Trödler Porzellan (Vorschau)
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NATURKUNDE<br />
HISTORISCHE<br />
TIERPRÄPARATE<br />
REINHARD WYLEGALLA<br />
Beim Anblick von Kängurus, Koalas und anderen Beuteltieren denken wir an Australien.<br />
Die Fauna des kleinsten Kontinents ist indessen weitaus vielfältiger. Hier haben sich<br />
im Verlauf der Evolution Tierarten entwickelt, deren Anatomie und Verhaltensweisen<br />
weltweit einzigartig sind. Einen Einblick in die australische Tierwelt vermittelt noch bis<br />
zum 7. September eine Sonderausstellung im Naturkundemuseum Leipzig.<br />
Exoten<br />
Die meisten der gezeigten Exponate – darunter<br />
einige „lebende Fossilien" – wurden<br />
im 19. Jahrhundert präpariert. Einige von<br />
ihnen stammen von Spezies, die heute in<br />
ihrem Bestand bedroht oder sogar ausgestorben<br />
sind. Vom Schnabeltier (Ornithorhynchus<br />
analinux) zum Beispiel gelangte<br />
1902 ein Präparat in die damalige<br />
Lehrsammlung der Universität Leipzig. Als<br />
eierlegender Säuger gilt es als das ungewöhnlichste<br />
Tier Australiens. Heute ist das<br />
Schnabeltier in seiner Heimat streng geschützt,<br />
darf dort nur noch mit Sondergenehmigung<br />
gehalten und überhaupt nicht<br />
mehr ausgeführt werden.<br />
Vermutlich in den frühen 1860er-Jahren<br />
erwarb die Universität Leipzig ein Präparat<br />
des zottigen Hasenkängurus (Lagorchestes<br />
hirsutus). Das Beuteltier ist mittlerweile<br />
auf dem australischen Festland ausgestorben<br />
und nur noch auf den vorgelagerten<br />
Inseln in einigen tausend Exemplaren<br />
verbreitet. Die Spaltfußgans (Anseranas<br />
semipalmata) ist wegen der Entwässerung<br />
vieler Feuchtgebiete nur noch im Nordosten<br />
Australiens und in Neuguinea anzutreffen.<br />
Im Rahmen von Schutzprogrammen<br />
soll sie nun wieder an den früheren<br />
Standorten angesiedelt werden. Das ausgestellte<br />
Präparat stammt aus neuerer<br />
Zeit, nämlich von einem verendeten Tier<br />
aus dem Leipziger Zoo. Auch der nur noch<br />
an wenigen australischen Standorten lebende<br />
Erdsittich (Pezoporus wallicus) ist<br />
heute streng geschützt. Dass er in Leipzig<br />
zumindest als Präparat zu sehen ist, ist ei-<br />
Wälder und Savannen in Neuguinea, Nordost-<br />
Australien sowie einige benachbarte Inseln sind<br />
die Heimat des Ara- oder Palm-Kakadus (Probosciger<br />
aterrimus), der sich überwiegend von Früchten,<br />
Nüssen und Sämereien ernährt. Das Präparat<br />
stammt aus Australien, 1908<br />
Der Ameisenbeutler (Myrmecobius fasciatus)<br />
ernährt sich von Termiten und war in unterschiedlichsten<br />
Lebensräumen im Westen und Süden des<br />
Kontinents weit verbreitet. Nach dem Einschleppen<br />
des Rotfuchses durch die Europäer wurde die<br />
Art nahezu ausgerottet. Um 1980 gab es nur noch<br />
zwei kleine Populationen im Südwesten des Kontinents.<br />
Durch Wiederansiedlungsprogramme<br />
konnte das vollständige Aussterben verhindert<br />
werden. Der heutige Bestand in freier Wildbahn<br />
wird auf 500 bis 600 Tiere geschätzt. Das Exponat<br />
stammt aus dem Jahr 1868<br />
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nem Ankauf im Jahr 1864 zu verdanken.<br />
Auch dieses Beispiel zeigt, welchen Wert<br />
historische Präparate heute sowohl für die<br />
Wissenschaft als auch für Sammler haben.<br />
Verluste durch Diebstahl, Zerstörung oder<br />
Schädlingsfraß können nicht mehr ersetzt<br />
werden, weil seit Inkrafttreten des Washingtoner<br />
Artenschutzabkommens am<br />
1. Juli 1975 der Fang, das Sammeln sowie<br />
der Handel von Wildtieren und wilder<br />
Pflanzen streng kontrolliert werden.<br />
Zuvor verfuhr man mit der Einfuhr sowohl<br />
lebender als auch toter Exoten nach Europa<br />
eher großzügig. Insbesondere im<br />
19. Jahrhundert, als wohlhabende Adelige<br />
und Kaufleute – häufig in Begleitung von<br />
Forschern – die Welt entdecken wollten,<br />
wurden unzählige zoologische, botanische,<br />
ethnologische und archäologische<br />
Belegstücke gesammelt. Auch über Kontakte<br />
nach den Kolonien gelangten zahlreiche<br />
exotische Tiere, Pflanzen und<br />
Schmuck- oder Gebrauchsgegenstände