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Gewollt und getragen. Basis für ein geglücktes Leben

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Die Theologin Dorothea<br />

Schwarzbauer-Haupt<br />

plädiert da<strong>für</strong>, Netzwerke<br />

der Mütterlichkeit in<br />

unserer Welt zu knüpfen.<br />

<strong>Gewollt</strong>. Getragen. Genährt.<br />

Gedanken zur Mütterlichkeit<br />

Dorothea Schwarzbauer-Haupt<br />

Immer wenn mich jemand traurig oder deprimiert<br />

fragt, welche Chancen glücklich zu werden<br />

<strong>ein</strong> Mensch hat, dessen <strong>Leben</strong> von Geburt<br />

an schief gelaufen <strong>und</strong> beschädigt worden ist,<br />

fällt mir <strong>ein</strong>e Erkenntnis der humanistischen<br />

Psychologie <strong>ein</strong>.<br />

Urvertrauen ist<br />

dem Menschen angeboren<br />

Diese Erkenntnis lautet: Das Urvertrauen, das<br />

die <strong>Basis</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong> <strong>geglücktes</strong> <strong>Leben</strong> ist, ist dem<br />

Menschen angeboren, weil jedes Kind mit der<br />

Erfahrung auf die Welt kommt, r<strong>und</strong> neun<br />

Monate lang <strong>getragen</strong> <strong>und</strong> genährt worden zu<br />

s<strong>ein</strong>. Der mütterliche Körper ermöglicht dem<br />

Embryo diese Erfahrung, wenn die Schwangerschaft<br />

aus<strong>getragen</strong> wurde, sogar dann, wenn<br />

das Kind nicht geplant oder unerwünscht war.<br />

Und das W<strong>und</strong>erbare dieses Getragen <strong>und</strong><br />

Genährt S<strong>ein</strong>s ist, dass es jedem Kind – ganz<br />

gleich ob es krank oder ges<strong>und</strong>, Mädchen<br />

oder Bub ist – ohne jede Vorbedingung geschenkt<br />

wird.<br />

Die Mutter selbst kennt das Kind in ihrem<br />

Bauch ja noch nicht, aber wenn sie zur<br />

Schwangerschaft ja sagt, dann kommt das<br />

Kind mit der Erfahrung „ich bin <strong>getragen</strong> <strong>und</strong><br />

genährt worden“ auf die Welt. Es wird geboren<br />

mit dem Vertrauen: Ich bin gewollt, so<br />

wie ich bin <strong>und</strong> ich darf auf dieser Erde s<strong>ein</strong>.<br />

„ich bin <strong>getragen</strong><br />

<strong>und</strong> genährt worden“<br />

Das ist sehr hoffnungsvoll <strong>und</strong> tröstlich <strong>für</strong><br />

jeden Menschen. Denn auch dann, wenn es<br />

ab der Geburt nicht gut geht, wenn das Kind<br />

nicht geliebt <strong>und</strong> angenommen wird, können<br />

diese Erfahrungen aus der Zeit der Schwangerschaft<br />

nicht rückgängig gemacht werden.<br />

Sie sind sozusagen das Startkapital jedes Menschen,<br />

wir alle bringen dieses Vertrauen auf die<br />

Welt mit <strong>und</strong> nichts kann diese Gr<strong>und</strong>erfahrung<br />

völlig zerstören.<br />

Mütterlichkeit ist <strong>ein</strong>e Haltung<br />

Deshalb ist <strong>für</strong> mich der weibliche Körper mit<br />

der Fähigkeit das Kind zu tragen <strong>und</strong> zu nähren<br />

<strong>ein</strong>e gute Metapher <strong>für</strong> das, was ich unter<br />

Mütterlichkeit verstehe.<br />

„Mütterlichkeit ist die Fähigkeit<br />

<strong>und</strong> Haltung, Menschen so lange<br />

zu tragen <strong>und</strong> zu nähren, bis<br />

sie wenigstens <strong>für</strong> kurze Zeit<br />

davon überzeugt sind: ich bin<br />

gewollt <strong>und</strong> ich bin berechtigt zu<br />

leben, ohne dass ich da<strong>für</strong> bestimmte<br />

Fähigkeiten haben oder<br />

etwas leisten muss.<br />

Das heißt: Mütterlichkeit ist<br />

nicht an eigene Kinder geb<strong>und</strong>en,<br />

nicht <strong>ein</strong>mal an das Geschlecht,<br />

sondern sie ist <strong>ein</strong>e Haltung,<br />

mit der wir den Mitmenschen<br />

begegnen können.“<br />

„Getragenwerden“<br />

als Gr<strong>und</strong>bedürfnis des Menschen<br />

Wie viele Menschen hungern ja nach Wohlwollen,<br />

Zuneigung, Aufmerksamkeit, Zutrauen<br />

<strong>und</strong> dem Gefühl, angenommen zu s<strong>ein</strong>.<br />

Mütterliche Menschen können das alles geben<br />

<strong>und</strong> andere Menschen damit nähren. Auch<br />

das Getragenwerden im buchstäblichen <strong>und</strong><br />

übertragenen Sinn ist <strong>ein</strong> Gr<strong>und</strong>bedürfnis von<br />

uns Menschen. Sich fallen lassen können <strong>und</strong><br />

nicht hart am Boden aufzuschlagen, sondern<br />

aufgefangen zu werden von Liebe <strong>und</strong> Wohlwollen,<br />

das fehlt heute vielen Menschen. Deshalb<br />

glauben viele, sich immer im Griff haben<br />

zu müssen.<br />

Unsere Zeit ist hart, kalt <strong>und</strong> fordernd geworden.<br />

Viele ZeitgenossInnen sind überfordert,<br />

fühlen sich ohnmächtig <strong>und</strong> leer. Es<br />

kann bis zu Gefühlen des Unerwünschts<strong>ein</strong>s<br />

gehen, zum Zweifel, ob ich berechtigt bin zu<br />

existieren. Wer kümmert sich um mich, wenn<br />

ich versage, den Erwartungen nicht entspreche<br />

oder <strong>ein</strong>fach nicht mehr kann, fragen sich<br />

viele. Wie gut tun da Menschen, die andere<br />

nähren <strong>und</strong> tragen können <strong>und</strong> wollen - mütterliche<br />

Menschen.<br />

Netzwerke der Mütterlichkeit<br />

Es wird immer wichtiger, Netzwerke der Mütterlichkeit<br />

in unserer Welt <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

zu knüpfen. Es wird wichtig s<strong>ein</strong>, dass mütterliche<br />

Menschen um<strong>ein</strong>ander wissen <strong>und</strong> <strong>ein</strong>ander<br />

stärken, beistehen <strong>und</strong> helfen. Und es<br />

wird immer wichtiger werden, dass Menschen<br />

da sind <strong>und</strong> <strong>ein</strong>springen, wenn die Verantwortung<br />

<strong>für</strong> eigene Kinder oder betagte Eltern die<br />

Notwendigkeit <strong>und</strong> Möglichkeit zu nähren<br />

<strong>und</strong> zu tragen auf den Bereich der eigenen Familie<br />

beschränkt. Dann werden jene Personen<br />

ganz wichtig, die frei sind sich jenen zuzuwenden,<br />

die zu kurz gekommen sind, oder sich<br />

selbst nicht helfen können.<br />

Gott ist die Quelle von Fürsorge<br />

<strong>und</strong> Zuwendung<br />

Wir müssen aber auch zugeben, dass unsere<br />

mütterlichen Fähigkeiten begrenzt <strong>und</strong> beschränkt<br />

sind. Deshalb ist es wichtig uns der<br />

Quelle von Fürsorge <strong>und</strong> Zuwendung zuzuwenden:<br />

Gott.<br />

Gottes Zuwendung <strong>und</strong> Liebe sind es ja im<br />

Tiefsten, die unser <strong>Leben</strong> tragen <strong>und</strong> alles im<br />

Das<strong>ein</strong> halten. Wir können, selbst im Tod,<br />

nicht tiefer fallen als in Gottes Hände, bezeugt<br />

der christliche Glaube. Und Gott ist es auch,<br />

die/der uns mit bedingungsloser Zuwendung<br />

liebt, uns die Berechtigung gibt in dieser Welt<br />

da zu s<strong>ein</strong>. Wir dürfen glauben <strong>und</strong> erfahren,<br />

dass diese Quelle der mütterlichen Zuwendung<br />

Gottes unerschöpflich ist <strong>und</strong> uns immer<br />

zur Verfügung steht.<br />

Deshalb ist es höchst an der Zeit, immer wieder<br />

vom mütterlich-väterlichen Gott zu sprechen.<br />

Dadurch kann uns klar werden, dass Mütterlichkeit<br />

<strong>ein</strong>e göttliche Eigenschaft ist, die wir<br />

uns immer wieder vor Augen halten sollten.<br />

Wer mütterlich zu leben versucht ist <strong>ein</strong>geladen,<br />

sich <strong>für</strong> diese göttliche <strong>Leben</strong>squelle zu<br />

öffnen. Sie nährt <strong>und</strong> trägt uns immer, <strong>und</strong> so<br />

gestärkt <strong>und</strong> ermutigt können auch wir mütterliche<br />

Menschen s<strong>ein</strong>, ohne uns zu verausgaben<br />

oder auszubrennen.<br />

Vielleicht wäre<br />

der Muttertag<br />

<strong>ein</strong>e Gelegenheit,<br />

uns in dieses<br />

Glaubensgeheimnis<br />

zu<br />

vertiefen.<br />

05/2013<br />

05/2013<br />

08 Zum Muttertag<br />

Zum Muttertag<br />

09

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