23.07.2014 Aufrufe

Osteopathie in der Pädiatrie: Wirkprinzip und Indikation

Osteopathie in der Pädiatrie: Wirkprinzip und Indikation

Osteopathie in der Pädiatrie: Wirkprinzip und Indikation

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Artikel Des Monats“ | Fortbildung<br />

diese Fragen beantworten kann, versuche<br />

ich mit folgendem Bild zu veranschaulichen:<br />

Wie funktioniert denn e<strong>in</strong>e Symphonie?<br />

Was macht denn <strong>der</strong> Musiker?<br />

Im vorherigen Kapitel habe ich Ihnen erläutert,<br />

das e<strong>in</strong>e Symphonie aus Noten besteht,<br />

dass Notenanordnung bestimmten<br />

Gesetzmäßigkeiten folgt, dass es verschiedene<br />

Rhythmen, Notenlängen, Tonarten,<br />

Lautstärken <strong>und</strong> Taktarten gibt. Der Musiker<br />

muss all diese D<strong>in</strong>ge beherrschen <strong>und</strong><br />

zum Teil zur gleichen Zeit zusammen <strong>und</strong><br />

zum Teil ganz isoliert anwenden. In se<strong>in</strong>em<br />

Musikstudium übt er durch Nachahmung<br />

sowie mentale <strong>und</strong> emotionale<br />

Vorstellung, wie er se<strong>in</strong>e F<strong>in</strong>ger bewegen<br />

muss, damit e<strong>in</strong> Ton bzw. e<strong>in</strong>e Melodie so<br />

kl<strong>in</strong>gt, wie sie kl<strong>in</strong>gen soll. Er kann diese<br />

Fähigkeiten nicht durch die Lektüre e<strong>in</strong>es<br />

Artikels aneignen. Im Falle e<strong>in</strong>es Musikstückes<br />

<strong>in</strong>teressiert uns meistens nicht so<br />

sehr, wie es entsteht, als vielmehr, wie das<br />

Gespielte wirkt. Wie wirkt die Symphonie?<br />

Auch diese Wirkung ist nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel<br />

zu fassen. Man muss sich die Symphonie<br />

anhören, um sie beurteilen zu können.<br />

Vergleichbar verhält es sich mit dem Erfassen<br />

<strong>der</strong> Entstehungs- <strong>und</strong> Wirkungsweise<br />

<strong>der</strong> <strong>Osteopathie</strong>; nur kann man sich die<br />

<strong>Osteopathie</strong> nicht anhören, son<strong>der</strong>n muss<br />

sie anfühlen. Dazu bedarf es meistens erst<br />

e<strong>in</strong>e Schärfung des Körpers<strong>in</strong>ns, weil wir<br />

recht ungeübt s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

subtiler eigener Körpersignale.<br />

GSP Punkte<br />

<strong>Indikation</strong>en<br />

Osteopathen behandelten per se ke<strong>in</strong>e<br />

Krankheiten [7]. Sie würden im Falle e<strong>in</strong>er<br />

Erkrankung e<strong>in</strong>en palpatorischen Bef<strong>und</strong><br />

erheben <strong>und</strong> könnten dann unter Zusammenschau<br />

von Anamnese <strong>und</strong> den sonstigen<br />

Bef<strong>und</strong>en e<strong>in</strong>e Aussage treffen, welche<br />

Hypothese sich für die Pathogenese ergäbe<br />

<strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweit e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>flussnahme auf<br />

die Erkrankung durch e<strong>in</strong>e osteopathische<br />

Behandlung möglich ersche<strong>in</strong>e. Das<br />

Ausmaß <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flussnahme ergäbe sich<br />

im Verlauf wie gut <strong>der</strong> Organismus bzw.<br />

das Gewebe auf die Behandlung reagiere.<br />

Folgende exemplarische Beispiele für plausible<br />

<strong>Indikation</strong>en seien genannt (Tab. 1).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich gelte, dass e<strong>in</strong>e kurative Behandlung<br />

durch e<strong>in</strong>e osteopathische Behandlung<br />

möglich sei, je mehr funktionell<br />

<strong>und</strong> weniger strukturell verfestigt die Störung<br />

sei. Beispiel: Haltungsasymmetrie,<br />

Kopfschmerzen (u. a. Migräne), Obstipation,<br />

frühk<strong>in</strong>dliche Regulationsstörung<br />

des Säugl<strong>in</strong>gs, Pseudotumor cerebri. Sek<strong>und</strong>är<br />

präventiv könne <strong>Osteopathie</strong> im<br />

Falle e<strong>in</strong>er frühen Behandlung <strong>der</strong> Haltungsasymmetrie<br />

für e<strong>in</strong>e spätere Skoliose,<br />

Zahnfehlstellung <strong>und</strong> Nahtsynostose<br />

se<strong>in</strong>. An manchen Orten würde auch e<strong>in</strong>e<br />

primäre Prävention betrieben, <strong>in</strong>dem je<strong>der</strong><br />

Säugl<strong>in</strong>g nach Geburt nicht nur von e<strong>in</strong>em<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>arzt son<strong>der</strong>n auch von e<strong>in</strong>em Osteopathen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich untersucht würde.<br />

Dabei sei nicht die Prävention von bestimmten<br />

Erkrankungen das Ziel, son<strong>der</strong>n<br />

dem Organismus die bestmöglichen Entwicklungsmöglichkeiten<br />

zu geben, <strong>in</strong>dem<br />

frühzeitig palpatorische „Dysfunktionen“<br />

(e<strong>in</strong>geschränkte Mobilität, Motilität, Stoffwechselbewegungen,<br />

Rhythmen) gelöst<br />

würden. Bei manchen organmanifesten<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

Kontrollgruppe<br />

<strong>Osteopathie</strong>gruppe<br />

Abb. 3: Gesamtscoresdifferenz (GSD) <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kontroll- <strong>und</strong><br />

<strong>Osteopathie</strong>gruppe als Box- <strong>und</strong> Whisker-Plots. E<strong>in</strong>e positive<br />

Differenz entspricht e<strong>in</strong>er Verbesserung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e negative<br />

e<strong>in</strong>er Verschlechterung. Die Ergebnisse s<strong>in</strong>d als Box- <strong>und</strong> Whisker-Plots<br />

dargestellt. Die mittlere horizontale L<strong>in</strong>ie entspricht<br />

dem Median. Die Unter- <strong>und</strong> Oberkanten <strong>der</strong> Box markierten<br />

jeweils die 25. <strong>und</strong> 75. Percentile. Die Whiskers zeigen die Spannweite,<br />

soweit die Werte <strong>in</strong> das 1,5-fache <strong>der</strong> Boxlänge fallen.<br />

Störungen könne e<strong>in</strong>e Heilung durch <strong>Osteopathie</strong><br />

erreicht werden. Beispiele: Pylorusstenose,<br />

Tränengangstenose, Hüftdysplasie<br />

I – II. Bei an<strong>der</strong>en sehr ausgeprägten<br />

organischen Störungen mit z. T. irreversibler<br />

Pathogenese sei <strong>Osteopathie</strong> nur adjuvant<br />

anzuwenden. Beispiele: Cerebralparese,<br />

Thoraxdeformität nach OP am offenen<br />

Herzen, Hydrocephalus, chronische<br />

Bronchitis.<br />

Behandlungsdauer <strong>und</strong> -<strong>in</strong>tensität<br />

Die <strong>Osteopathie</strong> f<strong>in</strong>det ausschließlich durch<br />

den Osteopathen selbst statt. Die Eltern<br />

müssen zu Hause ke<strong>in</strong>e Übungen durchführen.<br />

Zwischen 2 Behandlungen sollten<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel m<strong>in</strong>destens 10 Tage liegen, damit<br />

die angestoßenen Prozesse ungestört<br />

ablaufen könnten. Je nach Bef<strong>und</strong> empfehle<br />

<strong>der</strong> Osteopath nach <strong>der</strong> jeweiligen Behandlung,<br />

wann die nächste Behandlung <strong>in</strong>diziert<br />

sei. Je nach Pathogenese ergäbe sich<br />

für e<strong>in</strong> Symptom o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Erkrankung von<br />

K<strong>in</strong>d zu K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuell unterschied-<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>ärztliche Praxis 79, 290 – 295 (2008) Nr. 5 www.k<strong>in</strong><strong>der</strong>aerztliche-praxis.de<br />

293

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!