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HANS REINERTH 1900−1990  KARRIERE UND IRRWEGE

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Gunter SCHÖBEL<br />

(Abb. 16), der schon 1928 erstmals die Nachrichten<br />

der Deutschen Anthropologischen Zeitschrift druckte<br />

und den Mannus vertrieb, sofort ins Auge. 130 Das<br />

Germanenerbe, die bereits 1931 im ersten Thesenpapier<br />

geforderte volkstümliche wissenschaftliche<br />

Zeitschrift in der Herausgeberschaft Reinerths, zeigt<br />

alle Facetten der damaligen, politisch eingespannten<br />

Wissenschaft und ist zugleich eine ausführliche Dokumentation<br />

der Wissenschaftsgeschichte des Amtes<br />

Rosenberg, des Reichsbundes und des Berliner Institutes<br />

zwischen 1935 und 1943. 131<br />

Die Einführung der deutschen Vorgeschichte<br />

in die Schulen erlebte einen großen Aufschwung<br />

(Abb. 17), entsprechend den Forderungen der<br />

Zwanziger Jahre schaffte die nationalsozialistische<br />

Zeit rasch die Einführung in Lehrpläne und Studienvorschriften.<br />

132 Die Rekonstruktionen und<br />

plastisches Anschauungsmaterial halfen bei der<br />

Vermittlung gegenüber einem Millionenpublikum<br />

mit. Unter Verwendung moderner pädagogischer<br />

Konzepte der vorangegangenen Jahre schaffte es<br />

die Vorgeschichte im Nationalsozialismus auch den<br />

Museums- und Ausstellungsbereich in beeindruckender<br />

Weise zu didaktisieren, ein Problem, das<br />

die vermittelnden Museumsfachleute und Pädagogen<br />

noch lange nach 1945 beschäftigen sollte. 133<br />

Gerade weil historische Realitäten auf eindringliche<br />

und gekonnte Weise klischiert und verfälscht wurden,<br />

war die Durchdringung breiter Bevölkerungsschichten<br />

so stark, dass man noch heute Elemente<br />

der Zeit in Schulbüchern und Museen betrachten<br />

130<br />

Vgl. etwa: <strong>REINERTH</strong> 1938a; <strong>REINERTH</strong> 1938b; FUN-<br />

KENBERG 1937a; FUNKENBERG 1937b; FUNKENBERG<br />

1939.<br />

131<br />

Vgl. <strong>REINERTH</strong> 1932. Die Zeitschrift Germanenerbe erscheint<br />

von Mai 1936 bis Ende 1942 in 7 Jahrgängen. Der fertiggestellte<br />

Satz des 8. Jahrgangs kann Anfang 1943 aus Papiermangel<br />

nicht mehr in Druck gehen, APM.<br />

132<br />

SCHÖBEL 1994, 26 f., bes. Fußnote 60. Die Richtlinien für<br />

den Geschichtsunterricht Erlass III 3120/22.6 schreiben ab dem<br />

9. 5. 1933 durch Frick entsprechend einem Erlass Rust v. 17. 03.<br />

1933 die Darstellung des heldischen und des „Führergedankens”<br />

fest. Hans Reinerth wird am 9. 06. 1932 durch H. Schemm<br />

(NSLB) erstmals um Zusammenarbeit mit der Fachgruppe<br />

gebeten. Die Ernennung Reinerths zum Reichsbearbeiter für<br />

Vor- und Frühgeschichte erfolgt am 17. 03. 1936 durch Gauleiter<br />

F. Wächtler in Bayreuth. Die Tagung Ulm 1936 findet in<br />

Verbindung mit der zweiten Reichstagung der Geschichte und<br />

Vorgeschichte des NSLB statt, die Tagung in Elbing 1937 mit<br />

der dritten, in Hannover 1938 mit der vierten. Am 17. und 19.<br />

07. 1937 ist in Oerlinghausen eine große Lehrerbundtagung<br />

vermerkt. Der erste Reichslehrgang der Gausachbearbeiter für<br />

Vorgeschichte in Bayreuth vom 30. 01.–5. 02. 1938 steht unter<br />

dem Thema „Deutsche Vorgeschichte und Schule”.<br />

133<br />

Als durchaus beachtenswertes Kompendium zur Museumslandschaft<br />

und als Arbeitsergebnis des Reichsbundes ist<br />

kann. Anschauungsmaterial über das Handwerk<br />

und das Wesen der Germanen konnte zum Beispiel<br />

vom Lehrmittelverlag Weber-Ullrich in Köln<br />

(Abb. 18) oder vom Pestalozzi Verlag in Leipzig bezogen<br />

werden (Abb. 19). 134<br />

Die Punkte Gleichschaltung, Schaffung von<br />

Lehrstühlen und Ausbau der Landesämter funktionierten,<br />

wohl auch aufgrund des starken Drucks der<br />

konkurrierenden Parteien entlang ideologisch verformter<br />

Thesen, mit wenigen Ausnahmen, auch die<br />

Einflussnahme auf die Entscheidungen der Notgemeinschaft<br />

der Deutschen Wissenschaften oder die<br />

verstärkte Erforschung der Grenzländer gelang.<br />

Die Tagungen des Reichsbundes für deutsche<br />

Vorgeschichte, der bestimmenden Gleichschaltungsinstitution<br />

der Vereine waren oft mit groß angelegten<br />

Parteiauftritten kombiniert (Abb. 20). Die<br />

Parteiprominenz, wie Rosenberg zwischen Hans<br />

Reinerth und Hans Hahne und Walther Schulz auf<br />

der ersten Tagung in Halle 1934, hielt einführende,<br />

thematisch der Vorgeschichte angepasste Vorträge.<br />

In Halle war Rosenberg mit: „Umwertung<br />

der deutschen Geschichte”, Prof. Hans Hahne mit:<br />

„Vorgeschichte als Volkheitskunde”, Prof. Walther<br />

Schulz mit: „Indogermanen und Germanen in Mitteldeutschland”<br />

und Privatdozent Dr. Reinerth mit:<br />

„Der Reichsbund im Kampf um die deutsche Vorgeschichte”<br />

vertreten. 135 Fast 20 000 hatten sich auf<br />

der 3. Reichsbundtagung in Ulm auf den Strassen<br />

eingefunden, um die Rede des Beauftragten des<br />

Führers für die gesamte weltanschauliche Schulung<br />

hervorzuheben: <strong>REINERTH</strong> 1941. Der zweite Teil (Norddeutschland)<br />

sollte nach Kriegsende erscheinen.<br />

134<br />

Vgl. GESCHWENDT 1928; GESCHWENDT 1930; GE-<br />

SCHWENDT 1934; KESTING 1936, 403 ff.; ZYLMANN<br />

1933, 590 ff.; Die zweite Tagung des Reichsbundes für deutsche<br />

Vorgeschichte. Neue Bahnen, Illustrierte Monatshefte der Reichsfachschaft<br />

IV (Volksschule) im NSLB, H. 11, November 1935,<br />

349; GEHL 1936, für die Oberstufe mit 11 Skizzen und 45 Abbildungen.<br />

Im Januar 1936 finden etwa in Berlin in allen 10 Kreisen<br />

Fachvorträge der Abteilung Erziehung und Unterricht durch<br />

W. Hülle, v. Stokar, W. Bohm, J. Lechler, H. Maier oder L. Rothert<br />

statt: Nationalsozialistische Erziehung. Kampf- und Mitteilungsblatt<br />

des NSLB für den Gau Groß-Berlin, Jg. 5, 11. Januar 1936,<br />

24; F. Dinstuhl (Hrsg.), Deutsche Vorgeschichte im Unterricht.<br />

Gausachbearbeiter für Deutsche Vorgeschichte, NSLB-Nachrichten<br />

des Gaues Düsseldorf, Sondernr. 2 (o. J.); Lehrsammlungen zur<br />

Steinzeit, Lehrsammlung „Die Urgermanische Zeit”. Hergestellt in<br />

Zusammenarbeit mit dem Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte.<br />

Wiss. Bearbeiter L. Rothert/W. Bohm (Berlin o. J.); Bilder zur<br />

deutschen Ur- und Frühgeschichte, (Verl. Wachsmuth, Leipzig o.<br />

J). „Ausfahrt der Wikinger”, Schulwandbild des Reichsbundes für<br />

Deutsche Vorgeschichte im Pestalozzi-Fröbel-Verlag (Leipzig).<br />

135<br />

1. Tagung des Reichsbundes für Deutsche Vorgeschichte in<br />

Halle/Saale vom 13.–20. 10. 1934, Tagungsunterlagen APM,<br />

Völk. Beobachter v. 16. 10 u. 17. 10. 1934, Nordd. Ausgabe.<br />

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