ein<br />

interdisziplinär zusammengesetztes Gremium,<br />

dem verschiedenste VertreterInnen<br />

der Mitgliederorganisationen angehörten,<br />

hat unter der externer Moderation einer<br />

ausgewiesenen Fachkraft in vielen konstruktiv<br />

geführten Sitzungen im Jahr 2007<br />

eine zeitgemässe Strategie <strong>für</strong> den Fachhilfedachverband<br />

erarbeitet, die dann 2008<br />

an der ordentlichen Delegiertenversammlung<br />

verabschiedet wurde. Der ebenfalls an<br />

der Delegiertenversammlung 2008 neu<br />

gewählte <strong>sonos</strong>-Präsident, Bruno Schlegel,<br />

setzt diese Neuorientierung des <strong>Verband</strong>s<br />

zusammen mit dem gesamten Vorstand<br />

seither authentisch um. Alle Aktivitäten des<br />

<strong>Verband</strong>s werden kontinuierlich überprüft.<br />

In Anbetracht der Schnelllebigkeit der heutigen<br />

Zeit wird die Strategie laufend modifiziert<br />

und in adäquater Weise aktuellen<br />

Gegebenheiten angepasst. So wird <strong>sonos</strong><br />

im hundertsten Jahr seines Bestehens<br />

wieder als erstarkte Institution und wich-<br />

tiger Akteur innerhalb der Hörbehindertenszene<br />

und der Politik als auch bei Exponenten<br />

von Technik und Medizin wahr- und<br />

ernst genommen.<br />

Der <strong>Verband</strong> und seine<br />

Mitglieder<br />

Damit gehörlose und schwer hörbehinderte<br />

Menschen Arbeitsmarktfitness erlangen -<br />

dazu gehören Employability und Identität -<br />

ist eine bestmögliche Ausbildung elementar.<br />

Zu ganz essentiellen Mitgliedern<br />

von <strong>sonos</strong> gehören deshalb seit jeher<br />

neben den Gehörlosen<strong>für</strong>sorgevereinen,<br />

den Trägern der 7 Beratungsstellen, nach<br />

wie vor die ehemaligen Gehörlosenschulen,<br />

die heute mehrheitlich als Sprachheilschulen<br />

bezeichnet werden.<br />

Der <strong>Verband</strong> als Träger der<br />

Berufsschule <strong>für</strong><br />

Hörgeschädigte BSFH<br />

Besonders stolz ist <strong>sonos</strong>, <strong>das</strong>s der <strong>Verband</strong><br />

mittlerweile seit 57 Jahren Träger der<br />

Berufsschule <strong>für</strong> Hörgeschädigte in Zürich-<br />

Oerlikon ist, welche im Jahr 2010 von rund<br />

220 hör- bzw. wahrnehmungsbeeinträchtigten<br />

jungen Leute, die eine Berufslehre<br />

absolvieren, besucht worden ist. Mit dieser<br />

Ausbildungsstätte wird seit fast sechs Jahrzehnten<br />

bereits in nachhaltiger Weise<br />

sichergestellt, <strong>das</strong>s diese Menschen bestmöglich<br />

<strong>für</strong> die Herausforderungen auf<br />

dem Arbeitsmarkt gerüstet sind.<br />

Fazit<br />

Arbeit ist elementar wichtig und bezeichnend<br />

<strong>für</strong> uns Menschen. Der Begriff existiert<br />

in allen Sprachen und gehört zu<br />

unseren frühesten Wörtern. Er birgt eine<br />

vielfältige Spannweite: vom Tun zum<br />

Schaffen und Arbeiten, vom Machen zum<br />

Gestalten und Wirken. Arbeiten umfasst<br />

nicht nur dem Erwerb dienende Tätigkeiten,<br />

sondern auch Erziehungs-, Familien-,<br />

politische und ehrenamtliche Arbeit.<br />

Mit all diesen Aspekten hat sich <strong>sonos</strong> seit<br />

seiner Gründung ganz stark befasst. Darüber<br />

legen die Jahresberichte über ein Jahrhundert<br />

und insbesondere die Schrift von<br />

Willi Pfister eindrücklich Zeugnis ab. So<br />

erstaunt es nicht, <strong>das</strong>s sich <strong>sonos</strong><br />

zusammen mit seinen Mitgliederorganisationen<br />

auch heutzutage sehr intensiv mit<br />

dem Thema befasst, wie gehörlose und<br />

schwer hörbehinderte Menschen Arbeitsmarktfitness<br />

erlangen. Denn durch den Einbezug<br />

in die Erwerbsgesellschaft sehen<br />

alle Menschen ihre persönliche Identität,<br />

ihren Lebensunterhalt und ihre gesellschaftliche<br />

Anerkennung gesichert. Deshalb<br />

ist vor allem dieser Faktor bei der Ausrichtung<br />

der verschiedenen Tätigkeiten von<br />

<strong>sonos</strong> - namentlich bei der wertvollen<br />

Gestaltung gemeinsamer Projekte<br />

zusammen mit dem SGB-FSS und pro<br />

audito schweiz - besonders wichtig.<br />

Infolge der heutigen medizinischen Möglichkeiten<br />

überleben viele frühgeborene<br />

Babys mit Mehrfachbehinderungen. Sehr<br />

häufig haben diese Kinder auch gravierende<br />

Hörschädigungen. Infolge der Vielzahl<br />

von Asylgesuchen und Wanderungsbewegungen<br />

ausländischer Menschen<br />

kommen zusehends auch schwer hörbehinderte<br />

Menschen aus Entwicklungsländern<br />

in die Schweiz, die kaum oder nur dürftig<br />

mit Hörgeräten versorgt worden und deren<br />

Sprachkompetenzen sehr schlecht sind.<br />

Gerade in diesen Bereichen scheint es<br />

wichtig, in Zukunft angemessene und sinnvolle<br />

Hilfsangebote aufzubauen. Auch all<br />

diese Menschen sollen in der Schweiz eine<br />

optimale Lebensqualität haben, nicht ausgegrenzt<br />

sein und ein sinnerfülltes Leben<br />

führen dürfen.<br />

Bei dieser kurzen Rückschau über 100 Jahre<br />

wird <strong>für</strong> die <strong>sonos</strong>-Redaktion erkennbar,<br />

<strong>das</strong>s <strong>für</strong> unseren <strong>Verband</strong> <strong>das</strong> Motto gelten<br />

dürfte: „Wer Umwege macht, der kennt die<br />

Landschaft besser“ oder wie es Sören Kierkegaard<br />

beschreibt: „Wer arbeitet, bewegt<br />

sich von sich selbst weg, durch die Welt<br />

hindurch, zu sich selbst zurück“.<br />

[lk]<br />

Quellen:<br />

Willi Pfister: Gemeinsam unterwegs, 1986<br />

Diverse Jahresberichte SVG bzw. <strong>sonos</strong>


40 Jahre katholische Gehörlosengemeinde<br />

Basel<br />

Am 15. Januar 20<strong>11</strong> findet der erste Gottesdienst<br />

im neuen Jahr der katholischen<br />

Gehörlosengemeinde Basel im Pfarreiheim<br />

St. Franziskus in Riehen statt.<br />

26 Personen darf Pfarrer Rudolf Kuhn an<br />

diesem strahlend sonnigen und fast frühlingshaft<br />

warmen Samstagnachmittag<br />

begrüssen. Schon zu Beginn des Gottesdienstes<br />

weist er darauf hin, <strong>das</strong>s die<br />

katholische Gehörlosengemeinde Basel<br />

heuer ihr 40-Jahrjubiläum feiern könne.<br />

1971 hat alles angefangen<br />

1971 sei er von Bischof zum Priester<br />

geweiht worden. Damals sei es als ein Riesenproblem<br />

empfunden worden, was man<br />

mit einem schwerhörigen Priester machen<br />

solle. Im August 1971 habe er deshalb in<br />

Genf während dreier Wochen ein Seminar<br />

über Gehörlosenseelsorge besuchen<br />

können bei Denis Mermod. Viele von<br />

Gehörlosigkeit Betroffene aber auch Nichtbetroffene<br />

aus der ganzen Welt haben an<br />

dieser Fortbildung teilgenommen. Es sei<br />

Rudolf Kuhn mitunter beim Besuch dieses<br />

dreiwöchigen Kurses bewusst geworden,<br />

<strong>das</strong>s Gehörlose und Schwerhörige Menschen<br />

mit einer eigenen Würde und Identität<br />

seien.<br />

Diskriminierungen und Kampf<br />

<strong>für</strong> Gleichstellung<br />

Eindrücklich sind die Schilderungen von<br />

Pfarrer Kuhn, wie er habe kämpfen müssen<br />

als junger schwerhöriger Geistlicher, <strong>das</strong>s<br />

ihm ein gleicher Lohn wie einem hörenden<br />

Geistlichen bezahlt werde. Die katholische<br />

Kirchenobrigkeit habe geltend gemacht, er<br />

könne die Beichte nicht abnehmen, weil er<br />

als Schwerhöriger ja nicht höre, was die<br />

Leute im Beichtstuhl flüstern würden. Er sei<br />

immer wieder – gerade zu Beginn seiner<br />

Laufbahn als Pfarrer – mit Diskriminierungen<br />

konfrontiert worden. Man habe ihm<br />

empfohlen, sich doch um eine volle Invalidenrente<br />

zu bemühen, damit er so ein möglichst<br />

bequemes Leben führen könne. Kuhn<br />

wollte <strong>das</strong> indes nicht. Er wollte arbeiten<br />

Der hörsehbehinderte Pfarrer Rudolf Kuhn schildert in seiner Predigt eindrücklich, wie er selbst <strong>für</strong> Gleichstellung<br />

kämpfen musste in Bezug auf seine Anstellung als katholischer Gehörlosenseelsorger.<br />

und da<strong>für</strong> logischerweise auch den üblichen<br />

Lohn erhalten.<br />

Am 1. September 1971 habe Rudolf Kuhn<br />

dann im Alter von 27 Jahren in Riehen mit<br />

der Arbeit als Pfarrer beginnen können. Zu<br />

zwei Dritteln als Gehörlosenpfarrer, zu<br />

einem Drittel war er <strong>für</strong> die hörende Kirchgemeinde<br />

Riehen tätig. Als zu seiner hochgradigen<br />

Schwerhörigkeit dann auch noch<br />

eine Sehbehinderung hinzukam, die sich<br />

zunehmend verschlimmerte, konnte Rudolf<br />

Kuhn dann im Jahr 2001 gleichwohl nicht<br />

umhin, auf eine IV-Rente zu verzichten.<br />

Die Arbeit als<br />

hörsehbehinderter<br />

Gehörlosenpfarrer<br />

Pfarrer Kuhn kann heute lediglich noch hell<br />

und dunkel auseinanderhalten. Gesichter<br />

kann er keine mehr erkennen. Deshalb ist<br />

er auch auf die Begleitung und Unterstützung<br />

einer Kommunikationsassistentin<br />

angewiesen, die ihn auf die Anzahl Gottesdienstbesucher<br />

hinweist, ihm mitteilt,<br />

wenn alle die Kommunion empfangen<br />

haben und ihn bei der Verrichtung vielerlei<br />

Aktivitäten als Pfarrer auf verschiedenste<br />

Belange aufmerksam macht, die wichtig<br />

sind.<br />

Aber auch nach Erhalt der IV-Rente hat<br />

Pfarrer Kuhn weitergearbeitet als Gehörlosenseelsorger.<br />

Er nimmt Bezug auf die<br />

vielen und ganz verschiedenen Aktivitäten,<br />

welche in der katholischen Gehörlosengemeinde<br />

Basel in all den Jahren unternommen<br />

worden sind, Gottesdienste,<br />

Reisen an verschiedene Destinationen in<br />

der ganzen Welt, die USA, Israel, auch<br />

Papst Johannes Paul II. habe man besucht.<br />

Das grosse Fest, um all diese Jahre in feierlichem<br />

Rahmen zu würdigen, finde am 21.<br />

August 20<strong>11</strong> im Pfarreiheim St. Franziskus<br />

statt. All dies sei möglich geworden, weil er<br />

von vielen wertvollen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern unterstützt worden sei, ist<br />

Pfarrer Kuhn überzeugt. Er dankt seinem<br />

Team denn auch ganz herzlich <strong>für</strong> die 40<br />

Jahre, die man miteinander habe gestalten<br />

dürfen. Gleichzeitig gibt er zu bedenken:<br />

„Die kirchlichen Gremien laufen immer<br />

neben uns vorbei.“<br />

<strong>11</strong>


Die Würde gehörloser<br />

Menschen<br />

Heute sei es spürbar, <strong>das</strong>s man gehörlosen<br />

und schwerhörigen Menschen Würde zugestehe.<br />

Das sei vor 40 Jahren noch nicht der<br />

Fall gewesen. Als er angefangen habe als<br />

Gehörlosenpfarrer hätten die Schuldirektoren<br />

verboten zu gebärden und auch bei<br />

<strong>sonos</strong> habe man von Gehörlosigkeit und<br />

Schwerhörigkeit Betroffene seinerzeit nicht<br />

als vollwertige Menschen behandelt, sondern<br />

oft rücksichtslos und lapidar abgefertigt<br />

bzw. in ihren effektiven Bedürfnissen<br />

und Anliegen überhaupt nicht ernst<br />

genommen. „Doch auch heute noch, muss<br />

man in der Kirche kämpfen <strong>für</strong> die Anliegen<br />

Gehörloser“, erklärt Pfarrer Kuhn und weist<br />

darauf hin, <strong>das</strong>s sich die Kirche gerade bei<br />

Einstellungen von hörbehinderten Menschen<br />

nach wie vor schwer tue. Man müsse<br />

deshalb die Würde Gehörloser und ihre<br />

Interessen in der Kirche nach wie vor sehr<br />

stark vertreten.<br />

Gehörlose und Hilfsmittel<br />

Rudolf Kuhn nimmt noch darauf Bezug,<br />

<strong>das</strong>s er zu den Gründungsmitgliedern der<br />

Genossenschaft Hörgeschädigtenelektronik<br />

in Wald gehört habe. Es sei <strong>für</strong> ihn<br />

klar gewesen, <strong>das</strong>s Gehörlose Hilfsmittel<br />

bräuchten.<br />

Die katholische<br />

Gehörlosengemeinde Basel<br />

und ihr Bischof<br />

Auch heute noch sei es in der katholischen Kirche mit vielen Hindernissen verbunden, eine Berufslaufbahn<br />

als gehörloser Seelsorger einschlagen zu können.<br />

39. Jahresversammlung<br />

Im Anschluss an den Gottesdienst findet<br />

die 39. Jahresversammlung der katholischen<br />

Gehörlosengemeinde Basel statt.<br />

Mady Mauli wurde im März 2010 zur vierten<br />

Präsidentin gewählt. Sie berichtet über die<br />

wichtigsten Ereignisse im vergangenen Jahr<br />

und streicht bei ihrem Ausblick auf <strong>das</strong> Jahr<br />

20<strong>11</strong> vor allem die Feier vom 21. August<br />

20<strong>11</strong> im Zusammenhang mit dem 40-Jahrjubiläum<br />

hervor. Nicolas Mauli ist Kassier<br />

und erläutert anschliessend noch kurz die<br />

Bilanz und Jahresrechnung. Schliesslich<br />

ehrt Pfarrer Kuhn seine guten Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter, die alle ehrenamt-<br />

lich tätig sind. Er erläutert, <strong>das</strong>s eine ganz<br />

wesentliche Aufgabe vor 40 Jahren darin<br />

bestanden habe, einen guten Mitarbeiterkreis<br />

zu schaffen. Dies sei ihm gelungen,<br />

erwähnt er stolz und überreicht allen Mitarbeitenden<br />

ein Präsent.<br />

Mittlerweile ist es draussen dunkel<br />

geworden, und alle Anwesenden sind zum<br />

Nachtessen und gemütlichen Beisammensein<br />

eingeladen.<br />

[lk]<br />

Am Schluss seiner engagiert vorgetragenen<br />

Predigt nimmt Pfarrer Kuhn noch darauf<br />

Bezug, <strong>das</strong>s <strong>das</strong> Bistum Basel am 16.<br />

Januar 20<strong>11</strong> einen neuen Bischof bekomme.<br />

Bischof Koch sei ja Kardinal geworden.<br />

Kuhn äussert sich unsicher über die<br />

Zukunft mit dem neuen Bischof. Vor allem<br />

macht ihm zu schaffen, <strong>das</strong>s in den vierzig<br />

Jahren, seit es die katholische Gehörlosengemeinde<br />

Basel gibt, nur ein einziges Mal<br />

ein Bischof zu den Gehörlosen gekommen<br />

sei. Man müsse immer wieder seine Präsenz<br />

anmelden. So hofft Kuhn und mit ihm<br />

auch <strong>sonos</strong>, <strong>das</strong>s der neue Bischof, Felix<br />

Gmür, diese lebendige Gemeinde im Pfarreiheim<br />

St. Franziskus in Riehen bald besuchen<br />

wird.<br />

Mady Mauli, die vierte Präsidentin der katholischen Gehörlosengemeinde berichtet engagiert über die wichtigsten<br />

Ereignisse im vergangenen Vereinsjahr.


Kleiner Bilderreigen<br />

Zufriedene Gesichter beim<br />

anschliessenden gemütlichen<br />

Beisammensein.<br />

13


Glückliche Angestellte um jeden Preis?<br />

Am 16. November 2010 hält der renommierte<br />

Ökonomieprofessor Bruno S. Frey<br />

von der Universität Zürich im Rahmen<br />

einer Veranstaltung an der Sozialversicherungsanstalt<br />

des Kantons Zürich ein<br />

Referat zum Thema Glück. Er nimmt Bezug<br />

auf Jeremy Bentham, einem Sozialreformer<br />

und Begründer des Utilitarismus in<br />

der Ökonomie sowie den Psychologen<br />

Daniel Kahnemann, der den Nobelpreis <strong>für</strong><br />

Volkswirtschaftslehre erhalten hat.<br />

Zentrale Frage seiner Forschungsarbeiten<br />

bildet die Frage der Messbarkeit des<br />

Glücks. Glück ist messbar, hat er herausgefunden<br />

und zwar auf eine sehr einfache<br />

Weise. Man stellt den Probanden bzw. Testpersonen<br />

die Frage, sie sollten alles in<br />

allem genommen auf einer Messskala von 1<br />

bis 10 erklären, wie zufrieden sie sich mit<br />

ihrem Leben fühlten. Das Bild sei immer<br />

<strong>das</strong> Gleiche. Einträge von 1 bis 5 (sehr<br />

unglücklich bis unglücklich bzw. weder<br />

glücklich noch unglücklich) kämen eigentlich<br />

fast nie vor. Die meisten Menschen<br />

beurteilten ihre Lebenszufriedenheit mit<br />

Werten zwischen 6 bis 8, wenige mit 9, fast<br />

keine mit 10. Dies bedeutete, <strong>das</strong>s eigentlich<br />

fast alle mit ihrem Leben recht<br />

zufrieden seien.<br />

Für Arbeitgeber sei nun der Umstand<br />

wichtig, <strong>das</strong>s Leute, die erklären, sie seien<br />

glücklich dies in ihrem Verhalten wiederspiegle.<br />

Glückliche bzw. mit ihrem Leben<br />

zufriedene Arbeitnehmende würden den<br />

höheren Output erbringen und was nicht zu<br />

unterschätzen sei, sie würden aktiv mitdenken<br />

und die Arbeitgeber von sich aus<br />

auf Situationen hinweisen, die sich möglicherweise<br />

<strong>für</strong> den Betrieb ungünstig auswirken<br />

könnten und die oftmals bei den<br />

Arbeitgebern nicht bekannt wären bzw.<br />

übersehen würden.<br />

Auto-Ikone von<br />

Jeremy Bentham.<br />

gebe bei ihnen weniger Absenzen zu verzeichnen<br />

am Arbeitsplatz. Glückliche bzw.<br />

zufriedene Menschen seien generell<br />

gesünder. Dies sei wissenschaftlich<br />

erwiesen. Glücklichere bzw. zufriedenere<br />

Menschen würden im Durchschnitt auch 10<br />

Jahre länger leben. Glücklichere bzw.<br />

zufriedenere Menschen bräuchten auch<br />

weniger psychologische Beratung.<br />

Duchenne-Lächeln<br />

Zufriedene bzw. glückliche Leute erkenne<br />

man am sog. Duchenne-Lächeln. Dies<br />

werde erkennbar am Mundwinkel und an<br />

der Augenpartie. Das Duchenne-Lächeln<br />

könne man nicht nachmachen bzw. imitieren.<br />

Es sei ein echtes Lächeln, weil die<br />

Personen eben echt glücklich und<br />

zufrieden seien und gegen aussen auch als<br />

solches erkennbar. Glückliche bzw. zufriedene<br />

Leute seien optimistischer und es<br />

Das Duchenne-Lächeln, welches nach dem<br />

französischen Wissenschaftler Guillaume-<br />

Benjamin Duchenne benannt ist, gilt als<br />

<strong>das</strong> wahre menschliche Lachen, d.h. der<br />

Mensch zeigt wahre Freude und kein<br />

gestelltes Lachen. Als Kennzeichen da<strong>für</strong><br />

wird angesehen, <strong>das</strong>s nicht nur die Mundwinkel<br />

mittels der mimischen Muskulatur<br />

nach oben gezogen werden, sondern auch<br />

die Augen beteiligt sind und in den äusseren<br />

Winkeln die typischen kleinen Fältchen<br />

zeigen.


Das Glück hänge von<br />

folgenden Faktoren ab, erklärt<br />

Prof. Frey:<br />

• Disposition/Gene<br />

• Sozio-Demographie<br />

• Wirtschaft<br />

• Kultur<br />

• Politik (Demokratie und auch Föderalismus<br />

wirkten sich verstärkend auf <strong>das</strong><br />

Glück aus, weil man mitreden könne und<br />

dies mache zufrieden)<br />

Arbeitslosigkeit werde in der durchschnittlichen<br />

Wahrnehmung als grosse Katastrophe<br />

empfunden und mache die Betroffenen<br />

sehr unglücklich.<br />

Der Titel des Referats von Prof. Frey heisst<br />

„Glückliche Angestellte um jeden Preis?“.<br />

Dazu nimmt er gegen Ende seiner Ausführungen<br />

dann noch detaillierter Stellung.<br />

Er führt aus, <strong>das</strong>s Firmen und Dienstleistungen<br />

nicht in erster Linie die Aufgabe<br />

verfolgten, ihre Mitarbeitenden glücklich<br />

zu machen. Es gehe bei den Industrie- und<br />

Dienstleistungsbetrieben in erster Linie<br />

darum, Umsatz zu erzielen und ihre Marktanteile<br />

zu halten bzw. zu vergrössern. Die<br />

Mitarbeitenden brauchen die Unternehmen<br />

in erster Linie, um dieses Ziel zu erreichen.<br />

Es sei indes so, <strong>das</strong>s zufriedene Mitarbeitende<br />

den Firmen eigentlich viel nützen,<br />

weil sie Probleme erkennen und mehr<br />

arbeiten. Von da her lohne es sich seitens<br />

der Arbeitgeber ein Umfeld zu schaffen, in<br />

dem sich die Angestellten wohl fühlen.<br />

Als Faktoren <strong>für</strong> mehr Glück<br />

im Privatleben bezeichnet<br />

Prof. Frey:<br />

• Das Positive sehen<br />

• Kultivierte Offenheit (Toleranz <strong>für</strong> Andere<br />

und Anderes)<br />

• Anderen Helfen<br />

• Sich über sein eigenes Verhalten freuen<br />

Kurzporträt von Bruno S. Frey<br />

Prof. Bruno S. Frey<br />

Bruno S. Frey wurde 1941 in Basel geboren,<br />

wo er auch Ökonomie studierte. Seit 1977<br />

hält er an der Universität Zürich den Lehrstuhl<br />

<strong>für</strong> Wirtschaftspolitik und aussermarktliche<br />

Ökonomik. Frey, der dank einer<br />

Sonderregelung nicht emeritiert wurde,<br />

gehört zu einem der meist zitierten Ökonomen.<br />

Anfang März 2010 zeichnete ihn<br />

<strong>das</strong> deutsche Handelsblatt als den<br />

„gemessen an seinem Lebenswerk mit<br />

Abstand forschungsstärksten aktive Ökonomen“<br />

aus. Frey beschäftigte sich als<br />

einer der ersten in der Ökonomie mit der<br />

Glücksforschung. Vor kurzem ist im<br />

Rüegger Verlag <strong>das</strong> Buch „Glück - die Sicht<br />

der Ökonomie“ erschiene, <strong>das</strong> Frey<br />

zusammen mit seiner Nichte Claudia Frey<br />

Marti geschrieben hat, und <strong>das</strong> viele Ergebnisse<br />

seiner englischen Publikationen in<br />

deutscher Sprache zusammenfasst.<br />

Ein sehr spannendes Interview mit dem<br />

Titel „Glückliche Menschen arbeiten gern“<br />

ist vor kurzem in der Zeitschrift „reformiert“<br />

vom 14. Januar 20<strong>11</strong> erschienen.<br />

Darin nimmt Frey nochmals Bezug auf seine<br />

wichtigsten Schlussfolgerungen. Frey hat<br />

mit seinen Forschungsresultaten nachgewiesen,<br />

<strong>das</strong>s Beschäftigung <strong>für</strong> <strong>das</strong> Glücksempfinden<br />

wesentlich wichtiger ist als Einkommen.<br />

Das ganze Interview ist downloadbar unter<br />

http://www.reformiert.info/artikel_7990.h<br />

tml.<br />

Die Auseinandersetzung mit den Thesen<br />

von Frey machen deutlich, <strong>das</strong>s Beschäftigung,<br />

eine sinnerfüllte Arbeit <strong>für</strong> alle Menschen<br />

enorm wichtig ist. Das gilt selbstredenderweise<br />

auch <strong>für</strong> Menschen mit Behinderungen.<br />

In verschiedenen Artikeln in der<br />

<strong>Februar</strong>ausgabe von <strong>sonos</strong> wird dieser<br />

Aspekt unterstrichen.<br />

Entsprechend dem vom SGB-FSS im Jahr<br />

1984 gewählten Leitsatz „Einander verstehen,<br />

miteinander leben - ob gehörlos<br />

oder hörend“ liegt in diesem nach wie vor<br />

sehr aktuellen Motto eigentlich alles, damit<br />

ein glückliches Leben auch <strong>für</strong> gehörlose<br />

und hörbehinderte Menschen gewährleistet<br />

wird. Da<strong>für</strong> <strong>das</strong>s dieser Devise noch<br />

viel mehr Nachachtung in den verschiedensten<br />

Lebensbereichen verschafft wird, setzt<br />

sich auch <strong>sonos</strong> mit seiner im Jahre 2008<br />

von der Delegiertenversammlung verabschiedeten<br />

neuen Strategie ungebrochen<br />

ein.<br />

[lk]<br />

15


Das Leben von gehörlosen<br />

blaublütigen Königen und<br />

Herzogen<br />

Viele sind sicher erstaunt, <strong>das</strong>s es unter<br />

Königen und Herzogen auch Gehörlose<br />

gab. Haben Sie beispielsweise gewusst,<br />

<strong>das</strong>s die Schwiegermutter der englischen<br />

Königin Elisabeth gehörlos war und <strong>das</strong>s<br />

der spanische König einen gehörlosen<br />

Onkel und eine gehörlose Tante hatte?<br />

In einem spannenden Vortrag informiert<br />

Marlise Gundi-Reinhart über <strong>das</strong> Leben von<br />

gehörlosen blaublütigen Königen und Herzogen.<br />

Sie geht der Frage nach, ob früher<br />

die gehörlosen Adeligen in ihren Familien<br />

und der Gesellschaft integriert waren.<br />

Kannte man früher in den Königshäusern<br />

die Gebärdensprache? Wie kommunizierten<br />

die Gehörlosen und Schwerhörigen<br />

mit den Hörenden?<br />

In der Gehörlosenfachstelle im Walkerhaus<br />

in Bern treffen sich im August 2010 auf Einladung<br />

des „kofo-bern“ zahlreiche BesucherInnen,<br />

um sich von Marlise Gundi-Reinhart<br />

in die europäischen Königshäuser entführen<br />

zu lassen und mehr über gehörlose<br />

Adelige zu erfahren.<br />

Die Präsidentin der IGGH, Anna von Steiger, eröffnet <strong>das</strong> kofo und freut sich auf den spannenden Vortrag von<br />

Marlise Gundi-Reinhart.<br />

Anna von Steiger eröffnet <strong>das</strong> kofo und<br />

heisst alle Anwesenden und insbesondere<br />

auch die Gebärdensprachdolmetscherinnen<br />

Barbara Bürki und Prisca Villiger<br />

ganz herzlich willkommen.<br />

Eingangs meint Anna von Steiger: „Ich bin<br />

ganz sicher, <strong>das</strong>s wir heute einen ganz<br />

spannenden und informativen Abend<br />

erleben werden. Ich freue mich sehr auf<br />

den Vortrag von Marlise Gundi-Reinhart<br />

und ihre Geschichten vom europäischen<br />

Adel.“<br />

Marlise Gundis Zeitreise<br />

Marlise Gundi stellt einleitend fest, <strong>das</strong>s<br />

sie sich schon immer <strong>für</strong> die Geschichten<br />

rund um die europäischen Königshäuser<br />

interessiert habe. Per Zufall sei sie bei<br />

Internet-Recherchen auf eine junge gehörlose<br />

britische Prinzessin gestossen. Ab<br />

diesem Moment gab es <strong>für</strong> sie kein Halten<br />

Marlise Gundi zieht die zuschauenden und die zuhörenden kofo- Besucherinnen und -besucher mit ihrer faszinierenden<br />

Zeitreise in die Welt der hörbehinderten Königen, Prinzen und Adeligen in Europa in den Bann.<br />

mehr. Ihre Neugier war nun geweckt, und<br />

sie forschte mit beharrlicher Leidenschaft<br />

weiter. Die Frage „Wer waren die Gehör-<br />

losen Adeligen in Europa?“ beherrschte<br />

von diesem Augenblick an den Lebensalltag<br />

von Marlise Gundi-Reinhard.


Marlise Gundi erzählt, <strong>das</strong>s sie sehr viel<br />

Zeit <strong>für</strong> ihre Recherchen investieren<br />

musste. Eine der grössten Herausforderungen<br />

<strong>für</strong> sie war <strong>das</strong> Übersetzen der<br />

meist englischen Texte ins Deutsche.<br />

Prinz John<br />

Mit der Entdeckung der Lebensgeschichte<br />

des „versteckten“ Prinz John fing eigentlich<br />

alles an. Bei Prinz John Charles Francis<br />

Windsor traten im Alter von vier Jahren epileptische<br />

Anfälle auf, und man stellte auch<br />

Lernschwierigkeiten fest. Die Königsfamilie<br />

schämte sich <strong>für</strong> ihn und versteckte ihn im<br />

Jahr 1916 auf einem Bauernhof, wo er von<br />

einem Kindermädchen umsorgt und<br />

betreut wurde. Die Eltern besuchten John<br />

regelmässig. John verstarb im Alter von 13<br />

Jahren. Sein Grab schmückt ein Grabstein,<br />

aber ohne seinen eingravierten Namen.<br />

Bei weiteren Recherchen stiess Marlise<br />

Gundi auf die Geschichte von zwei adeligen<br />

Mädchen. Katherine (1919 - 1940) und<br />

Nerissa (1919 - 1961) Bowes-Lyon. Ihre<br />

Nachforschungen ergaben, <strong>das</strong>s Kahterine<br />

unter einer Hörbehinderung gelitten haben<br />

musste.<br />

Kurzporträt von Marlise Gundi-Reinhat<br />

• verheiratet mit Daniel Gundi<br />

• Hauswirtschafts- und Handarbeitslehrerin<br />

• Unterrichtet am ZGSZ in Zürich, im Landenhof<br />

und am HPZ Hohenrain<br />

• Ihre Hobbys sind Reisen, Lesen und Forschen,<br />

Textiles Gestalten, Hundezucht<br />

und vieles mehr<br />

Marlise Gundi erzählt, <strong>das</strong>s sie nun unter<br />

allen Umständen herausfinden wollte, ob<br />

es auch gehörlose Adelige gegeben haben.<br />

Und tatsächlich sei sie fündig geworden.<br />

Der König Krösus von Lydien hatte einen<br />

hörenden und einen gehörlosen Sohn. Der<br />

Gehörlose blieb namenlos und war „keine<br />

Person“. Man wisse dies, erzählt Marlise<br />

Gundi weiter, weil König Krösus zu seinem<br />

hörenden Sohn gesagt habe; „Du bist mein<br />

einziger Sohn. Ich kann den anderen Sohn<br />

nicht dazu zählen.“<br />

Marlise Gundi ist sichtlich stolz, <strong>das</strong>s ihr<br />

unermüdliches Suchen Erfolg gehabt hat<br />

und sie auf weitere „taube“ Adelige<br />

gestossen ist.<br />

• Tochter Katharine Plantagenet von König<br />

Heinrich VIII (später Gräfin von Devon):<br />

1479 - 1527, gehörlos<br />

• Pedro und Francisco des Adeligen Juan<br />

Fernandez de Velasco y Tovar: gehörlos<br />

• Mönch Pedro Ponce de Leon: 1500 - 1584,<br />

er unterrichtete mit Erfolg; Lesen,<br />

Schreiben, Rechnen und Sprechen<br />

• Dritter Sohn Luis des Adeligen Juan Fernandez<br />

de Velasco y Tovar: gehörlos<br />

• Manuel Ramirez de Carrion (zweiter<br />

Taubstummenpädagoge) 1579 - 1652. Er<br />

verfeinerte die Methoden von Pedro<br />

Ponce de Léon und baute sie weiter aus<br />

• Prinz Philibert von Avignon: taub ca.<br />

1620<br />

• Königin Alexandra von Grossbritannien<br />

und Kaiserin von Indien: spätertaubt<br />

1844 - 1925. Sie hatte stets ein gutes Verhältnis<br />

zu den Dienern und Kindern im<br />

Gegensatz zu anderen Prinzen und<br />

Königen. Sie genoss die Gesellschaft von<br />

anderen Gehörlosen und kommunizierte<br />

auch in der Gebärdensprache. Nach der<br />

Geburt ihres dritten Kindes erkrankte sie<br />

an Rheuma und ertaubte vollständig. Sie<br />

war die Grossnichte von Alice von Battenberg<br />

• Prinzessin Alice von Battenberg und Griechenland:<br />

gehörlos geboren 1885 - 1969.<br />

Sie ist die Mutter von Prinz Philip von<br />

England<br />

• Prinz Jaime Luitpold de Borbon von Spanien:<br />

nach einer Operation ertaubt 1908 -<br />

1975. Er war der zweite Sohn von König<br />

Alfons XIII. Da der erstgeborene Bruder<br />

eine Bürgerliche heiratete und auf die<br />

Thronnachfolge verzichtete, sollte er<br />

König von Spanien werden. Er wurde<br />

aber zum Thronverzicht gezwungen. Sein<br />

Onkel ist der heutige König von Spanien<br />

Juan Carlos. Prinz Jaime lebte als Lebemann<br />

und war zweimal verheiratet. Seine<br />

Schwester war ebenfalls gehörlos. In St.<br />

Gallen verstarb er im Alter von 67 Jahren.<br />

Die kofo-Besucherinnen und -besucher<br />

erfahren von Marlise Gundi über weitere<br />

Schicksale von gehörlosen und hörbehinderten<br />

Adeligen in Europa aus der Vergangenheit<br />

bis hin in die Gegenwart. So ist beispielsweise<br />

auch der aktuelle Thronfolger<br />

Felipe von Spanien mit einer Hörbehinderung<br />

konfrontiert. Er ist auf einem Ohr taub.<br />

Prinzessin Alice von<br />

Battenberg<br />

Marlise Gundi erzählt weiter, <strong>das</strong>s sie aber<br />

die Biografie von Prinzessin Alice von Battenberg<br />

ganz speziell fasziniert und in den<br />

Bann gezogen habe. Prinzessin Alice von<br />

Battenberg war die Urenkelin von Königin<br />

Victoria von England. Alice wurde im Palast<br />

von Königin Victoria zur Welt gebracht. Sie<br />

war ein sehr schönes Mädchen und war<br />

auch die Lieblings-Urenkelin von Königin<br />

Victoria. Nach dem Tod von Königin Victoria<br />

ist die Familie nach Darmstadt gezogen. Im<br />

Alter von vier Jahren wurde bei Alice festgestellt,<br />

<strong>das</strong>s sie gehörlos sei. Immer mehr<br />

wurde Alice auch von ihrer Tante Elisabeth<br />

(Russland) betreut.<br />

Das in englischer Sprache erschienene<br />

Buch von Hugo Vickers mit dem Titel: „Alice<br />

Princess Andrew of Greece“ informiert<br />

umfassend über die aufwühlende Lebensgeschichte<br />

dieser aussergewöhnlichen<br />

Frau.<br />

Die kofo-Besucherinnen und -besucher<br />

sind begeistert über die Darlegungen von<br />

Marlise Gundi. Die Zeitreise zu den hörbehinderten<br />

Adeligen, Prinzen und Königen<br />

war ein lebendiges Erlebnis, vor allem dank<br />

einer aufwändig gestalteten PowerPoint-<br />

Präsentation mit den zahlreichen Fotos und<br />

Illustrationen. Mit einem grossen herzlichen<br />

Applaus wird der unvergessliche Auftritt<br />

von Marlise Gundi verdankt.<br />

Auszug aus Hugo Vickers:<br />

Alice Princess Andrew of<br />

Greece<br />

Prinzessin Alice wurde gehörlos geboren in<br />

Windsor Castle in Gegenwart ihrer Grossmutter<br />

Königin Viktoria von England. Sie<br />

wuchs in England, Darmstadt und Malta<br />

auf. 1903 heiratete sie Prinz Andreas von<br />

Griechenland und Dänemark. Ihr Sohn<br />

Prinz Philipp ist der heutige Ehemann von<br />

Königin Elisabeth II von England. Alice<br />

wurde selbst in ihrer eigenen Familie als<br />

geheimnisvolle Figur wahrgenommen. Ihr<br />

Leben wurde überschattet von Kriegen,<br />

Revolutionen und aufgezwungenem Exil.<br />

Als sie 35 Jahre alt war, geriet die Welt und<br />

damit wohl auch ihr eigenes Leben regelrecht<br />

aus den Fugen. Zu ihrer Familie<br />

gehört <strong>das</strong> britische Königshaus, der deut-<br />

17


society of her little Erbach cousin is helping<br />

her on.”<br />

sche Adel. Zwei ihrer Tanten haben russische<br />

Grafen geheiratet, die ein böses Ende<br />

fanden. Der Ehemann von Alice selbst<br />

wurde als politischer Spion beinahe mit<br />

dem Tode bestraft. Auch in ihren mittleren<br />

Lebensjahren blieb es ihr vergönnt, eine<br />

ruhigere und stabilere Zeit zu haben. Sie<br />

litt im Alter von 45 Jahren unter religiösen<br />

Wahnvorstellungen und brachte längere<br />

Zeit in einem Sanatorium am Bodensee in<br />

der Schweiz zu. Man ging davon aus, <strong>das</strong>s<br />

sie es nicht mehr schaffen würde, aus dem<br />

Teufelskreis der <strong>für</strong> sie diagnostizierten<br />

paranoiden Schizophrenie zu gelangen.<br />

Doch sie schaffte es wieder ein unabhängiges<br />

Leben führen zu können. Gerade in<br />

diesem Umstand wird erkennbar, <strong>das</strong>s Prinzessin<br />

Alice eine ganz aussergewöhnliche<br />

Frau gewesen ist.<br />

Ihre schwere Hörbehinderung ist in der von<br />

Hugo Vickers im Jahre 2000 über Alice verfassten<br />

Biographie zwar erwähnt, aber<br />

bloss zu Beginn ihres Lebens findet dies<br />

Niederschlag und zwar wie folgt:<br />

Alice wurde 1885 geboren. Ihre Urgrossmutter<br />

war Königin Viktoria von England.<br />

Viktoria war damals noch bei sehr<br />

guter Gesundheit und interessierte sich<br />

brennend, wie sich ihre kleine Urgrosstochter<br />

entwickelt. Sie hielt vieles in<br />

ihrem Tagebuch fest.<br />

Philip Alexius<br />

de László:<br />

Prinzessin<br />

Alice, Öl auf<br />

Leinwand,<br />

1922.<br />

Niemand anderes hatte denn auch<br />

bemerkt, als Königin Viktoria, <strong>das</strong>s<br />

Klein-Alice gehörlos war. So schrieb sie<br />

ihrer Grosstochter, der Mutter von Alice,<br />

die ebenfalls Victoria hiess, im Januar<br />

1887 in einem Brief:<br />

„Baby looks so nice in the pretty frocks<br />

you gave her. She is very slow in learning<br />

to talk, but on the other hand very<br />

clever with her fingers. She unties a bow<br />

without ever pulling it into a knot & now<br />

& then succeeds in buttoning her own<br />

dressing gown. This sort of amusement<br />

she is particularly fond of & spends any<br />

amount of time patiently at it, which is<br />

very funny.”<br />

Erst als Alice vierjährig war, begann ihre<br />

Mutter Prinzessin Louis von Battenberg<br />

gegenüber ihrer Grossmutter, Königin Victoria,<br />

ihre Sorgen bezüglich des Spracherwerbs<br />

von Alice zum Ausdruck zu bringen.<br />

So schrieb sie Königin Viktoria:<br />

„The child has grown very much since<br />

last you saw her, is very lively & quick<br />

with her fingers, but decidedly backward<br />

of speech, using all sorts of selfinvented<br />

words & pronouncing others<br />

very indistinctly, so that strangers find it<br />

difficult to understand her. We make<br />

great effort to improve this & I think the<br />

Es war dann schliesslich die andere Grossmutter<br />

von Alice, Prinzessin Battenberg,<br />

welche die Gehörlosigkeit klar erkannte.<br />

Sie nahm Alice zu einem Ohrenspezialisten<br />

in Darmstadt. Alice war mit diesem Gebrechen<br />

geboren, obwohl einige Familienmitglieder<br />

davon ausgingen, <strong>das</strong>s sie sich als<br />

ganz kleines Kind auf einer ihrer vielen<br />

Seereisen zusammen mit ihrer Mutter<br />

diese Behinderung zugezogen haben<br />

musste. Die Gehörlosigkeit wurde an der<br />

Verdickung der Ohrtrompete erkannt und<br />

es wurde gewiss, <strong>das</strong>s diese Beeinträchtigung<br />

Alice ihr Leben lang begleiten würde.<br />

Ihre Mutter verbrachte viele Stunden<br />

damit, ihr <strong>das</strong> Lippenlesen beizubringen.<br />

So lernte Alice Gesprächen folgen zu<br />

können. Im Mai 1889 stellte sie fest, <strong>das</strong>s<br />

Alice recht gut sprach. Auch <strong>das</strong> Hörvermögen<br />

schien ein Jahr später besser. Im<br />

Jahr 1893, als Alice achtjährig war, nahm<br />

Victoria sie zu einem Ohrenarzt in London.<br />

Die verzögerten Fortschritte im Spracherwerb<br />

machten ihren Eltern grosse Sorgen.<br />

Man erkannte damals, <strong>das</strong>s keine Operation<br />

Alice helfen könnte. Im Alter von vierzehn<br />

Jahren zeichnete sich eine Verbesserung<br />

ab und im Jahr 1922 hörte Alice erstmals<br />

einen Kuckuck.<br />

Durch ihre Schwerhörigkeit lebte Alice<br />

recht isoliert. Sie konnte keine Freundschaften<br />

mit anderen Kindern pflegen. Sie<br />

war deshalb viel stärker als hörende Kinder<br />

mit sich selbst und ihren eigenen Ressourcen<br />

konfrontiert. Sie war aber überhaupt<br />

kein Problemkind und war sehr intelligent.<br />

Alice war <strong>das</strong> älteste Kind. Ihre jüngeren<br />

Brüder und Schwestern wurden von<br />

den Eltern angehalten, ganz normal mit<br />

Alice zu sprechen und keine Konzessionen<br />

ihr gegenüber zu machen. Die Eltern gingen<br />

davon aus, entweder bekomme Alice die<br />

Gespräche mit oder eben nicht. Ihr Bruder<br />

Dickie (Lord Mountbatten) fand dies sehr<br />

schwer verständlich. Dieser Erziehungsansatz<br />

im Umgang mit Alice störte ihn je<br />

länger je mehr.<br />

Als Alice älter wurde, konnte sie bestimmte<br />

Stimmen besser hören je nach Hallverhältnissen.<br />

In den 50er Jahren überraschte sie<br />

ihre Familie in Baden damit, <strong>das</strong>s sie einen<br />

Marsch, der gerade draussen gespielt<br />

wurde, hörte. Es war indes <strong>das</strong> Echo der<br />

Stiefel, mit denen auf die Strasse<br />

gestampft wurde, <strong>das</strong> sie aufhorchen liess.


Die Gehörlosigkeit bzw. Schwerhörigkeit<br />

von Alice beschäftigte ihre Mutter stärker<br />

als Alice selbst. So schrieb Victoria:<br />

„I know… from experience that to see<br />

one’s children not quite strong, or with<br />

some little ailment, like Alices’s hearing,<br />

is a cause of worry & paint to the<br />

parents.”<br />

Alice lebte von 1885 bis 1969. Aus ihrer Ehe<br />

mit Andreas von Griechenland und Dänemark<br />

ist 1921 Prinz Philip hervorgegangen,<br />

der heutige Mann von Königin Elisabeth II<br />

von England.<br />

Fazit: An der Erscheinungsform und der<br />

Hauptproblematik der Gehörlosigkeit, wie<br />

sie damals vom Elternhaus von Alice empfunden<br />

worden sind, hat sich im Vergleich<br />

mit der heutigen Wahrnehmung eigentlich<br />

nichts geändert.<br />

[rr]<br />

Urgrossmutter Victoria, Grossmutter Alice,<br />

Mutter Victoria und Tochter Alice.<br />

Ihr Lippenlesen war so gut, <strong>das</strong>s Leute ihre<br />

Hände über den Mund hielten, wenn sie<br />

sich etwas Geheimes sagen wollten. Alice<br />

konnte nicht nur in Deutsch und Englisch<br />

Lippenlesen, sie beherrschte dies auch in<br />

mehreren Fremdsprachen. Man war sich in<br />

der Entourage von Alice bewusst, <strong>das</strong>s man<br />

vorsichtig sein musste, was man sagte.<br />

Besonders Gefallen fand Alice an Stummfilmen.<br />

Aufgrund ihrer Lippenlesekenntnisse<br />

war sie problemlos in der Lage, zu<br />

erkennen was die Schauspieler sagten bzw.<br />

<strong>das</strong>s die Schauspieler in den Stummfilmen<br />

einander oftmals etwas völlig anderes<br />

sagten, <strong>das</strong> mit der gespielten Szene gar<br />

nichts zu tun hatte. So stellte Alice beispielsweise<br />

amüsiert fest, <strong>das</strong>s im 1923<br />

gedrehten Stummfilm „Greed“ in einer leidenschaftlichen<br />

Liebesszene der Filmheld<br />

seiner Angebeteten in Wahrheit keine Liebesschwüre<br />

machte, sondern ihr lediglich<br />

sagte, er sei kürzlich gemahnt worden, weil<br />

er vergessen habe seine Miete zu bezahlen.<br />

Alice im hohen Alter von 82 Jahren während<br />

eines Spitalaufenthaltes.<br />

19


Interview mit Lucia Schmid-Cestone<br />

Per Ende Januar 20<strong>11</strong> beendet Lucia<br />

Schmid-Cestone ihr langjähriges Engagement<br />

als Gesamtleiterin der Gehörlosenund<br />

Sprachheilschule Riehen GSR.<br />

Gegenüber der <strong>sonos</strong>-Redaktion hat sie<br />

sich entgegenkommenderweise ganz<br />

kurzfristig zu einem Interview bereit<br />

erklärt.<br />

<strong>sonos</strong>: Wie lange waren Sie <strong>für</strong> die GSR<br />

tätig und in welchen Funktionen?<br />

Schmid-Cestone: Die GSR habe ich schon<br />

während meiner Studienzeit als Praktikumsort<br />

kennen und schätzen gelernt.<br />

1998 bin ich als Logopädin am GSR-Standort<br />

im Kanton Basel-Landschaft eingetreten<br />

und habe 2000 die Schulleitung<br />

dieser Abteilung übernommen. Seit 2003<br />

bin ich <strong>für</strong> die Gesamtleitung dieser Institution<br />

tätig, welche zwei Sprachheilschulen,<br />

je eine in Basel-Stadt und Basel-Landschaft,<br />

und den überregionalen<br />

Audiopädagogischen Dienst mit der Bimodalklasse<br />

betreibt. Die Gesamtinstitution<br />

schult und fördert über 400 Kinder, Jugendliche<br />

und junge Erwachsene.<br />

Sie haben Hörgeschädigtenpädagogik studiert.<br />

Was hat Sie dazu bewogen, diese<br />

Studienrichtung einzuschlagen?<br />

Ich habe Logopädie studiert und seit<br />

meiner Studienzeit eine Affinität zur Hörgeschädigtenpädagogik<br />

gehegt. Fundiertere<br />

Kenntnisse in dieser Disziplin konnte ich im<br />

Rahmen meiner Tätigkeit an der GSR dank<br />

einem sehr differenziert arbeitenden<br />

Audiopädagogischen Dienst erwerben und<br />

vertiefen.<br />

Wenn Sie nun auf Ihre Zeit in der GSR<br />

zurückblicken, welches waren die Flash-<br />

Lights bzw. die ganz guten Erfahrungen<br />

und welches sind Begebenheiten, die<br />

besser hätten laufen können?<br />

Meine Tätigkeit an der GSR habe ich als<br />

eine sehr bereichernde und herausfordernde<br />

Zeit erlebt. Ich habe meistens sehr<br />

gute Begegnungen erfahren dürfen und<br />

konnte dank der Unterstützung meiner Mitarbeitenden<br />

die Institution in der Bildungslandschaft<br />

der Nordwestschweiz gut positionieren,<br />

so <strong>das</strong>s auch nach dem Inkraft-<br />

Lucia Schmid-Cestone.<br />

treten der NFA genügend Angebote <strong>für</strong> die<br />

Schulung und Förderung von Kindern,<br />

Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit<br />

einer Spracherwerbsstörung und/oder<br />

einer Hörbeeinträchtigung sichergestellt<br />

werden konnten.<br />

Die Zusammenarbeit mit allen involvierten<br />

Kreisen habe ich als sehr respektvoll, offen<br />

und lösungsorientiert erlebt.<br />

Welche wesentlichen Meilensteine wurden<br />

während Ihrer Zeit an der GSR erreicht?<br />

Die Zeit seit meinem Amtsantritt war von<br />

wesentlichen Änderungen in der ganzen<br />

Bildungslandschaft geprägt. In der Nordwestschweiz<br />

hat man sich sehr früh mit der<br />

integrativen Schulungsform auseinandergesetzt<br />

und die Kantone haben diese auch<br />

konsequent umgesetzt. Der lautsprachlich<br />

ausgerichtete Audiopädagogische Dienst<br />

der GSR konnte sich in diesem Umfeld gut<br />

positionieren und <strong>für</strong> Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung<br />

eine hervorragende Ausgangslage<br />

schaffen.<br />

Noch vor dem Inkrafttreten, resp. Umsetzung<br />

der NFA konnte die GSR Leistungsvereinbarungen<br />

mit den Kantonen Basel-Stadt<br />

und Basel-Landschaft abschliessen und<br />

wurde auf der Liste der Interkantonalen<br />

Vereinbarung sozialer Institutionen (IVSE)<br />

aufgenommen.<br />

Der Auftrag der GSR, welcher sich in der<br />

Sonderschulung grundsätzlich nur auf die<br />

Primarschule erstreckte, konnte durch die<br />

Weiterführung der bimodalen Schulung bis<br />

zum Ende der obligatorischen Schulzeit<br />

auch auf die Sekundarschule I erweitert<br />

werden.<br />

Die Gründung des Autismuszentrums der<br />

GSR bildete einen weiteren Schwerpunkt<br />

meiner Arbeit.<br />

Im letzten Herbst ist der von Ihnen und Frau<br />

Stritt verfasste Artikel „Wenn Hände sprechen<br />

und Ohren hören“, der als Nachspann<br />

zu diesem Interview in unserer Zeitschrift<br />

ebenfalls zu lesen ist, in den Basellandschaftlichen<br />

Schulnachrichten abgedruckt<br />

worden. Gab es Reaktionen auf die Publikation<br />

in diesem Organ bzw. welche?<br />

Dieser Artikel wurde von Frau Stritt und mir<br />

unter anderem auch als Dank an unsere<br />

Partner und unseren Mitarbeitenden der<br />

Bimodalklasse, die uns dieses aufwändige<br />

Projekt ermöglichen, verfasst. Es war uns<br />

auch wichtig aufzuzeigen, welche Leistung


unsere Schülerinnen und Schüler mit einer<br />

Hörbeeinträchtigung tagtäglich erbringen<br />

müssen. Ich habe keine inhaltliche Reaktionen<br />

auf den Artikel erhalten, wurde aber<br />

verschiedentlich darauf angesprochen.<br />

Wenn Hände sprechen<br />

und Ohren hören<br />

Welche Vorstellungen haben Sie<br />

gegenüber <strong>sonos</strong>, welche Aufgaben sollte<br />

<strong>sonos</strong> nach Ihrem Da<strong>für</strong>halten wahrnehmen?<br />

Ich denke, <strong>das</strong>s <strong>sonos</strong> sehr viele Aufgaben<br />

jetzt schon wahrnimmt und <strong>für</strong> die Anliegen<br />

von Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />

einsteht. In einer Zeit, die durch viele<br />

Umbrüche und Verunsicherungen gekennzeichnet<br />

ist, scheint mir die Sicherung der<br />

Aus- und Weiterbildung <strong>für</strong> junge Menschen,<br />

sowie die Arbeitsplatzsicherung ein<br />

sehr wichtiger Punkt zu sein. Ich möchte<br />

<strong>sonos</strong> dazu ermutigen den eingeschlagenen<br />

Weg der Kontaktpflege und des Networkings<br />

zu Firmen und Institutionen<br />

weiter auszubauen und auch die Wirtschaft<br />

und Politik <strong>für</strong> diese Anliegen vermehrt einzubinden.<br />

Im Weiteren bin ich immer wieder überrascht,<br />

wie wenig die Öffentlichkeit über<br />

die Entwicklungen im Bereich der Hörhilfen<br />

und der damit verbundenen Erleichterungen<br />

<strong>für</strong> die betroffenen Menschen informiert<br />

ist. Ich wünsche mir, <strong>das</strong>s <strong>sonos</strong> als<br />

Sprachrohr von Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />

in diesem Bereich eine breitere<br />

Öffentlichkeitsarbeit in Angriff nehmen<br />

werden würde.<br />

Publikation aus der März-Ausgabe 2010 der<br />

Basellandschaftlichen Schulnachrichten.<br />

Die Integrative Schulung von Kindern und<br />

Jugendlichen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />

ist in den beiden Basler Halbkantonen<br />

sowie Teilen des Kantons Solothurn<br />

bei weit über 200 Kindern und Jugendlichen<br />

bereits erfolgreich zum Standard<br />

geworden. Im August 2008 startete die<br />

Gehörlosen- und Sprachheilschule Riehen<br />

GSR in enger Zusammenarbeit mit der<br />

Primar- und der Sekundarschule Reinach<br />

ein spezielles integratives Schulprojekt. In<br />

diesem werden sechs Schülerinnen und<br />

Schüler im Alter von 10 bis 14 Jahren unterrichtet.<br />

Einerseits werden sie alle<br />

gemeinsam in einer mehrstufigen Bimodalklasse<br />

sowohl in der Laut- als auch in der<br />

Gebärdensprache unterrichtet. Andererseits<br />

sind sie jeweils zu zweit in verschiedene<br />

Regelklassen auf Primar- und<br />

Sekundarstufe integriert. Mit dem Angebot<br />

in Reinach erfährt <strong>das</strong> Angebot der GSR<br />

dank dem Einsatz der involvierten Lehrkräfte<br />

und ihren Schulleitungen sowie dank<br />

der Unterstützung durch den Reinacher<br />

Schulrat sowie verschiedene lokale Politikerinnen<br />

und Politiker eine wertvolle<br />

Ergänzung.<br />

Anfänge in Riehen<br />

Bereits im Sommer 2003 konnte die GSR,<br />

gestützt auf ihre Konzepte, am Standort<br />

Riehen die mehrstufig geführte Bimodalklasse<br />

auf Primarschulstufe eröffnen.<br />

Sechs Kinder mit einer Hörbeeinträchtigung<br />

wurden dort auf Wunsch der Eltern<br />

sowohl mit Gebärdensprache als auch<br />

Lautsprache unterrichtet. Der Begriff<br />

„Bimodalklasse“ weist darauf hin, <strong>das</strong>s es<br />

sich bei der Gebärdensprache und der Lautsprache<br />

um zwei Sprachen in verschiedenen<br />

Modalitäten handelt. Ermöglicht<br />

wurde die Eröffnung der Bimodalklasse<br />

dank der Unterstützung und Offenheit der<br />

Abteilung Sonderpädagogik des Erziehungsdepartementes<br />

Basel-Stadt.<br />

Umsetzung im Alltag<br />

In der Bimodalklasse werden die Gebärdensprache<br />

und die Lautsprache nach dem<br />

Prinzip „one person - one language“ unterrichtet.<br />

Jeweils eine hörende und eine<br />

gehörlose Heilpädagogin erteilen die entsprechenden<br />

Lektionen in verschiedenen<br />

Räumen, wodurch die Bedeutsamkeit der<br />

Sie sind zweifelsfrei eine kompetente und<br />

äusserst versierte Fachfrau. Werden Sie<br />

sich in Zukunft weiterhin <strong>für</strong> die gehörlosen<br />

und hörbehinderten Menschen engagieren?<br />

Die Leistung, die Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung<br />

in der Welt von Hörenden<br />

täglich erbringen müssen, beeindruckt<br />

mich zutiefst und sie können auch<br />

zukünftig auf meine Solidarität zählen.<br />

[lk / rr]<br />

21


eiden Kommunikationsformen erlebt<br />

werden kann. Die Kinder und Jugendlichen<br />

tragen individuelle Hörhilfen. Solchen mit<br />

Hörgeräten erlaubt dies, ihr Restgehör auszunützen.<br />

Jene mit Cochlea Implantaten<br />

können von einem sehr differenzierten Hörvermögen<br />

profitieren. Das Hören bildet<br />

beim Erwerb der Lautsprache <strong>für</strong> alle eine<br />

unschätzbare Basis.<br />

Weiterentwicklung des<br />

Projektes<br />

Im Laufe der Zeit und angesichts der guten<br />

Fortschritte der Schülerinnen und Schüler<br />

wuchs der Wunsch, die Schülerinnen und<br />

Schüler sorgfältig in ein Teilintegrationsmodell<br />

überführen zu können, in welchem<br />

sie die erworbenen Kompetenzen in der<br />

Kommunikation, im Sozialverhalten und in<br />

den alltäglichen Schulfächern auch an<br />

einer Regelschule anwenden und weiter<br />

entwickeln können. Die Ausdehnung des<br />

Projekts auf die gesamte obligatorische<br />

Schulzeit sowie die Teilintegration in Partnerklassen<br />

der Primar- und der Sekundarstufe<br />

der Regelschule führten zu einer Weiterentwicklung<br />

und Erweiterung des Konzepts.<br />

Umzug nach Reinach<br />

Da die Schülerinnen und Schüler grösstenteils<br />

aus dem Kanton Basel-Landschaft<br />

stammen, wurde beim Übertritt der ersten<br />

Schülerinnen und Schüler in die Sekundarstufe<br />

I, in Absprache mit dem Amt <strong>für</strong> Volksschulen<br />

und der Fachstelle <strong>für</strong> Sonderschulung,<br />

Jugend- und Behindertenhilfe der Bildungs-,<br />

Kultur- und Sportdirektion und der<br />

entsprechenden Fachstelle in Basel-Stadt,<br />

der Anschluss an eine Primar- und eine<br />

Sekundarschule des Kantons Basel-Landschaft<br />

angestrebt. Bei den Schulleitungen<br />

und Schulräten der Primar- und der<br />

Sekundarschule Reinach stiess die GSR mit<br />

ihrem Anliegen auf offene Ohren. Von<br />

Anfang an wuchs eine enge Zusammenarbeit,<br />

die im Sommer 2008 den Umzug der<br />

Bimodalklasse nach Reinach ermöglichte.<br />

Teilintegration in die<br />

Regelschule: Partnerklassen<br />

und Kleingruppen<br />

Die sechs Mädchen und Jungen im Alter von<br />

10 bis 14 Jahren besuchen in Reinach<br />

gemeinsam die mehrstufig geführte Bimodalklasse<br />

der GSR, in der sie intensiven<br />

Schulunterricht in Kleinstgruppen sowie<br />

logopädische Förderung erhalten. Dieser<br />

spezifisch auf Kinder und Jugendliche mit<br />

Hörbeeinträchtigungen ausgerichtete<br />

Schulunterricht wird in Lautsprache oder in<br />

Gebärdensprache durchgeführt. Damit die<br />

Kinder beide Sprachen auf hohem Niveau<br />

angeboten erhalten, erfolgt der Unterricht<br />

im Job-Sharing durch gehörlose Gebärdensprachlehrpersonen<br />

und hörende schulische<br />

Heilpädagoginnen. In der Regelschule<br />

folgen jeweils zwei Kinder zusammen dem<br />

Unterricht in ihrer Partnerklasse an der<br />

Primar- oder der Sekundarschule. Dort<br />

besuchen sie die Unterrichtsfächer, die<br />

ihrem Entwicklungsstand entsprechen. In<br />

diesen integrativen Stunden werden sie in<br />

der Regel von einer Heilpädagogin<br />

begleitet. So können sie ihre neu erworbenen<br />

Kommunikationsfähigkeiten im<br />

Alltag anwenden, sind auf ihrer Klassenstufe<br />

in ein ganzes Primarschul- oder<br />

Sekundarschulsystem eingebettet und<br />

haben in einer grossen Gruppe von Gleichaltrigen<br />

die Chance, Freundschaften<br />

wachsen lassen. Parallel dazu schafft die<br />

Heilpädagogin <strong>für</strong> sie Zwischenschritte,<br />

wenn der Schulstoff nicht auf Anhieb verarbeitet<br />

werden kann.<br />

Stärkung der<br />

Eigenverantwortung<br />

In den nicht kognitiven Fächern wie Turnen<br />

oder Werken wird bewusst versucht, die<br />

Schülerinnen und Schüler in ihrer Eigenverantwortung<br />

dadurch zu stärken, <strong>das</strong>s sie<br />

diese Stunden alleine besuchen. Im Hintergrund<br />

ist dabei stets eine Ansprechperson<br />

der Bimodalklasse auf Abruf bereit, falls<br />

Schwierigkeiten auftreten sollten.<br />

Intensive Kooperation<br />

zwischen Sonderschule und<br />

Regelschule<br />

Der integrative Unterricht stellt hohe Anforderungen<br />

an die Lehrpersonen der Regelschulen.<br />

So sind tägliche Absprachen notwendig<br />

und im Schulunterricht muss auf<br />

gute akustische Bedingungen und viele<br />

weitere Dinge geachtet werden, die <strong>für</strong> <strong>das</strong><br />

Gelingen der Integration entscheidend<br />

sind. In Reinach ist die GSR auf eine hoch<br />

motivierte Lehrerschaft sowie grosszügige<br />

Schulleitungen und Schulbehörden<br />

gestossen, die <strong>das</strong> neue Projekt massgeblich<br />

mitprägen und ihm zu beeindruckenden<br />

Erfolgen verhelfen. Ermöglicht<br />

wird <strong>das</strong> Projekt durch die drei Wohnortkantone<br />

der Schülerinnen und Schüler aus<br />

Basel-Stadt, Basel-Land und Solothurn,<br />

welche die Kosten <strong>für</strong> die Sonderschulung<br />

dieser Schülerinnen und Schüler tragen.<br />

Geschäftsleitung und Audiopädagogischer<br />

Dienst der GSR<br />

Lucia Schmid-Cestone / Mirjam Stritt


Wie entstand die Lautsprache?<br />

Der Ursprung der Sprache ist bis heute<br />

ungeklärt. Die US-Anthropologin Dean<br />

Falk vertritt in ihrem jüngsten Buch die<br />

These, <strong>das</strong>s Mütter die ersten Laute<br />

erfanden, um ihre Säuglinge zu beruhigen.<br />

Warum haben unsere Vorfahren einst<br />

begonnen, miteinander zu reden? Die<br />

Sprache ist <strong>das</strong>, was Menschen von allen<br />

anderen Lebewesen unterscheidet. Und<br />

doch ist es immer noch ein Rätsel, wie die<br />

Wörter entstanden sind.<br />

Lange Zeit kümmerte sich die Forschung<br />

kaum um dieses Thema. Erst seit den<br />

1990er Jahren beschäftigen sich Forschungsinstitute<br />

wieder intensiver mit dem<br />

Ursprung der Sprache. Anfang 2010 wurde<br />

an der Uni Wien der Fachbereich Kognitionsbiologie<br />

gegründet und einer der weltweit<br />

bekanntesten Experten <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

der Sprache dorthin berufen, der<br />

US-Biologe Tecumseh Fitch. Zwei wichtige<br />

Bücher sind im vergangenen Jahr zum<br />

Thema erschienen „The Evolution of Language“<br />

(Cambridge University Press) von<br />

Tecumseh Fitch und „Wie die Menschheit<br />

zur Sprache fand“ (DVA) von der US-<br />

Anthropologin Dean Falk.<br />

Wann und warum begannen<br />

die Urmenschen miteinander<br />

zu kommunizieren?<br />

Das Problem des Forschungsgegenstands<br />

besteht darin, <strong>das</strong>s gesprochene Sprache<br />

keine Fossilien hinterlässt und die ältesten<br />

Schriftstücke bloss 6‘000 Jahre alt sind.<br />

Fitch ist überzeugt, <strong>das</strong>s Menschen schon<br />

miteinander geredet haben, als sie vor<br />

50'000 bis 70'000 Jahren Afrika verlassen<br />

haben. Die biologischen Voraussetzungen,<br />

jede Sprache zu lernen, müssen schon sehr<br />

früh angelegt gewesen sein. Denn alle<br />

Menschen tragen sie in sich.<br />

Bereits Darwin machte sich Gedanken darüber,<br />

weswegen diese Fähigkeit einzigartig<br />

beim Menschen ist und wie <strong>das</strong> mit der Evolutionstheorie<br />

zusammenpassen könnte. Er<br />

ging davon aus, <strong>das</strong>s die Sprache aus dem<br />

Gesang entstanden ist, mit dem unsere<br />

Vorfahren um potenzielle Partner warben<br />

und ihr Territorium akustisch markierten.<br />

Darwin sah darin eine Ähnlichkeit mit dem<br />

Die renommierte Anthropologin Dean Falk.<br />

Gesang von Vögeln. Dass aus dem Gesang<br />

der Menschen schliesslich Sprache wurde,<br />

erklärte Darwin damit, <strong>das</strong>s die Menschen,<br />

nachdem sie gelernt hatten, ihren Vokaltrakt<br />

zu kontrollieren, damit begannen,<br />

Umweltgeräusche, zum Beispiel von<br />

gefährlichen Tieren nachzuahmen. So<br />

wurde in der Vorstellung von Darwin die<br />

erste Verbindung zwischen Lautäusserung<br />

und Bedeutung geknüpft, aus der dann<br />

Sprache entstand.<br />

Lange beachtete man diese Idee kaum.<br />

Denn Sprache wurde insbesondere von Philologen<br />

und nicht von Naturwissenschaftern<br />

analysiert. 1866 wurde in Frankreich<br />

die Société de Linguistique de Paris<br />

gegründet, einer der ersten Linguisten-<br />

Zusammenschlüsse. In dessen Statut<br />

wurde festgelegt, <strong>das</strong>s es den Mitgliedern<br />

verboten sei, darüber zu diskutieren, wie<br />

Sprache entstanden sei. Dies sei nur spekulativ<br />

und gebe nichts her.<br />

Die Linguisten befassten sich deshalb vor<br />

allem damit, die Systeme der Weltsprachen,<br />

ihre Regeln und ihre Verwandtschaftsverhältnisse<br />

untereinander zu<br />

untersuchen und zu erklären.<br />

Erst seit den 1990er Jahren beschäftigte<br />

sich die Wissenschaft wieder intensiver mit<br />

der Frage nach dem Ursprung der Sprache.<br />

Der US-Evolutionsbiologe Geoffrey Miller<br />

und der britische Urgeschichtler Steven<br />

Mithen griffen Darwins Ideen auf.<br />

23


Tecumseh Fitch hält den Erklärungsansatz<br />

von Darwin <strong>für</strong> nachvollziehbar und<br />

modern. Er hatte beobachtet, <strong>das</strong>s Papageien<br />

sprechen können. Sie machen indes<br />

keine sinnergebenden Sätze. Darwin hatte<br />

daraus hergeleitet, <strong>das</strong>s die Fähigkeit zur<br />

sprachlichen Lautäusserung und <strong>das</strong>, was<br />

Sprache sonst ausmacht, Syntax und Grammatik<br />

etwa, voneinander unterschieden<br />

werden müssen. Kein Tier hat je Wörter so<br />

verwendet, <strong>das</strong>s sie einen Sinn ergeben<br />

hätten. Diese Trennung ist heute von den<br />

Sprachforschern anerkannt.<br />

Tecumseh Fitch.<br />

Gebärden oder Laute<br />

Strittig ist, wie die Sprache letztlich entstanden<br />

ist. Waren, wie Darwin glaubte,<br />

zunächst Laute da, die dann mit Bedeutung<br />

belegt wurden und aus denen sich dann<br />

eine komplexe Sprache entwickelte? Oder<br />

verständigten sich die Menschen zunächst<br />

mit Gebärden und Gesten, bevor sie auf<br />

eine Lautsprache umstellten? Die Menschenaffen<br />

benutzen Gesten, um zu kommunizieren.<br />

Vielleicht haben sich auch die<br />

Urmenschen so verständigt. Allerdings hat<br />

diese Theorie eine Schwäche. Warum<br />

hätten sie auf einmal auf gesprochene<br />

Sprache umstellen sollen, fragt Fitch.<br />

Diese Frage wirft auch die renommierte US-<br />

Anthropologin Dean Falk in ihrem neuen<br />

Buch „Wie die Menschheit zur Sprache<br />

fand“ auf. Sie hält <strong>das</strong> Szenario, <strong>das</strong>s es<br />

zunächst eine Gestensprache samt Syntax<br />

gegeben habe, <strong>für</strong> unrealistisch - und entwickelt<br />

eine Theorie, die derjenigen von<br />

Darwin verwandt aber trotzdem anders ist.<br />

Ausschlaggebend könnte der<br />

aufrechte Gang gewesen sein<br />

Für Falk führte der aufrechte Gang dazu,<br />

<strong>das</strong>s die Menschen sprechen lernten. Diese<br />

Art der Fortbewegung hat zur Folge, <strong>das</strong>s<br />

<strong>das</strong> Becken der Frau enger und <strong>das</strong><br />

Gebären damit schwieriger wurde. Gleichzeitig<br />

begünstigte die Evolution ein immer<br />

grösser werdendes Gehirn beim Menschen<br />

und damit einen voluminöseren<br />

Kopf. Es gab nur eine Lösung <strong>für</strong> dieses<br />

Dilemma: Kleinere und damit hilflose<br />

Babys erhöhten die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

der Mutter, damit auch die<br />

des Kindes - und setzten sich deshalb in<br />

der Evolution schnell durch. Anders als die<br />

Menschenaffen können sich menschliche<br />

Säuglinge nicht an ihrer Mutter festhalten.<br />

Dean Falk folgert, <strong>das</strong>s Mütter ihre Kinder<br />

deshalb bei der Arbeit ablegen mussten -<br />

und zur Beruhigung der Kleinen deshalb<br />

die erste Sprache entwickelten. Nach Falk<br />

gingen Laute ohne konkrete Bedeutung<br />

der Sprache voraus - aber es waren keine<br />

Laute, die, wie bei Darwin der Paarung<br />

oder der Verteidigung eines Reviers<br />

dienten, sondern dem Beruhigen eines<br />

Kleinkindes. Falk führt eine Vielzahl von<br />

Belegen <strong>für</strong> ihre Theorie an. Zunächst zeigt<br />

sie, <strong>das</strong>s Körperkontakt <strong>für</strong> Schimpansenund<br />

Menschen-Babys essentiell ist - und<br />

<strong>das</strong>s <strong>das</strong> Schreien der Kinder vor allem ein<br />

Ausdruck <strong>für</strong> einen Mangel davon ist. Dann<br />

stellt sie fest, <strong>das</strong>s es Ammensprachen,<br />

also die Art und Weise, wie Erwachsene mit<br />

Babys reden, in allen Regionen der Welt<br />

gibt - und <strong>das</strong>s alle ähnliche Charakteristika<br />

haben: langsames Sprechen, viele<br />

Wiederholungen, hohe Stimmmelodie,<br />

starke Betonungen, einen reduzierten<br />

Wortschatz. Aus dieser Universalität folgert<br />

sie, <strong>das</strong>s Ammensprache sehr früh entstanden<br />

sein muss.<br />

Fitch hält Falks Theorie <strong>für</strong> ein mögliches<br />

Szenario. In Experimenten habe man so<br />

festgestellt, <strong>das</strong>s Kinder eher auf Musik als<br />

auf Sprache reagierten.<br />

Allerdings fehlt derweil in der Wissenschaft<br />

noch <strong>das</strong> Versatzstück, warum dann auch<br />

Erwachsene angefangen haben, miteinander<br />

zu sprechen, und ihren Lauten eine<br />

Bedeutung zugewiesen haben. Für Fitch<br />

steht zunächst im Vordergrund zu klären,<br />

ob sich Sprache aus Lauten oder Gesten<br />

und Gebärden entwickelt hat. Er sieht drei<br />

Möglichkeiten, sich der Antwort zu nähern.<br />

Erstens, indem man Arten wie Wale und<br />

Vögel beobachtet, die zwar Gesänge, aber<br />

keine Sprache haben - und so feststellt,<br />

welche Aehnlichkeiten und Unterschiede<br />

es zu den Menschen gibt. So kann man herausfinden,<br />

welche physiologischen, neurologischen<br />

und genetischen Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> Lautäusserungen notwendig<br />

sind.<br />

Blick in die Gene<br />

Eine zweite Möglichkeit besteht darin, mit<br />

bildgebenden Verfahren <strong>das</strong> Gehirn beim<br />

Sprechen und Singen zu beobachten und<br />

zu unterstützen, ob die gleichen Areale<br />

aktiv sind, gibt Fitch zu bedenken. Das<br />

grösste Potenzial besteht nach ihm indes in<br />

der Genetik. Er ist davon überzeugt, <strong>das</strong>s<br />

man in Zukunft mehr Gene finden werde,<br />

die mit der Lautäusserung und mit Gesten<br />

bzw. Gebärden zu tun haben. So könne man<br />

viel mehr darüber erfahren, wie die Evolution<br />

der Sprache abgelaufen sei. Denn: In<br />

allen Genen entstehen Mutationen. Ihre<br />

Anzahl ist abhängig vom Alter der Erbanlagen.<br />

So wird man in Zukunft wohl ermitteln<br />

können, welche Gene zuerst entstanden<br />

sind: die der Lautäusserungen<br />

oder diejenige der Gesten. Und damit<br />

dürften dann auch die Theorien der Sprachevolution<br />

der Wahrheit näher kommen.<br />

Quellen:<br />

Frederik Jötten: Mutters Sprache in NZZ am<br />

Sonntag vom 16. Januar 20<strong>11</strong><br />

Wikipedia


News aus der<br />

IGGH<br />

Text: Daniel Ziegler<br />

Museumsbesuch hörbehindertengerecht<br />

Das Paul Klee Museum bietet <strong>für</strong> seine<br />

reguläre Ausstellung einen Audioguide<br />

mit Induktionsschlaufe an.<br />

Ds Historische Museum bietet <strong>für</strong> <strong>das</strong> Einsteinmuseum<br />

sowohl einen Videoguide in<br />

Gebärdensprache als auch einen Audioguide<br />

mit induktivem Kopfhörer an (sehr<br />

gute Übertragungsqualität).<br />

Für die bis 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong> laufende Ausstellung<br />

von James Cook und die Südsee<br />

können ebenso Audioguides mit induktiven<br />

Kopfhörern bezogen werden.<br />

Finanzierungspool <strong>für</strong> Dolmetscheinsätze<br />

Innerhalb der IGGH ist ein Finanzierungspool<br />

<strong>für</strong> Dolmetscheinsätze geschaffen<br />

worden. Dank Beiträgen der Aenggi-Stiftung<br />

und dem Fonds <strong>für</strong> Kranke, Betagte<br />

und Behinderte der Stadt Bern stehen Fr.<br />

12‘000.-- zur Verfügung. Mit diesen<br />

Beiträgen finanziert die IGGH Dolmetscheinsätze<br />

an öffentlichen kulturellen<br />

Veranstaltungen.<br />

Hörbehindertengerechtes Bauen<br />

Neu findet sich ab Januar 20<strong>11</strong> auf der<br />

Homepage der IGGH ein InfoPoint Hörbehindertengerechtes<br />

Bauen mit vielen<br />

nützlichen Informationen (www.iggh.ch).<br />

Regionalisierung SGB-FSS Region<br />

Bern-Oberwallis<br />

Nachdem bereits in 3 Regionen in der<br />

Deutschschweiz die Regionalisierung<br />

SGB-FSS umgesetzt worden ist, startet<br />

die Region Bern - Oberwallis im Jahr 20<strong>11</strong><br />

als 4. Region. Erste Vorabklärungen bei<br />

den grossen Selbsthilfe-Vereinen haben<br />

ergeben, <strong>das</strong>s die IGGH eine gute mögliche<br />

Partnerorganisation und regionale<br />

Kontaktstelle des SGB-FSS werden kann.<br />

Inzwischen hat sich eine Arbeitsgruppe<br />

gebildet, die abklärt, welche Aufgaben<br />

einer regionalen Kontaktstelle Bern -<br />

Oberwallis zustehen würden. Diese setzt<br />

sich zusammen aus Andreas Janner, Mitglied<br />

der Geschäftsleitung SGB-FSS,<br />

Mirjam Münger, Fachstelle <strong>für</strong> Gehörlose<br />

Bern, Tina Blumenthal, Vertreterin Region<br />

Oberwallis und Daniel Ziegler, Geschäftsstellenleiter<br />

IGGH.<br />

Ab Januar 20<strong>11</strong> bis Juni 20<strong>11</strong> wird Daniel<br />

Ly, gehörlos, aus Ittigen / BE von der<br />

Arbeitsgruppe mit der Bedarfsanalyse<br />

und Konzeptentwicklung beauftragt. Er<br />

wird während dieser Zeit mit allen Organisationen,<br />

Institutionen und Gruppen<br />

Gespräche führen und einen Schlussbericht<br />

vorlegen. Es soll herausgefunden<br />

werden, welche Aufgaben und Funktionen<br />

eine regionale Kontaktstelle Bern - Oberwallis<br />

des SGB-FSS wahrzunehmen hätte.<br />

Dabei sollen sowohl die bereits bestehende<br />

Angebote und Dienstleistungen als<br />

auch der aktuelle Bedarf an Angeboten<br />

und Dienstleistungen ermittelt werden.<br />

Mitgliederversammlung<br />

Die Mitgliederversammlung der IGGH<br />

findet am 22. Juni 20<strong>11</strong> statt.<br />

RTL Schweiz mit digitaler<br />

Untertitelung?<br />

Text: Daniel Ender (gehörlos)<br />

Am 16. Dezember 2010 habe ich auf dem Internetportal<br />

<strong>für</strong> Gehörlose und Schwerhörige,<br />

www.taubenschlag.de eine Neuigkeit entdeckt<br />

auf die gehörlose und hörbehinderte<br />

Menschen sehr lang gewartet haben: Ab 19.<br />

Dezember 2010 startet RTL mit der Untertitelung<br />

<strong>für</strong> Hörgeschädigte. Allerdings strahlt<br />

RTL keine Teletext-Untertitel, sondern nur<br />

digitale DVB-Untertitel aus.<br />

Über die Feiertage habe ich mit Interesse<br />

einige untertitelte Spielfilme bei RTL über eine<br />

Mini-Digital-Satellitenanlage angeschaut. Die<br />

digitalen Untertitel (DVB-Subtitle) haben<br />

bestens funktioniert, aber die Qualität und<br />

der verfasste Inhalt der Untertitelung sind<br />

ungenügend. Einzelne Sendungen hatten<br />

Untertitel-Ausfälle. Bei den Wiederholungen<br />

der Spielfilme haben die Untertitel wiederum<br />

gut funktioniert.<br />

Eigentlich erwarte ich eine störungsfreiere<br />

Untertitelung und qualitativ hochwertigere<br />

Untertitel <strong>für</strong> Gehörlose und Hörbehinderte.<br />

Für <strong>das</strong> Verfassen der deutschen Untertitel<br />

müssen nach meiner Einschätzung selbst<br />

betroffene Fachleute als kompetente Mitarbeiter<br />

beigezogen werden. Diese kennen die<br />

Bedürfnisse der betroffenen Zuschauer. Die<br />

Untertitel sind so entsprechend fachgerecht<br />

und nach dem neuesten Stand der Technik,<br />

gemeinsam von Hörenden und Nichthörenden<br />

herzustellen.<br />

Ich stellte auch fest: Über Satellit stehen<br />

untertitelte Sendungen zurzeit nur <strong>für</strong> den<br />

Kanal „RTL Television“ zur Verfügung, auf den<br />

anderen RTL Kanälen, wie z.B. RTL CH, RTL<br />

Austria, etc. werden keine Untertitel angeboten.<br />

Auch habe ich festgestellt <strong>das</strong>s beim Sender<br />

RTL auf dem Netz des grössten Kabelnetzbetreiber<br />

UPC (cablecom) in der Schweiz keine<br />

digitalen Untertitel angeboten werden. Bei<br />

anderen digitalen Fernsehkanälen wie z.B.<br />

Pro7 und Kabel 1 läuft dies nicht immer einwandfrei.<br />

Als Satelliten-Zuschauer bin ich sehr froh,<br />

<strong>das</strong>s ich RTL-Television und viele andere Fernsehkanäle<br />

mit digitaler bzw. Teletext-Untertitelung<br />

einwandfrei empfangen kann.<br />

25


Soziales<br />

und Politik<br />

Jährlich lassen 5000<br />

Jugendliche die Schule sausen<br />

Text: Daniel Schneebeli in Tages-Anzeiger vom<br />

14. Januar 20<strong>11</strong><br />

Nicht alle Schulabbrecher kommen aus<br />

zerrütteten Familien. Und ein grosser Teil<br />

schafft die Rückkehr in ein geregeltes<br />

Leben.<br />

Die Schulpflicht in der Schweiz beträgt<br />

(ohne Kindergarten) neun Jahre. Doch<br />

jedes Jahr verlassen rund 5000 Jugendliche<br />

die Volksschule früher. Diese Erkenntnisse<br />

aus einer langjährigen Studie präsentierte<br />

am 13. Januar 20<strong>11</strong> Erziehungswissenschaftlerin<br />

Margrit Stamm zusammen mit<br />

einem Forscherteam im Auftrag der Gerbert-Rüf-Stiftung.<br />

Erst wurden Schülerinnen<br />

und Schüler aus elf Kantonen im 8.<br />

und 9. Schuljahr befragt. Ein Jahr später<br />

ermittelten die Wissenschaftler, wie viele<br />

von ihnen die Schule frühzeitig verlassen<br />

haben, aus welchen Gründen und mit welchen<br />

Folgen.<br />

Ein Drittel ist „schulmüde“<br />

Die Studie räumt dabei gleich mit mehreren<br />

Vorurteilen auf. Die Schulabbrecher<br />

kommen nicht nur aus bildungsfernen<br />

Schichten, aus Realschulen oder Sekundarschulen<br />

C, wo schulschwache Jugendliche<br />

unterrichtet werden. Sie kommen ebenso<br />

häufig aus ambitionierten Elternhäusern<br />

und aus Progymnasien.<br />

Es wird unterschieden zwischen fünf Typen<br />

von Aussteigern: Am häufigsten (30 Prozent)<br />

sind „die Schulmüden“, die unter problematischen<br />

Lehrerbeziehungen und<br />

hohem Elterndruck gelitten haben. „Die<br />

Hänger“ (20 Prozent) werden als selbstbewusste<br />

Anführer mit Disziplinarproblemen<br />

beschrieben. Sie konsumieren viel Alkohol<br />

oder Cannabis. Die „familiär Belasteten“<br />

(18 Prozent) konnten die Schule wegen<br />

ihrer Probleme zu Hause nicht bewältigen.<br />

Die Gemobbten (16 Prozent) sind<br />

gezeichnet von Konflikten mit Gleichaltrigen.<br />

Am problematischsten beurteilt<br />

Stamm die Gruppe „der Delinquenten“ (16<br />

Prozent). Sie fallen durch teilweise<br />

schweres rechtswidriges Verhalten und<br />

durch Gewaltbereitschaft auf.<br />

Von Lehrern „rausgeekelt“<br />

Weiter widerlegt die Studie die verbreitete<br />

Ansicht, die Schüler seien allein <strong>für</strong> den<br />

Abbruch verantwortlich. Denn fast die<br />

Hälfte verlässt die Schulen nicht freiwillig.<br />

Sie werden oft zum Austritt gedrängt -<br />

passiv oder auch repressiv. Entweder reagiert<br />

die Schule nicht aufs Schwänzen oder<br />

andere Rückzugszeichen und lässt die<br />

Jugendlichen gewähren, bis sie nicht mehr<br />

erscheinen. Oder dann werden die<br />

Schulabbrecher in der Schule als „hoffnungslose<br />

Fälle“ abgestempelt.<br />

„Manchmal werden die nicht pflegeleichten<br />

Schülerinnen und Schüler von<br />

ihren Lehrern regelrecht hinausgeekelt“,<br />

schreibt Margrit Stamm in ihrem Bericht.<br />

Meist werde der Schulaustritt von den<br />

Jugendlichen als Befreiung und nicht als<br />

Versagen empfunden - allerdings nur am<br />

Anfang, später setzten dann Reue und<br />

Bedauern ein.<br />

Die Studie macht aber auch Hoffnung.<br />

Denn längst nicht alle Schulabbrecher<br />

erleben ein berufliches Desaster. Drei Jahre<br />

nach dem Austritt sind zwei Drittel von<br />

ihnen entweder in die Schule zurückgekehrt,<br />

oder sie haben eine Berufsausbildung<br />

begonnen. Ein Drittel hingegen hatte<br />

nach drei Jahren den Weg zurück noch nicht<br />

gefunden - unter ihnen vorwiegend „die<br />

Delinquenten“.<br />

Die Forschergruppe hat unter dem Titel<br />

„Stop-Drop“ ein Programm <strong>für</strong> Lehrpersonen<br />

und Schulen erarbeitet, wie <strong>das</strong> Problem<br />

angepackt werden könnte. Es baut<br />

auf vier Fragen auf: 1. Wie diagnostiziert<br />

man einen potenziellen Schulausstieg? 2.<br />

Wie sollte man mit derart gefährdeten<br />

Schülern im Unterricht arbeiten? 3. Welches<br />

sind die präventiven Möglichkeiten<br />

der Schulen? 4. Wie kann man desintegrativem<br />

Verhalten schon im Vorschulbereich<br />

entgegentreten?<br />

Wie sich die Politik bei der<br />

Überentschädigung im<br />

Rentenalter selbst blockiert<br />

Text: Katharina Fontana in NZZ vom <strong>11</strong>. Januar 20<strong>11</strong><br />

Wer im Alter zusätzlich zur AHV eine Unfallrente<br />

erhält, steht finanziell häufig viel<br />

besser da als ein „normaler“ Rentner. Diese<br />

Situation wird allseits als stossend angesehen.<br />

Der Wille, sie zu beseitigen, ist aber<br />

gering.<br />

In der laufenden Legislatur hat sich einmal<br />

mehr gezeigt, <strong>das</strong>s Leistungskürzungen im<br />

Sozialbereich politisch nur schwer durchzusetzen<br />

sind. Die <strong>11</strong>. AHV-Revision ist im<br />

Parlament gescheitert, die Reduktion des<br />

Umwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge<br />

erlitt an der Urne Schiffbruch. Umso<br />

entschlossener, sollte man meinen, müsste<br />

die Politik jene sozialpolitischen Änderungen<br />

an die Hand nehmen, über deren<br />

Notwendigkeit man sich einig ist. Allerdings<br />

hapert es auch hier, wie die Revision<br />

des Unfallversicherungsgesetzes (UVG)<br />

zeigt.<br />

Entlastung der UVG-Prämien<br />

Das UVG ist zwar kein Sorgenkind wie<br />

andere Sozialversicherungen, sondern<br />

steht finanziell solide da. Dennoch gibt es<br />

auch in diesem Bereich klaren Verbesserungsbedarf.<br />

Ein Missstand, der seit<br />

langem bekannt ist und von allen Seiten<br />

kritisiert wird, ist die Überentschädigung<br />

im Rentenalter: Zahlreiche Pensionäre, die<br />

neben ihrer AHV-Rente noch eine Unfallrente<br />

erhalten, fahren heute finanziell<br />

deutlich besser als jene Personen, die bis<br />

zum Rentenalter voll gearbeitet haben (vgl.<br />

Kasten).<br />

Die Überentschädigung im Rentenalter<br />

schadet nicht nur der Glaubwürdigkeit der<br />

Sozialversicherungen, sie fällt auch finanziell<br />

ins Gewicht. Der Bundesrat geht davon<br />

aus, <strong>das</strong>s bei der Unfallversicherung pro<br />

Jahr rund 170 Millionen Franken eingespart<br />

werden könnten (Zahlen des Jahres 2007),<br />

wenn die Bevorzugung der UVG-Renten<br />

beseitigt würde. Hochgerechnet auf <strong>das</strong><br />

gegenwärtige Gesamtprämienvolumen von<br />

rund 6 Milliarden Franken könnten die<br />

UVG-Prämien damit um schätzungsweise<br />

3,5 bis 4 Prozent entlastet werden, rechnet


Peter Schlegel vom Bundesamt <strong>für</strong> Gesundheit<br />

vor.<br />

Der Bundesrat will <strong>das</strong> Problem der Überentschädigung<br />

im Rahmen der laufenden<br />

UVG-Revision lösen. Die Erfolgschancen<br />

der Vorlage sind allerdings gering. Der<br />

Nationalrat hat nämlich im letzten September<br />

beschlossen, <strong>das</strong> Geschäft an den<br />

Bundesrat zurückzuweisen. Grund waren<br />

verschiedene umstrittene Leistungskürzungen,<br />

welche die vorberatende Kommission<br />

zusätzlich in die Vorlage aufgenommen<br />

hatte. Ende Januar wird sich die<br />

Ständeratskommission mit dem Traktandum<br />

befassen, voraussichtlich im März<br />

dann die kleine Kammer. Lehnt sie die<br />

Rückweisung ab, kommt die UVG-Vorlage<br />

wieder in den Nationalrat. Nimmt sie sie an,<br />

ist <strong>das</strong> Geschäft definitiv vom Tisch.<br />

Zu welchem Szenario es kommen wird, ist<br />

offen. Allerdings lässt die Motivation der<br />

Parlamentarier, sich mit kontroversen Dossiers<br />

zu beschäftigen, gegen Ende der<br />

Legislatur erfahrungsgemäss etwas nach.<br />

Zudem stehen nicht nur Linke und Gewerkschaften<br />

der UVG-Revision ablehnend<br />

gegenüber, auch auf der bürgerlichen Seite<br />

ist der Widerstand erstaunlich gross.<br />

Sozialpolitische Prioritäten<br />

So kommt man sowohl beim Gewerbe- wie<br />

beim Arbeitgeberverband zum Schluss,<br />

<strong>das</strong>s die UVG-Vorlage derart entgleist sei,<br />

<strong>das</strong>s der Schaden im Parlament nicht mehr<br />

behoben werden könne. Der Bundesrat<br />

solle deshalb eine zweite, auf <strong>das</strong> Notwendige<br />

beschränkte UVG-Revision vorlegen<br />

und dabei auch <strong>das</strong> Problem der Überentschädigung<br />

angehen, heisst es unisono. So<br />

umkompliziert, wie es tönt, ist dieses Vorgehen<br />

indes nicht. Im zuständigen Innendepartement<br />

stehen derzeit nämlich<br />

andere sozialpolitische Grossprojekte<br />

(AHV, IV) im Vordergrund; die UVG-Revision<br />

geniesst keine Priorität. Weist <strong>das</strong> Parlament<br />

die Vorlage zurück, dürfte sich an der<br />

Bevorzugung der UVG-Rentner also nicht<br />

so schnell etwas ändern - auch wenn diese<br />

Situation allseits als stossend angesehen<br />

wird.<br />

90 statt 60 Prozent des letzten<br />

Lohns<br />

Das Problem der Überentschädigung<br />

im Rentenalter hängt mit dem komplexen<br />

Zusammenspiel der verschiedenen<br />

Sozialversicherungen zusammen.<br />

Wer einen Unfall erleidet und<br />

ganz oder teilweise erwerbsunfähig<br />

wird, erhält heute eine Rente der<br />

Unfallversicherung, und zwar bis zu<br />

seinem Tod. Je nach Schwere der<br />

gesundheitlichen Beeinträchtigung hat<br />

der Verunfallte gleichzeitig noch <strong>das</strong><br />

Recht auf eine Rente der Invalidenversicherung.<br />

Die beiden Renten dürfen<br />

zusammen nicht mehr als 90 Prozent<br />

des letzten Verdienstes ausmachen.<br />

Falls diese Obergrenze überschritten<br />

wird, wird die UVG-Rente entsprechend<br />

reduziert; auch die Pensionskasse ist<br />

berechtigt, ihre Leistungen unter<br />

bestimmten Bedingungen zu kürzen.<br />

Kommt der Verunfallte nun ins Rentenalter,<br />

ändert sich an dieser Regelung<br />

nichts; die Obergrenze der Entschädigung<br />

aus UVG- und AHV-Rente beträgt<br />

nach wie vor 90 Prozent. Für „normale“<br />

Rentner liegt <strong>das</strong> Leistungsziel<br />

dagegen deutlich tiefer: Mit den Geldern<br />

aus AHV und obligatorischer<br />

beruflicher Vorsorge sollen lediglich 60<br />

Prozent des zuletzt bezogenen Lohnes<br />

gesichert werden. Der Unterscheid ist<br />

also beträchtlich. Die Besserstellung<br />

der UVG-Rentner gegenüber den<br />

übrigen Rentnern macht sich umso<br />

stärker bemerkbar, je älter die Person<br />

und damit je höher ihr Verdienst im<br />

Zeitpunkt des Unfalls war.<br />

Anlass zu Hoffnung - weniger<br />

IV-Neurentner<br />

Text: Michael Schoenenberger in NZZ vom 3. Januar 20<strong>11</strong><br />

Die Ausgaben der IV sind 2010 leicht rückläufig.<br />

Der Trend bei den Neurenten weist<br />

nach unten. Die Schulden belaufen sich<br />

aber unterdessen auf 15 Milliarden<br />

Franken. Die Behörden beurteilen die 5. IV-<br />

Revision positiv, Betroffene sind skeptisch.<br />

Vielen Betroffenen und der politischen<br />

Linken folgen die Revisionen der Invalidenversicherung<br />

(IV) zu schnell. Bevor die 6.<br />

IV-Revision umgesetzt werde, müssten die<br />

4. und 5. Revision „erst einmal verdaut“<br />

werden, heisst es. Für diese Sichtweise<br />

spricht, <strong>das</strong>s ein systematisches Monitoring<br />

und eine fundierte Analyse betreffend<br />

die Massnahmen, die eingeführt worden<br />

sind, weitgehend fehlen. Sicher ist indes,<br />

<strong>das</strong>s sich die Revisionen ergänzen und<br />

<strong>das</strong>s die Stimmbürger der ab 20<strong>11</strong> gültigen<br />

Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.4 Prozentpunkte<br />

unter dem Vorbehalt einer<br />

zügigen Umsetzung der 6. IV-Revision<br />

zugestimmt haben.<br />

Ausgaben sinken moderat<br />

Trotz der lückenhaften Datenbasis stellt<br />

sich die Frage, ob die 5. IV-Revision hinsichtlich<br />

des Grundsatzes „Eingliederung<br />

vor Rente“ Wirkung entfaltet. Zunächst<br />

kann konstatiert werden, <strong>das</strong>s sich nach<br />

der langjährigen, massiven Zunahme der<br />

IV-Ausgaben in diesem Jahr der moderate<br />

Ausgabenrückgang, der 2007 begonnen<br />

hat, fortgesetzt hat. Wie <strong>das</strong> Bundesamt <strong>für</strong><br />

Sozialversicherungen (BSV) auf Anfrage<br />

sagt, wird die IV im Jahr 2010 geschätzte<br />

9,2 Milliarden Franken ausgeben und 8,2<br />

Milliarden einnehmen. Die Ausgaben<br />

dürften im Jahresvergleich um rund 130 Millionen<br />

Franken leicht sinken. Das Defizit<br />

reduziert sich auf gut 1 Milliarde - der<br />

Schuldenstand erreicht Ende 2010 etwa 15<br />

Milliarden Franken.<br />

Gleichzeitig ging die Zahl der Neurenten<br />

zurück. 17‘700 gewichtete Renten waren es<br />

2008, 15‘900 waren es 2009. Seit 2003 ist<br />

die Anzahl neuer Renten um rund 45 Prozent<br />

reduziert worden. Für <strong>das</strong> laufende<br />

Jahr kann <strong>das</strong> BSV noch keine Zahlen<br />

27


nennen, rechnet aber mit einer weiteren<br />

Abnahme der neu gesprochenen Renten.<br />

Die Anzahl Personen, die eine IV-Rente<br />

beziehen, ist anhaltend hoch. 2009 waren<br />

es 283‘981 Personen mit einer Invalidenrente<br />

und 99‘906 Kinder mit einer Zusatzrente.<br />

Werden die Invalidenrenten über die<br />

Zeit betrachtet, war die Zunahme bis 2005<br />

stetig und massiv, die Abnahme seit 2006<br />

nur geringfügig (1991: 170‘099; 2000:<br />

235‘529; 2005: 293‘251; 2006: 290‘889).<br />

Mit Besorgnis erfüllen muss auch, <strong>das</strong>s<br />

sich der Anteil psychischer Erkrankungen<br />

als Ursache einer Neurente im Verhältnis zu<br />

anderen Ursachen weiter erhöht hat.<br />

Sind Massnahmen nachhaltig?<br />

Die IV bleibt aus finanzieller Sicht ein Sorgenkind,<br />

und sie bliebe es ohne weitere<br />

Reformen auch mit den zusätzlichen Mitteln<br />

aus der Mehrwertsteuer. Die mit der 4.<br />

und besonders der 5. IV-Revision einsetzende<br />

Trendwende lässt aber zumindest<br />

zuversichtlicher in die Zukunft blicken.<br />

Besonders der nicht nur propagierte, sondern<br />

seit der 5. IV-Revision erstmals ernsthaft<br />

exerzierte Grundsatz „Eingliederung<br />

vor Rente“ scheint ein Erfolgsrezept zu<br />

sein. Darauf deutet die hohe Zahl der beruflichen<br />

Massnahmen hin, die ergriffen<br />

worden sind. Dies gilt auch <strong>für</strong> die neuen,<br />

mit der 5. IV-Revision eingeführten Massnahmen:<br />

Zwischen Januar 2008, also ihrem<br />

Inkrafttreten, und Mitte 2010 wurden<br />

schweizweit rund 32‘600 Massnahmen der<br />

Frühintervention und 6300 Integrationsmassnahmen<br />

zugesprochen.<br />

Eine andere Frage ist, ob die Nachhaltigkeit<br />

der Massnahmen gegeben ist. Behindertenverbände<br />

verweisen auf die fehlenden<br />

Daten und betonen, <strong>das</strong>s die erhöhte Zahl<br />

ergriffener Massnahmen noch wenig aussage<br />

über die effektive Eingliederung<br />

behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt<br />

– und darüber, ob sie dann dort auch länger<br />

blieben.<br />

Frühere Erkennung<br />

Ein positives erstes Fazit zieht man bei den<br />

IV-Stellen. So sagt Martin Kalbermatten,<br />

bei der IV-Stellen-Konferenz zuständig <strong>für</strong><br />

<strong>das</strong> Ressort Integration: „Wir erkennen<br />

einen möglichen IV-Fall heute viel früher<br />

und können mit den neuen Instrumenten<br />

im Werkzeugkasten sehr viel bewirken.“<br />

Die Meldung von Risikofällen mittels der<br />

Früherfassung funktioniere, könnte aber<br />

von versicherten Personen und berechtigten<br />

Instanzen vermehrt genutzt werden.<br />

Als Folge der Früherfassung bleiben Personen<br />

mit gesundheitlichen Störungen<br />

eher im Arbeitsprozess oder würden einfacher<br />

wieder an eine neue Aufgabe herangeführt.<br />

Gemäss einer Hochrechnung der<br />

Zahlen von 18 IV-Stellen haben die Arbeitsvermittlungen<br />

und die Beibehaltungen von<br />

Arbeitsverhältnissen 2009 im Vergleich zu<br />

2007 um 53 Prozent zugenommen. Wie<br />

bereits erwähnt, kann <strong>das</strong> BSV aufgrund<br />

fehlender Daten keine zuverlässige Aussage<br />

über effektive Eingliederungen behinderter<br />

Menschen ins Erwerbsleben<br />

machen. Für die nächsten Jahre ist aus<br />

diesem Grund ein Monitoring geplant. Ein<br />

Indikator sind laut dem Bundesamt die<br />

2’670 Abgänge aus der IV im Jahr 2008, die<br />

nicht durch eine AHV-Rente ersetzt wurden<br />

und nicht auf einen Todesfall zurückzuführen<br />

waren. Bei 17‘700 Neurenten entspricht<br />

dies einer Quote von 15 Prozent, die<br />

möglicherweise in den Arbeitsprozess<br />

haben integriert werden können.<br />

Für den Bereich Eingliederung veranschlagte<br />

der Bund zusätzliche Kosten von<br />

500 Millionen Franken. Eine nachhaltige<br />

Integration von behinderten Menschen in<br />

den Arbeitsmarkt soll diese Ausgabe<br />

wieder wettmachen. Heute rechnet die IV-<br />

Stellen-Konferenz laut Kalbermatten mit<br />

tieferen Kosten: Während <strong>das</strong> BSV in<br />

seinen Berechnungen von durchschnittlichen<br />

Fallkosten in der Höhe von 5000<br />

Franken ausgegangen sei, zeige die Erfahrung<br />

im Kanton Wallis, <strong>das</strong>s eine Frühintervention<br />

im Schnitt 2’500 Franken koste. Es<br />

könne damit gerechnet werden, <strong>das</strong>s die<br />

Investitionskosten der 5. IV-Revision tiefer<br />

ausfallen würden als angenommen, sagt<br />

Kalbermatten.<br />

Zufriedenheit im BSV<br />

Dauerte es früher im Durchschnitt 1,5 Jahre,<br />

bis nach einer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit<br />

eine Anmeldung bei der IV<br />

erfolgte, geschieht <strong>das</strong> heute wesentlich<br />

schneller. Laut BSV wird die Früherfassung<br />

innerhalb von 30 Tagen umgesetzt. Bei der<br />

Frühintervention, also der Phase der niederschwelligen<br />

Massnahmen (Assessment<br />

bei der IV-Stelle, Planung der Eingliede-<br />

rung), wird die Vorgabe, <strong>das</strong>s zwischen der<br />

Anmeldung und dem Entscheid nicht mehr<br />

als 180 Tage verstreichen dürfen, allerdings<br />

erst in 50 Prozent der Fälle eingehalten. Die<br />

Dauer <strong>für</strong> die Bearbeitung der Anträge hat<br />

sich verkürzt, seit 2007 um rund 46 Prozent.<br />

Im BSV und bei der IV-Stelle-Konferenz<br />

zieht man insgesamt eine positive Bilanz<br />

über die 5. IV-Revision, auch wenn bei der<br />

Umsetzung noch einige Korrekturen nötig<br />

sind, wie Stefan Ritler, IV-Chef im BSV, sagt.<br />

So müsse die Regelung der Zuschüsse <strong>für</strong><br />

die Einarbeitung behinderter Menschen<br />

vereinfacht werden. Und Integrationsmassnahmen<br />

müssten länger als ein Jahr<br />

zulässig sein, da besonders psychische<br />

Erkrankungen nicht linear verliefen.


IV verweigert einem<br />

verunfallten Bauarbeiter die<br />

Integrationshilfe zu Recht<br />

Text: Markus Brotschi in Tages-Anzeiger vom<br />

23. Dezember 2010<br />

Das Bundesgericht beschränkt <strong>das</strong> Recht<br />

auf Integrationsleistungen der IV. Ein Versicherungsanwalt<br />

wertet <strong>das</strong> Urteil als weitere<br />

Verschärfung der IV-Praxis.<br />

„Eingliederung vor Rente“ heisst <strong>das</strong> Motto<br />

der 5. IV-Revision. Zu den Instrumenten,<br />

die der Invalidenversicherung seit 2008 zur<br />

Verfügung stehen, gehören Integrationsmassnahmen.<br />

Diese sind eine Vorstufe zur<br />

beruflichen Eingliederung und umfassen<br />

etwa Belastbarkeits- und Aufbautrainings<br />

sowie Beschäftigungsprogramm. Ziel ist es,<br />

jemanden nach längerer Arbeitsunfähigkeit<br />

wieder an den Arbeitsprozess zu<br />

gewöhnen.<br />

Solche Massnahmen beantragte auch ein<br />

Bauarbeiter, der im November 2000 mit<br />

dem Velo verunfallte. Dabei erlitt er einen<br />

Bruch am Oberarmknochen sowie einen<br />

Sehenanriss. Neun Monate später nahm<br />

der Mann seine Arbeit wieder auf. Aufgrund<br />

von Bewegungseinschränkungen bei<br />

Arbeiten über Kopfhöhe entliess ihn die<br />

Baufirma im August 2002. Zwei Jahre<br />

später verletzte sich der Mann bei einem<br />

Velounfall nochmals am linken Arm. Im<br />

September 2005 meldete er sich bei der IV-<br />

Stelle Zürich.<br />

„Fast alle sind ausgeschlossen“<br />

Die ärztliche Untersuchung ergab, <strong>das</strong>s der<br />

heute 51-jährige Mann zwar seine Tätigkeit<br />

auf dem Bau nicht mehr ausführen kann,<br />

ihm jedoch eine „leidensangepasste Tätigkeit<br />

vollumfänglich möglich“ sei. Hilfe bei<br />

der beruflichen Integration lehnte die IV ab,<br />

obwohl der Mann seit seiner Entlassung<br />

arbeitslos war. Der Anwalt des Bauarbeiters<br />

begründete den Antrag auf Integrationsmassnahmen<br />

damit, <strong>das</strong>s sein Mandant<br />

seit sechs Jahren nicht mehr im Arbeitsprozess<br />

stehe und sich wieder an die Anforderungen<br />

des Arbeitslebens gewöhnen<br />

müsse.<br />

Diese restriktive Praxis der IV stützt nun<br />

<strong>das</strong> Bundesgericht. Anrecht auf Integrationsmassnahmen<br />

habe nur, wer mindestens<br />

50% arbeitsunfähig sei und zwar auch <strong>für</strong><br />

Tätigkeiten ausserhalb des angestammten<br />

Berufes, hielt <strong>das</strong> höchste Sozialversicherungsgericht<br />

in Luzern fest. Diese Interpretation<br />

hält Versicherungsanwalt David Husmann<br />

<strong>für</strong> folgenschwer. „Das bedeutet,<br />

<strong>das</strong>s man jeden, der theoretisch in irgendeinem<br />

Bereich noch mehr als 50 Prozent<br />

arbeitsfähig ist, von Integrationsmassnahmen<br />

ausschliessen kann. Damit kann<br />

die IV eigentlich fast alle von solchen Massnahmen<br />

ausschliessen“, sagt der Vizepräsident<br />

der Rechtsberatungsstelle <strong>für</strong><br />

Unfallopfer und Patienten. Die schriftliche<br />

Begründung des Urteils vom 14. Dezember<br />

2010 steht noch aus. Bei der Vorinstanz,<br />

dem Sozialversicherungsgericht Zürich,<br />

war der Mann mit der Begründung abgewiesen<br />

worden, nichts deute auf eine fehlende<br />

Eingliederungsfähigkeit hin.<br />

Integrationsmassnahmen würden vorab bei<br />

psychischen Erkrankungen angewendet.<br />

Eine solche sei nicht festgestellt worden.<br />

Bundesrichter uneinig<br />

Für Husmann ist absehbar, <strong>das</strong>s ohne<br />

Begleitmassnahmen Leute wie der verunfallte<br />

Bauarbeiter bei der Sozialhilfe<br />

landen. Wenn ein Bauarbeiter während<br />

Jahren nicht mehr gearbeitet habe, sei er<br />

auf dem Arbeitsmarkt kaum mehr vermittelbar.<br />

Erschwerend komme hinzu, <strong>das</strong>s die<br />

Betroffenen oft nur über geringe Kenntnisse<br />

einer Landessprache verfügten. Dass<br />

in solchen Fällen Integrationsmassnahmen<br />

verweigert würden, sei unbegreiflich.<br />

Der Fall war am Bundesgericht umstritten.<br />

So kam die I. Sozialversicherungsrechtliche<br />

Kammer zunächst zum Schluss, entscheidend<br />

<strong>für</strong> <strong>das</strong> Recht auf Integrationsmassnahmen<br />

sei die Arbeitsunfähigkeit bei der<br />

angestammten Tätigkeit. Da es sich nach<br />

Ansicht der Richter um einen Grundsatzentscheid<br />

handelte, wurde die II. Kammer hinzugezogen.<br />

Und diese drehte den Entscheid<br />

um: Für <strong>das</strong> Ausmass der Arbeitsunfähigkeit<br />

ist nicht die ursprüngliche Tätigkeit<br />

massgebend, sondern diejenige in<br />

einer angepassten Tätigkeit. Konkret: der<br />

Betreffende kann zwar nicht mehr auf dem<br />

Bau arbeiten, aber einen Job suchen, bei<br />

dem er mit dem linken Arm keine schweren<br />

Arbeiten verrichten muss. Ob der vor 26<br />

Jahren in die Schweiz eingewanderte Mann<br />

nach 8-jähriger Arbeitslosigkeit ohne Integrationsmassnahmen<br />

dazu in der Lage ist,<br />

ist allerdings fraglich.<br />

Präsidiert wurde die II. Kammer von Bundesrichter<br />

Ulrich Meyer. Dieser war bereits<br />

mitverantwortlich <strong>für</strong> die härtere Gangart<br />

gegenüber Schleudertrauma-Patienten.<br />

Gemäss einem Urteil vom September 2010<br />

begründen die Folgen eines Schleudertraums<br />

der Halswirbelsäule in der Regel<br />

keinen Anspruch mehr auf eine IV-Rente.<br />

Aufgrund dieses Urteils will der Nationalrat<br />

nun IV-Renten von Schleudertrauma-Patienten<br />

aufheben.<br />

This Priis 20<strong>11</strong> zeichnet Firma<br />

aus mit gehörlosem<br />

Angestellten<br />

Quelle: Schweizer Fernsehen vom 23. Januar 20<strong>11</strong><br />

Mit dem This Priis werden seit 2005 Firmen<br />

ausgezeichnet, die sich in vorbildlicher Art<br />

und Weise <strong>für</strong> Menschen mit Behinderung<br />

einsetzen bzw. Menschen mit Behinderung<br />

in ihren Betrieb integrieren. Einer der drei<br />

Preise 20<strong>11</strong> ging am 24. Januar 20<strong>11</strong> an <strong>das</strong><br />

Thalwiler Architekturbüro Archplan. Vor<br />

drei Jahren stellte <strong>das</strong> KMU Samuel Wullschleger<br />

an, der seit seinem 2. Lebensjahr<br />

gehörlos ist. Samuel Wullschleger hat an<br />

der BSFH die Ausbildung als Hochbauzeichner<br />

abgeschlossen und sich anschliessend<br />

an der Technikerschule Rapperswil<br />

zum Hochbautechniker weitergebildet.<br />

Im Thalwiler Architekturbüro kommunizieren<br />

die Mitarbeiter in Gebärdensprache<br />

mit Samuel Wullschleger und er<br />

liest von den Lippen ab. Das Bewusstsein<br />

<strong>für</strong> Kommunikation hat sich dadurch in der<br />

ganzen Firma merklich verbessert. Das<br />

Gegenüber im Gespräche werde so generell<br />

viel besser wahrgenommen, strichen sämtliche<br />

Angestellten der Architekturfirma<br />

gegenüber dem Schweizer Fernsehen<br />

hervor.<br />

29


Leben und<br />

Glauben<br />

unterwegs<br />

in den Bergen<br />

Fernsicht ins<br />

Mattertal.<br />

Fotos: Felix<br />

Weber-Stöckli<br />

Kirchliche Vera<br />

Katholische Gehörlosengemeinden<br />

REGION AARGAU<br />

Kath. Gehörlosenseelsorge im Kt. Aargau<br />

Theaterplatz 1, 5400 Baden<br />

Peter Schmitz-Hübsch<br />

Gehörlosenseelsorger<br />

Tel. 056 222 13 37<br />

Fax 056 222 30 57<br />

E-Mail peter.schmitz-huebsch@gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorgeag.ch<br />

Sonntag, 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Katholischer Gottesdienst in der Herz-Jesu<br />

Kirche Lenzburg, mit anschliessendem<br />

Kirchenkaffee<br />

REGION ZÜRICH<br />

Katholische Gehörlosenseelsorge Kt. Zürich<br />

Beckenhofstrasse 16, 8006 Zürich<br />

Telescrit 044 360 51 51<br />

Tel. 044 360 51 51<br />

Fax 044 360 51 52<br />

E-Mail info@gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorgezh.ch<br />

Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Ökumenischer Gottesdienst in der<br />

Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />

Noch im alten Jahr wollte ich diesen<br />

Artikel schreiben und dann in die Winterferien<br />

fahren. Mehr als einmal setzte ich<br />

mich an den Computer und versuchte<br />

etwas zu schreiben. Den Mac habe ich<br />

nicht in den Papierkorb geworfen, die Entwürfe<br />

aber schon. Es ging einfach nichts<br />

mehr.<br />

Zum ersten Mal nahm ich die Schneeschuhe<br />

mit in die Winterferien. Meiner<br />

Schulter zu liebe verzichtete ich aufs Skifahren.<br />

So machte ich mich auf und wanderte<br />

mit meinen Schneeschuhen los. Ich<br />

konnte die Ruhe in der Natur geniessen,<br />

mich von der Sonne wärmen lassen. Hatte<br />

wieder einmal Zeit <strong>für</strong> mich. Konnte loslassen,<br />

von den Dingen, die noch erledigt<br />

sein wollten. Ich hatte Zeit, einfach so, <strong>für</strong><br />

mich.<br />

An Leib und Seele tat es mir<br />

gut, sehr gut.<br />

Ein Spruch von Theresa von Avila kam mir<br />

in den Sinn: „Tu deinem Leib Gutes, damit<br />

die Seele gerne in ihm wohnt.“ Er steht<br />

unter anderem auf den Prospekten <strong>für</strong> die<br />

Shibashi-Kurse, die ich vermittle.<br />

Es war wieder mal an der Zeit, meinem Leib<br />

Gutes zu tun. Ihm Musse und Erholung zu<br />

gönnen. Und er dankte es mir. Oberhalb der<br />

Läger, einer Alphütte in Emd hatte ich diese<br />

wunderbare Aussicht ins Mattertal.<br />

Ich genoss die Weite, die Zeit mit mir. Zeit<br />

über mich, meinen Lebensweg, über Gott<br />

nachzudenken. Es tat mir sehr gut.<br />

Ich suchte einen Platz <strong>für</strong> meine Bewegungen<br />

des Shibashis. Und siehe da: Dort<br />

wo die Bewegungen in den Schultern<br />

vorher noch harzten, da ging alles viel<br />

lockerer voran. Eigentlich gar nicht so überraschend...<br />

Und am letzten Ferientag war es auch kein<br />

Gewürge mehr, diesen Text zu schreiben. Es<br />

war eine Freude. So wünsche ich allen<br />

Leserinnen und Lesern:<br />

„Tu deinem Leib Gutes, damit<br />

die Seele gerne in ihm<br />

wohnt.“<br />

Felix Weder-Stöckli<br />

kath. Gehörlosenseelsorger Solothurn<br />

und Bern<br />

Sonntag, 27. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, <strong>11</strong>.00 Uhr<br />

Katholischer Gottesdienst mit hörender<br />

Gemeinde St. Peter und Paul, Zürich, mit<br />

Gebärdensprachdolmetscher/-in<br />

REGION BASEL<br />

Katholische Hörbehindertenseelsorge KHS<br />

Basel, Häslirain 31, 4147 Aesch BL<br />

Tel. 061 751 35 00<br />

Fax 061 751 35 02<br />

E-Mail khs.rk@bluewin.ch<br />

Im <strong>Februar</strong> findet kein Gottesdienst statt.<br />

REGION ST.GALLEN<br />

Katholische Gehörlosenseelsorge<br />

des Bistums St.Gallen<br />

Klosterhof 6b, 9001 St.Gallen<br />

Dorothee Buschor Brunner<br />

Gehörlosenseelsorgerin<br />

Tel. 071 227 34 61<br />

Fax 071 227 33 41<br />

E-Mail gehoerlosenseelsorge@bistum-stgallen.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorge-sg.ch


nstaltungen<br />

Sonntag, 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 9.30 Uhr<br />

Gottesdienst in der Schutzengelkapelle am<br />

Klosterplatz St. Gallen<br />

Mit Dorothee Buschor<br />

Evangelische Gehörlosengemeinden<br />

REGION ZüRICH<br />

Ref. Pfarramt <strong>für</strong> Gehörlose Zürich<br />

Oerlikonerstr. 98, 8057 Zürich<br />

Ref. Gehörlosengemeinde des Kt. Zürich<br />

E-Mail: gehoerlosenpfarramt.zh@ref.ch,<br />

Fax 044 3<strong>11</strong> 90 89<br />

Pfrn. Antje Warmbrunn<br />

Natel: 079/608 70 41<br />

E-Mail: antje.warmbrunn@zh.ref.ch<br />

Mittwoch, 2. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 18.30 Uhr<br />

Ref. Gottesdienst<br />

Gehörlosendorf Turbenthal<br />

Freitag, 4. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 19.30 Uhr<br />

Ökum. Gehörlosentreffpunkt <strong>für</strong><br />

Jugendliche und junggebliebene Erwachsene<br />

in Zürich-Oerlikon<br />

Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Ökum. Gottesdienst<br />

Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />

Sonntag, 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Ref. Gottesdienst<br />

Ref. Kirche Winterthur<br />

Sonntag, 27. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />

Kulturkino, ökum. Gehörlosentreffpunkt<br />

Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />

Samstag, 5. März 20<strong>11</strong>, 12.00 Uhr<br />

Ökum. Feier zum Weltgebetstag der Frauen<br />

Gehörlosenkirche Zürich-Oerlikon<br />

anschliessend „Suppezmittag“<br />

GEHÖERLOSENGEMEINDE<br />

ST.GALLEN - APPENZELL - GLARUS - THURGAU<br />

- GRAUBÜNDEN - SCHAFFHAUSEN<br />

Pfarrer Achim Menges,<br />

oberer Graben 31, 9000 St.Gallen<br />

Tel. 071 227 05 70<br />

Fax 071 227 05 79<br />

SMS/Mobile 079 235 36 48<br />

E-Mail gehoerlosenseelsorge@ref-sg.ch<br />

www.gehoerlosenseelsorge.ch<br />

Donnerstag, 10. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 15.30 Uhr<br />

Seniorenandacht in Trogen, Haus Vorderdorf<br />

Josef Manser<br />

Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Gottesdienst in Wattwil, Altersheim Risi<br />

Achim Menges<br />

Sonntag, 20. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 10.00 Uhr<br />

Gottesdienst in Chur, Martinskirche<br />

Achim Menges, Jost Keller<br />

Donnerstag, 24. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 15.30 Uhr<br />

Seniorenandacht in Trogen, Haus Vorderdorf<br />

Andrea Leupp<br />

REFORMIERTES GEHÖRLOSENPFARRAMT<br />

DER NORDWESTSCHWEIZ<br />

Pfr. Anita Kohler<br />

Friedenssrasse 14, 4144 Arlesheim<br />

Tel./Fax 061 701 22 45<br />

Natel: 079 763 43 29<br />

E-Mail: anita.kohler@ref-aargau.ch<br />

anita.kohler@gmx.ch<br />

Sonntag, 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 10.00 Uhr<br />

Gottesdienst in Olten, Pauluskirche,<br />

Grundstrasse 18<br />

mit Seelsorger Felix Weder<br />

anschliessend Kaffee und Kuchen<br />

Sonntag, 13. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Gottesdienst in Aarau, Bullingerhaus,<br />

Jurastrasse 13<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler<br />

anschliessend Kaffee und Kuchen<br />

Samstag, 5. März 20<strong>11</strong>, 12.00 Uhr<br />

Ökumenischer Weltgebetstag der Frauen<br />

mit Pfarrerin Antje Warmbrunn und<br />

Pfarrerin Anita Kohler in der Gehörlosenkirche<br />

Zürich-Oerlikon, Oerlikonerstr. 98<br />

anschliessend Mittagessen, vorbereitet<br />

durch Seelsorger Peter Schmitz-Hübsch<br />

separate Einladung mit Anmeldung<br />

Sonntag, 6. März 20<strong>11</strong>, 10.00 Uhr<br />

Gottesdienst in Grenchen, Gemeindehaus<br />

der Zwinglikirche, Berchtold Haller-Stube<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler<br />

anschliessend Kaffee und Kuchen<br />

Sonntag, 6. März 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Gottesdienst in Basel, Gemeindezentrum<br />

Breite, Farnsburgerstr. 58<br />

mit Pfarrerin Anita Kohler<br />

anschliessend Kaffee und Kuchen<br />

REGION BERN, JURA<br />

Ref.-Kirchen Bern-Jura-Solothurn<br />

Bereich Sozial-Diakonie<br />

Schwarztorstrasse 20; Postfach 5461<br />

3001 Bern, Tel. 031 385 17 17<br />

E-Mail: isabelle.strauss@refbejuso.ch<br />

Sonntag, 6. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />

Kirchensonntag zum Thema „Es braucht<br />

deine Aufmerksamkeit.“<br />

Bern, Markuskirche, Tellstrasse 35<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler, Doris De<br />

Giorgi, Gongspieler Hans Ries, Therese<br />

Künzler, Fränzi Roos und Yvonne Zaugg<br />

Mittwoch, 16. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 18.00 Uhr<br />

Werktagsgottesdienst<br />

Bern, Treff G 33, Gutenbergstrasse 33<br />

mit Diakon Andreas Fankhauser und<br />

Doris De Giorgi<br />

Ein Transportdienst nach Hause wird<br />

organisiert.<br />

Montag, 21. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />

Belp, Atelier Triebwerk<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />

Montag, 21. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 20.00 Uhr<br />

Gottesdienst mit Abendmahl<br />

Uetendorf, Stiftung Uetendorfberg<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />

Dienstag, 22. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.30 Uhr<br />

Gottesdienst mit Abendmahl<br />

Belp, Wohnheim, Seftigenstrasse 101<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />

Sonntag, 27. <strong>Februar</strong> 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />

Gottesdienst mit Abendmahl<br />

Thun, Kirchgemeindehaus,<br />

Frutigenstrasse 22<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler<br />

Freitag, 4. März 20<strong>11</strong>, 17.00 Uhr<br />

Gottesdienst zum Weltgebetstag<br />

„Wie viele Brote habt ihr?“ in Bern,<br />

Dreifaltigkeitskirche, Taubenstrasse<br />

mit Pfarrerin Susanne Bieler und<br />

Vorbereitungsteam<br />

anschliessend Abendessen und<br />

Informationen<br />

Sonntag, 6. März 20<strong>11</strong>, 14.00 Uhr<br />

Gottesdienst in Frutigen,<br />

Kirchgemeindehaus<br />

mit Diakon Andreas Fankhauser<br />

31


100<br />

Jahre<br />

19<strong>11</strong> - 20<strong>11</strong> im Einsatz<br />

<strong>für</strong> Gehörlose und<br />

Schwerhörige!<br />

Gemeinsam in die Zukunft<br />

Eine Denkwerkstatt zum 100-jährigen<br />

Jubiläum von <strong>sonos</strong> vom 1. und 2. April<br />

20<strong>11</strong> im Seehotel Sternen in Horw/LU<br />

Bildungsangebote 20<strong>11</strong><br />

Gedächtnistraining 25. bis 27. März<br />

Leitung: Beatrix Schwitter<br />

Fuss-/Handreflexzonenmassage/ Der sanfte Weg<br />

zur Gesundheit 26. und 27. März<br />

Leitung: Martina R. Hertig<br />

Flechtkurs: Verrückte Hühner / Flechten mit<br />

Weiden 2. April<br />

Leitung: Simone Rüppel, Einführung mit Gebärdensprachdolmetscherin<br />

Schüssler Mineralstoffe/ Die äussere Anwendung<br />

2. und 3. April<br />

Leitung: Dora Kühnis mit Gebärdensprachdolmetscherin<br />

Hornschmuck-Kurs 9. April<br />

Leitung: Silvia Coray, bei Bedarf mit Gebärdensprachdolmetscherin<br />

Das Bildungsprogramm 2010 kann bezogen werden bei:<br />

Fontana Passugg, Bildung und Kultur <strong>für</strong> Gehörlose,<br />

Schwerhörige, Ertaubte, CI-Träger und Hörende<br />

7062 Passugg-Araschgen<br />

Tel. 081 250 50 55, bildung@fontana-passugg.ch<br />

www.fontana-passugg.ch<br />

<strong>sonos</strong> nimmt seinen runden Geburtstag zum Anlass,<br />

zusammen mit seinen Mitgliedorganisationen und<br />

Gästen aus der Selbsthilfe seine zukünftige Tätigkeit zu<br />

gestalten.<br />

Was braucht es, damit gehörlosen und hörbehinderten<br />

Menschen mit oder trotz veränderter Rahmenbedingungen<br />

eine hohe Lebensqualität möglich ist? Welche<br />

Beiträge können <strong>sonos</strong> und seine Mitgliedorganisationen<br />

dazu leisten?<br />

Nach zwei Inputs zu erwartbaren Trends in den kommenden<br />

Jahrzehnten, und einer lustvollen Begegnung<br />

mit der Vielfalt im ganzen Bereich mit theatralischer<br />

Mittel, lassen wir uns anregen von praxisnahen Zukunftsideen<br />

und entwickeln daraus erste Leitlinien.<br />

a u s g e b u c h t<br />

Beispiele innovativer Projekte und Dienstleistungen<br />

unterstützen uns am zweiten Tag beim Entwickeln einer<br />

Zukunftsvision. Dazwischen sind genügend Freiräume<br />

<strong>für</strong> Begegnungen und Gespräche in ansprechender<br />

Umgebung am wünderschönen Vierwaldstättersee eingeplant.<br />

Hinweis:<br />

Leider können keine Anmeldungen mehr entgegengenommen<br />

werden.

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