Dampf-Ende - Tanago.de

| Übersee | China |
Der Dampfbetrieb
in China rückt
unaufhaltsam dem
Ende entgegen
von Michael Bleckmann
54 2/11 LOK Report

| China | Übersee |
Mittlerweile sind aber die regulären
Dienste von einer Handvoll QJ, wenigen
JS und überwiegend SY so gering
geworden, daß jede Veränderung sofort
sichtbar wird und eine deutlich sichtbare
Lücke auf der chinesischen Dampflok-
Karte hinterlässt. Darüber können auch
die immer noch bestehenden Einsätze
der Schmalspurdampflokomotiven des
Typs C2 auf den Bahnen in Shibanxi,
Xingjang, Huanan, und der »Gefängnisbahn«
in Guangyuan nicht hinwegtäuschen.
Selbst die bekanntesten Bahnen, deren
Leitungen noch vor wenigen Jahren jede
Idee zur Verdieselung von sich wiesen,
haben heute teils modernste Diesellokomotiven
im Einsatz, oder werden sogar
elektrifiziert.
Einsätze auf Normalspur
Baiyin
Die Streckenführung in die Lössberge
war eine der spektakulärsten dampfbetriebenen
Bahnen Chinas und zudem hatten
die SY aus Baiyin im Frühjahr 2009
unerwartet ein neues Leben bekommen
– die eigentlich schon beschlossene Verdieselung
wurde damals mangels Kleingeld
abgeblasen. Doch im November 2010
fährt die Erzbahn nördlich Lanzhous die
SY-Leistungen kontinuierlich zurück und
selbst die immer als »sicher« geglaubten
Leistungen in die Lössberge nach Shenbutong
sind heute keine Bastion der
Dampftraktion mehr. Noch schwankt der
Dampfeinsatz zwischen zwei und fünf
Maschinen täglich, aber moderne Industriediesel
haben bewiesen, dass sie die SY
auch auf den Bergstrecken problemlos
ersetzen können. Der tägliche Güterzug
bis zum Endpunkt der Strecke ist bereits
verdieselt, lediglich die Personenzüge
nach Shenbutong und nach Sanyelian
fahren noch mit Dampf.
Jixi
Im Kohlerevier sind momentan die
größten Veränderungen zu beobachten:
Mine für Mine wird verdieselt, das Netz
mit den schwersten Zügen und der
größten Anzahl von Rangierleistungen in
Chengzihe soll mit gebraucht gekauften
Grubenelloks Hennigsdorfer Produktion
betrieben werden, die schon seit
Jahren in Nanchang unter einem Dach
abgestellt waren. Hofften Eisenbahnfans
im letzten Jahr nach Bekanntwerden
der Elektrifizierungspläne immer noch,
daß der strenge mandschurische Winter
Seit Jahren schon geht der Einsatz chinesischer Dampflokomotiven
kontinuierlich zurück. War die schnelle und
vollständige Verdieselung der JiTong-Linie ein besonders
beachtetes Beispiel chinesischer Geschwindigkeit beim
Ersatz der Dampftraktion durch Diesel- oder Elloks, ist
die schleichende Erosion der Rangier- und Übergabeleistungen,
verbunden mit einer immer stärker werdenden
Motorisierung auf der Straße, kaum beachtet worden. In den
vergangenen Jahren gab es immer noch ausreichend Dampflokomotiven
in interessanten Einsätzen und die Karawane
der Eisenbahnfotografen und Dampflokliebhaber zog immer
weiter zu den jeweils nächsten Dampfeinsätzen.
dem Fortschritt beim Setzen der Masten
Einhalt bieten könnte, so werden jetzt
ganze Streckenabschnitte innerhalb
weniger Tage mit Betonmasten bestückt.
Im Chengzihe-System existieren mastenfreie
Abschnitte nur noch rund um die
Kohlewäsche in Beichang, auf der Flussbrücke
nördlich von Qiaonan, Qiaonan,
bei Nanchang und kurz vor Zhenyang.
Die Masten sind so eng gesetzt, dass ein
vernünftiges Fotografieren oder Filmen
nicht mehr möglich ist. Fahrdrähte sind
bislang keine gespannt.
Im Monat November wurde noch alles
mit Dampf gefahren, wobei bis zu neun
SY im Einsatz beobachtet werden konnten.
Auf fotogenen Systemen wie Didao
und Hengshan hingegen werden die SY
nur noch für Reserveleistungen und
untere Dienste herangezogen.
Sandaoling/Hami
Auch im äußersten Westen Chinas hat die
Dieseltraktion einige der spektakulärsten
JS-Leistungen übernommen. Die Verbindungsbahn
zwischen der Mine und dem
Übergabebahnhof zur Staatsbahn ist aber
bereits auf die Dieseltraktion übergegangen
und die legendären Schub- und
Zugleistungen mit jeweils einer JS am
Zug und am Zugende sind Geschichte.
▴
SY 0590 rangiert Anfang
des Jahres 2010
in Nancheng. Unter
der Dachkonstruktion
im Hintergrund sind
schon seit Jahren die
gebraucht gekauften
Hennigsdorfer Grubenelloks
abgestellt.
◂
Bereits Geschichte
sind die legendären
Einsätze der SY vor
Güterzügen in die
Lössberge von Baiyin:
Obwohl es über
Nacht deutliche
Minustemperaturen
gegeben hat, versucht
die Lokmannschaft
von SY 1581
wie jeden Morgen die
Steigung nach Shengbutong
zu erklimmen.
Aber 14 Leerwagen
sind einfach zu
viel. Obwohl die
Lokmannschaft die
SY regelrecht den
Berg »hochprügelt«,
bleibt die Fuhre wie
fast jeden Tag in der
Steigung liegen.
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sigen Zeiten, da die Anschlußbahn von
der Bereitstellung leerer Güterwagen im
Staatsbahn-Übergabebahnhof Shanku
abhängig ist.
Tiefa
Auch in Tiefa/Diaobingshan geht die
Dampflokzeit inzwischen dem Ende
entgegen – gegenwärtig ist normalerweise
nur noch eine SY unter Dampf für
Übergaben, Bauzüge, den nächtlicher
Güterzug nach Wangqian und morgens
manchmal noch Personenzugleistungen,
alle Personenzüge sind ansonsten verdieselt.
Mit SY 1770 und SY 1771 sind
nur noch zwei betriebsfähige SY vorhanden,
SY 1772 – Chinas letztgebaute
Regelspurdampflokomotive, die hier bis
zuletzt beheimatet war, steht als Exponat
jetzt im örtlichen Eisenbahnmuseum. Die
Museumslok KD6 487 kann nach wie vor
für Sonderzüge angemietet werden, darf
jedoch nur im Plandienst nach Daming
und Daqing laufen.
▴ Rauchkammer voraus verlässt JS 8194 die Kohlegrube bei Sandaoling.
Fuxin
Im November 2010 waren noch insgesamt
14 SY in den diversen Einsatzstellen
des Minensystems unter Dampf, darunter
mit SY 0988 eine frisch hauptuntersuchte
Lokomotive! Die morgendliche Parade
der Maschinen im Depot Taiping und
den Behandlungsgleisen bei Wulong ist
nach wie vor die vielleicht spektakulärste
Ansammlung von Dampflokomotiven
in China. Auch das sehenswerte kleine
Bahnbetriebswerk inmitten des Wohngebiets
bei Wulong wird immer noch
von den SY zum Auffrischen der Vorräte
zwischen zwei Rangierleistungen genutzt.
Der Personenzugumlauf ist bereits
komplett verdieselt worden, lediglich
einige Arbeiter-Personenzüge werden
noch mit SY bespannt.
▴
JS 8028 passiert
als »Bergfahrer« mit
beladenem Zug die
wohl berühmteste
Fotostelle der Wüstenbahn
Shankou -
Yamansu.
Inzwischen sind dort vier Diesellokomotiven
des Typs DF8B vorhanden
(0247 bis 0250) , wovon aber nur eine
täglich eingesetzt wird. Drei Maschinen
stehen zusammengekuppelt »b-gestelllt«
in Nanzhan. Bei schweren Leerzügen
fährt eine Dampflokomotive Lz nach
Lishuquan und schiebt den dieselbespannten
Güterzug nach. Das geschieht
jedoch relativ selten, da eine DF8B wohl
ca. 75 Leerwagen allein bewältigt. Der
Tagebau selbst wird noch ausschließlich
mit Dampflokomotiven bedient (überwiegend
JS, mit SY für Bauzüge und
Leistungen auf den Flachlandstrecken).
Dabei fahren etliche Kohlezüge fotogen
mit Rauchkammer voraus aus der Grube
von der Kohleverladung zur Entladung
bei Nanzhan.
Shanku - Yamansu
Östlich Hamis liegt diese Minenbahn, die
durch eine surreale Mondlandschaft mit
teils topfebene Halbwüsten, teils entlang
steiler Hügel und den Bergen im Hintergrund
verläuft. Dort sind aktuell noch
vier betriebsfähige JS vorhanden, wovon
im Monat November nur eine unter
Dampf war. Angeblich sollen etwa drei
Zugpaare in 24 Stunden verkehren, einen
Zug auf der Strecke zu fotografieren zu
können gestaltet sich jedoch nach wie
vor als äußerst schwierig. In der Regel
fährt nur ein Zugpaar zu unregelmäs-
Selbstverständlich sind die hier erwähnten
Bahnen nicht die einzigen, die
noch Dampflokomotiven nutzen, bei der
überwiegenden Zahl anderer Bahngesellschaften
beschränkt sich der Dampflok-
Einsatz aber auf meist nur ein bis zwei
Lokomotiven, die zudem auch nur sporadisch
genutzt werden. Erwähnt werden
sollen noch zwei Bahnen, bei denen sich
die Dampftraktion kontinuierlich ohne
größere Einbußen hält: die Kohlebahnen
in Pinzhuang und Yuanbaoshan fahren
nach wie vor mit SY (Pinzhuang) und JS
(Yuanbaoshan)!
Schmalspur
Shibanxi
Noch laufen die schmalspurigen C2-
Dampflokomotiven im üblichen Plan
mit vier Personenzügen und ein bis
zwei täglichen Güterzügen. Eine neue
Straße bis nach Bagou soll im April 2011
dem Verkehr übergeben werden, und
es bedarf wenig Phantasie, sich vorzustellen,
wie sich das idyllische Tal und
die angrenzenden Dörfer verändern
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werden, wenn die Wucht des modernen
Autoverkehrs auf die Schmalspurbahn
trifft. Wer wird sich noch dem komfortlosen,
harten Sitz der Selbstbau-Personenwagen
hingeben wollen, wenn eine
bequemere und schnellere Alternative
auf der Straße existiert? Und wird es der
Schmalspurbahn gelingen, die geringen
Mengen an Güterverkehr (hauptsächlich
Kohle aus den kleinen Minen am oberen
Endpunkt der Bahn) gegenüber der LKW-
Konkurrenz zu verteidigen? Zweifel am
langfristigen Fortbestand der Bahn sind
durchaus angebracht.
Huanan
Auch hier gestaltet sich der alltägliche
Betrieb entsprechend der üblichen
Routine, allerdings sind gerade jetzt im
Winter häufige Unterbrechungen des
Zugbetriebs nicht auszuschließen: bereits
im November wurden viele Umläufe
gestrichen, da es teils zu witterungsbedingten
Ausfällen kam, teils aber auch
die Mine am oberen Ende der Strecke
keine Kohle förderte, und somit auch
keine Güterzüge zu fahren waren.
Xingjang
Die hiesige Ziegeleibahn wird ebenfalls
mit C2-Lokomotiven betrieben. Allerdings
sind diese Verkehre stark witterungsabhängig,
da der Ton nur dann
abgebaut werden kann, wenn es nicht
regnet. Dennoch lohnt sich eine Reise
dorthin, da das gemauerte See-Viadukt
und die Entladestation interessante
Foto- und Filmmotive bieten. Die Zukunft
des Ziegelwerks und der Bahn für 2011
sind unklar, vermutlich soll es aber im
Jahr 2011 dort wieder Betrieb geben.
Guangyuan
Die im Süden Chinas gelegene Schmalspurstrecke
wird häufig auch als »Gefängnisbahn«
bezeichnet, da sie überwiegend
dem Schotterverkehr dient,
welcher seinen Ursprung in einem von
Strafgefangenen betriebenen Steinbruch
hat. Sowohl die Bahn selber, als auch
die parallelen Straßen werden streng
von uniformierten Kräften kontrolliert.
Der Zugang für Ausländer ist verboten.
Kurz aufflammende Gerüchte über eine
neue Zugangsregelung für westliche
Besucher erwiesen sich als falsch, so
daß die Bahn ein Mysterium bleibt. Der
Vollständigkeit halber sei noch erwähnt,
daß die gleiche Bahngesellschaft auch
mit SY im Übergabebahnhof zur Staatsbahn
rangiert (Zutritt ebenfalls nicht
erwünscht).
▸
Chinas letztgebaute
Regelspurdampflokomotive
SY 1772 steht
im Januar 2010 noch
unter der Fussgängerbrücke
im Bahnhof
Tiefa.
▸
Der morgendliche
Aufmarsch der
Dampflokomotiven
in Wulong – hier mit
SY 988, SY 1460 und
SY 1210 im Januar
2010 – lohnt auch
im Jahre 2011 einen
Besuch.
▸
Vom Treppenaufgang
eines Mietshauses
bot sich dieser unvergleichliche
Ausblick
auf den Bahnübergang
in Dongsheng
mit SY 1351 und
einem Leerzug Anfang
des Jahres 2010.
Heute stehen hier
bereits Masten.
Es ist müßig zu spekulieren, wann das
Feuer in der allerletzten Dampflokomotive
Chinas ausgehen wird. Sicher
ist, daß sich die Zahl lohnenswerter
Dampflokeinsätze permanent verringert
– und mangels Ausbesserungsmöglichkeiten
für die Dampflokomotiven,
dank gebrauchter Dieselmaschien oder
aufgrund des Mobilitätswandel das
Ende definitiv kommen wird.
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