Folie 1 - Seminar für Europäische Ethnologie/Volkskunde

Sachkultur und Museum WS 2008/09 - Prof. Heidrich

Grundzüge der „älteren“ Volkskunde 

� Museums- und Sammlungsfach 

� Auf Tradition und Archaik beruhendes Kulturverständnis 

� Bevorzugung des ländlich-bäuerlichen Bereichs 

� Denken in lokalen und /oder regionalen Räumen 


Trachtenforschung / Kleidungsforschung 

Hausforschung 

Geräteforschung 

Nahrungsforschung 

Bildforschung 

Möbelforschung 


Kleidungsforschung 


Kleidungsforschung 

� Begriffe: Tracht – Mode – Kleidung 

� Regeln und Funktionen 

� Forschungsgeschichte 

� Aufgaben der Kleidungsforschung 


Hausforschung 

� Arbeitsgebiet der Hausforschung 

� Abgrenzungen 


� Methoden 

� Hausforschung und Freilichtmuseum 


Geräteforschung 

� Arbeitsgebiet der Geräteforschung 

- Klass. Geräteforschung beschäftigt sich mit bäuerlichen Arbeitsgeräten 

- Landwirtschaftswissenschaften, Agrargeschichte, Technikgeschichte 

- Form, Anwendung, Funktion von Arbeitsgeräten (Dokumentation, Filme) 


- volkskundliche Geräteforschung erst nach dem 2. Weltkrieg von Bedeutung 

- Namen: Wolfgang Jacobeit, Ulrich Bentzien, Arnold Lühning, Torsten Gebhard, 

Hinrich Siuts 

- Arbeitsgebiet heute in Museen angesiedelt 

� Forschungskontext 

Agrargeschichte, Wirtschaftsgeschichte, Sozialgeschichte, (Mittelalter-)Archäologie 


Nahrungsforschung 

� Arbeitsgebiet der Nahrungsforschung 

- Nahrung als kulturelles System (Normen u. Konventionen, Tradierung, 

Enkulturation) 

- Essen und Trinken als kulturales System (Zusammenleben, soziales Handeln, 

Kommunikation, Symbole – z. B. Klassifikation nach: Prestigeprodukten, 

Statusprodukten, Fetischprodukten, hedonistischen Produkten, nurfunktionellen 

Produkten) 

� Namen: Hans-Jürgen Teuteberg, Günter Wiegelmann, Roman Sandgruber, Ulrich 

Tolksdorf, (Norbert Elias) 

� Neue Felder: Informalisierung, Ästhetisierung, Lebensstile, Zivilisationskritik (Fast 

Food , Convenience Food, Slow Food 


Bildforschung 

� Arbeitsgebiet der Bildforschung 

- populäre Bilder als Massenerzeugnis 

- Bilder im Kontext einer historischen Quellenforschung 

- Spezialgebiete: populäre Druckgraphik, Wandschmuckproduktion, 

Hinterglasbilder und Votivtafeln, illustrierte Flugblätter 

� Namen: Rolf-W. Brednich, Nils-Arvid Bringéus, Wolfgang Brückner, 

Christa Pieske, Martin Scharfe, Adolf Spamer, 

� Künftige Felder: Medialisierung des Alltags 


Von der Sachforschung zur Sachkulturforschung 

Definitionen 

Disziplinär, interdisziplinär 

Kriterien des Raumes und der Zeit 

� Material 

� Produkt 

� Produktion 

� Kontext der Produktion 

� zeitliche Dimension 

� Kontinuität und Wandel 

Kriterien der Ordnung 

� Soziales Milieu 

� Geschlecht 

� Umgang und Handeln 

� Prägungsprozesse 

� Stimmung 

� Ordnungsvorstellungen 

Perspektiven auf Dinge 

Kommunikation 

Handlung und Kontext 

Bedeutung 

Genderperspektive 




Inventar 1789 

KlVA Heilsbronn 


Inventar 1590 


Physikatsbericht LG 

Schweinfurt 



Anschreibbuch Emskirchen 

1775-1820 


Hausbuch der Mendelschen 

Zwölfbrüderstiftung zu Nürnberg 

(1425-1436) 


Zaunbau 1532 


Altarflügel 1514: Der hl. Rochus 

kommt als Pilger in ein Hospital 


Feldarbeiten 1502 


Bauernhochzeit 1527 


Hochschichtliche Esskultur 1478 


Hochschichtliche Esskultur 


Schlafkultur 1558 


Schaufenster, Kaufhof 1955 


Schaufensterwerbung 

1958 


Kühlschrankwerbung 1956 


Fakirwerbung 1956 


Constanze-Werbung 1962 


Strumpf-Werbung 1956 


Brigitte 2007 


Brigitte 2007 


Brigitte 2007 



Brigitte 2007 



Freundin 2007 


Brigitte 2007 




Brigitte 2007 


Freundin 2007 


Traditionslinien der biografischen Forschung 

� Psychologie/Psychiatrie 

� Soziologie 

� Volkskunde 

� Oral-History-Bewegung 

Methodik 

� Konzeption und Vorbereitung 

� Auswahl der Gewährspersonen 

� Ablauf eines biografischen Interviews 

� Kontext und Umfeld der Befragungssituation 

� Unterstützung der Erinnerungsbereitschaft 

� Verschriftlichung 

Probleme und Kontroversen 

� subjektiv-objektiv 

� qualitativ-quantitativ 

� singulär-repräsentativ 

� Problem der Retrospektive 

� biografisch-autobiografisch 

� narratives oder Leitfaden-Interview 

� schichtenspezifische Probleme 


Zwei beispielhafte Studien 

� quantitativ-qualitativ 

� Regionalstudie-Dorfstudie 

Mohrmann: Alltagswelt im Land Braunschweig, 1990 

� Untersuchungsgebiet: „Land Braunschweig“ 

� Quellen: Nachlassinventare 

� Methodik: quantitativ, seriell, EDV-gestützt 

� Fragestellungen: Stadt-Land-Beziehungen (Wohnkultur), Diffusionsprozesse (diachrone 

Langzeitanalyse), Novations- und Traditionsphasen, Raumnutzungsmuster 

Hauser: Dinge des Alltags, 1994 

� Untersuchungsgebiet: schwäbisches Dorf 

� Quellen: Familienrekonstruktion, Pfarrbeschreibungen, Protokolle, Nachlassinventare 

� Methodik: qualitativ, Quellenkombination 

� Fragestellungen: Lebensstile (Habitus-Modell), Rezeptionen, Verfeinerungen 


Definition (ICOM) 

„a non-profit-making, permanent institution in the service of society and of its development, and open 

to the public, which acquires, conserves, researches, communicates, and exhibits, for purpose of study, 

education and enjoyment, material evidence of man and his environment“ 

� nicht gewinn-orientiert 

� dauerhaft, im Dienst der Gesellschaft, für die Öffentlichkeit 

� sammeln, bewahren, erforschen und vermitteln 

� materielle Zeugnisse (Sachzeugnisse) der Menschen und seiner Umwelt (diese sind heterogen, 

daher verschiedene Museumstypen wie z. B. naturwissenschaftliche Museen, volkskundliche, 

ethnografische, kulturgeschichtliche Museen, Kunstmuseen, Freilichtmuseen) 

Warum interessieren wir uns als europäische Ethnologen für Museen? 

� Berufsfeld 

� wichtiges Medium, um ethnologische Erkenntnisse in die Öffentlichkeit zu tragen 

� Museen wirken bei der Bildung von Identitäten und Geschichtsbildern mit 

� in Museen werden materielle Zeugnisse aufbewahrt 

Museen sind komplexe kulturelle Institutionen 

� Kultur- und Bildungseinrichtung 

� wissenschaftliche Einrichtung (Forschung) 

� Archive der Sachkultur (evtl. auch Erinnerungsarchive) 

� zweckrationale Organisationen (Verwaltung, Personal, Haushalt, Management) 


Warum gründet man Museen? 

� Wandel in der Motivlage bei gesellschaftlichen Neuorientierungen /Brüchen 

� Aufklärung � Bildung 

� Nationalstaaten � Identitäten 

� Fortschrittsglaube � Naturwissenschaft 

� Musealisieren 

� Bewahrung von Dingen 

� durch „Verfrachtung“ Öffentlichkeit herstellen 

� sinnstiftende Bedeutung 

� Vertrautheitsschwund, Kompensation 

� Abhängig vom Wohlstandsniveau 

� (politische) Repräsentation 

Museum als Bildungseinrichtung 

� Museum als Ort des Lernens und des Vergnügens 

� Publikumsbezug, Vermittlung 

� Welche Inhalte? 

� Erkenntnis als Aneignungsprozess 

� Museumspädagogik 


Museum als Wissenschafts- und Forschungseinrichtung 

� aktiv: forschendes Sammeln, Sachkulturforschung, Projekte 

� passiv: Quellenfundus für Universitäten u. a. 

Museum als Sachzeugenarchiv 

� Sammlungsfunktion als Alleinstellungsmerkmal 

� sachgerechtes Bewahren und Dokumentieren des Kontextes 

� Konservierung und Restaurierung 

� Depots/Mengenproblem 

� Erschließung der Sammlung: Inventarisation 

Museum als zweckrationale Organisation 

� Trägerschaft, Finanzierung 

� Organisationsstruktur 

� Marketing und Management 


Museumsentwicklung und Museumstypen 

� Die Entwicklung im 18. Jahrhundert 

� Kunst- und Wunderkammern 

� Franckesche Stiftungen 

� Carl von Linné 

� Große Museen 

� Die Entwicklung im 19. Jahrhundert 

� Bürgertum und Französische Revolution 

� Museum als Ort mit neuem Kontext 

� Wichtige Museumsgründungen 

� Nationale Museen 

� Spezialisierung 

� Neue Typen im 20. Jahrhundert 

� Das Museum als Bildungsstätte 

� Zeitgeschichtliche Museen 

� Museen für Völkerkunde 

� Freilichtmuseen | Ecomusées 

Aufgaben 

� Sammeln 

� Forschen 

� Bewahren 

� Präsentieren und Vermitteln 


Institutionen und Organisationen 

� Der Deutsche Museumsbund (DMB): 

„Der Deutsche Museumsbund (gegründet 1917) ist der bundesweite Interessenverband aller Museen sowie 

derjenigen, die dort arbeiten. Er vertritt die Belange historischer, kulturhistorischer, technikhistorischer, 

naturwissenschaftlicher Museen und Kunstmuseen sowie weiterer Museumsgattungen. Darüber hinaus ist er 

Ansprechpartner für Menschen, die sich für die vielfältige deutsche Museumslandschaft engagieren. „ 

� International Council of Museums (ICOM): 

„Das Nationalkomitee ICOM Deutschland setzt sich für die Aufgaben und Ziele des Internationalen Museumsrats 

ICOM in Deutschland ein. Mit über 3.700 Mitgliedern ist ICOM Deutschland die größte Organisation der Museen 

und Museumsfachleute in Deutschland und zugleich das mitgliederstärkste Nationalkomitee innerhalb des 

Internationalen Museumsrats ICOM.“ 

� Institut für Museumsforschung: 

„Das Institut für Museumsforschung ist eine bundesweit tätige Forschungs- und Dokumentationseinrichtung mit 

Konzentration auf sammlungsübergreifende Aspekte des Museumswesens. Es erbringt Leistungen für die Museen 

in Deutschland in den Bereichen Forschung, anwendungsorientierte Vermittlung und Dokumentation. Das Institut 

arbeitet in Ergänzung zu den regionalen, teilweise hoheitlich tätigen Museumsämtern und Fachberatungsstellen 

der Bundesländer. Es hat keine hoheitlichen Aufgaben im Sinne einer zentralstaatlichen Einrichtung und greift 

damit nicht in die Kulturhoheit der Länder ein.“ 

� Regionale Museumsorganisationen 





Ethische Richtlinien für Museen (ICOM) 

� Grundprinzipien des Museumsbetriebs 

� Mindeststandards 

� Satzung 

� Finanzen 

� Räumlichkeiten 

� Personal 

� Öffentlicher Zugang 

� Gewinnorientierte Aktivitäten 

� Erwerbungen für Museumssammlungen 

� Sammlungen 

� Unrechtmäßiger Erwerb 

� Zusammenarbeit in Fragen der Sammlungspolitik 

� An Bedingungen geknüpfte Erwerbungen 

� Leihgaben von Museen an Museen 

� Dauerhafter Charakter von Sammlungen 

� Aussonderungen 

� Rückgabe und Rücknahme von Kulturgütern 

� Pflege der Sammlungen 

� Konservierung der Sammlungen 

Sammlungsprofile 


Gegenstände als Semiophoren 

� Die Eigenart von Sammlungsgegenständen 

� Sammlungsgegenstände werden der Warenzirkulation entzogen 

� Paradoxon: Sammlungsgegenstände haben einen Tauschwert, aber keinen Gebrauchswert 

(Lt. Marx hat ein Ding keinen Tauschwert ohne Gebrauchswert: „In der von uns zu betrachtenden 

Gesellschaftsform des Kapitalismus bilden die Gebrauchswerte zugleich die stofflichen Träger des 

Tauschwerts.“ K. Marx, Kapital I, MEW 23, 50) 

� Pomian: nützliche Gegenstände und Gegenstände ohne Nützlichkeit (= Semiophoren) 

� „Die Abfolge: Ding, Abfallprodukt, Zeichen mit Symbolcharakter wird von der Mehrheit der 

Gegenstände durchlaufen, aus denen sich das kulturelle Erbe zusammensetzt“ (Pomian) 

� Kulturelles Erbe ist die Gesamtheit der Kulturgüter (cultural heritage) 


Eine zentrale Aufgabe des Museums 

� Dauerausstellungen (Grundaussage des Museums) 

� Wechselausstellungen (Themenvielfalt) 

Ausstellungstypen 

� Objektausstellungen 

� Themenausstellungen 

� Inszenierungen 

Aspekte der Ausstellungsplanung 

� Planung des Themas / Zielgruppe 

� Kompetenz vorhanden? 

� Aktualität des Themas 

� Ausstellungsdauer 

� Objekte vorhanden? 

� Finanzierbarkeit 

� Konzept / Architektur / Wegeführung 

� Beschriftung 

� Beleuchtung 

� Klima 

� Kinder- / behindertengerechte Gestaltung 

� Didaktik 


Quellenwert von Dingen 

� Trennung geistig / materiell 

� Kramers „Dingbedeutsamkeit“ 

� Benjamins „Aura“ 

� Bedeutung / semiotisches Dreieck / Viereck 

Interpretant 

Bedeutung Objekt 

Interpret 


Vom Sinn des Exponierens | Interpretierens 

� Museum als Ort des Wissens und ein Ort des Befremdens 

(Fremdheit vs. Identitätsbildung) 

� Museum als „xenologische Institution“ (Sloterdijk) 

� Museum als „Schule des Befremdens“ 

� Museum der „inneren Ethnologie“ 

� Aufgabe des ethnologischen Museums sei es, „eine Gesellschaft, die sich an 

Identifizierungen klammert, in einen intelligenten Grenzverkehr mit dem Fremden zu 

verwickeln“. 

� Museen sind Archive für die materielle Kultur und „Agenturen der Perspektivierung und 

Sinnproduktion“ . 

� Exponieren heißt, dauerhaft über seine Tätigkeit zu reflektieren

Folie 1 - Seminar für Europäische Ethnologie/Volkskunde

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