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Interview mit Ian Poulter

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Dringender Themenwechsel. Let’s talk about golf.<br />

Golf war für <strong>Poulter</strong> nie ein Hobby, so, wie es neben den<br />

Autos auch Uhren sind. Und der Fußballklub Arsenal London<br />

(er freut sich über die Verpflichtung Özils, fordert einen Topstürmer<br />

und glaubt, dass Mertesacker ein Dogs-Kicker ist).<br />

Golf bedeutete immer harte Arbeit. Disziplin. Als Vierjähriger<br />

wurde er von Vater Terry <strong>mit</strong> einem abgeschnittenen Dreierholz<br />

auf den Pfad der Jugend geführt, ab dem 15. Lebensjahr<br />

verdiente er seinen Unterhalt in einem Golfshop als Verkäufer.<br />

Bis er 22 war. 200 Euro pro Woche. „Nach der Schule merkte<br />

ich, dass ich keine Zukunft als Fußballer hatte. Ich entschied<br />

mich für Golf.“<br />

Sein erstes Schlägerset hat <strong>Poulter</strong> vor Jahren einem Freund<br />

geschenkt. Heute möchte er es zurückkaufen, das aktuelle<br />

Angebot steht bei 20 000 Dollar. Der Freund bleibt standhaft.<br />

Ein wahrer Fan. Wohl einer jener Sorte, die im Zelt schlafen,<br />

wenn ihre Helden gen Amerika ziehen. Ein Mann wie <strong>Ian</strong> <strong>Poulter</strong><br />

1993. Als 17-Jähriger besuchte er seine Helden in Wishaw,<br />

Warwickshire, als im Club The Belfry der 30. Ryder Cup gespielt<br />

wurde. Montgomerie, Woosnam, Faldo & Kollegenschaft<br />

verloren gegen die USA 13:15. „Ich schlief <strong>mit</strong> zwei Freunden<br />

im Zelt. Die Nacht kostete drei Pfund. Ich war verzaubert von<br />

dieser Atmosphäre, dieser einzigartigen Ländermatchstimmung,<br />

und ich hatte plötzlich eine Mission: Ich wollte, musste<br />

es schaffen, dort einmal dabei zu sein.“<br />

Für das Team und für die<br />

Leiden schaft. Der Erfolg kommt –<br />

im Bestfall – automatisch <strong>mit</strong>.<br />

Der Ryder Cup<br />

<strong>Poulter</strong>, der sich 1999, sechs Jahre danach, für die European<br />

Tour qualifizierte, schaffte es. 2004, 2010 und 2012 gewann<br />

er <strong>mit</strong> Europa den prestigeträchtigen Vergleich zwischen den<br />

Kontinenten. Der Brite hat im Ryder Cup keine Einzelpartie<br />

verloren. Keine. Zwölf Siegen stehen drei Niederlagen gegenüber.<br />

Mit dieser 80-Prozent-Erfolgsquote ist er der erfolgreichste<br />

Spieler jener, die bei mehr als 15 Ryder-Cup-Matches<br />

angetreten sind. Unvergessen <strong>Poulter</strong>s Finish vor zwei Jahren<br />

in Medinah (USA), als er am Samstag im Vierer auf den letzten<br />

fünf Löchern fünf Birdies ablieferte und da<strong>mit</strong> die bereits fast<br />

geschlagenen Europäer auf die Siegerstraße führte. „Besser<br />

geht’s nicht“, sagt er heute. Und das sagte auch der Coach<br />

der Europäer, José María Olazábal. „Man müsste für <strong>Ian</strong> eine<br />

Statue errichten. Diese Leistung im Vierer war übermenschlich.<br />

Er hat unserem Team in der schwierigsten Situation das<br />

Momentum gegeben.“<br />

Wie <strong>Poulter</strong> dieses Kunststück gelang? „Weil ich verlieren<br />

hasse. Und das macht es schwer, mich zu besiegen. Schreib<br />

das! Ich hasse verlieren. Ich hasse verlieren. Schreib das!“ <strong>Ian</strong><br />

<strong>Poulter</strong> hasst verlieren. Auftrag ausgeführt.<br />

Die Augen des 38-Jährigen leuchten. Er ist jetzt schon „on<br />

fi re“. „Ich wusste in Medinah: Entweder wir werden abgeschlachtet,<br />

oder ich gebe unserem Team <strong>mit</strong> meiner Präsenz<br />

einen zarten Hoffnungsschimmer.“ Er lächelt milde, gleichermaßen<br />

ein Ausdruck der Gnade, die er <strong>mit</strong> den Kontrahenten<br />

nicht hat. Nie. Aber was macht ihn so unbesiegbar, wie<br />

kommt’s? Olazábal weiß es: „Es ist allein schon sein Auftreten.<br />

Der Ryder Cup bringt sein großes Kämpferherz so richtig<br />

heraus. Ihn umgibt die Aura des Unbesiegbaren, die ihn<br />

im Matchplay zusammen <strong>mit</strong> seiner Putt- und Nervenstärke<br />

so gut macht.“<br />

„Ich glaube, ich frustriere sie“, sagt der beste Matchplayer der<br />

Welt. Ob er wohl gegen einen Typen wie sich selbst spielen<br />

möchte? Wie <strong>mit</strong> dem Driver geschossen, korrigiert er das<br />

spontane Nein. „Ich würde sehr wohl gegen mich spielen wollen.<br />

Da<strong>mit</strong> ich weiß, wie es sich anfühlt. Und ich glaube nicht,<br />

dass ich gegen mich gewinnen würde.“ Ein Satz <strong>mit</strong> philosophischem<br />

Tiefgang.<br />

Den Ryder Cup liebt <strong>Poulter</strong>, weil er „über den Reiz des<br />

Geldes hinausgeht“. Freilich sei Geld „very interesting“ im Golf,<br />

ein Bonus, aber der Ryder Cup sei pure Leidenschaft – Golf als<br />

Teamsport, für einen Kontinent, für die Zuschauer. „Wir spielen<br />

für Fans, wie ich einer war, damals in The Belfry. Dessen müssen<br />

wir uns bewusst sein, wenn wir auf den Platz gehen.“<br />

www.ianpoulter.com<br />

Der Erfolg<br />

Weil Honig auch dazu da ist, ihn jemandem um den Mund<br />

zu schmieren, wird <strong>Ian</strong> <strong>Poulter</strong> <strong>mit</strong> der Tatsache konfrontiert,<br />

dass er in Deutschland und Österreich tausende Fans hat, weil<br />

er so ein cooler Typ ist. Freilich gefällt ihm das. „Als ich Profi<br />

wurde, konnte ich den coolen Weg nicht einschlagen, weil ich<br />

zu wenig Geld hatte. Heute fällt mir das leichter.“<br />

Zwölfmal triumphierte der Mann aus Hitchin auf der European<br />

Tour. Ein Major-Sieg fehlt. Zweiter und Dritter bei den British<br />

Open, Dritter bei den PGA Championships – was sind die<br />

Ziele? „In erster Linie möchte ich die British Open gewinnen.<br />

Aber wenn es in Augusta passiert, nehme ich es auch“, lächelt<br />

der zweifache Sieger der Matchplay-Championships. „Und<br />

wenn es <strong>mit</strong> dem Major nichts wird, kann ich immer noch<br />

sagen, dass der Ryder Cup mein Major ist.“<br />

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