Neue Szene Augsburg 2014-09
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info und Veranstaltungskalender unter www.neue-szene.de
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44 Cinerama<br />
MAPS TO THE STARS<br />
Regie: David Cronenberg<br />
mit: Julianne Moore, Mia Wasikowska,<br />
John Cusack, Robert Pattinson,<br />
Olivia Williams u.a.<br />
David Cronenbergs erster Hollywoodfilm<br />
legt einer Filmstadtfamilie<br />
die Karten. Der Vater ist ein<br />
Motivationstrainer, der ein Vermögen<br />
mit Selbsthilfe-Anleitungen<br />
verdient hat, die Mutter schraubt<br />
an der Karriere ihres Sohnes, dem<br />
13jährigen Kinderstar. Und dann ist<br />
da noch die frisch aus der Psychiatrie<br />
entlassene Tochter. Ähnlich<br />
der bitterbösen Süffisanz eines<br />
Mullholand-drivenden David Lynch<br />
fühlt sich das an, wie sich hier die<br />
pathologische Grundschlechtheit<br />
eines Ortes entfaltet. Wenn auch<br />
eine Tendenz zur satirischen Überspanntheit<br />
den Film vielleicht weniger<br />
bemerkenswert dastehen lässt<br />
als dessen Vorgänger „Cosmopolis“<br />
– sehenswert ist ein Cronenberg<br />
immer. Dann aber unbedingt und<br />
ausschließlich im Original! Wie die<br />
deutsche Synchronisationsfirma<br />
es geschafft hat, den Ton derart<br />
herunterzufahren und kaputt zu<br />
machen, das ist erstaunlich. (fs)<br />
(Kinostart: 11.<strong>09</strong>.)<br />
<br />
A MOST WANTED MAN<br />
Regie: Anton Corbijn<br />
mit: Philip Seymour Hoffman, Rachel<br />
McAdams, Nina Hoss, Daniel Brühl,<br />
Willem Dafoe u.a.<br />
Das saß, als am zweiten Februar<br />
diesen Jahres der großartige Philip<br />
Seymour Hoffman im Alter von gerade<br />
mal 46 Jahren tot aufgefunden<br />
wurde. Die Welt trauerte, denn<br />
man war sich über den Verlust im<br />
Klaren. Der beste Mann war von<br />
der Leinwand gefallen. Da kommt<br />
der Titel dieses Agententhrillers<br />
nach John le Carré einem posthum<br />
maßgeschneiderten Abschiedsgruß<br />
gleich. Die Jagd nach dem Spion<br />
Issa, der Opfer, Täter, Betrüger<br />
und extremistischer Fanatiker in<br />
einer Person zu sein scheint, hat<br />
aber genug Spannung geladen,<br />
um sich unabhängig von der Tragik<br />
der Realität sehen zu lassen.<br />
Eine Geschichte von Liebe, Verrat<br />
und Macht, mit den Schauplätzen<br />
Hamburg und Berlin und der Musik<br />
von Herbert Grönemeyer. Fast so<br />
aufregend wie die Mischung an<br />
Barbituraten, Uppers und Downers,<br />
die Seymour Hoffman den Tod beibrachten.<br />
(fs) ) (Kinostart: 11.<strong>09</strong>.)<br />
<br />
LOLA AUF DER ERBSE<br />
egie: Thomas Heinemann<br />
mit: Tabea Hanstein, Christiane<br />
Paul, Tobias Oertel, Peter Fieseler,<br />
Berivan Kaya u.a.<br />
Lola ist elf Jahre alt und lebt mit ihrer<br />
Mutter Loretta auf einem in die Jahre<br />
gekommenen, aber wunderschönen<br />
Hausboot, der „Erbse“. Bis vor zwei<br />
Jahren gehörte auch noch ihr Vater<br />
zur Familienbesatzung, doch eines<br />
Tages war der Musiker plötzlich<br />
verschwunden. Seitdem wartet Lola<br />
sehnsüchtig auf seine Rückkehr und<br />
lässt sich weder die Haare schneiden,<br />
noch neue Schuhe kaufen und<br />
schon gar nicht den Hals waschen,<br />
da ihr Vater sie dort vor seinem<br />
Verschwinden küsste. Als die Mutter<br />
sich einen neuen Kerl angelt, lässt<br />
die Kleine nichts unversucht, der<br />
frischen Beziehung den Wind aus den<br />
Segeln zu nehmen und den <strong>Neue</strong>n<br />
wieder von Bord zu bekommen. Ganz<br />
nebenbei bekommt das Märchen<br />
irgendwann sogar politischen Mehrwert,<br />
dann nämlich, als auf der Erbse<br />
Einwanderer ohne Papiere Zuflucht<br />
finden. Mehr wird nicht verraten!<br />
Außer, dass kleine Kinofreunde hier<br />
bestimmt auf ihre Kosten kommen.<br />
(fs) ) (Kinostart: 04.<strong>09</strong>.)<br />
<br />
EVERYDAY REBELLION<br />
Regie: Arman T.Riahi, Arash T. Riahi<br />
Filmessay<br />
Ob Sprechchöre von Occupy Wall<br />
Street, barbusige ukrainische<br />
Femen-Aktivistinnen oder topfschlagende<br />
Nachbarinnen in Madrid<br />
– hier werden alle Wütenden und<br />
Empörten dieser Welt in einen Topf<br />
geworfen. Erstaunlich, wie uninteressant<br />
und beiläufig Rebellion<br />
aussehen kann. Dort, wo lediglich<br />
für ein Recht auf Arbeit, ein Recht<br />
auf Konsum und ein stinknormales<br />
bürgerliches Leben mit konservativen<br />
Werten auf die Straße<br />
gegangen wird, liegt schon der<br />
Hund mit der nicht vorhandenen<br />
Haltung begraben. Man will es eben<br />
allen recht machen. Genau das ist<br />
auch das Problem des Films: Man<br />
springt von einem Schauplatz zum<br />
nächsten, teilnahmslos und ziellos.<br />
Lediglich der Protest im Iran vermittelt<br />
einen Anflug von Leidenschaft<br />
seitens der Filmemacher. Aber dann<br />
wieder: Reverend Billy, Banksy und<br />
Anonymous mit verschwörerischer<br />
Flüsterpost. Ein Stilmittel, das so<br />
auch schon in „Arrebato“, einem<br />
wirklich radikalen Film des Spaniers<br />
Iván Zulueta, zu sehen war. Aber<br />
das waren andere Zeiten...(fs))<br />
(Kinostart: 11.<strong>09</strong>.)<br />
<br />
FILM DES MONATS<br />
SONG FROM THE FOREST<br />
Regie: Michael Obert<br />
Dokumentarfilm mit Louis Sarno, Jim Jarmusch u.a.<br />
Eine unglaubliche, aber wahre Geschichte: Ein New Yorker verhört sich im<br />
Radio in die Klänge einer ihm sehr fernen Welt, die ihn an sein Innerstes<br />
rühren und ihn dorthin, wo sie herkommen, führen. In den tiefsten Dschungel<br />
Zentralafrikas, zu den Pygmäen und ihren Gesängen, zieht es Louis<br />
Sarno, den Musikforscher. Dreißig Jahre später spürt ihn der Reisefilmer<br />
Michael Obert auf, in einem kleinen Urwalddorf, glücklich und im Einklang<br />
mit den Waldbewohnern lebend. Sarno war nie wieder zurückgekehrt nach<br />
New York, aber jetzt ist der Zeitpunkt, da er seinem sechzehnjährigen Sohn<br />
das Versprechen einlösen will, ihm diese andere Welt, aus der er einst<br />
kam, zu zeigen. Zerrissenheit und Unruhe befällt die beiden auf dieser<br />
Reise durch die zweite Hälfte dieses stillen und beobachtenden Films.<br />
Nicht uninteressant dabei auch die Begegnung mit Sarnos bestem Freund<br />
von einst: Jim Jarmusch. Schnell wird klar, dass Sarno mit der alten Welt<br />
nicht mehr kann. Eine filmische Begegnung, die einerseits von intensiven<br />
Bildern und Klängen lebt, andererseits eine seltsam spröde Annäherung<br />
darstellt. (fs) (Kinostart: 11.<strong>09</strong>.)<br />
<br />
3D