dena-Planungshandbuch energieeffizienten Bauen und Sanieren - Gebäudehülle
<p>Das dena-Planungshandbuch ist eine Fachreihe, die die komplexen und aktuellen Themen zum energieeffizienten Bauen und Sanieren in drei Bänden strukturiert zusammenfasst. </p> Alle Publikationen zum herunterladen oder bestellen unter <a href="http://www.dena.de/publikationen">www.dena.de/publikationen</a>
<p>Das dena-Planungshandbuch ist eine Fachreihe, die die komplexen und aktuellen Themen zum energieeffizienten Bauen und Sanieren in drei Bänden strukturiert zusammenfasst. </p>
Alle Publikationen zum herunterladen oder bestellen unter <a href="http://www.dena.de/publikationen">www.dena.de/publikationen</a>
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Planungshandbuch</strong>.<br />
Energieeffizientes <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> <strong>Sanieren</strong>.<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
G
G<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Die inhaltlichen Schwerpunkte des vorliegenden Bandes zur <strong>Gebäudehülle</strong> liegen bei den Themengebieten<br />
der Luftdichtheit <strong>und</strong> der Innendämmung. Zusätzlich werden gr<strong>und</strong>legende GPrinzipien energieeffizienter<br />
Gebäude behandelt.<br />
Das <strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong> ist ein erweiterbares Nachschlagewerk, das mit jeder Auflage stetig ergänzt<br />
<strong>und</strong> aktualisiert wird. Damit ist es möglich, das <strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong> den technischen, wirtschaftlichen<br />
<strong>und</strong> gesetzlichen Entwicklungen anzupassen. Gr<strong>und</strong>legende Themen <strong>und</strong> Prinzipien im Bereich des <strong>energieeffizienten</strong><br />
<strong>Bauen</strong>s <strong>und</strong> <strong>Sanieren</strong>s werden nach <strong>und</strong> nach komplettiert.<br />
G1<br />
Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
G1.1 Thermische Behaglichkeit.<br />
G2<br />
Konstruktion.<br />
G2.1 Wärmebrücken.<br />
G2.2 Außenwand.<br />
G2.3 Fenster <strong>und</strong> Verglasungen.<br />
G3<br />
Innendämmung.<br />
G3.1 Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung.<br />
G3.2 Technische Regelwerke.<br />
G3.3 Materialien in der Innendämmung.<br />
G4<br />
Luftdichtheit.<br />
G4.1 Einführung.<br />
G4.2 Planungsgr<strong>und</strong>lagen.<br />
G4.3 Messen <strong>und</strong> Prüfen.<br />
Glossar <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Produktbeileger.
Impressum.<br />
<strong>Planungshandbuch</strong>.<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Herausgeber.<br />
Deutsche Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>)<br />
Energieeffiziente Gebäude<br />
Chausseestraße 128a<br />
10115 Berlin, Germany<br />
Tel: +49 (0)30 72 61 65-600<br />
Fax: +49 (0)30 72 61 65-699<br />
info@<strong>dena</strong>.de<br />
www.<strong>dena</strong>.de<br />
Copyright Titelbild.<br />
Sascha Kletzsch, München<br />
Fachliche Kooperation.<br />
Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e.V.<br />
Fachverband Wärmedämm-Verb<strong>und</strong>systeme e.V.<br />
Stand.<br />
1. Auflage 2012<br />
Konzept <strong>und</strong> Redaktion.<br />
Heike Marcinek<br />
Oliver Krieger<br />
Henning Discher<br />
Nana Doerrie<br />
Kristina Zimmermann<br />
Christian Stolte (Bereichsleitung)<br />
Satz <strong>und</strong> Layout.<br />
PROFORMA Gesellschaft für Unternehmenskommunikation<br />
mbh & Co. KG<br />
sowie<br />
Lektorat.<br />
die textreinigung<br />
Druck.<br />
Bodensee Organisation Products GmbH & Co. KG<br />
DBM Druckhaus Berlin-Mitte GmbH<br />
Alle Rechte sind vorbehalten. Die Nutzung steht unter dem Zustimmungsvorbehalt<br />
der <strong>dena</strong>.<br />
© 2012 Deutsche Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>)
G1<br />
Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
G<br />
G1 Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
G1.1 Thermische Behaglichkeit.<br />
G1.1
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
G1.1 Thermische Behaglichkeit.<br />
Teil 1: Winterliche Verhältnisse.<br />
Autoren:<br />
Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang Richter<br />
Dr.-Ing. Thomas Hartmann<br />
G<br />
G1.1<br />
1
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
G1.1<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
Inhalt.<br />
1<br />
Gr<strong>und</strong>lagen. 5<br />
1.1 Wissenswertes für die Bau- <strong>und</strong> Modernisierungspraxis. 5<br />
1.2 Raumklima <strong>und</strong> thermische Behaglichkeit. 6<br />
1.3 Raumtemperaturen. 7<br />
1.4 Luftgeschwindigkeit <strong>und</strong> Zugluftrisiko. 8<br />
1.5 Grafiken dieser Broschüre. 9<br />
1.6 Weiterführende Regelwerke. 10<br />
1.7 Thermische Behaglichkeit – kurz gefasst. 10<br />
2<br />
Der Einfluss des Wärmeschutzes. 11<br />
2.1 Altbau: Heizkörper (ohne Luftwechsel). 13<br />
2.2 Niedrigenergiehaus: Heizkörper (ohne Luftwechsel). 14<br />
2.3 Altbau: Fußbodenheizung (ohne Luftwechsel). 15<br />
2.4 Niedrigenergiehaus: Fußbodenheizung (ohne Luftwechsel). 16<br />
3<br />
Der Einfluss der Heizflächen anordnung. 17<br />
3.1 Heizkörper an Außenwand (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ). 19<br />
3.2 Heizkörper an Innenwand (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ). 20<br />
3.3 Heizkörper an Seitenwand (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ). 21<br />
3.4 Fußbodenheizung (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ). 22<br />
3.5 Wandheizung: Außen- <strong>und</strong> Seitenwand<br />
(Luftwechsel n = 0,25 h -1 ). 23<br />
3.6 Wandheizung: Seitenwände (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ). 24<br />
G1.1<br />
4<br />
Der Einfluss des Fensterflächenanteils. 25<br />
4.1 Fensterfläche 30 Prozent: Heizkörper (ohne Luftwechsel). 27<br />
4.2 Fensterfläche 100 Prozent: Heizkörper (ohne Luftwechsel). 28<br />
4.3 Fensterfläche 30 Prozent: Fußbodenheizung<br />
(ohne Luftwechsel). 29<br />
4.4 Fensterfläche 100 Prozent: Fußbodenheizung<br />
(ohne Luftwechsel). 30<br />
5<br />
Der Einfluss des Luft wechsels. 31<br />
5.1 Luftwechsel n = 0,25 h -1 : Heizkörper. 33<br />
5.2 Luftwechsel n = 0,50 h -1 : Heizkörper. 34<br />
5.3 Luftwechsel n = 0,25 h -1 : Fußbodenheizung. 35<br />
5.4 Luftwechsel n = 0,50 h -1 : Fußbodenheizung. 36<br />
6<br />
Der Einfluss des Heizsystems. 37<br />
7<br />
Der Einfluss des Lüftungs systems. 39<br />
7.1 Abluftsysteme mit Außenwand-Luftdurchlässen (ALD). 39<br />
7.2 Zu- <strong>und</strong> Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung. 42<br />
3
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
8<br />
Methodische Anmerkungen. 45<br />
8.1 Umfassende Kriterien der thermischen Behag lichkeit. 45<br />
8.2 Spezielle Kriterien der thermischen Behaglichkeit. 45<br />
8.3 Summative thermische Behaglichkeit. 46<br />
9<br />
Anhang. 47<br />
G1.1<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
1 Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
1.1 Wissenswertes für die Bau- <strong>und</strong> Modernisierungspraxis.<br />
Angenehme <strong>und</strong> behagliche Räume bestimmen wesentlich den Nutzen <strong>und</strong><br />
den Kom fort von Wohnungen oder Büros. Um diese Qualität zu erreichen,<br />
genügt es nicht, die Wärmedämmung der Räume zu verbessern. Auch beim<br />
Niedrigenergiehaus stellt sich thermische Behaglichkeit nicht von selbst ein.<br />
Damit stehen der Neubau <strong>und</strong> die Sanie rung von Wohngebäuden <strong>und</strong> Nichtwohngebäuden<br />
vor neuen Anforderungen.<br />
Anspruchsvolle thermische Bedingungen lassen sich erzielen, wenn geeignete<br />
bau- <strong>und</strong> anlagentechnische Lösungen sinnvoll kombiniert werden.<br />
Generell gilt, dass Heiz flächen nur in hydraulisch abgeglichenen Systemen in<br />
Verbindung mit geeigneten Regel einrichtungen einen optimalen Beitrag zur<br />
behaglichen Raumkonditionierung leisten können.<br />
Bei ganzheitlichen<br />
Betrachtungs weisen ist die<br />
Einhaltung der thermischen<br />
Behaglich keit eine ausgesprochen<br />
wichtige Vorausset zung<br />
für kostengünstiges <strong>Bauen</strong>, optimierte<br />
Energieeinsparung bzw. CO 2<br />
-<br />
Emissionsminderung <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>es<br />
Nutzen sowie den ins besondere<br />
uneingeschränkten Kom fort der<br />
Aufent haltsräume in Wohnungen,<br />
Büros usw.<br />
Zwar verbessert sich die thermische Behaglichkeit mit zu nehmendem Wärmeschutz<br />
des Gebäudes gr<strong>und</strong>sätzlich, doch das heißt nicht, dass sie beim<br />
Niedrig energiehaus in der Heizperiode keine besondere Beachtung mehr verdient.<br />
In der Praxis sind zahlreiche Fragen zu klären:<br />
Wie wirken sich unterschiedliche Heizsysteme auf die thermische<br />
Behaglichkeit aus?<br />
Welchen Einfluss hat die Lüftung?<br />
Lassen sich die Komponenten der Heiztechnik <strong>und</strong> der Lüftung<br />
beliebig im Raum anordnen <strong>und</strong> kombinieren?<br />
Wie problematisch sind Außenwände mit großen Fensterflächen?<br />
Die vorliegende Broschüre soll Fachplanern, Architekten, Handwerkern <strong>und</strong><br />
Bauherren eine Hilfestellung geben, um Bauvorhaben <strong>und</strong> Modernisierungen<br />
hinsichtlich der thermischen Behaglichkeit in der Heizperiode zu optimieren.<br />
G1.1<br />
Denn negative Folgen sind zu erwarten, wenn die baulichen Lösungen <strong>und</strong><br />
die Anlagen technik nicht optimal aufeinander abgestimmt sind. Dann empfinden<br />
die Nutzer ihre Räume z. B. als fußkalt oder zugig. Um diese unangenehme<br />
Situation zu verbessern, drehen sie die Heizung auf (durch Verstellen<br />
der Raumtemperatur-Regelein richtung) oder drosseln die Lüftung. Im ersten<br />
Fall vergrößern sich der Energieverbrauch <strong>und</strong> die Betriebskosten. Bei reduzierter<br />
Lüftung steigt die Konzentration von Schadstoffen in der Raumluft,<br />
verb<strong>und</strong>en mit der Gefahr der Schimmelpilzbildung <strong>und</strong> eventuell Bauschäden.<br />
Die Broschüre enthält Praxistipps, die auf der Basis umfassender wissenschaftlicher<br />
Untersuchungen entwickelt wurden. Hier finden Sie die neuesten<br />
Informationen r<strong>und</strong> um die thermische Behaglichkeit in Gebäuden in der<br />
Heizperiode, die nach den Standards für Niedrigenergiehäuser errichtet <strong>und</strong><br />
saniert wurden.<br />
Der erste Teil ist für Praktiker bestimmt, die einen schnellen Überblick sowie<br />
Einbau tipps suchen. Eine „Kurzfassung“ r<strong>und</strong>et dieses Angebot ab (Seite 10).<br />
Die weiteren Kapitel dienen der vertieften Information. Die wichtigsten Fälle<br />
in Bezug auf thermische Behaglichkeit sind abgebildet.<br />
5
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Das Raumklima wird beeinflusst<br />
durch:<br />
Lufttemperatur,<br />
Luftgeschwindigkeit,<br />
Luftwechsel,<br />
Strahlungstemperatur <strong>und</strong><br />
Luftfeuchte.<br />
1.2 Raumklima <strong>und</strong> thermische Behaglichkeit.<br />
In geschlossenen Räumen gibt ein Mensch, bei üblicher körperlicher Betätigung,<br />
über 100 Watt Wärme in Form von Strahlung, Konvektion <strong>und</strong> Verdunstung<br />
an die Umge bung ab. Die meisten Menschen fühlen sich bei einer<br />
Raumtem pe ratur von 20 – 22 °C wohl. Mit zu nehmender Lufttemperatur<br />
verringern sich die Strahlungs- <strong>und</strong> Konvek tionsanteile. Bei etwa 34 °C findet<br />
eine 100-prozentige Verdunstungs kühlung statt. Man schwitzt. Ist auf der anderen<br />
Seite die Raumtemperatur sehr niedrig, äußert sich das Unbehagen in<br />
zum Teil starken Frieren bis zum Zittern.<br />
Erfahrungswerte für die<br />
Empfin dungstemperatur<br />
in unterschiedlich genutzten<br />
Räumen:<br />
Wohnraum: 20 – 22 °C<br />
Schlafraum: 16 – 18 °C<br />
Bad: 24 – 26 °C<br />
Die operative Temperatur (Empfindungstemperatur) ist ein seit Jahren bekannter<br />
Maß stab zur Beurteilung thermischer Komfortzustände <strong>und</strong> bildet<br />
den Mittelwert aus der Lufttemperatur <strong>und</strong> den gemittelten Oberflächentemperaturen<br />
des Raumes.<br />
Nach DIN EN ISO 7730 wird mit dem PMV-Wert (Predicted Mean Vote) ein<br />
mittleres Raum klima durch die Nutzer beurteilt. Daraus folgt der PPD-Wert<br />
(Predicted Percentage of Dissatisfied) als zu erwartender Prozentsatz Unzufriedener.<br />
G1.1<br />
Ein Raum wird als behaglich<br />
empfun den, wenn die Differenzen<br />
zwischen<br />
Wandoberflächentemperaturen<br />
<strong>und</strong> Raumlufttemperatur weniger<br />
als 4 K,<br />
Oberflächentemperaturen<br />
verschiedener Raumflächen<br />
(Strahlungs asymmetrie) weniger<br />
als 5 K <strong>und</strong><br />
Lufttemperaturen von Fuß- bis<br />
Kopfhöhe weniger als 3 K<br />
PMV bzw. PPD sind globale Indikatoren für die thermische Behaglichkeit, erforderlich<br />
sind weitere, spezielle Kriterien:<br />
Zugluftrisiko,<br />
Strahlungsasymmetrie,<br />
Vertikaler Lufttemperaturgradient im Raum sowie<br />
Oberflächentemperaturen der Umfassungskonstruktion.<br />
Die sogenannte summative thermische Behaglichkeit fasst die Behaglichkeitskriterien<br />
zusammen <strong>und</strong> ermöglicht eine sehr schnell erfassbare <strong>und</strong><br />
übersichtliche Darstellung. Sie kann für die Zukunft ein wichtiges Instrument<br />
zur Kommunikation zwischen Archi tekt, Planer, Heizungsfachmann, Bauherr/<br />
Modernisierer für optimale Behaglichkeit in Räumen werden.<br />
be tragen.<br />
Die Berechnung der summativen thermischen Behaglichkeit sowie weitere<br />
Kriterien der thermischen Behaglichkeit werden ab Seite 45 näher erläutert.<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
1.3 Raumtemperaturen.<br />
Nach DIN EN ISO 7730 sind im Raum Empfindungstemperaturen von 20 bis<br />
24 °C zulässig, wobei ein Wert von 22 °C als optimal im Sinne der thermischen<br />
Behaglich keit gilt. Bei 20 °C <strong>und</strong> darunter können allerdings verstärkt Beeinträchtigungen<br />
im Bereich der Aufenthaltszone auftreten.<br />
Beim Niedrigenergiehaus unterscheiden sich die vertikalen Lufttemperaturverläufe<br />
von verschiedenen Wasserheizsystemen nur geringfügig. Dadurch<br />
steigt die Be ha g lichkeit gegenüber älteren Gebäu den mit geringem Wärmeschutz<br />
erheblich.<br />
2,5<br />
2<br />
Heizkörper<br />
1, 5<br />
Fußbodenheizung<br />
Luftheizung,<br />
Luftauslass<br />
an der Innenwand<br />
1<br />
Raumhöhe in m<br />
0,5<br />
0<br />
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29<br />
Lufttemperatur in °C<br />
Abb. 1: Vertikaler Lufttemperaturverlauf in der Aufenthaltszone für verschiedene Heizsysteme<br />
(Niedrigenergiehaus)<br />
G1.1<br />
7
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
1.4 Luftgeschwindigkeit <strong>und</strong> Zugluftrisiko.<br />
Nach DIN EN ISO 7730 wirken sich Luftgeschwindigkeit, Lufttemperatur <strong>und</strong><br />
Tur bulenzgrad der Luft auf das Zugluftrisiko aus.<br />
Das Zugluftrisiko (DR) wird durch das Heiz system (z. B. Anordnung der Heizfläche)<br />
<strong>und</strong> durch das Lüftungssystem (z. B. Ein bringung der Außen- bzw.<br />
Zuluft) beeinflusst.<br />
Unterschiede in der Behaglichkeit können sich beispielsweise zwischen<br />
Abluftanla gen (kalte Außenluft wird über Durchlässe in den Raum gesaugt)<br />
<strong>und</strong> Zu- <strong>und</strong> Abluft an lagen (vorgewärmte Zuluft gelangt durch Luftventile in<br />
den Raum) ergeben <strong>und</strong> machen optimierte konstruktive Lösungen erforderlich.<br />
G1.1<br />
Abb. 2: Zulässige Luftgeschwindigkeit in Abhängigkeit von Lufttemperatur <strong>und</strong> zulässigem<br />
Zug luftrisiko (ausgewähltes Beispiel nach DIN EN ISO 7730)<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
1.5 Grafiken dieser Broschüre.<br />
Anhand umfangreicher grafischer Darstellungen soll in der Broschüre verdeutlicht<br />
werden, wie die unterschiedlichen Einflussgrößen – beispielsweise<br />
das Heizsystem oder die Anordnung der Heizflächen mit Raumtemperatur-<br />
Regeleinrichtung – auf die ther mische Behaglichkeit wirken.<br />
In den Darstellungen zur summativen thermischen Behaglichkeit werden vier<br />
ver schie dene Kategorien A, B, C <strong>und</strong> D (in Anlehnung an DIN EN ISO 7730 <strong>und</strong><br />
prEN 15251) unterschieden <strong>und</strong> entsprechend farblich gekennzeichnet.<br />
Mit diesen Kategorien lassen sich Aussagen zur Qualität der Behaglichkeit<br />
im Raum un ter Berücksichtigung der Lüftung <strong>und</strong> anderer Einflussgrößen<br />
treffen. Eventuelle Schwach punkte werden aufgezeigt <strong>und</strong> können bereits im<br />
Vorfeld minimiert werden. Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte möglichst die Klasse A angestrebt<br />
werden.<br />
Die summative thermische Behaglichkeit kann in beliebigen Ebenen im Raum<br />
dargestellt werden. Nachfolgend werden im Ergebnis von rechentechnischen<br />
Untersuchun gen die kritischen Ebenen – vertikaler Schnitt in Raummitte (im<br />
Regelfall rechtwinklig zur Außenwand) <strong>und</strong> horizontaler Schnitt 0,1 m über<br />
dem Fußboden – dargestellt.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Kritischer Bereich<br />
Eine zusätzliche, schematisierte 3-D-Darstellung verdeutlicht die Behaglichkeitssituation<br />
im gesamten Raum.<br />
Bei der Darstellung für andere Behaglichkeitskriterien sind die kri tischen Bereiche<br />
durch rötliche Farbtöne gekennzeichnet.<br />
Die grafische Darstellung der Behaglichkeitskriterien erfolgt für eine vertikale<br />
Ebene in Raummitte <strong>und</strong> ggf. für eine horizontale Ebene in jeweils angegebenen<br />
unterschiedlichen Höhen.<br />
Alle Abbildungen beziehen sich – wenn nicht anders angegeben – auf einen<br />
Modellraum mit den Abmessungen von 4 x 5 x 2,5 m, mit einer Außenwand<br />
mit einem Fenster flächen anteil von 30 Prozent (Fenster 2 x 1,5 m) sowie eine<br />
(operative) Soll-Temperatur in Raum mitte von 22 °C <strong>und</strong> eine Außentemperatur<br />
von minus 5 °C. Ein Bezug auf deutlich niedrigere Außentemperatur<br />
(z. B. minus 12 °C) ist nicht sinnvoll, da diese nur sehr selten länger andauernd<br />
auftreten.<br />
G1.1<br />
Die Aufenthaltszone im Raum wird hervorgehoben. Sie umfasst den Bereich<br />
mit einem Abstand von 1,0 m zur Außenwand <strong>und</strong> von 0,5 m zu den Innenwänden<br />
sowie bis zu 2,0 m über dem Fußboden.<br />
Die Ergebnisse sind auf ähnliche Raumverhältnisse im Gr<strong>und</strong>satz übertragbar.<br />
9
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
1.6 Weiterführende Regelwerke.<br />
DIN EN ISO 7730.<br />
Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung <strong>und</strong> Interpretation<br />
der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- <strong>und</strong><br />
des PPD-Indexes <strong>und</strong> Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit (Dt.<br />
Fassung DIN EN ISO 7730: 2005).<br />
DIN EN 13779.<br />
Lüftung von Nichtwohngebäuden – Allgemeine Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Anforderungen<br />
an Lüftungs- <strong>und</strong> Klimaanlagen (Deutsche Fassung DIN EN 13779: 2005).<br />
DIN EN 15251 (Entwurf).<br />
Bewertungskriterien für den Innenraum einschließlich Temperatur, Raumqualität,<br />
Licht <strong>und</strong> Lärm (Deutsche Fassung prEN 15251: 2005).<br />
1.7 Thermische Behaglichkeit – kurz gefasst.<br />
Tipp.<br />
Nur über eine gemeinsame Betrachtung der Bau-, Anlagen<strong>und</strong><br />
Rege lungs technik ist eine Einschätzung der thermischen<br />
Behaglichkeit möglich. Mit zunehmendem Wärmeschutz nimmt die<br />
thermische Behaglichkeit zu. Bei üblichen Raumtemperaturen bilden<br />
die Strahlungsasymmetrie <strong>und</strong> das Zugluftrisiko die entscheidenden<br />
Behaglichkeitskriterien.<br />
G1.1<br />
Aufgr<strong>und</strong> der höheren inneren Oberflächentemperaturen der Außenwand<br />
hat die Strahlungs asymmetrie nur noch eine untergeordnete<br />
Bedeutung. Das gilt in hocheffizienten Gebäuden auch für Räume mit<br />
mehreren Außenwänden oder erhöhtem Fensterflächenanteil.<br />
Die weitgehend luftdichte Ausführung des Niedrigenergiehauses erzwingt<br />
in zunehmendem Maße den Einsatz von Lüftungsanlagen.<br />
Da Kaltlufteinflüsse nicht vollständig ausgeschlossen werden können,<br />
sollten evtl. Heizkörper unter dem Fenster angeordnet sowie die Heizschleifen<br />
von Flächenheizungen im Fenster- <strong>und</strong> Türbereich dichter<br />
verlegt werden.<br />
Für freie Lüftung nach dem Querlüftungsprinzip <strong>und</strong> für Abluftanlagen<br />
sollten sogenannte optimierte Außenwand-Luftdurchlässe, günstigenfalls<br />
in Kombi nation mit der Heizfläche, zum Einsatz kommen.<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
2 Der Einfluss des<br />
Wärmeschutzes.<br />
Der bauliche Wärmeschutz hat einen großen Einfluss auf die thermische<br />
Behaglichkeit. Jedoch lässt sich diese nicht exakt aus dem jeweiligen Wärmeschutzniveau<br />
oder Energie standard des Gebäudes ableiten. Deshalb werden<br />
hier sehr grob zwei exemplarische Wärmeschutzstandards unterschieden.<br />
Altbau:<br />
Gesamtheit aller Gebäude, erbaut vor der Wärmeschutzverordnung<br />
(WSchVO) 77.<br />
Maximale Strahlungsasymmetrie<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
Niedrigenergiehaus (NEH):<br />
Gebäude, die nach EnEV erbaut oder vergleichbar saniert wurden.<br />
Die Aus sagen gelten tendenziell auch für Gebäude nach der<br />
WSchVO 95. Für Neubauten oder sanierte Be stands gebäude, die die<br />
Mindestanforder ungen der EnEV an Neubau ten übertreffen bzw. für<br />
Effizienzhausstandards nach EnEV 2009 verbessern sich die Ergebnisse.<br />
Der Wärmeschutz hat einen entscheidenden Einfluss auf die Strahlungsasymmetrie.<br />
Bei schlecht gedämmten Altbauten ergeben sich kritische Werte.<br />
Deutlich günstiger stellen sich die Verhältnisse im Niedrigenergiehaus dar.<br />
Hier führen höhere innere Ober flä chen temperaturen von Außenwand <strong>und</strong><br />
Fenster, verb<strong>und</strong>en mit einer niedrigen Tem peratur der Heizfläche, dazu, dass<br />
im Allgemeinen keine Probleme mit der Strah lungs asymmetrie auftreten.<br />
Diese Aussage, die durch die nebenstehenden Abbildun gen illustriert ist, gilt<br />
unabhängig vom eingesetzten Heizsystem.<br />
Abb. 3: Altbau, Heizkörper<br />
G1.1<br />
Abb. 4: Niedrigenergiehaus, Heizkörper<br />
Abb. 5: Altbau, Fußbodenheizung<br />
Abb. 6: Niedrigenergiehaus, Fußbodenheizung<br />
11
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Zugluftrisiko<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
In Räumen mit Fensterlüftung kann man in Niedrigenergiehäusern bei geschlossenem<br />
Fenster aufgr<strong>und</strong> deren nahezu fugendichter Konstruktion von<br />
einem vernach lässig baren Luftwechsel ausgehen. Damit begrenzt sich das<br />
Zugluftrisiko auf die – durch die kühleren Fensterflächen verursachte – Fallströmung<br />
der Raumluft.<br />
Platziert man die Heizkörper mit Raumtemperatur-Regeleinrichtung unter<br />
dem Fenster, sinkt das Zugluftrisiko deutlich. In der Aufenthaltszone tritt sowohl<br />
im Niedrigenergie haus als auch im Altbau störende Zugluft nicht mehr<br />
auf.<br />
Bei Räumen mit einer Flächenheizung entsteht in Altbauten mit geringem<br />
Wärme schutz eine nicht unerhebliche Zugluft. Bei verbessertem Wärmeschutz<br />
(sanierte bzw. teilsanierte Gebäude oder neu errichtete Niedrigenergiehäuser)<br />
hingegen sind die Zugluftprobleme beim Einsatz von Flächenheizungen<br />
beherrschbar.<br />
Abb. 7: Altbau, Heizkörper<br />
Abb. 8: Niedrigenergiehaus, Heizkörper<br />
G1.1<br />
Abb. 9: Altbau, Fußbodenheizung<br />
Abb. 10: Niedrigenergiehaus, Fußbodenheizung<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
2.1 Altbau: Heizkörper (ohne Luftwechsel).<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Der Einfluss des Wärmeschutzniveaus wird in Altbauten mit Heizkörper <strong>und</strong><br />
ohne Luftwechsel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch erforderliche<br />
Mindestluftwechsel <strong>und</strong> Undichtigkeiten nicht berücksichtigt.<br />
Der untersuchte Raum hat eine Außen wand mit einem Fensterflächenanteil<br />
von 30 Prozent <strong>und</strong> einem unter dem Fenster montierten Heizkörper in Fensterbreite.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
Am Fenster entstehen kalte Luftströme, die vom Heizkörper unterhalb des<br />
Fens ters kompensiert <strong>und</strong> vor Erreichen der Auf ent haltszone erwärmt werden.<br />
Das geringfügige Zugluftrisiko rechts <strong>und</strong> links neben dem Heizkörper an den<br />
Außen wänden liegt weit außerhalb der Auf enthaltszone <strong>und</strong> hat keinerlei<br />
Einfluss auf die thermische Behaglichkeit innerhalb der Aufenthaltszone (siehe<br />
horizontale Ebene).<br />
C<br />
D<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone<br />
wird überwiegend die<br />
Behaglichkeitsklasse A erzielt. Im<br />
Außenwandbereich gibt es kleinere<br />
Defizite <strong>und</strong> es wird dort die Klasse<br />
B oder C erreicht. Innerhalb der<br />
Aufenthaltszone erwartet den<br />
Nutzer ein behagliches<br />
Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 11: Vertikale Ebene<br />
Abb. 12: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Alte Heizkörper durch schnell regelnde, neue Heizkörper ersetzen.<br />
Position des Heizkörpers unter dem Fenster beibehalten – Heizkörperlänge<br />
sollte mindestens so breit wie das Fenster gewählt werden.<br />
13
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone <strong>und</strong><br />
darüber hinaus wird die<br />
Behaglichkeitsklasse A erreicht. In<br />
unmittelbarer Nähe des Heizkörpers<br />
bzw. des Fensters treten kleinere<br />
Behaglich keitsdefizite auf. In <strong>und</strong><br />
über die Aufenthaltszone hinaus<br />
erwartet den Nutzer ein Höchstmaß<br />
an Behaglichkeit.<br />
2.2 Niedrigenergiehaus: Heizkörper (ohne Luftwechsel).<br />
Der Einfluss des Wärmeschutzniveaus im NEH wird mit Heizkörper <strong>und</strong> ohne<br />
Luft wechsel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch erforderliche<br />
Mindestluft wechsel <strong>und</strong> Undichtigkeiten nicht be rück sichtigt.<br />
Niedrigenergiehäuser sind gemäß EnEV errichtete Neubauten oder vergleichbar<br />
sanierte Gebäude. Der untersuchte Raum hat eine Außenwand mit einem<br />
Fenster flächenanteil von 30 Prozent <strong>und</strong> einem unter dem Fenster montierten<br />
Heizkörper in Fensterbreite.<br />
Im Vergleich zum Altbau wird im Niedrig energiehaus unter anderem durch<br />
optimierte Wärmeschutzverglasung das Risi ko zur Entstehung kalter Luftströme<br />
verringert. Entsprechend ergibt sich kein Zug luftrisiko. Die kalte Luft<br />
wird vom Heiz körper weit vor Erreichen der Aufent haltszone erwärmt. Daher<br />
können in den meisten Fällen niedrigere System tem peraturen der Heizungsanlage<br />
geplant werden.<br />
G1.1<br />
Abb. 13: Vertikale Ebene<br />
Abb. 14: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Heizkörper unter dem Fenster positionieren, um Zugluftrisiko auch<br />
im NEH zu vermeiden.<br />
Heizkörperlänge sollte mindestens so breit wie das Fenster gewählt<br />
werden.<br />
Möglichkeiten zur Absenkung der Systemtemperatur aus Sicht einer<br />
möglichen Energie- <strong>und</strong> Kostenersparnis in jedem Fall prüfen.<br />
14<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
2.3 Altbau: Fußbodenheizung (ohne Luftwechsel).<br />
Der Einfluss des Wärmeschutzniveaus wird in Altbauten mit Fußbodenheizung<br />
<strong>und</strong> ohne Luftwechsel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch<br />
erforder liche Mindestluftwechsel <strong>und</strong> Undichtig keiten nicht berücksichtigt.<br />
Der untersuchte Raum hat eine Außen wand mit einem Fensterflächenanteil<br />
von 30 Prozent <strong>und</strong> eine Fußbodenheizung ohne Randzone.<br />
Am Fenster entstehen kalte Luftströme, die von der Fußbodenheizung nicht<br />
voll ständig kompensiert werden können <strong>und</strong> deshalb im Bereich des Fußbodens<br />
bis in die Aufenthaltszone gelangen.<br />
Die thermische Behaglichkeit ist unmittelbar am Fußboden (Knöchelbereich)<br />
auch innerhalb der Aufenthaltszone beeinträchtigt. Oberhalb des Knöchelbereichs<br />
gibt es kein Zugluftrisiko <strong>und</strong> damit keine Einschränkung der thermischen<br />
Behag lichkeit.<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone<br />
kommt es im Bereich unmittelbar<br />
über dem Fußboden zu<br />
eingeschränkter Behaglichkeit (Klasse<br />
B). In der übrigen Aufenthaltszone<br />
erwartet den Nutzer ein behagliches<br />
Raumklima. Im Fensterbereich<br />
kann es zu größeren Defiziten<br />
kommen (Klasse C).<br />
G1.1<br />
Abb. 15: Vertikale Ebene<br />
Abb. 16: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Durch Sanierungen im Altbau Wärmeschutz <strong>und</strong> Dichtheit<br />
verbessern.<br />
Randzone ausbilden, um bedingte Verbesserung der thermischen<br />
Behaglichkeit zu erreichen.<br />
15
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
2.4 Niedrigenergiehaus: Fußbodenheizung (ohne Luftwechsel).<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Der Einfluss des Wärmeschutzniveaus im NEH wird mit Fußbodenheizung<br />
<strong>und</strong> ohne Luftwechsel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch erforderliche<br />
Mindest luftwechsel <strong>und</strong> Undichtigkeiten nicht be rücksichtigt.<br />
Der untersuchte Raum hat eine Außen wand mit einem Fensterflächenanteil<br />
von 30 Prozent <strong>und</strong> eine Fußbodenheizung ohne Randzone.<br />
Im Vergleich zum Altbau wird im Niedrig energiehaus durch verbesserten<br />
Wärme schutz (u. a. optimierte Wärmeschutzver glasung) das Risiko zur Entstehung<br />
kalter Luftströme verringert. Entsprechend er gibt sich gegenüber<br />
dem Altbau eine maßgeblich verbesserte thermische Behag lichkeit. Die kalte<br />
Luft wird von der Fuß bodenheizung unmittelbar am Fenster <strong>und</strong> weit außerhalb<br />
der Aufenthaltszone erwärmt.<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone <strong>und</strong><br />
praktisch im gesamten<br />
Raum wird die Behaglich keitsklasse<br />
A erreicht. In unmittelbarer Nähe<br />
des Fensters treten kleinere Behaglichkeitsdefizite<br />
auf. In <strong>und</strong> über die<br />
Aufenthaltszone hinaus erwartet<br />
den Nutzer ein Höchstmaß an<br />
Behaglichkeit.<br />
G1.1<br />
Abb. 17: Vertikale Ebene<br />
Abb. 18: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Randzone aus Sicht der thermischen Behaglichkeit nicht erforderlich.<br />
Möglichkeiten zur Absenkung der Systemtemperatur aus Sicht einer<br />
möglichen Energie- <strong>und</strong> Kostenersparnis in jedem Fall prüfen.<br />
16<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
3 Der Einfluss der Heizflächenanordnung.<br />
Die bislang übliche Anordnung der Heizflächen (Heizkörper unter dem<br />
Fenster oder Fußbodenheizung) war in erster Linie durch die Kompensation<br />
unangenehmer Strah lungsverhältnisse <strong>und</strong> kalter Fallströmungen im Fensterbereich<br />
begründet.<br />
Oberflächentemperaturen ver schie dener<br />
Raumumschließungs flächen im NEH<br />
Allgemein wird davon ausgegangen, dass diese Notwendigkeit bei<br />
Niedrigenergie häusern nicht mehr besteht, da dort deutlich höhere Oberflächentemperaturen<br />
an den Innenseiten der Außenwand bzw. des Fensters<br />
bestehen. Die abgebildeten Ober flächen temperaturen vermitteln – unter Annahme<br />
eines Luftwechsels von 0,25 pro St<strong>und</strong>e im Raum – einen Eindruck von<br />
den jeweiligen thermischen Verhältnissen.<br />
Erkennbar sind die weitgehend ähnlichen Temperaturen im kritischen<br />
Fenster- <strong>und</strong> Außenwandbereich bei verschiedenen Anordnungen der Heizflächen.<br />
Nicht dargestellt ist die Wandheizung an der Außenwand, die zu<br />
höheren Oberflächentemperaturen der Außenwand – aber nicht des Fensters<br />
– führt <strong>und</strong> damit Auswirkungen auf die thermische Behaglichkeit im Raum<br />
hat.<br />
Abb. 19: NEH, Heizkörper an Außenwand<br />
Von Bedeutung für die Entschei dung über die Anordnung des Heizkörpers<br />
sind in Abhän gigkeit vom Anwendungsfall die Strahlungsasymmetrie<br />
<strong>und</strong> insbesondere das Zugluftrisiko.<br />
Abb. 20: NEH, Heizkörper an Innenwand<br />
G1.1<br />
Abb. 21: NEH, Fußbodenheizung<br />
Abb. 22: NEH, Wandheizung Seitenwände<br />
17
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Maximale Strahlungsasymmetrie<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
Maximale Strahlungsasymmetrie<br />
Hinsichtlich der Strahlungsasymmetrie zeigt sich bei Annahme durchschnittlicher<br />
winterlicher Verhältnisse (Außentemperatur minus 5 °C) ein<br />
vernachlässigbarer Einfluss der Heizflächenanordnung. Geht man demgegenüber<br />
von einer deutlich niedrigeren Außentemperatur (z. B. minus<br />
12 °C) aus, wird empfohlen, den Heizkörper an der Außen wand unter dem<br />
Fenster anzuordnen. Hinsichtlich der Anordnung der Flächenheizun gen<br />
resultieren hingegen auch bei sehr niedrigen Außentemperaturen aus der<br />
Strah lungs asymmetrie keine speziellen Anforderungen.<br />
Bei der Anordnung der Heizflächen an Seiten- oder Innenwänden muss die<br />
Strah lungs asymmetrie sowohl in Fensternähe als auch zusätzlich im Bereich<br />
der Heizfläche selbst überprüft werden. In den untersuchten Varianten zeigt<br />
sich auch dabei der geringe Einfluss der Strahlungsasymmetrie. Maßgeblich<br />
für die Behaglichkeit in Abhängigkeit von der Heizflächenanordnung ist insbesondere<br />
bei Einsatz von Außenwand-Luft durch lässen das Zugluftrisiko,<br />
wie die folgenden Beispiele zeigen.<br />
Abb. 23: NEH, Heizkörper an Außenwand<br />
G1.1<br />
Abb. 24: NEH, Heizkörper an Innenwand<br />
Abb. 25: NEH, Fußbodenheizung<br />
Abb. 26: NEH, Wandheizung Seitenwände<br />
18<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
3.1 Heizkörper an Außenwand (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ).<br />
Wie verhält es sich mit der thermischen Behaglichkeit in einem Raum mit<br />
einem optimierten Außenwand-Luftdurchlass (ALD) unterhalb des Fensters<br />
bei einem Luftwechsel von 0,25 pro St<strong>und</strong>e <strong>und</strong> welchen Einfluss hat die<br />
Heizflächenan ordnung?<br />
Der Modellraum befindet sich in einem Niedrigenergiehaus bzw. vergleichbar<br />
sanierten Gebäude, der Fenster flächenanteil an der Außenwand beträgt 30<br />
Prozent, der Heizkörper ist unter dem Fenster angeordnet.<br />
Zusätzlich zum kalten Luftstrom im Bereich des Fensters ergibt sich, bedingt<br />
durch Funktionsweise <strong>und</strong> Platzierung des optimierten ALD, ein Kaltlufteintritt<br />
im Heizkörperbereich. Diese beiden Größen beeinträchtigen die thermische<br />
Behaglichkeit im Raum durch wahrnehmbare Luftbewegung. Durch die<br />
Platzierung des Heizkörpers unter dem Fenster wird die einströmende Kaltluft<br />
noch außerhalb der Aufenthaltszone erwärmt. Bei einem vernachlässigbaren<br />
Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische Behaglich keit deutlich.<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone<br />
wird die Behaglichkeitsklasse<br />
A erzielt. Im Bereich zwischen<br />
Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone gibt es<br />
kleine Defizite, hier wird die Kategorie<br />
B oder C erreicht. Innerhalb<br />
der Aufenthaltszone erwartet<br />
den Nutzer ein behagliches<br />
Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 27: Vertikale Ebene<br />
Abb. 28: Horizontale Ebene (0,6 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Um Zugluftrisiko auch im Niedrigenergiehaus zu vermeiden, Heizkörper<br />
unter dem Fenster positionieren <strong>und</strong> mindestens in Fensterbreite<br />
ausführen.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
Optimierte ALD unter dem Fenster, idealerweise hinter dem Heizkörper<br />
positionieren.<br />
Möglichkeiten zur Absenkung der Systemtemperatur aus Sicht einer<br />
möglichen Energie- <strong>und</strong> Kostenersparnis in jedem Fall prüfen.<br />
19
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
3.2 Heizkörper an Innenwand (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ).<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Der Heizkörper kann auch an der Innen wand (im Modellraum gegenüber<br />
der Außenwand mit dem Fensterflächenanteil von 30 Prozent) angeordnet<br />
sein. Der Ein fluss dieser Heizkörperanordnung wird für ein Gebäude mit<br />
Niedrigenergiehaus-Stan dard oder für ein vergleichbar saniertes Objekt untersucht.<br />
Der Luftwechsel be trägt n = 0,25 h -1 .<br />
Die kalten Luftströme im Fensterbereich <strong>und</strong> der zusätzliche Kaltlufteintritt<br />
durch den unter dem Fenster sitzenden, optimierten Außenwand-Luftdurchlass<br />
(ALD) kann von dem Heizkörper auf der gegenüberliegenden Seite nicht<br />
kompensiert werden. Es entsteht eine Beeinträchtigung der thermischen<br />
Behaglichkeit auch innerhalb der Aufenthaltszone. Durch die Plat zie rung des<br />
Heizkörpers an der Innen wand fehlt im kühleren Außenwandbe reich eine<br />
Wärmequelle zur Erwärmung der kalten Luft.<br />
Fazit.<br />
In großen Bereichen der<br />
Aufenthaltszone wird die<br />
Behaglichkeit beeinträchtigt. Es<br />
wird eher die Behaglichkeitsklasse<br />
B erreicht. Im Bereich zwischen<br />
Fenster <strong>und</strong> Auf enthaltszone sowie<br />
verstärkt im Bereich zwischen Innenwand<br />
<strong>und</strong> Aufenthalts zone ergeben<br />
sich Defizite. Dort wird die Kategorie<br />
B oder C erreicht. Innerhalb der<br />
Aufenthaltszone erwartet den Nutzer<br />
hinsichtlich der thermischen<br />
Behaglichkeit ein stark eingeschränktes<br />
Raumklima.<br />
Bei einem vernachlässigbaren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische<br />
Behaglichkeit deutlich.<br />
G1.1<br />
Abb. 29: Vertikale Ebene<br />
Abb. 30: Horizontale Ebene (0,6 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Zugluftrisiko durch Platzierung des fensterbreiten Heizkörpers unter<br />
dem Fenster vermeiden.<br />
Bei gewünschter Platzierung des Heizkörpers an der Innenwand<br />
Hinweis auf lokales Zugluftrisiko im Fußbereich in Fensternähe <strong>und</strong><br />
im Kopfbereich nahe der Innenwand geben.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmel pilz) einsetzen.<br />
20<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
3.3 Heizkörper an Seitenwand (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ).<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Der Heizkörper kann alternativ an der Seitenwand angeordnet werden. Der<br />
Ein fluss dieser Heizkörperanordnung wird für ein Niedrigenergiehaus (oder<br />
ein vergleichbar saniertes Objekt) untersucht. Der Luftwechsel beträgt n =<br />
0,25 h -1 . Unterhalb des Fensters befindet sich ein optimierter Außenwand-Luftdurchlass<br />
(ALD). Der Fensterflächenanteil der Außen wand beträgt 30 Prozent.<br />
Die Kombina tion aus dem kalten Luft strom im Fenster bereich sowie<br />
dem Kalt lufteintritt durch den optimierten ALD verursacht eine Komforteinschränkung<br />
auch innerhalb der Aufenthaltszone. Durch die Platzierung<br />
des Heizkörpers an der Seitenwand kann eine Beeinträch ti gung der<br />
thermischen Behaglichkeit im Aufenthaltsbereich nicht vermieden werden.<br />
Vielmehr wirkt sich die Platzierung des Heizkörpers an der Seitenwand negativ<br />
auf die thermische Behaglichkeit aus.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Bei einem vernachlässigbaren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische<br />
Be haglichkeit deutlich.<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone wird<br />
mit einer Beeinträchtigung<br />
des Wärmekomforts zu rechnen sein<br />
<strong>und</strong> die Behaglichkeitsklasse A wird<br />
nicht durchgehend erreicht. Im Bereich<br />
zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone<br />
sowie im Bereich zwischen<br />
Seitenwand <strong>und</strong> Aufenthaltszone<br />
ergeben sich Defizite. Dort wird die<br />
Kategorie B oder C erreicht. Innerhalb<br />
der Aufenthaltszone erwartet<br />
den Nutzer ein eingeschränkt<br />
behagliches Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 31: Vertikale Ebene<br />
Abb. 32: Horizontale Ebene (0,6 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Zugluftrisiko im Fußbereich durch Platzierung des fensterbreiten<br />
Heizkörpers unterhalb des Fensters vermeiden.<br />
Bei gewünschter Platzierung des Heizkörpers an der Seitenwand<br />
Hinweis auf lokale Behaglichkeitsdefizite geben.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
21
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone wird<br />
durchgehend die Behaglichkeitsklasse<br />
A erzielt. Im Bereich<br />
zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone<br />
gibt es Defizite, hier wird die Kategorie<br />
B oder C erreicht. Innerhalb<br />
der Aufenthaltszone erwartet<br />
den Nutzer ein behagliches<br />
Raumklima.<br />
3.4 Fußbodenheizung (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ).<br />
Die Kombination einer Fußbodenheizung mit einem optimierten<br />
Außenwand-Luft durchlass (ALD) unterhalb des Fensters lässt Auswirkungen<br />
auf die thermische Behaglichkeit im Raum erwarten.<br />
Der Modellraum befindet sich in einem Niedrigenergiehaus bzw. vergleichbar<br />
sanierten Gebäude. Der Luftwechsel beträgt 0,25 pro St<strong>und</strong>e. Der Raum ist mit<br />
einer Fußboden heizung (ohne Randzone) ausgestattet. Der Fensterflächenanteil<br />
der Außenwand beträgt 30 Prozent.<br />
Der kalte Luftstrom im Fenster bereich sowie der Kaltlufteintritt durch den<br />
optimierten ALD verursachen im Raum eine wahrnehmbare Luftbewegung<br />
<strong>und</strong> eine Kom forteinschränkung im Bereich zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone.<br />
Durch die Fußbodenheizung wird die Luft noch außerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwärmt.<br />
Bei einem vernachlässigbaren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische<br />
Behaglichkeit deutlich.<br />
G1.1<br />
Abb. 33: Vertikale Ebene<br />
Abb. 34: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
Optimierter ALD, der für eine gute Durchmischung der Raumluft<br />
sorgt, unter dem Fenster positionieren.<br />
Randzone ausbilden, um bedingte Verbesserung der thermischen<br />
Behaglichkeit zu erreichen.<br />
22<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
3.5 Wandheizung: Außen- <strong>und</strong> Seitenwand<br />
(Luftwechsel n = 0,25 h -1 ).<br />
Auch die Kombination von Wand heizun gen mit einem optimierten Außenwand-Luftdurchlass<br />
(ALD) unterhalb des Fensters hat Auswirkungen auf die<br />
thermische Be haglichkeit im Raum.<br />
Der Modellraum befindet sich in einem Niedrigenergiehaus bzw. vergleichbar<br />
sanierten Gebäude. Der Luftwechsel beträgt 0,25 pro St<strong>und</strong>e. Der Raum ist mit<br />
einer Wandhei zung an der Außen- <strong>und</strong> an einer Seiten wand ausgestattet. Der<br />
Fensterflächen anteil der Außenwand beträgt 30 Prozent.<br />
Die Kombination aus dem kalten Luft strom im Fensterbereich sowie dem Kaltlufteintritt<br />
durch den optimierten ALD verursacht eine Komforteinschränkung<br />
auch innerhalb der Aufenthaltszone. Durch die Wandheizung kann eine<br />
Beein trächti gung der thermischen Behaglich keit im Aufenthaltsbereich nicht<br />
vollständig vermieden werden.<br />
Bei einem vernachlässigbaren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische<br />
Behaglichkeit deutlich.<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
Im Kopfbereich in der<br />
Aufenthaltszone wird teilweise<br />
mit einer Beeinträchti gung<br />
des Wärmekomforts zu rechnen sein<br />
<strong>und</strong> die Behaglichkeitsklasse A wird<br />
nicht durchgehend erreicht. Im Bereich<br />
zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthalts<br />
zone sowie im Deckenbereich<br />
ergeben sich weitere Defizite. Dort<br />
wird die Kategorie B bzw. am Fußboden<br />
vor dem Fenster Kategorie C<br />
erreicht. Innerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwartet den Nutzer ein<br />
eingeschränkt behagliches<br />
Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 35: Vertikale Ebene<br />
Abb. 36: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
Optimierter ALD, der für eine gute Durchmischung der Raumluft<br />
sorgt, unter dem Fenster positionieren.<br />
Bei gewünschter Wandheizung Hinweis auf lokale Behaglichkeitseinschränkungen<br />
im Kopfbereich geben.<br />
23
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
3.6 Wandheizung: Seitenwände (Luftwechsel n = 0,25 h -1 ).<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
Auch die Kombination von Wandheizun gen an den Seitenwänden mit einem<br />
optimierten Außenwand-Luftdurchlass (ALD) unterhalb des Fensters ist hinsichtlich<br />
des Einflusses auf die thermische Behaglich keit im Raum zu bewerten.<br />
Der Modellraum befindet sich in einem Niedrigenergiehaus bzw. vergleichbar<br />
sanierten Gebäude. Der Luftwechsel be trägt 0,25 pro Stun de. Der Raum<br />
ist mit einer Wandheizung an beiden Seiten wänden ausgestattet. Der<br />
Fensterflächen anteil der Außenwand be trägt 30 Prozent.<br />
G1.1<br />
D<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
Im Kopfbereich in der<br />
Aufenthaltszone wird teilweise<br />
mit einer Beeinträch ti gung<br />
des Wärmekomforts zu rechnen sein<br />
<strong>und</strong> die Behaglichkeitsklasse A wird<br />
nicht durchgehend erreicht. Im Bereich<br />
zwischen Fenster <strong>und</strong> Auf enthalts<br />
zone sowie im Deckenbereich<br />
ergeben sich weitere Defizite. Dort<br />
wird die Kategorie B bzw. am Fußboden<br />
vor dem Fenster Kategorie C<br />
erreicht. Innerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwartet den Nutzer ein<br />
eingeschränkt behagliches<br />
Raumklima.<br />
Die Kombination aus dem kalten Luft strom im Fensterbereich sowie dem Kaltlufteintritt<br />
durch den optimierten ALD verursacht eine Komforteinschränkung<br />
außerhalb, aber auch innerhalb der Auf ent haltszone. Durch die Wandheizung<br />
an den Seitenwänden kann eine Beeinträch tigung der thermischen<br />
Behaglichkeit im Aufenthaltsbereich nicht sicher vermieden werden. Bei einem<br />
vernachlässig baren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische<br />
Behaglichkeit deutlich.<br />
Abb. 37: Vertikale Ebene<br />
Abb. 38: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
Optimierter ALD, der für eine gute Durchmischung der Raumluft<br />
sorgt, unter dem Fenster positionieren.<br />
Bei gewünschter Wandheizung Hinweis auf lokale Behaglichkeitseinschränkungen<br />
im Kopfbereich geben.<br />
24<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
4 Der Einfluss des<br />
Fensterflächenanteils.<br />
Es ist bekannt, dass insbesondere Eck- <strong>und</strong> Giebelräume in Altbauten, d. h.<br />
Räume mit mehreren Außenflächen, gravierende Beeinträchtigungen der<br />
thermischen Behag lich keit aufweisen können. Auch Räume, deren Fußböden<br />
oder Raumdecken sehr niedrigen Umgebungstemperaturen ausgesetzt sind,<br />
müssen in dieser Hinsicht besonders beachtet werden, da auch hier der Wärmeschutz<br />
in Altbauten oftmals nicht ausreicht. In diesem Zusammenhang<br />
sei auch auf die Problematik von Außenwänden mit einem hohen Fensterflächenanteil<br />
verwiesen.<br />
Oberflächentemperaturen ver schiedener<br />
Raumumschließungs flächen im NEH<br />
Demgegenüber verfügen Niedrigenergiehäuser über einen sehr guten<br />
Wärmeschutz. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e sind die für Altbauten vorliegenden Erfahrungen<br />
hier nur bedingt übertragbar. Die thermischen Auswirkungen<br />
unterschiedlicher Fensterflächenanteile im Niedrigenergiehaus lassen sich<br />
gut anhand der Oberflächentemperaturen der Umschlie ß ungsflächen unter<br />
Annahme eines vernachlässigbaren Luftwechsels (n = 0 h -1 ) im Raum demonstrieren.<br />
Abb. 39: NEH, Heizkörper an Außenwand Raum mit<br />
30 Prozent Fensterflächenanteil<br />
Abb. 40: NEH, Heizkörper an Außenwand Raum mit<br />
100 Prozent Fensterflächenanteil<br />
G1.1<br />
Abb. 41: NEH, Fußbodenheizung Raum mit 30 Prozent<br />
Fensterflächenanteil<br />
Abb. 42: NEH, Fußbodenheizung Raum mit 100 Prozent<br />
Fensterflächenanteil<br />
25
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Maximale Strahlungsasymmetrie in 0,6 m<br />
Höhe über dem Fußboden<br />
Stellt man die Strahlungsasymmetrie in einer horizontalen Ebene dar (0,6 m<br />
über dem Fußboden), ist zu erkennen, dass im Niedrigenergiehaus keine kritischen<br />
Werte innerhalb der Aufenthaltszone zu erwarten sind.<br />
Dies gilt für Glaswände (100-prozentiger Fenster flächenanteil) <strong>und</strong> in Analogie<br />
auch für andere Außenwände.<br />
Die thermische Behag lich keit in der Aufenthaltszone wird sowohl bei Heizkörpern<br />
an der Außenwand als auch bei Fußbodenheizungen nicht durch die maximale<br />
Strahlungs asymmetrie beeinträchtigt. Maßgeblich für die Behaglichkeit<br />
in Abhängigkeit vom Fensterflächenanteil sind schon bei Betrachtungen<br />
mit vernachlässigbarem Luftwechsel andere Behaglichkeits kriterien, wie die<br />
folgenden Beispiele zeigen.<br />
Abb. 43: NEH, Heizkörper an Außenwand Raum mit<br />
30 Prozent Fensterflächenanteil<br />
Maximale Strahlungsasymmetrie<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
G1.1<br />
Abb. 44: NEH, Heizkörper an Außenwand Raum mit<br />
100 Prozent Fensterflächenanteil<br />
Abb. 45: NEH, Fußbodenheizung Raum mit 30 Prozent<br />
Fensterflächenanteil<br />
Abb. 46: NEH, Fußbodenheizung Raum mit 100 Prozent<br />
Fensterflächenanteil<br />
26<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
4.1 Fensterfläche 30 Prozent: Heizkörper (ohne Luftwechsel).<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Der Einfluss des Fensterflächenanteils wird im Niedrigenergiehaus mit Heizkörper<br />
<strong>und</strong> ohne Luft wechsel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch<br />
erforderliche Mindestluft wechsel <strong>und</strong> Undichtig keiten nicht be rück sichtigt.<br />
Der Heiz körper ist an der Außenwand unter dem Fenster angeordnet. Die<br />
Fensterfläche hat einen Anteil von 30 Prozent der Außen wand.<br />
Durch den guten Wärmeschutz <strong>und</strong> insbesondere die optimierte<br />
Wärmeschutzver glasung wird das Risiko zur Entstehung kalter Luftströme<br />
verringert. Nach Süden orientierte Wohn- <strong>und</strong> Funktionsräume sowie die<br />
dazugehörigen Fensterflächen unterstützen dies. Der unter dem Fenster montierte<br />
Heizkörper erwärmt die kalte Luft weit vor Erreichen der Aufenthaltszone.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone wird<br />
die Behaglichkeitsklasse A<br />
erreicht. Nur in direkter Nähe des<br />
Heizkörpers bzw. des Fensters treten<br />
kleinere Defizite auf. In <strong>und</strong> über die<br />
Aufenthaltszone hinaus erwartet<br />
den Nutzer ein sehr behagliches<br />
Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 47: Vertikale Ebene<br />
Abb. 48: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Auch bei Orientierung der Wohn- <strong>und</strong> Funktionsräume nach Süden<br />
Heizkörper unter dem Fenster positionieren.<br />
Heizkörperlänge sollte mindestens so breit wie das Fenster gewählt<br />
werden.<br />
Möglichkeiten zur Absenkung der Systemtemperatur aus Sicht einer<br />
möglichen Energie- <strong>und</strong> Kostenersparnis in jedem Fall prüfen.<br />
27
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
4.2 Fensterfläche 100 Prozent: Heizkörper (ohne Luftwechsel).<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
Die Außenflächen können auch als Glaswände (100 Prozent Fensterflächenanteil)<br />
ausgeführt werden.<br />
Dieser Einfluss wird im Niedrigenergie haus mit Heizkör per <strong>und</strong> ohne Luftwechsel<br />
(n = 0 h -1 ), untersucht. Damit sind der hygienisch erforderliche Mindestluftwechsel<br />
<strong>und</strong> Undichtig kei ten nicht berücksichtigt. Der Heizkör per ist<br />
mittig an der Glaswand angeordnet.<br />
C<br />
D<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
Im Kopfbereich in der Aufenthaltszone<br />
ist mit einer<br />
starken Beeinträch tigung der Behaglichkeit<br />
zu rechnen. Die Behaglichkeitsklasse<br />
A wird nicht durchgehend<br />
erreicht. Im Bereich zwischen<br />
Fensterfront <strong>und</strong> Auf enthaltszone<br />
ergeben sich größere Defizite. Dort<br />
wird die Kategorie B oder C erreicht.<br />
Innerhalb der Aufent haltszone<br />
erwartet den Nutzer ein eingeschränkt<br />
behagliches Raumklima.<br />
Die vollverglaste Außenfläche verstärkt kalte Fallströme <strong>und</strong> erhöht das<br />
Zugluft risiko. Die große Fensterfläche beeinflusst durch ihre niedrigere<br />
Oberflächen tem pera tur in Kombination mit der Luft tem peratur die Bewertung<br />
des Raumklimas durch den Nutzer (PMV-Wert) negativ. Im Ergebnis<br />
wird die summative Behaglich keit auch innerhalb der Aufenthaltszone beeinträchtigt.<br />
Die Platzierung des Heiz körpers vor der Glaswand kann die Komforteinschränkung<br />
nur teilweise kompensieren.<br />
G1.1<br />
Abb. 49: Vertikale Ebene<br />
Abb. 50: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Für vollverglaste Außenwände spezielle Heizkörperlösungen zur<br />
Positionierung vor dem Fenster einsetzen, z. B. auf dem Boden montierte<br />
Konvektoren mit geringer Bauhöhe.<br />
Strahlungsschirme zwischen Heizkörper <strong>und</strong> Glasfläche schützen<br />
vor unzulässigen thermischen Belastungen.<br />
Ist die Platzierung des Heizkörpers nur an der Seitenwand möglich,<br />
so nah wie mög lich am Fenster installieren <strong>und</strong> Hinweis auf lokale<br />
Behaglichkeitsein schränkungen im Kopfbereich geben.<br />
28<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
4.3 Fensterfläche 30 Prozent: Fußbodenheizung<br />
(ohne Luftwechsel).<br />
Der Einfluss des Fensterflächenanteils wird im Niedrigenergiehaus mit Fußbodenheizung<br />
<strong>und</strong> ohne Luftwechsel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch<br />
erforderliche Mindestluft wechsel <strong>und</strong> Undichtigkeiten nicht berücksichtigt.<br />
Die Fensterfläche hat einen Anteil von 30 Prozent der Außenwand.<br />
Durch den guten Wärmeschutz <strong>und</strong> insbesondere die optimierte<br />
Wärmeschutzver glasung wird das Risiko zur Entstehung kalter Luftströme<br />
verringert. Die kalte Luft wird von der Fußbodenheizung unmittelbar am<br />
Fenster <strong>und</strong> weit außerhalb der Aufenthaltszone erwärmt. Fußbodenhei zungen<br />
im Niedrigenergiehaus können mit niedrigeren Systemtemperaturen<br />
geplant werden.<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone <strong>und</strong><br />
weit darüber hinaus wird<br />
die Behaglichkeits klasse A erreicht.<br />
In direkter Nähe des Fensters treten<br />
kleinere Defizite auf. Innerhalb <strong>und</strong><br />
außerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwartet den Nutzer ein sehr behagliches<br />
Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 51: Vertikale Ebene<br />
Abb. 52: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Randzonen sind aus Sicht der thermischen Behaglichkeit nicht erforderlich.<br />
Möglichkeiten zur Absenkung der Systemtemperatur aus Sicht einer<br />
möglichen Energie- <strong>und</strong> Kostenersparnis in jedem Fall prüfen.<br />
29
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
4.4 Fensterfläche 100 Prozent: Fußbodenheizung<br />
(ohne Luftwechsel).<br />
Die Außenflächen können auch als Glas wände (100 Prozent Fensterflächenanteil)<br />
ausgeführt werden.<br />
Dieser Einfluss wird im Niedrigenergie haus mit Fuß bo den heizung <strong>und</strong> ohne<br />
Luft wech sel (n = 0 h -1 ) untersucht. Damit sind der hygienisch erforderliche<br />
Mindestluft wechsel <strong>und</strong> Undichtigkeiten nicht be rücksichtigt.<br />
C<br />
D<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Die vollverglaste Außen fläche verstärkt kalte Fallströme <strong>und</strong> erhöht das<br />
Zugluft risiko. Dadurch beeinträchtigt die große Fensterfläche die thermische<br />
Behaglich keit auch innerhalb der Aufenthaltszone. Die Fußbodenheizung<br />
ohne Randzone kann die Einschränkung der thermischen Behaglichkeit bei<br />
Glaswänden nur teilweise kompensieren.<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone ist<br />
mit einer Beeinträchtigung<br />
der Behaglichkeit durch Zugluftrisiko<br />
im Fußbereich zu rechnen. Die<br />
Behaglichkeitsklasse A wird nicht<br />
durchgehend erreicht. Im Bereich<br />
zwischen Fensterfront <strong>und</strong> Aufenthaltszone<br />
<strong>und</strong> an den Seitenwänden<br />
wird die Kategorie B erreicht. Innerhalb<br />
der Aufenthaltszone erwartet<br />
den Nutzer ein eingeschränkt<br />
behagliches Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 53: Vertikale Ebene<br />
Abb. 54: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Randzone ausbilden, um bedingte Verbesserung der thermischen<br />
Behaglichkeit zu erreichen.<br />
Bei gewünschter Fußbodenheizung in Kombination mit Glaswänden<br />
Hinweis auf Behaglichkeitseinschränkungen im Fußbereich geben.<br />
30<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
5 Der Einfluss des Luftwechsels.<br />
Der Luftwechsel hat einen entscheidenden Einfluss auf die thermische Behaglich<br />
keit. Eine erste Aussage liefert die Luft tempe ratur, die maßgeblich durch<br />
die Größe des Luftwechsels, die Witte rungsverhältnisse sowie durch das Lüftungs-<br />
<strong>und</strong> das Hei zungskonzept be stimmt wird.<br />
Lufttemperaturen in einer ver tikalen Ebene<br />
in Raummitte<br />
Meist gelangt Außenluft durch Undichtig keiten in der Gebäude fassade<br />
(z. B. Fens ter fugen) oder durch Außenwand-Luft durchlässe (ALD) direkt in den<br />
Raum. Neben dem realisierten Luftwechsel <strong>und</strong> den Witterungsver hält nissen<br />
beeinflussen Funktionsweise <strong>und</strong> Anordnung der ALD die thermischen Verhältnisse<br />
im Raum.<br />
Alternativ kann mit sogenannten Zu- <strong>und</strong> Abluftsystemen dem Raum erwärmte<br />
Außenluft (man spricht dann von Zuluft) zugeführt werden. Der<br />
Einfluss des Lüf tungskonzeptes auf die thermische Be haglichkeit wird in Abschnitt<br />
F: Lüf tungs systeme diskutiert.<br />
Abb. 55: NEH, Heizkörper an Außenwand,<br />
optimierter ALD unter Fenster, n = 0,25 h -1<br />
Bei der Fest legung des Außenluft wechsels ist die thermische Behaglichkeit<br />
selbstverständlich nur einer der zu beachtenden Aspek te.<br />
Bezieht man in die Überlegungen raumluftqualitative <strong>und</strong> bauphysikalische<br />
Anforderungen mit ein, so erweist sich ein Luftwech sel in<br />
der Grö ßen ord nung von 0,25 h -1 (Ver meidung von Feuchte schäden<br />
<strong>und</strong> Schimmel pilzbefall) bis 0,5 h -1 (Ein haltung einer guten Raum luftqualität)<br />
als sinnvoll.<br />
Abb. 56: NEH, Heizkörper an Außenwand,<br />
optimierter ALD unter Fenster, n = 0,5h -1<br />
G1.1<br />
Abb. 57: NEH, Fußbodenheizung, optimierter ALD<br />
unter Fenster, n = 0,25 h -1<br />
Abb. 58: NEH, Fußbodenheizung, optimierter ALD<br />
unter Fenster, n = 0,5 h -1<br />
31
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: Mit zunehmendem Luftwechsel steigt das Zugluftrisiko.<br />
Für den in Wohngebäuden üblichen Werte bereich des Luftwechsels ergeben<br />
sich vergleichsweise geringe Unterschiede beim Zugluftrisiko. Besondere Aufmerksamkeit<br />
verdient dieser Aspekt allerdings in Büro räumen.<br />
Sind keine Außenwand-Luft durch lässe (ALD) installiert oder werden vorhandene<br />
Kom ponenten vom Nutzer verschlossen, gibt es im Aufenthaltsbereich<br />
praktisch kein Zugluftrisiko. Dies geht allerdings mit einer niedrigen Raumluftqualität<br />
<strong>und</strong> der Gefahr von Schimmelpilzbildung einher.<br />
Abb. 59: NEH, Heizkörper an Außenwand,<br />
optimierter ALD unter Fenster, n = 0,25 h -1<br />
Ähnliche Verhältnisse hinsichtlich des Zug luftrisikos stellen sich bei kleinem<br />
Luftwechsel ein, wie er für ältere Fenster infolge von Undichtigkeiten oder<br />
die sogenannte Fensterspaltlüftung typisch ist (Luftwechsel im Bereich von<br />
0,10 h -1 ). Wird der Luftwechsel auf 0,25 pro St<strong>und</strong>e zur Sicherung des hygienischen<br />
Mindestluft wechsels oder auf 0,5 pro St<strong>und</strong>e zur Ein haltung einer guten<br />
Raumluftqualität erhöht, steigt das Zugluftrisiko (in den Bildern für eine<br />
horizontale Ebene 0,1 m über dem Fußboden) deutlich an.<br />
Die Ver hältnisse im Aufenthaltsbereich lassen sich aber durch Veränderung<br />
der Anord nung des ALD (z. B. hinter dem Heizkörper bzw. bei Fußbodenheizung<br />
an der Kante zwischen Außenwand <strong>und</strong> Fußboden) oder des Funktionsprinzips<br />
des ALD (optimiert für gute Durchmischung mit der Raumluft)<br />
deutlich verbessern.<br />
Zugluftrisiko<br />
Abb. 60: NEH, Heizkörper an Außenwand,<br />
optimierter ALD unter Fenster, n = 0,5 h -1<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
G1.1<br />
Abb. 61: NEH, Fußbodenheizung, optimierter ALD<br />
unter Fenster, n = 0,25 h -1<br />
Abb. 62: NEH, Fußbodenheizung, optimierter ALD<br />
unter Fenster, n = 0,5 h -1<br />
32<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
5.1 Luftwechsel n = 0,25 h -1 : Heizkörper.<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Welchen Einfluss hat der über einen Außen wand-Luftdurchlass (ALD) unterhalb<br />
des Fensters realisierte Luftwechsel in Kombination mit einem Heizkörper<br />
auf die thermische Behaglichkeit im Raum?<br />
Der Modellraum befindet sich in einem Niedrigenergiehaus bzw. vergleichbar<br />
sanierten Gebäude. Der Fenster flächenanteil an der Außenwand beträgt 30<br />
Prozent, der Heizkörper ist unter dem Fenster angeordnet. Ein Luftwechsel<br />
von 0,25 pro St<strong>und</strong>e über den optimierten ALD sichert den hygienisch erforderlichen<br />
Mindestluftwechsel.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
Durch Funktionsweise <strong>und</strong> Platzierung des optimierten ALD unter dem<br />
Fenster entsteht zusätzlich zum kalten Luftstrom im Bereich des Fensters ein<br />
Kaltlufteintritt im Heizkörperbereich. Im Ergebnis dieser Einflüsse wird die<br />
thermische Behaglich keit im Raum durch wahrnehmbare Luft bewegung<br />
beeinflusst. Durch die Platzie rung des Heizkörpers unter dem Fenster wird<br />
die einströmende Kaltluft außerhalb der Aufenthaltszone erwärmt. Bei einem<br />
vernachlässigbaren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich die thermische<br />
Behaglich keit deutlich.<br />
D<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone<br />
wird die Behaglichkeitsklasse<br />
A erzielt. Im Bereich zwischen<br />
Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone gibt es<br />
kleine Defizite, hier wird die Kategorie<br />
B oder C erreicht. Innerhalb der<br />
Aufenthaltszone erwartet den<br />
Nutzer ein behagliches Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 63: Vertikale Ebene<br />
Abb. 64: Horizontale Ebene (0,6 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
ALD hinsichtlich Anordnung (unter dem Fenster bzw. hinter dem<br />
Heizkörper) <strong>und</strong> Funktionsweise (schnelle Erwärmung der Außenluft<br />
z. B. durch gute Durch mischung mit der Raumluft) optimieren.<br />
Heizkörperlänge sollte mindestens so breit wie das Fenster gewählt<br />
werden.<br />
33
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
5.2 Luftwechsel n = 0,50 h -1 : Heizkörper.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
Erwartungsniveau<br />
Zur Einhaltung einer guten Raumluft qualität wird oft ein Luftwechsel in einer<br />
Größenordnung von 0,5 pro St<strong>und</strong>e gefordert.<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
Im Aufenthaltsbereich<br />
wird fast durchgängig die<br />
Behaglichkeitsklasse A erzielt. Im Bereich<br />
zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone<br />
gibt es Ein schränkungen<br />
der ther mischen Behaglichkeit, hier<br />
wird die Kategorie B oder C erreicht.<br />
In der Aufenthalts zone erwartet<br />
den Nutzer ein weitgehend behagliches<br />
Raumklima.<br />
Es wird ein Raum in einem Niedrig ener gie haus bzw. einem vergleichbar<br />
sanierten Gebäude untersucht. Der Fenster flächenanteil an der Außenwand<br />
beträgt 30 Prozent. Der Heizkörper ist an der Außenwand unter dem Fenster<br />
angeordnet. Über den optimierten Außenwand-Luftdurchlass (ALD) wird ein<br />
Luftwechsel von 0,5 pro St<strong>und</strong>e realisiert.<br />
Es entsteht ein verstärkter Kaltlufteintritt im Heizkörperbereich zusätzlich<br />
zum kalten Luftstrom im Be reich des Fensters. Die verstärkte Luftbe wegung<br />
im Außenwand bereich wird durch die Platzierung des Heizkörpers unterhalb<br />
des Fensters fast vollständig kompensiert, die einströmende Kaltluft wird<br />
noch wesentlich außerhalb der Aufenthaltszone erwärmt.<br />
G1.1<br />
Abb. 65: Vertikale Ebene<br />
Abb. 66: Horizontale Ebene (0,6 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
ALD hinsichtlich Anordnung (unter dem Fenster bzw. hinter dem<br />
Heizkörper) <strong>und</strong> Funktionsweise (schnelle Erwärmung der Außenluft<br />
z. B. durch gute Durch mischung mit der Raumluft) optimieren.<br />
Heizkörperlänge sollte mindestens so breit wie das Fenster gewählt<br />
werden.<br />
34<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
5.3 Luftwechsel n = 0,25 h -1 : Fußbodenheizung.<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
Welchen Einfluss hat der über einen Außenwand-Luftdurchlass (ALD) unterhalb<br />
des Fensters realisierte Luftwechsel in Kombination mit einer Fußbodenheizung<br />
auf die thermische Behaglichkeit im Raum?<br />
Der Modellraum befindet sich in einem Niedrigenergiehaus oder vergleichbar<br />
sanierten Gebäude. Der Fenster flächenanteil an der Außenwand beträgt<br />
30 Prozent. Der Raum ist mit einer Fuß bodenheizung (ohne Rand zone) ausgestattet.<br />
Der Luftwechsel beträgt 0,25 pro St<strong>und</strong>e zur Sicherung des hygienisch<br />
erforderlichen Mindestluftwechsels.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
A<br />
B<br />
C<br />
Erwartungsniveau<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
Der Kaltlufteintritt durch den optimierten ALD in Kombination mit dem<br />
kalten Luft strom im Fensterbereich verursacht im Raum eine Komforteinschränkung<br />
im Bereich zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthalts zone. Durch die Fußbodenheizung<br />
wird die Luft allerdings noch außerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwärmt. Bei einem vernachlässigbaren Luftwechsel (n = 0 h -1 ) verbessert sich<br />
die thermische Behaglichkeit deutlich.<br />
D<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone wird<br />
die Behaglichkeitsklasse A<br />
erzielt. Im Bereich zwischen Fenster<br />
<strong>und</strong> Aufenthaltszone gibt es Defizite,<br />
hier wird die Kate gorie B oder C<br />
erreicht. Innerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwartet den Nutzer ein<br />
behagliches Raumklima.<br />
G1.1<br />
Abb. 67: Vertikale Ebene<br />
Abb. 68: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierte ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
ALD hinsichtlich Anordnung (unter dem Fenster bzw. oder an der<br />
Kante zwischen Außenwand <strong>und</strong> Fußboden) <strong>und</strong> Funktionsweise<br />
(schnelle Erwärmung der Außenluft z. B. durch gute Durchmischung<br />
mit der Raumluft) optimieren.<br />
Randzone ausbilden, um bedingte Verbesserung der thermischen<br />
Behaglichkeit zu erreichen.<br />
35
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Summative thermische Behaglichkeit<br />
5.4 Luftwechsel n = 0,50 h -1 : Fußbodenheizung.<br />
Klasse<br />
(Kategorie)<br />
Erwartungsniveau<br />
Zur Einhaltung einer guten Raumluft qualität wird oft ein Luftwechsel in einer<br />
Größenordnung von 0,5 pro St<strong>und</strong>e gefordert.<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
hoch<br />
mittel<br />
gemäßigt<br />
ohne<br />
Fazit.<br />
In der Aufenthaltszone<br />
wird überwiegend die<br />
Behaglichkeitsklasse A erzielt. Im<br />
Bereich zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone<br />
gibt es stärkere Defizite,<br />
hier wird die Kategorie B oder<br />
C erreicht. Innerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwartet den Nutzer<br />
ein weitgehend behagliches<br />
Raumklima.<br />
Es wird ein Raum entsprechend Niedrig energiehaus-Standard oder ein vergleichbar<br />
saniertes Gebäude untersucht. Der Fensterflächenanteil an der Außenwand<br />
beträgt 30 Prozent. Der Raum ist mit einer Fuß bodenheizung (ohne<br />
Rand zone) aus ge stattet. Über den optimierten Außen wand-Luftdurchlass<br />
(ALD) wird ein Luft wechsel von 0,5 pro St<strong>und</strong>e realisiert.<br />
Der Eintritt der kalten Außenluft durch den optimierten ALD in Kombination<br />
mit dem kalten Luftstrom im Fensterbereich verursacht im Raum eine<br />
Komfortein schränkung im Bereich zwischen Fenster <strong>und</strong> Aufenthaltszone.<br />
Durch die Fußbo den heizung kann die Luft weitestgehend außerhalb der Aufenthaltszone<br />
erwärmt werden.<br />
G1.1<br />
Abb. 69: Vertikale Ebene<br />
Abb. 70: Horizontale Ebene (0,1 m über<br />
Fußboden)<br />
Tipp.<br />
Optimierter ALD zur Sicherung des Mindestluftwechsels (Vermeidung<br />
von Schimmelpilz) einsetzen.<br />
ALD hinsichtlich Anordnung (unter dem Fenster bzw. oder an der<br />
Kante zwischen Außenwand <strong>und</strong> Fußboden) <strong>und</strong> Funktionsweise<br />
(schnelle Erwärmung der Außenluft z. B. durch gute Durchmischung<br />
mit der Raumluft) optimieren.<br />
Randzone ausbilden, um bedingte Verbesserung der thermischen<br />
Behaglichkeit zu erreichen.<br />
36<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
6 Der Einfluss des Heizsystems.<br />
Bei den Heizsystemen wird zwischen Anlagen mit Heizkörpern, mit<br />
Flächenhei zungen <strong>und</strong> Luftheizungen unterschieden. Über deren Akzeptanz<br />
entscheiden meist die Auffassungen der Bauherren zur thermischen Behaglichkeit.<br />
Oberflächentemperaturen verschiedener<br />
Raumumschließungs flächen im Niedrigenergiehaus<br />
So werden üblicherweise<br />
die unterschiedlichen Strahlungs asym metrien <strong>und</strong> damit die Ober flächentemperaturen<br />
des Raumes sowie<br />
die vertikale Lufttemperatur ver teilung als spezifische Merkmale hervorgehoben.<br />
Die einzelnen Heizsysteme wirken unterschiedlich auf die<br />
Oberflächentempera turen der Raumwände, Decken <strong>und</strong> Fuß böden. Diese<br />
Temperaturdifferenzen sind auf die Wärmeübertragung bei den einzelnen<br />
Heizsystemen zurückzuführen. So zeigt sich beispielsweise:<br />
Abb. 71: Heizkörper an Außenwand, ohne Luftwechsel<br />
Heizkörper: die Strahlung des Heizkörpers auf die Fußbodenfläche<br />
Fußbodenheizung: die kühlende Wirkung des Fensters auf die Fußbodenfläche<br />
Luftheizung: die Aufheizung der oberen Seitenflächen durch die Warmluft<br />
Beim Niedrigenergiehaus liegen insgesamt sehr ausgeglichene thermische<br />
Ver hältnisse vor. Die eingesetzten Heizsys te me unterscheiden sich in erster<br />
Linie beim Zugluftrisiko, d. h. der thermischen Kom pensation eintretender<br />
kalter Außen luft.<br />
Abb. 72: Fußbodenheizung ohne Randzone,ohne<br />
Luftwechsel<br />
G1.1<br />
Abb. 73: Luftheizung mit Zuluft durchlass über Tür,<br />
Luftwechsel n = 0,75 h -1<br />
37
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Für den vertikalen Lufttemperatur verlauf sind vor allem folgende Faktoren<br />
maß geblich:<br />
Wärmeverlust des Raumes<br />
Verhältnis von Konvektion <strong>und</strong> Strahlung bei der Wärmeabgabe der Heizflächen<br />
Anordnung von heiztechnischen Komponenten im Raum (z. B. Heizkörper)<br />
Bei Luftheizungen sind speziell die Faktoren:<br />
Zulufttemperatur <strong>und</strong> Luft volumenstrom sowie<br />
Anordnung des Luftdurchlasses im Raum zu beachten.<br />
2,5<br />
2<br />
Heizkörper<br />
1, 5<br />
Fußbodenheizung<br />
Luftheizung,<br />
Luftauslass<br />
an der Innenwand<br />
1<br />
G1.1<br />
Raumhöhe in m<br />
0,5<br />
0<br />
19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29<br />
Lufttemperatur in °C<br />
Abb. 74: Vertikaler Lufttemperatur verlauf in der Aufenthalts zone für verschiedene Heiz systeme<br />
(Niedrigenergiehaus)<br />
Lufttemperaturen in einer ver tikalen Ebene<br />
in Raummitte im Niedrigenergiehaus<br />
Beim Niedrigenergiehaus unterscheiden sich die vertikalen<br />
Lufttemperatur ver läufe der Wasserheizsysteme nur geringfügig. Innerhalb<br />
der Aufenthaltszone lassen sich kaum Differenzen im vertikalen Luft temperaturverlauf<br />
feststellen. Nur in unmittelbarer Nähe zur Außenwand treten<br />
charakteristische Besonderheiten der einzelnen Heizsysteme auf. Günstige<br />
Ver hältnisse finden sich auch bei der – nicht abgebildeten – Luftheizung,<br />
wenn der Zuluftdurch lass an der Kante von Außen wand <strong>und</strong> Fußboden angeordnet<br />
wird.<br />
Abb. 75: Heizkörper an Außenwand ohne<br />
Luftwechsel<br />
Abb. 76: Fußbodenheizung ohne Luftwechsel<br />
38<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
7 Der Einfluss des Lüftungssystems.<br />
7.1 Abluftsysteme mit Außenwand-Luftdurchlässen (ALD).<br />
Bei Abluftsystemen wird Luft aus stark belasteten Bereichen, z. B. Küche, Bad<br />
<strong>und</strong> WC, mit einem Ventilator abgesaugt <strong>und</strong> nach außen gefördert.<br />
In zunehmend dichten Gebäuden wie dem Niedrigener gie haus sollten zur<br />
Luftnach strömung Außenwand-Luftdurchlässe (ALD) vorrangig in Wohn-,<br />
Schlaf- <strong>und</strong> Kinderzimmern eingebaut werden.<br />
Aus Sicht der ther mischen Behaglichkeit ist bei der punktuell durch ALD einströmenden<br />
Außenluft vor allem das Zugluft risiko zu beachten. Die weiteren<br />
Behag lichkeitskriterien werden meist eingehalten.<br />
Die Vermeidung von Zugluft wird maßgeblich von der Anordnung <strong>und</strong> dem<br />
Funk tionsprinzip des ALD sowie vom Luft wechsel <strong>und</strong> dem Heizsystem des<br />
Raumes beeinflusst. Orientiert am Zug luftrisiko werden konstruktiv einfache<br />
<strong>und</strong> optimierte ALD unter schieden. Vorteilhaft wirken sich beispielsweise<br />
eine angepasste Einströmgeschwindigkeit <strong>und</strong> die Ablen kung der einströmenden<br />
Außen luft aus. Eine weitere Möglichkeit, Außenluft in das Gebäude<br />
nachströmen zulassen, besteht in der sogenannten Fensterspaltlüftung. Bei<br />
nutzerabhän gigen Lösungen sorgt eine zusätzliche Position des Fenstergriffes<br />
für den Spalt zwischen Fensterrahmen <strong>und</strong> Fenster flügel. Der durch diese<br />
Spaltlüf tung realisierbare Luftwechsel ist allerdings auf etwa 0,1 h –1 begrenzt.<br />
Bei ausschließlicher Nutzung der Fensterspalt öffnung besteht die Gefahr der<br />
Schimmel pilzbildung.<br />
G1.1<br />
ALD<br />
Abb. 77: Abluftanlage mit Außenwand-Luftdurchlässen; Erläuterungen der Luftströme:<br />
Außenluft<br />
Abluft<br />
39
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Die nachfolgend angeführten Luft wechsel zahlen basieren auf den Abmessungen<br />
des verwendeten Modell raumes (4 x 5 x 2,5 m).<br />
Abb. 78: Außenwand-Luftdurchlass – Beispiel, Anordnung unter dem Fenster<br />
G1.1<br />
40<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird der ALD an der Außenwand angeordnet. Die Positionierung<br />
kann<br />
Zugluftrisiko<br />
unter, über oder neben dem Fenster,<br />
in Kombination mit der Heizfläche oder<br />
an anderen Stellen der Außenwand erfolgen.<br />
Besonders positiv wirkt sich ein Konzept aus, bei dem der ALD hinsichtlich Anordnung<br />
<strong>und</strong> Funktionsweise optimiert ist. Als günstig erweist sich:<br />
Anordnung:<br />
unter dem Fenster,<br />
hinter dem Heizkörper,<br />
an der Kante zwischen Außenwand <strong>und</strong> Fußboden bei Fußbodenheizung.<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
Zugluftrisiko im NEH bei einfachen Lösungen<br />
für den ALD (Luftwechsel n = 0,5 h -1 )<br />
Funktionsweise:<br />
gezielte Luftführung (z. B. Umlenkung),<br />
gute Durchmischung mit der Raumluft (z. B. hohes Induktionsverhältnis),<br />
verbesserte Regelung (z. B. reduzierter Volumenstrom bei niedrigen<br />
Außentemperaturen).<br />
Mit kleinerem Abstand zwischen Heizfläche <strong>und</strong> ALD sinkt das Zugluftrisiko.<br />
Abb. 79: Heizkörper an Außenwand, ALD mit Kernbohrung<br />
neben Fenster<br />
Abb. 80: Fußbodenheizung, Schlitz-ALD unter<br />
Fenster<br />
G1.1<br />
Zugluftrisiko im NEH bei optimierten Lösungen<br />
für den ALD (Luftwechsel n = 0,5 h -1 )<br />
Abb. 81: Heizkörper an Außenwand, ALD hinter<br />
Heizkörper<br />
Abb. 82: Fußbodenheizung, optimierter ALD unter<br />
Fenster<br />
41
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
Zulufttemperatur in °C<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Außenlufttemperatur<br />
7.2 Zu- <strong>und</strong> Abluftsysteme mit Wärmerückgewinnung.<br />
Bei Zu- <strong>und</strong> Abluftsystemen mit Wärmerückgewinnung wird auch die Außenluft<br />
mit einem Ventilator <strong>und</strong> meist über Luftleitungen in die Aufenthaltsräume<br />
geleitet. Die kalte Außenluft wird zuvor über einen Wärmetauscher<br />
geleitet, wo die Wärme der Abluft auf die überströmende Außenluft übertragen<br />
wird. Dadurch werden Wärme rückgewinnungseffekte erzielt.<br />
0<br />
50 60 70 80 90 100<br />
Wärmerückgewinnung in %<br />
(Temperaturveränderung)<br />
Abb. 83: Abhängigkeit der Aufheizung der Außenluft<br />
vom Vorwärmgrad des Lüftungs systems<br />
Die Aufheizung der Außen luft ist vom Vorwärmgrad des Lüftungs systems<br />
abhängig. Die vorgewärmte Außenluft (sogenannte Zuluft) kann höchstens<br />
Werte erreichen, die 2 bis 3 K unter der Raumlufttemperatur liegen (siehe<br />
Diagramm links).<br />
Bei Zu- <strong>und</strong> Abluftsystemen mit Wärme rückge win nung ergeben sich neben<br />
energetischen Vorteilen auch günstigere Ver hältnisse aus der Sicht der thermischen<br />
Behag lich keit. Im Gegensatz zum Abluft system strömt vorgewärmte<br />
Luft in den Raum ein <strong>und</strong> mindert so das Zugluft risi ko. Inwieweit dessen<br />
Grenzwert eingehalten werden kann, ist entscheidend von der Anordnung<br />
<strong>und</strong> dem Funk tionsprinzip des Luftdurchlasses (LD) sowie vom Luftwech sel<br />
<strong>und</strong> der Zulufttem pe ra tur abhängig. Eine weitere Einflussgröße bildet das<br />
Heizsystem des Raumes.<br />
ALD<br />
G1.1<br />
ALD<br />
Abb. 84: Zu- <strong>und</strong> Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung; Erläuterungen der Luftströme:<br />
Außenluft<br />
Zuluft<br />
Abluft<br />
Fortluft<br />
42<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist die Anordnung des Zuluftdurchlasses (LD)<br />
an der Innenwand (häufig oberhalb der Raumtür),<br />
an der Außenwand oder<br />
an der Kante von Außenwand <strong>und</strong> Fußboden möglich.<br />
Ein hohes Zugluftrisiko besteht beim Einsatz von innenliegenden LD mit<br />
geringen Austrittsgeschwindigkeiten. Hier kann es zu unerwünschten<br />
Kurzschluss strömungen zwischen Luftein- <strong>und</strong> Luftaustrittsöffnung (z. B.<br />
Türschlitz) kommen. Bei der Außenwandanordnung hingegen bestehen selbst<br />
bei niedrigen Zulufttempe ra tu ren deutlich günstigere Verhältnisse.<br />
Die geschilderten Probleme der Innenwandanordnung <strong>und</strong> damit<br />
eines Zugluftrisikos lassen sich vermeiden, wenn LD mit hohen<br />
Austrittsgeschwindigkei ten – sogenannte Weitwurfdüsen – Verwendung<br />
finden.<br />
Zugluftrisiko<br />
Unkritischer<br />
angenehmer<br />
Bereich<br />
Kritischer Bereich<br />
Zugluftrisiko im NEH bei einfachen Lösungen<br />
für den LD (Luftwechsel n = 0,5 h -1 )<br />
Eine verbesserte Wärmerückgewinnung (möglich <strong>und</strong> energetisch sinnvoll<br />
sind über 80 Prozent statt der hier dargestellten 60 Prozent) führt zu höheren<br />
Zulufttemperaturen <strong>und</strong> vermindert das Zugluftrisiko.<br />
Die Bilder zum Zugluftrisiko basieren auf einer Zulufttemperatur von<br />
11 °C. Diese resultiert aus den zuvor angegebenen Tem peratur verhältnissen<br />
<strong>und</strong> einer Wärme rück ge winnung mit einem Wir kungsgrad<br />
von ca. 60 Prozent ohne Be rück sich ti gung einer zusätzlichen Vor wär -<br />
mung. Die nachfolgend angeführten Luft wechselzahlen beziehen sich<br />
auf die Abmessun gen des verwendeten Modell raumes (4 x 5 x 2,5 m).<br />
Abb. 85: Heizkörper an Außenwand, Luftventil<br />
über Tür<br />
Abb. 86: Fußbodenheizung, Luftventil über Tür<br />
G1.1<br />
Zugluftrisiko im NEH bei optimierten Lösungen<br />
für den LD (Luft wechsel n = 0,5 h -1 )<br />
Abb. 87: Heizkörper an Außenwand, Weitwurfdüse<br />
über Tür<br />
Abb. 88: Fußbodenheizung, LD an Kante AW/FB<br />
43
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
G1.1<br />
44<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
8 Methodische Anmerkungen.<br />
8.1 Umfassende Kriterien der thermischen Behag lichkeit.<br />
In Versuchen mit Testpersonen wurden Kriterien abgeleitet, die unabhängig<br />
vom Ge schlecht <strong>und</strong> Alter die thermische Behag lichkeit für verschiedene Situationen<br />
(Beklei dung, Tätigkeit usw.) beschreiben.<br />
Dies sind nach DIN EN ISO 7730 die (mittlere) Raum klimabeurteilung<br />
durch die Nutzer – sogenannter PMV-Wert (Predicted Mean Vote) <strong>und</strong><br />
der daraus abgeleitete (zu erwartende) Prozentsatz der Unzufriedenen<br />
– sogenannter PPD-Wert (Predicted Percentage of Dissatisfied).<br />
Aufgr<strong>und</strong> des unterschiedlichen Empfin dens der Menschen geht man davon<br />
aus, dass sehr gute thermische Verhältnisse im Raum vorliegen, wenn nicht<br />
mehr als 10 Prozent der Raum nutzer Akzeptanz probleme haben. Ein einfacher<br />
Maßstab zur Beurteil ung thermischer Komfort zustände ist die operative<br />
Temperatur (oder Empfin dungs tempera tur). Sie bildet näherungsweise den<br />
Mittel wert aus der Lufttempe ratur <strong>und</strong> den (ge mittelten) Oberflächen temperaturen<br />
des Raumes. Diese Beziehung ist allerdings nur auf Räume mit geringen<br />
Luftbewegungen anwendbar.<br />
Die Angaben in dieser Broschüre gel ten für Aufenthaltsräume mit den<br />
dort üb lichen körperlichen Aktivitä ten <strong>und</strong> der dabei ge bräuch lichen<br />
Kleidung.<br />
G1.1<br />
8.2 Spezielle Kriterien der thermischen Behaglichkeit.<br />
Auch bei günstigen Werten von PMV bzw. PPD lassen sich unbehagliche Zustände<br />
nicht ausschließen. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e gibt es spezielle Kriterien:<br />
Risiko der Zugluftbelästigung.<br />
Der bekleidete Mensch empfindet Zugluft insbesondere im Nacken <strong>und</strong> an<br />
den Fuß ge lenken als störend. Daraus folgt z. B. für einen Aufenthaltsraum mit<br />
22 °C eine zulässige Luftgeschwindigkeit von ca. 0,11 bis 0,18 m/s für Kategorie<br />
B (siehe Diagramm auf Seite 8).<br />
Strahlungsasymmetrie.<br />
Dieses Phänomen wird auch als „Strahlungszug“ bezeichnet <strong>und</strong> lässt sich mit<br />
dem Gefühl beschreiben, das z. B. beim Aufenthalt in der Nähe winterkalter<br />
Fensterflächen auftritt.<br />
Vertikaler Lufttemperaturverlauf im Raum.<br />
Dieser Behaglichkeitsmaßstab resultiert aus der Erfahrung, dass ein „kühler<br />
Kopf <strong>und</strong> warme Füße“ für optimale thermische Verhältnisse sorgen.<br />
Zulässige Oberflächentemperaturen.<br />
Dieses Kriterium soll Unterkühlungen oder unzureichende Entwärmungen an<br />
den Füßen vermeiden. Daraus resultieren beispielsweise die Vorgaben für die<br />
maximale Oberflächentemperatur bei Fußbodenheizungen.<br />
45
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
8.3 Summative thermische Behaglichkeit.<br />
Die Gesamtbewertung der thermischen Behaglichkeit eines Raumes erfordert<br />
die Berück sichtigung umfassender (globaler) <strong>und</strong> spezieller (lokaler) Kriterien.<br />
Eine optimale Möglichkeit zur vereinfachten Darstellung ergibt sich aus<br />
der rechnerischen Kombin ation der globalen Kriterien PMV bzw. PPD <strong>und</strong> der<br />
lokalen Kriterien Zugluftrisiko, Strahlungsasymmetrie <strong>und</strong> Oberflächentemperaturen<br />
in Form der summativen ther mischen Behaglichkeit. Dabei geht<br />
man davon aus, dass sich die Gesamtbewertung eines Raumes aus einem Vergleich<br />
der jeweiligen Teilbewertungen ergibt. Die angewendete konservative<br />
Betrachtung berücksichtigt dabei die jeweils ungünstigsten Werte.<br />
Einflussgrößen.<br />
Zugluftrisiko<br />
Strahlungsasymmetrie<br />
Oberflächentemperatur<br />
Summative<br />
thermische<br />
Behaglichkeit<br />
PMV/PPD<br />
G1.1<br />
46<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
Thermische Behaglichkeit<br />
G<br />
9 Anhang.<br />
Bildnachweise:<br />
Deutsche Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>);<br />
TU Dresden, Institut für Thermodynamik <strong>und</strong> Technische Gebäudeausrüstung;<br />
ITG<br />
Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden - Forschung <strong>und</strong><br />
Anwendung GmbH<br />
Autoren:<br />
Prof. Dr.-Ing. habil. Wolfgang Richter, TU Dresden,<br />
Institut für Thermodynamik<br />
Dr.-Ing. Thomas Hartmann,<br />
ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden - Forschung <strong>und</strong><br />
Anwendung GmbH<br />
G1.1<br />
47
G<br />
Thermische Behaglichkeit<br />
G1.1<br />
48<br />
<strong>dena</strong>-<strong>Planungshandbuch</strong>. <strong>Gebäudehülle</strong>. Gr<strong>und</strong>lagen.
G2<br />
Konstruktion.<br />
G<br />
G2 Konstruktion.<br />
G2.1 Wärmebrücken.<br />
G2.1<br />
G2.2 Außenwand.<br />
G2.2<br />
G2.3 Fenster <strong>und</strong> Verglasungen.<br />
G2.3
Wärmebrücken<br />
G<br />
G2.1 Wärmebrücken.<br />
Autoren:<br />
Rainer Feldmann<br />
Thomas Becker<br />
G<br />
G2.1<br />
1
G<br />
Wärmebrücken<br />
G2.1<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Inhalt.<br />
1<br />
Einleitung. 4<br />
1.1 Warum Wärmebrücken vermeiden. 5<br />
1.2 Definition. 6<br />
2<br />
Ursachen <strong>und</strong> Arten von Wärmebrücken. 8<br />
2.1 Häufigste Typen. 8<br />
2.2 Sonderformen. 9<br />
3<br />
Wärmebrücken in der Energiebilanz. 11<br />
3.1 Wärmebrückenbewertung gemäß<br />
Energieeinsparverordnung. 11<br />
3.2 Nachweis der Gleichwertigkeit. 12<br />
3.3 Detaillierter Wärmebrückennachweis. 15<br />
3.4 Beispiel eines detaillierten Wärmebrückennachweises. 18<br />
4<br />
Konstruktionsempfehlungen. 29<br />
5<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches zur Verringerung von Wärmebrücken. 29<br />
4.2 Planungsbeispiel. 30<br />
4.3 Konstruktionsempfehlungen zu den einzelnen Details. 31<br />
Anhang. 37<br />
5.1 DIN-Normen. 37<br />
5.2 Weiterführende Literatur. 37<br />
5.3 Bildnachweis. 37<br />
G2.1<br />
3
G<br />
Wärmebrücken<br />
1 Einleitung.<br />
Der Klimawandel sowie die weltweit steigende Energienachfrage erfordern<br />
eine nachhaltige Strategie zur Steigerung der Energieeffizienz <strong>und</strong> einer<br />
damit verb<strong>und</strong>enen Reduzierung der CO 2<br />
-Emissionen. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />
formulierte deshalb in ihrem Integrierten Energie- <strong>und</strong> Klimaprogramm<br />
auch ambitionierte Klimaschutzziele: Bis 2020 soll der Treibhausgasausstoß<br />
um 40 Prozent unter den Stand von 1990 gesenkt werden.<br />
Der Gebäudebereich ist dabei von höchster Bedeutung, da dieser in der EU<br />
<strong>und</strong> in Deutschland mit jeweils r<strong>und</strong> 40 Prozent des Endenergiebedarfs den<br />
größten Verbrauchssektor darstellt. Einer der wichtigsten strategischen<br />
Handlungssektoren ist dabei die energetische Gebäudesanierung. Sanierungskonzepte<br />
für Bestandsgebäude, die den (End-)Energiebedarf auf ein<br />
Minimum reduzieren, führen zu einer größeren Unabhängigkeit von Energiepreissteigerungen<br />
<strong>und</strong> zu dauerhaft tragbaren Energiekosten für Eigentümer<br />
<strong>und</strong> Mieter, zu einer nachhaltigen Minderung der CO 2<br />
-Emissionen in Deutschland<br />
<strong>und</strong> zusätzlich zu einem langfristigen Werterhalt der Gebäude.<br />
G2.1<br />
Abb. 1 <strong>und</strong> 2: Fassa<strong>dena</strong>usschnitt eines ungedämmten<br />
Bestandsgebäudes als Foto- <strong>und</strong> Thermografieaufnahme.<br />
Die roten <strong>und</strong> hellen Bereiche der Thermografieaufnahme<br />
stellen Flächen mit erhöhten Oberflächentemperaturen<br />
<strong>und</strong> größeren Wärmeverlusten dar.<br />
Unterschiedliche Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Bestandsgebäuden<br />
sind inzwischen vielfach erprobt <strong>und</strong> erfolgreich realisiert.<br />
Ein Beispiel hierfür ist das Modellvorhaben „Niedrigenergiehaus im Bestand“,<br />
das die Deutsche Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>) in Zusammenarbeit mit<br />
dem B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung, der BASF<br />
SE <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong>esverband der Energie- <strong>und</strong> Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)<br />
sowie mit den Fördermitteln der KfW Förderbank durchführt. Es beweist, dass<br />
durch marktgängige Technologien ein hocheffizienter Sanierungsstandard<br />
realisierbar ist, bei dem das energetische Niveau mindestens 50 Prozent unter<br />
dem eines Neubaus liegt <strong>und</strong> an das Niveau eines Passivhauses heranreicht.<br />
Bei Dämmmaßnahmen an der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong> zur Reduzierung<br />
des Heizwärmebedarfs muss eine besondere Aufmerksamkeit der Vermeidung<br />
von Wärmebrücken gewidmet werden, damit es nicht zu Bauschäden<br />
<strong>und</strong> Schimmelpilzbildung kommt. In der Gebäudesanierung wurde in der<br />
Vergangenheit, auch aufgr<strong>und</strong> von veränderten Nutzungsgewohnheiten sowie<br />
nicht angepasstem Lüftungsverhalten, eine Zunahme von Schimmelpilzen<br />
beobachtet. Als bauliche Ursache sind hierfür häufig Wärmebrücken in<br />
der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong> verantwortlich. Mittels Thermografieaufnahmen<br />
können Wärmebrücken in der <strong>Gebäudehülle</strong> sichtbar gemacht werden.<br />
Dieser Leitfaden soll dabei helfen, die Relevanz von Wärmebrücken insbesondere<br />
auch bei Niedrigenergiehäusern <strong>und</strong> deren Optimierung richtig<br />
einzuschätzen. Er enthält eine allgemeine Darstellung der Wärmebrückenproblematik,<br />
zahlreiche Konstruktionsempfehlungen <strong>und</strong> verschiedene<br />
Planungsbeispiele. Ergänzt werden diese praxisnahen Hinweise durch einen<br />
Überblick über die möglichen Nachweisverfahren entsprechend der gültigen<br />
Energieeinsparverordnung. Denn der richtige Nachweis der Wärmebrückenberücksichtigung<br />
ist insbesondere für die Beantragung von Fördermitteln<br />
relevant.<br />
4 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
1.1 Warum Wärmebrücken vermeiden.<br />
Wärmebrücken haben negative Auswirkungen auf das Gebäude <strong>und</strong> seine<br />
Bewohner. Folgende Aspekte sind bei der Gebäudesanierung zu beachten<br />
<strong>und</strong> durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden:<br />
Erhöhter Energieverbrauch.<br />
An Wärmebrücken ist ein verstärkter Wärmeabfluss festzustellen, der zu<br />
höherem Heizenergieverbrauch führt. Bei nachträglich hochwertig gedämmten<br />
Bestandsgebäuden können über Wärmebrücken im ungünstigsten<br />
Fall zusätzliche Wärmeverluste von weit über 30 Prozent des Energiebedarfs<br />
entstehen.<br />
Beeinträchtigung der thermischen Behaglichkeit.<br />
Durch Wärmebrücken entstehen im Winter aufgr<strong>und</strong> des erhöhten Wärmeabflusses<br />
auf der Innenseite der Bauteile sehr niedrige Oberflächentemperaturen.<br />
Kalte Oberflächen werden aufgr<strong>und</strong> der geringeren Strahlungswärme<br />
als unbehaglich empf<strong>und</strong>en. Dies nimmt der Bewohner als störend wahr. Um<br />
diesem Umstand entgegenzuwirken, wird die Heizung höher gestellt, damit<br />
die Raumluft wärmer wird. Auf diese Weise steigt der Heizenergieverbrauch<br />
zusätzlich. Für eine thermische Behaglichkeit sollten Oberflächentemperaturen<br />
von Außenbauteilen um nicht mehr als 3 °C gegenüber der Raumluft<br />
absinken <strong>und</strong> 10 °C keinesfalls unterschreiten.<br />
Mangelhafte Wohnhygiene.<br />
Im Bereich einer Wärmebrücke kann es aufgr<strong>und</strong> von niedrigen Innenoberflächentemperaturen<br />
zu Tauwasserausfall kommen. Sobald warme, feuchte<br />
Luft auf eine kalte Oberfläche trifft <strong>und</strong> dort unter den sogenannten Taupunkt<br />
abgekühlt wird, bildet sich Tauwasser. Die gleichen Erfahrungen macht jeder<br />
Brillenträger, der im Winter einen warmen Raum betritt <strong>und</strong> anschließend<br />
beschlagene Brillengläser hat.<br />
G2.1<br />
An den feuchten Bauteilflächen sammelt sich Staub an, der in Verbindung<br />
mit Tapetenkleister <strong>und</strong> -farbe einen idealen Nährboden für zum Teil ges<strong>und</strong>heitsschädliche<br />
Schimmelpilze bildet.<br />
Besonders in Küchen <strong>und</strong> Bädern ist die Gefahr von Schimmelbildung groß,<br />
da in diesen Räumen nutzungsbedingt eine viel höhere Luftfeuchtigkeit vorherrscht<br />
als in anderen Wohnräumen. Eine relative Luftfeuchtigkeit zwischen<br />
30 <strong>und</strong> 60 Prozent gilt aus wohnhygienischer Sicht als idealer Bereich, der<br />
nicht unter- bzw. überschritten werden sollte.<br />
Abb. 3 <strong>und</strong> 4: Temperaturfeld <strong>und</strong> Innenoberflächentemperaturen<br />
einer nachträglich von außen bzw.<br />
innen gedämmten Fassade. Mit 10 cm Wärmedämmung<br />
wird ein U-Wert von 0,28 W/(m 2 · K) erreicht. Im<br />
Bereich der einbindenden Geschossdecke erhöht sich<br />
der Wärmeverlust bei der Variante mit Innendämmung<br />
von 0,01 W/(m · K) auf 0,53 W/(m · K). Würde<br />
man bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus<br />
diesen Wärmebrückenverlust beim U-Wert der Fassade<br />
berücksichtigen, würde dieser um fast 40 Prozent auf<br />
0,39 W/(m 2 · K) steigen.<br />
5
G<br />
Wärmebrücken<br />
Gefährdung der Bausubstanz.<br />
Neben der Schimmelbildung kann ein Tauwasserausfall im Bereich von<br />
Wärmebrücken zu einer dauerhaften Durchfeuchtung eines Bauteils <strong>und</strong> zu<br />
einem Bauschaden führen. Mürbes Mauerwerk oder verfaultes Holz sind oftmals<br />
die Folge, sodass die Tragfähigkeit oder Standsicherheit unter Umständen<br />
nicht mehr gewährleistet ist. Zusätzlich stellt sich bei durchfeuchteten<br />
Bauteilen eine höhere Wärmeleitfähigkeit ein, womit der Wärmebrückeneffekt<br />
verstärkt wird <strong>und</strong> dadurch die innere Oberfläche noch weiter abkühlt.<br />
Durch konstruktive Maßnahmen ist es möglich, viele Wärmebrücken hinsichtlich<br />
ihrer Wirkung zu minimieren oder soweit zu optimieren, dass keine<br />
Mängel, Bauschäden oder ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen zu erwarten<br />
sind.<br />
1.2 Definition.<br />
Als Wärmebrücken bezeichnet man Bereiche in der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong>,<br />
bei denen aufgr<strong>und</strong> von<br />
Materialwechsel in der Bauteilebene,<br />
der Bauteilgeometrie,<br />
konstruktiven Zwängen oder<br />
Fugen <strong>und</strong> Undichtigkeiten<br />
während der Heizperiode gegenüber dem ungestörten Bauteil erhöhte bzw.<br />
zusätzliche Wärmeabflüsse auftreten, sodass auf der inneren Seite von Außenbauteilen<br />
die Oberflächentemperatur örtlich begrenzt stark absinkt.<br />
G2.1<br />
q si ungestört<br />
= 12,1 °C<br />
q si ungestört<br />
= 18,7 °C<br />
1<br />
q si 1<br />
= 6,8 °C<br />
q si 1<br />
= 18,2 °C<br />
3<br />
2<br />
q si 3<br />
= 11,2 °C q si 2<br />
= 8,4 °C<br />
q si 3<br />
= 16,1 °C q si 2<br />
= 16,9 °C<br />
Abb. 5: Prinzipskizze zur Veranschaulichung<br />
der verschiedenen Wärmebrückenarten.<br />
Durch die Pfeile wird der Wärmestrom<br />
symbolisiert.<br />
Abb. 6: Isothermenverlauf eines ungedämmten<br />
Außenwandabschnitts mit Innenoberflächentemperaturen<br />
an verschiedenen<br />
Wärmebrückenbereichen, die alle unterhalb<br />
der kritischen Temperatur von 12,6 °C liegen.<br />
Abb. 7: Isothermenverlauf eines nachträglich<br />
gedämmten Außenwandabschnitts. Das Mauerwerk<br />
liegt komplett im warmen Bereich <strong>und</strong><br />
aufgr<strong>und</strong> der Innenoberflächentemperaturen<br />
besteht keine Schimmelgefahr.<br />
6 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Die Abbildungen 5 bis 7 zeigen den horizontalen Temperaturverlauf in diesem<br />
Außenbauteil. Die eingezeichneten Linien verbinden Punkte mit gleicher<br />
Temperatur <strong>und</strong> werden Isothermen genannt. Die beiden roten Linien stellen<br />
die 10 °C - <strong>und</strong> 5 °C -Isotherme dar.<br />
Die Grafiken zeigen einen Außenwandabschnitt <strong>und</strong> das Absinken der inneren<br />
Oberflächentemperatur gegenüber der Temperatur im ungestörten<br />
Wandabschnitt <strong>und</strong> somit die Wärmebrückenwirkung an einer Stahlbetonstütze<br />
im Mauerwerk (1), in der Ecke einer Außenwand (2) <strong>und</strong> am seitlichen<br />
Fensteranschluss (3) bei unterschiedlichen Dämmstandards <strong>und</strong> jeweils<br />
bei einer Außenlufttemperatur von –10 °C sowie einer Raumtemperatur von<br />
20 °C. Während beim unsanierten Zustand (Abb. 6) die Innenoberflächentemperatur<br />
an der Stahlbetonstütze 6,8 °C, in der Ecke 8,4 °C <strong>und</strong> in der Fensterlaibung<br />
11,2 °C beträgt, liegt sie bei der nachträglich gedämmten Variante<br />
(Abb. 7) bei 18,2 °C, 16,9 °C bzw. 16,1 °C.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Zweifachwirkung von Wärmebrücken (erhöhter Wärmeabfluss<br />
<strong>und</strong> Temperaturabsenkung) sind zur Kennzeichnung in der Regel auch zwei<br />
unterschiedliche, voneinander unabhängige Kenngrößen erforderlich.<br />
Hinsichtlich des erhöhten Wärmeabflusses wird vergleichbar zum U-Wert<br />
eines Bauteils als Maß für die Wärmebrückenwirkung der Begriff des längenbezogenen<br />
Wärmedurchgangskoeffizienten Y mit der Einheit W/(m · K)<br />
verwendet. Der Y-Wert hängt von verschiedenen Einflussgrössen ab: der Qualität<br />
der Konstruktion <strong>und</strong> der verwendeten Abmessungen sowie der U-Werte<br />
der ungestörten Bauteile.<br />
Für den Effekt der Temperaturabsinkung dient zur Kennzeichnung der<br />
dimensionslose Temperaturfaktor f Rsi<br />
oder auch der Temperaturdifferenzquotient<br />
Q.<br />
Berechnung des längenbezogenen<br />
Wärmedurchgangskoeffizienten<br />
Y<br />
Y = L 2D n<br />
– ∑ U j<br />
• l j<br />
j=1<br />
L 2D thermischer Leitwert der zweidimensionalen<br />
Wärmebrücke [W/K]<br />
U j<br />
Wärmedurchgangskoeffizient des<br />
jeweils zwei Bereiche trennenden<br />
1-D-Bauteils [W/(m 2 · K)]<br />
l j<br />
die Länge innerhalb des 2-D-geometrischen<br />
Modells, für die der U j<br />
gilt [m]<br />
n die Nummer der 1-D-Bauteile [-]<br />
Berechnung des<br />
Temperaturfaktors auf der<br />
Bauteilinnenoberfläche:<br />
q<br />
f Rsi<br />
= si<br />
– q e<br />
q i<br />
– q e<br />
q si<br />
q i<br />
q e<br />
Temperatur an der Innenoberfläche<br />
Innenlufttemperatur<br />
Außenlufttemperatur<br />
Mindestanforderung f Rsi<br />
≥ 0,70<br />
Aus feuchteschutztechnischen Gründen sollte die Innenoberflächentemperatur<br />
niemals unter 12,6 °C absinken. Ab einem Temperaturfaktor f Rsi<br />
≥ 0,7 wird<br />
dieses Kriterium erfüllt.<br />
G2.1<br />
Über den Y-Wert hingegen kann keine Abschätzung hinsichtlich der zu erwartenden<br />
Temperaturabsinkung erfolgen.<br />
Abb. 8: Backsteinfassade mit sichtbarem<br />
Fenstersturz aus Beton<br />
Abb. 9: Erhöhter Wärmeabfluss im Bereich des<br />
Fenstersturzes durch Thermografie sichtbar<br />
gemacht.<br />
7
G<br />
Wärmebrücken<br />
2 Ursachen <strong>und</strong> Arten<br />
von Wärmebrücken.<br />
Wärme nimmt den Weg des geringsten Widerstands, d. h. bevorzugt den<br />
Weg über Wärmebrücken oder Undichtigkeiten in der <strong>Gebäudehülle</strong>. Wärmebrücken<br />
können unterschiedliche Ursachen haben. Häufig liegt aber<br />
eine Überlagerung von verschiedenen Ursachen vor. Darüber hinaus ist zu<br />
beachten, dass sich die Störzone einer Wärmebrücke (Bereich der Temperaturabsenkung)<br />
auch noch in das umgebende Bauteil hineinzieht (siehe<br />
Isothermen-Abb. 6 <strong>und</strong> 7 auf Seite 6).<br />
2.1 Häufigste Typen.<br />
Bei den folgenden beschriebenen Beispielen handelt es sich ausschließlich<br />
um sogenannte linienförmige Wärmebrücken, die durch Baustoffeigenschaften,<br />
Konstruktion <strong>und</strong> Geometrie verursacht werden. Neben diesen gibt es<br />
aber auch noch weitere Arten vergleichbarer Wärmebrücken, die in erster<br />
Linie hinsichtlich der Bauschadensvermeidung zu beachten sind.<br />
G2.1<br />
Abb. 10 <strong>und</strong> 11: Foto- <strong>und</strong> Thermografieaufnahme<br />
eines beheizten Treppenhauses mit dem Treppenlauf<br />
als Beispiel einer materialbedingten Wärmebrücke.<br />
Materialbedingte Wärmebrücken.<br />
Stoff- oder materialbedingte Wärmebrücken entstehen durch einen Wechsel<br />
der Wärmeleitfähigkeit innerhalb einer oder mehrerer Schichten eines Bauteils.<br />
Typische Vertreter dieser Wärmebrücken sind:<br />
Stahlbetonstützen, Fensterstürze oder Ringanker im Mauerwerk<br />
Mörtelfugen im Mauerwerk<br />
Stahlbetondeckenauflager<br />
Holzsparren in der Dämmebene einer Dachkonstruktion<br />
dämmschichtunterbrechende Innenwände<br />
Abb. 12: Thermografieaufnahme einer Außenwand.<br />
Die Stützen <strong>und</strong> der Unterzug aus Stahlbeton sind<br />
sehr gut als materialbedingte Wärmebrücken zu<br />
erkennen.<br />
Geometrischbedingte Wärmebrücken.<br />
Geometrischbedingte Wärmebrücken entstehen dort, wo die wärmeaufnehmende<br />
Innenoberfläche <strong>und</strong> die wärmeabgebende Außenoberfläche<br />
unterschiedlich groß sind. Das ist beispielsweise an Gebäudekanten <strong>und</strong> –<br />
ausgeprägter noch – an Gebäudeecken der Fall. Geometrische Wärmebrücken<br />
können nicht vollständig vermieden werden. Eine gute Wärmedämmung<br />
der Außenwand kann ihre Wirkung <strong>und</strong> somit den erhöhten Wärmestrom<br />
jedoch deutlich reduzieren.<br />
Das Paradebeispiel einer Wärmebrücke, die sowohl eine materialbedingte als<br />
auch eine geometrische Ursache hat, ist die mauerwerks- <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
dämmschichtdurchstoßende Balkonplatte. Neben der ca. 5- bzw. 50-fach<br />
höheren Wärmeleitfähigkeit des Stahlbetons gegenüber eines üblichen Mauerwerks<br />
oder Dämmstoffs entsteht hier zusätzlich ein „Kühlrippeneffekt“, der<br />
die Wärmebrückenwirkung einer thermisch nicht getrennten Balkonplatte<br />
noch verstärkt. Ausführlich wird dieses Detail in Kapitel 4.3.1 erläutert.<br />
8 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Konstruktive Wärmebrücken.<br />
Die Gruppe der konstruktiven Wärmebrücken unterscheidet sich kaum von<br />
den materialbedingten Wärmebrücken. Ihre Ursache liegt in erster Linie in<br />
planerischen Zwängen oder baulicher Notwendigkeit. Vertreter dieser Wärmebrückenkategorie<br />
sind der Rollladen oder ein Regenfallrohr innerhalb<br />
eines Wärmedämmverb<strong>und</strong>systems. Ebenso kann man einen Bauteilwechsel<br />
(Fensteranschluss) als konstruktive Wärmebrücke bezeichnen.<br />
2.2 Sonderformen.<br />
Neben der Ursache ihres Entstehens werden Wärmebrücken zusätzlich nach<br />
ihrer Form unterschieden. So können Wärmebrücken als linienförmige,<br />
punktuelle oder dreidimensionale Schwachstellen in der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong><br />
auftreten.<br />
Punktuelle Wärmebrücken.<br />
Punktuelle Wärmebrücken sind Störungen in der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong>,<br />
welche auf einen Punkt bezogen werden können.<br />
Abb. 13: Temperaturfeld eines Fenstersturzdetails<br />
mit ungedämmtem Rollokasten. Die Innenoberflächentemperatur<br />
beträgt unter der Stahlbetondecke<br />
lediglich 12,2 °C .<br />
Typische Vertreter dieser Gruppe sind:<br />
dämmschichtdurchstoßende Stützen<br />
Befestigungsdübel von Wärmedämmverb<strong>und</strong>systemen<br />
Mauerwerksanker von hinterlüfteten Vorhangsystemen<br />
Einzelkragarme von Balkon- oder Vordachsystemen<br />
Der zusätzliche Wärmeverlust durch punktuelle Wärmebrücken ist bezogen<br />
auf den Gesamtwärmeverlust eines Gebäudes oft vernachlässigbar. Hier ist in<br />
erster Linie darauf zu achten, dass es nicht zu Schäden durch Tauwasserausfall<br />
kommt.<br />
G2.1<br />
Abb. 14 bis 16 : Beispiele von punktuellen Wärmebrücken<br />
als Thermografieaufnahmen: 1. Kragarme eines<br />
Vordaches, 2. dämmstoffdurchstoßende<br />
Stützen, 3. Sturzanschluss eines Hofdurchgangs.<br />
9
G<br />
Wärmebrücken<br />
Dreidimensionale Wärmebrücken.<br />
In Raumecken treffen drei linienförmige Wärmebrücken aufeinander <strong>und</strong><br />
bilden folglich ein dreidimensionales Temperaturfeld aus. In diesen Ecken<br />
stellen sich noch tiefere innere Oberflächentemperaturen als in den Bereichen<br />
der zweidimensionalen Kanten ein. Hier liegt daher das höchste Risiko<br />
einer Schimmelpilzbildung <strong>und</strong> Tauwasserentstehung.<br />
Konvektive Wärmebrücken.<br />
Konvektive Wärmebrücken entstehen durch Undichtigkeiten (Bauteilfugen,<br />
Durchführungen von Installationsleitungen, usw.) in raumabschließenden<br />
Bauteilen. Durch diese wird Wärmeenergie infolge konvektiver Mitführung<br />
von Luft, Gasen oder Flüssigkeiten vom Warmen ins Kalte transportiert. In der<br />
Baupraxis werden diese Wärmebrücken durch Optimierung der luftdichten<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> minimiert. Kommt es trotzdem zu einer konvektiven Wärmebrücke,<br />
ist in der Regel eine fehlerhafte Bauausführung dafür verantwortlich.<br />
Eine häufige Ursache von konvektiven Wärmebrücken ist der mangelhafte<br />
<strong>und</strong> <strong>und</strong>ichte Anschluss zwischen Außenwand <strong>und</strong> Fenster.<br />
G2.1<br />
Abb. 17 <strong>und</strong> 18: Foto- <strong>und</strong> Thermografieaufnahme<br />
eines freistehenden Einfamilienhauses. Die Stahlbetondachumrandung<br />
stellt eine massive Wärmebrücke<br />
dar. An der oberen Dachkante ist zu erkennen, dass<br />
warme Raumluft entweicht. In diesem Fall spricht<br />
man von konvektiver Wärmebrücke aufgr<strong>und</strong> einer<br />
mangelhaften oder fehlenden Luftdichtheitsebene auf<br />
der Innenseite der Dachfläche.<br />
Wärmebrücken durch unsachgemäße Ausführung.<br />
Neben den Leckagen in der luftdichten Ebene durch unsachgemäße Bauausführungen<br />
entstehen aufgr<strong>und</strong> von handwerklichen Umsetzungsfehlern<br />
oftmals auch andere Wärmebrücken. Typische Baumängel, die zu weiteren<br />
Wärmebrücken führen, sind:<br />
fehlende oder nicht vollständige Gefachdämmungen<br />
mit Mörtel verfüllte Mauerwerkslücken bei monolithischen<br />
Außenwänden<br />
nicht satt gestoßene Dämmstoffplatten bei Wärmedämmverb<strong>und</strong>systemen<br />
Mörtelreste im nachträglich gedämmten Hohlraum einer zweischaligen<br />
Außenwand<br />
zu große Dämmstoffaussparungen bei Kellerdeckenbeleuchtungen oder<br />
punktuellen Durchdringungen<br />
Abb. 19: Auf dem Thermogramm der Fassade sind Stellen<br />
im Mauerwerk zu erkennen, die einen erhöhten<br />
Wärmeabfluss aufweisen. Hier wurden mit Mörtel<br />
<strong>und</strong> Steinbruchstücken Mauerwerkslücken gefüllt.<br />
Diese Fehlstellen haben eine höhere Wärmeleitfähigkeit<br />
als das übrige Mauerwerk.<br />
Abb. 20: Innenthermografie einer Raumecke, in die<br />
drei Kanten als geometrische Wärmebrücken zusammenlaufen.<br />
Hier ist die Oberflächentemperatur mit<br />
12,1 °C am niedrigsten.<br />
10 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
3 Wärmebrücken in der<br />
Energiebilanz.<br />
Bauteile sind in der Praxis gr<strong>und</strong>sätzlich nicht störungsfrei <strong>und</strong> Wärmebrücken<br />
bei einem Gebäude nicht zu vermeiden. Es ist jedoch nicht zweckmäßig,<br />
jede Bauteilstörung, die sich wärmebrückentechnisch auswirkt, im Wärmeschutznachweis<br />
separat als Einzelposition zu erfassen.<br />
Kleinere <strong>und</strong> regelmäßig wiederkehrende Materialwechsel wie z. B. Mauermörtelfugen<br />
<strong>und</strong> Holzanteile (Sparren oder Ständer) in der Dämmebene<br />
werden schon in der U-Wert-Berechnung der entsprechenden Bauteile<br />
berücksichtigt, entweder mit pauschalen Aufschlägen bei der Wärmeleitfähigkeit<br />
des Gesamtbauteils oder mit bestimmten Flächenanteilen. Für diese<br />
inhomogenen Bauteile werden äquivalente U-Werte berechnet. Für Verb<strong>und</strong>elemente<br />
wie Fenster <strong>und</strong> Türen, die aus unterschiedlichen Teilen <strong>und</strong> Materialien<br />
bestehen, wird ebenso ein U-Wert für das Gesamtbauteil berechnet.<br />
Eine weitere Berücksichtigung der Wärmebrückeneffekte findet auch durch<br />
die Herangehensweise der außenmaßbezogenen Flächenaufnahme der thermischen<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> statt.<br />
Abb. 21: Thermogramm einer monolithischen<br />
Außenwand. Bei der U-Wert-Berechnung wird die<br />
Wärmebrückenwirkung der Mörtelfugen mit einem<br />
Aufschlag bei der Wärmeleitfähigkeit des Mauerwerks<br />
berücksichtigt.<br />
3.1 Wärmebrückenbewertung gemäß Energieeinsparverordnung.<br />
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) fordert, dass zusätzliche Wärmeverluste<br />
durch lineare Wärmebrücken beim Wärmeschutznachweis zusätzlich<br />
berücksichtigt werden müssen. Folgende Wärmebrücken sollten stets bei der<br />
energetischen Bewertung eines Gebäudes einbezogen werden:<br />
G2.1<br />
Gebäudekanten<br />
Umlaufende Laibungen bei Fenstern <strong>und</strong> Türen<br />
Wand- <strong>und</strong> Deckeneinbindungen<br />
Deckenauflager<br />
Balkonplatten<br />
Bei der Ermittlung des Jahres-Heizwärmebedarfs ist der verbleibende Einfluss<br />
von Wärmebrücken für bestehende Gebäude gemäß Energieeinsparverordnung<br />
folgendermaßen zu berücksichtigen:<br />
im Regelfall durch Erhöhung der Wärmedurchgangskoeffizienten um<br />
DU WB<br />
= 0,10 W/(m 2 · K) für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsfläche<br />
wenn mehr als 50 Prozent der Außenwand mit einer innenliegenden<br />
Dämmschicht <strong>und</strong> einbindenden Massivdecken versehen sind, durch Erhöhung<br />
der Wärmedurchgangskoeffizienten um DU WB<br />
= 0,15 W/(m 2 · K)<br />
für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsfläche<br />
bei vollständiger energetischer Modernisierung aller zugänglichen<br />
Wärmebrücken unter Berücksichtigung von DIN 4108 Beiblatt 2 : 2006-3<br />
durch Erhöhung der Wärmedurchgangskoeffizienten um<br />
DU WB<br />
= 0,05 W/(m 2 · K) für die gesamte wärmeübertragende Umfassungsfläche<br />
(siehe Kap. 3.2 Nachweis der Gleichwertigkeit)<br />
durch genauen Nachweis der Wärmebrücken nach DIN V 4108-6: 2003-06<br />
in Verbindung mit weiteren anerkannten Regeln der Technik (siehe Kap.<br />
3.3. Detaillierter Wärmebrückennachweis)<br />
Abb. 22: Thermografieaufnahme eines Fachwerkhauses.<br />
Das erkennbare Fachwerk wird bei der U-Wert-<br />
Berechnung flächenanteilig berücksichtigt.<br />
Berechnung des spezifischen<br />
Transmissionswärmeverlusts<br />
H T<br />
= ∑ (F xi<br />
• U i<br />
• A i<br />
) + DU WB<br />
• A + DH T,FH<br />
F xi<br />
Temperaturkorrekturfaktor nach<br />
Tabelle 3 DIN 4108-6, für Bauteile<br />
gegen Außenluft ist F xi<br />
= 1 [-]<br />
U i<br />
Wärmedurchgangskoeffizient<br />
[W/(m 2 · K)]<br />
A i<br />
Fläche eines Bauteils [m 2 ]<br />
DU WB<br />
spezifischer Wärmebrückenzuschlag<br />
[W/(m 2 · K)]<br />
A Wärmeübertragende Umfassungsfläche<br />
des Gebäudes [m 2 ]<br />
DH T,FH<br />
spezifischer Wärmeverlust über<br />
Bauteile mit Flächenheizung [W/K]<br />
11
G<br />
Wärmebrücken<br />
Im weiteren Verlauf dieser Broschüre wird dargestellt, wie die Erstellung<br />
eines Gleichwertigkeitsnachweises entsprechend DIN 4108 Beiblatt 2: 2006-3<br />
zu erfolgen hat (Kap. 3.2). Ebenso wird das Verfahren des detaillierten Wärmebrückennachweises<br />
nach DIN V 4108-6: 2003-06 vorgestellt (Kap. 3.3).<br />
3.2 Nachweis der Gleichwertigkeit.<br />
Der pauschale Wärmebrückenansatz von DU WB<br />
= 0,10 W/(m 2 · K) führt gegebenenfalls<br />
bei hochwertigen energetischen Sanierungen zu unwirtschaftlichen<br />
Dämmschichten. Daher sollte eine Konstruktion mit minimierten Wärmebrückenverlusten<br />
gewählt werden, für die bei der Energiebilanz auch der<br />
reduzierte Wärmebrückenzuschlag von DU WB<br />
= 0,05 W/(m 2 · K) verwendet<br />
werden darf. Für diesen Ansatz müssen die Planungsdetails entsprechend<br />
des Beiblatts 2 der DIN 4108 vollständig eingehalten <strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />
Dieses Beiblatt ist jedoch im Wesentlichen für den Neubau entwickelt worden<br />
<strong>und</strong> bietet nur wenige Details, die auf den Altbau übertragbar sind. Dem<br />
Planer stehen jedoch Möglichkeiten zur Verfügung, die Gleichwertigkeit der<br />
vorhandenen Konstruktion mit den Planungsbeispielen des Beiblatts 2 nachzuweisen.<br />
Folgende Verfahren <strong>und</strong> Vorgehensweisen können dabei angewendet<br />
werden, die im Anschluss detaillierter vorgestellt werden.<br />
Gleichwertigkeit über das konstruktive Gr<strong>und</strong>prinzip<br />
Gleichwertigkeit über den Wärmedurchlasswiderstand R der jeweiligen<br />
Schichten<br />
Gleichwertigkeit mittels Referenzwert einer Wärmebrückenberechnung<br />
Gleichwertigkeit mittels Referenzwert aus Veröffentlichungen<br />
G2.1<br />
120 240<br />
Für die ersten beiden Fälle sind in den Planungsbeispielen des Beiblatts 2 der<br />
DIN 4108 Ober- <strong>und</strong> Untergrenzen der jeweiligen Schichtdicken <strong>und</strong> Bandbreiten<br />
für die Wärmeleitfähigkeit der Baumaterialien angegeben. Für die<br />
Fälle 3 <strong>und</strong> 4 sind für die entsprechenden Details Referenzwerte für Y festgelegt,<br />
<strong>und</strong> es ist darauf zu achten, dass die vorgegebenen Randbedingungen<br />
des Beiblatts 2 bei der Ermittlung der Referenzwerte eingehalten werden.<br />
100<br />
Für den Gleichwertigkeitsnachweis ist es allerdings nicht erforderlich, dass<br />
alle Wärmebrücken an einem Gebäude betrachtet werden. Folgende Details<br />
können bei der energetischen Bewertung für den Ansatz des pauschalen Wärmebrückenzuschlags<br />
DU WB<br />
= 0,05 W/(m 2 · K) vernachlässigt werden:<br />
40<br />
80<br />
800<br />
Abb. 23: Geplantes Detail: Sockel<br />
Anschluss Außenwand/Außenwand (Außen- <strong>und</strong> Innenecke)<br />
Anschluss Innenwand oder Geschossdecke (zwischen beheizten Geschossen)<br />
an durchlaufende Außenwand oder obere bzw. untere Außenbauteile,<br />
die nicht durchstoßen werden bzw. eine durchlaufende Dämmschicht mit<br />
einer Dicke ≥ 100 mm bei einer Wärmeleitfähigkeit von<br />
0,04 W/(m · K) aufweisen<br />
einzeln auftretende Türanschlüsse von Wohngebäuden in der wärmetauschenden<br />
Hüllfläche (Haustür, Kellerabgangstür, Kelleraußentür, etc.)<br />
kleinflächige Querschnittsänderungen in der wärmetauschenden Hüllfläche<br />
z. B. durch Steckdosen oder Leitungsschlitze<br />
Anschlüsse außenluftberührter kleinflächiger Bauteile wie z. B. Unterzüge<br />
<strong>und</strong> untere Abschlüsse von Erkern mit außen liegenden Wärmedämmschichten<br />
mit R ≥ 2,5 m 2 · K/W.<br />
12 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Auf den folgenden Seiten werden anhand von verschiedenen Beispielen die<br />
unterschiedlichen Verfahren zum Nachweis der Gleichwertigkeit genauer<br />
erläutert.<br />
160<br />
100<br />
≤ 40<br />
240<br />
150<br />
3.2.1 Gleichwertigkeit über das konstruktive Gr<strong>und</strong>prinzip.<br />
Eine Gleichwertigkeit ist gr<strong>und</strong>sätzlich gegeben, wenn eine eindeutige Zuordnung<br />
des konstruktiven Gr<strong>und</strong>prinzips möglich ist <strong>und</strong> eine Übereinstimmung<br />
der beschriebenen Bauteilabmessungen <strong>und</strong> Baustoffeigenschaften<br />
vorliegt.<br />
≤ 250<br />
1 3<br />
l ≤ 0,33<br />
≥ 100<br />
6 1 5<br />
30<br />
20<br />
Als Beispiel für diesen Gleichwertigkeitsnachweis ist nebenstehend der Fußpunkt<br />
bzw. Sockel eines Gebäudes mit Bodenplatte auf Erdreich dargestellt<br />
(Abb. 23). Bei der Sanierung wurde auf der Außenwand ein 12 cm starkes<br />
Wärmdämmverb<strong>und</strong>system mit einer Wärmeleitfähigkeit von<br />
l = 0,040 W/(m · K) aufgebracht. Der Fußboden wurde mit 10 cm Wärmedämmung<br />
mit l = 0,040 W/(m · K) ertüchtigt.<br />
Um eine Gleichwertigkeit nachzuweisen, sind die Schichtdicken <strong>und</strong><br />
Materialeigenschaften des Beiblatts 2 der DIN 4108 einzuhalten (Abb. 18).<br />
≤ 500<br />
Abb. 24: Regeldetail Nr. 14/Beiblatt 2 DIN 4108<br />
70<br />
40<br />
vorhanden:<br />
gefordert:<br />
Außenwand: Dämmstoff: 12 cm Dämmstoff: 10 – 16 cm<br />
Mauerwerk: 24 cm<br />
Mauerwerk: 15 – 24 cm<br />
Bodenplatte: Dämmstoff: 10 cm Dämmstoff: 6 – 10 cm<br />
Die Gegenüberstellung der relevanten Schichten zeigt eine h<strong>und</strong>ertprozentige<br />
Übereinstimmung mit dem konstruktiven Gr<strong>und</strong>prinzip.<br />
Im Regeldetail ist zusätzlich eine Kimmlage vorgesehen. Diese kann natürlich<br />
nicht nachträglich eingebaut werden. Sie kann jedoch entfallen, sobald das<br />
F<strong>und</strong>ament stirnseitig mit einer Perimeterdämmung (d ≥ 6 cm) <strong>und</strong> einer<br />
Einbindetiefe von mindestens 30 cm ab Oberkante Bodenplatte beträgt.<br />
Solche Zusatzbestimmungen sind als Bemerkungen zu den Regeldetails im<br />
Beiblatt 2 aufgeführt.<br />
G2.1<br />
Bei dem Nachweis der Gleichwertigkeit auf Basis des konstruktiven Gr<strong>und</strong>prinzips<br />
ist stets darauf zu achten, dass auch die Obergrenzen der angegebenen<br />
Schichtdicken nicht überschritten werden dürfen.<br />
R 2<br />
R 3<br />
3.2.2 Gleichwertigkeit über den Wärmedurchlasswiderstand R der<br />
jeweiligen Schichten.<br />
Weichen die Wärmeleitfähigkeiten oder auch die Abmessungen der einzelnen<br />
Schichten einer Konstruktionslösung von der Vorgabe des Beiblatts 2 ab,<br />
kann die Gleichwertigkeit auch über den Wärmedurchlasswiderstand (R-<br />
Wert) der jeweiligen Schicht nachgewiesen werden.<br />
80<br />
140<br />
Bei dem geplanten Ortgangdetail (Abb. 25) kommt auf der Außenwand ein<br />
8 cm starkes Wärmedämmverb<strong>und</strong>system mit einer Wärmeleitfähigkeit von<br />
l = 0,032 W/(m · K) zum Einsatz. Die Dachdämmung besteht aus einer 12 cm<br />
starken Zwischensparrendämmung mit l = 0,040 W/(m · K) <strong>und</strong> einer 8 cm<br />
starken Aufdachdämmung aus Holzweichfaserplatten mit l = 0,045 W/(m · K).<br />
Im vorliegenden Fall wird das konstruktive Gr<strong>und</strong>prinzip der Schichtdicken<br />
bei der Wanddämmung (8 cm) <strong>und</strong> der Dachdämmung (22 cm) nicht eingehalten.<br />
Die Kopfdämmung der Mauerkrone entspricht nicht der Vorgabe des<br />
Beiblatts 2 hinsichtlich der geforderten Wärmeleitfähigkeit von<br />
R 1<br />
80 240<br />
Abb. 25: Geplantes Detail: Ortgang<br />
13
G<br />
Wärmebrücken<br />
≥ 60<br />
l ≤ 0,040 W/(m · K). Somit müssen für das gewählte Ortgangdetail die jeweiligen<br />
R-Werte überprüft werden.<br />
5<br />
140<br />
100<br />
240<br />
150<br />
Abb. 26: Regeldetail Nr. 82/Beiblatt 2 DIN 4108<br />
200<br />
140<br />
4<br />
≥ 60<br />
1<br />
3 1 8 7<br />
Das Beiblatt 2 unterscheidet bei den Regeldetails bei<br />
einigen Fällen nicht zwischen Außenwänden mit<br />
Wärmdämmverb<strong>und</strong>system <strong>und</strong> zweischaligem Mauerwerk.<br />
Die Vormauerschale kann dann unberücksichtigt<br />
bleiben <strong>und</strong> es werden die Schichtdicken für die<br />
Beispiele mit WDVS angewendet.<br />
vorhanden:<br />
gefordert:<br />
WDVS: R 1<br />
= 2,50 (m 2 · K)/W 2,50 (m 2 · K)/W ≤ R ≤ 4,00 (m 2 · K)/W<br />
Kopfdämmung: R 2<br />
= 1,78 (m 2 · K)/W R ≥ 1,5 (m 2 · K)/W<br />
Dachdämmung: R 3<br />
= 4,78 (m 2 · K)/W 3,50 (m 2 · K)/W ≤ R ≤ 5,00 (m 2 · K)/W<br />
Die geforderten Wärmedurchlasswiderstände werden von der geplanten<br />
Detailausbildung erfüllt <strong>und</strong> somit ist der Ortgang als gleichwertig im Sinne<br />
des Beiblatts 2 einzustufen.<br />
3.2.3 Gleichwertigkeit mittels Referenzwert einer Wärmebrückenberechnung.<br />
Ist es bei einem geplanten Detail nicht möglich, das konstruktive Gr<strong>und</strong>prinzip<br />
des Beiblatts 2 der DIN 4108 hinsichtlich der Maßvorgaben oder des Wärmedurchlasswiderstands<br />
einzuhalten, kann der Gleichwertigkeitsnachweis<br />
nur noch auf Basis der sogenannten „Referenzwertmethode“ nachgewiesen<br />
werden.<br />
Hierfür ist für alle Planungsbeispiele im Beiblatt 2 ein längenbezogener<br />
Wärmedurchgangskoeffizent als Referenzwert angegeben. Ist der Y-Wert<br />
des geplanten Details niedriger als der des Beiblatts 2, kann die Ausführung<br />
als gleichwertig angesehen werden. Für die Berechnung des Y-Werts ist eine<br />
thermische Simulation auf Gr<strong>und</strong>lage der DIN EN ISO 10211-1 mit einer Berechnungssoftware<br />
notwendig. Die zu wählenden Randbedingungen für diese<br />
Berechnung werden vom Beiblatt 2 vorgegeben.<br />
G2.1<br />
80<br />
Für dieses Beispiel wird als Wärmebrückendetail eine in die Kellerdeckendämmung<br />
einbindende Innenwand gewählt (Abb. 27). Die ursprüngliche<br />
Planung sieht eine nachträgliche 8 cm starke PUR-Dämmung (WLS 025) vor,<br />
die auf der Kaltseite der Kellerdecke angebracht wird.<br />
300<br />
Abb. 27: Geplantes Detail<br />
Errechneter Y-Wert: 0,559 W/(m · K)<br />
U-Wert: 0,223 W/(m 2 · K)<br />
≤ 240<br />
Aufgr<strong>und</strong> der dickeren Kellerinnenwand sowie nicht eingehaltenen Abmessungen<br />
des Dämmstoffs <strong>und</strong> auch des wesentlich höheren R-Wertes der<br />
PUR-Dämmung gegenüber den Vorgaben des Beiblatts 2 muss für diesen<br />
Anschluss der konkrete Y-Wert errechnet werden.<br />
vorhanden:<br />
gefordert:<br />
Abbildung 27 Y = 0,559 W/(m · K) Y = 0,470 W/(m · K)<br />
3 6 1 5<br />
30<br />
20<br />
Somit ist die Gleichwertigkeit nicht gegeben <strong>und</strong> mit dieser Ausführung wäre<br />
der pauschale Wärmebrückenzuschlag von 0,05 W/(m 2 · K) nicht mehr zulässig.<br />
unbeheizt<br />
unbeheizt<br />
70<br />
40<br />
Abb. 28: Regeldetail Nr. 95/Beiblatt 2 DIN 4108<br />
Referenzwert Y: 0,47 W/(m · K)<br />
U-Wert: 0,353 W/(m 2 · K)<br />
Erst durch das Aufbringen einer Dämmschürze auf die Innenwand (Abb. 29)<br />
wird die Wärmebrückenwirkung der Innenwand wesentlich reduziert.<br />
Durch diese Maßnahme verringert sich der Y -Wert auf 0,370 W/(m · K) <strong>und</strong><br />
unterschreitet somit den Referenzwert der Beiblatt-2-Lösung, sodass nun die<br />
Gleichwertigkeit nachgewiesen ist.<br />
vorhanden:<br />
gefordert:<br />
Abbildung 29 Y = 0,370 W/(m · K) Y = 0,470 W/(m · K)<br />
14 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
An diesem Detail konnte gut dargestellt werden, dass die Lage <strong>und</strong> Güte eines<br />
Dämmstoffs sehr großen Einfluss auf die Wärmebrücke hat. Die geplante<br />
Dämmmaßnahme ging hinsichtlich des U-Werts weit über die vergleichbare<br />
Beiblatt-2-Variante hinaus. Wärmebrückentechnisch muss sie ohne diese<br />
Zusatzmaßnahmen allerdings als wesentlich schlechter eingestuft werden.<br />
3.2.4 Gleichwertigkeit mittels Referenzwert aus Veröffentlichungen<br />
Für den Nachweis der Gleichwertigkeit über den Referenzwert muss nicht<br />
zwingend eine thermische Simulation des geplanten Details erfolgen. Der<br />
längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizent Y kann auch einem Wärmebrückenkatalog<br />
entnommen werden.<br />
Es ist allerdings darauf zu achten, dass die überwiegende Zahl der veröffentlichten<br />
Wärmebrückenkataloge für den Neubau konzipiert wurde <strong>und</strong> somit<br />
nur bedingt für den Gleichwertigkeitsnachweis bei Sanierungsvorhaben<br />
angewendet werden kann.<br />
300<br />
40<br />
250<br />
Abb. 29: Verbessertes Detail<br />
Errechneter Y-Wert: 0,370 W/(m · K)<br />
U-Wert: 0,223 W/(m 2 · K)<br />
80<br />
3.3 Detaillierter Wärmebrückennachweis.<br />
Bei der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden tritt häufig der<br />
Fall ein, dass aufgr<strong>und</strong> von konstruktiven Zwängen oder gestalterischen<br />
Wünschen die wärmeschutztechnischen Vorgaben des Beiblatts 2 der DIN<br />
4108 nicht eingehalten werden können. Wird nur bei einem relevanten<br />
Wärmebrückendetail das konstruktive Gr<strong>und</strong>prinzip nicht umgesetzt oder<br />
der entsprechende Referenzwert des Planungsbeispiels nicht erreicht, ist der<br />
Gleichwertigkeitsnachweis, der zum Ansatz des reduzierten Wärmebrückenzuschlags<br />
für das Gesamtgebäude berechtigt, nicht erbracht.<br />
Typische Beispiele hierfür sind<br />
thermisch nicht entkoppelte Balkon-, Terrassen- oder Garagenanschlüsse<br />
Sockelausbildungen ohne Perimeterdämmung<br />
Innenwand- <strong>und</strong> Deckenanschlüsse von innen gedämmten Fassaden<br />
manche Fenstereinbausituationen<br />
Dachortgänge ohne Kopfdämmung<br />
G2.1<br />
Um aber dennoch nicht auf den ungünstigen Wärmebrückenzuschlag<br />
DU WB<br />
= 0,10 W/(m 2 · K) oder sogar DU WB<br />
= 0,15 W/(m 2 · K) bei der Energiebilanz<br />
zurückgreifen zu müssen, besteht die Möglichkeit, die zusätzlichen Energieverluste<br />
durch Wärmebrücken in der <strong>Gebäudehülle</strong> genau zu berechnen.<br />
Hierbei entsteht ein nicht unerheblicher Planungs- <strong>und</strong> Berechnungsaufwand.<br />
Weiterhin ist zu beachten, dass bei den Planungsdetails des Beiblatts<br />
2 eine Schädigung durch Tauwasser- <strong>und</strong> Schimmelpilzbildung weitgehend<br />
ausgeschlossen ist. Abweichende Wärmebrückendetails sind daher<br />
auch auf niedrige Innenoberflächentemperaturen zu untersuchen.<br />
Abb. 30 <strong>und</strong> 31: Foto- <strong>und</strong> Thermografieaufnahme<br />
eines ungedämmten Gebäudesockels <strong>und</strong> eines<br />
Garagenanschlusses. Diese Details sind nicht über das<br />
Beiblatt 2 der DIN 4108 abgedeckt.<br />
Vorgehensweise bei der Erstellung eines detaillierten Wärmebrückennachweises.<br />
Das Aufstellen eines detaillierten Wärmebrückennachweises lässt sich in vier<br />
Abschnitte aufteilen:<br />
1. Untersuchung der Konstruktion <strong>und</strong> Aufnahme der Wärmebrücken<br />
2. Ermitteln des längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten<br />
3. Erstellung eines Längenaufmaßes<br />
4. Berechnung des gesamten zusätzlichen Wärmedurchgangs<br />
15
G<br />
Wärmebrücken<br />
Im ersten Schritt wird ermittelt, welche Wärmebrücken am Gebäude vorhanden<br />
sind. Im Gegensatz zum Gleichwertigkeitsnachweis gemäß Beiblatt 2 der<br />
DIN 4108 sind hier sämtliche Wärmebrücken zu betrachten. Auf eine Bagatellregelung,<br />
die nur bestimmte zu berücksichtigende Wärmebrücken vorsieht,<br />
kann beim genauen Nachweis nicht zurückgegriffen werden.<br />
Formel zur Berechnung<br />
des Wärmebrückenzuschlags:<br />
H T,WB<br />
= ∑ F xi<br />
Y i<br />
L i<br />
[W/K]<br />
F xi<br />
Y i<br />
L i<br />
Temperatur-Korrekturfaktor nach<br />
DIN 4108-6 [-]<br />
längenbezogener Wärmedurchgangskoeffizient<br />
[W/(m· K)]<br />
Länge der linearen<br />
Wärmebrücke [m]<br />
Umrechnung als Wärmebrückenzuschlag:<br />
DU WB<br />
= H T,WB<br />
/A ges<br />
[W/(m 2 · K)]<br />
Nur punktuelle <strong>und</strong> dreidimensionale Wärmebrücken sind wegen der begrenzten<br />
Flächenwirkung im Wärmeschutznachweis vernachlässigbar. Eine<br />
Untersuchung hinsichtlich Tauwasserfreiheit kann aber auch für diese Details<br />
gegebenenfalls notwendig sein.<br />
Auf der nächsten Seite folgt eine Übersicht von möglichen Wärmebrücken,<br />
die an einem Gebäude <strong>und</strong> beim detaillierten Nachweis zu beachten sind.<br />
Diese Checkliste kann aber die Vielzahl möglicher Konstruktionen <strong>und</strong> Details<br />
nicht vollständig abdecken. Selbst einfache Häuser weisen oft 15 oder<br />
mehr Wärmebrückendetails auf.<br />
Sind alle am Gebäude vorhandenen Wärmebrücken identifiziert, muss im<br />
nächsten Schritt der längenbezogene Wärmedurchgangskoeffizient Y ermittelt<br />
werden. Für ein Neubauvorhaben stünden hierfür zahlreiche Wärmebrückenkataloge<br />
von Herstellern verschiedener Bauprodukte als Hilfsmittel<br />
zur Verfügung. Trotzdem finden sich bei nahezu jedem Bauvorhaben Details,<br />
die nicht in einem Katalog erfasst sind. Für die Altbausanierung fehlen solche<br />
Kataloge fast gänzlich. Hier muss dann mit entsprechender Software der<br />
Y-Wert berechnet werden. Wie eine solche thermische Simulation durchzuführen<br />
ist, wird in der DIN 10211 geregelt.<br />
In diesem Zusammenhang muss auch noch erwähnt werden, dass man auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage der im Beiblatt 2 angegebenen Referenzwerte keinen detaillierten<br />
Wärmebrückennachweis führen darf.<br />
G2.1<br />
Um die zusätzlichen Wärmeverluste berechnen zu können, müssen noch die<br />
Längen der einzelnen Wärmebrücken aufgemessen werden. Hierbei ist, wie<br />
bei der Flächenermittlung der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong>, darauf zu achten,<br />
dass der Außenmaßbezug hergestellt ist.<br />
Mit den ermittelten Längen kann dann der Anteil der Wärmebrücken am<br />
Transmissionwärmeverlust des Gesamtgebäudes berechnet werden.<br />
Wärmebrücken, die nicht an die Außenluft grenzen, wie z. B. Anschlüsse der<br />
Innenwand mit der Bodenplatte auf Erdreich oder mit der Kellerdecke gegen<br />
unbeheizt, dürfen über einen Temperatur-Korrekturfaktor reduziert werden.<br />
Eine Umrechnung der konkreten Wärmebrückenverluste auf die Hüllfläche<br />
dient nur einem Vergleich mit den pauschalen Wärmebrückenzuschlägen<br />
gemäß EnEV. In den weiterführenden Informationen im Anhang finden Sie<br />
eine Liste der relevanten Normen <strong>und</strong> Vorschriften.<br />
16 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Übersicht Wärmebrücken<br />
1 Bodenplatte Keller<br />
1.01 Anschluss Kellerwand<br />
1.02 Anschluss Innenwand<br />
1.03 Anschluss Innenwand gegen unbeheizt<br />
2 Bodenplatte auf Erdreich<br />
2.01 Sockel, Anschluss Außenwand<br />
3 Kellerwand<br />
3.01 Außenecke<br />
3.02 Innenecke<br />
3.03 Anschluss Innenwand<br />
3.04 Anschluss Innenwand gegen unbeheizt<br />
Abb. 32: Schnitt<br />
4 Kellerdecke<br />
4.01 Deckenauflager, Keller beheizt<br />
4.02 Deckenauflager, Keller unbeheizt<br />
4.03 Deckenauflager im Kellerfenster, Keller<br />
unbeheizt<br />
4.04 Deckenauflager Anschluss Bodenplatte<br />
Anbau, Keller beheizt<br />
4.05 Deckenauflager Anschluss Bodenplatte<br />
Anbau, Keller unbeheizt<br />
4.06 Anschluss Innenwand<br />
4.07 Anschluss Innenwand gegen unbeheizt<br />
5 Außenwand<br />
5.01 Außenecke<br />
5.02 Innenecke<br />
5.03 Anschluss Innenwand<br />
5.04 Innenecke mit Innenwandanschluss<br />
6 Geschossdecke<br />
6.01 Deckenauflager<br />
6.02 Balkonplatte<br />
6.03 Anschluss Flachdach<br />
G2.1<br />
Abb. 33: Gr<strong>und</strong>riss Erdgeschoss<br />
7 Oberste Geschossdecke<br />
7.01 Deckenauflager<br />
7.02 Deckenauflager mit Traufanschluss<br />
7.03 Durchstoßende Innenwand<br />
7.04 Durchstoßende Innenwand gegen unbeheizt<br />
7.05 Anschluss Innenwand gegen<br />
Kehlbalkenanlage<br />
7.06 Anschluss Innenwand gegen unbeheizt<br />
7.07 Anschluss Außenwand<br />
8 Dach<br />
8.01 Traufe<br />
8.02 Traufe mit Kniestock<br />
8.03 Ortgang<br />
8.04 Mittelpfette, Anschluss Kehlbalkendecke<br />
9 Flachdach<br />
9.01 Attika<br />
10 Innenwand gegen unbeheizt<br />
10.01 Innenwandanschluss<br />
11 Fenster<br />
11.01 Schwelle Fenstertür, Kellerdecke gegen<br />
unbeheizt<br />
11.02 Schwelle Fenstertür, Balkon<br />
11.03 Schwelle Fenstertür, Flachdach<br />
11.04 Brüstung<br />
11.05 Laibung<br />
11.06 Sturz<br />
11.07 Sturz mit Rollladenkasten<br />
Abb. 34: Gr<strong>und</strong>riss Kellergeschoss<br />
17
G<br />
Wärmebrücken<br />
3.4 Beispiel eines detaillierten Wärmebrückennachweises.<br />
Für die Durchführung eines detaillierten Wärmebrückennachweises nach<br />
der DIN 4108-6 ist eine nachvollziehbare Darstellung der Berechnung unverzichtbar.<br />
Folgende Inhalte sollte diese Dokumentation mindestens beinhalten:<br />
Gebäudepläne mit Bemaßung<br />
Auflistung <strong>und</strong> Längenaufmaß der Wärmebrücken<br />
Bildliche Darstellung der relevanten Details<br />
U-Werte <strong>und</strong> Konstruktionsbeschreibung der Flächenbauteile<br />
Quellenangabe, auf welcher Gr<strong>und</strong>lage die einzelnen Y-Werte ermittelt<br />
sind<br />
Zusammenfassung der Wärmebrückenverluste<br />
Auf den folgenden Seiten wird ein Musterbeispiel für einen detaillierten genauen<br />
Wärmebrückennachweis vorgestellt.<br />
Die Berechnung erfolgte für ein Einfamilienhaus aus den 1950er Jahren, bei<br />
dem im Zuge einer Sanierung sämtliche Bauteilflächen erneuert bzw. nachträglich<br />
gedämmt wurden.<br />
Das Gebäude verfügt über einen außenliegenden Kellerabgang <strong>und</strong> das<br />
Dachgeschoss wurde nachträglich ausgebaut. Somit ergeben sich für die<br />
detaillierte Wärmebrückenberechnung 16 relevante Anschlussdetails, die zu<br />
berücksichtigen sind.<br />
G2.1<br />
Als Ergebnis wurde ein zusätzlicher Transmissionswärmeverlust über<br />
die Wärmebrücken von 35,04 W/K ermittelt. Auf die vorhandene <strong>Gebäudehülle</strong><br />
von 423,8 m 2 umgelegt, ergibt sich somit ein Wärmebrückenzuschlag<br />
DU WB<br />
von 0,08 W/(m 2 · K).<br />
Gebäudepläne mit Bemaßung.<br />
3,49<br />
3,10<br />
Bauteil<br />
Kellerdecke gegen<br />
unbeheizt<br />
U-Wert<br />
[W/(m 2 · K)]<br />
0,40<br />
Außenwand 0,27<br />
Dachfläche 0,21<br />
5,62<br />
2,13<br />
2,50 2,50<br />
Kehlbalkendecke gegen<br />
unbeheizt<br />
0,17<br />
Fenster 1,40<br />
Eingangstür 2,60<br />
Wärmedurchgangskoeffizient U<br />
Abb. 35: Schnitt<br />
18 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Abb. 36: Gr<strong>und</strong>riss Dachgeschoss<br />
4,005 1,01 1,115 1,01 3,13<br />
1,26 1,26<br />
1,51 2,49 1,51<br />
1,26 1,26<br />
G2.1<br />
7,25<br />
4,005 1,01 1,115 1,01 3,13<br />
1,26 1,26<br />
1,505<br />
1,505<br />
3,38<br />
1,505<br />
2,005 1,26 1,99 1,26<br />
1,26 1,26<br />
2,005 1,26 1,99 1,26<br />
1,26 8,52 1,26<br />
2,005<br />
2,005<br />
10,27<br />
4,13 1,01<br />
1,26<br />
1,51 2,49 1,51 1,505<br />
1,26 1,26<br />
8,52<br />
2,13 0,885 1,00 2,24 0,885 1,00 2,13<br />
2,26<br />
1,26 2,26 1,26<br />
10,27<br />
Abb. 37: Gr<strong>und</strong>riss 1. Obergeschoss<br />
4,26<br />
3,26<br />
2,635<br />
4,01<br />
9,51<br />
4,13 1,01 3,38<br />
2,26<br />
8,52<br />
Kellerabgang<br />
2,13 1,885 2,24 1,885 2,13<br />
1,26<br />
10,27<br />
1,26<br />
Abb. 38: Gr<strong>und</strong>riss Erdgeschoss<br />
19
G<br />
Wärmebrücken<br />
Längenermittlung.<br />
Nr. Gruppe Beschreibung der Wärmbrücke Länge<br />
G2.1<br />
01 Kellerdecke Auflager, Keller unbeheizt<br />
- Eingangstür<br />
- Kellerfenster (nicht im Plan eingezeichnet)<br />
(10,27 m + 8,52 m ) * 2<br />
- 1,01 m<br />
- 1,01 m * 8<br />
02 Auflager mit Kellerfenster, Keller unbeheizt 1,01 m * 8 = 8,08 m<br />
03 Innenwand, Keller unbeheizt 9,51 m<br />
3,26 m<br />
4,26 m * 2<br />
2,635 m<br />
4,01 m<br />
04 Außenwand Außenecke 5,62 m * 4 = 22,48 m<br />
05 Innenwand 2,50 m * 2 * 6 = 30,00 m<br />
06 Geschossdecke<br />
Auflager EG<br />
- Balkon<br />
07 Balkon<br />
Auflager OG, Giebelseite<br />
- Schwelle, Balkontür<br />
(10,27 m + 8,52 m ) * 2<br />
- 7,25 m<br />
8,52 m * 2<br />
7,25 m<br />
- 0,885 m * 2<br />
08 Kehlbalkendecke 3,49 m * 2 = 6,98 m<br />
09 Dach Traufe 10,27 m * 2 = 20,54 m<br />
10 Ortgang 3,10 m * 4 = 12,40 m<br />
11 Kehlbalkendecke 10,27 m * 2 = 20,54 m<br />
12 Fenster/Türen Schwelle, Eingangstür 1,01 m = 1,01 m<br />
13 Schwelle, Balkontür 0,885 m * 2 = 1,77 m<br />
14 Brüstung 1,00 m * 2<br />
1,01 m * 5<br />
1,26 m * 4<br />
1,51 m * 4<br />
1,885 m * 2<br />
15 Laibung 1,26 m * 2 * 15<br />
2,26 m * 2 * 3<br />
16 Sturz 1,01 m * 6<br />
1,26 m * 4<br />
1,51 m * 4<br />
1,885 m * 4<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
=<br />
37,58<br />
1,01<br />
-8,08<br />
30,51<br />
9,51<br />
3,26<br />
8,52<br />
2,635<br />
4,01<br />
27,94<br />
35,96<br />
-7,25<br />
16,48<br />
45,19<br />
7,25<br />
-1,77<br />
5,48<br />
2,00<br />
5,05<br />
5,04<br />
6,04<br />
3,77<br />
21,90<br />
37,80<br />
13,56<br />
51,36<br />
6,06<br />
5,04<br />
6,04<br />
7,54<br />
24,68<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
m<br />
20 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Berechnung der zusätzlichen Wärmedurchgänge über die Wärmebrücken.<br />
Nr. Gruppe Beschreibung der Wärmebrücke y Wert<br />
[W/(m· K)]<br />
Länge<br />
[m]<br />
F x<br />
[-]<br />
H T<br />
[W/K]<br />
01 Kellerdecke Auflager, Keller unbeheizt 0,28 30,51 1,0 8,54<br />
02 Auflager mit Kellerfenster, Keller unbeheizt 0,48 8,08 1,0 3,88<br />
03 Innenwand, Keller unbeheizt 0,35 27,94 0,6 5,87<br />
04 Außenwand Außenecke -0,10 22,48 1,0 -2,25<br />
05 Innenwand 0,00 30,00 1,0 0,00<br />
06 Geschossdecke Auflager 0,01 45,19 1,0 0,45<br />
07 Balkon 0,75 5,48 1,0 4,11<br />
08 Kehlbalkendecke 0,00 6,98 1,0 0,00<br />
09 Dach Traufe -0,01 20,54 1,0 -0,21<br />
10 Ortgang 0,08 12,40 1,0 0,99<br />
11 Kehlbalkendecke 0,00 20,54 1,0 0,00<br />
12 Fenster/Türen Schwelle, Eingangstür 0,39 1,01 1,0 0,39<br />
13 Schwelle, Balkontür 0,79 1,77 1,0 1,40<br />
14 Brüstung 0,15 21,90 1,0 3,29<br />
15 Laibung 0,09 51,36 1,0 4,62<br />
16 Sturz 0,16 24,68 1,0 3,95<br />
Summe H T,WB<br />
[W/K] 35,04<br />
Hüllfläche A ges<br />
[m 2 ] 423,8<br />
Wärmebrückenzuschlag ΔU WB<br />
[W/(m 2 · K)] 0,08<br />
G2.1<br />
Wärmebrückendetails.<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
5-03<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-03<br />
5-01<br />
40<br />
10<br />
Abb. 39: Wärmebrückendetail Nr. 1<br />
Gruppe: Kellerdecke<br />
Detail: Deckenauflager, Keller unbeheizt<br />
f Rsi<br />
= 0,79<br />
y = 0,28 W/(m · K)<br />
6-02<br />
200<br />
80<br />
300 700<br />
5-04<br />
1-08<br />
3-01<br />
1-06<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-04<br />
A AW<br />
20 °C<br />
15 °C<br />
10 °C<br />
5 °C<br />
0 °C<br />
–5 °C<br />
A G<br />
10<br />
60<br />
15<br />
300<br />
21
G<br />
Wärmebrücken<br />
Abb. 40: Wärmebrückendetail Nr. 2<br />
Gruppe: Kellerdecke<br />
Detail: Deckenauflager mit Kellerfenster<br />
Keller unbeheizt<br />
f Rsi<br />
= 0,70<br />
y = 0,48 W/(m · K)<br />
5-03<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-03<br />
5-01<br />
40<br />
10<br />
6-02<br />
200<br />
80<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-04<br />
G2.1<br />
Abb. 41: Wärmebrückendetail Nr. 3<br />
Gruppe: Kellerdecke<br />
Detail: Anschluss Innenwand, Keller unbeheizt<br />
f Rsi<br />
= 0,93<br />
y = 0,35 W/(m · K)<br />
15<br />
240<br />
15<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-01<br />
A G<br />
40<br />
10<br />
200<br />
80<br />
5-04<br />
1-08<br />
3-01<br />
1-06<br />
2-04<br />
Abb. 42: Wärmebrückendetail Nr. 4<br />
Gruppe: Außenwand<br />
Detail: Außenecke, WDVS<br />
f Rsi<br />
= 0,86<br />
y = -0,10 W/(m · K)<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
A AW<br />
A AW<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
10<br />
60<br />
15<br />
1-06<br />
3-01<br />
1-08<br />
5-04<br />
A AW<br />
20<br />
A G<br />
300<br />
22 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
5-03<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-03<br />
20<br />
10<br />
40<br />
200<br />
5<br />
120<br />
25<br />
5-04<br />
5-06<br />
5-05<br />
15<br />
240<br />
15<br />
240<br />
7<br />
15<br />
5<br />
120<br />
25<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-04<br />
1-08<br />
3-01<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
240<br />
15<br />
Wärmebrücken G<br />
Abb. 43: Wärmebrückendetail Nr. 5<br />
5<br />
120<br />
Gruppe: Außenwand<br />
25<br />
Detail: Anschluss Innenwand, Außenwand WDVS<br />
240<br />
f Rsi<br />
= 0,93<br />
y = 0,00 W/(m · K)<br />
15<br />
A AW<br />
Abb. 44: Wärmebrückendetail Nr. 6<br />
Gruppe: Geschossdecke<br />
A AW<br />
Detail: Deckenauflager<br />
f Rsi<br />
= 0,94<br />
y = 0,01 W/(m · K)<br />
40<br />
10<br />
200<br />
Abb. 45: Wärmebrückendetail Nr. 7<br />
Gruppe: Geschossdecke<br />
Detail: Balkonplatte<br />
f Rsi<br />
= 0,75<br />
y = 0,75 W/(m · K)<br />
40<br />
10<br />
200<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
A AW<br />
3-01<br />
1-08<br />
5-04<br />
G2.1<br />
23
G<br />
Wärmebrücken<br />
Abb. 46: Wärmebrückendetail Nr. 8<br />
Gruppe: oberste Geschossdecke<br />
Detail: Anschluss Außenwand, Kehlbalkenlage<br />
f Rsi<br />
= 0,81<br />
y = 0,00 W/(m · K)<br />
5-07<br />
7<br />
7<br />
4-01<br />
6-05<br />
7<br />
4-01<br />
1-05<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
200<br />
25<br />
20<br />
80<br />
20<br />
80<br />
24<br />
25<br />
A D<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
A AW<br />
Abb. 47: Wärmebrückendetail Nr. 9<br />
Gruppe: Dach<br />
Detail: Traufe<br />
f Rsi<br />
= 0,92<br />
y = -0,01 W/(m · K)<br />
22<br />
140<br />
60<br />
25<br />
G2.1<br />
1-10<br />
1-06<br />
1-06<br />
5-07<br />
5-04<br />
1-06<br />
3-01<br />
5-01<br />
7<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
45<br />
25<br />
200<br />
15<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
A D<br />
A AW<br />
24 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken G<br />
Abb. 48: Wärmebrückendetail Nr. 10<br />
Gruppe: Dach<br />
Detail: Ortgang<br />
f Rsi<br />
= 0,76<br />
y = 0,08 W/(m · K)<br />
22<br />
140<br />
60<br />
25<br />
5-01<br />
A D<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
A AW<br />
Abb. 49: Wärmebrückendetail Nr. 11<br />
Gruppe: Dach<br />
Detail: Mittelpfette, Anschluss Kehlbalkenlage<br />
f Rsi<br />
= 0,90<br />
y = 0,00 W/(m · K)<br />
200<br />
25<br />
20<br />
80<br />
20<br />
80<br />
24<br />
1-06<br />
25 1-06<br />
5-07<br />
5<br />
120<br />
25<br />
1-06<br />
4-01<br />
240<br />
15<br />
7<br />
6-05<br />
4-01<br />
7<br />
7<br />
5-07<br />
5-07<br />
1-06<br />
1-06<br />
1-10<br />
22<br />
140<br />
60<br />
25<br />
A D1<br />
A D2<br />
1-10<br />
G2.1<br />
25
G<br />
Wärmebrücken<br />
Abb. 50: Wärmebrückendetail Nr. 12<br />
Gruppe: Fenster<br />
Detail: Schwelle Fenstertür, Kellerdecke ggf. unbeheizt<br />
f Rsi<br />
= 0,70<br />
y = 0,39 W/(m · K)<br />
6-02<br />
40<br />
10<br />
200<br />
80<br />
300 700<br />
5-04<br />
1-08<br />
3-01<br />
1-06<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-04<br />
A W<br />
10<br />
60<br />
15<br />
300<br />
A G<br />
G2.1<br />
Abb. 51: Wärmebrückendetail Nr. 13<br />
Gruppe: Fenster<br />
Detail: Schwelle Fenstertür, Balkon<br />
f Rsi<br />
= 0,70<br />
y = 0,79 W/(m · K)<br />
5-04<br />
5-06<br />
5-05<br />
3-01<br />
1-08<br />
5-04<br />
20 10<br />
40<br />
200<br />
40<br />
10<br />
200<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
A W<br />
A AW<br />
26 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
20<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
20<br />
15<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
20<br />
6-04<br />
5-01<br />
2-03<br />
5-02<br />
1-06<br />
5-03<br />
5-03<br />
1-06<br />
5-02<br />
2-03<br />
5-01<br />
5-01<br />
3-01<br />
1-08<br />
5-04<br />
5<br />
120<br />
25<br />
240<br />
15<br />
Wärmebrücken G<br />
Abb. 52: Wärmebrückendetail Nr. 14<br />
Gruppe: Fenster<br />
Detail: Brüstung<br />
f Rsi<br />
= 0,77<br />
y = 0,15 W/(m · K)<br />
A AW<br />
Abb. 53: Wärmebrückendetail Nr. 15<br />
Gruppe: Fenster<br />
Detail: Laibung<br />
f Rsi<br />
= 0,84<br />
y = 0,09 W/(m · K)<br />
A AW<br />
Abb. 54: Wärmebrückendetail Nr. 16<br />
Gruppe: Fenster<br />
Detail: Sturz<br />
f Rsi<br />
= 0,86<br />
y = 0,16 W/(m · K)<br />
A AW<br />
A W<br />
40<br />
10<br />
200<br />
15<br />
G2.1<br />
27
G<br />
Wärmebrücken<br />
Materialliste.<br />
Gruppe Nr. Material Wärmeleitfähigkeit<br />
Wärmedämmung 1-01 mineralische <strong>und</strong> pflanzliche Faserdämmstoffe sowie<br />
0,024<br />
1-02<br />
Schaumkunststoffe<br />
0,028<br />
1-03 0,030<br />
1-04 0,032<br />
1-05 0,035<br />
1-06 0,040<br />
1-07 0,045<br />
1-08 0,050<br />
1-09 0,060<br />
1-10 poröse Holzfaserplatte 0,056<br />
1-11 Holzwolle-Leichtbauplatte 0,090<br />
Mauerwerk 2-01 Bimsvollstein 0,280<br />
2-02 Leichthochlochziegel 0,390<br />
2-03 Bimshohlblock 0,500<br />
2-04 Vollziegel 0,680<br />
2-05 Kalkstein 0,700<br />
2-06 Vollklinker 0,960<br />
Beton 3-01 Stahlbeton 2,100<br />
G2.1<br />
3-02 Stampfbeton 1,800<br />
Holz/Holzwerkstoffe 4-01 Fichte, Kiefer, Tanne 0,130<br />
4-02 Buche, Eiche 0,200<br />
4-03 Sperrholz 0,150<br />
4-04 OSB-Platte 0,130<br />
Putze, Estrich, Ausbau 5-01 Innenputz 0,700<br />
5-02 Außenputz 0,870<br />
5-03 Dünnputz 0,870<br />
5-04 Estrich 1,400<br />
5-05 Fliesen 1,300<br />
5-06 Fliesenkleber 1,400<br />
Sonstige 6-01 Stahl 60,000<br />
6-02 Aluminium 200,000<br />
6-03 Naturstein (Granit, Basalt, Mamor) 3,500<br />
6-04 Naturstein (Sandstein, Muschelkalk) 2,300<br />
Luftschichten 7 nach DIN EN ISO 6946 var.<br />
28 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
4 Konstruktionsempfehlungen.<br />
Zukunftsfähige Gebäudesanierungen erfordern eine wärmebrückenreduzierte<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>, um unnötige Energieverluste <strong>und</strong> Feuchteschäden zu<br />
vermeiden. Hierzu ist es für den Fachplaner notwendig, gewisse Konstruktionsprinzipien<br />
zu beachten. Im Folgenden werden Empfehlungen, Verfahren<br />
<strong>und</strong> Hilfestellungen vorgestellt, mit denen fachgerechte Wärmebrückenminimierungen<br />
im Zusammenhang mit einer energetischen Sanierung umgesetzt<br />
werden können.<br />
Hierbei ist es allerdings nicht möglich, alle in der Altbausanierung auftretenden<br />
Wärmebrücken zu behandeln <strong>und</strong> Lösungsvorschläge bereitzustellen.<br />
Die ausführlich vorgestellten Beispiele sollen aber verdeutlichen, wie an die<br />
Planungsaufgabe herangegangen werden sollte.<br />
Zu Beginn werden noch einige Gr<strong>und</strong>überlegungen genauer erläutert.<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches zur Verringerung von Wärmebrücken.<br />
Es ist stets darauf zu achten, dass die wärmedämmende Hülle in keinem Bereich<br />
des Gebäudes geschwächt oder unterbrochen wird. Diese Vorgabe kann<br />
bei der Gebäudesanierung nicht immer konsequent eingehalten werden.<br />
Deshalb ist es notwendig, zu Beginn des Planungsprozesses den Verlauf der<br />
thermischen Hülle genau zu definieren. Hierbei ist auch wichtig, auf Abseitenräume<br />
im Dachgeschoss <strong>und</strong> auf Wände <strong>und</strong> Treppenabgänge zum Keller<br />
zu achten. Um einen idealen Überblick möglicher Schwachpunkte zu erhalten,<br />
sollte die thermische Hülle im Schnitt <strong>und</strong> im Gr<strong>und</strong>riss der Baupläne<br />
eingezeichnet bzw. markiert werden.<br />
G2.1<br />
Folgende Fragen sind in diesem Zusammenhang zu beachten:<br />
Kann die thermische Hülle so gelegt werden, dass eine einfache Form<br />
entsteht? (Durch den Verlauf der nachträglich aufgebrachten Dämmung<br />
oder durch An- <strong>und</strong> Erweiterungsbauten kann dies wesentlich beeinflusst<br />
werden.)<br />
Können Durchdringungen wie auskragende Balkonplatten oder Vordächer<br />
vermieden werden? Ist hier evtl. ein Abbruch möglich?<br />
Können die Dämmschichten verschiedener Bauteile lückenlos an den Stoßstellen<br />
ineinander übergehen (beispielsweise die Außenwanddämmung in<br />
die Dämmung der Dachschräge)?<br />
Können Bauteilanschlüsse so gelegt werden, dass die Mittellinien der<br />
Dämmebenen im Wesentlichen aufeinander treffen (z. B. wird ein Fenster<br />
optimal in die Dämmebene eines nachträglich aufgebrachten Wärmedämmverb<strong>und</strong>systems<br />
eingebaut)?<br />
Abb. 55: Abbruch von Stahlbetonplatten zur Wärmebrückenvermeidung<br />
Für die Anwendung dieser einfachen Regeln reichen technische Gr<strong>und</strong>kenntnisse<br />
aus <strong>und</strong> es sind keine ausführlichen Detailplanungen bzw. Zusatzhilfsmittel<br />
wie Wärmebrückenkataloge oder spezielle Berechnungsprogramme<br />
erforderlich. Die Auswirkungen der genannten Vorgaben haben auf den<br />
Heizwärmebedarf jedoch einen sehr großen Einfluss.<br />
29
G<br />
Wärmebrücken<br />
4.2 Planungsbeispiel.<br />
Zum Heranführen an die Konstruktionsempfehlungen für wärmebrückenminimiertes<br />
Planen in der Gebäudesanierung sei noch einmal auf einen zentralen<br />
Leitsatz verwiesen:<br />
„Bei hocheffizient gedämmten Gebäuden können schlecht ausgebildete<br />
Wärmebrückendetails den Transmissionswärmeverlust um bis zu<br />
40 Prozent erhöhen.“<br />
Das folgende Beispiel dient zur Verdeutlichung dieses Sachverhalts.<br />
1 2 3<br />
Abb. 56: Foto- <strong>und</strong> Thermografieaufnahmen von<br />
massiven Wärmebrücken bei einer Gebäudesanierung:<br />
dämmstoffdurchstoßende Balkonplatte (1); ungedämmte<br />
Fenster- <strong>und</strong> Türlaibung (2); ungedämmter<br />
Sockel aus Bruchsteinmauerwerk (3).<br />
Hier wird dargestellt, wie sich der Wärmebrückenverlustanteil je nach<br />
Dämmstandard des Gebäudes <strong>und</strong> der Sorgfalt der Detailausbildung verändert.<br />
Bei einem Gebäude aus den 1950er Jahren werden für den ungedämmten<br />
<strong>und</strong> den sanierten Zustand die Transmissionswärmeverluste über<br />
die <strong>Gebäudehülle</strong> mit den zusätzlichen Verlusten von drei Wärmebrücken<br />
verglichen. Zwecks der Übersichtlichkeit sind nicht sämtliche Wärmebrücken<br />
berücksichtigt.<br />
G2.1<br />
2<br />
3<br />
Abb. 57: Gebäudeschnitt eines Gebäudes aus den<br />
1950er Jahren im unsanierten Zustand<br />
1<br />
4.2.1 Unsanierter IST-Bestand<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> F x<br />
[-] A [m 2 ] U-Wert [W/(m 2 · K)] H T<br />
[W/K]<br />
A) Kellerdecke 0,6 80,0 1,1 52,8<br />
B) Außenwand 1 165,0 1,4 231<br />
C) Fenster 1 18,0 2,8 50,4<br />
D) Dachfläche 1 115,0 0,8 92<br />
Summe: 426,2<br />
Wärmebrücken F x<br />
[-] L [m] Y [W/(m· K)] H T<br />
[W/K]<br />
1. Balkonplatte 1 6,0 0,38 2,28<br />
2. Fensterlaibung 1 52,0 0,09 4,68<br />
3. Sockel 1 36,0 -0,07 -2,52<br />
Summe: 4,44<br />
Wärmebrückenanteil: 1 %<br />
2<br />
3<br />
Abb. 58: Gebäudeschnitt mit einem suboptimalen<br />
Dämmkonzept, da auf eine Wärmebrückenminimierung<br />
nicht geachtet wurde.<br />
1<br />
4.2.2 Energetische Sanierung ohne Wärmebrückenminimierung<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> F x<br />
[-] A [m 2 ] U-Wert [W/(m 2 · K)] H T<br />
[W/K]<br />
A) Kellerdecke 0,6 80,0 0,35 16,8<br />
B) Außenwand 1 165,0 0,24 39,6<br />
C) Fenster 1 18,0 1,4 25,2<br />
D) Dachfläche 1 115,0 0,2 23<br />
Summe: 104,6<br />
Wärmebrücken F x<br />
[-] L [m] Y [W/(m· K)] H T<br />
[W/K]<br />
1. Balkonplatte 1 6,0 0,75 4,5<br />
2. Fensterlaibung 1 52,0 0,47 24,44<br />
3. Sockel 1 36,0 0,24 8,64<br />
Summe: 37,58<br />
Wärmebrückenanteil: 26 %<br />
30 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
4.2.3 Energetische Sanierung mit Wärmebrückenminimierung<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> F x<br />
[-] A [m 2 ] U-Wert [W/(m 2 · K)] H T<br />
[W/K]<br />
A) Kellerdecke 0,6 80,0 0,35 16,8<br />
B) Außenwand 1 165,0 0,24 39,6<br />
C) Fenster 1 18,0 1,4 25,2<br />
D) Dachfläche 1 115,0 0,2 23<br />
Summe: 104,6<br />
Wärmebrücken F x<br />
[-] L [m] Y [W/(m· K)] H T<br />
[W/K]<br />
1. Balkonplatte 1 6,0 0,02 0,12<br />
2. Fensterlaibung 1 52,0 0,01 0,52<br />
3. Sockel 1 36,0 0,11 3,96<br />
Summe: 4,6<br />
Wärmebrückenanteil: 4 %<br />
2<br />
3<br />
Abb. 59: Gebäudeschnitt mit energetisch optimierter<br />
Ausbildung der drei Wärmebrücken<br />
1<br />
Die Auflistungen der einzelnen U- <strong>und</strong> Y-Werte zeigen, dass sich mit der<br />
nachträglichen Dämmung der <strong>Gebäudehülle</strong> der Transmissionswärmeverlust<br />
über die flächigen Bauteile um 75 Prozent reduziert. Bei der suboptimalen<br />
Lösung 4.2.2 erhöht sich dagegen der Anteil der zusätzlichen Energieverluste<br />
über die Wärmebrücken auf über 25 Prozent. Absolut vergrößert sich<br />
der Wärmebrückenverlust um den Faktor 8. Berücksichtigt man sämtliche<br />
Wärmebrücken, würde der Wärmebrückenverlustanteil sicher auf über 40<br />
Prozent steigen.<br />
Alleine die drei betrachteten Details Balkonplatte, seitliche Fensterlaibung<br />
<strong>und</strong> Sockel verursachen einen auf die <strong>Gebäudehülle</strong> von 378 m 2 umgelegten<br />
pauschalen Zuschlag DU WB<br />
von fast 0,10 W/(m 2 · K).<br />
Erst durch eine wärmebrückenminimierte Detailausbildung, in der der Balkon<br />
abgeschnitten, das Fenster an die Dämmebene herangerückt <strong>und</strong> der<br />
Sockel gedämmt werden, reduziert sich der absolute Wärmebrückeneffekt<br />
wieder auf den Wert von ca. 4,5 W/K wie im ungedämmten Zustand. Durch<br />
den wesentlich besseren Dämmstandard nach 4.2.3 beträgt der Wärmebrückenanteil<br />
ca. 4 Prozent.<br />
G2.1<br />
Man erkennt an diesem Beispiel, dass erst durch eine sinnvolle Wärmebrückenoptimierung<br />
eine nachhaltige Energieeinsparung auf höchstem<br />
Niveau erzielt werden kann.<br />
Allerdings kann es auch vorkommen, dass aus wirtschaftlichen Gründen<br />
nicht jede Wärmebrücke energetisch ideal ausgebildet werden kann. Ungeachtet<br />
der Energieeinsparung muss einem Fachplaner dann aber bewusst<br />
sein, dass Wärmebrücken auch aus Sicht des Baurechts zu vermeiden sind.<br />
Als Mindestvoraussetzung sollten die geplanten Detailausführungen stets zu<br />
Innenoberflächentemperaturen von deutlich über 12,6 °C führen, sodass bei<br />
üblicher Wohnraumnutzung die Gefahr von Tauwasserausfall <strong>und</strong> somit die<br />
Schimmelbildung ausgeschlossen ist.<br />
4.3 Konstruktionsempfehlungen zu einzelnen Details.<br />
Anhand der drei Wärmebrücken vom obigen Gebäudebeispiel werden nun<br />
verschiedene Strategien vorgestellt, wie die einzelnen Details wärmeschutztechnisch<br />
verbessert werden können.<br />
31
G<br />
Wärmebrücken<br />
4.3.1 Balkonplatte.<br />
Wird ein Gebäude von außen nachträglich gedämmt, stellt eine Balkonplatte,<br />
die die Dämmschicht durchstößt, eine extreme Wärmebrücke dar. Die große<br />
Oberfläche <strong>und</strong> der sehr gut wärmeleitende Stahlbeton des Balkons führen<br />
die Wärme aus dem Innenraum wie eine Kühlrippe an die Außenluft ab. Es<br />
folgt eine starke lokale Abkühlung der Geschossdecke <strong>und</strong> die Gefahr eines<br />
Feuchteschadens ist nicht zu vernachlässigen. In ihrer Wirkung nicht wesentlich<br />
geringer sind auch dämmschichtunterbrechende Vordächer aus Beton,<br />
Terrassenanschlüsse, Außenmauern oder Garagendächer.<br />
Der Idealfall für eine Wärmebrückenminimierung dieser Anschlüsse wäre<br />
der Abbruch der jeweiligen Bauteile, sodass die Wärmedämmung ungestört<br />
über die gesamte Fassadenfläche verlegt werden kann. In diesem Fall wären<br />
dann neue Balkone als vorgestellte <strong>und</strong> selbsttragende Konstruktionen erforderlich.<br />
Um eine thermische Trennung zu bewirken, kann man die Balkonplatten<br />
auch auf Edelstahlkonsolen auflagern. Diese Haltepunkte stellen zwar immer<br />
noch Wärmebrücken dar, sind aber aufgr<strong>und</strong> ihrer punktuellen Wirkung<br />
vernachlässigbar.<br />
Ist es aus baukonstruktiven oder wirtschaftlichen Gründen nicht möglich die<br />
Balkone abzubrechen, besteht eine weitere Möglichkeit den Wärmebrückeneffekt<br />
zu reduzieren, indem die Balkonplatte von oben <strong>und</strong> unten mit Dämmstoff<br />
eingepackt wird. Wegen des schon beschriebenen Kühlrippeneffekts<br />
einer auskragenden Balkonplatte wird sich die Wärmebrückenreduzierung<br />
durch diese Maßnahme nur begrenzt umsetzen lassen.<br />
G2.1<br />
Aus wirtschaftlichen Gründen kann es durchaus sinnvoll sein, dass man auf<br />
das „Einpacken“ der Balkonplatte verzichtet, sofern auf der Innenseite kein<br />
Tauwasserausfall zu befürchten ist <strong>und</strong> an anderer Stelle mehr in den baulichen<br />
Wärmeschutz investiert wird. Als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage wären dann<br />
das sogenannte Kosten-Nutzen-Verhältnis bzw. die Kosten der eingesparten<br />
Kilowattst<strong>und</strong>e ausschlaggebend.<br />
40<br />
40<br />
120<br />
40<br />
20<br />
180<br />
40<br />
20<br />
180<br />
40<br />
60<br />
8 120 240 15<br />
25<br />
8 140 240 15<br />
25<br />
Abb. 60: Temperaturfeld einer mit Dämmstoff eingepackten<br />
Balkonplatte bei einem 12-cm-Wärmedämmverb<strong>und</strong>system<br />
F Rsi<br />
= 0,816<br />
Y = 0,46 W/(m · K)<br />
U-Wert: 0,234 W/(m 2 · K)<br />
Abb. 61: Temperaturfeld eines 14-cm-Wärmedämmverb<strong>und</strong>systems<br />
mit einer durchstoßenden Balkonplatte<br />
aus Stahlbeton<br />
F Rsi<br />
= 0,750<br />
Y = 0,72 W/(m · K)<br />
U-Wert: 0,206 W/(m 2 · K)<br />
32 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
Die Abbildung 61 zeigt, dass bei der ungedämmten Balkonplatte kein Tauwasserausfall<br />
zu erwarten ist. Durch die Erhöhung der Außendämmung bei dieser<br />
Variante verringert sich der Transmissionswärmeverlust über die gesamte<br />
Fassade um ca. 305 kWh/a. Die Einsparung durch die Minimierung der Wärmebrücken<br />
beläuft sich auf ca. 145 kWh/a. Gleichzeitig ist die Wärmebrückenreduktion<br />
aber doppelt so teuer wie die Verbesserung der Fassadendämmung<br />
bei nur halber Energieeinsparung. Sofern nicht andere Randbedingungen für<br />
das Einpacken der Balkonplatte sprechen, wäre hier aus rein wirtschaftlicher<br />
Sicht, die bessere Fassadendämmung zu bevorzugen.<br />
Dieser Sachverhalt ist aber für jede Situation individuell zu bewerten <strong>und</strong><br />
kann nicht gr<strong>und</strong>sätzlich auf jeden Sanierungsfall <strong>und</strong> jede Balkonkonstruktion<br />
übertragen werden.<br />
4.3.2 Fensterlaibung.<br />
Bei Bestandsgebäuden findet man häufig als seitliche Fensterlaibung einen<br />
Maueranschlag vor. Wenn eine Außendämmung aufgebracht wird <strong>und</strong> eine<br />
Fenstererneuerung nicht stattfindet, ist es durch diese Detailausbildung in<br />
der Regel nicht möglich, auch die Laibung nachträglich zu dämmen. Zwischen<br />
Fensterrahmen <strong>und</strong> Wärmedämmung bleibt somit eine Lücke mit<br />
ungedämmtem Mauerwerk, wodurch ein sehr starker Wärmeverlust entsteht.<br />
Die Fensterlaibung <strong>und</strong> der Rahmen kühlen sehr stark <strong>und</strong> oft unter<br />
die Taupunkttemperatur ab, sodass hier mit erhöhter Schimmelgefahr zu<br />
rechnen ist. Um das Schadensrisiko <strong>und</strong> auch die Wärmeverluste wesentlich<br />
zu verringern, muss der Maueranschlag abgebrochen <strong>und</strong> die Laibung bis<br />
auf den Fensterrahmen (mindestens 3 cm) gedämmt werden. Eventuell vorhandene<br />
Rolloführungsschienen beeinflussen das Wärmebrückenergebnis<br />
entscheidend, sollten sie die Laibungsdämmung unterbrechen.<br />
Bei einer gleichzeitigen Erneuerung von Fenstern <strong>und</strong> Aufbringen einer Dämmung<br />
können dagegen sehr wärmebrückenreduzierte Detailausbildungen<br />
realisiert werden. In diesem Fall kann man das Fenster mauerwerksbündig an<br />
die Dämmebene heranrücken. Wenn in diesem Fall der Maueranschlag ebenso<br />
nicht abgebrochen wird, verringert sich die Scheibenfläche, da sich auch<br />
das Rohbau-Öffnungsmaß des Fensters verkleinert.<br />
Die wärmebrückentechnisch ideale Einbausituation für Fenster liegt innerhalb<br />
der Dämmebene. Allerdings ist darauf zu achten, dass ein späterer<br />
Ausbau der Fenster nur noch mit größerem Aufwand <strong>und</strong> nicht ohne Schäden<br />
an der Fassade möglich ist. Ebenso erfordert diese Anschlussausbildung ein<br />
höheres handwerkliches Geschick <strong>und</strong> ist erst ab Dämmstoffdicken ab 14 cm<br />
zu empfehlen.<br />
Bei der Herangehensweise, die Fenster aus der ursprünglichen Lage in die<br />
Dämmebene zu rücken, muss auch berücksichtigt werden, dass eventuell<br />
vorhandene Rollos nicht mehr nutzbar sind. Entweder wird dann darauf verzichtet<br />
<strong>und</strong> der bestehende Kasten stillgelegt, oder es werden Schiebe- bzw.<br />
Klappläden für die Verdunkelung der Fenster oder kleine Vorbaurollos eingebaut.<br />
Durch diese Maßnahmen entstehen nicht unerhebliche Zusatzkosten,<br />
die bei der Wirtschaftlichkeit der Wärmebrückenminimierung ebenso zu<br />
beachten sind.<br />
Beim Fensteranschluss ist auch ein besonderes Augenmerk auf den luftdichten<br />
Anschluss zwischen Rahmen <strong>und</strong> Laibung zu legen, damit konvektive<br />
Wärmebrücken vermieden werden.<br />
25<br />
120<br />
8<br />
Abb. 62: Temperaturfeld eines seitlichen Fensteranschlusses,<br />
bei dem aufgr<strong>und</strong> eines vorhandenen Maueranschlags<br />
die Laibung nicht gedämmt wurde.<br />
F Rsi<br />
= 0,694<br />
Y = 0,22 W/(m · K)<br />
Bei diesem Detail besteht die Gefahr von Tauwasserausfall!<br />
Bei dem Fenster handelt es sich um ein<br />
nicht erneuertes Fenster mit einem U W<br />
-Wert von<br />
2,6 W/(m 2 · K)<br />
60<br />
Abb. 63: Temperaturfeld eines seitlichen Fensteranschlusses<br />
mit erneuertem Fenster<br />
(U W<br />
-Wert: 1,4 W/(m 2 · K)) <strong>und</strong> 6 cm Laibungsdämmung,<br />
nachdem der Maueranschlag aus Abb. 61 abgebrochen<br />
wurde.<br />
F Rsi<br />
= 0,868<br />
Y = 0,02 W/(m · K)<br />
60<br />
Abb. 64: Optimale Fenstereinbausituation. Maueranschlag<br />
abgebrochen, Fenster an das Wärmedämmverb<strong>und</strong>system<br />
herangerückt <strong>und</strong> 6 cm mit dem WDVS<br />
überdämmt. Eine Rolloführungsschiene ist nicht<br />
vorgesehen.<br />
F Rsi<br />
= 0,874<br />
Y = - 0,02 W/(m · K)<br />
Rechnerisch könnte aufgr<strong>und</strong> des negativen Y-Wertes<br />
der vorhandene Fenster-U W<br />
-Wert von 1,4 W/(m 2 · K)<br />
(siehe Abb. 63) für den eingebauten Zustand auf<br />
1,29 W/(m 2 · K) reduziert werden.<br />
15<br />
365<br />
15<br />
365<br />
25<br />
120<br />
8<br />
15<br />
365<br />
25<br />
120<br />
8<br />
G2.1<br />
33
G<br />
Wärmebrücken<br />
4.3.3 Sockel.<br />
Eine nachträgliche Sockeldämmung verbessert die Wärmebrückensituation<br />
in diesem Bereich entscheidend. Darüber hinaus übernimmt die Sockeldämmung<br />
auch noch einen wesentlichen Schutz gegen Spritzwasser <strong>und</strong> Feuchtigkeitseintrag<br />
von außen.<br />
Gleichwohl ist es in einigen Fällen unglücklich, wenn durch die Dämmung<br />
des Sockels ein sichtbares Bruch- oder Sandsteinmauerwerk verdeckt wird. In<br />
diesen Fällen sollte intensiv nach einer Lösung gesucht werden, z. B. lässt sich<br />
mit geeigneten Materialien gegebenenfalls eine ähnliche Oberflächengestaltung<br />
wie im Urzustand herstellen. Eine Dämmung auf der Kellerinnenseite<br />
wäre in diesem Fall aber nicht zielführend.<br />
Als weiterer Aspekt einer wärmebrückenminimierten Detailausbildung sollte<br />
auf die Sockelabschlussschiene aus Aluminium verzichtet werden. Selbst eine<br />
nur 1 mm dicke Schiene, die im Wesentlichen nur als Montagehilfe notwendig<br />
ist, verschlechtert das Wärmebrückenergebnis entscheidend, da Aluminium<br />
ein sehr stark wärmeleitendes Material ist. Befinden sich im Keller beheizte<br />
Räume, kommt der Wärmebrückeneffekt in diesem Fall noch verstärkt zum<br />
Tragen. In Abbildung 65 <strong>und</strong> 66 werden verschiedene Sockelausbildungen<br />
dargestellt.<br />
G2.1<br />
Abb. 65 <strong>und</strong> 66: Foto- <strong>und</strong> Thermografieaufnahme<br />
einer Sockelausbildung. Über das Thermogramm<br />
lässt sich sehr gut der erhöhte Wärmeabfluss über<br />
die Sockelschiene des Wärmedämmverb<strong>und</strong>systems<br />
erkennen.<br />
Bei der Sanierung eines Einfamilienhauses muss man bei der ungedämmten<br />
Variante (Abb. 67) gegenüber der wärmebrückentechnisch besten Sockelausbildung<br />
(Abb. 70) mit einem zusätzlichen Energieverlust von ca. 950 kWh im<br />
Jahr rechnen. Eine mit 12 cm gedämmte Fassadenfläche von fast 60 m 2 (ca. 35<br />
Prozent der Gesamtfläche) weist einen Wärmeverlust in gleicher Höhe auf.<br />
8 120 25 240 15<br />
8 120 25 240 15<br />
40<br />
20<br />
180<br />
100<br />
40<br />
20<br />
180<br />
100<br />
400<br />
360<br />
Abb. 67: Temperaturfeld eines ungedämmten Sockelanschlusses.<br />
Hier besteht eine hohe Tauwassergefahr.<br />
Die innere Oberflächentemperatur beträgt in der<br />
Kante von Kellerdecke <strong>und</strong> Außenwand nur 11,1 °C.<br />
F Rsi<br />
= 0,619<br />
Y = 0,6 W/(m · K)<br />
360<br />
80<br />
Abb. 68: Temperaturfeld eines ungedämmten Sockelanschlusses<br />
mit zusätzlich aufgebrachter Dämmschürze<br />
auf der Innenseite. Hier sinkt die innere<br />
Oberflächentemperatur gegenüber dem Detail aus<br />
Abb. 67 noch weiter auf 10,1 °C ab.<br />
F Rsi<br />
= 0,602<br />
Y = 0,64 W/(m · K)<br />
34 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
8 120 25 240 15<br />
8 120 25 240 15<br />
40<br />
20<br />
180<br />
100<br />
40<br />
20<br />
180<br />
100<br />
800<br />
800<br />
8<br />
80 25<br />
360<br />
Abb. 69: Temperaturfeld einer Sockelausbildung mit<br />
eingebauter WDVS-Abschlussschiene aus Aluminium.<br />
F Rsi<br />
= 0,732<br />
Y = 0,37 W/(m · K)<br />
8 360<br />
80 25<br />
Abb. 70: Temperaturfeld eines Sockelanschlusses, bei<br />
dem auf die Abschlussschiene des WDVS verzichtet<br />
wurde. Gegenüber der Detailausbildung von Abb. 67<br />
reduziert sich der Wärmebrückenverlust um über 45<br />
Prozent. Die Oberflächentemperatur auf der Innenseite<br />
beträgt nun 15,2 °C.<br />
F Rsi<br />
= 0,807<br />
Y = 0,2 W/(m · K)<br />
4.3.4 Weitere Empfehlungen.<br />
Neben den drei beschriebenen Details, die schlecht ausgebildete massive<br />
Wärmebrücken darstellen, gibt es noch eine Vielzahl von anderen Anschlusssituationen<br />
<strong>und</strong> Bereichen an der <strong>Gebäudehülle</strong>, die in ihrer Wärmebrückenwirkung<br />
zu beachten sind.<br />
In der Regel können flankierende Dämmmaßnahmen oder das „Umhüllen“<br />
von Bauteilen sowie einfache Konstruktionsänderungen dazu führen, dass<br />
der Wärmebrückeneffekt wesentlich reduziert wird.<br />
80<br />
500<br />
18<br />
220<br />
G2.1<br />
Auf folgende Details <strong>und</strong> Anschlüsse sollte in der Gebäudesanierung ebenso<br />
verstärkt geachtet werden:<br />
180<br />
Eine Balkonbrüstung oder die Attika eines Flachdachs können abgebrochen<br />
oder mit Dämmstoff eingepackt werden.<br />
8<br />
120 240 15<br />
25<br />
Abb. 71: Temperaturfeld eines wärmebrückentechnisch<br />
optimierten Anschlusses „oberste Geschossdecke/Giebelwand“.<br />
Verzichtet man auf den 8-cm-<br />
Dämmstreifen auf der Innenseite der Giebelwand,<br />
würde der Y-Wert um 75 Prozent auf 0,14 W/(m · K)<br />
ansteigen.<br />
F Rsi<br />
= 0,822<br />
Y = 0,08 W/(m · K)<br />
35
G<br />
Wärmebrücken<br />
G2.1<br />
8 160 25 300 15<br />
40<br />
20<br />
180<br />
Abb. 72: Temperaturfeld eines Fenstersturzes mit<br />
16 cm WDVS <strong>und</strong> nachträglich gedämmtem Rollokasten<br />
F Rsi<br />
= 0,878<br />
Y = 0,24 W/(m · K)<br />
8 160 25 300 15<br />
40<br />
20<br />
180<br />
Abb. 73: Temperaturfeld einer wärmebrückenoptimierten<br />
Fenstersturzausbildung. Mauerwerksbündiger<br />
Fenstereinbau <strong>und</strong> ausgedämmter Altrollokasten<br />
sowie Einbau eines Vorsatzrollos. Diese<br />
Konstruktion kann als wärmebrückenfrei bezeichnet<br />
werden.<br />
F Rsi<br />
= 0,944<br />
Y = -0,01 W/(m · K)<br />
Bei dem Anschluss oberste Geschossdecke/Giebelwand sollte die Giebelwand<br />
auf der Innenseite mit einem Dämmstreifen versehen werden.<br />
Die Mauerkronen von Giebel-, Gebäudetrenn- oder Innenwänden, die in<br />
die Dachdämmung einbinden, sollten mit einer Kopfdämmung versehen<br />
werden.<br />
Am Traufanschluss ist stets zu beachten, dass Fassaden- <strong>und</strong> Dachdämmung<br />
lückenlos aneinander stoßen können. In einigen Fällen muss mit<br />
einem Aufscheibling die Vorraussetzung dafür hergestellt werden.<br />
Terrassenanschlüsse werden oft statisch/konstruktiv mit der Fassade verb<strong>und</strong>en.<br />
Hier sollte eine nachträgliche thermische Trennung erfolgen.<br />
Vorhandene Rollokästen müssen mit Dämmstoff ausgekleidet werden,<br />
sofern die Fenster nicht erneuert oder in der alten Bauebene verbleiben<br />
sollen. Bei an die Dämmebene vorgerückten Fenstern sollte der alte Rollokasten<br />
stillgelegt <strong>und</strong> mit Dämmstoff ausgefüllt werden, sodass mit Mini-,<br />
Vorsatz- oder Vorbaurollokästen ein wärmebrückenarmer Fenstersturz<br />
ausgebildet werden kann.<br />
Zwischen Fensterbank <strong>und</strong> Mauerwerk an der Brüstung muss eine Dämmlage,<br />
die sich an den Fensterrahmen anfügt, eingebaut werden.<br />
Eine Dachbodenluke kann mit einem Dämmstoffdeckel versehen werden.<br />
Aufsteigende Wände oder Stützen bei Hofdurchfahrten sollten bei außen<br />
gedämmten Decken eine Dämmschürze am oberen Anschluss erhalten.<br />
Die vollflächige Dämmung der Wände ist in der Regel aufgr<strong>und</strong> des<br />
beengten Raumangebots der Durchfahrt nicht möglich. Befinden sich<br />
hinter den Wänden beheizte Räume, sollte zusätzlich eine Innendämmung<br />
angebracht werden.<br />
Einbindende Wände bei Innendämmmaßnahmen sollten für eine Wärmebrückenminimierung<br />
Dämmkeile im Anschlussbereich erhalten.<br />
Um eine Dämmstoffaussparung zu vermeiden, ist eine Deckenbeleuchtung<br />
abzumontieren <strong>und</strong> später wieder auf der Kellerdeckendämmung zu<br />
befestigen. Ebenso ist bei Fassadenlampen vorzugehen, wenn ein Wärmedämmverb<strong>und</strong>system<br />
aufgebracht wird.<br />
Um die Wärmebrückenwirkung von Sparren in der Dachdämmung zu<br />
reduzieren, sollte entweder eine vollflächige Aufsparrendämmung<br />
montiert werden oder bei einer zusätzlichen Dämmung auf der Innenseite<br />
die Unterkonstruktion quer zum Sparren verlaufen. Eine Erhöhung<br />
des Sparrenquerschnitts durch Aufdopplung in Sparrenrichtung ist nicht<br />
vorteilhaft.<br />
Kellerunterzüge sollten komplett eingepackt werden, sofern es die Durchgangshöhe<br />
zulässt.<br />
Diese Lösungsvorschläge werden sicher nicht alle Möglichkeiten abdecken<br />
können. Sie stoßen an einigen Stellen auch an konstruktive Grenzen. Ausschlaggebend<br />
ist es, jedes vorhandene Detail zu betrachten <strong>und</strong> eine individuelle<br />
Kompensationsmaßnahme zu erarbeiten. Es ist aber vom Planer immer<br />
darauf zu achten, dass die entworfenen Wärmebrückendetails auch auf der<br />
Baustelle handwerklich umsetzbar sein müssen.<br />
Abb. 74: Thermografieaufnahme eines Stützenkopfes,<br />
der mit Dämmstoffschürzen verkleidet wurde, sodass<br />
die Wärmebrückenwirkung massiv reduziert wurde<br />
(vgl. Abb. 14 – 16).<br />
Ganz gleich ob es darum geht, die Gleichwertigkeit gemäß Beiblatt 2 für die<br />
EnEV-Wärmeschutzberechnung nachzuweisen, die Tauwassergefahr auszuschließen<br />
oder den zusätzlichen Energieverlust zu minimieren, es stehen<br />
genügend geeignete Maßnahmen zur Verfügung, das Wärmebrückenproblem<br />
lösen zu können. Eine qualifizierte Bewertung, eine detaillierte Planung<br />
<strong>und</strong> die fachgerechte Ausführung sind für die Umsetzung einer annähernden<br />
wärmebrückenfreien <strong>Gebäudehülle</strong> aber stets erforderlich.<br />
36 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Wärmebrücken<br />
G<br />
5 Anhang.<br />
5.1 DIN-Normen.<br />
Beim detaillierten Wärmebrückennachweis sind neben der in Kap. 3.3 beschriebenen<br />
Vorgehensweise auch folgende Normen <strong>und</strong> gesetzliche Vorschriften<br />
zu beachten:<br />
Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende<br />
Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung (EnEV))<br />
DIN 4108-2:2003-07, Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparungen in Gebäuden.<br />
Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. DIN Deutsches<br />
Institut für Normung, Berlin<br />
DIN V 4108-6:2003-06, Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden<br />
- Teil 6: Berechnung des Jahresheizwärme- <strong>und</strong> des Jahresheizenergiebedarfs.<br />
DIN Deutsches Institut für Normung, Berlin<br />
DIN 4108 Beiblatt 2:2006-03, Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparungen in<br />
Gebäuden – Wärmebrücken – Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsbeispiele. DIN<br />
Deutsches Institut für Normung, Berlin<br />
DIN EN ISO 10211-1:1995-11, Wärmebrücken im Hochbau – Wärmeströme<br />
<strong>und</strong> Oberflächentemperatur – Teil 1: Allgemeine Berechnungsverfahren.<br />
DIN Deutsches Institut für Normung, Berlin<br />
DIN EN ISO 10211-2:2001-06, Wärmebrücken im Hochbau – Wärmeströme<br />
<strong>und</strong> Oberflächentemperatur – Teil 2: Linienförmige Wärmebrücken. DIN<br />
Deutsches Institut für Normung, Berlin<br />
DIN EN ISO 10077-2:2003-12, Wärmetechnisches Verhalten von Fenstern,<br />
Türen <strong>und</strong> Anschlüssen – Berechnung des Wärmedurchgangskoeffizienten<br />
– Teil 2: Numerisches Verfahren für Rahmen. DIN Deutsches Institut für<br />
Normung, Berlin<br />
G2.1<br />
5.2 Weiterführende Literatur.<br />
Hauser, Gerd; Stiegel, Horst (2006): Wärmebrückenkatalog für Modernisierungs-<br />
<strong>und</strong> Sanierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schimmel pilzen.<br />
Stuttgart: Fraunhofer-IRB-Verl. (Bauforschung für die Praxis, Bericht 74).<br />
Spitzner, Martin H. (2005): Dauerthema Wärmebrücken. Praxishinweise zur<br />
Anwendung von DIN 4108 Beiblatt 2 <strong>und</strong> zum energetischen Einfluß von<br />
Wärmebrücken. In: Bauphysik, Jg. 27, H. 3, S. 246 – 252.<br />
Tichelmann, Karsten (2005): Wärmebrücken-Atlas. Trockenbau Stahl-<br />
Leichtbau <strong>Bauen</strong> im Bestand. Köln: Müller.<br />
Willems, Wolfgang; Schild, Kai (2007): Wärmebrücken Berechnung –<br />
Bilanzierung – Vermeidung: Bauphysik-Kalender 2007. Berlin: Ernst & Sohn,<br />
S. 477 – 519<br />
5.3 Bildnachweis.<br />
Für Abbildung 24, 26, 28 gilt: Wiedergabe mit Erlaubnis des Deutschen Instituts<br />
für Normung e.V. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist die<br />
jeweils neueste Fassung, die beim Beuth Verlag, Berlin, erhältlich ist. Alle<br />
übrigen: Deutsche Energie-Agentur (<strong>dena</strong>).<br />
37
G<br />
Wärmebrücken<br />
G2.1<br />
38 <strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Außenwand<br />
G<br />
G2.2 Außenwand.<br />
1<br />
2<br />
Varianten der Dämmung.<br />
Porenbeton.<br />
Autor:<br />
Markus Heße<br />
G<br />
G2.2<br />
1
G<br />
Außenwand<br />
G2.2<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Außenwand<br />
G<br />
1 Varianten der Dämmung.<br />
Die Außenwand stellt in der Regel die größte Fläche der <strong>Gebäudehülle</strong> mit<br />
entsprechend hohem Anteil an Wärmeverlusten durch Transmission dar. Die<br />
Dämmung der Außenwände bietet daher ein großes Einsparpotenzial in Bezug<br />
auf den Gesamtenergiebedarf eines Gebäudes.<br />
Sowohl im Rahmen einer energetischen Sanierung als auch eines <strong>energieeffizienten</strong><br />
Neubaus ist es wichtig, die thermische Hülle zu definieren. Es muss<br />
also, unter anderem auch für die Bilanzierung, festgelegt werden, welche<br />
Räume zum beheizten Volumen gehören <strong>und</strong> welche sich außerhalb befinden.<br />
Die dämmende Hülle muss möglichst lückenlos das beheizte Volumen<br />
umfassen. Die über die wärmeübertragenden Umfassungsflächen gemittelten<br />
U-Werte bilden den spezifischen Transmissionswärmeverlust H T<br />
‘.<br />
Welche Räume gehören zum beheizten Volumen des Gebäudes?<br />
Die Entscheidung, ob sporadisch beheizte Räume dem beheizten Bereich<br />
zuzuschlagen sind, kann anhand folgender Regeln entschieden<br />
werden:<br />
Abb. 1: Beispiel für thermische Hülle<br />
Alle Räume, die direkt oder indirekt durch einen Raumverb<strong>und</strong><br />
beheizt sind – wie z. B. Hausflure <strong>und</strong> Dielen –, gehören auch ohne<br />
eigene Heizaggregate zum beheizten Bereich.<br />
Hobbyräume <strong>und</strong> Gästezimmer, die bei Bedarf mit mobilen Einzelöfen<br />
– wie Ölradiatoren oder Heizlüftern – beheizt werden, gehören<br />
nicht zum beheizten Bereich. Werden derartige Räume allerdings in<br />
mehr als der halben Heizzeit benutzt <strong>und</strong> beheizt, müssen sie dem<br />
beheizten Bereich zugeschlagen <strong>und</strong> der Einzelofen als gesonderte<br />
Anlage bei der Bestimmung des Heizenergiebedarfs berücksichtigt<br />
werden.<br />
Räume, die mittels der zentralen Heizungsanlage beheizt werden<br />
können, aber ungenutzt <strong>und</strong> somit unbeheizt sind, gehören zum<br />
beheizten Bereich.<br />
Spezifisches Nutzerverhalten wird bei der Festlegung der thermischen<br />
Hüllfläche nicht berücksichtigt.<br />
G2.2<br />
Anforderungen.<br />
Die Anforderungen an die Außenwand umfassen nicht nur die Optimierung<br />
der Dämmwirkung der Wandfläche, sondern auch die Reduzierung der Verluste<br />
über Wärmebrücken. Beim Neubau <strong>und</strong> in der Sanierung sollten die<br />
Anforderungen möglichst früh in die Planung einbezogen werden, da so optimierte<br />
Lösungen gef<strong>und</strong>en werden können. Die EnEV unterscheidet zwischen<br />
Anforderungen an die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes <strong>und</strong> Bauteilanforderungen.<br />
In folgender Tabelle sind die Anforderungen an die Einzelbauteile<br />
abhängig von der Konstruktionsart zusammengestellt.<br />
3
G<br />
Außenwand<br />
EnEV: Anforderungen an Außenwände<br />
Was Sie tun können<br />
Ersatz, Errichtung, Verkleidung oder Dämmung der<br />
Außenwände von beheizten Räumen<br />
Neuer Außenputz für Wände, wenn diese die bestehende<br />
Mindestanforderung* nicht erfüllen<br />
Geforderter Wert<br />
für die Außenwände<br />
nach EnEV<br />
U ≤ 0,24 W/(m 2 · K)<br />
U ≤ 0,24 W/(m 2 · K)<br />
Erforderliche Dämmstärke<br />
(Richtwert)<br />
Ca. 14 cm<br />
Ca. 14 cm<br />
Kerndämmung von Außenwänden U ≤ 0,24 W/(m 2 · K)** Ca. 14 cm, maximal erforderlich:<br />
vollständiges Ausfüllen des<br />
Zwischenraums<br />
Innendämmung von Außenwänden U ≤ 0,35 W/(m 2 · K) Ca. 10 cm<br />
* Die Mindestanforderung liegt bei einem U-Wert (Wärmedurchgangskoeffizient) von 0,9 W/(m 2 · K).<br />
Sie wird z. B. durch 30 cm dicke Porenbetonblocksteine oder 36,5 cm Mauerwerk aus Leichtbeton-Vollsteinen erreicht.<br />
** Bei mehrschaligem Mauerwerk im Bestand gilt die vollständige Ausfüllung des Hohlraums als Anforderungserfüllung<br />
(bei λ = 0,040 W/(m · K))<br />
Tab. 1: Bauteilanforderungen nach EnEV 2009<br />
Konstruktionsarten.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich wird bei Gebäuden zwischen Massivbauweise <strong>und</strong> Leichtbauweise<br />
unterschieden.<br />
Massive Wandkonstruktionen bestehen aus einer tragenden Schicht aus<br />
verschiedenen Ziegelmaterialien, Kalksandstein oder Beton. Auch hoch dämmende<br />
Steine, industriell auch als großformatige Plansteine oder Wandtafeln<br />
hergestellt, kommen in Wohn- <strong>und</strong> Nichtwohngebäuden zum Einsatz.<br />
G2.2<br />
Allgemein gilt: Je schwerer <strong>und</strong> dichter ein Baumaterial ist, desto mehr Wärme<br />
wird durchgeleitet <strong>und</strong> desto höher ist die Wärmespeicherfähigkeit. Und<br />
je poröser <strong>und</strong> leichter das Material ist, desto weniger Wärme wird weitergeleitet<br />
<strong>und</strong> desto geringer ist die Wärmespeicherfähigkeit.<br />
Holzrahmenbau-Konstruktionen sind die am weitesten verbreiteten Leichtbausysteme.<br />
Sie bestehen aus einer tragenden Rahmenkonstruktion aus<br />
Schwelle, Ständern <strong>und</strong> Rähm, die aus statischen Gründen zur Aussteifung<br />
zumindest einseitig, teilweise auch beidseitig, beplankt wird.<br />
Durch den hohen Grad der Vorfertigung dieser Bauweise hat der Rahmenbau<br />
deutlich größere Anteile gegenüber anderen Holzkonstruktionsweisen wie<br />
zum Beispiel dem Holzskelettbau, der vor Ort aus Einzelelementen errichtet<br />
<strong>und</strong> ausgesteift wird.<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Außenwand<br />
G<br />
Dämmebene.<br />
Außendämmung.<br />
Das aus bauphysikalischer Sicht einfachste <strong>und</strong> unbedenklichste Prinzip der<br />
Dämmung ist das Aufbringen einer Außendämmung. Sie sollte alle wärmeübertragenden<br />
Flächen vollständig umschließen, um eine möglichst lückenlose<br />
<strong>und</strong> wärmebrückenarme Konstruktion zu gewährleisten. Besonders<br />
wirtschaftlich sind Außendämm-Maßnahmen, wenn ohnehin notwendige<br />
Maßnahmen durchzuführen sind wie beispielsweise eine anstehende Putzerneuerung.<br />
Fehlstellen im Putz führen zu eindringender Feuchtigkeit in das<br />
Mauerwerk, die dieses nachhaltig schädigen <strong>und</strong> zu weiteren Mängeln führen<br />
kann.<br />
Abb. 2: Außenwanddämmung als hinterlüftete<br />
Fassade<br />
Es gibt zwei erprobte Konstruktionsprinzipien der Außendämmung:<br />
Vorgehängte Fassade mit hinterlüfteter Verkleidung<br />
Wärmedämmverb<strong>und</strong>systeme (WDVS)<br />
Die Vorhangfassade erhält auf der Wetterseite statt eines Putzes eine Verkleidung.<br />
Als Material können Holzverschalungen, Plattenwerkstoffe oder auch<br />
Hochdrucklaminatplatten verwendet werden. Diese sind als zugelassene Systeme<br />
auf dem Markt erhältlich. In die Zwischenräume der Unterkonstruktion<br />
wird der Dämmstoff eingebracht. Die Wahl der Verkleidungen hat keinerlei<br />
Einfluss auf die energetische Qualität des Gebäudes, da die eigentliche Dämmebene<br />
hinter der hinterlüfteten Schale liegt.<br />
Außendämmung<br />
Abb. 3: Außenwanddämmung als Wärmedämmverb<strong>und</strong>system<br />
Innendämmung<br />
Beim Wärmedämmverb<strong>und</strong>system wird das Dämm-Material direkt auf die<br />
Wand aufgebracht <strong>und</strong> anschließend verputzt. Die Verbindung wird über<br />
eine Schicht aus Klebemörtel hergestellt. Abhängig vom Untergr<strong>und</strong> muss der<br />
Dämmstoff gegebenenfalls zusätzlich verdübelt werden. Die auf die Dämmebene<br />
gespachtelte Armierungsschicht verbindet sich fest mit dem Dämm-<br />
Material <strong>und</strong> dient dem eingelegten Armierungsgewebe als Haftgr<strong>und</strong>. Das<br />
Gewebe nimmt den Oberputz mit einer Stärke von 2 – 3 mm, die der Kornstärke<br />
entspricht, auf.<br />
Abb. 4 a: Lage der Dämmung: Außendämmung<br />
G2.2<br />
Hinweise zur Außendämmung.<br />
Wärmeverb<strong>und</strong>dämmungen<br />
müssen als Systeme zugelassen<br />
sein. Daher sollte aus Gründen der<br />
Gewährleistung unbedingt ein<br />
vom Hersteller garantiertes System<br />
geplant <strong>und</strong> ausgeschrieben<br />
werden.<br />
5
G<br />
Außenwand<br />
Kerndämmung<br />
Abb. 4 b: Lage der Dämmung: Kerndämmung<br />
Kerndämmung.<br />
Eine Kerndämmung bietet sich vor allem bei Gebäuden an, die über eine<br />
zweischalige Außenwandkonstruktion mit einer Luftschicht verfügen. Bei<br />
der Kerndämmung wird der Zwischenraum mit Dämmstoff gefüllt, der über<br />
Löcher in der Außenschale eingeblasen wird. Die Dämmstärke entspricht der<br />
vorhandenen Luftschicht <strong>und</strong> beträgt in der Regel etwa 40 – 60 mm, teilweise<br />
auch bis zu 150 mm nach der aktuellen Norm 1053. Das Dämm-Material sollte<br />
möglichst wasserabweisend <strong>und</strong> diffusionsoffen sein. An Fensterlaibungen<br />
<strong>und</strong> Übergängen zwischen den Schalen bleiben vielfach Wärmebrücken erhalten,<br />
die mit einer Kerndämmung nicht auszuschließen sind.<br />
Innendämmung<br />
Abb. 4 c: Lage der Dämmung: Innendämmung<br />
Kerndämmung wird nicht nur als nachträgliche Dämmung in der Bestandssanierung<br />
eingesetzt, sondern kann auch im Neubau sinnvoll sein, wenn beson-<br />
Kerndämmung<br />
ders hochwertige Fassaden aus Sichtbeton oder Sichtmauerwerk zum Einsatz<br />
kommen sollen.<br />
Innendämmung.<br />
Eine Innendämmung der Außenwand bietet sich dann an, wenn Dämm-<br />
Maßnahmen von außen nicht möglich oder nicht erwünscht sind. Dies ist bei<br />
Fassaden unter Denkmalschutz oder bei erhaltenswerten Fassaden unter Umständen<br />
der Fall. Eine Innendämmung muss sehr sorgfältig geplant <strong>und</strong> ausgeführt<br />
werden, um Wärmebrücken an Geschossdecken <strong>und</strong> Innenwänden<br />
gering zu halten. Der unsachgemäße Einbau einer Innendämmung kann erhebliche<br />
Bauschäden durch Feuchtigkeit verursachen. Um die Kondensation<br />
von Feuchtigkeit hinter der Dämmschicht zu vermeiden, wird in den meisten<br />
Konstruktionen eine Dampfbremse eingebaut.<br />
Vertiefende Informationen<br />
zum Thema Innendämmung<br />
sowie die technische<br />
Richtlinie zur Verarbeitung finden<br />
Sie in Kapitel G3.<br />
G2.2<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Außenwand<br />
G<br />
Dämmstoffe.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich lassen sich bei Dämmstoffen drei große Gruppen unterscheiden:<br />
anorganische bzw. mineralische Dämmstoffe: z. B. Perlite, Blähton, Kalziumsilikat,<br />
Mineraldämmplatten, Mineralwolle oder auch Schaumglas,<br />
organische Dämmstoffe auf Basis von Erdöl: z. B. Polystyrol (PS) oder Polyurethan<br />
(PUR),<br />
organische Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen: z. B. Hanf, Holzfasern,<br />
Schafwolle oder Zellulose.<br />
Besonders gute Dämmstoffe haben eine geringe Wärmeleitfähigkeit von<br />
maximal 0,035 W/(m · K). Je nach Einsatzgebiet <strong>und</strong> Art des Bauvorhabens können<br />
nicht brennbare (Baustoffklasse A), schwer brennbare (B1) oder normal<br />
entflammbare (B2) Dämmstoffe verwendet werden. Für besondere Anwendungen<br />
werden zum Beispiel Vakuumisolationspaneele eingesetzt. Mit diesen<br />
erzielt man ein vier- bis fünffach besseres Wärmedämmvermögen gegenüber<br />
Hartschaum oder Mineralwolle <strong>und</strong> kommt mit dünneren Dämmstärken aus.<br />
Weitere wichtige Eigenschaften sind der Widerstand gegen Feuchtigkeit, die<br />
Trittfestigkeit, das Gewicht, die ökologische Verträglichkeit <strong>und</strong> natürlich der<br />
Preis. Dämmstoffe oder deren Verpackungen tragen verschiedene Kennzeichen.<br />
In jedem Falle ist die Wärmeleitfähigkeit aufgedruckt. Auch die Klassifizierung<br />
des Brandverhaltens muss klar ersichtlich sein. Dämmstoffe müssen<br />
entweder das CE-Zeichen tragen (zeigt an, dass der Dämmstoff einer europäischen<br />
Norm entspricht) oder das Ü-Zeichen (verweist auf Übereinstimmung<br />
mit nationalen Normen). Manche Stoffe können mit beiden Zeichen versehen<br />
sein.<br />
Zu beachten ist, dass bei ausschließlich CE-gekennzeichneten Dämmstoffen<br />
mit ca. 20 Prozent mehr Dicke gerechnet werden muss als bei Dämmstoffen<br />
mit Ü-Zeichen, um dieselbe Dämmqualität zu erhalten. Hintergr<strong>und</strong> sind<br />
Unterschiede zwischen deutschen <strong>und</strong> europäischen Normen. Bei einigen<br />
Dämmstoffen ist zudem eine Typkurzbezeichnung aufgedruckt. Diese gibt<br />
wichtige Hinweise darauf, in welchen Bereichen das Produkt eingesetzt werden<br />
kann.<br />
G2.2<br />
Materialkennzeichnung für Dämmstoffe.<br />
Typkurzbezeichnung für Anwendung:<br />
DEO für Innendämmung der Decke oder Bodenplatte<br />
Angabe der Wärmeleitfähigkeit <strong>und</strong> des Brandverhaltens<br />
Bei Dämmstoffen, die ausschließlich mit einem CE-Zeichen<br />
gekennzeichnet sind, muss bei gleichem U-Wert 20 Prozent<br />
mehr Dicke gegenüber Dämmstoffen mit Ü-Zeichen<br />
berechnet werden.<br />
Abb. 5: Erläuterungen Ü-Zeichen<br />
7
G<br />
Außenwand<br />
Weitere Details zum Thema<br />
Wärmebrücken sind im Kapitel<br />
Wärmebrücken (G2)<br />
ausgeführt.<br />
Wärmebrücken.<br />
Wärmebrücken sind Schwachstellen in der Wärmedämmung der <strong>Gebäudehülle</strong>,<br />
die einen erhöhten Wärmestrom aufweisen <strong>und</strong> zu Tauwasser- <strong>und</strong><br />
Schimmelbildung auf der Innenoberfläche führen können. Besondere Problematiken<br />
treten bei den Fassaden auf.<br />
Man unterscheidet folgende Typen von Wärmebrücken:<br />
konstruktionsbedingte Wärmebrücken (punktuelle <strong>und</strong> lineare Wärmebrücken),<br />
geometrisch bedingte Wärmebrücken (beispielsweise Raumecken),<br />
konvektive Wärmebrücken bei <strong>und</strong>ichten Fugen.<br />
Typische Wärmebrücken treten an den Auflagern der Geschossdecken auf den<br />
Außenwänden, bei durch die Fassade gehenden Balkonträgern, bei Fensterstürzen<br />
<strong>und</strong> Rollladenkästen sowie bei Fensterbrüstungen auf.<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen:<br />
Deutsche Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>)<br />
G2.2<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Außenwand<br />
G<br />
2 Porenbeton.<br />
Autor:<br />
Markus Heße<br />
Herstellung <strong>und</strong> Materialeigenschaften.<br />
Porenbeton ist ein poröser, mineralischer Massivbaustoff, der auf der Basis natürlicher<br />
Rohstoffe hergestellt wird. Er wurde nach dem Ersten Weltkrieg von<br />
schwedischen Forschern entwickelt, die vor dem Hintergr<strong>und</strong> einer Energiekrise<br />
nach einem Baustoff mit hoher Wärmedämmung suchten. Porenbeton<br />
hat keine Ähnlichkeit mit dem klassischen Beton, sondern gehört zur Gruppe<br />
der sogenannten dampfgehärteten Baustoffe.<br />
Porenbeton wird aus den Rohstoffen Quarzsand, Kalk <strong>und</strong> Wasser hergestellt.<br />
Je nach Rezeptur werden zusätzlich geringe Mengen Gips oder Anhydrit<br />
verarbeitet. Die Einzelkomponenten werden gemahlen <strong>und</strong> unter Zugabe<br />
von Wasser zu einer Mörtelmischung verb<strong>und</strong>en. Der Masse werden geringe<br />
Mengen Aluminium als Pulver oder Paste zugefügt. Die Rohmischung wird<br />
anschließend in Gussformen gefüllt, wo das Aluminium mit dem alkalischen<br />
Milieu der Mörtelmischung reagiert. Der dabei frei werdende gasförmige<br />
Wasserstoff treibt das Rohgemisch etwa auf das Fünffache des ursprünglichen<br />
Volumens auf. Der gesamte Vorgang dauert bis zu zwei St<strong>und</strong>en. In dieser Zeit<br />
entweicht das Wasserstoffgas vollständig, zurück bleiben in der nunmehr<br />
standfesten Rohmasse Millionen kleinster Luftporen mit Durchmessern von<br />
0,5 bis 1,5 mm, die dem Baustoff den Namen geben. Der massive Baustoff<br />
besteht zu 80 Prozent seines Volumens aus Luft <strong>und</strong> nur zu 20 Prozent aus<br />
Feststoffen. Die Rohstoffbilanz des Porenbetons stellt sich folgendermaßen<br />
dar: Aus 1 m³ Rohstoff entstehen ca. 5 m³ Porenbeton. Zur Produktion von<br />
Porenbeton werden die Primärrohstoffe oft auch ergänzt durch wiederaufbereitete<br />
Wertstoffe aus der Porenbetonproduktion oder durch sortenreines<br />
Recyclingmaterial.<br />
G2.2<br />
Der Herstellungsprozess ermöglicht die Produktion von bewehrten <strong>und</strong><br />
unbewehrten Bauteilen gleichermaßen. Für bewehrte Bauteile werden vor<br />
dem Gießen Bewehrungskörbe in die Formen eingebaut, die zuvor mit Korrosionsschutz<br />
behandelt wurden. Sobald die Masse ihr Endvolumen erreicht<br />
hat, wird die Form entfernt. Entstanden sind Rohblöcke, die zwischen 3 <strong>und</strong><br />
8 Metern lang <strong>und</strong> bei einer Breite von 50 bis 80 cm etwa 1,5 Meter hoch sind.<br />
Sie werden jetzt mithilfe fester Drähte in die gewünschten Formate mit Profilierungen<br />
<strong>und</strong> Grifftaschen geschnitten. Dies geschieht maschinell in einer<br />
automatischen Schneideanlage. Beim Schneiden anfallende Materialreste<br />
werden nach entsprechender Aufbereitung der Produktion <strong>und</strong> somit dem<br />
Stoffkreislauf wieder zugeführt.<br />
Anschließend erfolgt die Härtung des Materials in Dampfdruckkesseln, den<br />
sogenannten Autoklaven bei Temperaturen von 180 bis 200 °C <strong>und</strong> einem<br />
Sattdampfdruck von 10 bis 12 bar. Der Härtungsprozess ist nach etwa 10 bis 12<br />
St<strong>und</strong>en abgeschlossen.<br />
9
G<br />
Außenwand<br />
Entstanden ist ein massiver, homogener Vollstein mit den folgenden Produkteigenschaften:<br />
Porenbeton.<br />
Rohdichte<br />
Druckfestigkeit<br />
Biegezugfestigkeit<br />
Elastizitätsmodul<br />
0,3 bis 1,0 kg/dm³<br />
2,5 bis 10,0 N/mm²<br />
0,5 bis 2,0 N/mm²<br />
1.200 <strong>und</strong> 2.500 MN/m²<br />
Wärmeleitfähigkeit 0,08 bis 0,21 W/(m · K)<br />
Spezifische Wärmekapazität c<br />
Thermische Ausdehnung<br />
Ca. 1 kJ/kg · K<br />
Im Temperaturbereich von 20 bis<br />
100 °C ca. 0,008 mm/(m · K)<br />
Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl μ = 5 bis 10<br />
Wärmespeicherung 90 kJ/(m 2 · K)<br />
Tab. 1: Technische Eigenschaften von Porenbeton<br />
Tragfähigkeit.<br />
Trotz einer vergleichsweise niedrigen Rohdichte zwischen 0,30 <strong>und</strong> 1,00 kg/<br />
dm³<strong>und</strong> eines geringen Gewichts verfügt Porenbeton über eine hohe Druckfestigkeit<br />
von 2,5 bis 10,0 N/mm 3 mit entsprechender Tragfähigkeit. Bauteile<br />
aus Porenbeton können daher auch mit tragender Funktion für die Kon struktion<br />
von mehrgeschossigen Gebäuden eingesetzt werden. Ein normaler Porenbetonstein<br />
mit 25 kg Gewicht kann im Mauerwerk mit bis zu 12,5 Tonnen<br />
belastet werden.<br />
G2.2<br />
Abb. 1: Mauerwerksecke aus Porenbeton<br />
Verantwortlich für die Belastbarkeit von Porenbetonmauerwerk ist zum einen<br />
die homogene Materialstruktur, die eine vollflächige Kraftübertragung<br />
bewirkt. Zum anderen führt die Verarbeitung im Dünnbettmörtelverfahren<br />
zu geringen Fugendicken von nur 1 bis 3 mm <strong>und</strong> sorgt so ebenfalls für eine<br />
Steigerung der Druckfestigkeit. Die so weitgehend ohne Mörtelfuge ermöglichte<br />
Lastübertragung der einzelnen Elemente erlaubt eine in der DIN 1053-1<br />
dokumentierte höhere Druckspannung als für Mauerwerk mit Normalmörtel<br />
gleicher Steinfestigkeitsklassen: Beispielsweise sind die Gr<strong>und</strong>spannungen<br />
für die Steinfestigkeitsklasse 4 um 37 Prozent höher anzusetzen als für Mauerwerk<br />
mit Normalmörtel MG IIa. Bei der Steinfestigkeitsklasse 8 beträgt der<br />
Vorsprung sogar r<strong>und</strong> 50 Prozent.<br />
Wärmedämmung.<br />
Die vielen kleinen Luftporen sind verantwortlich für die Wärmedämmeigenschaften<br />
des Baustoffs. Sie sorgen für eine sehr niedrige Wärmeleitfähigkeit.<br />
Daher ist es je nach Konstruktion <strong>und</strong> Haustechnik möglich, mit Mauerwerk<br />
aus Porenbeton <strong>und</strong> ohne weitere Zusatzdämmungen die Vorgaben der aktuell<br />
gültigen Energieeinsparverordnung zu erfüllen. So entstehen einfache<br />
Massivkonstruktionen, die nur aus einem Baustoff bestehen <strong>und</strong> daher als monolithisch<br />
bezeichnet werden. Die Dämmwirkung von Porenbeton ist in alle<br />
Richtungen gleich groß.<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Außenwand<br />
G<br />
Die Industrie verfolgt derzeit Konzepte zur weiteren Senkung der Lambda-<br />
Werte bei gleichzeitigem Erhalt der hohen Tragfähigkeit. Mittlerweile sind<br />
im Markt Porenbeton-Plansteine der Steinfestigkeitsklasse 2 in Kombination<br />
mit einem Lambdawert von λ = 0,08 W/(m · K) verfügbar. Neue Entwicklungen<br />
bieten einen Lambdawert von 0,07 W/(m · K). Bei einer Wanddicke von 36,5 cm<br />
können damit einschalige Wandkonstruktionen gebaut werden, mit denen<br />
der Energiestandard KfW-Effizienzhaus 55 erreicht werden kann. Bei Wandstärken<br />
von 48 cm kann zum Teil ein passivhaustauglicher U-Wert der Außenwände<br />
von 0,14 W/(m 2 · K) erreicht werden.<br />
Brandschutz.<br />
Als rein mineralischer Baustoff bietet Porenbeton eine relativ hohe Sicherheit,<br />
da er nicht brennbar ist. Porenbeton gehört zur Baustoffklasse A1 <strong>und</strong> erfüllt<br />
die Anforderungen aller Feuerwiderstandsklassen von F30 bis F180. So erfüllt<br />
beispielsweise eine 7,5 cm dicke nicht tragende Wand die Anforderungen der<br />
Feuerwiderstandsklasse F90, eine mit 24 cm dicken Plansteinen der Festigkeitsklasse<br />
2 <strong>und</strong> der Rohdichteklasse 0,4 errichtete Wand die Anforderungen<br />
einer Brandwand.<br />
Schallschutz.<br />
Die Schallschutzeigenschaften des Porenbetons entstehen durch die Luftporen<br />
im Stein. Sie sorgen dafür, dass der Schall stärker gedämmt wird, als<br />
vom Gewicht her zu erwarten ist. Laut Messungen sind die Werte von Porenbetonwänden<br />
um ca. 2 bis 4 dB besser als bei gleich schweren Wänden aus<br />
vergleichbaren Baustoffen. Dieses günstige schalltechnische Verhalten ist im<br />
Beiblatt der DIN 4109, Ausgabe November 1989, dokumentiert.<br />
Einsatzbereiche.<br />
Porenbeton wird überwiegend im Neubau als massive Konstruktion der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
verwendet, vor allem für die Errichtung von Außenwänden im<br />
mehrgeschossigen Wohnungs- <strong>und</strong> Nichtwohnungsbau. Neben dem Neubau<br />
lassen sich Porenbeton-Bauelemente auch für die Erweiterung im Bestand<br />
einsetzen, wo sie durch ihr relativ geringes Gewicht beispielsweise für Dachaufbauten<br />
gut geeignet sind.<br />
G2.2<br />
Wichtiges Element für die technische Ausführung ist der Einsatz von industriell<br />
hergestellten Plansteinen aus Porenbeton, die durch relativ große Formate<br />
eine schnelle Errichtung der <strong>Gebäudehülle</strong> ermöglichen. Die hohe Maßhaltigkeit<br />
dieser Bauelemente erlaubt die Minimierung der Fugen bis auf ca. 1 mm:<br />
Das ermöglicht einen maschinellen Auftrag des Fugenmörtels <strong>und</strong> führt außerdem<br />
zu guten statischen Eigenschaften.<br />
Abb. 2: Maschinelles Auftragen des Fugenmörtels<br />
Porenbeton erfüllt neben statischen Funktionen auch die bauphysikalischen<br />
Anforderungen im Hochbau. Der Baustoff wird bei Einfamilienhäusern vor<br />
allem für Außenwände, aber auch für Decken <strong>und</strong> massive Dachsysteme<br />
eingesetzt. Zahlreiche Hersteller bieten komplette Rohbausysteme an, die<br />
Plansteine, Planelemente, Planbauplatten <strong>und</strong> geschosshohe Wandtafeln<br />
umfassen. Hinzu kommen Ergänzungsprodukte wie Passplatten, Fertigstürze,<br />
Rollladenkästen, Deckenrandsteine oder auch U-Schalen, die eine zusätzliche<br />
Bewehrung ermöglichen <strong>und</strong> als Ringanker eingesetzt werden. Die Kombination<br />
von Porenbetonmauerwerk mit Dach- <strong>und</strong> Deckenelementen aus Porenbeton<br />
ermöglicht homogene Konstruktionen aus einem Baustoff. Darauf abgestimmte<br />
Putze sowie Beschichtungen <strong>und</strong> Abdichtungsmaterialien können<br />
daher relativ einfach in einem System kombiniert werden.<br />
Abb. 3: Einbau von Plansteinen<br />
11
G<br />
Außenwand<br />
Verarbeitung.<br />
Abb. 4: Zuschneiden der Porenbetonsteine vor Ort<br />
Der Grobzuschnitt auf Platten- <strong>und</strong> Plansteinformat erfolgt bereits im Werk<br />
über Schneidedrahtanlagen. Durch das geringe Gewicht des Porenbetons, das<br />
je nach Produkt zwischen 7 <strong>und</strong> maximal 25 kg pro Stein beträgt, sowie durch<br />
ergonomische Erleichterungen wie z. B. seitliche Grifftaschen können die Steine<br />
relativ einfach von einer Person bewegt <strong>und</strong> verbaut werden. Für größere<br />
Plansteine mit Längen über 50 cm oder Planelemente mit teilweise einigen<br />
Metern Länge können zusätzliche Hilfsmittel wie kleine Kräne zur Verfügung<br />
gestellt werden, wodurch die Verarbeitung ergonomisch sicherer <strong>und</strong> auch<br />
darüber hinaus sehr rationell erfolgen kann.<br />
Porenbeton kann relativ leicht mit einem Fuchsschwanz oder einer Feile bearbeitet<br />
werden, sodass notwendige Anpassungen der Elemente wie Kürzen<br />
oder evtl. Aussparungen für Medienführung vor Ort durchgeführt werden<br />
können.<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen:<br />
Xella Deutschland GmbH<br />
Dieser Beitrag wird mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung der Xella GmbH veröffentlicht.<br />
ƒ www.xella.de<br />
G2.2<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Fenster <strong>und</strong> Verglasung<br />
G<br />
G2.3 Fenster <strong>und</strong> Verglasung.<br />
1<br />
Einführung.<br />
G<br />
G2.3<br />
1
G<br />
Fenster <strong>und</strong> Verglasung<br />
G2.3<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Fenster <strong>und</strong> Verglasung<br />
G<br />
1 Einführung.<br />
Bedeutung des Fensters.<br />
Fenster sind ein zentrales Merkmal in Gebäuden, da sie den Charakter eines<br />
Hauses maßgeblich prägen. Zudem spielen sie eine wichtige Rolle bei der<br />
thermischen Behaglichkeit <strong>und</strong> der energetischen Bilanz von Bauwerken.<br />
Fenster sind die Bauteile mit den höchsten Transmissionswärmeverlusten <strong>und</strong><br />
tragen gleichzeitig zum Wärmegewinn bei. Die menschlichen Bedürfnisse<br />
nach Belichtung, Sonnenwärme <strong>und</strong> Ausblick stehen daher auch im Zusammenhang<br />
mit den Themen „Wärmeverluste“ im Winter <strong>und</strong> „Überhitzung“<br />
im Sommer.<br />
Abb. 1: Wohnraum mit großer Fensterfront<br />
G2.3<br />
3
G<br />
Fenster <strong>und</strong> Verglasung<br />
Anforderungen.<br />
Wärmeschutz.<br />
Die Dämmeigenschaften eines Fensters werden durch den Wärmedurchgangswert<br />
U W<br />
(englisch: window) für das Gesamtfenster charakterisiert.<br />
Für diesen sind die Verglasung, der Randverb<strong>und</strong> der Verglasung sowie der<br />
Fensterrahmen in seiner Einbausituation verantwortlich. Die Angabe des sogenannten<br />
U g<br />
-Wertes (englisch: glass) bezieht sich demgegenüber nur auf die<br />
Verglasung <strong>und</strong> ist als Aussage für das Gesamtfenster nicht ausreichend. Der<br />
Rahmen wird durch den U f<br />
-Wert (englisch: frame) gekennzeichnet <strong>und</strong> ist<br />
insbesondere bei kleineren Formaten eine wichtige Größe. Die Mindestanforderungen<br />
an den Wärmeschutz für das Einzelbauteil Fenster sind in der Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV 2009) bestimmt <strong>und</strong> liegen bei einem U W<br />
-Wert<br />
von 1,30 W/(m 2 · K). Mittlerweile sind Fenster mit deutlich besseren U-Werten<br />
zu vergleichbaren Kosten auf dem Markt erhältlich. 3-Scheiben-Verglasungen<br />
mit optimiertem Randverb<strong>und</strong> <strong>und</strong> gedämmten Rahmen können U W<br />
-Werte<br />
von unter 0,8 W/(m 2 · K) erreichen.<br />
Nach EN 10077 gehen in die Berechnung des Fenster-U-Wertes (U w<br />
)<br />
folgende Faktoren ein:<br />
der Verglasungs-U-Wert (U g<br />
) <strong>und</strong> die Fläche der Verglasung (A g<br />
),<br />
der U-Wert des Rahmens (U f<br />
)<strong>und</strong> die Projektionsfläche des Rahmens<br />
(A f<br />
),<br />
der Wärmebrückenverlustkoeffizient am Glasrand (ψ g<br />
) – dieser wird<br />
wesentlich durch den Randverb<strong>und</strong> <strong>und</strong> die Länge (l g<br />
) des Glasrandes<br />
bestimmt,<br />
der Wärmebrückenverlustkoeffizient durch den Einbau des Fensters<br />
in der Außenwand (ψ Ein<br />
) <strong>und</strong> die Länge (l Ein<br />
) des Einbaurandes.<br />
U w<br />
=<br />
A g<br />
U g<br />
+ A f<br />
U f<br />
+ l g<br />
Ψ g<br />
(+ l Ein<br />
Ψ Ein<br />
)<br />
A g<br />
+ A f<br />
G2.3<br />
Fenster sind nicht nur für den Wärmeverlust verantwortlich, sondern tragen<br />
durch die Strahlungseinträge der Sonne auch zu den Wärmegewinnen bei.<br />
Entscheidende Größe ist der Energiedurchlassgrad (g-Wert) der Verglasung.<br />
Je höher dieser Wert ist, desto mehr Wärme kann in den Raum dahinter gelangen.<br />
Werte von 0,5 W/(m 2 · K) sind bei Fenstern mit sehr hohem Wärmeschutz<br />
möglich.<br />
In die Berechnung der solaren Gewinne (Q s<br />
) gehen folgende Faktoren<br />
ein:<br />
Q S<br />
= A W<br />
· g · G · r<br />
die Fensterfläche A w<br />
,<br />
der g-Wert der Verglasung,<br />
die Globalstrahlung G in Abhängigkeit von der Ausrichtung,<br />
der Reduktionsfaktor r (der u. a. Rahmenanteil <strong>und</strong> Verschattung<br />
berücksichtigt).<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
Fenster <strong>und</strong> Verglasung<br />
G<br />
Dichtheit.<br />
Die Dichtheit der Fenster hat eine hohe Bedeutung bei der Reduzierung von<br />
Wärmeverlusten. Fenster müssen r<strong>und</strong>um luftdicht eingebaut werden, was<br />
üblicherweise mittels Verklebungen ausgeführt wird. Der Klebegr<strong>und</strong> muss<br />
geeignet sein oder Unebenheiten müssen durch zugelassene pastöse Massen<br />
überbrückt werden. Ideal ist es, wenn die Klebebänder zusätzlich eingeputzt<br />
werden <strong>und</strong> eine dichtende Putzabschlussleiste an das Fenster herangeführt<br />
wird.<br />
Bei der Sanierung ist eine Aufarbeitung der alten Fenster mit Austausch der<br />
alten Verglasung eine mögliche Alternative zum kompletten Fensteraustausch.<br />
Die EnEV schreibt hier eine Isolierverglasung mit einem U g<br />
-Wert von<br />
1,1 W/(m 2 · K) vor, bzw. einen U W<br />
-Wert für das gesamte Fenster von 1,3 W/(m 2 · K).<br />
In der Regel müssen die Dichtungen zwischen Rahmen <strong>und</strong> Flügel nachgerüstet<br />
werden. Bei Kastendoppelfenstern werden nur die inneren Flügel mit<br />
Dichtungen versehen, um anfallendes Kondensat aus dem Zwischenraum<br />
abführen zu können. Werden mehr als ein Drittel der vorhandenen Fenster<br />
ausgetauscht, fordert die DIN 1946-6 seit 2009 die Erstellung eines Lüftungskonzepts,<br />
das die Anforderungen an den notwendigen Luftwechsel im Gebäude<br />
je nach vorgesehener Nutzung kalkuliert <strong>und</strong> die dafür notwendigen<br />
Maßnahmen untersucht.<br />
Abb. 2: Aufarbeiten alter Fenster<br />
Sonnenschutz.<br />
Bei direkter Sonneneinstrahlung bieten außen angebrachte Jalousien, Fensterläden<br />
oder Rollos einen sommerlichen Wärmeschutz. Sie halten Sonnenstrahlen<br />
ab, bevor sie den Raum aufheizen können. An größeren Fensterflächen<br />
nach Süden, Osten <strong>und</strong> Westen sowie an Dachfenstern können außen<br />
liegende Lamellen oder Jalousien, aber auch Sonnenschutzgläser sinnvoll<br />
sein, damit im Sommer die Räume nicht überhitzen. Innen liegender Sonnenschutz<br />
wie Vorhänge oder Innenjalousien vermindert die Aufheizung der<br />
Räume kaum.<br />
G2.3<br />
Abb. 3: Sommerlicher Wärmeschutz durch Jalousien<br />
5
G<br />
Fenster <strong>und</strong> Verglasung<br />
Konstruktion: Glas <strong>und</strong> Rahmen.<br />
SGG PLANITHERM ® ONE<br />
Niedrig-emissive Gläser mit unsichtbarer<br />
mit unsichtbarer<br />
Wärmedämmbeschichtung aus Edelmetall<br />
Wärmedämmbeschichtung aus Edelmetall<br />
außen<br />
außen<br />
Edelgas*<br />
*<br />
innen<br />
innen<br />
Lichttransmission<br />
T L : 71%<br />
Solarfaktor<br />
g: 50 %<br />
Solarfaktor<br />
g: 50%<br />
+20°C<br />
°C<br />
Glas.<br />
Moderne Wärmeschutzverglasungen gibt es je nach Anforderung an die<br />
Dämmwirkung in unterschiedlichen Qualitäten. Sie bestehen aus mindestens<br />
zwei, bei einer besonders energiesparenden Ausführung aus drei Scheiben.<br />
Im Scheibenzwischenraum befinden sich Edelgase wie Argon, Krypton oder<br />
Xenon.<br />
Dieses Gaspolster sorgt für die Wärmeschutzwirkung. Zusätzlich können sehr<br />
dünne, kaum sichtbare Beschichtungen auf dem Glas den Effekt des Fensters<br />
als Wärmefalle verstärken: Strahlung kann dann nur in bestimmten Wellenlängen<br />
passieren. Licht kann hinein, die langwelligere Wärmestrahlung nicht<br />
hinaus.<br />
*U<br />
* U g -Wert: 1,0 W/m 2 K bei g<br />
-Wert: 1,0 W/m 2 · K bei Argonfüllung<br />
Niedrig-emissive Gläser mit unsichtbarer<br />
Wärmedämmbeschichtung aus Edelmetall<br />
+20°C°C<br />
Wichtig ist bei der Auswahl der Verglasung auch das Material der Abstandhalter<br />
des Glas-Randverb<strong>und</strong>s: Es sollte gering wärmeleitend sein. Der ψ-Wert<br />
für den Randverb<strong>und</strong> sollte bei einer 3-Scheiben-Verglasung ≤ 0,035 W/(m 2 · K)<br />
betragen.<br />
Rahmen.<br />
Die höchsten Wärmeverluste im Gesamtsystem Fenster treten am Rahmen<br />
auf. Daher sind Fenster mit speziell gedämmten Rahmen oder Rahmen<br />
mit Mehrkammerprofilen besonders energiesparend. Bei Holz- <strong>und</strong> Kunststoffrahmen<br />
ist der Energieverlust über das Material geringer als bei Metallrahmen.<br />
Zur Verbesserung der Wärmedämmeigenschaften des Rahmens<br />
sollte dieser mindestens 2 bis 3 cm überdämmt werden.<br />
Um den Energieverlust zwischen Glasscheibe <strong>und</strong> Rahmen zu verringern, werden<br />
die Glas-Abstandhalter im Glas-Randverb<strong>und</strong> aus wenig wärmeleitenden<br />
Kunststoffen hergestellt, die herkömmliche Abstandhalter aus Aluminium<br />
ersetzen <strong>und</strong> die Wärmeverluste in diesem Bereich deutlich reduzieren.<br />
U U g -Wert: 0,7 W/m 2 K mit Argon /<br />
g<br />
-Wert: 0,7 W/m 2 · K mit Argon<br />
0,5 W/m 0,5W/m 2 mit 2 Krypton mit Abbildungsverzeichnis.<br />
G2.3<br />
Lichttransmission<br />
T L<br />
: 71 %<br />
außen<br />
SGG PLANITHERM ® MAX mit unsichtbarer<br />
Wärmedämmbeschichtung + aus Edelmetall<br />
speziell +<br />
entfärbtes<br />
SGG DIAMANT ®<br />
innen<br />
Floatglas<br />
Lichttransmission<br />
innen<br />
außen<br />
T L<br />
: 74 %<br />
Lichttransmission<br />
Licht T L : 74% reflexion<br />
R L<br />
: 15 %<br />
Lichtreflexion<br />
R L : 15%<br />
Solarfaktor<br />
g: Solarfaktor 60 %<br />
g: 60%<br />
Klares Floatglas mit unsichtbarer<br />
Wärmedämmbeschichtung aus Edelmetall<br />
SGG PLANITHERM ® LUX mit unsichtbarer<br />
Wärmedämmbeschichtung<br />
+<br />
aus Edelmetall<br />
außen<br />
klares +<br />
innen<br />
Floatglas<br />
SGG PLANILUX ®<br />
Lichttransmission<br />
innen<br />
außen<br />
T L<br />
: 73 %<br />
Lichttransmission<br />
Licht T L : 73% reflexion<br />
R L<br />
: 17 %<br />
Lichtreflexion<br />
R L : 17%<br />
Solarfaktor<br />
g: 62 %<br />
Solarfaktor<br />
g: 62%<br />
Alle Abbildung Deutsche Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>) außer:<br />
Abb. 2: Chr. Sandig – Leipzig<br />
Abb. 4: Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH<br />
+20°C°C<br />
U U g -Wert: 0,7 W/m 2 K mit Argon /<br />
g<br />
-Wert: 0,7 W/m 2 · K mit Argon<br />
0,5W/m 2 mit Krypton<br />
0,5 W/m 2 mit Krypton<br />
Abb. 4: Beispiele für 2- <strong>und</strong> 3-Scheiben-Wärmeschutzverglasung<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Konstruktion.
G3<br />
Innendämmung.<br />
G<br />
G3 Innendämmung.<br />
G3.1 Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung.<br />
G3.1<br />
G3.2 Technische Regelwerke.<br />
G3.2<br />
G3.2 Materialien in der Innendämmung.<br />
G3.3
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
G3.1 Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>und</strong> Forschung.<br />
1<br />
2<br />
Innendämmung massiver Außenwände.<br />
Autor:<br />
Robert Borsch-Laaks<br />
Innendämmung in der Praxis.<br />
Autor:<br />
Robert Borsch-Laaks<br />
G<br />
G3.1<br />
1
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G3.1<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
1 Innendämmung massiver<br />
Außenwände.<br />
Autor:<br />
Robert Borsch-Laaks<br />
Erkenntnisse aus der Bauforschung <strong>und</strong> Erfahrungen aus der<br />
Gutachterpraxis.<br />
Richtig ausgeführte Innendämmungen haben sich seit Jahrzehnten in der<br />
Praxis bewährt. Dennoch gilt die innenseitige Anbringung von Außenwanddämmungen<br />
vielen Planern <strong>und</strong> Handwerkern nach wie vor als äußerst riskante<br />
Sanierungsmaßnahme. Die Gefahr einer „Verlagerung des Taupunktes<br />
in die Wand“ löst Ängste vor Bauschäden aus, die sich unkontrollierbar in unzugänglichen<br />
Bereichen des Wandquerschnitts einstellen könnten. Genährt<br />
werden solche Befürchtungen durch Dampfdiffusionsberechnungen nach<br />
dem sogenannten Glaser-Verfahren aus den 1950er Jahren, das in der DIN<br />
4108-3 im Jahr 1981 genormt wurde.<br />
Moderne feuchtetechnische Nachweismethoden mittels hygrothermischer<br />
Simulation können die dominierenden Feuchtetransportprozesse in massiven<br />
Wänden (Sorption <strong>und</strong> Kapillarleitung) besser beurteilen <strong>und</strong> z. B. auch den<br />
Einfluss von Innendämmungen auf die Abtrocknung der Schlagregenbelastung<br />
erfassen. Nicht berechenbar sind Befeuchtungsrisiken durch Hinterströmungen<br />
der Dämmschicht mit feuchter Raumluft. Diese Problematik sollte<br />
deshalb bereits durch eine vorausschauende Planung vermieden werden.<br />
Feuchtebelastungen für eine Außenwand.<br />
Die größte Feuchteaufnahme hat ein historisches Mauerwerk vermutlich in<br />
der Bauphase erfahren: Bis zu 30 Liter pro m 2 Wandfläche sind i. d. R. durch<br />
Mörtel <strong>und</strong> Putz in der Wand verbaut worden (s. Abb. 1). Die Abtrocknung dieser<br />
Baufeuchte konnte Jahre dauern. Die heute noch vorhandene Bausubstanz<br />
früherer Jahrh<strong>und</strong>erte bezeugt jedoch, in welch hohem Maß Massivwände<br />
Wasser speichern können, ohne dabei Schaden zu nehmen.<br />
Der w-Wert:<br />
Kurzbezeichnung für den<br />
Wasseraufnahmekoeffizienten.<br />
Mit dieser Kenngröße wird<br />
der flächenbezogene zeitliche<br />
Verlauf der kapillaren Wasseraufnahme<br />
eines porösen Materials<br />
beschrieben. Der w-Wert gibt an,<br />
wie viel Liter Wasser durch 1 m 2<br />
Saugfläche hindurch in einer St<strong>und</strong>e<br />
eingesaugt werden. Damit wird<br />
die Fähigkeit eines Baustoffs beschrieben,<br />
Wasser kapillar zu transportieren.<br />
Anders ausgedrückt ist<br />
der w-Wert ein Maß für die kapillare<br />
Förderleistung. Die Prüfung erfolgt<br />
nach dem in DIN 52617 festgelegten<br />
Verfahren.<br />
Quelle: Materialprüfungsanstalt<br />
Bremen.<br />
G3.1<br />
Unter den periodisch wiederkehrenden Feuchtequellen birgt der Schlagregen<br />
das größte Belastungspotenzial: Bis zu 4 Liter pro m 2 <strong>und</strong> Tag können auch<br />
in ein intaktes Mauerwerk eindringen. Um dies auf ein verträgliches Maß zu<br />
reduzieren, helfen erfahrungsgemäß wasserhemmende oder wasserabweisende<br />
Außenputze oder, bei Sichtmauerwerk, wenig saugfähige Mauerziegel<br />
sowie ein intakter Fugenmörtel bzw. die zweischalige Ausführung des Mauerwerks.<br />
Während die o. g. Feuchtequellen die Bausubstanz in der Bauphase oder periodisch<br />
mit flüssigen Wassermengen im Bereich einiger Liter belasten, liegen<br />
mögliche Auffeuchtungen durch Wasserdampf von innen hingegen nur in<br />
der Größenordnung von Millilitern pro Tag – selbst dann, wenn gegen Sorption<br />
oder Diffusion keine Dampfbremse eingesetzt wird.<br />
Um eine bauphysikalisch angemessene Vorstellung von Feuchtemengen zu<br />
bekommen, hilft auch folgender Vergleich: Wenn ein Liter flüssiges Wasser<br />
verdunstet, entstehen 1.700 Liter gasförmiger Wasserdampf. Das heißt umgekehrt,<br />
dass der H 2<br />
O-Gehalt im Dampf so gering konzentriert ist, dass auch bei<br />
Unterschreitung des Taupunktes die Ansammlung von flüssigem Wasser in<br />
der Wand äußerst begrenzt ist.<br />
Neubaufeuchte:<br />
12 – 24 l/m 2 bei kleinsteiniger Mauer<br />
2 – 4 l/m 2 pro Putzschicht<br />
Schlagregen:<br />
4 l/m 2 d unverputzt<br />
3 l/m 2 d Kalkputz<br />
1 – 2 l/m 2 d Kalk-Zement-Putz<br />
Beim Kochen:<br />
15 ml/m 2 d<br />
Tauwasser:<br />
55 ml/m 2 d bei –10 °C<br />
16 ml/m 2 d bei 5 °C<br />
Abb. 1: Feuchteaufnahme von Massivmauerwerk<br />
3
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Innendämmung in der Norm.<br />
Normen sind nicht die einzige <strong>und</strong> oft auch nicht die aktuellste Definition der<br />
technischen Entwicklung. Sie beruhen immer auf einem gewissen Niveau<br />
praktischer Erfahrungswerte <strong>und</strong> erprobter Ausführungsmöglichkeiten.<br />
Das gilt ganz besonders für die DIN 4108-3, in der das bekannte Glaser-Verfahren<br />
mit speziellen Randbedingungen festgeschrieben wurde. Das sogenannte<br />
Blockklima der DIN 4108-3 mit seinen zwei statischen Klimaperioden<br />
für „Winter“ <strong>und</strong> „Sommer“ ist dabei genauer als sein Ruf: Die Jahresbilanz<br />
der Diffusionsströme kommt den Ergebnissen, die man auch mit modernen<br />
dynamischen Berechnungsverfahren ermittelt, sehr nahe (vgl.„Zitate aus der<br />
Bauforschung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, Holzkirchen“ [9]).<br />
Das Normverfahren betrachtet jedoch ausschließlich den Dampftransport:<br />
Die entscheidenden <strong>und</strong> quantitativ bedeutsameren Feuchtewanderungen in<br />
massiven Außenwänden sind jedoch flüssige Transportvorgänge durch Kapillarität<br />
<strong>und</strong> Sorption in hygroskopischen Mauerwerksbaustoffen. Dies zu ignorieren,<br />
kann zu krassen Fehlurteilen führen (vgl. „Zitate aus der Bauforschung<br />
des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik, Holzkirchen“ [7] s. o.).<br />
Die Fähigkeit zum flüssigen Wassertransport ist der Hauptgr<strong>und</strong> dafür,<br />
warum sich innengedämmte Massivwände in der Praxis weit „gutmütiger“<br />
verhalten, als die Berechnung nach dem Glaser-Verfahren befürchten lässt.<br />
Hygroskopische Putze <strong>und</strong> Mauerwerkstoffe nehmen das Kondensat an der<br />
Grenzschicht zum Dämmstoff auf <strong>und</strong> verteilen die Feuchtigkeit hin zur verdunstungsfähigen<br />
Außenoberfläche. Diese Erkenntnis gilt insbesondere für<br />
solche Innendämmungen, die gemäß Norm-Berechnung hohe Tauwassermassen<br />
aufweisen, also für diejenigen ohne innere Dampfbremse.<br />
G3.1<br />
Zitate aus der Bauforschung des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik,<br />
Holzkirchen.<br />
„Bei der Festlegung der Randbedingungen ging man damals (Ende der<br />
1970er, Anm. d. Red.) davon aus, dass völlige Tauwasserfreiheit nicht gefordert<br />
werden kann, sondern dass solche Tauwassermengen im Winter<br />
zulässig sind, die in der sommerlichen Trocknungsperiode sicher<br />
wieder abgegeben werden können <strong>und</strong> dass weder eine Schädigung<br />
der Konstruktion noch eine merkliche Minderung des Wärmeschutzes<br />
bewirkt werden. Von den damals zuständigen Prüfinstituten wurden<br />
die heute in DIN 4108-3 enthaltenen Randbedingungen festgelegt,<br />
die in einer harten 60-tägigen Winterperiode <strong>und</strong> einer ungünstigen<br />
90-tägigen Sommerperiode bestehen, um auf der ‚sicheren Seite‘ zu<br />
sein. Diese Randbedingungen wurden mehr oder weniger ‚gegriffen‘<br />
<strong>und</strong> wie sich nachträglich herausgestellt hat, nicht schlecht.“ [9]<br />
„Die auf dem bekannten Glaser-Verfahren beruhende Diffusionsberechnung<br />
mit speziell fixierten Randbedingungen für Tau- <strong>und</strong><br />
Verdunstungsperioden hat sich als einfaches Bewertungsverfahren<br />
praktisch durchaus bewährt, insbesondere bei Bauteilen <strong>und</strong> Baustoffkombinationen,<br />
bei denen Sorptions- <strong>und</strong> Kapillareffekte keine<br />
besondere Rolle spielen ... Zur Analyse bzw. Beurteilung tatsächlicher<br />
Feuchtetransportvorgänge unter natürlichen Randbedingungen darf<br />
diese Methode allerdings nicht herangezogen werden. Sie ist dafür<br />
auch nicht konzipiert worden. Wenn dies – aus Unwissenheit oder<br />
Missinterpretation – praktisch dennoch geschieht, ist mit Fehlanalysen<br />
zu rechnen.“ [7]<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
Sperrendes Mauerwerk.<br />
Schon in der ersten <strong>und</strong> bisher einzigen umfassenden Labor- <strong>und</strong> Felduntersuchung<br />
zur Innendämmung wurde die Sonderrolle von Betonaußenwänden<br />
deutlich [1]. Hierbei wurden 20 Wandaufbauten mit Innendämmung vom<br />
Forschungsinstitut für Wärmeschutz (FIW) in der Doppelklimakammer unter<br />
Randbedingungen der DIN 4108-3:1981 geprüft (Abb. 2).<br />
Die rechnerische Tauwassermenge (bis zu 3.200 g/m 2 ) ließ sich in der befürchteten<br />
Form nicht wiederfinden (s. o.). Lediglich bei diffusionsoffenen<br />
Innendämmungen vor Betonwänden war nach Öffnung der Konstruktion<br />
ein Feuchtefilm an der Oberfläche feststellbar. Dies ist nicht nur der Dampfdichtheit,<br />
sondern vor allem der nur geringen Saugfähigkeit des Materials<br />
geschuldet. Aus gleichem Gr<strong>und</strong> ist Vorsicht geboten, wenn alte Mauerwerkswände<br />
innenseitig mit Fliesen bekleidet oder mit wassersperrenden Ölfarben<br />
gestrichen wurden. Hierdurch wird die hygroskopische Wasseraufnahme <strong>und</strong><br />
-verteilung unterb<strong>und</strong>en.<br />
Abb. 2: Versuchswände bei der Untersuchung des<br />
Forschungsinstituts für Wärmeschutz, München.<br />
Labor- <strong>und</strong> Felduntersuchung des Forschungsinstituts für Wärmeschutz<br />
(FIW), München-Gräfelfing.<br />
„Mauerwerkskonstruktionen aus Gasbeton, Steinen aus haufwerkporigem<br />
Leichtbeton, Kalksandsteinen <strong>und</strong> Ziegeln mit diffusionsdurchlässigen<br />
Dämmstoffen wie Mineralfasern, auch ohne Dampfsperrschicht,<br />
sind gegenüber einer Durchfeuchtung im Winter unbedenklich.<br />
Die Wärmedämmung bleibt während der Tauperiode trocken. Die<br />
Zunahme des Wassergehalts des Mauerwerks liegt allerdings über<br />
dem Grenzwert von 1,0 kg/m 2 nach DIN 4108 Teil 3. Die erforderliche<br />
Austrocknung während der Verdunstungsperiode scheint gegeben zu<br />
sein ... Untersuchungen an ausgeführten Bauten bestätigen im bislang<br />
vorliegenden Rahmen die Labormessungen.“ [1]<br />
Entwicklung fortschrittlicher Rechenverfahren.<br />
G3.1<br />
Parallel zu den o. g. Laborversuchen des FIW legte Kurt Kießl mit seiner Dissertation<br />
ebenfalls bereits Mitte der 1980er Jahre den Gr<strong>und</strong>stein für die rechnerische<br />
Quantifizierung der komplexen <strong>und</strong> dynamischen Feuchtetransportvorgänge<br />
jenseits der Grenzen des Glaser-Verfahrens. Zwischenzeitlich wurden in<br />
Deutschland <strong>und</strong> anderen europäischen Ländern von der bauphysikalischen<br />
Forschung moderne Simulationsverfahren entwickelt <strong>und</strong> vielfach validiert,<br />
denen Folgendes gemeinsam ist:<br />
Die Berechnungen erfolgen instationär mit realen Klimadaten (i. d. R. St<strong>und</strong>enwerte),<br />
die auch die Schlagregen-Beanspruchung einschließen.<br />
Neben der Dampfdiffusion werden die Feuchtespeicherung <strong>und</strong> der flüssige<br />
Wassertransport durch Kapillar- <strong>und</strong> Sorptionsleitung berücksichtigt.<br />
Es können Temperatur- <strong>und</strong> Feuchteprofile des Wandquerschnitts zu beliebigen<br />
Zeitpunkten <strong>und</strong> über mehrjährige Zyklen ermittelt werden.<br />
Die Tauglichkeit einer Konstruktion kann direkt über die Verträglichkeit<br />
der sich einstellenden Feuchtegehalte mit den Eigenschaften des Materials<br />
bewertet werden.<br />
5
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Differenzierte Nachweisbefreiung: das WTA-Merkblatt 6-4:<br />
2009.<br />
Seit 2005 arbeitet die Arbeitsgruppe 6-12 „Innendämmung im Bestand“ der<br />
WTA (Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege e. V.) an der Erstellung vereinfachter Nachweisverfahren<br />
<strong>und</strong> der Zusammenfassung bewährter Praxisregeln. Im September<br />
2009 erschien das erste Merkblatt als Planungsleitfaden [15]. Auf Basis von<br />
umfangreichen Parameteranalysen durch das Fraunhofer-Institut für Bauphysik<br />
(IBP) in Holzkirchen <strong>und</strong> den Autor dieses Beitrags wurde mit dem hygrothermischen<br />
Simulationsprogramm* ein vereinfachter grafischer Nachweis<br />
definiert (s. Abb. 3 a).<br />
Abb. 1- 3 b<br />
Dieser grafische Nachweis fasst die drei entscheidenden Einflussfaktoren für<br />
das feuchtetechnische Verhalten einer Innendämmung zusammen:<br />
Wasserabweisend<br />
Wasserhemmend<br />
Wassersaugend<br />
Diffusionssperrwert (s d,i<br />
-Wert) der Innendämmung (Dämmstoff, Bekleidung<br />
<strong>und</strong> evtl. Dampfbremse),<br />
Saugfähigkeit des Untergr<strong>und</strong>s (Putz, Wandbaustoff <strong>und</strong> ggf. innere Beschichtung),<br />
Wärmedurchlasswiderstand des Dämmsystems bzw. dessen äquivalente<br />
Dämmdicke.<br />
Abb. 3: Minimal erforderlicher s d,i<br />
-Wert des neuen<br />
20 40 60 80 100 120 <br />
inneren Aufbaus (Dämmung plus Dampfbremse)<br />
Dämmdicke [mm] bei λ= 0,040 W/mK <br />
in Abhängigkeit von der wärmetechnischen Verbesserung<br />
ΔR bzw. der äquivalenten Dämmdicke<br />
für unterschiedlich kapillaraktive Untergründe.<br />
Die Angaben zu den Dämmdicken sind bezogen auf<br />
λD = 0,040 W/(m · K)<br />
a) Endfassung des Merkblattes 6-4:2009<br />
b) Entwurfsfassung des Merkblattes E 6-4:2008<br />
Werden die Grenzwerte <strong>und</strong> Randbedingungen der o. g. Grafik eingehalten,<br />
so ist sichergestellt, dass in den Materialporen an der Grenzschicht der<br />
Dämmung zur bestehenden Wand eine Luftfeuchte von 95 Prozent nicht<br />
überschritten wird (kein Tauwasserausfall!). Dieses Grenzkriterium kann außerdem<br />
gewährleisten, dass in der Wand keine Eisbildung auftritt, die evtl.<br />
nicht frostbeständige Innenputze schädigen könnte (vgl. [11], auch dann nicht,<br />
wenn das Unterbinden der Wärmezufuhr durch hohe Dämmdicken zu Frosttemperaturen<br />
an der alten Putzschicht führt.<br />
G3.1<br />
Randbedingungen kennen <strong>und</strong> beachten.<br />
Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Diagramms sind:<br />
Funktionstüchtiger Schlagregenschutz der Fassade.<br />
R-Wert ≥ 0,39 m 2 · K/W (entspricht ca. 24 cm Vollziegelmauerwerk).<br />
Innenklima mit normaler Feuchtelast gem. WTA-Merkblatt 6-2.<br />
Mittlere Jahrestemperatur des Außenklimas ≥ 7 °C.<br />
Maximale Verbesserung des Wärmedurchgangswiderstands<br />
ΔR ≤ 2,5 m 2 · K/W (kapillaraktiver Untergr<strong>und</strong>) bzw. ≤ 2,0 m 2 · K/W (nicht<br />
saugfähige oder unbekannte Untergründe).<br />
Unter diesen Randbedingungen sind Dämmdicken feuchtetechnisch nachweisfrei,<br />
die auch für die Einhaltung der EnEV wärmetechnisch ausreichend<br />
sind, wenn zumindest moderate, an die Untergr<strong>und</strong>eigenschaften angepasste<br />
Dampfbremswerte eingebaut werden.<br />
Bei Verwendung von feuchtevariablen Dampfbremsen wird im Textteil des<br />
WTA MB 6-4 auch bei nicht saugfähigem Untergr<strong>und</strong> eine Dämmung bis<br />
ΔR = 2,5 m 2 · K/W (100 mm WLF 040) ohne hygrothermischen Nachweis freigegeben.<br />
In der Entwurfsfassung sah die Grafik noch etwas anders aus (Abb.<br />
3b). Zum einen reichte der zulässige Dämmbereich 20 mm weiter bis hin zu<br />
120 mm, <strong>und</strong> zum anderen lagen die erforderlichen Dampfbremswerte niedriger.<br />
Dies hatte seinen Gr<strong>und</strong> vor allem darin, dass hierfür ein Mindestwärmewiderstand<br />
der alten Wand von R = 0,55 m 2 · K/W als Randbedingung galt.<br />
Bessere Bestandsdämmung führt zu einer höheren Wintertemperatur an der<br />
* Simulationsprogramm WUFI ® des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP)<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
Grenzschicht der bestehenden Wand zur Innendämmung <strong>und</strong> damit zu einer<br />
geringeren Feuchteerhöhung an dieser Stelle.<br />
Die Grafik 3 b kann als eine bauphysikalisch abgesicherte Empfehlung für<br />
Wände herangezogen werden, die einen entsprechend höheren vorhandenen<br />
Wärmeschutz aufweisen. Dazu zählen u. U. auch dicke Vollziegelmauerwerke<br />
von Gründerzeithäusern.<br />
Exkurs: der ewige Kampf gegen das Wasser.<br />
Die Vermeidung feuchter Wände war immer schon ein großes Thema der Bauphysik,<br />
auch als man diese Disziplin noch nicht so nannte. Als Maßnahme gegen<br />
starke Schlagregenbelastungen haben sich am besten Vorhangfassaden<br />
<strong>und</strong> zweischaliges Mauerwerk bewährt. Sollte nur der Außenputz verhindern,<br />
dass der windgetriebene Regen die Wand durchfeuchtet, musste man sich früher<br />
weitgehend auf das handwerkliche Geschick <strong>und</strong> die Geheimrezepturen<br />
der alten Baumeister verlassen. Erst als im Zuge der Industrialisierung wasserhemmende<br />
Putzbestandteile, vor allem Zement, erschwinglich wurden, konnten<br />
die Eigenschaften der Putze deutlich verbessert werden.<br />
Eine wirklich planbare Lösung brachte jedoch erst die Entwicklung der Werktrockenmörtel<br />
in den 1960er Jahren. Putze mit definierten Zusammensetzungen<br />
<strong>und</strong> Eigenschaften sind heute selbstverständlich <strong>und</strong> durch intensive<br />
Forschung <strong>und</strong> Entwicklung zuverlässige Garanten für den Regenschutz.<br />
Seit nunmehr 30 Jahren sind die Anforderungen an die Wasseraufnahmekoeffizienten<br />
(w-Werte) in der DIN 4108 Teil 3 klar geregelt. Tabelle 1 zeigt die<br />
bewährten Anforderungen in Abhängigkeit von den drei Schlagregen-Beanspruchungsgruppen<br />
(s. Abb. 4, Schlagregenkarte).<br />
Abb. 4: Schlagregen-Beanspruchungsgruppen nach<br />
DIN 4108-3: 2001<br />
Anforderungen an die feuchtetechnischen Eigenschaften von Außenputzen.<br />
G3.1<br />
Art des Außenputzes Wasseraufnahme-Koeffizient (w) s d<br />
-Wert [m] w * s d<br />
Geeignet für<br />
Beliebig Keine Anforderung Keine Anforderung Keine Anforderung SRG I<br />
Wasserhemmend ≤ 2,0 [kg/m2√h] Keine Anforderung Keine Anforderung SRG II<br />
Wasserabweisend ≤ 0,5 [kg/m2√h] ≤ 2 m 0,2 *) [kg/m√h] SRG III<br />
Tab. 1: Schlagregensbeanspruchungsgruppen nach DIN 4108-3 [12]. * Empfehlung IBP: 0,1 kg/m√h<br />
Einfluss des Schlagregenschutzes auf die Zulässigkeit von Innendämmungen.<br />
Nach Anbringen einer Innendämmung reagiert die alte Wand prinzipiell<br />
empfindlicher auf einen äußeren Feuchteeintrag, da sich der innere Heizbeitrag<br />
zur Abtrocknung von Regenfeuchte durch die Dämmung zwangsläufig<br />
verringert. Wie viel das ausmacht <strong>und</strong> welche Gegenmaßnahmen ergriffen<br />
werden müssen, ist häufig Gegenstand von Spekulationen bis hin zur Vermutung,<br />
dass dies das Ausschlusskriterium für die Innendämmung sei.<br />
Um den Einfluss der Schlagregenbelastung auf innen gedämmte Konstruktionen<br />
zu quantifizieren, wurde vom Autor für die Arbeitsgruppe der WTA eine<br />
umfangreiche Parameterstudie* durchgeführt (nähere Informationen siehe<br />
„Zur Schadensanfälligkeit von Innendämmungen“ [2]).<br />
* Simulationsprogramm WUFI ®<br />
7
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Die Quintessenz hieraus lautet:<br />
Wenn die Normanforderungen an den Schlagregenschutz, die sich entsprechend<br />
dem Standort ergeben, von der Bestandswand eingehalten<br />
werden, dann bestehen für alle Fassadenorientierungen, die keine Wetterseite<br />
sind, keine Probleme durch die Innendämmungen.<br />
Auch bei Wetterseiten in Regionen der Beanspruchungsgruppe II können<br />
die seit Langem üblichen wasserhemmenden Putze den Regeneintrag<br />
so weit begrenzen, dass der verminderte innere Trocknungsantrieb infolge<br />
der Innendämmungen praktisch nicht ins Gewicht fällt.<br />
In dieser überwiegenden Zahl der Fälle bewegt sich der Feuchtegehalt des<br />
Mauerwerks in der Bandbreite dessen, was auch bei ungedämmten Gebäuden<br />
Praxis ist.<br />
Anforderungen an Wetterseiten in Gruppe III.<br />
An exponierten Standorten mit hoher Regenmenge kann es an Wetterseiten,<br />
die nur verputzt sind <strong>und</strong> keinen zusätzlichen konstruktiven Regenschutz aufweisen,<br />
kritisch werden. Bei den gegenwärtigen Anforderungen an den Mindest-w-Wert<br />
(0,5 kg/m 2 √ h bei SRG III) ist die Beheizung der Innenseite der Außenwand<br />
durch die Raumwärme u. U. nicht ausreichend für die Abtrocknung.<br />
Das WTA-Merkblatt 6-4 fasst die Erkenntnis der Studie wie folgt zusammen:<br />
G3.1<br />
Abb. 5: Empfohlener Diffusionswiderstand der<br />
raumseitig angeordneten Dämmschicht (inkl.<br />
Bekleidung) bei Fachwerkinnendämmung in<br />
Abhängigkeit von deren R-Wert.<br />
„Bei einschaligen Konstruktionen gilt, dass für besonders schlagregenbeanspruchte<br />
Fassaden (in Deutschland häufig nach Westen orientiert)<br />
in Regionen der Schlagregenbeanspruchungsgruppe III eine Begrenzung<br />
der Wasseraufnahme auf einen w-Wert von ≤ 0,5 kg/m 2 √h nicht<br />
immer ausreicht. Durch Beschichtungssysteme lässt sich ein w-Wert von<br />
≤ 0,1 kg/m 2 √ h der Fassadenoberfläche <strong>und</strong> damit eine ausreichend geringe<br />
Wasseraufnahme erzielen. Im Zweifel ist ein vollständiger Nachweis<br />
nach 7.2.1 (hygrothermische Simulation, d. A.) zu führen.“<br />
Diese Empfehlungen decken sich mit neueren Untersuchungen des IBP Holzkirchen,<br />
die eine Absenkung der alten w-Wert-Grenze der DIN 4108-3:1981<br />
auf 0,2 (statt 0,5) kg/m 2 √ h fordern (vgl. [12]). Solche Werte sind im Übrigen bei<br />
heutigen wasserabweisenden Putzsystemen Stand der produzierten Wirklichkeit<br />
am Markt.<br />
An einem Fallbeispiel werden wir im Teil 2 die praktischen Konsequenzen dieser<br />
Erkenntnis erläutern.<br />
Probleme, die sich nicht berechnen lassen.<br />
Jenseits der Möglichkeiten auch moderner Software gibt es zusätzliche<br />
Feuchtebelastungen für die alte Außenwand, die von keinem Berechnungsverfahren<br />
erfasst werden können. Dazu zählt in erster Linie die Aufnahme von<br />
Schlagregenfeuchte von steinsichtigen Fassaden <strong>und</strong> von Sichtfachwerken.<br />
Abb. 6: Innendämmung mit Mehrschichtleichtbauplatten<br />
(mit Polystyrol-Zwischenlage) vor<br />
westorientiertem Bruchsteinmauerwerk. Feuchteschäden<br />
durch Schlagregendurchtritt.<br />
Wassereintritt über Fugen von Ausfachungen oder Verklinkerungen entzieht<br />
sich sowohl in der Menge als auch in der Eindringtiefe der Berechenbarkeit.<br />
Bauphysikalische Nachweisrechnungen können in solchen Fällen nur dann<br />
erfolgen, wenn spezialisierte Sachverständige den Schlagregenschutz der<br />
betreffenden Fassade vor Ort begutachten <strong>und</strong> ihm eine dem Standort angemessene<br />
Qualität bescheinigen.<br />
Einig sind sich die Forscher darin, dass bei Fachwerkkonstruktionen der innere<br />
s d<br />
-Wert auch nach oben hin begrenzt werden sollte: Die Neufassung der<br />
DIN 4108-3 <strong>und</strong> das WTA-Merkblatt zur Fachwerksanierung [14] geben hierfür<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
eine Obergrenze von s d<br />
= 2 m an. Dies soll helfen, die im Bereich der Fugen tief<br />
eingedrungene Regenfeuchte auch nach innen hin austrocknen zu können.<br />
Das Diagramm in Abbildung 5 zeigt für Dämmdicken bis zu 100 mm den Gestaltungsspielraum<br />
für die bauphysikalische Planung.<br />
Voraussetzung für die Anwendung dieser Dimensionierungsregel ist allerdings,<br />
dass die bewährten Praxisregeln der Fachwerksanierung eingehalten<br />
werden:<br />
1. Sichtfachwerk sollte nur dort gezeigt werden, wo geringe Schlagregenbeanspruchungen<br />
(≤ 140 l/m 2 · a) gegeben sind.<br />
2. Ein durchgehender, Wind dichtender Innenputz muss den Schlagregendurchtritt<br />
bis auf die Innenseite verhindern (vgl. [9]).<br />
Bei problembewusster Planung können auch Innendämmungen beim Fachwerkhaus<br />
mit hohen Dämmstärken umgesetzt werden, wie Langzeitmessungen<br />
an Fallbeispielen zeigen, die beim 3. int. Holz[Bau]Physik-Kongress in<br />
Leipzig 2012 vorgestellt wurden (s. [3]).<br />
Nasse Innendämmung bei Sichtmauerwerk.<br />
Ein Negativbeispiel, das in [2] dokumentiert wurde, mag illustrieren, was geschehen<br />
kann, wenn die obigen Praxisregeln nicht beachtet werden:<br />
Im Zuge von Sanierung <strong>und</strong> Ausbau eines landwirtschaftlichen Gebäudes in<br />
Beanspruchungsgruppe III wurde eine nach Westen orientierte Fassade freigelegt<br />
<strong>und</strong> das Natursteinmauerwerk sorgfältig verfugt <strong>und</strong> hydrophobiert.<br />
Die Innenseite erhielt eine Dämmung aus Holzwolle-Leichtbauplatten mit<br />
Polystyrol-Zwischenlage. Schon bald zeigten sich Ausblühungen durch Befeuchtung.<br />
Ein Diffusionsproblem durch fehlende Dampfbremse?<br />
Die Abnahme der schadhaften Innenschale zeigt die wahre Ursache. Das auch<br />
innen unverputzte Mauerwerk zeigt Fehlstellen, durch die Regen bei Winddruck<br />
bis auf die Innenseite transportiert wurde.<br />
G3.1<br />
Fazit: Auch exponierte steinsichtige Fassaden sollten – ähnlich wie Fachwerkkonstruktionen<br />
– einen äußeren Wetterschutz erhalten. Dieser war beim<br />
untersuchten Objekt in Form einer Vorhangfassade vor der Sanierung auch<br />
vorhanden.<br />
Bei geringerer Schlagregenbeanspruchung kann auch ein durchgehender<br />
Innenputz das Schadensrisiko begrenzen. Dieser reduziert die Gefahr, dass<br />
Wind den Regen tief in die Konstruktion hinein treiben kann, <strong>und</strong> dient zusätzlich<br />
als Feuchtepuffer. Ob dies im Einzelfall ausreichende Sicherheit bietet,<br />
ist durch eine sachverständige Vor-Ort-Begutachtung des Schlagregenschutzes<br />
der Fassade zu prüfen.<br />
Abb. 7: Eine falsche Empfehlung zur Innendämmung<br />
in einem alten Fachbuch: Steife Dämmplatten<br />
vor unverputztem Mauerwerk angebracht mit<br />
Mörtelbatzentechnik.<br />
Dampfkonvektion. Auch ein Problem der Innendämmung?<br />
In der Bauphysik ist heute allgemeiner Konsens, dass von den dampfförmigen<br />
Feuchtetransportprozessen derjenige per Luftströmung (Dampfkonvektion)<br />
in jeder Hinsicht kritischer ist als der durch Diffusion. Hat diese Erkenntnis<br />
aus dem Bereich der Leichtbaukonstruktionen auch zur Frage der massiven<br />
Außenwände Erhellendes beizutragen? Wo soll bei einer verputzen Wand Luft<br />
strömen können?<br />
Nicht nur bei Heimwerkern ist die Montage von Verb<strong>und</strong>platten, die mit punktuellen<br />
Mörtelbatzen an die Wand gesetzt werden, eine weit verbreitete, wenn<br />
nicht gar die häufigste Form der Innendämmung (vgl. Abb. 7). Hierbei entstehen<br />
zwangsläufig Hohlräume zwischen der Dämmschicht <strong>und</strong> der bestehen-<br />
Abb. 8: Luftströmungspfade bei Innendämmungen<br />
mit Hohlräumen zwischen Dämmschicht <strong>und</strong> alter<br />
Wand.<br />
Links: Hinterströmung<br />
Rechts: Durchströmung<br />
9
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
den Wand, die von Luft durchströmt werden können. Gleiches gilt, wenn mit<br />
steifen Dämmplatten vor unebenem Mauerwerk gedämmt wird (vgl. Abb. 8).<br />
Die Luft auf der kalten Seite der Dämmung ist spezifisch schwerer <strong>und</strong> wird<br />
stets versuchen, über Undichtheiten an den Fußleisten oder Steckdosenauslässen<br />
in den Raum einzuströmen. Findet im Gegenzug die feuchtwarme Raumluft<br />
im oberen Bereich der Wand Eintrittsmöglichkeiten in den Hohlraum, so<br />
entsteht eine Hinterströmung der Dämmschicht, für die es keine Undichtheit<br />
nach außen hin braucht. Diese Luftwalze bewegt sich so langsam, dass dies<br />
nicht als Zugerscheinung spürbar ist. Sie läuft aber so kontinuierlich, dass der<br />
Transport <strong>und</strong> ggf. sogar die Kondensation der eingetragenen Luftfeuchtemengen<br />
stattfinden können.<br />
Schon [7] hatte darauf hingewiesen, dass die hierdurch eingetragenen Feuchtemengen<br />
i. d. R. größer sind als die Diffusion. Es ist jedoch unwahrscheinlich,<br />
dass über diesen Transportweg Feuchteanreicherungen entstehen können,<br />
die das Mauerwerk schädigen könnten oder nicht sorptionsfähige Dämmstoffe<br />
beeinträchtigen. Die quantitative Bedeutung dieses Transportweges ist<br />
noch unzureichend erforscht. Sicher ist allerdings, dass im Hohlraum Klimabedingungen<br />
entstehen können, die für die Bildung von Schimmelpilz auf der<br />
bestehenden Wand günstig sind.<br />
Ein lehrreicher Schadensfall.<br />
Die Folgen von konvektivem Dampftransport zwischen einer Innendämmung<br />
<strong>und</strong> einer alten, innen verputzten Ziegelwand zeigt Abbildung 6. Die im Rahmen<br />
von Umbaumaßnahmen abgenommenen Verb<strong>und</strong>platten hinterlassen<br />
klar erkennbar die Umrisse der Mörtelbatzen. An zwei Stellen hat sich auf dem<br />
Innenputz Schimmel gebildet:<br />
G3.1<br />
unter dem Anschluss einer <strong>und</strong>icht eingebauten inneren Fensterbank,<br />
in der Nähe eines Deckenbalkens, der im Mauerwerk aufliegt.<br />
An beiden Stellen dürfte die Kombination von Hinterströmung <strong>und</strong> Durchströmung<br />
die Ursache gewesen sein. Steinsichtiges Ziegelmauerwerk ist nicht<br />
luftdicht, <strong>und</strong> der Fensteranschluss mit Montageschaum wird den Anforderungen<br />
ebenfalls nicht gerecht. Die raumseitig teilweise nicht bekleideten<br />
Deckenbalken durchstoßen die Luftdichtheitsschicht (= Innenputz) <strong>und</strong> hinterlassen<br />
eine potenziell <strong>und</strong>ichte Anschlussfuge.<br />
Durchdringungen von Deckenbalken <strong>und</strong> <strong>und</strong>ichte Fensteranschlüsse führen<br />
im unsanierten Altbau zwar zu einem ungemütlichen, da oft zugigen Raumklima,<br />
aber im Allgemeinen nicht zu konvektiven Feuchteschäden. Die Luft<br />
strömt entlang der Balken/Rahmen so schnell nach außen <strong>und</strong> die Strömungswege<br />
sind so kurz, dass es meist nicht zur Unterschreitung der Taupunkttemperatur<br />
kommt.<br />
Abb. 9: Geöffnete Innendämmung mit EPS-<br />
Verb<strong>und</strong> platten (a), Schimmelbildung durch<br />
Luftströmung in der Nähe eines Deckenbalkens (b)<br />
<strong>und</strong> durch Hinterströmung an einer Holzfensterbank<br />
(c).<br />
Anders werden die Verhältnisse dann, wenn eine innenseitige Dämmung<br />
angebracht wird. Sollten sich bei der Dämm-Maßnahme Hohlräume auf der<br />
kalten Seite bilden <strong>und</strong> ist die innere Bekleidung nicht luftdicht ausgeführt,<br />
können sich für die Luft lange Strömungspfade zu den Leckagen an den<br />
Durchdringungen der alten Wand ergeben. Je länger die Verweildauer ist <strong>und</strong><br />
je geringer die Strömungsgeschwindigkeiten im Hohlraum sind, desto größer<br />
wird die Gefahr der intensiven Befeuchtung. Ein Schimmelrisiko entsteht insbesondere<br />
dort, wo die Luft an der kalten Außenwand entlangstreicht.<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
Fazit: Bei Innendämmungen vor Außenbauteilen, deren Luftdichtheit nicht<br />
gesichert ist, sind eine hohlraumfreie Verarbeitung der Dämmung <strong>und</strong> eine<br />
sorgfältige Luftdichtung notwendig.<br />
Innendämmungen mit größeren zusammenhängenden Hohlräumen auf ihrer<br />
kalten Seite können auch hinterströmt werden, wenn die Außenwände als<br />
solche luftdicht sind (Abb. 8). Da die Antriebskräfte (Druckdifferenzen) hierbei<br />
allerdings gering sind, reicht eine vollständige Verfüllung des Hohlraumes,<br />
um dieses Befeuchtungsrisiko zu minimieren, z. B. durch Einblasdämmung<br />
oder durch weiche Faserdämmplatten, die mit Übermaß eingebaut werden.<br />
Steife Dämmplatten müssen vollflächig, ggf. auf Ausgleichsputzen, verarbeitet<br />
werden.<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1] Achtziger, Joachim: Praktische Untersuchung der Tauwasserbildung im Innern<br />
von Bauteilen mit Innendämmung. In: wksb Sonderausgabe 1985<br />
[2] Borsch-Laaks, Robert: Zur Schadensanfälligkeit von Innendämmungen.<br />
In: Oswald, Rainer (Hrsg.): Aachener Bausachverständigentage 2010.<br />
Vieweg+Teubner Wiesbaden 2011.<br />
[3] Borsch-Laaks, Robert/Simons, Paul: „R<strong>und</strong>umerneuerung eines Fachwerkgebäudes“<br />
<strong>und</strong> „Wie dick darf die Dämmung sein“? In: Tagungsband zum 3.<br />
int. Holz[Bau]Physik-Kongress 8./9.3.2012 in Leipzig. (Eigenverlag) Aachen.<br />
(Bezug: www.holzbauphysik-kongress.eu)<br />
[4] Borsch-Laaks, Robert <strong>und</strong> Walther, Wilfried: Modul Innendämmung. In:<br />
Bauphysik- Module für Fachveranstaltungen zur energetischen Gebäudesanierung,<br />
Energieagentur NRW, Wuppertal 2004<br />
[5] Trocken <strong>und</strong> warm – Fachwerk mit Innendämmung. Condetti-Detail 22-04.<br />
In: HOLZBAU – die neue quadriga, Heft 2-2010 (Autoren:<br />
R. Borsch-Laaks, E. U. Köhnke, H. Schopbach, G. Wagner, H. Zeitter)<br />
G3.1<br />
[6] DIN 4108-3:2001 - Normenausschuss Bauwesen im DIN: Wärmeschutz <strong>und</strong><br />
Energie-Einsparung in Gebäuden. Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz,<br />
Beuth-Verlag Berlin 2001<br />
[7] Kießl, Kurt: Wärmeschutzmaßnahmen durch Innendämmung. Beurteilung<br />
<strong>und</strong> Anwendungsgrenzen aus feuchtetechnischer Sicht. In: wksb 31/1992<br />
[8] Künzel, Helmut: Kritische Betrachtungen zur Frage des Feuchtigkeitshaushalts<br />
von Außenwänden. In: Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur 1/2/1970<br />
[9] Künzel, Helmut: Bauphysik – Geschichte <strong>und</strong> Geschichten, IRB-Verlag Stuttgart<br />
2002<br />
[10] Künzel, Hartwig M.: Feuchteschutz von Fachwerkwänden, WTA-Schriftenreihe,<br />
Heft 16, München 1998<br />
[11] Künzel, Hartwig M., Binder, Andrea, Zirkelbach, Daniel: Bemessung von<br />
Innendämmung. In: Geburtig, Gerd (Hrsg.), Innendämmung im Bestand,<br />
Stuttgart 2010 (Fraunhofer IRB Verlag)<br />
[12] Künzel, Hartwig M., Fitz, Cornelia, Krus, Martin: Feuchteschutz verschiedener<br />
Fassadensysteme – Beanspruchungen, Systemanforderungen <strong>und</strong> Langzeitbeständigkeit.<br />
In: Venzmer (Hrsg.), Europäischer Sanierungskalender 2011,<br />
Berlin (Beuth-Verlag) 2010<br />
11
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
[13] Lochner, Dietmar <strong>und</strong> Ploss, Wolfgang: Wärme- <strong>und</strong> Schalldämmung im<br />
Innenausbau. Köln (Rudolf Müller Verlag) 1980<br />
[14] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerks erhaltung<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege e. V. - WTA (Hrsg.): WTA-Merkblatt 8-1-96/D. Bauphysikalische<br />
Anforderungen an Fachwerkfassaden<br />
[15] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerks erhaltung<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege e. V. - WTA (Hrsg.): WTA-Merkblatt 6-4-09. Innendämmung<br />
im Bestand – Planungsleitfaden. München 2009<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen Robert Borsch-Laaks außer:<br />
Abbildung 1: H. M. Künzel [8], EA NRW, Wuppertal<br />
Abbildung 2: J. Achtziger [1]<br />
Abbildung 4: condetti 2010-02 [5]<br />
Abbildung 5: H. M. Künzel [10]<br />
Abbildung 7: D. Locher, W. Ploss [13]<br />
Abbildung 8: R. Borsch-Laaks, W. Walther [4]<br />
Abbildung 9: W. Walther<br />
G3.1<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
2 Innendämmung<br />
in der Praxis.<br />
Autor:<br />
Robert Borsch-Laaks<br />
Erfahrungen aus Langzeitfeuchtemessungen sowie bauphysikalischen<br />
Planungen <strong>und</strong> Nachweisen.<br />
Wie in „Innendämmung massiver Außenwände.“ dargestellt, fordern die<br />
bauphysikalischen Gesetzmäßigkeiten Innendämmungen, die hohlraumfrei<br />
verarbeitet werden <strong>und</strong> einen standortspezifischen, wirksamen Schlagregenschutz<br />
aufweisen. Die Luftdichtheit kann oft durch die vorhandene Massivwand<br />
<strong>und</strong> den Innen- oder auch den Außenputz hergestellt werden. Ist diese<br />
Art der Luftdichtheit nicht möglich oder nicht hinreichend gesichert, muss<br />
die innere Vorsatzschale nicht nur die Dämmung übernehmen, sondern auch<br />
die erforderliche Konvektionsdichtheit zur Vermeidung von Durchströmungen<br />
gewährleisten.<br />
Welche Rolle spielt bei diesen Aufbauten die Dampfbremse? Wie dick darf<br />
die Innendämmung sein? Die Ergebnisse aus Langzeituntersuchungen zum<br />
Feuchtegehalt <strong>und</strong> fortschrittliche bauphysikalische Planungsverfahren zeigen<br />
am Beispiel von Innendämmungen in Holz- bzw. Trockenbauweise Wege<br />
auf zu feuchtesicheren (s. u.) Lösungen für die Praxis.<br />
1988: Start eines einzigartigen Langzeitversuchs.<br />
Bereits in den 1980er Jahren gab es in Fachkreisen rege Diskussionen um die<br />
Anforderungen an Innendämmungen. Deshalb entschloss sich die Bauforschungsabteilung<br />
des Energie- <strong>und</strong> Umweltzentrums (e.u.[z.] in Springe), verschiedene<br />
Ausführungen unter Praxisbedingungen mit Langzeitmessungen<br />
zu evaluieren.<br />
Dabei wurden bewusst auch solche Innendämmungen in den Versuch mit<br />
aufgenommen, deren innerer s d<br />
-Wert noch deutlich unter den nach Norm<br />
0,5 m lag, die die also ohne Dampfbremse ausgeführt wurden. Es wurde<br />
überdies mit hohen Dämmstärken von 80, 120 <strong>und</strong> 200 mm experimentiert.<br />
Die Bestandswand aus den 1950er Jahren besteht aus einem ca. 30 cm starken<br />
Kalksandsteinmauerwerk <strong>und</strong> einer 12 cm starken Natursteinverblendung<br />
ohne Luftschicht.<br />
In einem gut 50 m 2 großen Raum wurden verschiedene Dämmstoffe mit <strong>und</strong><br />
ohne Dampfbremse als Innendämmungen ausgeführt (Abb. 1).<br />
Abb. 1: Anbringen der Dampfbremsen<br />
Messsonde zur<br />
elektrischen Holzfeuchtemessung<br />
G3.1<br />
Das feuchtetechnische Verhalten der Konstruktion wurde über Messstellen<br />
zur elektrischen Holzfeuchtebestimmung untersucht. Die Sensoren befanden<br />
sich in der Unterkonstruktion an der Grenzschicht zwischen Innendämmung<br />
<strong>und</strong> Mauerwerk (Abb. 2).<br />
Abb. 2: Konstruktionsaufbau der untersuchten<br />
Innendämmung <strong>und</strong> Lage der Holzfeuchtemessstellen<br />
an der kalten Seite der Dämmebene.<br />
Die Wände waren allesamt nicht nennenswert mit Schlagregen beaufschlagt<br />
<strong>und</strong> erfuhren durch Orientierung <strong>und</strong> Beschattung nur eine geringe äußere<br />
solare Erwärmung der Oberfläche. D. h., die Konstruktionsaufbauten waren<br />
vor allem den Einflüssen von Diffusions- <strong>und</strong> Sorptionsprozessen unter realen<br />
Klimarandbedingungen ausgesetzt.<br />
Die Nutzung des Raumes (zuerst Seminarraum, später Büro <strong>und</strong> Café) ließ keine<br />
dauerhaft hohe interne Feuchtelast erwarten. Da das Energie- <strong>und</strong><br />
13
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Umweltzentrum am Rande eines feuchten Waldes liegt, war die sommerliche<br />
Verdunstung als eher gering einzuschätzen.<br />
Gleich am Anfang: hohe Einbaufeuchte.<br />
Besonderes Interesse galt am Anfang der Untersuchung der Austrocknung<br />
von Einbaufeuchte. Der größte Teil der ausgeführten Zellulosedämmung wurde<br />
im sog. Compact-Spray-On-Verfahren (CSO-Verfahren) appliziert: Hierbei<br />
wird der Dämmstoff beim Aufbringen mit Wasser besprüht, sodass die Klebekräfte<br />
des Altpapiers aktiviert werden (siehe Abb. 3 a).<br />
Abb. 3 a: Aufbringen von Zellulosedämmung in<br />
CSO-Anspritzverfahren.<br />
Der beim Ansprühen entstehende Überstand wird mit einer rotierenden Bürste<br />
abgenommen. (Abb. 3 b).<br />
Bei diesem Verfahren wird der Dämmstoff i. d. R. mit 40 bis 70 Masse-% Wassergehalt<br />
verarbeitet – dies entspricht bei der eingesetzten Regeldämmstärke<br />
von 80 mm ca. 1,5 bis 3 Liter Wasser pro m 2 .<br />
Die Konstruktion wurde bewusst schon kurz nach Fertigstellung der Dämmung<br />
im September 1988 geschlossen, ohne die übliche 3-wöchige Abtrocknungszeit<br />
abzuwarten. Es galt das Trocknungsverhalten zu untersuchen.<br />
Nach Anbringen der Verkleidung erreichten die Messstellen in der hölzernen<br />
Unterkonstruktion bald Werte um 25 Masse-% (Abb. 4).<br />
Eine Dampfbremse ist auch eine Trocknungsbremse.<br />
G3.1<br />
Abb. 3 b: Fertige Zellulosedämmung.<br />
In der Konstruktion ohne Dampfbremse trocknete die Einbaufeuchte noch in<br />
der folgenden Winterzeit zügig aus. Schon im März des darauffolgenden Jahres<br />
wurde der Holzfeuchtegrenzwert der DIN 68800 (20 Masse-%) unterschritten.<br />
Daraus lässt sich bereits schließen, dass der diffusionsoffene Aufbau auf<br />
lange Sicht einer Ausgleichsfeuchte in Holzunterkonstruktion <strong>und</strong> Dämmstoff<br />
entgegenstrebt, die im unkritischen Bereich liegen muss.<br />
Holzfeuchte [%]<br />
26<br />
24<br />
22<br />
20<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
Zellulose-Dämmstoff mit Dampfbremse<br />
Zellulose-Dämmstoff ohne Dampfbremse<br />
Mineralfaser ohne Dampfbremse<br />
Jul 88 Jan 89 Jul 89 Jan 90 Jul 90 Jan 91 Jul 91 Jan 92<br />
Abb. 4: Feuchteverlauf in drei beispielhaften Innendämmungen<br />
in den ersten vier Jahren.<br />
20<br />
Holzfeuchte<br />
19 [Masse-%]<br />
18<br />
17<br />
16<br />
15<br />
14<br />
13<br />
Zellulose-Dämmstoff mit Dampfbremse<br />
12<br />
Zellulose-Dämmstoff ohne Dampfbremse<br />
11<br />
Mineralfaser ohne Dampfbremse<br />
10<br />
Jul 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07<br />
Abb. 5: Kontrolle des Feuchtegehaltes 1992 bis 2007<br />
In der vergleichbaren Konstruktion mit Dampfbremse dauerte es bis zum darauffolgenden<br />
Hochsommer, ehe die 20-Prozent-Grenze erreicht wurde. Die<br />
Restfeuchte dieser Variante war auch nach Ende des Sommers noch so hoch,<br />
dass im nächsten Herbst die 20-Prozent-Marke noch einmal überschritten<br />
wurde.<br />
Auf lange Sicht verschwinden die Unterschiede aus der Anfangsphase zwischen<br />
den beiden Dämmvarianten. Kontrollmessungen der folgenden 14<br />
Jahre zeigen, dass die Konstruktion mit Dampfbremse auf Dauer ca. 2 Masse-%<br />
unter der diffusionsoffenen Variante liegt. Dies ist plausibel, da im Jahresmittel<br />
die absolute Luftfeuchte im Raum höher als außen ist <strong>und</strong> sich dies ohne<br />
innere Dampfbremse auch in einer höheren Porenluftfeuchte in der Messzone<br />
auswirken muss. Der Dämmstoff <strong>und</strong> das Messbrett reagieren hierauf naturgemäß<br />
mit einer erhöhten Ausgleichsfeuchte. Dieser Effekt kommt aber erst<br />
nach ca. zwei Jahren zum Tragen. So lange dauert es, bis die Einbaufeuchte in<br />
der Konstruktion mit Dampfbremse weitgehend abgeklungen ist.<br />
Langzeitvergleich <strong>und</strong> Öffnung nach 18 Jahren.<br />
Beide Feuchtekurven liegen aber auch in der Zeit danach im Langzeitvergleich<br />
(vgl. Abb. 5) nahe beieinander <strong>und</strong> zu allen Zeitpunkten deutlich unter<br />
kritischen Werten. Einen ähnlichen Verlauf zeigt die Variante mit Mineralfaserdämmung,<br />
ebenfalls ohne Dampfbremse: Ohne die Beaufschlagung durch<br />
Einbaufeuchte pendelt hier die Holzfeuchte von Anfang an um einen Mittelwert<br />
von ca. 15 Masse-%.<br />
14<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
Im Rahmen des öffentlichen A plus -Baulabors des e.u.[z.] wurden im September<br />
2006 die Konstruktionen geöffnet, um den Zustand der Dämmungen zu<br />
kontrollieren <strong>und</strong> die durchgeführte elektrische Feuchtemessung durch Darrproben<br />
abzusichern. Alle Dämm-Materialien waren schadensfrei, <strong>und</strong> an den<br />
angrenzenden Putzschichten konnten weder Schimmel noch Feuchtespuren<br />
festgestellt werden (siehe Abb. 6).<br />
Die elektrische Holzfeuchtemessung ist bekanntlich mit gewissen Unsicherheiten<br />
verb<strong>und</strong>en. Deshalb wurden aus den Messbrettern <strong>und</strong> den Dämmstoffen<br />
Proben entnommen <strong>und</strong> im Trockenschrank bis auf Gewichtskonstanz getrocknet<br />
(Darrproben), um den massebezogenen Feuchtegehalt gravimetrisch<br />
zu bestimmen.<br />
Abb. 6: Geöffnete Konstruktion im September 2006.<br />
Innendämmung Außenwände (Darrproben)<br />
Dämmung Innenbekleidung Dampfbremse<br />
Dämmung<br />
(innen)<br />
Dämmung<br />
(außen)<br />
Messbrett<br />
elektrische<br />
Messung<br />
Zellulose CSO Gipsfaserplatte nein 11,6 % 12,7 % 14,4 % 15,4 – 17,1 %<br />
Zellulose CSO Gipsfaserplatte s d<br />
= 20 m 10,0 % 10,9 % 12,2 % 13,8 – 15,8 %<br />
Mineralfaser Gipsfaserplatte nein 1,2 % 1,2 % 12,9 % 15,7 – 16,5 %<br />
Tab. 1: Vergleich des gravimetrisch <strong>und</strong> des elektronisch bestimmten Feuchtegehalts<br />
Tabelle 1 zeigt eine recht gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus der<br />
elektrischen Langzeitmessung. Die Messsonden wurden mit verschiedenen<br />
Holzfeuchtemessgeräten überprüft <strong>und</strong> an je einer weiteren Einstichstelle des<br />
Messbretts die Feuchte ermittelt. Es zeigte sich, dass die elektrisch ermittelten<br />
Werte im Mittel ca. 2 Prozent über den Ergebnissen der Darrproben lagen: Die<br />
Langzeitmessungen der Sonden bedeuten also gesicherte Ergebnisse, die in<br />
vergleichenden Darrproben sogar noch unterschritten wurden.<br />
G3.1<br />
Innendämmung ohne Dampfbremse: Ist das rechnerisch nachweisbar?<br />
Diffusionsberechnungen nach DIN 4108-3 zur Innendämmung im e.u.[z.]<br />
Konstruktion Tauwasser Verdunstung Differenz<br />
m WT<br />
m WV<br />
m WV<br />
- m WT<br />
Zellulose, ohne DB 2.549 2.473 -76<br />
Mineralfaser, ohne DB 2.679 2.548 -131<br />
Zellulose, mit DB 10 77 68<br />
Tab. 2: Diffusionsberechnungen bei Konstruktionen mit <strong>und</strong> ohne Dampfbremse<br />
Die Ergebnisse aus den praktischen Untersuchungen sollten in einem nächsten<br />
Schritt durch geeignete Methoden auch rechnerisch nachgewiesen werden.<br />
Dazu wurden für die ausgeführten Beispiele zunächst Glaser-Berechnungen<br />
durchgeführt, die in Tabelle 2 zusammengefasst sind.<br />
In der vergleichenden Berechnung nach dem Glaser-Verfahren werden alle<br />
Varianten mit diffusionsoffener Innendämmung als unzulässig bilanziert.<br />
Einzig die Variante mit Dampfbremse hätte demnach eine zulässige Diffusionsbilanz<br />
aufweisen dürfen.<br />
15
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
22 %<br />
20 %<br />
18 %<br />
16 %<br />
14 %<br />
Holzfeuchte<br />
[Masse-%]<br />
– 3 M. %<br />
+ 5 M. %<br />
Wohnungsraumklima o. DB<br />
≈ Gemessenes Klima o. DB<br />
Die jährlichen Tauwassermengen liegen ohne Dampfbremse bei 2.500 g/m 2<br />
<strong>und</strong> mehr. Nimmt man die Rechnung als Wirklichkeit, so müssten die gemessenen<br />
Holzbretter schon innerhalb einer Tauperiode eine Feuchtezunahme<br />
von 25 Masse-% erfahren haben. Da das Verdunstungspotenzial außerdem geringer<br />
als die Tauwassermenge ist, verbleibt rechnerisch Tauwasser im Bauteil.<br />
Schon bald hätte eine über-hygroskopische Befeuchtung der Unterkonstruktion<br />
auftreten müssen, die nicht spurlos an den Baustoffen auf der kalten Seite<br />
der Dämmschicht vorübergegangen wäre.<br />
12 %<br />
10 %<br />
Wohnungsraumklima<br />
o. DB<br />
Zellulose-Dämmstoff mit Dampfbremse<br />
Zellulose-Dämmstoff ohne Dampfbremse<br />
Mineralfaser ohne Dampfbremse<br />
Fazit: Die Diffusionsberechnung gem. Glaser-Verfahren ist offensichtlich<br />
nicht in der Lage, die tatsächlichen Feuchteverhältnisse korrekt abzubilden.<br />
8 %<br />
Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep<br />
Abb. 7: Simulation* mit Hannoveraner Klima (Test-<br />
Referenz-Jahr des Deutschen Wetterdienstes) für<br />
Innendämmung mit Zellulose-Dämmstoff in Abhängigkeit<br />
von der inneren Feuchtelast. Die Kurven<br />
in Abb. 8 zeigen den berechneten Jahresverlauf der<br />
Holzfeuchte im eingeschwungenen Zustand.<br />
Die Alternative: hygrothermische Simulation.<br />
Eine geeignete Methode zum feuchtetechnischen Nachweis bei Innendämmungen<br />
sind „hygrothermische Simulationen“ gemäß DIN EN 15026. Mit dem<br />
Simulationsprogramm* wurden die Konstruktionsaufbauten mit Zellulosedämmung<br />
nachgerechnet <strong>und</strong> mit den messtechnisch erfassten Innenklimata<br />
<strong>und</strong> Feuchtegehalten abgeglichen. Somit lassen sich weitergehende Fragen<br />
durch Parametervariationen klären.<br />
Hierbei wurde das mittlere Klima des nahe gelegenen Standorts Hannover<br />
verwendet <strong>und</strong> das Innenklima zwischen normaler <strong>und</strong> geringer Feuchtelast<br />
nach [18] variiert. Die Regenwasseraufnahme wurde bei der Berechnung „ausgeschaltet“,<br />
da die betroffene Fassade durch einen großen Dachüberstand<br />
geschützt war. Des Weiteren wurden die Strahlungsgewinne auf der nach<br />
Osten orientierten Wandoberfläche wegen der vor Ort vorhandenen starken<br />
Verschattung halbiert. Dies ist in etwa äquivalent zur Strahlungsbilanz auf der<br />
Nordseite.<br />
G3.1<br />
Die Konstruktion mit Dampfbremse verhält sich in der Simulation erwartungsgemäß,<br />
d. h., der Feuchtegehalt des Holzes auf der kalten Seite der<br />
Innendämmung reagiert kaum auf die jahreszeitlichen Änderungen beim<br />
Innenklima (Abb. 7, braune Kurve). Vergleichsrechnungen (ohne Abbildung)<br />
zeigten, dass auch keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Kurvenverläufen<br />
bei verschiedenen inneren Feuchtelasten auftreten. Das berechnete<br />
mittlere Feuchteniveau liegt mit r<strong>und</strong> 12 Masse-% r<strong>und</strong> 2,5 Masse-% niedriger<br />
als die Messwerte aus der elektrischen Messung, stimmt aber gut überein mit<br />
der Darrprobe gem. Tabelle 1.<br />
Grenzen der Diffusionsoffenheit.<br />
Bei den diffusionsoffenen Varianten zeigt die Simulation eine – ebenfalls zu<br />
erwartende – stärkere Ankopplung an das Raumklima. In der Winterperiode<br />
steigt der Feuchtegehalt auf Werte zwischen 16 Masse-% (niedrige Feuchtelast)<br />
bis knapp über 20 Masse-% (normale Feuchtelast). Ein Vergleich der berechneten<br />
Feuchteerhöhungen mit den Messwerten (Abb. 5) bestätigt die zu Anfang<br />
geäußerte Vermutung: Das Innenklima des untersuchten Raumes entspricht<br />
am ehesten dem Verlauf bei niedriger Feuchtelast, was typisch für Büroräume<br />
oder Schlafräume mit geringen Feuchtequellen ist.<br />
Auffällig ist allerdings, dass im Sommer des Testreferenzjahres für Hannover<br />
Feuchtegehalte ermittelt werden, die deutlich unter den niedrigsten Messwerten<br />
liegen, auch wenn man berücksichtigt, dass die elektrischen Messwerte<br />
bezogen auf die gravimetrischen Messwerte zur „Übertreibung“ neigen.<br />
Eine Erklärung hierfür kann in der Verschattungssituation gesucht werden.<br />
Die rechentechnisch angewandte pauschale Reduzierung der Strahlungsab-<br />
* Simulationsprogramm WUFI ®<br />
16<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
sorption an der Außenoberfläche trifft die realen Verhältnisse vermutlich nur<br />
im Jahresmittel. Die Ostfassade des Objekts weist in Wirklichkeit eine saisonale<br />
Verschattung durch Wilden Wein an der Fassade <strong>und</strong> hohe Bäume auf. Im<br />
Winter, wenn das Laub unten ist <strong>und</strong> auch der große Dachüberstand wegen<br />
der tief stehenden Sonne kaum noch Schatten spendet, dürfte das Strahlungsangebot<br />
höher <strong>und</strong> im Sommer niedriger ausfallen, als sich aus der pauschalen<br />
Annahme ergibt.<br />
Ein erstes Fazit.<br />
Aufgr<strong>und</strong> von Langzeituntersuchungen an Innendämmungen im e.u.[z.]<br />
konnte in der Praxis nachgewiesen werden, dass auch diffusionsoffene Innendämmungen<br />
feuchtesicher funktionieren können, wenn Standort, Nutzung<br />
sowie Strahlungsabsorption der Fassaden günstige Randbedingungen schaffen.<br />
Die beispielhaft durchgeführten Simulationsrechnungen zeigen aber auch,<br />
dass bei wohnüblichem (= „normalem“ nach WTA) Raumklima kritische Situationen<br />
nicht völlig ausgeschlossen werden können. Insofern sind Mindests<br />
d,i<br />
-Werte von 0,5 bis 0,7 m, die sich aus der DIN 4108-3 ergeben [5], nach wie<br />
vor eine sinnvolle Empfehlung, um auf der sicheren Seite zu liegen. Hiervon<br />
kann abgewichen werden:<br />
von außen = oben<br />
nach innen = unten<br />
20 mm Kalkzementputz<br />
400 mm Vollziegelmauerwerk<br />
20 mm Kalkputz<br />
160 mm Zellulosedämmstoff, eingeblasen<br />
60 x 80 mm Ständerwerk (KVH), zur Gefachtrennung<br />
mit Naturfaserdämmstoff ausgestopft<br />
12 mm OSB-Verlegeplatte<br />
12,5 mm Gipskartonplatte<br />
Abb. 8: Innendämmung mit Holzwerkstoffplatte<br />
<strong>und</strong> hohlraumfüllender Einblasdämmung.<br />
wenn die innere Feuchtelast niedrig ist, z. B. durch geringe Feuchtequellen<br />
oder hohe Luftwechsel,<br />
beim Einsatz einer kontrollierten Wohnraumlüftung,<br />
beim Einsatz nachweislich kapillaraktiver Dämm-Materialien.<br />
Diffusionsoffene Innendämmungen, die weder die Mindest-s d<br />
-Werte nach<br />
DIN 4108-3 noch die nach WTA MB 6-4 einhalten, reagieren sensibel auf die<br />
Vielzahl der genannten Stellschrauben. Dies erfordert zwingend einen rechnerischen<br />
Nachweis über eine hygrothermische Simulation mit standortspezifischen<br />
Daten. Das gilt auch <strong>und</strong> gerade für die Anwendung von Dämmsystemen,<br />
in denen zusätzlich zur Diffusion kapillarer Transport von flüssigem<br />
Wasser stattfinden soll.<br />
G3.1<br />
Planung <strong>und</strong> rechnerischer Nachweis einer Trockenbau-Innendämmung.<br />
Die Erfahrungen aus der Langzeittauglichkeit der zuvor beschriebenen „hölzernen“<br />
Lösungen bieten die Basis für eine Variante, die für Holz- <strong>und</strong> Trockenbauer<br />
besonders interessant ist.<br />
Abbildung 8 zeigt ein Ständerwerk (60 x 60 – 80 mm), das mit variablem Abstand<br />
innenseitig vor die bestehende Außenwand gestellt wird, wobei sich<br />
der Abstand nach den wärmetechnischen Anforderungen <strong>und</strong> dem zur Verfügung<br />
stehenden Platz richtet. Die vorgestellte Konstruktion mit Schwelle <strong>und</strong><br />
Rähm sowie Riegeln im Fensterbereich kann vorhandene Schiefstellungen der<br />
Wände problemlos ausgleichen. Es ist kein Ausgleichsputz erforderlich. Die<br />
Dämmung (Einblaszellulose) passt sich allen Unebenheiten hohlraumfüllend<br />
an.<br />
Abb. 9 a <strong>und</strong> b: Innendämmung mittels Holzrahmenbau<br />
in der Praxis.<br />
Wenn der Abstand zwischen den Ständern <strong>und</strong> der Wand zu groß wird<br />
(> 20 mm), kann es sein, dass hierüber Dämmstoff, der in ein Gefach eingeblasen<br />
wird, in die Nachbargefache entweicht. Die Folge können ungleichmäßige<br />
Befüllungen <strong>und</strong> Verdichtungen sein, was die Setzungssicherheit infrage<br />
stellt. Dagegen helfen verschiedene handwerkliche Kniffe, bspw. das Ausstopfen<br />
des Hohlraumes zwischen Ständer <strong>und</strong> Wand, seitliches Anbringen von<br />
17
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Holzweichfaserstreifen an die Ständer oder auch Dämmverfahren, bei denen<br />
in den Nachbargefachen bereits ein Einblas-Schlauch vormontiert wird.<br />
Der besondere Mehrwert dieser Konstruktionsweise besteht in ihrer Innenoberfläche:<br />
Die Kombination von Holzwerkstoffplatte (OSB) mit einer unmittelbar<br />
darauf montierten Gipskartonplatte ergibt eine solide Bekleidung,<br />
die es dem Nutzer erlaubt, an jeder Stelle der Wand beispielsweise Wandschränke<br />
ohne Spezialdübel oder Unterkonstruktionen zu befestigen.<br />
Geht das bauphysikalisch?<br />
Dieses Dämmverfahren schließt konvektive Hinterströmungen aus. Auch der<br />
Feuchteeintrag aus Luft<strong>und</strong>ichtheiten kann – wie aus dem handwerklichen<br />
Holzrahmenbau bekannt – durch die Holzwerkstoffplatte besonders sicher<br />
unterb<strong>und</strong>en werden. Dies ist besonders dann ein Vorteil, wenn die vorhandene<br />
Wandkonstruktion die Luftdichtheit nicht gewährleistet, z. B. bei Fachwerkhäusern<br />
(vgl. [7]).<br />
Bleibt also die Diffusionsbilanz als offene Frage. Zur ersten Orientierung reicht<br />
eine Diffusionsberechnung nach Glaser. Die innere OSB-Platte (µ = 200/300)<br />
begrenzt das rechnerische Diffusions-Tauwasser auf weniger als ein Viertel<br />
der zulässigen Menge von 1000 g/m 2 . Das Verdunstungspotenzial liegt fast<br />
50 Prozent höher als das berechnete Diffusions-Tauwasser, sodass für die<br />
Rücktrocknung der winterlichen Auffeuchtung durch Diffusion <strong>und</strong> Konvektion<br />
aus Restleckagen Reserven bestehen. Zusätzliche Sicherheit bietet – so<br />
vorhanden – die Saugfähigkeit des alten Putzes <strong>und</strong> des vorhandenen Mauerwerks.<br />
Das WTA-Merkblatt sagt jein.<br />
G3.1<br />
Mit der OSB-Platte als moderater Dampfbremse (s d<br />
-Wert von ca. 3 bis 5 m) erfüllt<br />
diese Innendämmung auch alle Anforderungen des grafischen Nachweises<br />
nach WTA MB 6-4 – allerdings reicht die Nachweiskurve nur bis zu einer<br />
Dämmdicke von maximal 100 mm („Innendämmung massiver Aussenwände“,<br />
Abb. 3 a).<br />
Es bleibt also die Frage zu untersuchen, ob eine höhere Dämmstärke möglich<br />
ist, wie sie z. B. im Rahmen einer Sanierung mit hohen Effizienzhaus-<br />
Anforderungen notwendig wird, <strong>und</strong> ob dies auch an Wetterseiten mit hoher<br />
Schlagregenbeanspruchung funktioniert. Hierfür fordert das Merkblatt den<br />
„vollständigen Nachweis“ durch hygrothermische Simulation.<br />
Das nächste Merkblatt der WTA-Arbeitsgruppe „Innendämmung im Bestand“,<br />
das voraussichtlich 2013 als Entwurf erscheinen wird, behandelt detailliert<br />
das Verfahren, die Randbedingungen <strong>und</strong> die Bewertung hygrothermischer<br />
Simulationen. Dazu wird mit Sicherheit die Empfehlung gehören, als Erstes<br />
eine „Nullrechnung“ durchzuführen, um die Simulationsergebnisse mit der<br />
vorgef<strong>und</strong>enen Bestandskonstruktion vergleichen zu können.<br />
Das Beispiel geht von einem 40 cm dicken Vollziegelmauerwerk aus, das<br />
beidseitig verputzt ist. Als Außenklima wird das Feuchtereferenzjahr von<br />
Holzkirchen gewählt mit einer sehr hohen Schlagregenbelastung (Beanspruchungsgruppe<br />
III, 600 l/m 2 · a auf der Westseite) <strong>und</strong> einer niedrigen Jahresmitteltemperatur<br />
(6,6 °C). Innen setzen wir eine normale Feuchtelast nach<br />
DIN EN 15026 an.<br />
18<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
Die Wetterseite im Bestand.<br />
Die Kurven in Abbildung 10 zeigen den Wassergehalt der ungedämmten<br />
Westwände. Ist der für den Standort geforderte w-Wert vorhanden<br />
(0,5 kg/m 2 √h), bestimmt in den ersten Jahren die Austrocknung der hohen<br />
Baufeuchte (100 kg/m 3 im Vollziegelmauerwerk, gem. [11]) den Kurvenverlauf.<br />
Der periodische Feuchteeintrag durch den Schlagregen wird erst nach vier bis<br />
fünf Jahren überhaupt erkennbar <strong>und</strong> führt zu überschaubaren „Peaks“. Am<br />
Ende sinkt der Wassergehalt der Wand auf 26 ± 2 kg/m 3 .<br />
Bei Altbauten kann man allerdings nicht generell davon ausgehen, dass die<br />
heute üblichen wasserabweisenden Putzqualitäten vorhanden sind. Deshalb<br />
haben wir zum Vergleich auch Putze untersucht, die „nur“ wasserhemmend<br />
sind. Bei einem w-Wert von 1,0 kg/m 2 √h erfolgt ebenfalls eine rasche Abtrocknung<br />
der Baufeuchte auf gut die Hälfte des Ausgangswertes in ca. 6 Jahren.<br />
Solange blieben die Wohnungen also im feuchtekritischen Zustand. Die<br />
jährlichen schlagregenbedingten Ausschläge des Wassergehaltes erfahren<br />
allerdings eine deutliche Erhöhung auf ca. 10 kg/m 3 . Insgesamt stellt sich ein<br />
Wassergehalt im Mauerwerk ein, der beim doppelten der obigen Variante<br />
nach dem aktuellen Stand der Technik liegt.<br />
Dennoch kann man dies noch als einen akzeptablen Feuchtegehalt (≈ 30 Prozent<br />
der Sättigungsfeuchte) betrachten, der bei vielen Bestandsbauten aus der<br />
Zeit vor der Erfindung wasserabweisender Putze oder Anstriche üblich sein<br />
dürfte.<br />
Abb. 10: Wassergehalt im Bestandsmauerwerk<br />
(Westorientierung) in Abhängigkeit vom w-Wert<br />
des Außenputzes. Zum Vergleich: Nordseite. Klima:<br />
Holzkirchen/normale Feuchtelast. Putzfarbe: normal,<br />
hell (a = 0,4). Hinweis: 10 kg/m 3 = 1 Vol.-%<br />
Feuchte Wände dämmen schlecht.<br />
Geht es an die Obergrenze dessen, was als wasserhemmender Außenputz<br />
bezeichnet werden darf (w = 2,0 kg/m 2 √h), so zeigt sich ein ganz anderes Bild:<br />
Eine Abtrocknung der Einbaufeuchte findet nicht wirklich statt. Die wiederkehrende<br />
Befeuchtung aus der Schlagregenaufnahme hält den mittleren<br />
Wassergehalt der Ziegelwand auf über 90 kg/m 3 . Dies bedeutet zwar keine<br />
Schädigung des Mauerwerks, da nur weniger als die Hälfte der freien Wassersättigung<br />
erreicht wird. Die Wand ist nicht nass, aber „klamm“. Es ist in etwa<br />
ein Klima wie in Neubauten früherer Jahrh<strong>und</strong>erte, die damals sprichwörtlich<br />
trockengewohnt werden mussten.<br />
G3.1<br />
Je 1 Masse-% Feuchtegehalt steigt bei Ziegelmauerwerk der λ-Wert um 15 Prozent.<br />
Umgerechnet auf diese Bezugsgröße hat die zu untersuchende Wand<br />
in diesem Fall einen Wassergehalt von ca. 5 Masse-%. Dies verschlechtert den<br />
U-Wert der Wand gegenüber einer Wand mit gutem Schlagregenschutz um<br />
ca. 22 Prozent (von U = 1,35 auf U = 1,66 W/(m 2 · K))!<br />
Darüber hinaus muss die Raumheizung beachtliche Energiemengen aufwenden,<br />
um den Wassergehalt wenigstens in den Bereichen, die nahe an der Innenoberfläche<br />
liegen, soweit durch Verdunstung zu senken, dass diese nicht<br />
von Schimmel befallen werden.<br />
Abb. 11: Wassergehalt des Mauerwerks bei Innendämmung<br />
in Abhängigkeit von Dämmdicke,<br />
w-Wert <strong>und</strong> Orientierung. Randbedingungen wie<br />
Abb. 10. Hinweis: 10 kg/m 3 = 1 Vol.-%<br />
Eine wirklich trockene Wand mit bis zu 35 kg/m 3 (3,5 Vol-%) lässt sich an diesem<br />
Standort nur dann erreichen, wenn die seit 1981 geltenden Anforderungen<br />
an den w-Wert für die SRG III eingehalten werden (s. Tab. 1). Günstiger sind<br />
dann nur noch die Verhältnisse z. B. bei einer Nordwand: Ihre um den Faktor<br />
10 geringere Schlagregenbelastung halbiert den Wassergehalt nochmals. An<br />
Ost- <strong>und</strong> Südseite hilft die Besonnung zusätzlich bei der Trocknung.<br />
19
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Was ändert sich durch die Dämmung?<br />
Wie bereits erwähnt, wirkt sich der verringerte innere Wärmestrom durch die<br />
Innendämmung auf das Austrocknungspotenzial einer mit Schlagregen belasteten<br />
Wand negativ aus. Für die weitere Untersuchung wurde eine Dämmdicke<br />
von 160 mm (λ = 0,04 W/(m · K)) gewählt, um an die Obergrenze dessen<br />
zu gehen, was vom Markt i. d. R. verlangt wird.<br />
Abbildung 12 bestätigt die Befürchtungen: Auch dann, wenn der w-Wert des<br />
Außenputzes den heutigen Mindestanforderungen entspricht, stellt sich im<br />
Laufe der Zeit ein Wassergehalt im Mauerwerk ein, der in der gleichen Größenordnung<br />
liegt wie bei der Bestandswand mit w = 2,0 kg/m 2 √h, <strong>und</strong> damit<br />
inakzeptabel ist.<br />
Dieser Effekt einer langsamen Auffeuchtung über drei Jahrzehnte bestätigt<br />
den zitierten Satz aus dem WTA-Merkblatt 6-4, in dem es heißt, dass bei hoher<br />
Schlagregenbeanspruchung die derzeit gültigen w-Wert-Anforderungen<br />
nicht ausreichend sein können, wenn Innendämmungen angebracht werden.<br />
Ist eine geringere Dämmstärke die Lösung? Vergleichsrechnungen zeigen<br />
jedoch, dass auch eine Halbierung der Dämmdicke (80 mm statt 160 mm) das<br />
Problem nicht löst. Selbst die Reduzierung auf nur 40 mm Dämmdicke erzeugt<br />
noch eine langfristige Auffeuchtung auf ein Niveau von 68 kg/m 3 . Sollten Innendämmungen<br />
in der dargestellten Art an Westwänden besser vermieden<br />
werden? Oder ist dieses Feuchteniveau noch tolerabel, weil Innendämmungen<br />
in dieser Dicke seit 30 Jahren nachweisfrei nach DIN 4108-3 gestellt sind,<br />
in Millionen Quadratmetern verbaut wurden <strong>und</strong> sicher auch unter den harten<br />
Klimabedingungen Holzkirchens <strong>und</strong> ähnlicher Standorte?<br />
Die Lösung liegt außen.<br />
G3.1<br />
Erfolgversprechender ist es, die eigentliche Ursache anzugehen <strong>und</strong> die Wasseraufnahme<br />
von Schlagregen an der Wetterseite weiter zu senken. Wie zuvor<br />
beschrieben, bietet der Markt heute wasserabweisende <strong>und</strong> gleichzeitig diffusionsoffene<br />
Putze an, die w-Werte von 0,2 kg/m 2 √h <strong>und</strong> darunter garantieren.<br />
Gleiches ist durch diffusionsoffene Anstriche ohne weiteres zu erreichen.<br />
Die Nachweisrechnung zeigt, dass schon eine Reduzierung des w-Wertes auf<br />
0,3 zu einer Senkung der Langzeitfeuchte der Wand auf ein normales Maß (ca.<br />
33 kg/m 3 ) führt – <strong>und</strong> das sogar bei der ursprünglich gewählten maximalen<br />
Dämmstärke von 160 mm.<br />
Fazit: Auch in extremen Situationen können Wetterseiten von Massivwänden<br />
mit dem dargestellten Trockenbau-Verfahren mit hohen Dämmdicken ausgeführt<br />
werden. Dazu ist die Ertüchtigung des Schlagregenschutzes erforderlich,<br />
z. B. durch eine Putzerneuerung oder einen entsprechenden Anstrich.<br />
Bei steinsichtigen Fassaden können ggf. Hydrophobierungen die Schlagregenaufnahme<br />
auf ein verträgliches Maß reduzieren. Ist dies nicht sicher zu<br />
gewährleisten, so ist ein äußerer konstruktiver Wetterschutz anzuraten, z. B.<br />
durch eine Vorhangfassade. In diesem Fall ist allerdings eine Außendämmung<br />
i. d. R. die wirtschaftlichere Maßnahme.<br />
Die Vergleichsrechnungen für die Nordseite zeigen, dass innenseitig hoch<br />
gedämmte Außenwände bei geringer Schlagregenbelastung keine Auffeuchtung<br />
erfahren, die über das hinausgeht, was eine trockene, wasserabweisend<br />
verputzte Westwand schon im Bestand aufweist.<br />
20<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
Frostgefahr auch gebannt?<br />
Wie unter „Innendämmung massiver Aussenwände“ dargestellt, nennt das<br />
WTA-Merkblatt 6-4 ein weiteres Ausschlusskriterium für die Zulässigkeit<br />
einer nachweisfreien Innendämmung: Die Porenluftfeuchte der inneren<br />
Putzschicht sollte 95 Prozent relative Feuchte nicht übersteigen, um sicher<br />
auszuschließen, dass der alte Putz Frostschäden erleidet. Genau genommen<br />
ist der Zusammenhang etwas komplexer. Diese Feuchtegrenze gilt nur bei den<br />
Dämmdicken, die vom Merkblatt freigegeben werden <strong>und</strong> Minimaltemperaturen<br />
von ca. –5 °C zulassen. Nähere Informationen über die physikalischen<br />
Gesetze der Gefriertemperaturen in kapillar-porösen Baustoffen finden sich<br />
in [15]. Die Gefahr von Frostsprengungen ist zusätzlich davon abhängig, wie<br />
hoch der Grad der Wassersättigung in der jeweiligen Baustoffschicht ist.<br />
Nun könnte man argumentieren, dass bei der Dämm-Maßnahme mit vorgesetzter<br />
Holzbauschale ein Verlust der Trag- <strong>und</strong> Haftfähigkeit des alten Putzes<br />
unbedeutend <strong>und</strong> dies eher ein Thema nur für Dämmsysteme sei, die auf die<br />
vorhandene Oberfläche geklebt werden. Dennoch wäre es beruhigend zu wissen,<br />
dass auch dieses Kriterium der Funktionssicherheit eingehalten wird <strong>und</strong><br />
ein prophylaktisches Abschlagen des Innenputzes überflüssig ist.<br />
Deshalb wurde auch dieses Kriterium durch ein Simulationsprogramm für die<br />
untersuchten Dämmvarianten ausgewertet (vgl. Tab. 2). Es zeigt sich, dass die<br />
Varianten mit 80 <strong>und</strong> 160 mm Dämmdicke auf keinen Fall das Kriterium erfüllen,<br />
wenn außen nur ein w-Wert von 0,5 kg/m 2 √h vorhanden ist. Selbst bei der<br />
dünnen 40-mm-Dämmung wird nach 30 Jahreszyklen die Grenzfeuchte erreicht<br />
– mit weiter steigender Tendenz. Allerdings liegen hier die Minimaltemperaturen<br />
naturgemäß ca. 2,5 bis 4,5 °C höher, was das Frostrisiko verringert.<br />
Auf der sicheren Seite liegen die 160 mm Dämmung dann, wenn sie an der<br />
Nordseite angebracht werden oder bei Westorientierung der w-Wert des Außenputzes<br />
nicht mehr als 0,3 kg/m 2 √h beträgt. Dann sind die Porenluftfeuchte<br />
<strong>und</strong> dementsprechend der sich einstellende sorptive Wassergehalt im Putz so<br />
niedrig, dass auch die kälteren Temperaturen keine Eisbildungen hervorrufen<br />
können.<br />
G3.1<br />
Rel. Luftfeuchte in den Poren des alten Kalkputzes<br />
auf der Wandinnenseite<br />
w-Wert Außenputz<br />
[kg/m 2 √h]<br />
Dämmdicke<br />
[mm]<br />
rel. Poren-Luftfeuchte<br />
%<br />
Minimal-<br />
Temperatur °C<br />
0,5 160 97,8 –6,6<br />
0,5 80 96,7 –4,7<br />
0,5 40 94,9 –2,0<br />
0,5 160 91,1 –8,2<br />
0,3 160 92,5 –7,7<br />
Tab. 3: Bauphysikalische Kennwerte des Kalkputzes im Bestand<br />
21
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
Fazit.<br />
Innendämmungen mit einem Holzbau-System <strong>und</strong> Einblasdämmung bieten<br />
beste Voraussetzungen für eine schadensfreie Ausführung. Die flexible Anpassung<br />
dieses Dämmsystems an die vorhandene Altbausituation erlaubt eine<br />
kostengünstige <strong>und</strong> robuste handwerkliche Innendämmung. Sie kann Hohlraumfreiheit,<br />
Konvektionsdichtheit <strong>und</strong> eine ausreichende Diffusionsdichtheit<br />
sicherstellen, um auch bei sperrenden Untergründen eine Dampfbilanz<br />
mit Trocknungsreserven zu gewährleisten. Lediglich bei extremer Schlagregenbeanspruchung<br />
auf der Wetterseite ist ein minimierter äußerer w-Wert<br />
über wasserabweisende Putze oder vergleichbare Anstriche zusätzlich zu gewährleisten.<br />
Andere Systeme, die bspw. auf mineralischen Dämmstoffen wie<br />
Kalziumsilikat oder Porenbeton beruhen, sind den genannten Anforderungen<br />
der Innendämmung ebenfalls gewachsen, bedürfen aber einer anderen handwerklichen<br />
Vorbereitung <strong>und</strong> Verarbeitung.<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1] Achtziger, Joachim: Praktische Untersuchung der Tauwasserbildung im Innern<br />
von Bauteilen mit Innendämmung. In: wksb Sonderausgabe 1985<br />
[2] Borsch-Laaks, Robert: Innendämmung – Wo ist das Risiko? In: WTA-Journal<br />
1/2006.<br />
[3] Borsch-Laaks, Robert: Zur Schadensanfälligkeit von Innendämmungen.<br />
In: Oswald, Rainer (Hrsg.): Aachener Bausachverständigentage 2010.<br />
Vieweg+Teubner Wiesbaden 2011.<br />
G3.1<br />
[4] Borsch-Laaks, Robert/Simons, Paul: „R<strong>und</strong>umerneuerung eines Fachwerkgebäudes“<br />
<strong>und</strong> „Wie dick darf die Dämmung sein“? In: Tagungsband zum 3.<br />
int. Holz[Bau]Physik-Kongress 8./9.3.2012 in Leipzig. (Eigenverlag) Aachen.<br />
(Bezug: www.holzbauphysik-kongress.eu)<br />
[5] Borsch-Laaks, Robert <strong>und</strong> Walther, Wilfried: Modul Innendämmung. In:<br />
Bauphysik- Module für Fachveranstaltungen zur energetischen Gebäudesanierung,<br />
Energieagentur NRW, Wuppertal 2004<br />
[6] Borsch-Laaks, Robert <strong>und</strong> Walther, Wilfried: Innendämmung mit <strong>und</strong> ohne<br />
Dampfbremse, In: HOLZBAU – die neue quadriga, Heft 2-2008<br />
[7] Trocken <strong>und</strong> warm – Fachwerk mit Innendämmung. Condetti-Detail 22-04.<br />
In: HOLZBAU – die neue quadriga, Heft 2-2010 (Autoren:<br />
R. Borsch-Laaks, E. U. Köhnke, H. Schopbach, G. Wagner, H. Zeitter)<br />
[8] Normenausschuss Bauwesen im DIN: Wärmeschutz im Hochbau. Teil 3:<br />
Klimabedingter Feuchteschutz. Beuth-Verlag Berlin 1981<br />
[9] Normenausschuss Bauwesen im DIN: Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung<br />
in Gebäuden. Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz, Beuth-Verlag Berlin<br />
2001<br />
[10] Kießl, Kurt: Wärmeschutzmaßnahmen durch Innendämmung. Beurteilung<br />
<strong>und</strong> Anwendungsgrenzen aus feuchtetechnischer Sicht. In: wksb 31/1992<br />
[11] Künzel, Helmut: Kritische Betrachtungen zur Frage des Feuchtigkeitshaushalts<br />
von Außenwänden. In: Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur 1/2/1970<br />
[12] Künzel, Helmut: Bauphysik – Geschichte <strong>und</strong> Geschichten, IRB-Verlag<br />
Stuttgart 2002<br />
22<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G<br />
[13] Künzel, Hartwig M.: Feuchteschutz von Fachwerkwänden, WTA-Schriftenreihe,<br />
Heft 16, München 1998<br />
[14] Künzel, Hartwig M., Binder, Andrea, Zirkelbach, Daniel: Bemessung von<br />
Innendämmung. In: Geburtig, Gerd (Hrsg.), Innendämmung im Bestand,<br />
Stuttgart 2010 (Fraunhofer IRB Verlag)<br />
[15] Künzel, Hartwig M., Fitz, Cornelia, Krus, Martin: Feuchteschutz verschiedener<br />
Fassadensysteme – Beanspruchungen, Systemanforderungen <strong>und</strong> Langzeitbeständigkeit.<br />
In: Venzmer (Hrsg.) Europäischer Sanierungskalender 2011,<br />
Berlin (Beuth-Verlag) 2010<br />
[16] Lochner, Dietmar <strong>und</strong> Ploss, Wolfgang: Wärme- <strong>und</strong> Schalldämmung im<br />
Innenausbau. Köln (Rudolf Müller Verlag) 1980<br />
[17] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerks erhaltung<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege e. V. - WTA (Hrsg.): WTA-Merkblatt 8-1-96/D. Bauphysikalische<br />
Anforderungen an Fachwerkfassaden<br />
[18] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerks erhaltung<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege e. V. - WTA (Hrsg.): WTA-Merkblatt 6-2-01. Simulation wärme-<br />
<strong>und</strong> feuchtetechnischer Prozesse. München: 2001<br />
[19] Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerks erhaltung<br />
<strong>und</strong> Denkmalpflege e. V. - WTA (Hrsg.): WTA-Merkblatt 6-4-09. Innendämmung<br />
im Bestand – Planungsleitfaden. München 2009<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen Robert Borsch-Laaks außer:<br />
Abbildung 2: e.u.[z]., Springe<br />
Abbildung 3 a, b: e.u.[z]., Springe<br />
Abbildung 4: EA NRW, Wuppertal<br />
Abbildung 6: EA NRW, Wuppertal<br />
Abbildung 8: HOLZBAU – die neue quadriga, Heft 6-2012<br />
G3.1<br />
23
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Forschung<br />
G3.1<br />
24<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
G3.2 Technische Regelwerke.<br />
1<br />
Technische Richtlinie zur Innendämmung.<br />
Herausgeber:<br />
Fachverband Wärmedämm-Verb<strong>und</strong>systeme e. V.<br />
G<br />
G3.2<br />
1
G<br />
Technische Regelwerke<br />
G3.2<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
1 Technische Richtlinie zur<br />
Innendämmung.<br />
Einleitung.<br />
Innendämm-Systeme werden auf der Innenseite von Außenwänden eines<br />
Gebäudes angebracht. Ein Innendämm-System im Sinne dieser Richtlinie besteht<br />
aus mehreren Komponenten (Systembestandteilen) <strong>und</strong> kann – je nach<br />
Anwendungsbereich <strong>und</strong> Hersteller – unterschiedlich aufgebaut sein. Es beinhaltet<br />
in jedem Fall eine Dämmebene, durch die sich der Wärmedurchlasswiderstand<br />
des gesamten Wandaufbaus signifikant erhöht. Dadurch werden die<br />
Energieverluste über die Außenwand deutlich reduziert.<br />
Anwendung finden Innendämm-Systeme überwiegend bei der Sanierung von<br />
Bestandsgebäuden.<br />
Bei der Sanierung mithilfe von Innendämm-Systemen werden insbesondere<br />
folgende Ziele verfolgt:<br />
1. Die Verbesserung der Energieeffizienz <strong>und</strong> des Nutzwerts von Immobilien,<br />
bei denen eine Außendämmung nicht oder wegen besonderer Umstände<br />
nur durch einen unangemessen hohen Aufwand möglich ist. Mithilfe von<br />
Innendämm-Systemen können komplette Gebäude energetisch saniert werden<br />
oder Teileinheiten davon.<br />
Typische Einsatzfelder von Innendämm-Systemen sind:<br />
Gebäude mit denkmalgeschützten oder erhaltenswerten Fassaden wie<br />
Fachwerk, Sichtmauerwerk <strong>und</strong> Stuckfassaden,<br />
Gebäude mit Grenzbebauung oder bei denen Gebäudefluchten eingehalten<br />
werden müssen <strong>und</strong> somit keine ausreichende Dämmstoffdicke auf der<br />
Fassade angebracht werden kann,<br />
Gebäude, bei denen für eine Außendämmung kein ausreichender Dachüberstand<br />
vorhanden <strong>und</strong> herstellbar ist,<br />
Teileinheiten von Immobilien im Gemeinschaftseigentum, wenn nicht alle<br />
Miteigentümer einer energetischen Fassadensanierung zustimmen (z. B.<br />
einzelne Wohneinheiten oder Gewerbeflächen),<br />
nur gelegentlich benutzte Räume wie Gästezimmer <strong>und</strong> Hobbyräume oder<br />
nur zeitweise genutzte Gebäude wie Kirchen, Gemeindehäuser, Vereinsheime<br />
<strong>und</strong> Ferienhäuser.<br />
G3.2<br />
2. Die Verhinderung <strong>und</strong> Beseitigung von feuchtebedingten Schimmelschäden<br />
durch konstruktive <strong>und</strong> bauphysikalische Optimierung des gesamten<br />
Wandaufbaus <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Erhöhung der Oberflächentemperaturen<br />
auf der Wandinnenseite.<br />
3
G<br />
Technische Regelwerke<br />
1 Allgemeines.<br />
Geltungsbereich.<br />
Diese Richtlinie gilt für die Planung <strong>und</strong> Ausführung von Innendämm-<br />
Systemen zur raumseitigen Dämmung von Außenwänden (Anwendungsgebiet<br />
WI gemäß DIN 4108-10) mit kapillaraktiven <strong>und</strong> diffusionsoffenen<br />
bis diffusionsdichten Systemen für den Wärme- <strong>und</strong> Feuchteschutz in ihren<br />
Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
Neben dieser Richtlinie sind die Merkblätter der WTA (Wissenschaftlich-<br />
Technische Arbeitsgemeinschaft für Denkmalpflege <strong>und</strong> Bauwerkserhaltung)<br />
sowie die einschlägigen Normen (siehe auch Anlage 1) zu beachten.<br />
Die Verarbeitungsvorschriften der Hersteller/Systemanbieter sind zu berücksichtigen,<br />
da die Wirkungsweise einzelner Komponenten im System<br />
aufeinander abgestimmt ist <strong>und</strong> nur so die Funktionalität des Systemaufbaus<br />
gewährleistet werden kann.<br />
Bei Einhaltung dieser Richtlinie gelten Innendämm-Systeme als bauphysikalisch<br />
sicher <strong>und</strong> nachweisbar.<br />
2 Rechtliche Rahmenbedingungen <strong>und</strong> Vorschriften.<br />
2.1 Anforderungen an den Wärmeschutz.<br />
Bei den rechtlichen Anforderungen an den Wärmeschutz sind die Mindestanforderungen<br />
nach DIN 4108 sowie die jeweils geltenden Regelungen der<br />
Energie einsparverordnung (EnEV) zu berücksichtigen.<br />
G3.2<br />
2.1.1 Hygienischer Mindestwärmeschutz.<br />
Der Mindestwärmeschutz gemäß DIN 4108-2 beschreibt die Mindestanforderung<br />
an den Dämmstandard von Außenbauteilen. Er dient zur<br />
Vermeidung bauphysikalisch bedingter Feuchteschäden, welche die Bausubstanz<br />
gefährden <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen durch Schimmelwachstum<br />
begünstigen. Dabei sind insbesondere die folgenden Punkte zu<br />
beachten:<br />
Der Mindestwärmedurchlasswiderstand für Außenwände beträgt gemäß<br />
Tabelle 3 der DIN 4108-2: R = 1,2 m 2 · K/W.<br />
Wärmebrücken müssen, sofern sie nicht nach Beiblatt 2 der DIN 4108 ausgeführt<br />
werden, einen Temperaturfaktor ƒRsi ≥ 0,70 aufweisen.<br />
Hinweis: Die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes stellt im Regelfall nicht<br />
die Einhaltung der Mindestvorgaben für die Energieeffizienz von Gebäuden<br />
sicher!<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
2.1.2 Energieeinsparverordnung (EnEV).<br />
Die Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende<br />
Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung EnEV) ist eine<br />
Durchführungs verordnung zum Wärmeschutz. Sie hat den Zweck, die Einsparung<br />
von Heiz- <strong>und</strong> Kühlenergie <strong>und</strong> somit die Reduzierung des CO 2<br />
-Ausstoßes<br />
durch einen verbesserten baulichen Wärmeschutz zu erreichen.<br />
Die Anforderungen der jeweils gültigen EnEV sind stets zu beachten. Die EnEV<br />
gilt für alle Neubauten sowie bei der Modernisierung aller Bestandsgebäude,<br />
sobald mehr als 10 Prozent der Außenwandfläche verändert werden (z. B. bei<br />
neuem Putzauftrag oder beim Anbringen von plattenartigen Bekleidungen).<br />
2.2 Feuchteschutz.<br />
Dem Feuchteschutz kommt bei der Planung einer Innendämmung eine<br />
besondere Bedeutung zu, da die ursprüngliche <strong>Gebäudehülle</strong> nach dem Anbringen<br />
eines Innendämm-Systems aufgr<strong>und</strong> des weitgehenden Wegfalls von<br />
Transmissionswärme größeren Temperaturschwankungen unterliegt.<br />
Wandkonstruktionen bedürfen nach DIN 4108-3 eines Feuchteschutznachweises<br />
zur Begrenzung des Tauwasserausfalls innerhalb der Konstruktion.<br />
Bei dem in DIN 4108-3 genormten Glaser-Verfahren handelt es sich um ein<br />
vereinfachtes Rechen verfahren, das ausschließlich Wärmeleitung <strong>und</strong><br />
Dampfdiffusion unter stationären Randbedingungen berücksichtigt. Wenn<br />
bei Innendämm-Systemen auch die Einflüsse von Schlagregen, Baufeuchte<br />
<strong>und</strong> Umkehrdiffusion im Sommer sowie Feuchtespeicher- <strong>und</strong> Flüssigtransportvorgänge<br />
betrachtet werden sollen bzw. eine Rolle spielen, ist das Glaser-<br />
Verfahren zum Feuchteschutznachweis von Innendämm-Systemen nicht<br />
geeignet.<br />
2.2.1 Anforderungen nach DIN 4108-3.<br />
In DIN 4108-3 sind Bedingungen genannt, bei denen die Tauwasserbildung<br />
im Inneren von Bauteilen als unkritisch gilt. Neben absoluten Grenzwerten,<br />
denen Betrachtungen zur Beständigkeit der Materialien gegenüber biologischem<br />
Befall <strong>und</strong> Frost zu Gr<strong>und</strong>e liegen, muss nachgewiesen werden, dass<br />
die in der Tauperiode in der Konstruktion eingelagerte Feuchtigkeit in der<br />
Trocknungs periode wieder abgegeben werden kann <strong>und</strong> sich der Gesamtfeuchtegehalt<br />
der Konstruktion nicht über mehrere Jahre hinweg kumuliert.<br />
Wenn außer der Raumluftfeuchte jegliche weitere Feuchteeinwirkung auf die<br />
Außenwandkonstruktion ausgeschlossen werden kann, ist bei dampfbremsenden<br />
<strong>und</strong> dampfdichten Systemaufbauten ein Feuchte schutznachweis mit<br />
dem Glaser-Verfahren möglich.<br />
G3.2<br />
5
G<br />
Technische Regelwerke<br />
2.2.2 Umfassender Feuchteschutznachweis von Innendämm-Systemen.<br />
Für den Feuchteschutznachweis von Innendämm-Systemen ist die hygrothermische<br />
Simulation gemäß DIN EN 15026 unter Beachtung des WTA-Merkblattes<br />
6-1 zu empfehlen.<br />
Dabei sind folgende zusätzliche Einflussfaktoren auf die Gesamtkonstruktion<br />
zu berücksichtigen:<br />
Ausgangsfeuchte<br />
Wärme- <strong>und</strong> Feuchtespeicherung<br />
Flüssigwasser-/Kapillartransport<br />
Schlagregenbelastung<br />
Die Anwendung hygrothermischer Simulationsverfahren führt so zu einem<br />
sicheren bzw. erfolgreichen Nachweis von Innendämm-Systemen, sofern die<br />
notwendigen Kennwerte aller Baustoffe bekannt sind bzw. sinnvoll abgeschätzt<br />
werden können.<br />
Erfolgreich im Sinne des Nachweises bedeutet dabei, dass die Materialfeuchte<br />
einzelner Schichten systemspezifisch begrenzt ist, es nicht zu Schäden<br />
kommt <strong>und</strong> angelagerte Feuchte wieder austrocknen kann, d. h. der Gesamtfeuchtegehalt<br />
der Konstruktion nicht über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich<br />
ansteigt.<br />
Die DIN 4108-3 weist im Abschnitt A 6.4 auf derartige Berechnungsmöglichkeiten<br />
hin <strong>und</strong> lässt entsprechende Verfahren explizit zu.<br />
Ferner muss sichergestellt werden, dass in systembedingten Hohlräumen<br />
Schimmelpilzwachstum in Anlehnung an das WTA-Merkblatt 6-3 vermieden<br />
wird.<br />
Kleinere, ausführungsbedingte Hohlräume ohne Verbindung untereinander<br />
oder zur Raumluft können als unkritisch angesehen werden.<br />
G3.2<br />
2.3 Anforderungen an die Hersteller von Innendämm-Systemen.<br />
Anbieter von Innendämm-Systemen müssen dem Fachplaner alle erforderlichen<br />
Werte <strong>und</strong> Angaben zur Durchführung einer ordnungsgemäßen hygrothermischen<br />
Simulation zur Verfügung stellen. Dies gilt für alle wesentlich an<br />
der Funktionsweise des Systemaufbaus beteiligten <strong>und</strong> von ihnen gelieferten<br />
Komponenten.<br />
Ferner muss die Funktionalität des Innendämm-Systems vom Hersteller an<br />
experimentellen Versuchsobjekten <strong>und</strong>/oder anhand von beispielhaften<br />
Simulations berechnungen für die vorgesehene Bauart nachgewiesen sein.<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
2.3.1 Angaben zu Stoffeigenschaften eines Innendämm-Systems.<br />
Dichte<br />
Porosität<br />
Wärmekapazität<br />
Bemessungswert der Wärmeleitfähigkeit<br />
Diffusionswiderstandswert (µ-Wert)<br />
Feuchtespeicherfunktion*<br />
Flüssigtransportfunktionen (für den gesamten Feuchtegehaltsbereich einschließlich<br />
kapillarem Rücktransport)*<br />
* Die Gesamtheit dieser Kennwerte ist nur bei hygroskopischen <strong>und</strong> kapillaraktiven<br />
Materialien notwendig. Für sehr dünne Schichten (≥ 1 mm), wie z. B.<br />
Kleberschichten oder Dampfbremsen, welche die Feuchte weder nennenswert<br />
speichern noch in flüssiger Form transportieren, reicht in der Regel die<br />
Angabe des Dampfdiffusionswiderstands (sd-Wert).<br />
2.3.2 Hinweispflichten.<br />
Zur Gewährleistung einer fachgerechten Verarbeitung <strong>und</strong> einer dauerhaften<br />
Funktion von Innendämm-Systemen sollen die Hersteller von Innendämm-<br />
Systemen folgende Unterlagen zu den von ihnen angebotenen Systemen<br />
bereitstellen:<br />
a) Verarbeitungshinweise<br />
Die Verarbeitungshinweise sollen alle wesentlichen Informationen enthalten,<br />
um einem qualifizierten Fachhandwerker die sichere Montage eines<br />
Innendämm-Systems zu ermöglichen (siehe auch Punkt 5). Darüber hinaus<br />
sollen sie Hinweise auf alle wesentlichen Verarbeitungsdetails enthalten,<br />
die für eine einwandfreie dauerhafte Funktion erforderlich sind.<br />
b) Nutzungshinweise<br />
Die Nutzungshinweise sollen dem Auftraggeber/Eigentümer wichtige Hinweise<br />
geben, wie die hohe Qualität von Innendämm-Systemen durch Nutzerverhalten<br />
<strong>und</strong> bei Renovierungen erhalten werden kann. Inhalte können<br />
z. B. sein: Hinweise zum Lüftungsverhalten, Hinweise zur Befestigung<br />
von Gegenständen an der gedämmten Wand, Hinweise zur systemverträglichen<br />
Auswahl von Beschichtungen oder Wandbekleidungen (Tapeten) im<br />
Fall von Renovierungen. Die Nutzungshinweise sollten dem Besitzer z. B.<br />
bei Mieterwechseln vom Eigentümer ausgehändigt werden.<br />
G3.2<br />
2.4 Brandschutz, Umweltschutz, Ges<strong>und</strong>heitsschutz <strong>und</strong><br />
Arbeitsschutz.<br />
2.4.1 Baulicher Brandschutz.<br />
Baurechtliche Anforderungen <strong>und</strong> bauaufsichtlich relevante Eigenschaften<br />
bezüglich des Brandschutzes sind den Bauordnungen <strong>und</strong> den Listen der<br />
Technischen Baubestimmungen der einzelnen B<strong>und</strong>esländer sowie den Bauregellisten<br />
zu entnehmen.<br />
7
G<br />
Technische Regelwerke<br />
2.4.2 Ges<strong>und</strong>heitsschutz.<br />
Die Hersteller der Einzelbestandteile eines Innendämm-Systems müssen<br />
sicherstellen, dass weder bei der Montage noch in der Nutzungsphase Ges<strong>und</strong>heitsgefahren<br />
von einem Innendämm-System ausgehen. Einschlägige<br />
produktbezogene Vorschriften sind zu beachten. Es ist in Montagehinweisen<br />
auf notwendige Schutz- <strong>und</strong> Vorsichtsmaßnahmen sowie bekannte Gefahren<br />
hinzuweisen.<br />
Das Innendämm-System <strong>und</strong> seine Komponenten dürfen nur dann zur<br />
Anwendung kommen, wenn die Anforderungen im Hinblick auf den<br />
Ges<strong>und</strong>heits schutz beachtet werden. Solche Anforderungen ergeben sich<br />
z. B. aus stofflichen Verboten oder Beschränkungen sowie allgemeinen Vorschriften<br />
<strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätzen anderer Rechtsbereiche (z. B. Chemikaliengesetz,<br />
Gefahrstoffverordnung, REACH-Verordnung EG Nr. 1907/2006), aus denen sich<br />
einschränkende Bestimmungen ergeben können.<br />
Weiterführende Informationen zum Umwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz können<br />
unter anderem auch Ökobilanzen nach ISO EN 14040 ff. sowie den Umweltproduktdeklarationen<br />
der Systeme oder ihrer Systemkomponenten entnommen<br />
werden.<br />
2.4.3 Arbeitsschutz.<br />
Bei der Montage eines Innendämm-Systems sind die aktuell gültigen Arbeitsschutzrichtlinien<br />
der Berufsgenossenschaft <strong>und</strong> die Hinweise der Systemanbieter<br />
zu beachten.<br />
G3.2<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
3 Bestandteile eines Innendämm-Systems.<br />
Ein Innendämm-System setzt sich aus mehreren Einzelbestandteilen (Systemkomponenten)<br />
zusammen. Sie sind vom Systemanbieter speziell für die<br />
Anforderungen einer Innendämmung aufeinander abgestimmt, um eine<br />
dauerhafte Funktion zu gewährleisten. Geregelte <strong>und</strong> nicht geregelte Systemkomponenten<br />
dürfen verwendet werden, wenn ihre Verwendbarkeit in dem<br />
für sie geforderten Übereinstimmungsnachweis bestätigt ist.<br />
Ein Innendämm-System muss nicht notwendigerweise alle nachfolgend genannten<br />
Komponenten enthalten. Die nachfolgenden Aufzählungen erheben<br />
keinen Anspruch auf Vollständigkeit.<br />
3.1 Dämmstoffe.<br />
3.1.1 Geregelte Dämmstoffe.<br />
DIN 4108-10 regelt die Anwendung genormter Dämmstoffe zum Wärmeschutz<br />
<strong>und</strong> zur Energieeinsparung in Gebäuden. Für die Verwendung in<br />
Innendämm-Systemen dürfen nach dieser Norm nur Dämmstoffe mit dem<br />
Kurzzeichen WI („Innendämmung der Wand“) eingesetzt werden. Die einzelnen<br />
Dämmstoffarten müssen den jeweils gültigen Stoffnormen entsprechen:<br />
Mineralwolle (MW) DIN EN 13162<br />
Polystyrol-Hartschaum (EPS) DIN EN 13163<br />
Polystyrol-Extruderschaum (XPS) DIN EN 13164<br />
Polyurethan-Hartschaum (PUR) DIN EN 13165<br />
Schaumglas (CG) DIN EN 13167<br />
Holzwolle-Platten (WW) DIN EN 13168<br />
Holzwolle-Mehrschichtplatten (WW-C) DIN EN 13168<br />
expandiertes Perlite (EPB) DIN EN 13169<br />
expandierter Kork (ICB) DIN EN 13170<br />
Holzfaser (WF) DIN EN 13171<br />
3.1.2 Nicht geregelte Dämmstoffe.<br />
Nicht geregelte Dämmstoffe <strong>und</strong> konstruktive Baustoffe mit dämmenden<br />
Eigenschaften dürfen ebenfalls gemäß ihrer allgemeinen bauaufsichtlichen<br />
Zulassung (abZ) bzw. ihrer europäischen technischen Zulassung (ETA) verwendet<br />
werden. Dies gilt z. B. für:<br />
G3.2<br />
Mineraldämmplatten<br />
Perlite-Dämmplatten<br />
Vakuumisolationspaneele<br />
Zellulose<br />
Calciumsilikatplatten<br />
Pyrogene Kieselsäure, Aerogele<br />
Dämmputze<br />
Bausteine mit Dämmstofffüllung<br />
9
G<br />
Technische Regelwerke<br />
3.2 Kleber.<br />
Klebemörtel dienen dazu, die Dämmstoffe am Untergr<strong>und</strong> zu befestigen. Darüber<br />
hinaus können der Kleberschicht weitere systemrelevante Eigenschaften<br />
zugewiesen werden.<br />
Je nach Systemaufbau werden bei Innendämm-Systemen folgende Kleber<br />
verwendet:<br />
Mineralische Klebemörtel gemäß DIN EN 998-1<br />
Lehmmörtel gemäß den „Anforderungen an Lehmputze“ des Dachverbands<br />
Lehm e. V.<br />
Bitumenemulsionen gemäß EN 13808<br />
Dispersionskleber gemäß DIN EN 12004 <strong>und</strong> ISO 13007-1<br />
Polyurethan-Klebeschaum<br />
Kleber auf Gipsbasis für Verb<strong>und</strong>platten gemäß DIN EN 14496<br />
Gipsgeb<strong>und</strong>ene Spachtelmassen gemäß DIN EN 13963<br />
3.3 Hinterfüllungen.<br />
Eine Hinterfüllung dient der hygrischen Ankopplung kapillaraktiver Innendämm-Systeme<br />
an die Bestandswand. Systemabhängig werden dazu üblicherweise<br />
verwendet:<br />
Mineralische Putz- <strong>und</strong> Mauermörtel gemäß DIN EN 998-1 <strong>und</strong> DIN EN<br />
998-2<br />
Schüttfähige Dämmstoffe<br />
Lehmprodukte gemäß Lehmbau-Regeln<br />
3.4 Mechanische Befestigungen.<br />
G3.2<br />
3.4.1 Dübel.<br />
Werden die Dämmplatten eines Innendämm-Systems direkt (i. d. R. ohne<br />
Unterkonstruktion oder Kleberschicht) auf der Innenseite der Außenwand<br />
angebracht, kann eine zusätzliche mechanische Befestigung mit Dämmstoffdübeln<br />
sinnvoll oder notwendig sein. Für die Dübelanwendung in einem<br />
Innendämm-System bestehen keine speziellen Normen oder Zulassungsleitlinien.<br />
Wegen der vergleichbaren Anwendung empfiehlt sich die Verwendung<br />
von Spezialdübeln mit Zulassung für die Anwendung in Wärmedämm-Verb<strong>und</strong>systemen.<br />
Diese verfügen insbesondere über konstruktive<br />
Maßnahmen zur Minimierung punktueller Wärmebrücken.<br />
Dübeldetails können den Verarbeitungshinweisen des Systemanbieters entnommen<br />
werden.<br />
3.4.2 Unterkonstruktionen.<br />
Anstelle der direkten Befestigung der Dämmschicht auf der Wandoberfläche<br />
kann diese mithilfe von Unterkonstruktionen auf die Innenseite der Außenwand<br />
montiert werden. Häufig werden dazu verwendet:<br />
Verzinkte Stahlblechprofile nach DIN 18182-1 unter Berücksichtigung von<br />
Korrosionsschutzanforderungen<br />
Holz gemäß DIN 4103-4 unter Berücksichtigung der DIN 68800<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
3.5 Dampfbremsschichten <strong>und</strong> Luftdichtheitsmaterial.<br />
Dampfbremsende Schichten <strong>und</strong> Dichtmaterialien erfüllen in Innendämm-<br />
Systemen die Funktion, die Diffusion vom Innenraum in die Außenwand zu<br />
reduzieren oder zu verhindern sowie ein Hinterströmen der Dämmebene zu<br />
unterbinden. Die sorgfältige Verarbeitung ist entscheidend für die spätere<br />
Funktion des Systems.<br />
Dazu werden eingesetzt:<br />
Membranen <strong>und</strong> Folien<br />
Abdichtungsmaterialien<br />
Klebebänder, Dichtstoffe<br />
Plattenwerkstoffe<br />
3.6 Raumseitiger Systemabschluss.<br />
Der raumseitige Systemabschluss bildet die Gr<strong>und</strong>lage für die individuelle Gestaltung<br />
des Innenraumes. Putz- <strong>und</strong> Spachtelmassen stellen entweder selbst<br />
die Schluss beschichtung dar oder dienen als Gr<strong>und</strong>lage z. B. für Anstrichsysteme.<br />
Dazu können folgende Materialien verwendet werden:<br />
3.6.1 Putze <strong>und</strong> Spachtelmassen.<br />
Mineralische Mörtel gemäß DIN EN 998-1<br />
Kunstharzputze gemäß DIN EN 15824<br />
Silikatputze gemäß DIN EN 15824<br />
Lehmmörtel gemäß den „Anforderungen an Lehmputze“ des Dachverbands<br />
Lehm e. V.<br />
Gipsputze gemäß DIN EN 13279-1<br />
Gipsbasierte Spachtelmassen gemäß DIN EN 13963<br />
3.6.2 Beplankungen.<br />
G3.2<br />
Faserverstärkte Gipsplatten gemäß DIN EN 15238-2 bzw. gemäß allgemeiner<br />
bauaufsichtlicher Zulassung (AbZ) oder europäischer technischer Zulassung<br />
(ETA)<br />
Gipsplatten gemäß DIN 18180<br />
Gips-Verb<strong>und</strong>platten gemäß DIN EN 13950<br />
Zementfaserplatten gemäß DIN EN 12464 bzw. gemäß allgemeiner bauaufsichtlicher<br />
Zulassung (AbZ) oder europäischer technischer Zulassung (ETA)<br />
Holz <strong>und</strong> Holzwerkstoffe<br />
Calciumsilikatplatten<br />
11
G<br />
Technische Regelwerke<br />
3.6.3 Dekorativer Abschluss.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Funktionsvielfalt der unterschiedlichen Innendämm-Systeme<br />
kann hinsichtlich der bauphysikalischen Eigenschaften einer jeweils möglichen<br />
Oberflächengestaltung keine einheitliche Aussage getroffen werden.<br />
Während beispielsweise kapillaraktive Systeme einen niedrigen Diffusionswiderstand<br />
des Oberflächenfinishs erfordern, spielt dies bei dampfdichten<br />
Systemen keine Rolle.<br />
Die innerhalb eines Innendämm-Systems notwendigen bauphysikalischen<br />
Anforderungen an die Beschichtungsmaterialien oder Wandbekleidungen<br />
(Tapeten) sind daher vom jeweiligen Systemlieferanten zu formulieren.<br />
Bei deren Auswahl ist zu berücksichtigen, dass die relevanten bauphysikalischen<br />
Eigenschaften für Beschichtungssysteme in der Regel bekannt sind,<br />
während bei Klebstoffen <strong>und</strong> Wandbekleidungen (Tapeten) zuverlässige<br />
Messwerte nachgefragt werden müssen.<br />
4 Planung eines Innendämm-Systems.<br />
4.1 Bauzustandsanalyse.<br />
Zu Beginn der Planung ist eine sorgfältige Prüfung der Ausgangssituation am<br />
jeweiligen Objekt erforderlich. Dabei sind folgende Aspekte besonders zu prüfen<br />
(siehe auch Verarbeitungshinweise der Systemhersteller):<br />
G3.2<br />
Wärmetechnischer Zustand des Gebäudes<br />
• R-Wert des bestehenden Wandaufbaus<br />
• Baustoffe<br />
• Wärmebrücken<br />
• Bauteildimensionen<br />
Feuchtetechnischer Zustand des Gebäudes<br />
• Mauerwerksfeuchte <strong>und</strong> deren Ursachen (Abdichtungsebenen, ggf. müssen<br />
vor der Ausführung einer Innendämm-Maßnahme geeignete vorbereitende<br />
Arbeiten ausgeführt werden (z. B. Mauerwerkstrocknung)<br />
• Salzbelastungen<br />
• Feuchteempfindliche Materialschichten entfernen<br />
• Ggf. sind diffusionshemmende Schichten (z. B. Ölfarben) vor Aufbringung<br />
eines Innendämm-Systems zu entfernen<br />
Aktuelle <strong>und</strong> geplante Nutzung der Räume, insbesondere mit Blick auf die<br />
zu erwartende Feuchtebelastung bei einer gewerblichen Nutzung wie z. B.<br />
durch Großküchen oder Wellnessbereiche<br />
Analyse weiterer erkennbarer Schäden, z. B. Schimmelbefall, Auskristallisierungen<br />
Beurteilung des allgemeinen konstruktiven Zustands der Außenbauteile<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
4.2 Außen- <strong>und</strong> Innenklima.<br />
Bei der Planung sind die Rand- <strong>und</strong> Übergangsbedingungen gemäß DIN EN<br />
15026 zu berücksichtigen.<br />
Auswahl der Außenklimabedingungen für die Berechnung:<br />
Zur Untersuchung der Gebrauchstauglichkeit eines Innendämm-Systems<br />
sind, soweit vorhanden, die realen Klimadatensätze der Stadt/Region zu verwenden,<br />
in der das Objekt liegt. Stehen keine expliziten Daten zur Verfügung,<br />
wird folgende Auswahl empfohlen:<br />
Norddeutsche Küstenregion (Schlagregengruppe III gemäß DIN 4108-3):<br />
Verwendung des Klimadatensatzes von Bremerhaven<br />
Deutsche Regionen der Schlagregengruppe I für normal exponierte Lagen:<br />
Klimadatensatz von Potsdam<br />
Stark exponierte Lagen der Schlagregengruppe I <strong>und</strong> normale Lagen der<br />
Schlagregengruppe II: Klimadatensatz von Dresden<br />
Küstenferne Regionen der Schlagregengruppe III: Klimadatensatz von<br />
Holzkirchen<br />
Vorrangig sind hierbei die West- <strong>und</strong> die Nordseiten zu betrachten.<br />
Die Exposition einer Außenwand hat unter Umständen einen geringeren Einfluss<br />
auf das hygrothermische Verhalten als die feuchtetechnische Innenlast.<br />
Lüftungsanlagen wirken sich positiv auf das Raumklima aus <strong>und</strong> reduzieren<br />
die Feuchtelast in der Gesamtkonstruktion.<br />
4.3 Schlagregensicherheit der Außenwand.<br />
Durch das Aufbringen einer Innendämmung werden die Temperaturamplituden<br />
innerhalb der Altkonstruktion erhöht <strong>und</strong> die Temperaturverläufe<br />
innerhalb des Wandbildners verschieben sich. Die Jahrestiefsttemperaturen<br />
werden geringer. Damit verändert sich das Trocknungspotenzial der Konstruktion.<br />
G3.2<br />
Mögliche Belastungen können unter Zuhilfenahme der DIN 4108-3 sowie der<br />
DIN EN ISO 15927-3 ermittelt bzw. berechnet werden.<br />
Bei vielen Konstruktionen ist eine mögliche Schlagregenbeanspruchung sorgfältig<br />
in die planerischen Betrachtungen einzubeziehen. Gegebenenfalls muss<br />
das Herstellen einer schlagregensicheren Fassade Bestandteil der Herstellung<br />
des Innendämm-Systems sein. Hinweise finden sich in der DIN 4108-3.<br />
Die Herstellerangaben zur Einsetzbarkeit des vorgesehenen Innendämm-<br />
Systems in Abhängigkeit von der Schlagregenbeanspruchungsgruppe sind zu<br />
beachten.<br />
13
G<br />
Technische Regelwerke<br />
4.4 Luftdichtheit <strong>und</strong> Konvektion.<br />
Eine Feuchteanreicherung durch Konvektion feuchtwarmer Raumluft hinter<br />
das Innendämm-System muss durch geeignete konstruktive Maßnahmen vermieden<br />
werden, um eine dauerhafte Funktionstüchtigkeit des Innendämm-<br />
Systems zu gewährleisten.<br />
Geeignete Maßnahmen können sein:<br />
Vollflächige Verklebung der Dämmung auf die Bestandskonstruktion<br />
Vollflächiges mechanisches Anpressen des Systems auf den Untergr<strong>und</strong><br />
Hohlraumfreie Hinterfüllung vorgestellter Systeme<br />
Umlaufende Randwulst-Verklebung der Dämmplatten ohne Verbindung<br />
zur Raumluft<br />
Umlaufend dauerhaft luftdichter Anschluss der Luftdichtheitsebene/<br />
Dampfbremsfolie an angrenzende Bauteile <strong>und</strong> Durchdringungen (Ausführung<br />
nach DIN 4108-7)<br />
Vollflächiges Aufbringen eines aushärtenden Dämmsystems<br />
Hinweise:<br />
G3.2<br />
Mit Klebemörtel können Unebenheiten des Untergr<strong>und</strong>s nur bedingt ausgeglichen<br />
werden. Da bei diffusionsoffenen, kapillaraktiven Systemen eine<br />
vollflächige Verklebung sicherzustellen ist, sind größere Toleranzen des<br />
Untergr<strong>und</strong>s vor Beginn der Dämmarbeiten durch einen geeigneten Ausgleichsputz<br />
zu egalisieren.<br />
Kleinere system- <strong>und</strong> ausführungsbedingte Hohlräume, die z. B. bei einem<br />
vollflächigen Klebemörtelauftrag mittels Zahnkelle trotz Einschwimmen<br />
der Dämmplatten verbleiben, oder Hohlräume bei einer umlaufenden<br />
Randwulst-Verklebung der Dämmplatten ohne Verbindung zur Raumluft<br />
können als unkritisch angesehen werden.<br />
Besonderes Augenmerk ist in dieser Hinsicht allen Durchdringungen wie<br />
Rohrleitungen, Elektroinstallationen, Aufhängungen usw. zu widmen,<br />
sofern diese nicht in einer separaten Installationsebene vor der Luftdichtheitsebene<br />
angeordnet werden können.<br />
Diese Beispiele schließen andere Bauausführungen entsprechend gesicherter<br />
praktischer Erfahrungen nicht aus.<br />
4.5 Detailplanungen.<br />
Der Planverfasser kann mit hygrothermischen Simulationen (vgl. Punkt 2.2.2)<br />
auch kritische oder außergewöhnliche Detailanschlüsse auf das feuchtetechnische<br />
Verhalten <strong>und</strong> ihre Funktionalität hin beurteilen.<br />
Auf diese Weise kann Planungssicherheit nicht nur für den ungestörten<br />
Wandaufbau, sondern auch für Konstruktionsdetails erreicht werden. Vom<br />
Systemanbieter sind Standardlösungen anzugeben, die objektspezifisch anzupassen<br />
sind.<br />
Insbesondere ist Folgendes zu beachten:<br />
Um Wärmebrücken zu vermeiden, ist das Innendämm-System auch in die<br />
Fenster- <strong>und</strong> Türleibungen hineinzuführen.<br />
Besonders an geometrischen/konstruktiven Wärmebrücken wie z. B. in<br />
Raum ecken kann es zu erhöhten Wärmeverlusten kommen. An einbindenden<br />
Innenwänden <strong>und</strong> Geschossdecken kann daher mit Dämmkeilen oder<br />
anderen systemkonformen Detaillösungen gearbeitet werden. Wenn der<br />
unter Punkt 2.2.1 genannte Temperaturfaktor ƒRsi ≥ 0,70 nicht eingehalten<br />
wird <strong>und</strong>/oder keine wohnraumtypische Nutzung vorliegt, ist die Schimmelpilzfreiheit<br />
durch hygrothermische Simulation zu überprüfen.<br />
14<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Technische Regelwerke<br />
G<br />
Da die ursprüngliche <strong>Gebäudehülle</strong> nach der Anbringung eines Innendämm-Systems<br />
aufgr<strong>und</strong> des weitgehenden Wegfalls von Transmissionswärme<br />
größeren Temperaturdifferenzen unterliegt, ist bei der Planung einer<br />
Innendämm-Maßnahme auf eventuell vorhandene frostempfindliche<br />
Einbauten (z. B. Wasserleitungen) zu achten.<br />
5 Verarbeitung eines Innendämm-Systems.<br />
5.1 Verarbeitung nach Herstellerangaben.<br />
Die Verarbeitung eines Innendämm-Systems erfolgt nach den Angaben des<br />
Systemanbieters. Dies ist Voraussetzung für die Systemgewährleistung des<br />
Herstellers. Die Verarbeitungshinweise des Systemanbieters enthalten mindestens<br />
folgende Informationen:<br />
Untergr<strong>und</strong>prüfungen<br />
Untergr<strong>und</strong>vorbehandlung<br />
Systeminstallation<br />
Angaben zu Verarbeitungsbedingungen<br />
Nachbehandlung/Pflege<br />
Da die Systemkomponenten seitens des Herstellers sorgfältig auf die spezifische<br />
Anwendung abgestimmt werden, setzt die Herstellergewährleistung<br />
zwingend voraus, dass nur vom Systemanbieter für den jeweiligen Systemaufbau<br />
freigegebene Komponenten eingebaut werden.<br />
5.2 Unterlagen für den Auftraggeber.<br />
Nach Abschluss der Arbeiten soll der Fachhandwerker dem Auftraggeber eine<br />
schriftliche Erklärung aushändigen, mit der er den fachgerechten Einbau des<br />
Innendämm-Systems unter Einhaltung dieser Richtlinie, der Verarbeitungshinweise<br />
des Herstellers, der Vorgaben der Planung sowie der Regeln der<br />
Technik bescheinigt. Die Vorlage dieser Erklärung erleichtert die Abwicklung<br />
von Gewährleistungsvorgängen.<br />
G3.2<br />
6 Nutzung eines Innendämm-Systems.<br />
Das Raumklima <strong>und</strong> damit die potenzielle Feuchtebelastung eines Innendämm-Systems<br />
werden stark durch das Nutzerverhalten bestimmt. Folgendes<br />
ist zu beachten:<br />
Aktuelle Regeln <strong>und</strong> Empfehlungen zum Raumklima wie z. B. bei der Auslegung<br />
freier <strong>und</strong> ventilatorgestützter Lüftung von Wohnungen (DIN 1946-<br />
6 – Raumlufttechnik; Lüftung von Wohnungen) <strong>und</strong> „Richtiges Heizen <strong>und</strong><br />
Lüften“ der Verbraucherzentrale B<strong>und</strong>esverband e. V.).<br />
Bei späteren Renovierungsarbeiten ist auf eine systemverträgliche<br />
Produkt auswahl zu achten.<br />
Bei signifikanten Raumklimaänderungen (insbesondere Nutzungsänderungen)<br />
einer auf der Innenseite gedämmten Immobilie, z. B. bei einem<br />
Übergang von einer Büronutzung zu einem gewerblich genutzten Nassbereich,<br />
ist u. U. eine erneute bauphysikalische Bewertung des Innendämm-<br />
Systems erforderlich.<br />
15
G<br />
Technische Regelwerke<br />
Diese Broschüre können Sie bestellen unter www.innendaemm-systeme.de<br />
Anlage: Sonstige Vorgaben <strong>und</strong> Regelwerke.<br />
Neben den bereits genannten Regelwerken sind in ihrer jeweils gültigen Fassung<br />
zu berücksichtigen:<br />
G3.2<br />
18<br />
Innen dämmen<br />
mit System<br />
Wertvolle Bausubstanz muss auf energetische Sanierung nicht verzichten<br />
Die Broschüre mit den Inhalten zur Technischen<br />
Richtlinie können Sie bestellen unter<br />
www.innendaemm-systeme.de<br />
Dieser Beitrag der Technischen<br />
Richt linie zur Innendämmung<br />
von Außenwänden wird mit der<br />
Unterstützung des Fachverbands<br />
Wärmedämm-Verb<strong>und</strong>systeme e. V.<br />
veröffentlicht.<br />
Weitere Informationen stehen unter<br />
ƒ www.innendaemm-systeme.<br />
de bereit.<br />
Verarbeitungsanleitungen der Systemanbieter<br />
Sicherheitsdatenblätter der Systemkomponenten<br />
DIN 4108-2 Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2:<br />
Mindest anforderungen an den Wärmeschutz<br />
DIN 4108-3 Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3:<br />
Klimabedingter Feuchteschutz; Anforderungen, Berechnungsverfahren<br />
<strong>und</strong> Hinweise für Planung <strong>und</strong> Ausführung<br />
DIN 4108-4 Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie -Einsparung in Gebäuden – Teil 4:<br />
Wärme - <strong>und</strong> feuchte schutz technische Bemessungswerte<br />
DIN 4108-7 Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7:<br />
Luftdichtheit von Gebäuden – Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie -beispiele<br />
DIN 4108-10 Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 10:<br />
Anwendungs bezogene Anforderungen an Wärmedämmstoffe – Werkmäßig<br />
hergestellte Wärme dämmstoffe<br />
DIN EN 6946 Bauteile – Wärmedurchlasswiderstand <strong>und</strong> Wärmedurchgangskoeffizient<br />
– Berechnungs verfahren<br />
DIN EN 15026 Wärme- <strong>und</strong> feuchtetechnisches Verhalten von Bauteilen<br />
<strong>und</strong> Bauelementen – Bewertung der Feuchteübertragung durch numerische<br />
Simulation<br />
DIN EN ISO 15927-3 Wärme- <strong>und</strong> feuchteschutztechnisches Verhalten von<br />
Gebäuden – Berechnung <strong>und</strong> Darstellung von Klimadaten – Teil 3: Berechnung<br />
des Schlagregenindexes für senkrechte Oberflächen aus stündlichen<br />
Wind- <strong>und</strong> Regendaten<br />
Energieeinsparverordnung EnEV<br />
WTA-Merkblatt 6-1-01/D Leitfaden für hygrothermische Simulationsberechnungen<br />
WTA-Merkblatt 6-2-01/D Simulation wärme- <strong>und</strong> feuchtetechnischer Prozesse<br />
WTA-Merkblatt 6-3-05/D Rechnerische Prognose des Schimmelpilzwachstumsrisikos<br />
WTA-Merkblatt 6-4-09/D Innendämmung nach WTA I: Planungsleitfaden<br />
WTA-Merkblatt 8-1-03/D Fachwerkinstandsetzung nach WTA I: Bauphysikalische<br />
Anforderungen an Fachwerkgebäude<br />
WTA-Merkblatt 8-5-08/D Fachwerkinstandsetzung nach WTA V: Innendämmsysteme<br />
Im Übrigen sind alle relevanten sonstigen Gesetze, Verordnungen, Normen<br />
<strong>und</strong> Regelwerke zu beachten.<br />
Anhang.<br />
Herausgeber:<br />
Fachverband Wärmedämm-Verb<strong>und</strong>systeme e.V.<br />
Wissenschaftliche Begleitung:<br />
Dr.-Ing. Hartwig M. Künzel<br />
Abteilungsleiter Hygrothermik<br />
Fraunhofer-Institut für Bauphysik<br />
Institutsteile Holzkirchen <strong>und</strong> Stuttgart<br />
Dr.-Ing. Rudolf Plagge<br />
Leiter des Forschungs- <strong>und</strong> Entwicklungslabors IBK<br />
Technische Universität Dresden<br />
16<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Materialien in der Innendämmung<br />
G<br />
G3.3 Materialien in der Innendämmung.<br />
1<br />
Mineraldämmplatten.<br />
Autor:<br />
Markus Heße<br />
G<br />
G3.3<br />
1
G<br />
Materialien in der Innendämmung<br />
G3.3<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Materialien in der Innendämmung<br />
G<br />
1 Mineraldämmplatten.<br />
Autor:<br />
Markus Heße<br />
Herstellung <strong>und</strong> Materialeigenschaften.<br />
Mineraldämmplatten sind ein anorganischer, rein mineralischer Baustoff.<br />
Produziert werden Mineraldämmplatten aus den Rohstoffen Sand, gebrannter<br />
Kalk (Kalziumoxid), Zement <strong>und</strong> Wasser, denen geringe Mengen Aluminiumpulver<br />
als Treibmittel (Porenbildner) zugesetzt werden: Während der<br />
Fertigung treibt das Aluminiumpulver das Rohstoffgemisch auf. Dabei entstehen<br />
Millionen kleinster Luftporen, die für die Wärmedämmeigenschaften<br />
verantwortlich sind. Bei der anschließenden Dampfhärtung in Druckkesseln<br />
entsteht das Mineral Tobermorit, das die Eigenschaften der Mineraldämmplatten<br />
maßgeblich mitbestimmt. Dampf <strong>und</strong> anfallendes Kondensat werden<br />
im Herstellungsprozess wiederverwendet, ebenso wie produktionsbedingt<br />
anfallende Baustoffreste. Der Baustoff kann im Fall des Rückbaus ohne Vorbehandlung<br />
oder erhöhten Aufwand für Materialtrennung als rein mineralischer<br />
Bauschutt deponiert werden.<br />
Mineraldämmplatten sind formstabil <strong>und</strong> druckfest sowie dampfdurchlässig.<br />
Der mineralische Ursprung sorgt generell für die Baustoffklasse A1 <strong>und</strong> ist damit<br />
als nicht brennbar eingestuft. Mineralische Dämmplatten sind baubiologisch<br />
sowie mikrobiologisch unbedenklich <strong>und</strong> können durch ihren pH-Wert<br />
von ca. 10 <strong>und</strong> die alkalischen Eigenschaften eine Hemmwirkung gegen Pilze<br />
<strong>und</strong> Mikroorganismen bieten.<br />
G3.3<br />
3
G<br />
Materialien in der Innendämmung<br />
Die technischen Eigenschaften von Mineraldämmplatten sind im folgenden<br />
Infokasten zusammengefasst:<br />
Mineraldämmplatten<br />
Zulassung<br />
Produktbeschreibung<br />
Anwendungsbereiche<br />
nach DIN 4108-10<br />
Abmessungen<br />
Maßhaltigkeit<br />
AbZ – Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung<br />
Z-23.11-1501<br />
ETA – Europäisch Technische Zulassung ETA-05/0093<br />
Massiv – mineralisch – monolithisch, Wärmedämmstoff<br />
aus Calciumsilikat-Hydraten, Kalk, Sand, Zement,<br />
Wasser, Porenbildner (Porosität > 95 Vol.-%)<br />
Innendämmung von Wänden (WI, WTR)<br />
Ober- <strong>und</strong> unterseitige Deckendämmsysteme:<br />
Tiefgaragen, Keller, Durchfahrten (DI, DEO)<br />
Wärmedämmung für Steil- <strong>und</strong> Flachdächer<br />
(DAD, DAA dh, DAA ds, DZ)<br />
Wärmedämm-Verb<strong>und</strong>system über Systempartner<br />
(WAP)<br />
Dämmung von zweischaligen Wänden,<br />
Kerndämmung (WZ)<br />
Ca. 300 x 600 mm, je nach Hersteller<br />
d = 50 bis ca. 300 mm, je nach Hersteller<br />
Sonderformate auf Anfrage<br />
± 2 mm<br />
Rohdichte 90 kg/m³, λ = 0,042 W/(m · K)<br />
110 kg/m³, λ = 0,045 W/(m · K)<br />
115 kg/m³, λ = 0,047 W/(m · K)<br />
Bemessungswert der<br />
Wärmeleitfähigkeit<br />
Wärmeausdehnungskoeffizient<br />
λ = 0,042 W/(m · K); (WI, WTR, DI)<br />
λ = 0,045 W/(m · K); (DAA dh, DAD, WAP, WZ, DEO, DZ)<br />
λ = 0,047 W/(m · K); (DAA ds)<br />
10-5/K<br />
1,3 kJ/(kg · K)<br />
G3.3<br />
Spezifische Wärmekapazität<br />
Wasserdampfdiffusionswiderstand<br />
μ<br />
Diffusionsoffen<br />
μ = 2, λ = 0,042 W/(m · K)<br />
μ = 3, λ = 0,045/0,047 W/(m · K)<br />
Brandschutz Nicht brennbar – Baustoffklasse A1 – DIN EN 13501-1<br />
Druckfestigkeit σ m<br />
200 Kpa, λ = 0,042 W/(m · K)<br />
σ m<br />
300 Kpa, λ = 0,045 W/(m · K)<br />
σ m<br />
350 Kpa, λ = 0,047 W/(m · K); (DAA ds)<br />
Verformung<br />
Sorptionsfeuchte<br />
Sonstige Eigenschaften<br />
1 mm bei 1.000 N Punktlast, baupraktisch stauchungsfrei<br />
6 Masse-% (bei 23 °C <strong>und</strong> 80 % rel. Luftfeuchte)<br />
Institut <strong>Bauen</strong> <strong>und</strong> Umwelt e. V. (IBU e. V.): EPD-XEL-<br />
2009212-D „umweltverträgliches Bauprodukt“<br />
Naturplus Qualitätszeichen: 0404-0812-0881<br />
Baubiologisch <strong>und</strong> mikrobiologisch unbedenklich,<br />
Hemmwirkung gegen Pilze <strong>und</strong> Mikroorganismen,<br />
vollständig recycelbar<br />
Tab. 1: Technische Eigenschaften von Mineraldämmplatten<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
Materialien in der Innendämmung<br />
G<br />
Einsatzbereiche.<br />
Mineraldämmplatten können prinzipiell gleichermaßen in Neubau <strong>und</strong> Sanierung<br />
eingesetzt werden <strong>und</strong> eignen sich sowohl zum Einsatz als äußere<br />
Wärmedämmverb<strong>und</strong>systeme (WDVS) als auch zur Innendämmung.<br />
Beim Einsatz als außen liegendes WDVS kann der gesamte Aufbau allein auf<br />
mineralischer Basis erfolgen, von der Kleberschicht aus Leichtmörtel bis zur<br />
Armierungsschicht. Die abschließende Oberflächenbehandlung kann ebenfalls<br />
mit einem mineralischen Oberputz erfolgen, der meist in Kornstärke<br />
aufgezogen wird.<br />
Ihre Vorzüge können Mineraldämmplatten vor allem beim Einsatz als Innendämmungen<br />
ausspielen: Bei einer Wärmeleitfähigkeit von ca. 0,045 W/(m · K)<br />
bieten sie mit der Baustoffklasse A1 neben einer soliden Dämmwirkung auch<br />
einen soliden Brandschutz im Innenraum <strong>und</strong> eignen sich daher gut für die<br />
Verkleidung sowohl brand- als auch wärmeschutzrelevanter Bauteile wie beispielsweise<br />
Kaminzüge in Wohnräumen, Decken von Tiefgaragen oder auch<br />
Kellern.<br />
Vor allem aber in denkmalgeschützten Gebäuden oder anderer schützenswerter<br />
Bausubstanz ist der Einsatz von Innendämmung meist die einzige<br />
Möglichkeit, die energetische Bilanz von Außenbauteilen – in der Regel der<br />
straßenseitigen Fassade – zu verbessern. Generell kommen auch bei der Innendämmung<br />
zahlreiche Materialien infrage, wie auch die Forschungsergebnisse<br />
in G3.1 belegen. Es lassen sich hier dennoch einige spezifische Aspekte<br />
benennen, die eine rein mineralische Innendämmung mit sich bringt.<br />
Abb. 1: Innendämmung mit Mineraldämmplatte<br />
Aufgr<strong>und</strong> des Diffusionsverhaltens kann bei der Innendämmung mit Mineraldämmplatten<br />
ohne Dampfsperre gearbeitet werden. Mineraldämmplatten<br />
sind diffusionsoffen <strong>und</strong> kapillaraktiv. Anfallende Feuchte in der Wandkonstruktion<br />
kann durch die kapillaraktiven Eigenschaften des Materials an den<br />
Innenraum abgegeben werden, was eine Abtrocknung der Konstruktion ermöglicht.<br />
Diese feuchteregulierenden Eigenschaften sorgen darüber hinaus<br />
für eine gute Behaglichkeit des Innenraumklimas. Dennoch ist es im Rahmen<br />
der Sanierung wichtig, den äußeren Feuchteeintrag durch Schlagregen so<br />
weit wie möglich zu begrenzen, idealerweise durch einen intakten Außenputz.<br />
Die aufgeführten Materialeigenschaften der Mineraldämmplatten in der<br />
Innendämmung begrenzen deren Einsatz nicht auf Sanierungsprojekte, sondern<br />
erlauben gr<strong>und</strong>sätzlich auch den Einsatz in Neubauten, die hochwertige<br />
Fassaden, beispielsweise aus Sichtbeton, aufweisen. Durch die Verwendung<br />
von Innendämmung im Neubau ist daher eine freiere Materialwahl für Fassaden<br />
möglich. Da im Neubau zumindest eine Abluft-, meist auch eine Lüftungsanlage<br />
eingebaut wird, sind die Anforderungen im Hinblick auf eventuelle<br />
Feuchtebelastungen der Konstruktion meist deutlich einfacher zu erfüllen als<br />
in Sanierungsvorhaben.<br />
G3.3<br />
Diese unterschiedliche Betrachtung der Außen- <strong>und</strong> der Innendämmung ist<br />
exemplarisch für den Bereich der Außenwand. Generell lassen sich die Eigenschaften<br />
<strong>und</strong> die Anwendungen aber auch auf andere Bauteile übertragen:<br />
Die Dämmung von Steil- <strong>und</strong> auch von Flachdächern ist zum Beispiel ebenfalls<br />
mit Mineraldämmplatten möglich. Je nach Anforderung <strong>und</strong> gewähltem<br />
System sind Dämmstärken bis ca. 300 mm noch einlagig, darüber hinaus<br />
mehrlagig auszuführen. Natürlich gelten im Flachdachbereich auch für Mineraldämmplatten<br />
besondere Anforderungen an die Dichtung der Dämmebene.<br />
Diese Anforderungen sind den einschlägigen Normen sowie den Herstellerangaben<br />
zu entnehmen.<br />
5
G<br />
Materialien in der Innendämmung<br />
Verarbeitung.<br />
Mineraldämmplatten können sowohl einlagig als auch in mehreren Lagen<br />
übereinander versetzt werden, je nach erforderlicher Dämmwirkung. Das<br />
Material wird als Plattenbaustoff ausgeliefert <strong>und</strong> lässt sich auf der Baustelle<br />
faserfrei sägen <strong>und</strong> bohren. Die Ausführungshinweise der Hersteller sind hier<br />
zu beachten <strong>und</strong> frühzeitig in die Planung <strong>und</strong> Ausschreibung mit einzubeziehen.<br />
Abb. 2: Auftragen des Klebers vor Aufbringung der<br />
Mineraldämmplatten<br />
Beim Einsatz als Innendämmung ist ein vollflächiges Verkleben der Platten<br />
auf der vorhandenen Konstruktion Gr<strong>und</strong>lage für die bauphysikalische Tauglichkeit<br />
der Mineraldämmplatten: Hohlräume zwischen Innendämmung <strong>und</strong><br />
Bestand müssen vermieden werden, um unerwünschte Konvektion in diesem<br />
kalten Bereich zu verhindern.<br />
Abb. 3: Anpassen einer Mineraldämmplatte vor Ort<br />
Um eine möglichst dünne, kraftschlüssige Verbindung zwischen Kleber, Platte<br />
<strong>und</strong> Wand zu erzeugen, werden die Dämmplatten nach dem Auftragen<br />
des Klebers mit leichtem Druck auf der Wandoberfläche eingeschwommen.<br />
Ein Abstützen während des Abbindens ist in der Regel nicht nötig. Wichtig<br />
ist, dass die unterste Reihe besonders sorgfältig lot- <strong>und</strong> fluchtgerecht ausgeführt<br />
wird. Dabei sind eventuelle Höhenunterschiede im Fußbo<strong>dena</strong>ufbau zu<br />
berücksichtigen. Bei Konstruktionen, die ein unterschiedliches Dehnungsverhalten<br />
oder Setzen erwarten lassen, empfehlen viele Hersteller, einen Entkopplungsstreifen<br />
zu den angrenzenden Bauteilen vorzusehen.<br />
Schwierige Anschlussdetails können mit einer Handsäge exakt an die erforderlichen<br />
Maße angepasst werden, sodass beispielsweise winklige <strong>und</strong> stark<br />
gegliederte Flächen leicht gedämmt werden können. Die abschließende<br />
Oberflächenbehandlung erfolgt im Außenbereich mit einem Oberputz, der in<br />
Kornstärke aufgezogen wird.<br />
Der innere Wandabschluss erfolgt in der Regel mit dem Aufbringen einer<br />
Armierungsschicht, meist aus mineralischem Leichtmörtel. Darauf lassen sich<br />
Oberflächenputze auftragen, beispielsweise aus gefilztem Leichtmörtel, Kalkoder<br />
auch Lehmputzen. Wichtig ist dabei, die diffusionsoffene Struktur des<br />
mineralischen Dämmstoffs nicht durch sperrende Putz- <strong>und</strong> Farbschichten zu<br />
beeinflussen.<br />
G3.3<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen:<br />
Xella Deutschland GmbH<br />
Dieser Beitrag wird mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung der Xella GmbH veröffentlicht.<br />
ƒ www.xella.de<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Innendämmung.
G4<br />
Luftdichtheit.<br />
G<br />
G4 Luftdichtheit.<br />
G4.1 Einführung.<br />
G4.1<br />
G4.2 Planungsgr<strong>und</strong>lagen.<br />
G4.2<br />
G4.3 Messen <strong>und</strong> Prüfen.<br />
G4.3
Einführung<br />
G<br />
G4.1 Einführung.<br />
1<br />
2<br />
Gründe für Luftdichtheit der <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Autoren:<br />
Torsten Bolender<br />
Armin Weissmüller<br />
Luftdichtheit damals <strong>und</strong> heute.<br />
Autorin:<br />
Anne Fingerling<br />
G<br />
G4.1<br />
1
G<br />
Einführung<br />
G4.1<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
1 Gründe für Luftdichtheit der<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Autoren:<br />
Torsten Bolender<br />
Armin Weissmüller<br />
Die Gründe für eine luftdichte Bauweise von beheizten <strong>und</strong>/oder klimatisierten<br />
Gebäuden sind vielfältig <strong>und</strong> Vielen aus eigener Erfahrung wohlbekannt.<br />
Zudem war eine <strong>und</strong>ichte <strong>Gebäudehülle</strong> schon unseren Vorfahren ein Dorn<br />
im Auge <strong>und</strong> sie haben, wie auf dem Bild zu erkennen, bereits effektive Abdichtungsmaßnahmen<br />
gekannt, um Zugluft zu vermeiden.<br />
Anmerkung.<br />
An dieser Stelle sei noch<br />
einmal ausdrücklich darauf<br />
hingewiesen, dass die Anforderungen<br />
der DIN 4108-7 <strong>und</strong> die im Buch<br />
beschriebenen Aspekte sich auf<br />
die meist raumseitig verlegte Luftdichtheitsschicht<br />
<strong>und</strong> nicht auf die<br />
meist außenseitig der Wärmedämmung<br />
verlegte Winddichtheitsschicht<br />
beziehen. Diese Begriffe<br />
werden leider auch in der Fachwelt<br />
verwechselt, was häufig zu erheblichen<br />
Verstimmungen bei den<br />
am Bau Beteiligten führt.<br />
Abb. 1: Bei Holzblockbauten dienten mitunter Moos <strong>und</strong> Lehm als Dichtmaterial für Fugen <strong>und</strong><br />
Ritzen.<br />
G4.1<br />
Im Folgenden werden die Gründe <strong>und</strong> Hintergründe für eine luftdichte Ausführung<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong> kurz dargestellt.<br />
Die Bedeutung der luftdichten Hülle eines Gebäudes zeigt sich schon daran,<br />
dass alle Hauptgebiete der Disziplin Bauphysik berührt werden. Luftdichtheit<br />
steht in engem Zusammenhang mit Wärme- <strong>und</strong> Feuchteschutz sowie dem<br />
Brand- <strong>und</strong> Schallschutz von Gebäuden. Weitere gute Gründe für eine luftdichte<br />
Ausführung sind hoher Wohnkomfort, Ausgrenzung von Schadstoffen<br />
<strong>und</strong> der planmäßige Betrieb von Lüftungsanlagen. Nicht zuletzt haben der<br />
Verordnungsgeber sowie die Normung sich des Themas angenommen <strong>und</strong><br />
stellen seit Jahren konkrete Anforderungen an die Ausführung, die auch messtechnisch<br />
nachgewiesen werden kann [1].<br />
Zum Erreichen dieser Ziele, in der Energieeinsparverordnung [2] festgelegt, ist<br />
es erforderlich, sich schon zu Beginn der Planungsphase eines Gebäudes mit<br />
dem Thema zu befassen. Zunächst ist zu klären, wo die Luftdichtheitsebene<br />
eines Gebäudes verläuft <strong>und</strong> aus welchen Materialien sie besteht. Die Lage der<br />
Luftdichtheitsebene ist, abhängig vom Wandaufbau <strong>und</strong> den gewählten Baumaterialien,<br />
vom Planer in einem Luftdichtheitskonzept festzulegen.<br />
Hierbei ist zu beachten, dass Durchdringungen vermieden <strong>und</strong> Anschlüsse auf<br />
ein notwendiges Minimum reduziert werden. Vereinfacht kann man sagen,<br />
dass ein Bauteil im Regelquerschnitt dann ausreichend luftdicht ist, wenn es<br />
ebenso dicht ist wie eine verputzte Wand.<br />
3
G<br />
Einführung<br />
Weitere Hinweise zur dauerhaften Herstellung von Luftdichtheitsschichten<br />
sind der DIN 4108-7 [3] zu entnehmen.<br />
Abbildung 2 zeigt das Prinzip der geplanten Luftdichtheitsebene.<br />
Abb. 2: Die Luftdichtheitsebene muss mit einem Stift „abgefahren“ werden können, ohne dabei<br />
abzusetzen (in Anlehnung an [4]).<br />
G4.1<br />
Die DIN 4108-7 [3] kennt eine Reihe von Materialien, welche die Luftdichtheitsschicht<br />
ausbilden können. Unter anderem sind dies die unterschiedlichen Putze,<br />
Bahnen aus Kunststoffen oder Baupappen sowie plattenartige Bauprodukte<br />
aus Holz oder Gips. All diese Bauprodukte sind im Sinne der Norm geeignet,<br />
um eine Luftdichtheitsschicht zu bilden, die verhindert, dass Luft von außen in<br />
das Bauteil einströmt bzw. von innen nach außen gelangt.<br />
So können Schäden durch Kondensation an Bauteilen (konvektiver Feuchtetransport)<br />
vermieden <strong>und</strong> Lüftungswärmeverluste minimiert werden. In unserer<br />
Klimazone wird meist die Luftdichtheitsschicht in Funktionseinheit mit<br />
der diffusionshemmenden Schicht (Dampfbremse) ausgeführt.<br />
Ist dies der Fall, sind auch die Anforderungen aus DIN 4108-3 [5] zu erfüllen.<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für den Wärmeschutz.<br />
Die Anforderungen an den Wärmeschutz eines Gebäudes werden seit vielen<br />
Jahrzehnten in Normen <strong>und</strong> Verordnungen beschrieben. Ein Teilaspekt ist<br />
dabei das Vermeiden von unkontrollierten (wetterabhängigen) Lüftungswärmeverlusten<br />
aufgr<strong>und</strong> einer nicht ausreichend luftdicht ausgeführten<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Je nach Standort <strong>und</strong> Nutzung eines Gebäudes wirken unterschiedliche Kräfte<br />
auf die <strong>Gebäudehülle</strong> <strong>und</strong> somit auf die Luftdichtheitsschicht. Sowohl der<br />
Wind als auch die Temperaturdifferenz zwischen innen <strong>und</strong> außen erzeugen<br />
Druckdifferenzen über der <strong>Gebäudehülle</strong>. Dies führt dazu, dass Luft von innen<br />
nach außen bzw. von außen nach innen durch die noch vorhandenen Leckagen<br />
(Fehlstellen in der Luftdichtheitsschicht) strömen kann.<br />
Wie groß diese Druckdifferenzen infolge von Wind <strong>und</strong> die daraus resultierenden<br />
Kräfte sind, hängt von der Lage des Gebäudes (Küstengebiet/<br />
Binnenland/Gebirgs- oder Tallage), den dort herrschenden mittleren Windgeschwindigkeiten<br />
<strong>und</strong> der Struktur der direkten Umgebung (z. B. Innenstadt,<br />
Reihenbebauung, Bäume etc.) ab.<br />
Der Zusammenhang zwischen Windgeschwindigkeit <strong>und</strong> Staudruck kann der<br />
Beaufort-Tabelle (Tab. 1) <strong>und</strong> die Druckverteilung über die <strong>Gebäudehülle</strong> der<br />
Abbildung (Abb. 3) entnommen werden. Zur Abschätzung der Drücke kann<br />
mit einer mittleren Windgeschwindigkeit von 3 m/s [6] gerechnet werden. Detaillierte<br />
Berechnungsansätze sind der DIN EN 13465 [B] zu entnehmen.<br />
Beeinflussung des Staudrucks<br />
Windstärke nach<br />
Beaufort<br />
Windgeschwindigkeit m/s<br />
Staudruck/Kraft Pa<br />
0 0,0 – 0,5 0,0 – 0,2<br />
1 0,6 – 1,7 0,2 – 2,0<br />
G4.1<br />
2 1,8 – 3,3 2,0 – 7,0<br />
3 3,4 – 5,2 7,0 – 17,0<br />
4 5,3 – 7,4 18,0 – 35,0<br />
5 7,5 – 9,8 36,0 – 61,0<br />
6 9,9 – 12,4 62,0 – 98,0<br />
7 12,5 – 15,2 100,0 – 147,0<br />
8 15,3 – 16,2 149,0 – 211,0<br />
Tab. 1: Zusammenhang von Windstärke, Windgeschwindigkeit <strong>und</strong> Staudruck<br />
5
G<br />
Einführung<br />
Schnitt<br />
Gr<strong>und</strong>riss<br />
30°<br />
Abb. 3: Winddruckverteilung an einem Gebäude in Abhängigkeit von der Anströmrichtung des<br />
Windes [19]<br />
Neben den vom Nutzer nicht zu beeinflussenden Windlasten stellt der Temperaturunterschied<br />
als Folge der Beheizung/Klimatisierung <strong>und</strong> dem daraus<br />
resultierenden Dichteunterschied der Luft die zweite Krafteinwirkung dar.<br />
Der Dichte- <strong>und</strong> somit auch der wirksame Druckunterschied hängen von der<br />
Temperaturdifferenz, der wirksamen Höhendifferenz <strong>und</strong> der Luftfeuchte<br />
sowie der Verteilung der Leckagen (= Fehlstellen in der Luftdichtheitsschicht)<br />
ab. Die daraus resultierenden Drücke können aus den Dichteunterschieden<br />
der Luft berechnet werden.<br />
Berechnungsbeispiel:<br />
Dichteunterschied – Druckdifferenz<br />
Formel:<br />
∆p = g · h · (ρ1 – ρ2)<br />
G4.1<br />
Zahlenbeispiel:<br />
∆p = 9,81 · 1 · (1,29 – 1,21) = 0,8<br />
ρ1 Dichte Luft, außen bei 0 °C in kg/m 3<br />
ρ2 Dichte Luft, außen bei 20 °C in kg/m 3<br />
g Erdbeschleunigung in m/s 2<br />
h Höhe in m<br />
∆p Druckdifferenz in Pa<br />
Als Ergebnis erhält man exemplarisch für einen Wintertag eine Druckdifferenz<br />
pro Meter Höhendifferenz zwischen den Leckagen von fast 1 Pa.<br />
Als einfaches Beispiel sei eine Hauseingangstür angenommen, die im Bereich<br />
des Schwellers einen Spalt von 5 bis 10 mm Höhe aufweist. Aus der Veröffentlichung<br />
„Zur rechnerischen Ermittlung von Fugendurchlasskoeffizienten<br />
<strong>und</strong> Druckexponenten von Bauteilfugen“ [7] kann man ermitteln, dass bei<br />
einer Spaltbreite (Türbreite) von 1 m <strong>und</strong> einer Spalttiefe (Dicke des Türblatts)<br />
von 70 mm ein Volumenstrom von ca. 45 bis 90 m 3 /h (∆p = 6 Pa) durch diesen<br />
Spalt strömen kann. Dies führt je nach Temperaturdifferenz <strong>und</strong> Dauer der<br />
Druckbelastung zu unnötigen Wärmeverlusten <strong>und</strong> kann zur Beeinflussung<br />
der Behaglichkeit durch einströmende kalte Luft führen. Will man die zusätzlichen<br />
Wärmeverluste aufgr<strong>und</strong> von Leckagen in der <strong>Gebäudehülle</strong> quantifizieren,<br />
können die Berechnungsansätze aus der DIN EN 832 [8] herangezogen<br />
werden.<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für den Feuchteschutz.<br />
In engem Zusammenhang mit den Lüftungswärmeverlusten steht auch der<br />
Transport der Luftfeuchte (konvektiver Feuchtetransport) durch die Konstruktion<br />
hindurch. Eine ausreichend luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong> ist für den<br />
Schutz besonders einer wärmegedämmten Baukonstruktion unerlässlich. Die<br />
wirkenden Antriebskräfte für die Luftströmungen sind unter „Wärmeschutz“<br />
beschrieben <strong>und</strong> gelten auch für Feuchte. Die Auswirkungen lassen sich an<br />
Schadensbildern <strong>und</strong> anhand der Beispielrechnungen verdeutlichen. Strömt<br />
warme feuchte Luft durch eine Leckage, kommt es unter bestimmten Randbedingungen<br />
zur Kondensatbildung im Bauteilquerschnitt <strong>und</strong> somit zur<br />
Vorschädigung der Konstruktion, die zu Bauschäden führen kann. Das Potenzial<br />
ist dabei um fast einen Faktor 100 größer als beim Transportmechanismus<br />
Diffusion.<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für den Schallschutz.<br />
Leckagen verschlechtern den Schallschutz. Denn durch Fugen <strong>und</strong> Löcher,<br />
die von Luft durchströmt werden, kann sich auch der Schall ausbreiten. Dies<br />
ist insbesondere bei Mehrfamilienhäusern problematisch. Eine ausreichend<br />
(luft-)dichte Abtrennung der einzelnen Wohnungen untereinander ist erforderlich,<br />
um den geforderten Schallschutz gewährleisten zu können.<br />
Undichtheiten im Bereich von Fugen oder Materialporen im Mauerwerksbau<br />
machen den Schallschutz selbst bei höheren Flächenmassen zunichte:<br />
So erreicht eine Wand aus 240 mm dickem Bims-Hohlblock-Mauerwerk im<br />
unverputzten Zustand ein bewertetes Schalldämm-Maß von R´w = 16 dB. Nach<br />
beidseitigem Auftrag eines Dünnputzes kann das bewertete Schalldämm-Maß<br />
auf R´w = 49 dB deutlich verbessert werden [9].<br />
Auch im Leichtbau hat eine ausreichende Luftdichtheit wesentlichen Einfluss<br />
auf die Schalldämmung:<br />
G4.1<br />
Abhängig von Größe <strong>und</strong> Lage der Leckagen können bei Metallständerwänden<br />
Schallschutz-Einbußen infolge von Undichtheiten um bis zu 10 dB im Vergleich<br />
zur fachgerechten Ausführung gemessen werden.<br />
Durch das zusätzliche Abdichten der offenen Randanschlüsse mit Trennwandkitt<br />
kann der Schallschutz weiter gesteigert werden: Bei einer einlagig<br />
beplankten Metallständerwand (GKB 12,5 mm; CW 100; 80 mm Mineralwolle-<br />
Dämmstoff) führt die luftdichte Abdichtung zu einer Verbesserung des bewerteten<br />
Schalldämmmaßes R w<br />
von 45 auf 47 dB [10].<br />
7
G<br />
Einführung<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für den Brandschutz.<br />
Der Brandschutz umfasst alle Maßnahmen, die der Entstehung eines Brandes<br />
<strong>und</strong> der Ausbreitung von Feuer <strong>und</strong> Rauch vorbeugen <strong>und</strong> bei einem Brand<br />
die Rettung von Menschen <strong>und</strong> Tieren sowie wirksame Löscharbeiten ermöglichen.<br />
Hierbei spielt die Luftdichtheit der raumabschließenden Bauteile eine<br />
wichtige Rolle. Eine ausreichende Dichtheit dieser Bauteile ist eine wesentliche<br />
Forderung an die Funktion von klassifizierten Brandschutzkonstruktionen.<br />
Im Brandfall führen Undichtheiten sehr schnell zur Weiterleitung von<br />
Hitze <strong>und</strong> schädlichen Rauchgasen z. B. in benachbarte Wohneinheiten. Bei<br />
der Durchführung von Bauteilprüfungen zur Feststellung von Feuerwiderstandsklassen<br />
nach DIN 4102 wird die Dichtheit der zu testenden Konstruktion<br />
mitbewertet; Undichtheiten sind aufgr<strong>und</strong> der schnell eintretenden Rauchgas-<br />
<strong>und</strong> Temperaturweiterleitung häufig Ursache für das oftmals „frühe“ Versagen<br />
von raumabschließenden Bauteilen im Test. Die Funktion aufwändiger,<br />
feuerbeständiger Bauteilkonstruktionen bleibt auf der Strecke, wenn – ohne<br />
sonstige Beeinträchtigung der Standsicherheit der Brandschutzkonstruktion<br />
– die Brand- oder Rauchgasweiterleitung über Ritzen z. B. im Bereich der Anschlüsse<br />
an flankierende Bauteile erfolgt.<br />
Die hinsichtlich ihrer Feuerwiderstandsklasse zu klassifizierende Trennwand<br />
wird mit dem „Wattebauschtest“ auf Undichtheiten überprüft. Der Wattebausch<br />
wird in 20 mm Entfernung vom Probekörper im Bereich von Spalten,<br />
Rissen oder Anschlussfugen jeweils 30 Sek<strong>und</strong>en angehalten. Die Prüfung soll<br />
stets dann durchgeführt werden, wenn heiße Gase auf der feuerabgekehrten<br />
Seite austreten oder Zweifel bestehen, ob der Raumabschluss noch gewahrt<br />
ist. Der Raumabschluss gilt als nicht mehr gewahrt, wenn der Wattebausch<br />
entzündet wird, d. h. entflammt oder glimmt.<br />
G4.1<br />
Die Weiterleitung von schädlichen Rauchgasen über Undichtheiten gefährdet<br />
die Funktion von Flucht- <strong>und</strong> Rettungswegen: Aus diesem Gr<strong>und</strong> fordert<br />
die Musterbauordnung (MBO) für Geschosse mit mehr als vier Wohneinheiten<br />
die Anordnung allgemein zugänglicher Flure, welche „rauchdicht“ vom Treppenhaus<br />
abgeschottet sein müssen. Die geforderte Abschottung wird durch<br />
den Einbau spezieller „Rauchschutztüren“ nach DIN 18095 erreicht. Durch<br />
den Einsatz dieser ausreichend luft- <strong>und</strong> rauchdichten Türen wird sichergestellt,<br />
dass das Treppenhaus in seiner Funktion als Flucht- <strong>und</strong> Rettungsweg<br />
auch ohne Atemschutz passierbar bleibt.<br />
Abb. 4: Entzündungsversuch mit dem Wattebausch gemäß DIN 4102 Teil 2.<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für die kontrollierte Lüftung.<br />
Eine ausreichende hygienische Belüftung in Sinne des sogenannten Pettenkofer<br />
Grenzwertes ist unabhängig vom Grad der Dichtheit eines Gebäudes <strong>und</strong><br />
der Art der Lüftung (Fenster-/ Schachtlüftung oder Lüftungsanlage) sicherzustellen.<br />
Die Erkenntnis, dass „atmende Wände“ hier keinen Beitrag leisten,<br />
kann spätestens seit Veröffentlichung der DIN 4108 [11] im Jahr 1952 kein Thema<br />
mehr sein.<br />
Auszug aus der DIN 4108 [11] aus dem Jahr 1952.<br />
4.22 Ein Atmen der Wände im Sinne einer Lufterneuerung der Innenräume<br />
findet nicht statt. Dagegen ist aus hygienischen <strong>und</strong> bautechnischen<br />
Gründen auf der Innenseite der Wände eine gewisse Aufnahmefähigkeit<br />
für Wasserdampf erwünscht; üblicher Innenputz, auch<br />
saugfähige Pappen <strong>und</strong> dgl. erfüllen diesen Wunsch (Pufferschichten).<br />
Um das Eindringen der von dieser Schicht bei hohem Feuchtigkeitsgrad<br />
der Raumluft aufgenommenen Wasserdampfmengen ins Innere<br />
der Bauteile zu verhindern, kann die Anordnung einer unmittelbar anschließenden<br />
möglichst wasserdampf<strong>und</strong>urchlässigen Schicht (Dampfsperre)<br />
zweckmäßig sein, besonders bei mehrschichtigen Wänden. Die<br />
von den Pufferschichten aufgenommenen Feuchtigkeitsmengen sollen<br />
in Zeiten mit geringem Feuchtigkeitsgrad wieder an die Raumluft<br />
abgegeben werden. Dies wird durch Lüften der Räume (Öffnen der<br />
Fenster, Einbau von Lüftungsschächten u. dgl.) gefördert.<br />
In der EnEV 2009 <strong>und</strong> DIN 4108-7 sind die aktuellen maximalen Grenzwerte<br />
der Luftdurchlässigkeit eines Gebäudes festgelegt, die jedoch bei Lüftungsanlagen<br />
(raumlufttechnischen Anlagen) mit Wärmerückgewinnung laut<br />
Abschnitt 4, Tabelle 1, in DIN 4108-7 unterschritten werden sollten. Aus einer<br />
Veröffentlichung des IWU Darmstadt zur messtechnischen Überprüfung <strong>und</strong><br />
Dokumentation aus dem Jahr 1995 [12] kann gefolgert werden, dass Lüftungsanlagen<br />
in <strong>und</strong>ichten Gebäuden aus energetischer Sicht keinen Sinn ergeben.<br />
Die spezifischen Lüftungswärmeverluste aufgr<strong>und</strong> einer <strong>und</strong>ichten <strong>Gebäudehülle</strong><br />
können den Anteil der spezifischen Lüftungswärmeverluste aufgr<strong>und</strong><br />
des notwendigen Luftaustausches über die Lüftungsanlage um ein Vielfaches<br />
übersteigen. Die Folge ist laut J. Werner <strong>und</strong> M. Laidig [13] ein unwirtschaftlicher<br />
Betrieb der Lüftungslage, weil die eingesparten Energiekosten unter<br />
den Betriebs- <strong>und</strong> Wartungskosten der Anlage liegen. Neben den energetischen<br />
<strong>und</strong> betriebswirtschaftlichen Aspekten zeigen die Ausführungen im<br />
Abschnitt Feuchteschutz, dass ein Lüften über Fugen <strong>und</strong> Ritzen, also über<br />
Leckagen, zu erheblichen Bauschäden führen kann <strong>und</strong> somit keine sinnvolle<br />
Option ist. Zudem ist die Belüftung eines Gebäudes über Leckagen, wie dem<br />
Abschnitt Wärmeschutz entnommen werden kann, sehr wetterabhängig.<br />
G4.1<br />
In „Passivhäuser in Mitteleuropa“ [14] sind Berechnungen angeführt, die zeigen,<br />
dass erst bei einem n50-Wert von 20 h -1 ein ausreichender Luftaustausch<br />
(mind. 0,4 Luftwechsel pro St<strong>und</strong>e) über Fugen <strong>und</strong> Ritzen gewährleistet<br />
wäre. Dies hätte aber zur Folge, dass an kalten Wintertagen Luftwechsel von<br />
deutlich über 10 pro St<strong>und</strong>e auftreten würden [13]. Eine gute Kenntnis der Zusammenhänge<br />
zwischen Luftdichtheit <strong>und</strong> Lüftung bzw. Lüftungsanlage ist<br />
für einen hygienisch <strong>und</strong> energetisch sinnvollen Luftaustausch im Gebäude<br />
Voraussetzung.<br />
9
G<br />
Einführung<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für die Behaglichkeit.<br />
Behaglichkeit beschreibt den Zustand des Wohlbefindens eines Menschen,<br />
hervorgerufen durch die äußeren Einflüsse seiner Umgebung. Die Wahrnehmung<br />
von „Behaglichkeit“ ist immer nur subjektiv; ein einheitlicher Maßstab<br />
existiert nicht. Die Empfindung von Behaglichkeit wird wesentlich bestimmt<br />
durch die Kälte- <strong>und</strong> Wärmerezeptoren des menschlichen Körpers, dessen<br />
Wärmehaushalt sie steuern.<br />
Die Rezeptoren reagieren auf Unter- oder Überschreitung von Temperatur-<br />
Schwellenwerten. Für unsere Betrachtung ist die Lage dieser Rezeptoren von<br />
Bedeutung: Kälterezeptoren sind auf der Haut angeordnet, während Wärmerezeptoren<br />
im Bereich des vorderen Stammhirns angeordnet sind. Hieraus<br />
resultiert eine signifikante Richtungsempfindlichkeit z. B. gegenüber kalter<br />
Zugluft <strong>und</strong> kalten Oberflächentemperaturen, während Hitze allgemein ohne<br />
Einfluss der körperlichen Orientierung als unangenehm empf<strong>und</strong>en wird.<br />
Besonders empfindlich reagiert der Mensch auf Zuglufterscheinungen, u. a.<br />
hervorgerufen durch Undichtheiten in der thermischen <strong>Gebäudehülle</strong>. Unter<br />
„Zugluft“ versteht man die unerwünschte lokale Abkühlung des menschlichen<br />
Körpers, die durch Luftbewegung verursacht wird. Die erhöhte Luftgeschwindigkeit<br />
in unmittelbarer Umgebung hat bedeutenden Einfluss auf<br />
die Temperaturempfindung <strong>und</strong> den Wärmehaushalt des Menschen. Bereits<br />
niedrige Strömungsgeschwindigkeiten im Bereich von 10 bis 20 cm/s werden<br />
von sitzenden Menschen als unangenehm empf<strong>und</strong>en. Bei Lufttemperaturen<br />
im Bereich von 18 bis 24 °C wird der Abtransport von Körperwärme über die<br />
Haut derart abgemindert, dass auch höhere Luftgeschwindigkeiten bis zu<br />
50 cm/s noch nicht als unbehaglich beanstandet werden [15].<br />
G4.1<br />
Die thermische Behaglichkeit wird neben den Zuglufteffekten infolge erhöhter<br />
Luftgeschwindigkeiten auch durch Einflüsse auf Luft- <strong>und</strong> Raumtemperaturen<br />
negativ beeinflusst:<br />
Die im Bereich fehlerhafter Luftdichtheitsebenen einströmende Kaltluft<br />
verursacht eine ungleichmäßige Verteilung von Luft- <strong>und</strong> Oberflächentemperaturen<br />
im Raum: Die kalte Außenluft ruft Fallluftströme hervor, die zur Abkühlung<br />
von Bauteilflächen <strong>und</strong> zur Bildung sogenannter „Kaltluftseen“ am<br />
Boden des Raumes führen. Bereits bei Temperaturdifferenzen von zwei Kelvin<br />
zwischen Fuß- <strong>und</strong> Kopfhöhe einer sitzenden Person reagiert der Mensch mit<br />
Unbehagen.<br />
Die ebenfalls auf diese Weise hervorgerufenen Unterschiede zwischen<br />
Bauteil-Oberflächentemperatur <strong>und</strong> Raumlufttemperatur werden bereits ab<br />
einer Differenz von mehr als vier Kelvin als unbehaglich empf<strong>und</strong>en.<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Bedeutung der Luftdichtheit für die Schadstofffreiheit.<br />
Eine luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong> trägt zum Schutz vor zusätzlichen Belastungen<br />
durch Schadstoffe in der Außenluft bei.<br />
Zudem erschwert bzw. verhindert eine raumseitig angeordnete Luftdichtheitsschicht,<br />
dass „Schadstoffe“ aus den dahinter liegenden Bauteilschichten<br />
in den Nutzungsbereich eines Gebäudes gelangen. Dies gilt besonders für das<br />
radioaktive Edelgas Radon, welches je nach Bo<strong>dena</strong>rt <strong>und</strong> -beschaffenheit in<br />
unterschiedlichen Konzentrationen vorkommt. Das B<strong>und</strong>esamt für Strahlenschutz<br />
fordert daher in „Radon in Häusern“ [16] eine dichte Ausführung der<br />
erdberührenden Gebäudebereiche (z. B. Kellerräume). „Risse in Mauerwerk<br />
oder Bodenplatte, <strong>und</strong>ichte Fugen zwischen Bauwerksteilen, ungenügend abgedichtete<br />
Kabel- oder Rohrdurchführungen <strong>und</strong> andere ‚Schwachstellen‘ im<br />
Bauwerk begünstigen das Eindringen des Radons in das Haus“, merkt das BFS<br />
in seiner Veröffentlichung [16] zum Thema an.<br />
Auch wenn im Einzelnen nicht immer der mögliche „Schaden“ vorhergesagt<br />
werden kann, ist eine luftdichte Ausführung der <strong>Gebäudehülle</strong> auch beim<br />
Thema Schadstoffbelastung der richtige Weg.<br />
Normen/Verordnungen.<br />
Der Begriff Luftdurchlässigkeit der Bauteile stand bereits vor über 50 Jahren in<br />
der DIN 4108 – Wärmeschutz im Hochbau [11]. Diese erste Ausgabe der bis heute<br />
noch bestehenden Normenreihe aus dem Jahr 1952 zeigt die hohe Bedeutung<br />
auch in den Zeiten, als das Wort Energiesparen noch nicht zum Gr<strong>und</strong>wortschatz<br />
gehörte <strong>und</strong> die DIN 4108 die Bedeutung des Wärmeschutzes u. a.<br />
mit der „Kohlenersparnis“ untermauerte.<br />
Es dauerte dann noch über 40 Jahre, bis konkrete Anforderungen an die Luftdichtheit<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong> in einer Norm [17] gestellt wurden <strong>und</strong> der Verordnungsgeber<br />
diese dann übernehmen konnte [18]. Weitere Informationen<br />
zur historischen <strong>und</strong> rechtlichen Bedeutung einer luftdichten <strong>Gebäudehülle</strong><br />
können den Ausführungen im Buch „Gebäude – Luftdichtheit, Band 1“, herausgegeben<br />
vom Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V., entnommen<br />
werden.<br />
G4.1<br />
11
G<br />
Einführung<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1] DIN EN 13829 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden, Bestimmung<br />
der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden, Differenzdruckverfahren“, Februar<br />
2001<br />
[2] Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende<br />
Anlagentechnik (Energieeinsparverordnung – EnEV) vom 29. April 2009, Beschluss<br />
der B<strong>und</strong>esregierung vom 18. März 2009<br />
[3] DIN 4108-7 „Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden“, Teil 7:<br />
„Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie Beispiele“, Januar 2011<br />
[4] Feist, W.: Gr<strong>und</strong>lagen der Gestaltung von Passivhäusern, Verlag Das Beispiel,<br />
Darmstadt, Februar 1996<br />
[5] DIN 4108-3 „Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden“, Teil 3:<br />
„Klimabedingter Feuchteschutz, Anforderungen, Berechnungsverfahren <strong>und</strong><br />
Hinweise für Planung <strong>und</strong> Ausführung“, Juli 2001<br />
[6] Pohl, W.-H.; Horschler, S.; Pohl R.: Luftdicht-Prima-Klima-Programm, Preussen<br />
Elektra AG, Hannover, 1. Ausgabe August 1997<br />
[7] Esdorn, H.; Rheinländer, J.: Zur rechnerischen Ermittlung von Fugendurchlasskoeffizienten<br />
<strong>und</strong> Druckexponenten von Bauteilfugen, HLH 29, Nr. 3, 1978<br />
[8] DIN EN 832 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Berechnung<br />
des Heizenergiebedarfs, Wohngebäude“, Beuth-Verlag Berlin 2003<br />
G4.1<br />
[9] Lutz et al.: „Lehrbuch der Bauphysik“, 5. Auflage, Teubner-Verlag Stuttgart<br />
2002<br />
[10] Knauf Schallschutz-Prüfberichte SW 99 050-1 <strong>und</strong> SW 99 050-4, Knauf Gips<br />
KG, Iphofen<br />
[11] DIN 4108 „Wärmeschutz im Hochbau“, Juli 1952<br />
[12] IWU; ebök; Werner, J. u. a.: Messtechnische Überprüfung <strong>und</strong> Dokumentation<br />
von Wohnungslüftungsanlagen in hessischen Niedrigenergiehäusern,<br />
Hrsg.: Institut Wohnen <strong>und</strong> Umwelt GmbH <strong>und</strong> Hessisches Ministerium für<br />
Umwelt, Energie, Jugend, Familie <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Darmstadt 1995<br />
[13] Werner, J; Laidig, M.: „Gute Luft will geplant sein“, IMPULS Programm Hessen,<br />
Darmstadt, 3. Auflage September 2002<br />
[14] Feist, W.: Passivhäuser in Mitteleuropa, Dissertation an der Gesamthochschule<br />
Kassel 1993, Bezugsquelle: IWU Darmstadt 1993<br />
[15] Rietschel/Raiß: „Heiz- <strong>und</strong> Lüftungstechnik“, 13. Auflage, Springer-Verlag<br />
1958<br />
[16] http://www.bfs.de/de/bfs/publikationen/broschueren/ionisierende_<br />
strahlung/radon/stth_radon.pdf<br />
B<strong>und</strong>esamt für Strahlenschutz BfS: Radon in Häusern, in: Strahlenthemen<br />
2007, BfS Salzgitter<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
[17] DIN V 4108-7 „Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden“, Teil 7:<br />
„Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie Beispiele“, November 1996<br />
[18] Bekanntmachung des B<strong>und</strong>esministeriums für Raumordnung, Bauwesen<br />
<strong>und</strong> Städtebau vom 8. Juli 1996, „Hinweis auf allgemein anerkannte Regeln<br />
der Technik zur Wärmeschutzverordnung“, B<strong>und</strong>esanzeiger Nr. 140, 31. Juli<br />
1998<br />
[19] Sage, K.: Handbuch Heizung <strong>und</strong> Klimatechnik: Lufttechnische Anlagen,<br />
Bd. 2, Berlin 1971<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen Torsten Bolender, Armin Weissmüller bzw. wie in den genannten<br />
Quellen angegeben außer:<br />
Abb. 1: Eicke-Hennig<br />
Dieser Textbeitrag wird mit der Unterstützung des FLiB, Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen, veröffentlicht.<br />
Im neu veröffentlichten Buch zur Gebäude-Luftdichtheit des FLiB finden Sie<br />
diesen Beitrag sowie weiterführende <strong>und</strong> vertiefende Literatur zum Thema<br />
Luftdichtheit. Aktuelle Informationen stehen unter ƒ www.flib.de bereit.<br />
G4.1<br />
13
G<br />
Einführung<br />
G4.1<br />
14<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
2 Luftdichtheit damals <strong>und</strong><br />
heute.<br />
Autorin:<br />
Anne Fingerling<br />
Schon der griechische Philosoph Sokrates (470 – 399 v. Chr.) prägte, laut<br />
Überlieferung, die einfache Formel: „Das ideale Haus ist im Sommer kühl, im<br />
Winter warm“ [13, S. 7]. Für ein behagliches, ges<strong>und</strong>es Wohnklima sind zwei<br />
Aspekte entscheidend: eine gute Wärmedämmung in Verbindung mit einer<br />
luftdichten <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Luftdichtheit im Wandel der Zeit.<br />
Die Menschen haben über alle Bauepochen hinweg versucht, eine möglichst<br />
geringe Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong> zu erreichen. In Holzblockbauten<br />
beispielsweise stopften die Bewohner Fugen <strong>und</strong> Ritzen mit Moos oder<br />
Lehm aus, um unangenehme Zugerscheinungen zu vermeiden.<br />
Aber auch großflächige Innenverkleidungen aus Holz oder Gips auf einem<br />
Schilfrohr- oder Holzlattenuntergr<strong>und</strong> dienten dem Zweck einer niedrigen<br />
Luftdurchlässigkeit. In Altbauten werden bei Umbauarbeiten in Wand- <strong>und</strong><br />
Deckenkonstruktionen auch immer wieder Schichten aus alten Zeitungen<br />
gef<strong>und</strong>en. Diese zeitgeschichtlich mitunter äußerst interessanten Zeugnisse<br />
wurden nicht etwa aus historischem Bewusstsein heraus der Nachwelt erhalten,<br />
sondern hatten eindeutig „die Funktion einer Luftdichtung zu übernehmen“<br />
[20, S. 4].<br />
Als gr<strong>und</strong>sätzlich luft<strong>und</strong>icht dürfen die früheren Fenster gelten, denn Falzdichtungen<br />
waren noch nicht bekannt. Um Zugerscheinungen im Winter zu<br />
mindern, wurden Kissen oder gerollte Decken in die Kastenfenster eingelegt.<br />
Bei Fenstern oder Türen in Altbauten sind derartige improvisierte „Luftdichtungen“<br />
durchaus auch heute noch zu beobachten.<br />
G4.1<br />
Inzwischen stehen zahlreiche Produkte <strong>und</strong> Systemlösungen verschiedener<br />
Hersteller zur Verfügung, um eine dauerhafte <strong>und</strong> qualitativ hochwertige<br />
Luftdichtheit der gesamten <strong>Gebäudehülle</strong> zu gewährleisten – eine fachlich<br />
qualifizierte <strong>und</strong> einwandfreie Ausführung immer vorausgesetzt.<br />
Atmende Wände?<br />
Die Aspekte Raumluftqualität <strong>und</strong> Hygiene spielen ab dem 19. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
eine zunehmende Rolle. In diesem Zusammenhang darf der Name des Chemikers<br />
<strong>und</strong> Hygienikers Max von Pettenkofer nicht fehlen. Seine Versuchsreihen<br />
führten ihn zu der Annahme, dass der Luftaustausch durch die Außenwände<br />
hindurch ein wesentlicher Beitrag zur Reinigung der Raumluft sei [19] [23].<br />
Seit Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts gilt diese Theorie jedoch bereits als überholt:<br />
1928 wies Erwin Raisch nach, dass „die Forderung des Hygienikers nach<br />
‚atmenden Wänden‘ zum Zwecke der Lufterneuerung in Räumen keine berechtigte<br />
innere Begründung hat“ – im Gegensatz zu den „unvermeidlichen<br />
Undichtigkeiten von Fenstern <strong>und</strong> Türen“ [21, S. 489], die erhebliche Wärmeverluste<br />
verursachen.<br />
15
G<br />
Einführung<br />
Raisch erkannte bereits die Bedeutung des Putzes für die luftdichte Ausführung<br />
des Mauerwerks. Er stellte fest, dass „verputzte Flächen, gleichgültig ob<br />
als Mauer oder Leichtbau ausgeführt, spezifische Leckraten q 50<br />
< 1 m 3 /(m 2 h)<br />
besitzen, insbesondere bei Putzen mit Zementzusatz oder bei gestrichenen<br />
Oberflächen wurde q 50<br />
< 0,1 m 3 /(m 2 h) erreicht.“ [26, S. 4; 21, S. 484 – 485].<br />
„Dicht“ bedeutet heute gr<strong>und</strong>sätzlich, dass die gesamte <strong>Gebäudehülle</strong> so luftdicht<br />
ist wie eine gemauerte, verputzte Wand [31].<br />
Entdeckung der Luftdichtheit.<br />
1973 ist für die Entwicklung der Luftdichtheit ein entscheidendes Jahr; es ist<br />
das Jahr der sogenannten Energiekrise. Bis dahin wiesen die Gebäude in der<br />
Regel einen nach heutigen Kriterien schlechten Wärmedämmstandard auf<br />
sowie eine mitunter hohe Luftdurchlässigkeit. Während der Feuchteschutz<br />
immer schon als eine der Gr<strong>und</strong>aufgaben der <strong>Gebäudehülle</strong> galt, wurde die<br />
Luftdichtheit lange Zeit vernachlässigt. Noch bis in die 1970er Jahre bestanden<br />
keine Anforderungen an die Luftdichtheit. Unbehagliche, zugige Wohnbedingungen<br />
sowie Beheizungsschwierigkeiten an windigen Tagen waren<br />
durchaus normal. Viele der „vor 1970 errichteten Gebäude zeigten bereits bei<br />
mittleren Windgeschwindigkeiten 8- bis 10-fache Luftwechselraten pro St<strong>und</strong>e.“<br />
[18, S. 128]. Die wesentlichen Leckstellen waren die Fenster.<br />
G4.1<br />
Den damals in Deutschland durchschnittlichen Gebäudestandard repräsentierte<br />
das „Normalhaus“ nach den Richtlinien der DIN 4108 ‚Wärmeschutz im<br />
Hochbau‘ in der Ausgabe vom August 1969. Das bedeutet, dass nahezu alle<br />
Wohnungen unkontrolliert über Undichtigkeiten der <strong>Gebäudehülle</strong> sowie zusätzlich<br />
über Fenster belüftet wurden. Erst mit den ‚Ergänzenden Bestimmungen‘<br />
zur DIN 4108 in der Fassung vom Oktober 1974 wurde mit der Begrenzung<br />
der Fugendurchlässigkeit von Fenstern der Luftdurchgang erheblich vermindert.<br />
Der Einbau luftdichter Fenster mit Lippendichtungen wurde weitgehend<br />
zur Regel [18].<br />
Nach der „Energiekrise“ stand die Reduktion der Transmissions- <strong>und</strong> Lüftungswärmeverluste<br />
im Vordergr<strong>und</strong>. Nicht nur die Fenster wurden abgedichtet,<br />
sondern auch Außenwände <strong>und</strong> Dächer besser wärmegedämmt. Wie Untersuchungen<br />
in der Schweiz belegen, hatte dies jedoch eine „10 bis 15 Prozent<br />
höhere Raumluftfeuchtigkeit (zur Folge), die bei den Wärmebrücken in der<br />
Konstruktion zu Kondenswasser <strong>und</strong> Schimmelpilzbildung führte“ [20, S. 4].<br />
Diese Erfahrungen dürften auch auf Deutschland übertragbar sein.<br />
Der kanadische Bauforscher R. E. Platts kam bereits 1962 zu der Erkenntnis,<br />
dass mit den Wärmeverlusten einhergehende Luftströmungen „fast immer<br />
der Gr<strong>und</strong> starker Kondensationserscheinungen“ [29, S. 7] sind, was vor allem<br />
bei Leichtbaukonstruktionen zur Schädigung der Bausubstanz führt. Diese<br />
Erkenntnis setzte sich in den 1960er <strong>und</strong> 1970er Jahren nur allmählich durch<br />
– <strong>und</strong> sofern sie in Deutschland aus Labor- <strong>und</strong> Freilandversuchen gewonnen<br />
worden war, handelte es sich in den meisten Fällen eher um „ein ‚Abfallprodukt‘<br />
von Untersuchungen zur außenseitigen Belüftung von Dächern. Sie<br />
stand von daher eher im Schatten der z. T. hitzigen Debatte um Kalt- oder<br />
Warmdach <strong>und</strong> die richtige ‚Belüftungsphilosophie‘ auf der Außenseite der<br />
Konstruktionen“ [29, S. 7].<br />
Erst in den 1981er Richtlinien der ASHRAE (American Society of Heating, Refrigeration,<br />
Air conditioning Engineers; vergleichbar mit dem Deutschen VDI)<br />
findet sich die eindeutige Aussage: „Es ist heute anerkanntes Wissen, dass der<br />
Transport von Wasserdampf mittels Luftströmung einen viel stärkeren<br />
16<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Mechanismus zum Transport der Feuchte zum Punkt der Kondensation darstellt<br />
(...). Dampfdiffusion kann kaum als größerer Faktor identifiziert werden.“<br />
[29, S. 7].<br />
Verbände formieren sich.<br />
Als einer der praktischen Versuche zur Reduzierung von Wärmeverlusten in<br />
Gebäuden <strong>und</strong> unmittelbare Reaktion auf die „Energiekrise“ entstand 1974<br />
auf dem Gelände des Forschungslaboratoriums der Philips GmbH in Aachen<br />
ein Energie-Experimentierhaus, das sogenannte Philips-Experimentierhaus.<br />
Die wenig anspruchsvolle Architektur des Fertighauses mit relativ klein dimensionierten<br />
Fenstern sowie die erhöhte Wärmedämmung <strong>und</strong> Luftdichtheit<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong> hatten hartnäckige Vorurteile zur Folge. Anstatt die<br />
Entwicklung im Bereich des <strong>energieeffizienten</strong> <strong>Bauen</strong>s als Chance wahrzunehmen,<br />
fürchtete beispielsweise das Gros der Architekten um seine Gestaltungsfreiheit.<br />
Angesichts der häufig formulierten Forderung nach möglichst<br />
kompakter Bauweise schien ihnen eine „Baukastenarchitektur“ zu drohen [9]<br />
[8].<br />
Auch die „bauphysikalische Luftdichtheit“ hatte in der Öffentlichkeit völlig<br />
zu Unrecht ein negatives Image, geprägt von emotionalen Vorbehalten wie:<br />
„Hilfe! Wir ersticken in zu dichten Bauten“ oder „Leben wie in einer Thermosflasche“<br />
[20] [6].<br />
Es gab aber auch ganz andere Reaktionen auf die „Energiekrise“. 1974 wurde<br />
im Rahmen der OECD die International Energy Agency (IEA) gegründet. Das<br />
IEA-Teilprogramm „Energieeinsparung in Gebäuden <strong>und</strong> öffentlichen Einrichtungen“<br />
beinhaltete als eines der ersten Projekte bereits in der zweiten<br />
Hälfte der 1970er Jahre das „Air Infiltration Center“ mit Sitz in Großbritannien.<br />
Diese einzigartige Einrichtung zur internationalen Vernetzung von Forschung<br />
<strong>und</strong> Entwicklung auf dem Gebiet der Luftdurchlässigkeit hat durch<br />
„eine Vielzahl von Publikationen <strong>und</strong> Konferenzen wesentlich dazu beigetragen,<br />
dass in einer Reihe von Staaten sowie auf internationaler Ebene Normen<br />
<strong>und</strong> Empfehlungen zur Durchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong> entstanden sind“<br />
[29, S. 73]. Durch die Erweiterung Mitte der 1980er Jahre zum „Air Infiltration<br />
and Ventilation Center“ (AIVC) kam der Forschungsschwerpunkt „Raumluftströmung<br />
<strong>und</strong> Belüftung von Gebäuden“ hinzu. Erst zu diesem Zeitpunkt ist<br />
auch die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland Teilnehmerstaat des AIVC geworden<br />
[29].<br />
G4.1<br />
Hartnäckige Vorurteile <strong>und</strong> Irrglaube.<br />
Die Wärmeschutzverordnung [WSVO 1984] vom 24.02.1982 [WSVO 1984] löste<br />
die WSVO 1977 ab <strong>und</strong> beschrieb die gesetzlichen Anforderungen an den<br />
Mindestwärmeschutz von Neu- <strong>und</strong> Altbauten (bei Umbaumaßnahmen). Ansonsten<br />
wurde lediglich der Fugendurchlasskoeffizient der außen liegenden<br />
Fenster <strong>und</strong> Fenstertüren begrenzt <strong>und</strong> in die allgemeinen Anforderungen<br />
aufgenommen: „Die sonstigen Fugen in der wärmeübertragenden Umfassungsfläche<br />
müssen dauerhaft <strong>und</strong> entsprechend dem Stand der Technik luft<strong>und</strong>urchlässig<br />
abgedichtet sein.“ Nähere Erläuterungen hierzu fehlten jedoch<br />
[15].<br />
Die Luftdurchlässigkeit von Dachflächen wurde nicht einmal formelmäßig<br />
angesetzt. Dabei hatte bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts E. Settele<br />
umfangreiche Untersuchungen zur „Luftdurchlässigkeit verschiedener<br />
Dachhautkonstruktionen“ durchgeführt [22].<br />
17
G<br />
Einführung<br />
In seinen Versuchsreihen belegte er die Notwendigkeit der Wärmedämmung<br />
der obersten Geschossdecke sowie die „Abdichtung der Dachhaut gegen Luftdurchgang<br />
bei Windanfall“. Denn bei „zu dünnen Deckenkonstruktionen <strong>und</strong><br />
luftdurchlässigen Eindeckungen erhöht sich bei Windanfall der Wärmeverlust<br />
durch das Dach erheblich gegenüber dicht ausgeführten Konstruktionen“<br />
[22, S. 322].<br />
Zwar ist bereits seit der DIN 4108 vom Mai 1960 selbstverständlich, dass Fugen<br />
dicht sein sollten. Aber ebenso selbstverständlich wird „vergessen“, wie viele<br />
mögliche Bereiche der Fugenbildung in der Baupraxis entstehen.<br />
Die „Luftdurchlässigkeit geneigter Dächer“ bleibt über Jahrzehnte Dauerthema.<br />
Es kommt zu zahlreichen Streitfällen über die unzureichende Luftdichtheit<br />
der Dachflächen ausgebauter Dachgeschosse [18]. Dennoch kursiert sogar<br />
in den 1990er Jahren noch immer der Irrglaube, eine „gewisse Luftdurchlässigkeit“<br />
könne einen Mindestluftwechsel durch Fugen sicherstellen [30].<br />
Anfänge der Normung.<br />
G4.1<br />
Bis Mitte der 1990er Jahre gab es in Deutschland praktisch noch keine Normung<br />
zur Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong>. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
unterscheidet sich die zum 01.01.1995 in Kraft getretene [WSVO 1995] von den<br />
bisherigen deutlich. In § 4 (1) wird explizit der Einbau einer „luft<strong>und</strong>urchlässigen<br />
Schicht über die gesamte Fläche“ gefordert, wenn verschalte, gestoßene,<br />
überlappende oder plattenartige Bauteile oder Bauteilschichten verwendet<br />
werden. In der Anlage 4 Ziffer 2 findet sich die konkrete Ergänzung der Luftdichtheitsanforderung:<br />
„Soweit es im Einzelfall erforderlich wird zu überprüfen,<br />
ob die Anforderungen des § 4 (...) erfüllt sind, erfolgt diese Prüfung nach<br />
den allgemein anerkannten Regeln der Technik.“ In Anlage 4 Ziffer 2 wird außerdem<br />
erstmals die Möglichkeit angesprochen, im Einzelfall messtechnisch<br />
vor Ort zu überprüfen, ob die Dichtheitsanforderungen eingehalten wurden<br />
[8].<br />
Das Forschungsinteresse hat sich erst in den 1990er Jahren zunehmend auf<br />
die Verringerung der Lüftungswärmeverluste infolge von Undichtigkeiten<br />
verlagert, da der Anteil dieser Verluste bei erhöhtem Wärmedämmstandard<br />
prozentual mehr ins Gewicht fällt.<br />
Dennoch beklagten Fachleute, dass diesem Aspekt in der Baupraxis noch<br />
immer zu wenig Bedeutung beigemessen wurde: „Die Kürze der Behandlung<br />
dieses Gesichtspunktes in DIN 4108 ‚Wärmeschutz im Hochbau‘ (August 1981),<br />
für die erst 1996 der Teil 7 ‚Luftdichtheit von Bauteilen <strong>und</strong> Anschlüssen‘ (Vornorm<br />
Mai 1996) herausgegeben wurde, <strong>und</strong> in der Wärmeschutzverordnung<br />
[WSVO 1995] steht in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung.“ [11, S. 1/vgl. 25].<br />
Die Zentralverbände des Dachdecker- <strong>und</strong> Zimmererhandwerks haben allerdings<br />
bereits 1991 „konkrete Aussagen zur Bedeutung <strong>und</strong> praktischen Ausführung<br />
der Luftdichtungsarbeiten in ihre Fachregeln aufgenommen“<br />
[8, S. 59 – 60].<br />
18<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Einheitlicher Standard.<br />
Die „International Organization for Standardization“ (ISO) in Genf hatte 1990<br />
einen Normenentwurf mit dem Titel „Thermal insulation – Determination of<br />
building airtightness – Fan pressurization method“ (Wärmeschutz – Bestimmung<br />
der Luftdichtheit eines Gebäudes – Ventilatordruckmethode) vorgelegt.<br />
Die ISO/DIS 9972 enthielt Angaben zur Messmethode, zur Gebäudepräparation<br />
<strong>und</strong> zu Randbedingungen der Messung (z. B. Außenklima). Auf diesen<br />
Normenentwurf nahm auch der zu dieser Zeit in Beratung befindliche Entwurf<br />
zum Beiblatt 1 der DIN 4108 Bezug.<br />
Seit 1990 gilt die ISO/DIS 9972 [14] als internationaler Standard zur Messung<br />
der Luftdichtheit von Gebäudebereichen <strong>und</strong> stützt sich auf das seit Mitte<br />
der 1970er Jahre entwickelte Verfahren des Differenzdrucktests, u. a. auch als<br />
„Blower-Door-Methode“ bezeichnet [18] [25].<br />
Auch die in der WSVO 1995 [28] angesprochene „Einzelfallprüfung“ erfolgt<br />
gemäß ISO 9972 nach der Druckdifferenzmethode [25] [8].<br />
Vom „Blower-Window“ zur „Blower-Door“.<br />
In der Praxis von Felduntersuchungen wird international seit Ende der 1970er<br />
Jahre ein Luftdichtheitsmesssystem zur Erzeugung des Prüfdrucks <strong>und</strong> zur<br />
Messung des Luftvolumenstroms verwendet.<br />
Das Prinzip einer „Blower-Door“ wurde erstmals 1977 in Schweden eingesetzt,<br />
allerdings noch als „Blower-Window“. Åke Blomsterberg exportierte die Idee<br />
in die USA, wo er sich 1979 zu Forschungszwecken an der Princeton University<br />
in Berkeley/Kalifornien aufhielt. Die Messeinrichtung war eine willkommene<br />
Möglichkeit, das Phänomen der Infiltration zu verstehen. Ken Gadsby, damals<br />
Techniker an der Princeton University, gilt als derjenige, der die erste praxistaugliche<br />
„Blower-Door“ entwickelt hat. Der Ventilator wurde erstmals in eine<br />
innere Türfüllung eingebaut, da Türgrößen im Gegensatz zu Fenstergrößen<br />
genormt sind [1] [17].<br />
G4.1<br />
Die ersten, 1979 vom Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL) der<br />
Princeton University in Berkeley durchgeführten Messungen mit der neu<br />
entwickelten „Blower-Door“ ergaben, dass versteckte Leckagen einen weit<br />
größeren Anteil an Lüftungswärmeverlusten haben als die offensichtlichen<br />
Schwachstellen wie Fenster, Türen <strong>und</strong> Durchdringungen etwa für Elektroinstallationen<br />
[1].<br />
Die Begriffe „Blower-Door“ <strong>und</strong> „house doctor“ gehen auf die Aktivitäten an<br />
der Princeton Universität in Berkeley in dieser Zeit zurück. „House doctoring“<br />
bezeichnet instrumentelle Nachweisverfahren, mit deren Hilfe sich schnelle<br />
Maßnahmen zur Energieeinsparung ermitteln lassen, wie beispielsweise das<br />
Aufspüren versteckter Leckagen <strong>und</strong> deren Nachbesserung [17].<br />
Die „Blower-Door“ hatte sich als wissenschaftliches Instrument bewährt –<br />
oder, wie Gary Anderson, Mitbegründer der Firma Energy Conservatory, es<br />
formulierte: „Das größte Vermächtnis der blower door ist die Entwicklung<br />
eines Verständnisses vom Haus als System <strong>und</strong> wie sich die Schwachstellen mit<br />
Hilfe des Differenzdrucks charakterisieren <strong>und</strong> diagnostizieren lassen.“<br />
[1, S. 22].<br />
Die Produktion <strong>und</strong> Weiterentwicklung der ersten Blower-Door-Messgeräte in<br />
Nordamerika erfolgte mit viel Idealismus – <strong>und</strong> zunächst in heimischen Garagen,<br />
erinnert sich Gary Anderson. Waren die ersten aus Sperrholz <strong>und</strong> Schichtstoffplatten<br />
selbst gebauten „Blower-Doors“ noch sperrig <strong>und</strong> unhandlich, so<br />
wurden die Geräte allmählich leichter <strong>und</strong> handlicher.<br />
19
G<br />
Einführung<br />
Messungen.<br />
Die ersten Messungen mit der Differenzdruckmethode begannen in Deutschland<br />
1986/87 im Rahmen eines Niedrigenergiehaus-Projekts der RWE <strong>und</strong><br />
1988 beim Niedrigenergiehaus Schrecksbach [29] [24].<br />
Das 1987 in Schrecksbach realisierte Forschungs- <strong>und</strong> Demonstrationsobjekt<br />
war der erste Versuch des Bauingenieurs Manfred Such, die skandinavischen<br />
Erfahrungen auf die Massivbauweise für Deutschland zu übertragen. Gefördert<br />
wurde das freistehende Einfamilienhaus durch das Hessische Umweltministerium<br />
<strong>und</strong> wissenschaftlich begleitet vom Institut Wohnen <strong>und</strong> Umwelt<br />
(IWU) in Darmstadt [9]. Die Drucktests bei stationärem Differenzdruck führte<br />
Johannes Werner (Ingenieurbüro ebök) in Zusammenarbeit mit dem Physikalischen<br />
Institut der Universität Tübingen durch – damals noch mit einer selbst<br />
gebauten Messvorrichtung [29].<br />
Für die Volumenstrommessung wurde zunächst eine Pressspanplatte anstelle<br />
der Haustür passgenau <strong>und</strong> luftdicht in die Türöffnung eingebaut. Die aus<br />
Transportgründen zweiteilige Spanplatte verfügte über ein Loch, um das Rohr<br />
vom Ventilator luftdicht anschließen zu können. Der Ventilator mit Messdüse<br />
war auf einem Wagen befestigt. Mithilfe der Messdüse (Außendurchmesser<br />
20 cm) wurde die Fördermenge bei der Durchführung des Drucktests bestimmt.<br />
Vor der Messdüse war zusätzlich eine 2 m lange Beruhigungsstrecke<br />
in Form eines handelsüblichen Wickelfalzrohrs montiert worden, um Luftverwirbelungen<br />
zu vermeiden [24]. Dadurch konnten zwar relativ genaue Messergebnisse<br />
erzielt werden, aber der Aufbau war insgesamt sehr unhandlich.<br />
G4.1<br />
Schließlich wurde die Beruhigungsstrecke entfernt <strong>und</strong> die verbleibende<br />
Messapparatur im Kammerprüfstand kalibriert [24]. Nun konnte auch ohne<br />
die lange Messstrecke gemessen werden, wenn auch mit etwas geringerer<br />
Genauigkeit. Durch diese erste technische Vereinfachung war die Apparatur<br />
mit einer Gesamtlänge von nur noch ca. 1,20 m (gegenüber zuvor knapp 3 m)<br />
bereits wesentlich leichter handhabbar.<br />
Bei den Messungen in Schrecksbach war die Spanplatte für den Einbau des<br />
Ventilators noch exakt auf die Größe der Haustüröffnung zugeschnitten worden<br />
<strong>und</strong> somit nur für dieses Objekt nutzbar. Durch die Entwicklung flexibler<br />
Einbaurahmen aus Holz oder Aluminium gelang eine weitere wesentliche<br />
geometrische Verbesserung.<br />
Im Rahmen des Pilotprojekts „30 Niedrigenergiehäuser in Hessen“ wurde<br />
1989/90 die erste Messreihe zur Luftdichtheit in Deutschland durchgeführt.<br />
Das Projekt wurde vom Land Hessen finanziell gefördert <strong>und</strong> durch das Institut<br />
Wohnen <strong>und</strong> Umwelt (IWU) wissenschaftlich begleitet. Die Messungen<br />
ergaben, dass zwar „die angestrebte Dichtheit (der <strong>Gebäudehülle</strong>) in einigen<br />
Fällen um mehr als einen Faktor 10 verfehlt wurde“, hingegen zeigten die<br />
Ergebnisse anderer Gebäude, „dass bei gewissenhafter, sachgerechter Ausführung<br />
eine sehr gute Dichtheit erzielbar ist“ [7, S. 2].<br />
Die Ingenieurgemeinschaft Bau + Energie + Umwelt GmbH im EUZ, Springe-<br />
Eldagsen, <strong>und</strong> das Ingenieurbüro ebök in Tübingen begannen in den Jahren<br />
1988/89 ihre Messungen mit der Differenzdruckmethode <strong>und</strong> gehörten mit<br />
zu den ersten in Deutschland, die Luftdichtheitsmesssysteme für Felduntersuchungen<br />
einsetzten [29].<br />
20<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Luftdichtheit im Baurecht.<br />
Die Baupraxis ist immer auch mit rechtlichen Fragen konfrontiert: Wie „luft<strong>und</strong>icht“<br />
darf ein Außenbauteil noch sein, um trotzdem als mangelfrei zu<br />
gelten? Bei welcher Luftwechselrate kann von einer ausreichenden Dichtheit<br />
gesprochen werden?<br />
Fachleute hatten bis Ende der 1990er Jahre in Deutschland immer wieder fehlende<br />
gesetzliche Bestimmungen für die Überprüfung der Luftdichtheit der<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>, insbesondere im Gebäudebestand, bemängelt oder beklagt,<br />
dass Normen zu unkonkret seien <strong>und</strong> keine Sicherheit gewährleisteten [11]<br />
[12]. Die im November 1996 veröffentlichte Vornorm DIN V 4108-7 „Wärmeschutz<br />
im Hochbau“, Teil 7 „Luftdichtheit von Bauteilen <strong>und</strong> Anschlüssen“<br />
[3] wurde mit dem Ziel überarbeitet, diesen Mangel möglichst kurzfristig<br />
auszugleichen. Bis dahin gewonnene Erfahrungen <strong>und</strong> Kenntnisse sowie Materialentwicklungen<br />
flossen in die Norm mit ein. Im August 2001 wurde die<br />
überarbeitete Ausgabe der Norm veröffentlicht: DIN 4108-7 „Wärmeschutz<br />
<strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden“, Teil 7 „Luftdichtheit von Gebäuden,<br />
Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen sowie Beispiele.“<br />
Seit Januar 2011 gilt eine neue Fassung [4].<br />
Im April 2000 wurde in Kassel der „Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen“<br />
(FLiB e. V.) gegründet, mit den Zielen, Forschung <strong>und</strong> Entwicklung zu fördern,<br />
den Stand der Technik durch Erstellung von Fachregeln zu konkretisieren sowie<br />
Gesetzgebung <strong>und</strong> Normung zu unterstützen.<br />
Abb. 1: Die ersten Luftdichtheits-Messgeräte waren<br />
noch unhandlich <strong>und</strong> etwas klobig. Mit diesen<br />
Einsätzen wurde 1987 bei der EMPA gemessen.<br />
Seit Februar 2001 ist die DIN EN 13829 „Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden,<br />
Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden, Differenzdruckverfahren“<br />
[5] veröffentlicht. Damit ist die Durchführung von Luftdurchlässigkeitsmessungen<br />
weitgehend geregelt [10].<br />
Mit der Energieeinsparverordnung (EnEV) gab es endlich sehr viel mehr Klarheit<br />
<strong>und</strong> Sicherheit, denn bereits in ihrer ersten Fassung machte sie luftdichtes<br />
<strong>Bauen</strong> quasi zur Pflicht; sie trat am 1. Februar 2002 in Kraft <strong>und</strong> erfuhr 2004<br />
eine erste Novellierung. Weitere Neufassungen erfolgten 2007 <strong>und</strong> zuletzt<br />
2009. Unter § 6 (1) fordert die EnEV eine „dauerhaft luft<strong>und</strong>urchlässige“ Ausführung<br />
der wärmeübertragenden Umfassungsfläche einschließlich Fugen,<br />
„entsprechend den anerkannten Regeln der Technik“.<br />
G4.1<br />
21
G<br />
Einführung<br />
Nach den Regeln der Technik.<br />
Planer <strong>und</strong> Bauausführende sollten sich jedoch nicht allein auf die Normen<br />
verlassen, gibt Rechtsanwalt Ulf Köpcke, der sich mit privatem Baurecht befasst,<br />
zu bedenken. Der B<strong>und</strong>esgerichtshof sieht in den DIN-Normen lediglich<br />
„private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter“ (AZ.: IIV ZR<br />
184/97). „Diese können zwar im Einzelfall die anerkannten Regeln der Technik<br />
wiedergeben, bleiben aber als geschriebenes <strong>und</strong> dementsprechend starres<br />
Regelwerk sehr häufig hinter der Weiterentwicklung der allgemein anerkannten<br />
Technikregeln zurück“ [16, S. 3]. Entscheidend sind im Zweifelsfall die<br />
zum Zeitpunkt der Bauabnahme gültigen Regeln <strong>und</strong> nicht allein die Erfüllung<br />
der vertraglichen Vereinbarungen [16].<br />
G4.1<br />
22<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1] Anderson, Abba: The History of the Blower Door. In: Home Energy, November/Dezember<br />
1995.<br />
[2] NABau: DIN 4108: Wärmeschutz im Hochbau. Teil 1 – 5. Beuth-Verlag, Berlin<br />
1981.<br />
[3] NABau: DIN V 4108, Teil 7: Luftdichtheit von Bauteilen <strong>und</strong> Anschlüssen.<br />
Beuth-Verlag, Berlin 1996.<br />
[4] NABau: DIN 4108 Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden.<br />
Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie -beispiele. Beuth-Verlag, Berlin August 2001/Berlin<br />
Januar 2011.<br />
[5] Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Bestimmung der Luftdurchlässigkeit<br />
von Gebäuden – Differenzdruckverfahren. Beuth-Verlag, Berlin Februar<br />
2001 (ISO 9972: 1996, modifiziert); Deutsche Fassung EN 13829: 2000.<br />
[6] Eicke-Hennig, Werner: Wärmedämmung von Gebäuden: Vorurteile behindern<br />
die CO 2<br />
- <strong>und</strong> Energieeinsparung. In: Architektenbrief 17, Planungskriterien<br />
für die Technik der Wärmedämmung im Hochbau, September 1994.<br />
[7] Eicke-Hennig, Werner/Jäkel, Michael/Zeller, Joachim: Endbericht zum<br />
Förderprogramm „30 Niedrigenergiehäuser in Hessen“, Institut Wohnen <strong>und</strong><br />
Umwelt, Darmstadt, 1997.<br />
[8] Feist, Wolfgang (Hrsg.): Das Niedrigenergiehaus. Neuer Standard für energiebewußtes<br />
<strong>Bauen</strong>, Heidelberg, 4. Auflage 1997.<br />
[9] Fingerling, Anne: Eine Geschichte der Niedrigenergiehäuser bis zum Passivhaus.<br />
Institut Wohnen <strong>und</strong> Umwelt GmbH (Hrsg.), Darmstadt 1996.<br />
G4.1<br />
[10] Geißler, A./Bolender, T.: Luftdicht bauen! Sonderdruck aus AIRTec,<br />
Nr. 4/2003.<br />
[11] Geißler, A./Hauser, G.: Luftdichtheit von Holzhäusern. Sonderdruck aus<br />
<strong>Bauen</strong> mit Holz Nr. 7/1996.<br />
[12] Geißler, Achim/Bolender, Torsten/Hauser, Gerd: Blower Door-Messungen<br />
– erweiterte Meßmethode. In: HLH – Heizung Lüftung/Klima Haustechnik Bd.<br />
48, Nr. 5/Mai 1997.<br />
[13] Humm, Othmar: Niedrigenergie-Häuser, Theorie <strong>und</strong> Praxis, Staufen bei<br />
Freiburg 1990.<br />
[14] Draft International Standard ISO/DIS 9972: “Thermal insulation – Determination<br />
of building airtightness – Fan pressurization method.” International<br />
Organization for Standardization 1990. Deutsche Fassung: Bestimmung der<br />
Luftdichtheit von Gebäuden – Differenzdruck verfahren. Entwurf DIN EN ISO<br />
9972. Berlin, Januar 1997.<br />
[15] Knublauch, E./Schäfer, H./Sidon, S.: Über die Luftdurchlässigkeit geneigter<br />
Dächer. Sonderdruck aus GI – Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur 108, Heft 1/1987.<br />
[16] Köpcke, Ulf: Fehler – Mangel – Schaden. Sonderdruck aus Trockenbau<br />
Akustik, Nr. 9/2004.<br />
[17] Nach Angaben von Gary Nelson <strong>und</strong> Gautam Dutt, E-Mail vom Februar<br />
2008.<br />
23
G<br />
Einführung<br />
[18] Oswald, Rainer: Schwachstellen. Erscheinungsbilder <strong>und</strong> Ursachen häufiger<br />
Bauschäden. In: db – Das Bauzentrum, 129. Jg., Nr. 9/1995.<br />
[19] Pettenkofer, Max von: Populäre Vorträge „über das Verhalten der Luft zum<br />
Wohnhaus des Menschen“, Braunschweig 1877.<br />
[20] Preisig, Hansruedi: Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong>. Seminar im<br />
Rahmen des IPH-Projektes „Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong> im Holzbau“,<br />
Rapperswil/Schweiz 1990.<br />
[21] Raisch, Erwin: Die Luftdurchlässigkeit von Baustoffen <strong>und</strong> Baukonstruktionsteilen.<br />
In: GI – Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur, 51. Jg., Nr. 30/28. Juli 1928.<br />
[22] Settele, E.: Der Wärmeschutz durch Dachkonstruktionen. In: GI – Ges<strong>und</strong>heits-Ingenieur,<br />
55. Jg., Nr. 27/2. Juli 1932.<br />
[23] Walch, Albert: Können Wände wirklich atmen? In: Energiedepesche Nr.<br />
3/1997.<br />
[24] Weber, Richard: Forschungsprojekt Niedrigenergiehaus Schrecksbach.<br />
Bestimmung des Luftwechsels <strong>und</strong> der Dichtigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong> an einem<br />
Niedrigenergiehaus. Diplomarbeit/Physikalisches Institut der Universität<br />
Tübingen 1989.<br />
[25] Werner, Johannes: Luftdichtheit: Gr<strong>und</strong>prinzipien, Meßverfahren, Konstruktionen.<br />
In: Wärmedämmung Wärmebrücken Luftdichtheit. Fachdokumentation<br />
Nr. 2, Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser, Darmstadt Oktober<br />
1996.<br />
G4.1<br />
[26] Werner, Johannes/Zeller, Joachim: Die Luftdichtigkeit von Gebäuden <strong>und</strong><br />
ihre Bedeutung für die Funktion <strong>und</strong> Effizienz von Wohnungslüftungsanlagen.<br />
In: Informationsdienst Holzbau Technik Nr. 7/1993.<br />
[27] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden<br />
(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). (Inkrafttreten: 01.01.1984) B<strong>und</strong>esgesetzblatt,<br />
Bonn 24.02.1982.<br />
[28] Verordnung über einen energiesparenden Wärmeschutz bei Gebäuden<br />
(Wärmeschutzverordnung – WärmeschutzV). (Inkrafttreten: 01.01.1995) B<strong>und</strong>esgesetzblatt,<br />
Bonn 16.08.1994.<br />
[29] Zeller, J./Dorschky, S./Borsch-Laaks, R./Feist, W.: Luftdichtigkeit von Gebäuden.<br />
Luftdurchlässigkeitsmessungen mit der Blower Door in Niedrigenergiehäusern<br />
<strong>und</strong> anderen Gebäuden, Darmstadt 1995.[30] Zeller, J./Werner, J./<br />
Kahlert, C.: Luftdichtheit als Planungsziel. In: DAB – Deutsches Architektenblatt<br />
Nr. 4/1997.<br />
[31] Zeller, Joachim/Biasin, Karl: Luftdichtigkeit von Wohngebäuden – Messung,<br />
Bewertung, Ausführungsdetails. RWE Energie Aktiengesellschaft<br />
(Hrsg.), Essen, 2. Auflage 1998.<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Abb. 1: QC-Expert AG, Dübendorf/Schweiz<br />
24<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Einführung<br />
G<br />
Dieser Textbeitrag wird mit der Unterstützung des FLiB, Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen, veröffentlicht.<br />
Im neu veröffentlichten Buch zur Gebäude-Luftdichtheit des FLiB finden Sie<br />
diesen Beitrag sowie weiterführende <strong>und</strong> vertiefende Literatur zum Thema<br />
Luftdichtheit. Aktuelle Informationen stehen unter ƒ www.flib.de bereit.<br />
G4.1<br />
25
G<br />
Einführung<br />
G4.1<br />
26<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
G4.2 Planungsgr<strong>und</strong>lagen.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
Anforderungen an die Luftdichtheit.<br />
Autor:<br />
Joachim Zeller<br />
Luftdichtheitsplanung.<br />
Autoren:<br />
Stefanie Rolfsmeier<br />
Paul Simons<br />
Einfluss von Gebäudeumfeld <strong>und</strong> <strong>Gebäudehülle</strong> auf die Lüftung.<br />
Autor:<br />
Ehrenfried Heinz<br />
G<br />
G4.2<br />
1
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G4.2<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
1 Anforderungen an die<br />
Luftdichtheit.<br />
Autor:<br />
Joachim Zeller<br />
Grenzwerte nach Energieeinsparverordnung.<br />
Die Grenzwerte für die Luftdurchlässigkeit von Neubauten sind in Anlage 4<br />
der Energieeinsparverordnung 2009 angegeben. Demnach darf „der nach<br />
DIN EN 13829:2001‐02 bei einer Druckdifferenz zwischen innen <strong>und</strong> außen von<br />
50 Pa gemessene Volumenstrom – bezogen auf das beheizte oder gekühlte<br />
Luftvolumen – bei Gebäuden<br />
ohne raumlufttechnische Anlagen 3,0 h -1 <strong>und</strong><br />
mit raumlufttechnischen Anlagen 1,5 h -1<br />
nicht überschreiten.“<br />
Die Grenzwerte bestehen in dieser Höhe seit Juli 1998. Sie gelten gleichermaßen<br />
für Wohn- wie Nichtwohngebäude.<br />
Anders als früher gelten die Anforderungen der EnEV 2009 nur für die Gebäude,<br />
für die ein Nachweis der Luftdichtheit in der Energiekennwertberechnung rechnerisch<br />
angesetzt wird (§ 6 (1), Satz 3). Für alle anderen Neubauten gilt die qualitative<br />
Anforderung nach § 6, wonach „die wärmeübertragende Umfassungsfläche<br />
einschließlich der Fugen dauerhaft luft<strong>und</strong>urchlässig entsprechend den anerkannten<br />
Regeln der Technik abgedichtet ist“. Somit bleibt Interpretationsspielraum<br />
für Sachverständige <strong>und</strong> Juristen. Nachdem von 1998 bis 2009 quantitative<br />
Anforderungen in der genannten Höhe galten, spricht aber viel dafür, dass auch<br />
heute Werte über 3,0 h -1 bzw. 1,5 h -1 nicht den anerkannten Regeln der Technik<br />
entsprechen, zumal auch DIN 4108-7 diese Grenzwerte angibt (s. u.).<br />
Über die Gebäudepräparation für die Messung gibt es in der EnEV keine Angabe.<br />
G4.2<br />
Die Anforderungen der EnEV gelten für das fertige Gebäude, d. h. ab dem Zeitpunkt<br />
der baurechtlichen Abnahme.<br />
Teilweise mechanisch gelüftete Gebäude.<br />
In einem Bürogebäude kann es beispielsweise vorkommen, dass die<br />
Büros über Fenster gelüftet werden, während Konferenzräume mit<br />
raumlufttechnischen Anlagen ausgestattet werden. Im Wohnungsbau<br />
(z. B. bei Bauherrengemeinschaften) kommt es vor, dass ein Teil der Wohnungen<br />
über Lüftungsanlagen gelüftet wird, die anderen nicht.<br />
In derartigen Fällen, in denen Zonen ohne <strong>und</strong> solche mit raumlufttechnischen<br />
Anlagen vorhanden sind, muss der volumengewichtete<br />
Mittelwert der Grenzwerte nach EnEV eingehalten werden. Uneinigkeit<br />
herrscht unter Sachverständigen darüber, ob darüber hinaus auch<br />
die Anforderungen in jeder Zone einzuhalten sind.<br />
In einer Zone mit raumlufttechnischer Anlage kann es auch Räume<br />
ohne eigenen Luftdurchlass geben: Ein zwischen Zu- <strong>und</strong> Ablufträumen<br />
gelegener Flur beispielsweise gehört zur Überströmzone <strong>und</strong> gilt<br />
deshalb als mechanisch gelüftet (Grenzwert 1,5 h -1 ). Auch wegen einzelner<br />
Räume, bei denen der Anschluss an die Lüftungsanlage vergessen<br />
wurde (oft z. B. bei Abstellräumen) wird der Grenzwert nicht erhöht.<br />
3
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Verpflichtung zur Messung.<br />
Neubau.<br />
Die EnEV bietet die Möglichkeit, im Nachweis für einen Neubau verminderte<br />
Lüftungswärmeverluste anzusetzen, sofern eine „Dichtheitsprüfung“ vorgesehen<br />
ist. Wird die Messung im Nachweis angesetzt, dann muss sie auch nach<br />
Fertigstellung der luftdichten Hülle durchgeführt werden.<br />
In folgenden Fällen ist der messtechnische Nachweis erforderlich:<br />
Bei Wohngebäuden wird eine mechanisch betriebene Lüftungsanlage angerechnet.<br />
(EnEV Anlage 1, Nr. 2.7)<br />
Beim Monatsverfahren wird für die Luftwechselrate der Wert 0,6 h -1 angesetzt.<br />
(DIN 4108, Teil 6, Tabelle D.3, Zeile 8.1)<br />
Bei Nichtwohngebäuden wird im Nachweis die Dichtheitskategorie I nach<br />
Tabelle 4 der DIN V 18599, Teil 2, angesetzt.<br />
Für den Nachweis der Dichtheit muss das gesamte Gebäude untersucht werden.<br />
Es reicht also nicht, im Mehrfamilienhaus nur einzelne Wohnungen oder<br />
im Bürohaus nur einen Ausschnitt aus der Fassade zu untersuchen.<br />
Bestehende Gebäude.<br />
Für das Ausstellen des Energieausweises ist keine Dichtheitsprüfung erforderlich.<br />
Wird aber eine Dichtheitsprüfung durchgeführt, <strong>und</strong> werden die Neubau-<br />
Grenzwerte der EnEV eingehalten, dann dürfen analog zum Neubau geringere<br />
Lüftungswärmeverluste angesetzt werden.<br />
Grenzwerte nach DIN 4108, Teil 7.<br />
Der Abschnitt „Anforderungen“ der aktuellen Luftdichtheitsnorm DIN 4108-<br />
7:2011 beginnt mit einem Verweis auf die jeweilige EnEV:<br />
G4.2<br />
„Anforderungen an die Luftdichtheit sind in der jeweils aktuellen Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV) geregelt.“<br />
Sofern beispielsweise die EnEV 2012 strengere Anforderungen stellen wird,<br />
gelten diese also automatisch auch nach der Norm. Da mit der Ausgabe 2009<br />
eine allgemein gültige quantitative Anforderung in der EnEV entfallen war,<br />
wurde in die Norm – abweichend vom Entwurf – ein neuer Abschnitt aufgenommen,<br />
der diese Lücke schließt:<br />
„Sofern die EnEV keine Anforderungen stellt, darf bei Neubauten im Sinne der<br />
EnEV <strong>und</strong> bei Bestandsbauten, bei denen die komplette <strong>Gebäudehülle</strong> im Sinne<br />
der Luftdichtheit saniert wurde, die nach DIN EN 13829:2001-02, Verfahren<br />
A, gemessene Luftwechselrate bei 50 Pascal Druckdifferenz, n 50<br />
,<br />
bei Gebäuden ohne raumlufttechnische Anlagen 3,0 h -1 <strong>und</strong><br />
bei Gebäuden mit raumlufttechnischen Anlagen 1,5 h -1<br />
nicht überschreiten.“<br />
Mit dem Hinweis auf das Verfahren A der Messnorm DIN EN 13829 gibt DIN<br />
4108-7 im Gegensatz zur EnEV klare Vorgaben für die Gebäudepräparation.<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
Eine weitere Anforderung bewirkt, dass auch bei großen, kompakten Gebäuden<br />
mit günstigem Oberflächen-Volumen-Verhältnis ein gewisser Mindeststandard<br />
für die Dichtheit der Hülle verlangt wird:<br />
„Bei Gebäuden oder Gebäudeteilen mit einem Innenvolumen von mehr als<br />
1.500 m 3 wird zur Beurteilung der <strong>Gebäudehülle</strong> zusätzlich die Luftdurchlässigkeit<br />
q 50<br />
nach DIN EN 13829:2001-02 herangezogen. Sie darf den Wert von<br />
3,0 m 3 /(h · m 2 ) nicht überschreiten.“<br />
Empfohlene Höchstwerte nach DIN 4108, Teil 7.<br />
Der DIN-Ausschuss „Luftdichtheit“ war bei der Bearbeitung von DIN 4108,<br />
Teil 7, der Ansicht, dass bei einem Gebäude mit Lüftungsanlage die Luftwechselrate<br />
bei 50 Pascal den Wert 1,0 h -1 nicht überschreiten sollte. Dies bedeutet<br />
eine Rückkehr zu dem Grenzwert, der schon in der Erstausgabe der Norm im<br />
Jahr 1996 angegeben war. Man wollte aber vermeiden, dass die Anforderungen<br />
der Norm strenger sind als die der EnEV. Daher werden diese strengeren<br />
Werte in der Norm nur als Empfehlung angegeben, für die es aber physikalisch<br />
nachvollziehbare Gründe gibt.<br />
Weiterhin war man der Ansicht, dass selbsttätig regelnde Außenluftdurchlässe<br />
(ALD) nicht in die Messung einbezogen, sondern durch Abdichten davon<br />
ausgenommen werden sollten <strong>und</strong> dass im Gegenzug der Höchstwert<br />
entsprechend vermindert werden soll. Die Ergebnisse dieser Überlegungen<br />
werden in Tabelle 1 der Norm wiedergegeben. Dort werden die empfohlene<br />
Gebäudepräparation <strong>und</strong> der empfohlene Höchstwert für die Luftwechselrate<br />
bei 50 Pascal abhängig vom Lüftungssystem angegeben. Abgesehen von den<br />
Angaben in Tabelle 1 der Norm muss die Gebäudepräparation dem Verfahren<br />
A der Messnorm DIN EN 13829 entsprechen.<br />
Den Expertenstreit, inwieweit Außenluftdurchlässe für die Messung abgedichtet<br />
werden sollen, entschärft die Norm teilweise dadurch, dass die von<br />
Verfahren A der EN 13829 abweichende Abdichtung von ALD zu erhöhten<br />
Anforderungen nach Tabelle 1 führt. Nicht alle in der Tabelle aufgeführten<br />
Lüftungssysteme sind geeignet: So führen nicht verschließbare Außenluftdurchlässe<br />
bei freier Lüftung je nach Dimensionierung bei kaltem Wetter zu<br />
unnötig hohen Lüftungswärmeverlusten <strong>und</strong> trockener Raumluft <strong>und</strong>/oder<br />
bei mildem Wetter zu einer unzureichenden Belüftung. Auch Fensterlüftung<br />
allein ist für viele Nutzer ungeeignet, weil bei Abwesenheit der Nutzer nicht<br />
ausreichend gelüftet werden kann.<br />
G4.2<br />
5
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Gebäudepräparation <strong>und</strong> Luftwechselrate<br />
Lüftungssystem<br />
Art der<br />
Außenluft durch lässe (ALD)<br />
Präparation der<br />
Außenluftdurchlässe (ALD)<br />
<strong>und</strong> Abluftgitter (ALG)<br />
Höchstwert<br />
für n 50<br />
in h -1<br />
Freie<br />
Lüftung<br />
ausschließlich durch Fenster keine entfällt 3,0<br />
Querlüftung über ALD nicht verschließbar keine Maßnahmen 3,0<br />
verschließbar ALD schließen 3,0<br />
mit selbsttätiger Regelung ALD abdichten 1,5<br />
Schachtlüftung nicht verschließbar ALD keine Maßnahmen<br />
ALG abdichten<br />
1,5<br />
verschließbar<br />
ALD schließen<br />
ALG abdichten<br />
1,5<br />
mit selbsttätiger Regelung ALD <strong>und</strong> ALG abdichten 1,5<br />
Ventilatorgestützte<br />
Lüftung<br />
Abluftanlage verschließbar ALD abdichten 1,0<br />
mit selbsttätiger Regelung ALD abdichten 1,0<br />
Zu-Abluft-Anlage keine Ab-/Fort- <strong>und</strong> Zu‐/<br />
Außenluftleitungen abdichten<br />
1,0<br />
Abb. 1: Empfohlene Gebäudepräparation <strong>und</strong> empfohlene Höchstwerte für n 50<br />
gemäß DIN 4108, Teil 7.<br />
G4.2<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
Grenzwerte für spezielle Zertifikate.<br />
Für das RAL-Gütezeichen 965 „energieeffizientes Gebäude“<br />
ƒ www.effiziente-gebaeude.de <strong>und</strong> für das Zertifikat „qualitätsgeprüftes<br />
Passivhaus“ des Passivhaus-Instituts ƒ www.passiv.de gelten folgende Grenzwerte<br />
für n 50<br />
:<br />
Sonstige energieeffiziente Standards nach RAL: 1,0 h -1<br />
Passivhaus: 0,6 h -1<br />
Qualitative Anforderungen.<br />
Vermeidung schädlicher Einzellecks.<br />
Die Energieeinsparverordnung verlangt in § 6, dass die „wärmeübertragende<br />
Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luft<strong>und</strong>urchlässig<br />
entsprechend den anerkannten Regeln der Technik abgedichtet ist.“ Ähnliche<br />
qualitative Anforderungen gibt es auch im Teil 2 der DIN 4108.<br />
In DIN 4108, Teil 7, findet sich folgender Warnhinweis: „Selbst bei Einhaltung<br />
der oben genannten Grenzwerte sind lokale Fehlstellen in der Luftdichtheitsschicht<br />
möglich, die zu Feuchteschäden durch Konvektion führen können.<br />
Die Einhaltung der Grenzwerte ist somit kein hinreichender Nachweis für die<br />
sachgemäße Planung <strong>und</strong> Ausführung eines einzelnen Konstruktionsdetails,<br />
beispielsweise eines Anschlusses oder einer Durchdringung.“<br />
Solche „Fehlstellen“ müssen natürlich vermieden werden, ebenso wie Undichtheiten,<br />
die zu störender Zugluft im Aufenthaltsbereich führen. Die<br />
Baupraxis zeigt, dass viele Undichtheiten weder zu Zugluft noch zu Schimmelbildung<br />
führen. Wenn ein Schaden durch Luft<strong>und</strong>ichtheiten eingetreten<br />
ist, kann er in der Regel anhand der Messergebnisse der Leckortung erklärt<br />
werden. Einen Schaden zu prognostizieren oder sicher auszuschließen ist dagegen<br />
nicht möglich. Verschiedene Gesichtspunkte zur „Wirkung <strong>und</strong> Bewertung<br />
von Leckagen“ werden in der Veröffentlichung von K. Biasin <strong>und</strong> J. Zeller<br />
genannt [1] .<br />
Sachverständige, die die Einhaltung der qualitativen Luftdichtheitsanforderungen<br />
zu prüfen haben, müssen sorgfältig abwägen. Weder ist ein Haus, das<br />
die quantitativen Anforderungen einhält, automatisch ohne Luftdichtheitsmangel<br />
noch stellt jede messbare Luftströmung einen Mangel dar.<br />
G4.2<br />
Lage der Luftdichtheitsschicht.<br />
Es gibt keine Vorschriften darüber, durch welche Bauteilschicht die Luftdichtung<br />
erreicht werden muss. Im Teil 7 der DIN 4108 wird empfohlen, die Luftdichtheitsschicht<br />
raumseitig der Dämmebene anzuordnen.<br />
Ein Verbot, die Luftdichtheit beispielsweise durch die raumseitige Gipskartonbeplankung<br />
zu erreichen, gibt es nicht. Aber in der Ausgabe 2001 der DIN<br />
4108-7 wurde darauf hingewiesen, dass die raumseitige Beplankung wegen<br />
häufiger Durchdringungen oft nicht als Luftdichtheitsschicht geeignet ist,<br />
<strong>und</strong> die aktuelle Ausgabe weist auf die Notwendigkeit von besonderen Maßnahmen<br />
bei Durchdringungen <strong>und</strong> Anschlüssen hin. Auch die Forderung<br />
nach der Dauerhaftigkeit der Luftdichtung verlangt spezielle Maßnahmen,<br />
um Risse an den Anschlüssen zu vermeiden [2].<br />
7
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Spezielle Vereinbarungen.<br />
Es ist durchaus sinnvoll, im Einzelfall zusätzliche oder weitergehende vertragliche<br />
Vereinbarungen über die Luftdichtheit <strong>und</strong> deren Prüfung zu treffen.<br />
Dazu ein paar Beispiele:<br />
Da die zahlenmäßigen Anforderungen der EnEV seit 2009 nur für „luftdichtheitsgeprüfte<br />
Gebäude“ gelten, ist dringend zu empfehlen, für andere<br />
Gebäude angemessene Grenzwerte vertraglich zu vereinbaren.<br />
Bei Gebäuden mit lüftungstechnischen Einrichtungen ist es sinnvoll, die<br />
„empfohlenen Höchstwerte“ nach DIN 4108-7 vertraglich zu vereinbaren.<br />
Bauherren sollten die Luftdichtheit auch in den Fällen messtechnisch<br />
nachweisen lassen, in denen dies nicht durch die EnEV vorgeschrieben ist.<br />
Die Messung sollte so frühzeitig stattfinden, dass die luftdichte Ebene noch<br />
zugänglich ist <strong>und</strong> Nachbesserungen mit mäßigem Aufwand möglich sind.<br />
Für Passivhäuser sollte der vom Passivhaus-Institut <strong>und</strong> der RAL-Gütegemeinschaft<br />
energieeffiziente Gebäude e. V. verlangte Grenzwert von<br />
n 50<br />
≤ 0,6 h -1 vereinbart werden oder gegebenenfalls entsprechend den<br />
Angaben des für den Passivhausstandard zuständigen Fachplaners ein kleinerer<br />
Wert.<br />
In Gebäuden mit mehreren Nutzungseinheiten (z. B. Mehrfamilienhäusern)<br />
ist es sinnvoll, zusätzlich zu den Anforderungen der EnEV Anforderungen<br />
an die einzelne Nutzungseinheit zu vereinbaren. So kann man<br />
beispielsweise vertraglich festlegen, dass für jede einzelne Wohnung der<br />
Grenzwert der EnEV, gegebenenfalls zuzüglich eines bestimmten prozentualen<br />
Zuschlags, einzuhalten ist.<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1] Biasin, Karl/Zeller, Joachim: „Luftdichtigkeit von Wohngebäuden – Messung,<br />
Bewertung, Ausführungsdetails.“ 3. Auflage, VWEW Energieverlag<br />
Frankfurt 2002<br />
G4.2<br />
[2] Oswald, Rainer/Abel, Ruth: „Hinzunehmende Unregelmäßigkeiten bei Gebäuden.“<br />
Bauverlag Wiesbaden <strong>und</strong> Berlin, 2. überarbeitete Auflage 2000<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen Joachim Zeller<br />
Dieser Textbeitrag wird mit der Unterstützung des FLiB, Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen, veröffentlicht.<br />
Im neu veröffentlichten Buch zur Gebäude-Luftdichtheit des FLiB finden Sie<br />
diesen Beitrag sowie weiterführende <strong>und</strong> vertiefende Literatur zum Thema<br />
Luftdichtheit. Aktuelle Informationen stehen unter ƒ www.flib.de bereit.<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
2 Luftdichtheitsplanung.<br />
Autoren:<br />
Stefanie Rolfsmeier<br />
Paul Simons<br />
Einleitung.<br />
Dieser Beitrag soll Planer <strong>und</strong> Ausführende dabei unterstützen, die luftdichte<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> sicher <strong>und</strong> entsprechend den Anforderungen auszubilden<br />
<strong>und</strong> darzustellen, welche Vorgehensweise dafür zu empfehlen ist. Bei dichten<br />
Gebäuden ist der Luftdichtheitstest deutlich effizienter durchzuführen als bei<br />
<strong>und</strong>ichteren Gebäuden, da der Geräteaufwand geringer ist. Das spart für den<br />
Auftraggeber Arbeitszeit <strong>und</strong> Kosten. Die real ermittelten Kennwerte der Luftdichtheit<br />
können in viele Wärmeschutznachweise eingerechnet werden.<br />
Jede <strong>Gebäudehülle</strong>, auch wenn sie noch so gut geplant <strong>und</strong> ausgeführt wurde,<br />
ist in einem bestimmten Umfang luftdurchlässig. Deshalb wird in keiner<br />
Richtlinie eine absolut luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong> gefordert, die Luftdurchlässigkeit<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong> wird lediglich begrenzt. Hierzu sind die Grenzwerte<br />
n 50<br />
für die Luftwechselrate des Gebäude-Innenvolumens <strong>und</strong> q50 für die Luftdurchlässigkeit<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong> z. B. in der EnEV oder DIN 4108-7 beschrieben<br />
(s. auch Teil „Qualitätsüberwachung“). Für Bauteile mit Funktionsfugen<br />
sind die Anforderungen in den entsprechenden Normen beschrieben, z. B. für<br />
Fenster in der DIN EN 12207. In diesem Beitrag wird der Begriff „luftdicht“ im<br />
obigen Sinn verwendet.<br />
Kleine Gebäude.<br />
Mit kleinen Gebäuden sind nach DIN EN 13829 Gebäude mit einem Innenvolumen<br />
kleiner als 4.000 m³ gemeint. In diesem Artikel wird der Begriff „kleine<br />
Gebäude“ auf Wohngebäude <strong>und</strong> Verwaltungsgebäude, die eine Technik<br />
ähnlich dem Einfamilienhaus beherbergen, angewendet. Bei Gebäuden mit<br />
Aufzügen sollten die Entrauchungsöffnungen mit für den Zweck zugelassenen<br />
Klappensystemen versehen sein.<br />
G4.2<br />
Abb. 1: Beispiele für kleine Gebäude, links Neubau eines Passivhauses in Holzrahmenbau, rechts<br />
mit Passivhauskomponenten saniertes Mehrfamilienhaus.<br />
Planungsablauf zum Erreichen der luftdichten <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Der im Folgenden beschriebene Ablauf strukturiert auf einfache Weise die<br />
Planungsarbeit:<br />
9
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Grenzwert festlegen<br />
Luftdichtheitskonzept erstellen<br />
Konstruktions- <strong>und</strong> Detailplanung erstellen, evtl. auch Modelle<br />
Anschließend sind die Qualitätsüberwachung <strong>und</strong> die Luftdichtheitsmessung<br />
im Bauzustand durchzuführen sowie eine Luftdichtheits-Abschlussmessung<br />
vorzunehmen. Vertiefende Informationen sind im Abschnitt zur Qualitätsüberwachung<br />
zu finden. Die Schritte im Detail:<br />
1. Festlegung des Grenzwerts der Luftdurchlässigkeit bei kleinen Gebäuden.<br />
Im Rahmen der Planungsarbeit ist zu einem frühen Zeitpunkt der Luftdichtheitsgrenzwert<br />
festzulegen. Neben den in der EnEV vorgesehenen<br />
Grenzwerten n 50<br />
≤ 3,0 h -1 bzw. bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen n 50<br />
≤ 1,5h -1<br />
können auch strengere Grenzwerte sinnvoll sein. In jedem Fall sollte jedoch<br />
die Empfehlung aus der DIN 4108-7 berücksichtigt werden, bei Gebäuden mit<br />
Lüftungsanlage einen Grenzwert n 50<br />
≤ 1,0 h -1 zu wählen, da dies die Effizienz<br />
der Lüftungsanlage verbessert. Wie berechtigt diese Empfehlung ist, zeigt<br />
sich aus dem Passivhausbereich: Hier beträgt der Standardwert n 50<br />
≤ 0,60 h -1 .<br />
Luftdichtheitskennwerte von n 50<br />
≤ 1,5 h -1 zu erreichen, ist bei entsprechender<br />
Planung <strong>und</strong> Ausführung heute keine besondere Herausforderung mehr.<br />
2. Luftdichtheitskonzept.<br />
Das Luftdichtheitskonzept ist der nächste Schritt für die Planung der luftdichten<br />
Ebene, es wird z. B. im KfW-Förderprogramm „Energieeffizient sanieren“<br />
gefordert. Das Konzept beschreibt grob die luftdichte Ebene des Gebäudes mit<br />
den haustechnischen Besonderheiten. Im Folgenden wird exemplarisch ein<br />
Luftdichtheitskonzept dargestellt.<br />
Als Erstes kann als Darstellungshilfe in die Schnitte <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>risse mit einem<br />
roten Stift die luftdichte Ebene eingezeichnet werden. Diese Linie umschließt<br />
den beheizten oder gekühlten Bereich des Gebäudes <strong>und</strong> stellt die Lage der<br />
Luftdichtheitsebene dar.<br />
G4.2<br />
Das Luftdichtheitskonzept für ein unterkellertes Einfamilienhaus mit Dunstabzugshaube,<br />
Gasheizung, Kaminofen <strong>und</strong> Wäschetrockner könnte beispielhaft<br />
wie folgt aussehen:<br />
Abb. 2: Die orange Linie zeigt, wo die Luftdichtheitsebene im speziellen Fall verläuft; der Kellerabgang<br />
liegt hier innerhalb der wärmeübertragenden Umfassungsfläche.<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
Bestandteile der luftdichten Ebene:<br />
Im Bereich des inneren Kellerabgangs bilden die Kellersohle aus Beton,<br />
der treppenhausseitige Verputz <strong>und</strong> die Türen zu den Kellerräumen die<br />
Luftdichtheitsebene.<br />
Im Bereich der Kellerdecke übernimmt die Betondecke die Funktion. Die<br />
Leitungsdurchführungen durch die Kellerdecke, wie z. B. die Durchführung<br />
der Lüftungsleitungen, sind luftdicht auszuführen.<br />
Im Bereich der massiven Außenwände bildet der Innenputz, der an den<br />
Betondecken ansetzt, die luftdichte Ebene. Die Fenster der Dichtheitsklasse<br />
2 schließen luftdicht an den Innenputz an.<br />
Bei der Elektroinstallation in den Außenwänden sind die Leerdosen luftdicht<br />
auszuführen. Die Kabelverlegung im Dach erfolgt raumseitig der<br />
Luftdichtungsschicht (Dampfbremsfolie).<br />
In Dachschräge <strong>und</strong> Kehlbalkendecke bildet die Dampfbremse die<br />
Luftdichtheitsschicht, die an den Innenputz der Giebelwände <strong>und</strong> an den<br />
Dachflächenfenstern angeschlossen ist.<br />
Ob der Spitzboden für einen Ausbau zu Wohnzwecken geeignet ist <strong>und</strong> in<br />
die luftdichte Ebene mit einbezogen werden soll, ist im Einzelfall zu prüfen.<br />
Haustechnische Besonderheiten:<br />
Als Dunstabzugshaube wird eine Umlufthaube eingesetzt.<br />
Die Lüftungsanlage mit WRG wird innerhalb der luftdichten Ebene aufgestellt,<br />
die Leitungsführung erfolgt innerhalb der luftdichten Hülle.<br />
Der Kaminofen ist raumluftunabhängig. Die Zuluftführung erfolgt über<br />
eine kellerseitig verlegte Leitung.<br />
Der Schornstein verläuft innerhalb der luftdichten <strong>Gebäudehülle</strong>. Das<br />
Kaminrohr ist dampfdicht (dadurch entfällt die Hinterlüftung), der Mantelstein<br />
luftdicht ausgeführt.<br />
Ein Kondensationswäschetrockner ist wegen der nicht benötigten Abluftleitung<br />
anderen Systemen vorzuziehen, auf effiziente Geräte ist zu achten.<br />
3. Konstruktions- <strong>und</strong> Detailplanung.<br />
„Bei der Planung ist für jedes Bauteil der Hüllfläche die Art <strong>und</strong> Lage der Luftdichtheitsschicht<br />
festzulegen“ [7]. Es werden insbesondere die Anschlusspunkte<br />
zwischen den Bauteilen beleuchtet. Im Folgenden sind einige Beispiele in<br />
Planung <strong>und</strong> Ausführung dargestellt.<br />
G4.2<br />
Abb. 3: Das Anschlussbeispiel des Schwellenbereichs von Türen an die Luftdichtheitsebene des<br />
Bodens wurde ausgewählt, weil aus der Erfahrung vieler Luftdichtheitsmessungen an dieser<br />
Stelle ein großes Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Links die Zeichnung des Anschlusspunktes.<br />
Rechts ein Ausführungsbeispiel aus der Praxis.<br />
11
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 4: Die Drempelwand in der Zeichnung links ist gemauert <strong>und</strong> wird deshalb mit einem<br />
Innenputz als Luftdichtheitsschicht versehen. Die Dampfbrems- <strong>und</strong> Luftdichtheitsschicht aus<br />
dem Dach wird an diesen Drempelputz angeschlossen <strong>und</strong> z. B. mit geeignetem Klebeband verklebt.<br />
Auf dem Foto rechts ist zu sehen, dass die Elektroleitungen raumseitig der Dampfbremse<br />
verlaufen, um Durchdringungen zu vermeiden. Abschließend werden die Dachschräge <strong>und</strong> der<br />
Drempel z. B. mit Trockenbauplatten verkleidet, die für die Luftdichtheit aber keine Funktion<br />
übernehmen.<br />
Abb. 5: Fensteranschluss in der Sanierung. Links: Planung. Mitte: Im Rahmen der Qualitätsüberwachung<br />
wurde festgestellt, dass der Klebeuntergr<strong>und</strong> zu rau ist. Das hat zur Folge, dass<br />
die Fugenverklebung nicht dauerhaft luftdicht ist <strong>und</strong> sich zu leicht lösen lässt. Rechts: Zur<br />
Verbesserung wird der Klebeuntergr<strong>und</strong> gespachtelt <strong>und</strong> mit einem anderen System verklebt.<br />
G4.2<br />
Abb. 6: Innendämmungsmaßnahme im Fensterbankbereich eines Fachwerkgebäudes. Das Foto<br />
entstand im Rahmen der Qualitätsüberwachung. Der Untergr<strong>und</strong> für das grüne Klebeband war<br />
nicht tragfähig. Vor der erneuten Verklebung wurde der Untergr<strong>und</strong> von groben Ablagerungen<br />
gereinigt <strong>und</strong> mit einem Haftgr<strong>und</strong> vorbehandelt.<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
Materialien.<br />
Die Verarbeitung der Materialien hat entsprechend der Herstellerrichtlinien<br />
zu erfolgen. Es ist insbesondere darauf zu achten, dass z. B. mineralische<br />
Untergründe tragfähig sind, lose Teile sind vor Verklebungen zu entfernen<br />
oder zu verfestigen. Damit Klebemittel am Untergr<strong>und</strong> haften können, sind<br />
Haftbrücken nötig. Bei einigen Herstellern ist es möglich, pastöse Klebemassen<br />
in Wasser zu lösen <strong>und</strong> als Haftbrücken aufzubringen. Wenn mit Folien<br />
gearbeitet wird, sollte geprüft werden, ob das Klebematerial auf der Folie<br />
ausreichend gut haftet. Diese Prüfung kann durch die Wahl eines Systems aus<br />
Folie <strong>und</strong> Klebematerial umgangen werden. Werden Holzwerkstoffplatten als<br />
Luftdichtheitssystem verwendet, ist zu beachten, dass nicht alle Produkte ausreichend<br />
luftdicht sind <strong>und</strong> entsprechend geprüft werden müssen.<br />
Ausschreibung.<br />
Die Luftdichtheitsschicht <strong>und</strong> alle Anschlüsse <strong>und</strong> Durchdringungen sollten<br />
detailliert ausgeschrieben werden; dies ist auch eine Empfehlung der DIN<br />
4108-7. Hersteller bieten hierzu Vorlagen an.<br />
Einbindung haustechnischer Anlagen.<br />
Dunstabzugshauben.<br />
In Gebäuden mit Lüftungsanlagen <strong>und</strong>/oder mit raumluftabhängigen Feuerstätten<br />
sind Dunstabzugshauben nach dem Umluftprinzip vorteilhaft, da diese<br />
die Druckverhältnisse <strong>und</strong> Luftströmungen im Gebäude nicht beeinflussen.<br />
Ablufthauben erzeugen im Betrieb in dichten Gebäuden einen Unterdruck.<br />
Beim Vorhandensein von Lüftungsanlagen <strong>und</strong>/oder raumluftabhängigen<br />
Feuerstätten muss sichergestellt sein, dass die abgesaugte Luft nachströmen<br />
kann <strong>und</strong> keine Luft aus den Abluftventilen <strong>und</strong>/oder Abgase aus der offenen<br />
Feuerstätte angesaugt werden.<br />
Feuerstätten.<br />
Feuerstätten sollten immer raumluftunabhängig ausgeführt werden. Auf diese<br />
Weise ist eine sichere energieeffiziente Luftzuführung für die Verbrennung<br />
sichergestellt, <strong>und</strong> Konflikte mit Lüftungsanlagen <strong>und</strong> Dunstabzugshauben<br />
werden reduziert.<br />
G4.2<br />
Durchdringungen.<br />
Die Anzahl von Durchdringungen ist möglichst zu minimieren. Durchdringungen<br />
sind so zu planen, dass die Anbindung an die Luftdichtheitsebene<br />
auch handwerklich ausführbar ist. Hier bietet der Markt zahlreiche erprobte<br />
Systeme zur luftdichten Durchführung von Leitungen. Auch die Durchdringungen<br />
im Dach, bspw. für Satellitenempfänger, Wetterstationen oder Photovoltaik-Anlagen<br />
sollten rechtzeitig in der Planung berücksichtigt werden.<br />
Abb. 7: Bei Rohren oder Kabeln gilt das Prinzip: Jedes<br />
Bauelement wird einzeln durch die Luftdichtheitsschicht<br />
geführt <strong>und</strong> auch einzeln abgedichtet.<br />
13
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Qualitätsüberwachung der Luftdichtheitsebene.<br />
Mit der Qualitätsüberwachung der Luftdichtheitsebene bekommen Bauherren,<br />
Planer <strong>und</strong> Handwerker mehr Sicherheit. Diese Qualitätsüberwachung<br />
sollte durchgeführt werden, solange die Luftdichtheitsebene frei zugänglich<br />
ist. Um die Qualität der Luftdichtheitsebene sicherzustellen, sollte die Verarbeitung<br />
sofort nach der Ausführung durch den Handwerker oder die Bauleitung<br />
überprüft werden. Dienstleistungsbüros für Luftdichtheitsmessungen,<br />
die die Qualitätsüberwachung der Luftdichtheitsebene anbieten, können<br />
ebenfalls beauftragt werden. Externe Qualitätssicherer können von dem Bauherrn<br />
beauftragt sein.<br />
Bei der Qualitätsüberwachung kommt es immer wieder vor, dass man vor<br />
einem kleinen Loch in der Luftdichtheitsebene steht. Wie schon im Teil der<br />
Luftdichtheitsplanung beschrieben ist, sind Undichtheiten (Löcher) prinzipiell<br />
zulässig. Allerdings ist die Größe der Leckage relevant. In Anlehnung an die<br />
DIN 4108-2:2003-07, Kapitel 7, hat der Autor als Hilfsgröße eine zulässige Lochgröße<br />
pro laufendem Meter (lfdm) Bauteilanschlussfuge von ca. 15 mm² abgeschätzt.<br />
Demnach könnten z. B. fünf Löcher zwischen Folie <strong>und</strong> Klebeband von<br />
je 3 mm 2 auf einem lfdm zulässig sein.<br />
In der Messnorm DIN EN 13829 wird darauf hingewiesen, dass durch eine<br />
Messung vor der Verkleidung der Luftdichtheitsebene Undichtheiten einfacher<br />
<strong>und</strong> somit kostengünstiger nachgebessert werden können als nach<br />
Fertigstellung der kompletten <strong>Gebäudehülle</strong>. Diese sehr zu empfehlende<br />
Luftdichtheitsmessung zur Qualitätskontrolle sollte stattfinden, wenn alle<br />
Arbeiten an der luftdichten Ebene abgeschlossen sind. Dazu gehört vor allem<br />
der luftdichte Einbau aller Fenster <strong>und</strong> Türen. Einzelne fehlende Bauteile, wie<br />
beispielsweise die Haustür, können zum Messzeitpunkt provisorisch abgedichtet<br />
werden.<br />
G4.2<br />
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass diese vorgezogene Luftdichtheitsmessung<br />
unerlässlich ist, um die Anforderungen an die Luftdichtheit<br />
sicher zu erfüllen. Zudem ist sie ein optimales Mittel, um das Wissen über<br />
die Planung <strong>und</strong> Ausführung der Luftdichtheitsebene zu verbreiten.<br />
Abb. 8 links: Luftdichtheitsebene im Firstbereich. Aus einer Verklebung strömt Luft mit 4,17 m/s<br />
in das Gebäude. Hierbei handelt es sich um eine eindeutig geortete Leckage. Rechtes Bild: Das<br />
zur Erzeugung des Unterdrucks eingesetzte Blower-Door-Messsystem.<br />
Auch zur vorgezogenen Luftdichtheitsmessung ist es sinnvoll, ein Messsystem<br />
zu wählen, mit dem der Luftvolumenstrom gemessen wird, um die Einhaltung<br />
des Grenzwerts (z. B. n 50<br />
≤ 1,5 h-1 ) abschätzen zu können.<br />
14<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
Eine häufig gestellte Frage ist, mit wie viel Meter pro Sek<strong>und</strong>e Luft aus Leckagen<br />
einströmen darf, sodass es noch zulässig ist. Die Antwort: Das Luftgeschwindigkeitsmessgerät<br />
wird bei der Luftdichtheitsmessung lediglich zum<br />
Nachweis von Luftströmungen genutzt, es gibt in dem Zusammenhang keine<br />
allgemein gültige zulässige Luftgeschwindigkeit.<br />
Abschließende Luftdichtheitsmessung.<br />
Zur Luftdichtheitsmessung gehört der komplette Gebäuder<strong>und</strong>gang, durch<br />
den sichergestellt wird, dass sich das Gebäude im prüffähigen Zustand befindet.<br />
Bei der abschließenden Luftdichtheitsmessung nach DIN EN 13829 ist<br />
eine stichpunktartige Leckageortung gefordert. Diese Leckageortung (Abb. 8)<br />
hat ausschließlich dokumentierenden Charakter. Bei der abschließenden<br />
Luftdichtheitsmessung liegt die Luftdichtheitsebene oft innerhalb der Konstruktion.<br />
Die Sichtebene (z. B. die tapezierte Trockenbauplatte) ist dann nicht<br />
mit der Luftdichtheitsebene (innenliegende Dampf- <strong>und</strong> Luftdichtheitsfolie)<br />
identisch. Aus den Lufteinströmungen durch die Sichtebene kann nur in den<br />
seltensten Fällen auf den Zustand der Luftdichtheitsebene geschlossen werden.<br />
Nach DIN EN 13829 werden nur die größten Lufteinströmstellen dokumentiert.<br />
Abb. 9: Ein plakatives Beispiel: ein Loch in der<br />
Luftdichtheits ebene, das größer als 3 mm 2 ist.<br />
Dieser Mangel muss vor der Beplankung der<br />
Luftdichtheitsebene, z. B. mit Trockenbauplatten,<br />
nachgearbeitet werden.<br />
Abschließend erfolgen die Unter- <strong>und</strong> Überdruck-Messreihen des Luftdichtheitstests,<br />
aus denen die Volumenströme bei 50 Pascal V̇50<br />
berechnet werden<br />
<strong>und</strong> das normgerechte Prüfprotokoll zu erstellen ist.<br />
Abb. 10: In eine Außentür eingebautes Blower-Door-Messsystem <strong>und</strong> der prinzipielle Aufbau des<br />
Blower-Door-Messsystems. Die Messungen werden in aller Regel rechnergesteuert ausgeführt.<br />
G4.2<br />
Abb. 11: Lufteinströmstelle. Aus dem Toilettenspülkasten strömt Luft mit 2,14 m/s in den Raum.<br />
Trotz dieser Lufteinströmstelle kann die Luftdichtheitsebene in Ordnung sein, weil die einströmende<br />
Luftmenge aus zulässig großen Leckagen stammen kann. Rechts: Lufteinströmstelle.<br />
Aus der Fuge zwischen Sockelleiste <strong>und</strong> Fensterrahmen strömt die Luft mit 1,3 m/s in den Raum.<br />
Auch diese Lufteinströmstelle lässt nur den Rückschluss zu, dass sich in der Luftdichtheitsebene<br />
irgendwo ein oder mehrere Löcher befinden. Diese Leckagen können sich aber im zulässigen<br />
Bereich befinden.<br />
15
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Abb. 12: Unter- <strong>und</strong> Überdruckmesskurve mit 6 Messpunkten zwischen 20 <strong>und</strong> 70 Pascal<br />
Luftdichtheitsmessungen an Mehrfamilienhäusern.<br />
Aufgabenstellung ist, die Luftwechselrate n 50<br />
für den EnEV-Nachweis zu bestimmen.<br />
Bei Mehrfamilienhäusern mit zentralem Treppenhaus wird zur Durchführung<br />
eines EnEV-Nachweises das Luftdichtheitsmessgerät im Treppenhaus<br />
eingebaut, Wohnungs- <strong>und</strong> Zimmertüren stehen offen. Das gesamte Gebäude<br />
wird als eine Zone gemessen. Durch das niedrige A/V-Verhältnis werden – im<br />
Vergleich zu Einfamilienhäusern – üblicherweise niedrige Volumenströme<br />
gemessen, sodass das Standard-Messsystem häufig ausreicht. Aus anderen<br />
Gründen, wie z. B. möglichen Geruchsbelästigungen, sollten die Wohnungen<br />
untereinander ebenfalls luftdicht sein.<br />
G4.2<br />
Bei Laubenganghäusern müssen die Wohnungen einzeln gemessen werden,<br />
da alle Wohnungstüren ins Freie führen. Bei dem mit dem Luftdichtheitsmessgerät<br />
erzeugten Differenzdruck kann dabei auch Luft über die internen Leckagen<br />
zwischen den Wohnungen strömen. Die Empfehlung an die Planer <strong>und</strong><br />
Bauausführenden ist, jede Wohnung für sich dicht auszuführen sowie unbedingt<br />
an einigen Wohnungen exemplarisch vorgezogene Luftdichtheitsmessungen<br />
durchzuführen, um interne Leckagen aufzuspüren <strong>und</strong> zu minimieren.<br />
Für das Gesamtergebnis der Luftdichtheit werden die Luftvolumenströme<br />
der einzelnen Messungen addiert <strong>und</strong> durch das Gesamtinnenvolumen des<br />
Gebäudes dividiert, das Ergebnis ist der n 50<br />
-Wert des Gebäudes.<br />
Sollten die Grenzwerte wegen zu großer interner Luftleckagen nicht eingehalten<br />
werden, kann eine messtechnische Eliminierung der internen Leckagen<br />
durch eine Schutzdruckmessung durchgeführt werden. Diese Vorgehensweise<br />
ist allerdings aufwändig <strong>und</strong> erfordert einen erhöhten messtechnischen<br />
Einsatz.<br />
16<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
Normen <strong>und</strong> Verordnungen.<br />
[1] DIN EN 12114 - Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Luftdurchlässigkeit<br />
von Bauteilen – Laborprüfverfahren. Beuth-Verlag Berlin, 2000-04<br />
[2] DIN EN 12207 - Fenster <strong>und</strong> Türen – Luftdurchlässigkeit – Klassifizierung.<br />
Beuth-Verlag Berlin, 2000-06<br />
[3] DIN EN 12426 - Tore – Luftdurchlässigkeit – Klassifizierung. Beuth-Verlag<br />
Berlin, 2000-11<br />
[4] DIN V 18599-2 - Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des<br />
Nutz-, End- <strong>und</strong> Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser<br />
<strong>und</strong> Beleuchtung – Teil 2: Nutzenergiebedarf für Heizen <strong>und</strong><br />
Kühlen von Gebäudezonen. Beuth-Verlag Berlin, Februar 2007<br />
[5] DIN 1946-6 - Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine<br />
Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung <strong>und</strong> Kennzeichnung,<br />
Übergabe/Übernahme (Abnahme) <strong>und</strong> Instandhaltung. Beuth-<br />
Verlag Berlin, 2009-05<br />
[6] DIN V 4108-2 - Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2:<br />
Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. Beuth-Verlag Berlin, Juli 2003<br />
[7] DIN 4108-7 - Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7:<br />
Luftdichtheit von Gebäuden – Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie -beispiele. Beuth-Verlag Berlin, Januar 2011<br />
[8] DIN EN 13829 - Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden – Bestimmung<br />
der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden – Differenzdruckverfahren (ISO<br />
9972:1996, modifiziert), Deutsche Fassung EN 13829: 2000. Beuth-Verlag Berlin,<br />
Februar 2001<br />
[9] Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V.: FLiB informiert: Beiblatt zur<br />
DIN EN 13829. Kassel, 2002<br />
[10] Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V.: FLiB informiert: Technische<br />
Empfehlungen <strong>und</strong> Ergänzungen des FLiB e. V. zur DIN 4108-7, Ausgabe August<br />
2001: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie -beispiele. Kassel, April 2008<br />
G4.2<br />
[11] Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. (Hrsg.): FLiB-Buch/Band 1.<br />
Gebäude-Luftdichtheit Band 1. Kassel, 2008<br />
[12] WTA-Merkblatt E 6-14: Luftdichtheit im Bestand. Berlin, 2012<br />
[13] DGNB = Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges <strong>Bauen</strong>. www.dgnb.de<br />
[14] MINERGIE ® -Anforderungen (Norm SIA 380/1:2009)<br />
www.minergie.ch<br />
17
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[14] Dorschky, Sigrid/Simons, Paul/Rolfsmeier, Stefanie:<br />
BlowerDoor-Messung großer Gebäude. Vorstellung <strong>und</strong> Vergleich verschiedener<br />
Konzeptansätze <strong>und</strong> Messergebnisse. In: Bauphysik 27, Heft 6. Berlin 2005<br />
[15] Dorschky, Sigrid/Rolfsmeier, Stefanie/Simons, Paul:<br />
Luftdichtheit bei Gebäuden – BlowerDoor-Messung großer Gebäude. Bauphysikkalender.<br />
Berlin 2011<br />
[16] The Energy Conservatory/BlowerDoor GmbH: Manual/Handbuch Minneapolis<br />
BlowerDoor. www.blowerdoor.de. Minneapolis/Springe-Eldagsen<br />
1988 – 2009<br />
[17] Zeller, Joachim/Dorschky, Sigrid/Borsch-Laaks, Robert/Feist, Wolfgang:<br />
Institut Wohnen <strong>und</strong> Umwelt (Hrsg.): Luftdichtigkeit von Gebäuden – Luftdurchlässigkeitsmessungen<br />
mit der BlowerDoor in Niedrigenergiehäusern<br />
<strong>und</strong> anderen Gebäuden. Darmstadt 1995<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen BlowerDoor GmbH außer:<br />
Abb. 9: pro clima<br />
Abb. 12: Darstellung erstellt mit der Software TECTITE Express<br />
Dieser Beitrag wird mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung der BlowerDoor GmbH<br />
veröffentlicht. ƒ www.blowerdoor.de<br />
G4.2<br />
18<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
3 Einfluss von Gebäudeumfeld<br />
<strong>und</strong> <strong>Gebäudehülle</strong> auf die<br />
Lüftung.<br />
Autor:<br />
Ehrenfried Heinz<br />
Vorbemerkung.<br />
Abbildung 1 zeigt, welche Faktoren Einfluss auf den Druckunterschied oder<br />
Differenzdruck (∆p) an <strong>und</strong> um Gebäude(n) <strong>und</strong> die daraus resultierende<br />
freie Lüftung eines Gebäudes nehmen. Der resultierende (Gesamt-)Differenzdruck<br />
∆p ges<br />
setzt sich dabei aus einer Winddruck-Komponente ∆p Wi<br />
<strong>und</strong> aus<br />
einer durch den thermischen Auftrieb verursachten Komponente ∆p thA<br />
zusammen<br />
[1].<br />
Temperatur-Differenzen in der<br />
Atmosphäre<br />
Wind<br />
Windgeschwindigkeit<br />
Thermischer Auftrieb<br />
Temperatur-Differenz,<br />
wirksame Höhe<br />
Windrichtung<br />
Topographie des<br />
Gebäudeumfelds<br />
Gebäude:<br />
Höhe; Höhe über NN<br />
Äußere Form<br />
Geschossanzahl der WE<br />
Lage des Raumes/der WE im<br />
Gebäude<br />
Außenlufttemperatur<br />
Lüftungsschacht<br />
Einrichtung zur freien Lüftung<br />
G4.2<br />
Differenzdruck<br />
Fenster <strong>und</strong> regulierbare ALD,<br />
Abluftdurchlässe<br />
(Nutzereinfluss)<br />
Selbstregelnde ALD<br />
Einrichtung zur freien Lüftung<br />
Nicht verschließ- <strong>und</strong> regulierbare<br />
Undichtheiten der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
sowie Wohnungseingangstür im<br />
Mehrfamilienhaus<br />
Überströmluftdurchlässe <strong>und</strong><br />
Innentüren als Strömungswiderstände<br />
Außenluftvolumenstrom<br />
bzw. Abluftvolumenstrom<br />
Abb. 1: Schema des Wirkmechanismus der freien Lüftung – einschließlich<br />
Luft-In- <strong>und</strong> -Exfiltration<br />
19
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Auch in Gebäuden mit ventilatorgestützter Lüftung kann bei anliegendem<br />
natürlichen Differenzdruck eine zusätzliche freie Lüftung in Form von<br />
Luft-In- <strong>und</strong> -Exfiltration über ungeplante (Rest-)Undichtheiten sowie über<br />
temporär geöffnete Fenster nie völlig ausgeschlossen werden. Für die Wahl<br />
des Lüftungssystems <strong>und</strong> dessen Berücksichtigung bei der Planung von Einrichtungen<br />
zur freien Lüftung oder Lüftungsanlage bzw. Lüftungsgeräte ist<br />
es deshalb wichtig, auch die durch das Umfeld <strong>und</strong> die lüftungstechnischen<br />
Eigenschaften des Gebäudes bedingten Einflussfaktoren zu kennen.<br />
Gebäudeumfeld.<br />
Bei der Umströmung eines Gebäudes bauen sich auf der dem Wind zugewandten<br />
(Luv-)Seite ein Überdruck <strong>und</strong> auf der dem Wind abgewandten (Lee-)<br />
Seite ein Unterdruck auf (siehe Abb. 2). Der daraus resultierend wirksame<br />
(Wind-)Differenzdruck ∆p Wi<br />
wird nach Gleichung 1 mit der Windgeschwindigkeit<br />
v Wi.ist<br />
bei der jeweiligen Luftdichte ρ L<br />
berechnet:<br />
Gleichung 1.<br />
ρ L<br />
2 2<br />
∆p Wi<br />
= (C p,Luv<br />
– C p,Lee<br />
) · · v Wi,ist<br />
= ∆C p<br />
· · v Wi,ist<br />
2<br />
2<br />
ρ L<br />
G4.2<br />
Abb. 2: Druckverteilung an Gebäuden infolge Windeinflusses – Prinzipdarstellung<br />
C p<br />
ist dabei der aerodynamische Druckbeiwert oder Druckkoeffizient. Er ist<br />
abhängig von der Form des Gebäudes sowie der Anströmrichtung des Windes<br />
<strong>und</strong> somit auch von der Topographie des Gebäudeumfelds. Die komplizierte<br />
Bestimmung der luv- <strong>und</strong> leeseitig definierten Druckkoeffizienten ist nur<br />
empirisch möglich. In der Literatur findet man meist nur Werte für vereinfachte<br />
Strömungsmodelle. Differenzierte Werte für die Planung können z. B.<br />
DIN EN 15242 entnommen werden. Die in unmittelbarer Nähe des Gebäudes<br />
auftretende Geschwindigkeit v Wi,ist<br />
entspricht selten der von der nächstgelegenen<br />
meteorologischen Station in mindestens 10 m Höhe im offenen Gelände<br />
gemessenen Windgeschwindigkeit v Wi,met<br />
. Die Abweichungen resultieren aus<br />
20<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
den Einflüssen von Gebäudehöhe <strong>und</strong> Höhenlage des Gebäudes sowie aus der<br />
Topographie des Gebäudeumfelds, letztere wird auch als Oberflächenrauigkeit<br />
des Geländes bezeichnet. Die Windgeschwindigkeitskorrektur kann<br />
ebenfalls nach DIN EN 15242 erfolgen.<br />
Lüftungstechnische Eigenschaften des Gebäudes.<br />
Die Gebäudehöhe bzw. die Höhenlage der Wohnungen im Gebäude einschließlich<br />
der Höhenlage des Gebäudes selbst wirken sich direkt, die Himmelsrichtungsorientierung<br />
(über die wechselnden Windrichtungen) sowie<br />
die äußere Form (über den Gesamt-Winddruckkoeffizienten ∆C p<br />
) indirekt auf<br />
die am Gebäude wirksam werdende Windgeschwindigkeit v Wi,ist<br />
<strong>und</strong> damit<br />
auf den sich einstellenden Wind-Differenzdruck ∆p Wi<br />
aus (Gleichung 1). Wiederum<br />
die Gebäudehöhe <strong>und</strong> zusätzlich die Lufttemperatur- bzw. Luftdichte-<br />
Differenz (ρ au<br />
- ρ i<br />
) L<br />
zwischen außen <strong>und</strong> dem Gebäudeinneren sind – neben der<br />
inneren baulichen Gestaltung (z. B. Schacht- oder Geschosstyp) einschließlich<br />
vorhandener Lüftungsschächte <strong>und</strong> Überströmluftdurchlässe (ÜLD) (Abb. 3)<br />
– die ausschlaggebenden Faktoren für den durch thermischen Auftrieb entstehenden<br />
Differenzdruck ∆p thA<br />
(Gleichung 2):<br />
Gleichung 2.<br />
∆p thA<br />
= g · (ρ au<br />
– ρ i<br />
) L<br />
· ∆h thA<br />
∆h thA<br />
bezeichnet die im Gebäude wirksame Auftriebshöhe in m, die Schwerebeschleunigung<br />
g beträgt 9,81 m/s 2 .<br />
G4.2<br />
Abb. 3: Beispiele für Anordnung <strong>und</strong> Ausführung von Überström-Luftdurchlässen (ÜLD)<br />
in Wohnungen bzw. Einfamilienhäusern<br />
Welcher Anteil des sich insgesamt aus Wind- <strong>und</strong> thermischen Auftriebskräften<br />
aufbauenden, sich dabei ständig ändernden Differenzdrucks für das<br />
Entstehen einer Luftströmung <strong>und</strong> damit eines Luftwechsels wirksam wird,<br />
hängt neben der (geplanten) Luftdurchlässigkeit über ALD auch von den (ungeplanten)<br />
(Rest-)Undichtheiten der Hüllkonstruktion (in externen <strong>und</strong> internen<br />
Hüllelementen) <strong>und</strong> damit von der Ausführungsqualität des gesamten<br />
Gebäudes ab.<br />
Externe Undichtheit bzw. Luftdurchlässigkeit (Außenwände,<br />
-decken <strong>und</strong> Dachkonstruktion).<br />
Auf die verschiedenen Nachteile <strong>und</strong>ichter bzw. die Vorteile dichter <strong>Gebäudehülle</strong>n<br />
ist bereits im Beitrag „Gründe für die Luftdichtheit der <strong>Gebäudehülle</strong>“<br />
näher eingegangen worden. Hier werden deshalb nur noch einmal die lüf-<br />
21
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
tungstechnisch relevanten Gesichtspunkte aufgeführt: Zu große Undichtheit<br />
kann nicht nur zur Heizwärmeverschwendung führen, sondern hat wegen<br />
der ungleichen Verteilung der Lecks über die <strong>Gebäudehülle</strong> besonders auch<br />
aus lüftungstechnischer Sicht Nachteile hinsichtlich der gezielten Versorgung<br />
der einzelnen Räume eines Gebäudes mit Außenluft. Eine möglichst hohe<br />
Dichtheit der Hüllkonstruktion ist deshalb Gr<strong>und</strong>voraussetzung für die Gewährleistung<br />
einer kontrollierten Lüftung. D. h., je geringer der n 50<br />
-Wert des<br />
Gebäudes bzw. der zu betrachtenden Nutzungseinheit ist, desto exakter kann<br />
deren einzelnen Räumen die jeweils erforderliche Menge an Außenluft über<br />
zu treffenden lüftungstechnische Maßnahmen (LtM) – auch bedarfsabhängig<br />
– zugeführt werden. Das gilt nicht nur für die ventilatorgestützte, sondern<br />
auch für die freie Lüftung. Nur eine möglichst luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong> bietet<br />
die Gewähr, über die Dauer der Heizperiode so wenig wie möglich Heizwärme<br />
für die Lüftung zu verbrauchen, ohne gleichzeitig den für die Schadensprophylaxe<br />
über LtM zu realisierenden Außenluftvolumenstrom reduzieren zu<br />
müssen. Darüber hinaus ist eine hohe Luftdichtheit unverzichtbar für eine effektive<br />
Nutzung des Wärmerückgewinnungs-Effekts bei Zu-/ Abluftsystemen.<br />
Sie ist außerdem hilfreich für die Verringerung von meteorologisch bedingten<br />
Störeinflüssen auf die Lüftung selbst sowie für die Minimierung von Zugluftbzw.<br />
Geruchsbelästigungen (letztere vor allem über Undichtheiten zwischen<br />
Wohnungen bzw. unterschiedlichen Nutzungseinheiten).<br />
G4.2<br />
Für die Auslegung der lüftungstechnischen Maßnahmen ist die (Rest-)<br />
Undichtheit in Form des durch sie verursachten In- <strong>und</strong> Exfiltrations-Luftvolumenstroms<br />
zu beachten. Dessen rechnerische Abschätzung kann nach<br />
DIN 1946-6 über den Luftwechsel n 50<br />
des Gebäudes (n 50<br />
-Wert) beim international<br />
festgelegten Differenzdruck von 50 Pa zwischen innen <strong>und</strong> außen erfolgen.<br />
Dieser n 50<br />
-Wert ergibt sich bekanntlich aus den Volumenstrom-Messwerten<br />
(meist Mittelwert aus Unter- <strong>und</strong> Überdruck) der Luftdichtheitsmessung<br />
über die vorhandenen Undichtheiten der Hüllkonstruktion. Bei der Messung<br />
strömt Außenluft über alle Undichtheiten der messrelevanten Hüllflächen in<br />
die Wohnung ein (Unterdruck-Messung) bzw. Fortluft aus dieser aus (Überdruck-Messung).<br />
In eingeschossigen Nutzungseinheiten (NE) findet bei Windeinwirkung<br />
jedoch tatsächlich eine Querströmung statt (in mehrgeschossigen<br />
NE sogar überwiegend), bei der Außenluft bei geschlossenen Fenstern nur<br />
über einen Teil der Außenflächen in die Wohnung einströmt (Unterdruck)<br />
<strong>und</strong> über den Rest derselben wieder ausströmt (Überdruck) (Abb. 2). Man<br />
bezeichnet diese Form der freien Lüftung aus diesem Gr<strong>und</strong>e auch als Querlüftung.<br />
Diese führt auch in Wohnungen mit Zu-/ Abluftanlagen im Gleichdruckbetrieb<br />
zu gleichen Verhältnissen bzgl. der Luft-In- <strong>und</strong> -Exfiltration. Der<br />
unbewertete n 50<br />
-Wert solcher Wohnungen beschreibt deshalb einen anderen<br />
Lüftungszustand, als er sich in Wirklichkeit unter realen Druckbedingungen<br />
einstellt. Anders ist es in Wohnungen mit Abluftanlagen bzw. Schachtlüftung,<br />
in denen überwiegend Unterdruck vorherrscht. In diesen entspricht der gemessene<br />
n 50<br />
-Wert für Unterdruck zumindest qualitativ eher dem einer Nutzungseinheit<br />
im täglichen Betrieb.<br />
Daraus ist ersichtlich, dass die Art des Lüftungssystems eine gewichtige Rolle<br />
bei der Ermittlung der lüftungstechnisch wirksam werdenden Luft-In- <strong>und</strong><br />
-Exfiltration spielt. Bei deren Ermittlung muss deshalb dem Umstand, dass<br />
unterschiedliche Lüftungssysteme unter real auftretenden Druckverhältnissen<br />
auch unterschiedliche Strömungsbilder zur Folge haben, in der Form<br />
Rechnung getragen werden, dass die Ergebnisse über einen (Lüftungssystem-)Korrekturfaktor<br />
f Sys<br />
korrigiert werden. Bei dessen Festlegung (z. B. nach<br />
DIN 1946-6) wird berücksichtigt, dass in nach mindestens zwei Seiten orientierten<br />
Nutzungseinheiten mit überwiegender Querlüftung nur eine (die<br />
Luv-)Seite angeströmt wird. Dabei wird angenommen, dass sich auf jeder Seite<br />
ca. die Hälfte (f Sys<br />
= 0,5) der insgesamt vorhandenen Undichtheiten befindet.<br />
22<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
G<br />
In einseitig orientierten Nutzungseinheiten („eine dem Wind ausgesetzte Fassade“)<br />
tritt die Außenluft infolge der Windeinwirkung analog in die eine Hälfte<br />
der Nutzungseinheit ein <strong>und</strong> aus der anderen auf derselben Fassadenseite<br />
wieder aus. Da der sich dabei aufbauende Differenzdruck geringer ausfällt,<br />
wird auch weniger Luft durch die Nutzungseinheit strömen können. Nach<br />
DIN 1946-6 werden „bei Nutzungseinheiten mit nur einer dem Wind ausgesetzten<br />
Fassade“ die Werte für f Sys<br />
deshalb halbiert.<br />
Interne Undichtheit bzw. Luftdurchlässigkeit (Trennwände <strong>und</strong><br />
-decken).<br />
Nicht nur die äußere <strong>Gebäudehülle</strong>, sondern auch die innere Hüllkonstruktion<br />
weist Undichtheiten auf. Sie verursachen im Mehrfamilienhaus zwischen<br />
einzelnen Wohnungen <strong>und</strong> zwischen Wohnungen <strong>und</strong> anderen Nutzungsbereichen<br />
unerwünschte Luftströmungen. Vor allem über Installationsdurchführungen/<br />
-schächte sowie Bauteil- <strong>und</strong> Materialanschlussfugen im Bereich<br />
von Decken <strong>und</strong> Trennwänden zwischen Nutzungseinheiten kann es zum<br />
Luftübertritt bzw. Luftkurzschluss kommen. Die Folgen sind Geruchsübertragungen<br />
<strong>und</strong> u. U. zusätzlicher Lüftungswärmebedarf. Letzterer entsteht,<br />
wenn Abluft nicht mehr oder nur noch teilweise über den Wohnbereich nachgesaugt<br />
wird <strong>und</strong> das notgedrungen zur vermehrten Fensterlüftung durch<br />
den Nutzer <strong>und</strong> damit zu einem höheren als dem notwendigen Luftwechsel<br />
führt. Reagiert der Nutzer in einem solchen Falle nicht mit Fensterlüftung,<br />
wird der Wohnung anstelle „trockener“ Außenluft mit Feuchtigkeit angereicherte<br />
Luft aus benachbarten Wohnungen oder dem Treppenhaus zugeführt.<br />
Werden Luftdichtheitsuntersuchungen durchgeführt, sollte in Mehrfamilienhäusern<br />
(MFH) bei Messung einzelner Nutzungseinheiten deshalb nicht nur<br />
die äußere, sondern immer auch die innere Undichtheit wo möglich ermittelt,<br />
auf jeden Fall aber beachtet <strong>und</strong> Messergebnisse entsprechend bewertet werden.<br />
Das bedeutet hinsichtlich der Festlegung des Faktors f Sys<br />
bei Nutzungseinheiten<br />
mit Abluftanlagen in MFH einen Abschlag in Höhe von mindestens 0,1<br />
von 1. Damit wird bei der normalen Luftdichtheitsuntersuchung nur einer NE<br />
ohne Druckausgleich zwischen diesen berücksichtigt, dass auch nach Abdichtungsmaßnahmen<br />
noch gewisse Anteile der angesaugten Luft aus benachbarten<br />
Bereichen stammen <strong>und</strong> damit keine reine Außenluft sind. Sind die Nutzungseinheiten<br />
über zentrale Installationsschächte miteinander verb<strong>und</strong>en,<br />
ist die interne Undichtheit erfahrungsgemäß noch größer (Abschlag 0,2 von<br />
1: f Sys<br />
= 0,8). Nutzungseinheiten mit Abluftschächten liegen zwischen solchen<br />
mit Querlüftung <strong>und</strong> mit Abluftanlage (Abschlag 0,3 von 1: f Sys<br />
= 0,7).<br />
%<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
38<br />
44<br />
33<br />
Abb. 4: Messtechnisch ermittelte anteilige<br />
n 50<br />
-Werte über Außen- <strong>und</strong> Innenwände sowie<br />
Installationsbereiche in industriell errichteten<br />
Mehrfamilienhäusern vor <strong>und</strong> nach Sanierung in<br />
Form einer Fenstererneuerung<br />
18<br />
n 50,ges<br />
= 2,5/h<br />
vor Sanierung<br />
Installationsbereich<br />
Innenwände<br />
Außenwände<br />
%<br />
50<br />
39<br />
40<br />
30<br />
28<br />
20<br />
10<br />
0<br />
n 50,ges<br />
= 1,56/h<br />
nach Sanierung<br />
G4.2<br />
Die einwandfreie Funktion von freier Lüftung <strong>und</strong> Abluftanlagen hängt also<br />
in wesentlichem Maße auch davon ab, ob die in der Praxis in Mehrfamilienhäusern<br />
wohnungsweise angesaugten Luftvolumenströme tatsächlich<br />
Außenluft sind oder sich aus einem Gemisch aus Außenluft <strong>und</strong> sogenannter<br />
Falschluft aus anderen Nutzungsbereichen zusammensetzen. Je größer die<br />
internen Undichtheiten sind, desto geringer wird der Anteil an Außenluft<br />
sein. Dieses Missverhältnis wird umso größer, je dichter die <strong>Gebäudehülle</strong> ist.<br />
Wie wichtig zielführende Bestrebungen zur Verbesserung der diesbezüglichen<br />
Bauqualität sind, zeigen z. B. die zusammengefassten Luftdichtheits-<br />
Untersuchungsergebnisse für Wohnungen in industriell errichteten MFH [2]:<br />
Im Mittel strömte in die untersuchten Wohnungen im Ausgangszustand<br />
(n 50,vor<br />
= 2,5 h -1 ) nur 44 Prozent Außenluft. Nach der Teilmodernisierung (im<br />
Wesentlichen in Form eines Fensterwechsels mit dem Resultat n 50,nach<br />
= 1,56 h -1 )<br />
waren es nur noch 39 Prozent. Der Anteil, der über Innenwände <strong>und</strong> Installations-Durchführungen<br />
aus anderen Nutzungsbereichen angesaugten Luft<br />
betrug somit 56 Prozent bzw. 61 Prozent (Abb. 4). Das heißt, dass mehr als die<br />
Hälfte, bei dichterer <strong>Gebäudehülle</strong> sogar beinahe zwei Drittel keine Außenluft,<br />
sondern schon belastete Luft war!<br />
23
G<br />
Planungsgr<strong>und</strong>lagen<br />
Wohnungen bzw. Einfamilienhäuser (EFH) verkörpern jeweils eine Nutzungseinheit.<br />
Als solche sind sie als lüftungstechnische Einheiten zu betrachten.<br />
Die bei Schachtlüftung <strong>und</strong> Abluftanlagen vorzugsweise in den Wohnbereich<br />
(Zulufträume) einströmende Außenluft bzw. die dem Wohnbereich über<br />
Zuluftanlagen ([1]) zugeführte Zuluft muss in Küche <strong>und</strong> Bad/WC-Raum (Ablufträume)<br />
geführt <strong>und</strong> dort als Abluft wieder abgeführt werden. Das ist nur<br />
möglich, wenn sie ungehindert, bei freier Lüftung zudem noch mit möglichst<br />
geringem Druckverlust, in letztere überströmen kann. Dafür können Luftspalte<br />
unter Innentüren dienen. Weil deren freie Fläche aber meist nicht ausreicht<br />
oder vom Nutzer häufig unabsichtlich (Schwellen oder Teppichbeläge) oder<br />
gezielt (Abdichtungsvorrichtungen) reduziert bzw. verschlossen wird, ist es<br />
sinnvoll, sogenannte Überström-Luftdurchlässe (ÜLD) vorzusehen. In Abbildung<br />
3 sind Anordnung <strong>und</strong> Ausführung von ÜLD beispielhaft dargestellt. Die<br />
Bemessung ihrer freien Fläche kann nach DIN 1946-6 erfolgen.<br />
Müssen in der Wohnung bzw. im EFH raumluftabhängige Feuerstätten mit<br />
Verbrennungsluft versorgt werden, sind hinsichtlich der Luftnachströmung<br />
besondere Bedingungen zu erfüllen, zu denen u. a. der Verbrennungsluftverb<strong>und</strong><br />
zwischen Aufstellraum der Feuerstätte <strong>und</strong> Räumen mit Verbindung<br />
zum Freien gehört (TRGI G 600/08).<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1]: Heinz, Ehrenfried: Wohnungslüftung – frei <strong>und</strong> ventilatorgestützt; Anforderungen,<br />
Gr<strong>und</strong>lagen, Maßnahmen, Normenanwendung; 292 Seiten Beuth-<br />
Verlag GmbH Berlin, Wien, Zürich 2011; ISBN 978-3-410-21301-7<br />
[2]: Reichel, Dirk/Richter, Wolfgang: Luftdichtigkeit von industriell errichteten<br />
Wohngebäuden in den neuen B<strong>und</strong>esländern; Forschungsbericht, gefördert<br />
vom BMBau: BI 5-80 01 96-13; TU Dresden ITT, Dresden Januar 1998 sowie Kritische<br />
Anmerkungen zur Zuluftversorgung von Etagenwohnungen; Technik<br />
am Bau 12/98, Sonderdruck<br />
G4.2<br />
Technische Regelwerke <strong>und</strong> Rechtsvorschriften.<br />
DIN 1946-6: Raumlufttechnik Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine<br />
Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung <strong>und</strong> Kennzeichnung,<br />
Übergabe/Übernahme (Abnahme) <strong>und</strong> Instandhaltung; Mai 2009<br />
DIN EN 15242: Lüftung von Gebäuden – Berechnungsverfahren zur Bestimmung<br />
der Luftvolumenströme in Gebäuden einschließlich Infiltration; Mai<br />
2007<br />
[TRGI G 600/08]: Technische Regel; Arbeitsblatt G 600 DVGW Deutscher Verein<br />
des Gas- <strong>und</strong> Wasserfaches e. V., Technisch-wissenschaftlicher Verein, April<br />
2008; ISBN 978-3-89554-169-8<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Alle Abbildungen Ehrenfried Heinz<br />
Dieser Textbeitrag wird mit der Unterstützung des FLiB, Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen, veröffentlicht.<br />
Im neu veröffentlichten Buch zur Gebäude-Luftdichtheit des FLiB finden Sie<br />
diesen Beitrag sowie weiterführende <strong>und</strong> vertiefende Literatur zum Thema<br />
Luftdichtheit. Aktuelle Informationen stehen unter ƒ www.flib.de bereit.<br />
24<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
G4.3 Messen <strong>und</strong> Prüfen.<br />
1<br />
2<br />
Messung der Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Autor:<br />
Joachim Zeller<br />
Überprüfung der Luftdichtheit.<br />
Autoren:<br />
Dr. Klaus Vogel<br />
Dr. Markus Renn<br />
G<br />
G4.3<br />
1
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G4.3<br />
2<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
1 Messung der Luftdurchlässigkeit<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Autor:<br />
Joachim Zeller<br />
Messprinzip.<br />
Allgemein.<br />
Mit einem Gebläse wird im Gebäude ein Unter- oder Überdruck gegenüber<br />
außen erzeugt. Die Drehzahl des Gebläses wird so gewählt, dass sich der<br />
gewünschte Differenzdruck (10 bis 100 Pascal) einstellt. Der vom Gebläse<br />
geförderte Luftmassenstrom wird gemessen. Er ist gleich groß wie der Massenstrom,<br />
der gleichzeitig durch Undichtheiten in der <strong>Gebäudehülle</strong> strömt.<br />
Somit ist er ein Maß für die Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong>. Diese Messung<br />
führt man bei Unter- <strong>und</strong> Überdruck bei unterschiedlichen Beträgen des<br />
Differenzdrucks aus. Durch Ausgleichsrechnung erhält man den Volumenstrom<br />
bei 50 Pascal (Pa), in der Norm Leckagestrom genannt.<br />
Kenngrößen.<br />
Dividiert man den Leckagestrom durch das lichte Gebäudevolumen, so erhält<br />
man die Luftwechselrate bei 50 Pascal (n 50<br />
). Diese Kenngröße ist sowohl in<br />
Deutschland als auch international am gebräuchlichsten. Sie ist vor allem<br />
dann gut geeignet, wenn es um den Zusammenhang zwischen Luftdichtheit<br />
<strong>und</strong> Lüftung geht, z. B. bei der Berechnung der Lüftungswärmeverluste durch<br />
wetterbedingte In- <strong>und</strong> Exfiltration. Der Begriff „Luftwechselrate“ birgt allerdings<br />
die Gefahr von Verwechslungen. Die Fugenluftwechselrate unter<br />
natürlichen Wetterbedingungen beträgt beispielsweise wegen der kleineren<br />
Drücke je nach Wetter nur etwa ein Viertel bis ein Vierzigstel der Luftwechselrate<br />
bei 50 Pascal.<br />
Die Luftdurchlässigkeit (q 50<br />
) erhält man, indem man den Leckagestrom<br />
durch die Hüllfläche des Gebäudes dividiert. Sie beschreibt die Qualität der<br />
Luftdichtung. Während die Luftwechselrate bei 50 Pascal bei großen Gebäuden<br />
aufgr<strong>und</strong> des günstigen Oberflächen-Volumen-Verhältnisses fast automatisch<br />
klein ausfällt, lässt die Luftdurchlässigkeit auch bei solchen Gebäuden<br />
eine Beurteilung der Qualität der luftdichten Hülle zu.<br />
G4.3<br />
Halbiert man den Betrag des Leckagestroms bei 50 Pa (in m 3 /h), so erhält man<br />
die äquivalente Leckfläche in Quadratzentimeter. Durch eine scharfkantige<br />
Öffnung dieser Größe in einer dünnen Platte würde bei 50 Pa gleich viel<br />
Luft strömen wie durch die <strong>Gebäudehülle</strong>. Die reale Öffnungsfläche wird<br />
allerdings häufig größer sein, weil die <strong>Gebäudehülle</strong> keine dünne Platte ist,<br />
sondern die Strömungspfade oft einen langen Weg durch die <strong>Gebäudehülle</strong><br />
nehmen.<br />
3
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Volumenstrom – Massenstrom.<br />
Bei stationären Verhältnissen, d. h. wenn sich der Druck im Gebäude<br />
nicht ändert, ist der Massenstrom (gemessen z. B. in kg/h) durch die<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> gleich dem Massenstrom, den das Gebläse fördert. Wäre<br />
es anders, würde die Menge der Luft im Haus zu- oder abnehmen.<br />
Dagegen können die Volumenströme (gemessen in m 3 /h) unterschiedlich<br />
sein. Ist beispielsweise die Raumluft wärmer als die Außenluft,<br />
dann strömt bei Unterdruck wegen der höheren Dichte der Außenluft<br />
ein kleinerer Volumenstrom durch die <strong>Gebäudehülle</strong> als durch das<br />
Gebläse nach außen strömt.<br />
Abb. 1: Mit dem Gebläse wird beispielsweise Unterdruck<br />
erzeugt. Bei unterschiedlichen Drücken<br />
werden gleichzeitig der Differenzdruck <strong>und</strong> der<br />
Volumenstrom am Gebläse gemessen. Außerdem<br />
werden Undichtheiten durch Zugluft offensichtlich.<br />
Bei der Auswertung der Messung werden alle Volumenströme auf<br />
Normbedingungen (20 °C, 1.013 hPa) umgerechnet. Außerdem wird<br />
rechnerisch berücksichtigt, dass nicht nur der Volumenstrom, sondern<br />
auch der Massenstrom durch eine bestimmte Öffnung von der Dichte<br />
der strömenden Luft abhängt. Somit ist die als Messergebnis angegebene<br />
Kenngröße fast unabhängig von den Wetterbedingungen zum<br />
Zeitpunkt der Messung.<br />
Blower-Door-Messgeräte.<br />
Meist wird für die Messung ein Blower-Door-System verwendet. Dabei wird ein<br />
Nylontuch mithilfe eines verstellbaren Rahmens luftdicht in eine Eingangsoder<br />
Terrassentür eingespannt. Eine Öffnung im Tuch mit einem elastischen<br />
Kragen erlaubt den luftdichten Einbau des Gebläses. Zur Messung des Volumenstroms<br />
ist die saugseitige Öffnung des Gebläses als Einlaufmessdüse<br />
ausgebildet.<br />
G4.3<br />
Abb. 2: Foto eines eingebauten Luftdichtheitsmessgerätes<br />
Lecksuche.<br />
Bei 50 Pa Unterdruck werden Fugen, Anschlüsse <strong>und</strong> Durchdringungen mit<br />
einem Luftgeschwindigkeitsmessgerät (Thermoanemometer) oder mit der<br />
Hand abgesucht. In einem beheizten Gebäude können Lecks bei kaltem Wetter<br />
auch mit der Thermografie-Kamera lokalisiert <strong>und</strong> dokumentiert werden.<br />
Dieses Verfahren ist vor allem dann hilfreich, wenn z. B. wegen großer Raumhöhen<br />
Außenbauteile nicht mit der Hand erreicht werden können, wenn<br />
große Flächen abgesucht werden müssen oder wenn die Ergebnisse z. B. für<br />
ein Gerichtsverfahren anschaulich dargestellt werden sollen. Gelegentlich<br />
werden auch Rauchröhrchen („rauchende“ Schwefelsäure) zur Lecksuche<br />
eingesetzt. In den seltenen Fällen, in denen die Luftdichtung von außen zugänglich<br />
ist, können die Lecks von außen lokalisiert werden, indem innen bei<br />
Überdruck Nebel freigesetzt wird.<br />
Wie viel sind 50 Pascal?<br />
Die Bezugsdruckdifferenz von 50 Pascal (Pa) ist so gewählt, dass in der Regel<br />
die wetterbedingten Druckdifferenzen demgegenüber vernachlässigbar sind.<br />
Der Druck ist aber auch so klein, dass keine Schäden am Gebäude zu befürchten<br />
sind. Es kann zwar vorkommen, dass Folienverklebungen schon bei 50 Pa<br />
aufreißen, aber in einem solchen Fall war die Verklebung unzureichend <strong>und</strong><br />
wäre auch ohne Luftdichtheitsprüfung schon bald aufgegangen.<br />
Ein Druck von 50 Pa entspricht:<br />
50 N/m 2 = 5 kp/m 2 (umgangssprachlich: 5 Kilo je Quadratmeter),<br />
dem Staudruck von Wind mit 33 km/h = 9 m/s bzw. Windstärke 5,<br />
5 mm Wassersäule,<br />
einem Zweitausendstel des Luftdrucks von 1.013 hPa = 101.300 Pa,<br />
der Druckdifferenz, die man erfährt, wenn man zwei Stockwerke nach<br />
oben steigt.<br />
4<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Messnormen.<br />
Messungen in Deutschland werden üblicherweise nach der europäischen<br />
Norm DIN EN 13829 vom Februar 2001 durchgeführt. Diese Norm wurde als<br />
deutsche Norm übernommen, erkennbar am Zusatz „DIN“ im Namen der<br />
Norm. Messungen im Zusammenhang mit der Energieeinsparverordnung<br />
2009 müssen ebenso wie Messungen im Zusammenhang mit DIN 4108, Teil 7,<br />
nach DIN EN 13829 durchgeführt werden. Erläuterungen <strong>und</strong> Ergänzungen<br />
zu dieser Norm hat der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. (FLiB) in<br />
seinem „Beiblatt zur DIN EN 13829“ im Jahr 2002 veröffentlicht. Daneben gibt<br />
es die internationale Norm ISO 9972 aus dem Jahr 2006. Bei ihrer Erarbeitung<br />
diente EN 13829 als Vorlage. Neben sinnvollen Ergänzungen gibt es solche,<br />
die zu unklaren Kenngrößen führen, indem die Bezugsgrößen nicht eindeutig<br />
definiert werden. Eine überarbeitete Fassung dieser Norm ist als Entwurf DIN<br />
EN ISO 9972 für Sommer 2012 angekündigt. Es ist damit zu rechnen, dass ISO<br />
9972 in der Zukunft EN 13829 ersetzen wird. Soweit nicht anders angegeben,<br />
entsprechen die nachfolgenden Ausführungen über die Durchführung <strong>und</strong><br />
Auswertung der Messung den Anforderungen von DIN EN 13829. Auch die<br />
Gliederung der Abschnitte ist an die Norm angelehnt.<br />
Durchführung der Messung.<br />
Messgeräte.<br />
Für die Messung werden in erster Linie ein Differenzdruckmessgerät zur Messung<br />
der Druckdifferenz über der <strong>Gebäudehülle</strong> sowie eine Einrichtung zur<br />
Messung des Volumenstroms benötigt. Sie sind Bestandteile der handelsüblichen<br />
Messeinrichtungen (Blower-Door).<br />
Das Druckmessgerät muss nach EN 13829 eine Genauigkeit von ± 2 Pa aufweisen.<br />
Der FLiB empfiehlt, es alle zwei Jahre zu kalibrieren oder zumindest zu<br />
überprüfen. Üblich sind einerseits mechanische Druckmessdosen, andererseits<br />
Geräte mit elektronischen Druckaufnehmern.<br />
Die Volumenstrommesseinrichtung muss nach EN 13829 eine Genauigkeit<br />
von ± 7 Prozent aufweisen. Der FLiB empfiehlt, das Gerät alle vier Jahre zu kalibrieren<br />
bzw. zu überprüfen.<br />
Bei den herkömmlichen Messgeräten ist die Saugseite des Gebläses als Messdüse<br />
ausgebildet. Um den Volumenstrom zu bestimmen, wird der Differenzdruck<br />
zwischen der Messdüse <strong>und</strong> der Saugseite des Gebläses gemessen <strong>und</strong><br />
anhand einer Umrechnungsformel oder -tabelle in einen Volumenstrom<br />
umgerechnet. Messblenden mit unterschiedlich vielen oder unterschiedlich<br />
großen Öffnungen erlauben die Anpassung des Messbereichs ans Gebäude.<br />
Zusätzlich wird außerdem ein Thermometer benötigt, mit dem nacheinander<br />
Außen- <strong>und</strong> Innentemperatur gemessen werden, um die Messwerte auf<br />
Normbedingungen umrechnen zu können. Die Genauigkeitsanforderungen<br />
an das Thermometer sind nicht sehr streng, weil der Einfluss der Temperatur<br />
auf das Ergebnis gering ist – die Norm fordert eine Genauigkeit von ± 1 K, das<br />
Beiblatt des FLiB empfiehlt eine Kalibrierung oder Überprüfung nach vier<br />
Jahren.<br />
G4.3<br />
5
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Zu untersuchender Gebäudeteil.<br />
Nach EN 13829 umfasst der zu untersuchende Gebäudeteil alle „absichtlich<br />
beheizten, gekühlten oder mechanisch belüfteten Räume“. Der Umfang des<br />
zu untersuchenden Gebäudeteils kann aber auch nach Absprache mit dem<br />
Auftraggeber entsprechend der Fragestellung festgelegt werden. Beispielsweise<br />
kann bei der Prüfung von Reinräumen die Messung auf einen einzelnen<br />
Raum beschränkt werden. Für einzelne Räume müssen in der Regel spezielle<br />
Messgeräte verwendet werden, weil mit einem Luftdichtheitsmessgerät so<br />
kleine Volumenströme nicht ausreichend genau gemessen werden können.<br />
Wird die Einhaltung der Anforderungen nach EnEV überprüft, umfasst das zu<br />
untersuchende Volumen all die Räume, die in den rechnerischen Nachweis<br />
nach EnEV einbezogen sind, also alle Räume innerhalb der wärmeübertragenden<br />
Umfassungsfläche (in DIN 4108-6 als Systemgrenze bezeichnet). Dies<br />
sind insbesondere alle Räume, die mit Heizkörpern, Fußbodenheizung oder<br />
Wandheizung ausgestattet sind, sowie alle anderen Räume, die innerhalb<br />
der wärmeübertragenden Umfassungsfläche liegen <strong>und</strong> somit indirekt durch<br />
Luftverb<strong>und</strong> oder Wärmeleitung von anderen Räumen beheizt werden. Bei<br />
konsequenter Planung weist die Systemgrenze einen guten Wärmeschutz auf<br />
<strong>und</strong> ist gleichzeitig die luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong>. Dazu zwei Beispiele:<br />
Beispiel 1: Liegen Wärmedämmung <strong>und</strong> Luftdichtung in der Dachfläche über<br />
dem Spitzboden, dann liegt dieser innerhalb der Systemgrenze. Für die Messung<br />
wird die Dachbodenluke geöffnet, das Volumen des Spitzbodens wird<br />
angerechnet.<br />
Beispiel 2: Ein Heizraum (z. B. im Keller) wird zwar durch die Abwärme von<br />
Kessel <strong>und</strong> Rohrleitungen erwärmt, aber wenn er außerhalb der Systemgrenze<br />
der EnEV liegt, wird er nicht in die Messung einbezogen. Im Sinne der EN<br />
13829 ist er nicht absichtlich beheizt.<br />
G4.3<br />
Wenn die Lage der luftdichten <strong>Gebäudehülle</strong> unklar ist, oder wenn sie<br />
nicht mit der Systemgrenze zusammenfällt, ist die Entscheidung schwierig,<br />
welcher Teil des Gebäudes untersucht werden soll. In solchen Fällen empfiehlt<br />
der FLiB bei einem Spitzboden, die Dachbodenluke zu schließen <strong>und</strong> das Volumen<br />
des Spitzbodens nicht zum Innenvolumen zu addieren. Verallgemeinert:<br />
Räume, die nicht direkt beheizt werden (d. h. keine Heizkörper etc. aufweisen)<br />
<strong>und</strong> außerhalb der Systemgrenze nach EnEV oder außerhalb der luftdichten<br />
Hülle liegen, werden von der Messung ausgeschlossen.<br />
Heizräume mit einem raumluftabhängigen Kessel haben eine unverschließbare<br />
Öffnung nach außen zur Verbrennungsluftzuführung. Das Beiblatt<br />
des FLiB zur EN 13829 sieht hier eine pragmatische Lösung vor: Bei der<br />
Messung bleibt die Heizraumtür geschlossen, das Volumen des Heizraums<br />
zählt nicht zum Nettovolumen. Diese Verfahrensweise ist insofern angemessen,<br />
als die Heizraumtür auch während der Nutzung des Hauses in der Regel<br />
geschlossen sein wird.<br />
6<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Es ist zulässig, ein Gebäude abschnittsweise zu messen. Dies erleichtert unter<br />
Umständen die Messung in großen Gebäuden, weil keine so große Gebläseleistung<br />
benötigt wird. Der Messwert enthält dabei auch einen Anteil durch<br />
„innere Lecks“, d. h. solchen zu anderen Gebäudeteilen. Sofern der gewichtete<br />
Mittelwert aus den abschnittsweisen Messungen den geforderten Grenzwert<br />
der EnEV unterschreitet, sind die Anforderungen erfüllt. Bei Überschreitung<br />
des Grenzwertes ist dagegen unklar, inwieweit die inneren Lecks zum Messwert<br />
beitragen. Durch zusätzliche Messungen mit Schutzdruck lässt sich der<br />
Anteil der inneren Lecks zwar ermitteln, häufig wird es aber einfacher sein,<br />
das Gebäude nicht abschnittsweise, sondern mit mehreren Gebläsen als<br />
Ganzes zu messen. Besteht keine Möglichkeit, ein Gebäude als eine Zone zu<br />
messen, weil es zwischen verschiedenen Gebäudeteilen keine Verbindungstür<br />
gibt, dann muss abschnittsweise (mit oder ohne Schutzdruck) gemessen werden.<br />
Dies ist im Wohnungsbau beispielsweise bei Laubengangerschließung<br />
der Fall.<br />
In den Fällen, in denen die EnEV wegen des Anrechnens von verminderten<br />
Lüftungswärmeverlusten (mit oder ohne Lüftungsanlage) eine Luftdichtheitsprüfung<br />
verlangt, muss das gesamte Volumen innerhalb der Systemgrenze<br />
untersucht werden. Eine stichprobenhafte Messung einzelner Gebäudeteile<br />
oder gar einzelner Fassa<strong>dena</strong>bschnitte ist nicht vorgesehen. Die Kosten für<br />
die Messung stellen insofern keine besondere Härte dar, als ihnen in der Regel<br />
deutlich höhere Einsparungen bei der Investition in den baulichen Wärmeschutz<br />
gegenüberstehen.<br />
Sanierung im bewohnten Zustand.<br />
Wird ein Gebäude im bewohnten Zustand saniert, ist eine Messung<br />
des gesamten Gebäudes mit zumutbarem Aufwand oft nicht möglich.<br />
Für das Modellvorhaben „Niedrigenergiehaus im Bestand“ Deutsche<br />
Energie-Agentur GmbH (<strong>dena</strong>) <strong>und</strong> der KfW Bankengruppe wurde<br />
daher seinerzeit eine Sonderregelung definiert:<br />
Danach müssen 20 Prozent der Wohnungen untersucht werden, davon<br />
mindestens je eine im Dachgeschoss, in einem Regelgeschoss <strong>und</strong> im<br />
untersten Geschoss. Mehr als 12 Wohnungen je Gebäude brauchen<br />
nicht untersucht zu werden. Der mit dem jeweiligen Wohnungsvolumen<br />
gewichtete Mittelwert der Luftwechselrate bei 50 Pa (n 50<br />
) muss die<br />
Grenzwerte der EnEV einhalten, die Einzelwerte dürfen bis zu 30 Prozent<br />
höher ausfallen.<br />
G4.3<br />
7
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Messzeitpunkt.<br />
EN 13829 verlangt, dass die <strong>Gebäudehülle</strong> fertiggestellt ist. Durch die EnEV<br />
vorgeschriebene Messungen müssen der Norm entsprechen, also nach Fertigstellung<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong> durchgeführt werden. Nachbesserungen sind<br />
allerdings nur dann mit mäßigem Aufwand möglich, wenn die luftdichtende<br />
Bauteilschicht noch zugänglich ist. Idealerweise sollte die Messung also zu<br />
einem Zeitpunkt durchgeführt werden, an dem die luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong><br />
einschließlich aller Durchdringungen fertiggestellt ist, aber die Fußbo<strong>dena</strong>ufbauten<br />
(Wärme- <strong>und</strong> Trittschalldämmung, Estrich) sowie ggf. vorgesehene<br />
raumseitige Beplankungen (z. B. durch Gipskartonplatten) noch fehlen. Beim<br />
Einsatz von Luftdichtheitsbahnen (Folien, Pappen) muss die Unterkonstruktion<br />
für die Beplankung (Lattung) schon angebracht sein, damit die Bahn bei<br />
Unterdruck nicht abgerissen wird.<br />
Formal kann man darüber streiten, ob die Gipskartonplatten an der Innenseite<br />
von Außenbauteilen <strong>und</strong> der Fußbo<strong>dena</strong>ufbau im untersten Geschoss zur<br />
„<strong>Gebäudehülle</strong>“ nach EN 13829 zählen oder nicht. Für die Praxis ist eher die<br />
Frage relevant, wie groß die Gefahr einer Beschädigung der Luftdichtung bei<br />
der weiteren Bauausführung ist. Ist diese Gefahr gering, kann man eine Messung<br />
im beschriebenen Zustand als Abnahmemessung nach EnEV vertreten.<br />
In der Baupraxis gelingt es allerdings selten, die luftdichte <strong>Gebäudehülle</strong><br />
zeitlich so abgestimmt fertigzustellen, dass zum Zeitpunkt der Fertigstellung<br />
auch noch alle Anschlüsse zugänglich sind. Der Bauherr muss deshalb entscheiden,<br />
ob er auf die Möglichkeit von einfachen Nachbesserungen verzichten,<br />
in der Frage des Messzeitpunktes gegen EN 13829 verstoßen oder zwei<br />
Messungen beauftragen <strong>und</strong> bezahlen möchte (wobei die zweite Messung<br />
weniger kostet, da die Volumenberechnung schon vorliegt <strong>und</strong> sich die Lecksuche<br />
auf große Lecks beschränkt). Eine Messung, die vor Fertigstellung der<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> durchgeführt wurde, darf im Messbericht nicht als „Messung<br />
nach DIN EN 13829“ bezeichnet werden. Messdienstleistern wird empfohlen,<br />
im Akquisegespräch <strong>und</strong> im Messbericht auf die zusätzlich notwendige „Abnahmemessung<br />
nach EnEV“ hinzuweisen.<br />
G4.3<br />
Abnahmemessung.<br />
Dieser Begriff ist mehrdeutig. Eine „Abnahmemessung nach EnEV“<br />
muss EN 13829 entsprechen <strong>und</strong> darf deshalb erst durchgeführt<br />
werden, wenn die <strong>Gebäudehülle</strong> fertiggestellt ist. Eine „Abnahmemessung“<br />
kann aber auch die erbrachte Leistung eines Handwerkers, z. B.<br />
des Trockenbauers, dokumentieren, um nachträgliche Beschädigungen<br />
der Luftdichtheitsbahn gegen Fehler seiner Leistung abzugrenzen.<br />
Eine solche Messung kann stattfinden, sobald die Leistung, z. B.<br />
das luftdichte Verlegen einer Luftdichtheitsbahn, abgeschlossen ist.<br />
Undichtheiten im Bereich anderer Gewerke können für diese Messung<br />
provisorisch abgedichtet werden, die Messung entspricht im Hinblick<br />
auf Messzeitpunkt <strong>und</strong> Gebäudepräparation nicht der Norm.<br />
8<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Fehlende Türen.<br />
Häufig ist die <strong>Gebäudehülle</strong> ansonsten fertiggestellt, aber es fehlen<br />
noch Haustür oder Kellertüren. Solange die Haustür fehlt, kann eine<br />
Abnahmemessung nach EnEV nicht stattfinden. Zwar lässt sich die<br />
Türöffnung für die Messung provisorisch abdichten, aber es besteht die<br />
Möglichkeit, dass die provisorische Abdichtung dichter ist als Schließfugen<br />
<strong>und</strong> Einbaufugen des später eingesetzten Türelements. Das spätere<br />
Messergebnis würde also schlechter ausfallen.<br />
Fehlen dagegen nur die Kellertüren, dann kann man sich – einigermaßen<br />
dichte Kellerfenster vorausgesetzt – folgendermaßen behelfen: Die<br />
Kellerräume sind wegen der fehlenden Türen in die Messung einbezogen.<br />
Bei der Volumenberechnung dagegen rechnet man das Innenvolumen<br />
innerhalb der Systemgrenzen der EnEV aus, d. h., das Volumen<br />
unbeheizter Kellerräume wird nicht zum Gebäudevolumen addiert.<br />
Falls so die Anforderungen der EnEV erfüllt sind, liegt das Ergebnis auf<br />
der sicheren Seite. Durch Einbau der Türen kann das Ergebnis nur besser,<br />
aber nicht schlechter werden. Tatsächlich wird es sich meist nicht<br />
messbar ändern.<br />
Wetterbedingungen.<br />
Für die Messgenauigkeit ist es wichtig, dass die vom Gebläse erzeugte Druckdifferenz<br />
deutlich größer ist als die durch Wind <strong>und</strong> Thermik verursachten<br />
natürlichen Druckdifferenzen zum Zeitpunkt der Messung. EN 13829 schreibt<br />
deshalb vereinfacht gesagt vor, dass der Betrag der natürlichen Druckdifferenz<br />
nicht größer als 5 Pa sein darf (vgl. 3.2.8).<br />
Die Thermik verursacht einen Druckunterschied zwischen innen <strong>und</strong> außen<br />
von<br />
Δp Th<br />
= 0,04 Pa/(K · m) · h · ΔT<br />
mit<br />
Δp Th<br />
h<br />
ΔT<br />
Differenzdruck zwischen innen <strong>und</strong> außen durch Thermik in Pa<br />
Höhe, gemessen ab der druckneutralen Zone in m<br />
Temperaturdifferenz zwischen innen <strong>und</strong> außen in K<br />
G4.3<br />
Der Grenzwert von 5 Pa wird somit erreicht, wenn das Produkt aus Höhe h <strong>und</strong><br />
Temperaturdifferenz<br />
h · ΔT = 5 Pa/0,04 (Pa/(K · m)) = 125 K · m<br />
beträgt. Falls die druckneutrale Zone auf mittlerer Gebäudehöhe liegt, darf<br />
das Produkt aus Gebäudehöhe <strong>und</strong> Temperaturdifferenz maximal das Doppelte,<br />
also<br />
250 K · m<br />
betragen. (EN 13829 nennt fälschlicherweise den Wert 500 K · m, in ISO 9972<br />
ist der Fehler korrigiert.) Bei größeren Temperaturdifferenzen empfiehlt es<br />
sich deshalb, die Messung zu verschieben.<br />
9
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Natürliche Druckdifferenz am Beispiel von Thermik.<br />
Der Luftdruck nimmt mit der Höhe ab, <strong>und</strong> zwar um so stärker, je größer<br />
die Dichte der Luft ist. Da warme Luft leichter ist als kalte Luft, ist die<br />
Abnahme des Luftdrucks mit der Höhe bei warmer Luft geringer als bei<br />
kalter. Im Winter nimmt der Druck im beheizten Gebäude deshalb mit<br />
zunehmender Höhe weniger ab als der außerhalb des Gebäudes.<br />
In der druckneutralen Zone sind bei Windstille Innen- <strong>und</strong> Außendruck<br />
gleich. Wäre es anders, würden Luftströmungen durch Undichtigkeiten<br />
in der <strong>Gebäudehülle</strong> den Druckausgleich herstellen. Unterhalb<br />
der druckneutralen Zone herrscht im Winter Unterdruck im Gebäude,<br />
oberhalb herrscht Überdruck. Deshalb werden Lecks im unteren Teil<br />
des Gebäudes von außen nach innen (Infiltration), solche im oberen Teil<br />
von innen nach außen (Exfiltration) durchströmt. Je weiter ein Leck von<br />
der druckneutralen Zone entfernt ist, desto größer sind der Druckunterschied<br />
<strong>und</strong> damit die Strömungsgeschwindigkeit. Der auf der jeweiligen<br />
Höhe herrschende Druckunterschied zwischen innen <strong>und</strong> außen<br />
wird natürliche Druckdifferenz genannt.<br />
G4.3<br />
Abb. 3: Die Zeichnung zeigt schematisch die Druckverhältnisse bei einem beheizten<br />
Haus im Winter. Die Kurven sind nicht maßstäblich: Der absolute Luftdruck beträgt<br />
r<strong>und</strong> 100.000 Pa, der Unterschied zwischen oben <strong>und</strong> unten r<strong>und</strong> 100 Pa (bei 8,5 m<br />
Höhe), die natürliche Druckdifferenz r<strong>und</strong> 3 Pa (3 m Höhenunterschied zur druckneutralen<br />
Zone, ΔT = 25 K).<br />
Die Höhe der druckneutralen Zone hängt von der Verteilung der Lecks<br />
ab. Liegen die meisten <strong>und</strong> größten Undichtigkeiten unten, dann liegt<br />
auch die druckneutrale Zone weiter unten. Öffnet man beispielsweise<br />
die Haustür, dann stellt sich die druckneutrale Zone auf der Höhe dieser<br />
großen Öffnung, also im Erdgeschoss ein. Prinzipiell stellt sich die<br />
druckneutrale Zone so ein, dass bei den resultierenden Druckdifferenzen<br />
die In- <strong>und</strong> Exfiltrations-Massenströme gleich groß sind.<br />
10<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Abb. 4: Bei offener Haustür stellt sich die druckneutrale Zone auf Höhe dieser großen<br />
Öffnung ein.<br />
Auch bei Wind stellt sich der Druck im Gebäude so ein, dass bei den<br />
resultierenden Druckdifferenzen die Massenstrombilanz zwischen<br />
ein- <strong>und</strong> ausströmender Luft ausgeglichen ist. Die druckneutrale Zone<br />
liegt bei Wind allerdings nicht in einer horizontalen Ebene, sondern ist<br />
irgendwie geformt.<br />
Der Wind verursacht auf der Mitte einer senkrecht angeströmten Wand den<br />
Staudruck von<br />
Δp St<br />
= ρ/2 · v 2<br />
mit<br />
Δp St<br />
Staudruck in Pa<br />
ρ Dichte der Luft (ca. 1,2 kg/m 3 )<br />
v<br />
Windgeschwindigkeit in m/s<br />
Der Grenzwert von 5 Pa wird erreicht bei<br />
v = (2/ρ · 5 Pa) 0,5 = 2,9 m/s<br />
G4.3<br />
Diese Windgeschwindigkeit von r<strong>und</strong> 3 m/s in Bodennähe entspricht einer<br />
meteorologischen Windgeschwindigkeit von etwa 6 m/s entsprechend Windstärke<br />
4 Beaufort (Bft). Die Norm nennt als Grenze, ab der die Messung verschoben<br />
werden soll, die Windstärke 3 Bft.<br />
Für Messdienstleister ist es wichtig zu wissen, dass die Angaben zu den Wetterbedingungen<br />
nur eine Empfehlung darstellen. Verbindlich ist dagegen die<br />
Festlegung der maximalen natürlichen Druckdifferenz von 5 Pa.<br />
11
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Gebäudevorbereitung.<br />
Allgemein.<br />
Wärmeerzeuger <strong>und</strong> ventilatorgestützte Lüftungseinrichtungen (Wohnungslüftungsanlagen,<br />
Dunstabzugshauben, WC-Lüfter etc.) werden ausgeschaltet.<br />
Um Gefahren durch Abgase sicher zu vermeiden, empfiehlt es sich, auch<br />
Wärmeerzeuger auszuschalten, die sich in anderen als dem untersuchten<br />
Gebäudeteil (also z. B. in einer anderen Wohnung) befinden, ebenso raumluftunabhängige<br />
Wärmeerzeuger im untersuchten Gebäudeteil. Asche aus<br />
offenen Feuerstellen wird entfernt. Alle Innentüren innerhalb des untersuchten<br />
Gebäudeteils werden geöffnet. Die Druckunterschiede innerhalb des<br />
Gebäudes dürfen nach EN 13829 nicht größer als zehn Prozent der erzeugten<br />
Druckdifferenz sein. Bei Verwendung eines einzelnen Gebläses mit einem maximalen<br />
Volumenstrom von r<strong>und</strong> 8.000 m 3 /h wird diese Bedingung praktisch<br />
immer eingehalten – der Druckabfall an einer vollständig geöffneten Tür beträgt<br />
r<strong>und</strong> 2 Pa, also vier Prozent der erzeugten Druckdifferenz von 50 Pa. Alle<br />
absichtlich vorhandenen Öffnungen nach außen (Fenster, Türen, Kaminzug)<br />
werden geschlossen. Zu- <strong>und</strong> Abluftdurchlässe von kontinuierlich betriebenen<br />
(z. B. Wohnungs-) Lüftungsanlagen werden abgedichtet. Alternativ ist es<br />
möglich (<strong>und</strong> oft weniger aufwändig), die entsprechenden Lüftungsleitungen<br />
am Zentralgerät abzudichten oder Außen- <strong>und</strong> Fortluftdurchlass zuzukleben.<br />
Falls Siphons noch fehlen oder noch nicht mit Wasser gefüllt sind, werden außerdem<br />
die betroffenen Abwasserleitungen abgedichtet.<br />
Verfahren A <strong>und</strong> B.<br />
EN 13829 beschreibt zwei Verfahren der Messung, die sich in der Abdichtung<br />
von nicht verschließbaren, absichtlich vorhandenen Öffnungen in der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
unterscheiden. Verfahren A wird vereinfacht als „Messung im Nutzungszustand“<br />
beschrieben, Verfahren B als „Messung der <strong>Gebäudehülle</strong>“.<br />
Mit Nutzungszustand ist gemeint, dass sich die Öffnungen in der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
in dem Zustand befinden, in dem sie sich auch während der Nutzung des<br />
Gebäudes in der Heizsaison befinden. Anders als oft irrtümlich angenommen,<br />
bezeichnet „Nutzungszustand“ nicht den Baufortschritt. Vielmehr muss für<br />
beide Verfahren die <strong>Gebäudehülle</strong> fertiggestellt sein.<br />
G4.3<br />
Nicht einstellbare, absichtlich vorhandene Öffnungen in der <strong>Gebäudehülle</strong>,<br />
z. B. zur Aufzugsentrauchung oder Schornstein-Hinterlüftung, bleiben bei<br />
Verfahren A offen, während sie bei Verfahren B abgedichtet werden. Lüftungsöffnungen<br />
für freie Lüftung <strong>und</strong> Außenwandluftdurchlässe für Abluftanlagen<br />
werden bei Verfahren A geschlossen, bei Verfahren B abgedichtet.<br />
Temporär betriebene Lüftungseinrichtungen (z. B. WC-Lüfter, Dunstabzugshaube)<br />
werden in der Norm nicht ausdrücklich erwähnt. Nach dem Beiblatt<br />
des FLiB [FLiB 2002] werden sie für Verfahren A ausgeschaltet, aber nicht abgedichtet.<br />
Analog zu anderen Lüftungsöffnungen sollten sie bei Messungen<br />
nach Verfahren B provisorisch abgedichtet werden.<br />
Dokumentation des Gebäudezustands.<br />
Die Zustände von Fenstern, Türen <strong>und</strong> sonstigen Öffnungen in der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
sowie die bei der Messung vorhandenen provisorischen Abdichtungen<br />
(unabhängig davon, wer sie vorgenommen hat) werden vor Ort notiert <strong>und</strong> im<br />
Messbericht aufgeführt.<br />
12<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Einbau von Gebläse <strong>und</strong> Druckmessgerät.<br />
EN 13829 schreibt vor, dass die Gebäudedruckdifferenz auf Höhe des untersten<br />
untersuchten Geschosses gemessen wird, damit man die durch Thermik<br />
verursachte natürliche Druckdifferenz messen kann. Auch wenn es keine ausdrückliche<br />
Vorschrift über den Einbauort des Gebläses gibt, muss das Messgerät<br />
deshalb im untersten Geschoss eingebaut werden oder es muss zusätzlich<br />
eine Druckmesseinrichtung für den Gebäudedruck im untersten Geschoss<br />
installiert werden (z. B. mithilfe eines Kapillarröhrchens im Fensterfalz). Nach<br />
Möglichkeit wird das Luftdichtheitsmessgerät in eine Terrassentür <strong>und</strong> nicht<br />
in die Haustür eingebaut, damit die oft <strong>und</strong>ichten Schließfugen der Haustür<br />
bei der Messung geprüft werden können.<br />
Wie misst man die in einer bestimmten Höhe herrschende Druckdifferenz?<br />
Für Druckdifferenzen durch Thermik gilt Folgendes: Das Messgerät<br />
zeigt immer den Druck an, der auf der Höhe herrscht, auf der der<br />
Messschlauch die (thermische) <strong>Gebäudehülle</strong> durchdringt. Würde man<br />
die Messeinrichtung z. B. im zweiten Stock einbauen <strong>und</strong> die Schlauchenden<br />
innen <strong>und</strong> außen jeweils bis auf Höhe des Erdgeschosses nach<br />
unten führen, so würde man dennoch nicht die Druckdifferenz auf<br />
Höhe des Erdgeschosses messen. Im thermisch eingeschwungenen Zustand,<br />
d. h., wenn die Temperatur im Messschlauch <strong>und</strong> in seiner Umgebung<br />
gleich ist, misst man die Druckdifferenz auf Höhe der Schlauchdurchführung<br />
im Messgerät. Der Gr<strong>und</strong> dafür ist, dass der Druck durch<br />
die Luftsäulen in den Schläuchen durch den gleich großen Druck der<br />
Luftsäulen außerhalb der Schläuche kompensiert wird. Im thermisch<br />
nicht eingeschwungenen Zustand ändert sich der gemessene Druck<br />
zwar dadurch, dass die Schlauchenden nach unten geführt werden, der<br />
Messwert hat aber keine Aussagekraft, da er von den sich noch ändernden<br />
Lufttemperaturen in den Schläuchen abhängt. EN 13829 empfiehlt<br />
deshalb, die Schläuche waagerecht zu verlegen.<br />
Fazit: Um die Druckdifferenz am Gebäude in einer bestimmten Höhe<br />
zu messen, muss auf dieser Höhe der Schlauch nach außen geführt<br />
werden. Dies lässt sich z. B. mit Kapillarröhrchen realisieren, die so<br />
gebogen <strong>und</strong> in den Fensterfalz gelegt werden, dass das Fenster wieder<br />
geschlossen werden kann.<br />
G4.3<br />
Die Schlauchenden dürfen nicht im Luftstrom des Gebläses liegen. Das äußere<br />
Schlauchende sollte außerdem durch ein aufgestecktes T-Stück oder eine perforierte<br />
Schachtel windgeschützt werden. Auch sollte es bei Wind in einiger<br />
Entfernung vom Haus <strong>und</strong> von anderen Hindernissen angebracht werden.<br />
13
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Mittelwertbildung von mehreren Druckmessstellen.<br />
Der störende Windeinfluss lässt sich verringern, indem mehrere Druckmessstellen<br />
an verschiedenen Stellen der <strong>Gebäudehülle</strong> installiert <strong>und</strong><br />
die Messwerte gemittelt werden. In diesem Fall müssen auch bei der<br />
Messung der natürlichen Druckdifferenz nach „Nullpunkteinstellung<br />
<strong>und</strong> Messung der natürlichen Druckdifferenz“ alle Druckmessstellen<br />
berücksichtigt werden. Dazu müssen entweder auch die Messwerte der<br />
natürlichen Druckdifferenz aus allen Messstellen gemittelt werden,<br />
oder es muss für jede Messstelle deren natürliche Druckdifferenz ermittelt<br />
<strong>und</strong> nach „Berechnung des Leckagestroms mit Dichtekorrektur“<br />
von den jeweiligen Messwerten subtrahiert werden.<br />
Hilfsweise kann man ein einzelnes Druckmessgerät mit mehreren<br />
Schläuchen versehen, die außen zu verschiedenen Seiten des Gebäudes<br />
führen. Wichtig ist dabei, dass alle Schläuche gleich lang <strong>und</strong> gleich<br />
dick sind, ansonsten wird das Ergebnis durch den Druck am Ende des<br />
kürzesten bzw. dicksten Schlauches dominiert. Die (zwangsläufig) relativ<br />
langen Schläuche sollten einen so großen Querschnitt aufweisen,<br />
dass sie die Druckmessung nicht zu sehr dämpfen. Die so gemessene<br />
Druckdifferenz stellt nicht das arithmetische Mittel der Drücke dar, sondern<br />
einen irgendwie gewichteten Mittelwert: Die Druckunterschiede<br />
an den Schlauchenden führen dazu, dass die Schläuche durchströmt<br />
werden. Der Druckabfall ist nicht unbedingt in allen Schläuchen<br />
gleich: Beispielsweise herrscht an der vom Wind angeströmten Fassade<br />
Überdruck, während häufig an den drei anderen Fassaden Unterdruck<br />
herrscht. In diesem Fall wird der luvseitige Schlauch von der Summe<br />
der Luftmengen der drei anderen Schläuche durchströmt. Der Druckabfall<br />
im luvseitigen Schlauch ist besonders groß, der Beitrag des luvseitigen<br />
Winddrucks zum Messergebnis unverhältnismäßig klein.<br />
Alle Druckmessschläuche sollten waagerecht verlegt <strong>und</strong> vor der Sonne geschützt<br />
werden. Temperaturunterschiede zwischen der Luft im Schlauch <strong>und</strong><br />
der außerhalb würden sonst bei Höhenunterschieden zu Messfehlern führen.<br />
Suche nach Lecks.<br />
G4.3<br />
Eine Einpunktmessung bei etwa 50 Pa verschafft einen ersten Eindruck von<br />
der Qualität der Luftdichtheit des untersuchten Gebäudes. Bei etwa 50 Pa<br />
Unterdruck wird die gesamte <strong>Gebäudehülle</strong> abgegangen <strong>und</strong> auf Lecks, fehlerhafte<br />
provisorische Abdichtungen, unzulänglich geschlossene Fenster etc.<br />
untersucht. Diese Vorabuntersuchung ist nach DIN EN 13829 vorgeschrieben,<br />
wobei nach dieser Vorschrift nur große Lecks lokalisiert <strong>und</strong> dokumentiert<br />
werden müssen. Je nach Vereinbarung mit dem Auftraggeber der Messung<br />
müssen aber auch mittlere <strong>und</strong> ggf. kleine Lecks lokalisiert werden. Fehler in<br />
der Gebäudepräparation werden korrigiert (z. B. gekipptes Fenster schließen),<br />
die endgültige Gebäudepräparation wird notiert. Die festgestellten größeren<br />
Lecks sowie bei entsprechender Beauftragung auch die mittleren <strong>und</strong> kleinen<br />
Lecks werden ebenfalls schriftlich dokumentiert.<br />
14<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Nullpunkteinstellung <strong>und</strong> Messung der natürlichen Druckdifferenz.<br />
Bevor die Druckmessgeräte benutzt werden, ist ihr Nullpunkt zu kontrollieren<br />
<strong>und</strong> nötigenfalls einzustellen. Bei den meisten elektronischen<br />
Druckmessgeräten erfolgt die Nullpunkteinstellung automatisch, bei mechanischen<br />
Geräten muss der Nullpunkt nötigenfalls mit einem Schraubendreher<br />
eingestellt werden. Dazu werden alle Schläuche abgezogen, sodass<br />
die Eingänge (über die Raumluft) kurzgeschlossen sind. (Bei den üblichen<br />
Sets von Druckmessdosen sind die Eingänge verschiedener Dosen zum Teil<br />
miteinander verb<strong>und</strong>en – teilweise von der Vorderseite erkennbar, teilweise<br />
versteckt auf der Rückseite der Geräte. Im Zweifelsfall sollten deshalb für die<br />
Nullpunktkontrolle an einer Dose auch die Schläuche von den anderen Messdosen<br />
abgezogen werden.) Nach der Nullpunktjustierung darf die Lage von<br />
mechanischen Geräten (d. h. ihre Neigung) nicht mehr verändert werden.<br />
Nach der Einstellung des Nullpunktes werden die Schläuche auf die Messgeräte<br />
aufgesteckt.<br />
Für die Messung der natürlichen Druckdifferenz bleibt das Gebläse ausgeschaltet<br />
<strong>und</strong> seine Öffnung wird verschlossen. Über einen Zeitraum von<br />
mindestens 30 Sek<strong>und</strong>en werden in regelmäßigen Abständen die Werte der<br />
gemessenen natürlichen Druckdifferenz aufgezeichnet. Bei Unterdruck im<br />
Gebäude wird der jeweilige Wert mit einem Minuszeichen versehen. Der<br />
Mittelwert aller Messwerte Δp 01<br />
wird für die Berechnung der erzeugten Druckdifferenz<br />
im Rahmen der Auswertung benötigt. Außerdem werden der Mittelwert<br />
aller positiven Werte Δp 01+<br />
<strong>und</strong> der Mittelwert aller negativen Werte<br />
Δp 01-<br />
berechnet. Ist der Betrag eines dieser Werte größer als 5 Pa, dann kann<br />
keine Messung nach EN 13829 durchgeführt werden.<br />
Nach der Differenzdruck-Messreihe wird die Messung der natürlichen Druckdifferenz<br />
wiederholt. Der Mittelwert aller Messpunkte Δp 02<br />
wird ebenfalls zur<br />
Auswertung benötigt. Ist der Betrag des Mittelwerts der positiven Messwerte<br />
Δp 02+<br />
oder der negativen Mittelwerte Δp 02-<br />
größer als 5 Pa, war die Messung<br />
ungültig.<br />
Differenzdruck-Messreihe.<br />
Das Gebläse wird wieder geöffnet. Bei verschiedenen Einstellungen des Gebläses<br />
werden jeweils die Druckdifferenz an der <strong>Gebäudehülle</strong> <strong>und</strong> der vom<br />
Gebläse geförderte Volumenstrom gemessen. Nach EN 13829 sind mindestens<br />
fünf Messpunkte zu erfassen <strong>und</strong> der Abstand zwischen zwei Messpunkten<br />
darf nicht mehr als 10 Pa betragen. Die größte eingestellte Druckdifferenz<br />
muss mindestens 50 Pa betragen, empfohlen werden 100 Pa. Die kleinste<br />
Druckdifferenz soll 10 Pa betragen bzw. das 5-fache des Betrags der natürlichen<br />
Druckdifferenz, falls dieser Wert größer ist.<br />
G4.3<br />
Für die in Deutschland übliche Auswertung bei 50 Pa ist die Messungenauigkeit<br />
kleiner, wenn bei höheren Drücken gemessen wird. Bei Wind oder starker<br />
Thermik sollten deshalb zusätzlich zu den vorgeschriebenen Daten bis 50 Pa<br />
weitere Messpunkte bei höheren Drücken erfasst werden.<br />
Da sich die Ergebnisse von Unter- <strong>und</strong> Überdruckmessung häufig unterscheiden,<br />
sollte sowohl eine Messreihe bei Unter- als auch bei Überdruck<br />
aufgenommen werden. Damit lassen sich nicht nur Öffnungen mit Ventilcharakteristik<br />
ausgleichen, sondern teilweise auch die Einflüsse von Wind <strong>und</strong><br />
Thermik.<br />
15
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Auswertung.<br />
Bezugsgrößen.<br />
Die für die Auswertung benötigten Bezugsgrößen (Volumen <strong>und</strong> bei größeren<br />
Gebäuden, d. h. > 1.500 m 3 , die Hüllfläche) sollten vor dem Messtermin berechnet<br />
werden, damit schon vor Ort eine Einschätzung der Messergebnisse<br />
möglich ist. Für den Messbericht wird eine nachvollziehbare Berechnung der<br />
Bezugsgrößen benötigt. Es reicht deshalb nicht, die Berechnungsergebnisse<br />
aus dem CAD-Programm zu übernehmen.<br />
Innenvolumen V.<br />
Das Innenvolumen V wird ermittelt, in dem die Nettogr<strong>und</strong>fläche aller Räume<br />
im untersuchten Teil des Gebäudes mit der jeweiligen mittleren lichten Höhe<br />
multipliziert wird. Die Volumenberechnung muss nachvollziehbar dokumentiert<br />
werden. Für die Berechnung der Nettogr<strong>und</strong>fläche gilt DIN 277, Teil 1. Es<br />
handelt sich dabei um die aus Innenmaßen ermittelte Fläche. Zur Nettogr<strong>und</strong>fläche<br />
gehören auch Treppen, Installationsschächte mit mehr als 1 m 2 lichtem<br />
Querschnitt, Aufzugsschächte <strong>und</strong> Flächen mit einer Raumhöhe von weniger<br />
als 1,5 m. Für die Raumhöhe ist das lichte Maß von Oberkante Fußboden bis<br />
Unterkante Decke im fertigen Zustand anzusetzen, auch wenn zum Zeitpunkt<br />
der Messung die abgehängte Decke oder der Fußbo<strong>dena</strong>ufbau noch fehlt.<br />
Das Innenvolumen V nach EN 13829 entspricht dem in DIN 277-1 definierten<br />
Netto-Rauminhalt.<br />
Nach den Festlegungen des FLiB werden Unterzüge, sichtbare Sparren etc.<br />
nicht vom Innenvolumen abgezogen.<br />
G4.3<br />
Abb. 5: Für die Berechnung des Innenvolumens (Netto-Rauminhalt NRI nach DIN 277-1) werden<br />
Innenmaße verwendet.<br />
16<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Hüllfläche.<br />
Sofern das untersuchte Gebäude oder der Gebäudeteil ein Innenvolumen von<br />
mehr als 1.500 m 3 aufweist, wird zur Auswertung der Messung auch die Hüllfläche<br />
benötigt. Dabei handelt es sich um die Fläche aller Wände, Decken <strong>und</strong><br />
Böden, die das untersuchte Volumen umschließen. Dies gilt auch für Bauteile<br />
gegen Erdreich oder Gebäudetrennwände, z. B. zu einem angrenzenden Reihenhaus.<br />
Anders als bei der Berechnung der Transmissionswärmeverluste nach<br />
DIN 4108-6 werden Innenmaße über alles verwendet. Somit entspricht die<br />
Hüllfläche meist relativ gut der Fläche der luftdichten Bauteilschicht, die fast<br />
immer auf der Innenseite des Bauteils liegt. Die Stirnflächen von Innenwänden<br />
oder Zwischendecken, die in die <strong>Gebäudehülle</strong> eingeb<strong>und</strong>en sind, werden<br />
bei der Hüllflächenberechnung nicht abgezogen.<br />
G4.3<br />
Abb. 6: Für die Berechnung der Hüllfläche werden Innenmaße über alles verwendet.<br />
Berechnung des Leckagestroms mit Dichtekorrektur.<br />
Die Auswertung wird getrennt für Unter- <strong>und</strong> Überdruck von der Software des<br />
Messgeräteherstellers vorgenommen <strong>und</strong> soll hier nur grob beschrieben werden.<br />
Eine genaue Beschreibung findet man in DIN EN 13829 sowie in Kapitel 3<br />
der 2012 aktualisierten Ausgabe des FLiB-Buches Band 1.<br />
Die Auswertung hat zwei Ziele:<br />
Durch Ausgleichsrechnung wird eine Leckagekurve ermittelt, die möglichst<br />
gut an die Messpunkte angepasst ist <strong>und</strong> die eine Umrechnung auf<br />
beliebige Druckdifferenzen (also auch speziell auf 50 Pa) erlaubt.<br />
Ziel der Dichtekorrektur ist es, den Volumenstrom zu ermitteln, der unter<br />
Standardbedingungen (20 °C, 1.013 hPa) strömen würde. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />
dass sowohl der Volumenstrom als auch der Massenstrom<br />
durch eine bestimmte Leckage von der Dichte der strömenden Luft abhängt.<br />
17
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Zunächst wird für alle Messpunkte aus der gemessenen Druckdifferenz Δp m<br />
die vom Gebläse erzeugte Druckdifferenz Δp berechnet, indem die natürliche<br />
Druckdifferenz vorzeichenrichtig abgezogen wird. Anders gesagt – es wird die<br />
Druckdifferenz auf Höhe der druckneutralen Zone berechnet. Werte bei Unterdruck<br />
werden dabei mit negativem Vorzeichen versehen.<br />
Δp = Δp m<br />
– 0,5 (Δp 0,1<br />
+ Δp 0,2<br />
)<br />
Abb. 7: Durch den Betrieb des Gebläses wird der Druck innen um die erzeugte Druckdifferenz<br />
verringert. Man erhält die erzeugte Druckdifferenz, indem man von der gemessenen Druckdifferenz<br />
die natürliche Druckdifferenz vorzeichenrichtig (d. h., Unterdruck wird immer mit<br />
negativem Vorzeichen versehen) abzieht.<br />
G4.3<br />
Die Messwerte des Volumenstroms werden abhängig von der Dichte der Luft<br />
auf Standardbedingungen umgerechnet. Danach werden nach der sogenannten<br />
Methode der kleinsten quadratischen Abweichung der Strömungskoeffizient<br />
C L<br />
<strong>und</strong> der Strömungsexponent n so ermittelt, dass mit der folgenden<br />
Gleichung die Messwerte für Druck (Δp) <strong>und</strong> Volumenstrom (V̇) möglichst gut<br />
angenähert werden:<br />
V̇ = C L<br />
(∆p) n<br />
Ein Messbericht enthält auch eine grafische Darstellung der Messpunkte <strong>und</strong><br />
der berechneten Ausgleichskurven. Üblicherweise wird die Leckagekurve im<br />
doppeltlogarithmischen Maßstab dargestellt. Für die Beurteilung der Messergebnisse<br />
ist jedoch ein linearer Maßstab günstiger, weil so die Strömungsexponenten<br />
besser beurteilt werden können.<br />
18<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Abgeleitete Größen/Kenngrößen.<br />
In Deutschland werden die Ergebnisse von Luftdurchlässigkeitsmessungen<br />
auf die auch international häufig verwendete Druckdifferenz von 50 Pa bezogen.<br />
Zunächst wird der Leckagestrom bei 50 Pa berechnet:<br />
V̇50<br />
= C L<br />
(50 Pa) n<br />
Durch Bezug des Leckagestroms V̇50<br />
auf das Innenvolumen V oder die Gebäudehüllfläche<br />
A E<br />
erhält man die üblichen Kenngrößen:<br />
n 50<br />
=<br />
V̇50<br />
V<br />
bzw.<br />
q 50<br />
=<br />
V̇50<br />
A E<br />
mit<br />
n 50<br />
Luftwechselrate bei 50 Pa in h -1<br />
q 50<br />
Luftdurchlässigkeit bei 50 Pa in m 3 /(h· m 2 ) = m/h<br />
V<br />
Innenvolumen<br />
Hüllfläche (E = envelope)<br />
A E<br />
Der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. empfiehlt, die Ergebnisse im<br />
Bericht mit zwei wertangebenden Ziffern anzugeben.<br />
Äquivalente Leckfläche.<br />
Gerne wüsste man nach einer Messung, wie groß die reale Leckfläche ist. Man<br />
könnte dann einschätzen, wie viel einzelne Undichtheiten zum Gesamtergebnis<br />
beitragen. Die tatsächliche Leckfläche lässt sich aber messtechnisch<br />
nicht ermitteln. Dies liegt daran, dass die Geometrien <strong>und</strong> damit die strömungstechnischen<br />
Eigenschaften nicht bekannt sind. Man kann aber als Vergleichsmaßstab<br />
eine äquivalente Leckfläche angeben. Das ist die Fläche einer<br />
Öffnung, durch die bei der betrachteten Druckdifferenz (z. B. 50 Pa) gleich viel<br />
Luft strömt wie durch die <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
G4.3<br />
Beispielsweise kann man die Fläche einer scharfkantigen Öffnung in einer<br />
dünnen Platte berechnen:<br />
A eq<br />
=<br />
1<br />
C L<br />
(<br />
ρ 0<br />
) 0,5 (∆p r<br />
) n-0,5<br />
0,61 2<br />
mit<br />
A eq<br />
C L<br />
ρ 0<br />
Δp r<br />
äquivalente Leckfläche<br />
Leckagekoeffizient, hier in m 3 /s/Pa n<br />
Dichte der Luft unter Standardbedingungen<br />
Referenz-Druckdifferenz, z. B. 50 Pa<br />
19
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Durch Umrechnen ergibt sich für die in Deutschland übliche Referenzdruckdifferenz<br />
von 50 Pa die folgende Formel:<br />
A eq<br />
= 0,5 cm 2<br />
V̇50<br />
m 3 /h<br />
Der Zahlenwert der äquivalenten Leckfläche in Quadratzentimeter ist also<br />
halb so groß wie der Wert des Leckagestroms in Kubikmeter pro St<strong>und</strong>e.<br />
Abschnittsweise Messung.<br />
Wird ein Gebäude abschnittsweise gemessen, also z. B. ein Mehrfamilienhaus<br />
wohnungsweise, dann erhält man das Ergebnis für das Gebäude<br />
als gewichteten Mittelwert der Einzelmessungen:<br />
V̇50, ges<br />
+ + + …<br />
V̇50,1<br />
V̇50,2<br />
V̇50,3<br />
n 50, ges<br />
= = =<br />
V 1<br />
+ V 2<br />
+ V 3<br />
+ …<br />
V ges<br />
V 1<br />
n 50,1<br />
+ V 2<br />
n 50,2<br />
+ V 3<br />
n 50,3<br />
+ …<br />
V 1<br />
+ V 2<br />
+ V 3<br />
+ …<br />
Prüfbericht.<br />
Folgende Angaben müssen im Prüfbericht enthalten sein:<br />
a) Allgemeines:<br />
Umfang des Untersuchungsauftrags (z. B. Basismessung, d. h. nur Suche<br />
nach großen Lecks, erweiterte Messung inkl. Suche nach mittleren <strong>und</strong><br />
kleinen Lecks)<br />
Anschrift des untersuchten Gebäudes<br />
Baujahr (ggf. Schätzung)<br />
Datum der Messung<br />
b) Verweis auf die Norm:<br />
Nennung der zugr<strong>und</strong>e gelegten Normen <strong>und</strong> Verfahren, beispielsweise:<br />
G4.3<br />
Messung nach EN 13829, Verfahren A<br />
Messung in Anlehnung an EN 13829, Verfahren A<br />
Bei Messungen in Anlehnung an EN 13829 gilt:<br />
Aufzählung der Abweichungen von der Norm<br />
c) Untersuchter Gebäudeteil:<br />
Beschreibung (z. B. einschließlich der Räume im UG, ohne den Spitzboden,<br />
nur Wohnung Nr. X)<br />
Art <strong>und</strong> Zustand der Heizungs-, Lüftungs- <strong>und</strong> Klimaanlage (z. B. Heizkessel<br />
außerhalb des untersuchten Volumens, raumluftunabhängiger Kaminofen<br />
im Wohnzimmer, Lüftung über eine Abluftanlage mit Außenwandluftdurchlässen,<br />
...)<br />
Innenvolumen <strong>und</strong> bei Bedarf Hüllfläche<br />
Nachvollziehbare Dokumentation der Volumen- <strong>und</strong> Hüllflächenberechnung<br />
Zustand aller Öffnungen (z. B. Außen- <strong>und</strong> Fortluftdurchlässe abgedichtet,<br />
Außentüren geschlossen, Dachbodenluke geschlossen, Innentüren <strong>und</strong><br />
Türen zu den Räumen im UG offen)<br />
20<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Beschreibung von temporären Abdichtungen (z. B. Außenwandöffnung für<br />
noch fehlende Dunstabzugshaube provisorisch abgedichtet, Außen- <strong>und</strong><br />
Fortluftleitung zentral am Lüftungsgerät abgedichtet)<br />
d) Messtechnik:<br />
Eingesetzte Geräte<br />
Einbauort des Gebläses<br />
e) Messdaten:<br />
Natürliche Druckdifferenzen<br />
Innen- <strong>und</strong> Außentemperatur<br />
Windstärke bzw. -geschwindigkeit, ggf. Luftdruck<br />
Erzeugte Druckdifferenzen <strong>und</strong> Volumenströme<br />
Grafische Darstellung der Leckagekurve<br />
Strömungskoeffizient, Strömungsexponent, Leckagekoeffizient für Unter<strong>und</strong><br />
Überdruckmessung<br />
Luftwechselrate bei 50 Pa, Messfehler<br />
Ggf. Luftdurchlässigkeit bei 50 Pa oder weitere Größen<br />
Messgenauigkeit <strong>und</strong> Fehlerrechnung.<br />
Die meisten Computerprogramme zur Auswertung von Luftdurchlässigkeitsmessungen<br />
berechnen auch den Messfehler. Der Rechengang ist allerdings<br />
nicht genormt – die Angaben verschiedener Programme zum Messfehler<br />
können sich daher unterscheiden. Es gibt aber eine Empfehlung des FLiB zur<br />
Berechnung der Messungenauigkeit.<br />
Vergleicht man das Messergebnis mit einer Anforderung, z. B. der nach EnEV<br />
oder DIN 4108-7, sollte man den Messfehler weder zum Messergebnis addieren<br />
noch ihn davon subtrahieren, denn der wahrscheinlichste Wert ist der Messwert<br />
– die Fehlerangabe dient nur dazu, die Unsicherheit der Messung einschätzen<br />
zu können. Bei Windstille dominiert mit sieben Prozent der Fehler<br />
der Volumenstrommesseinrichtung. Der Fehler der Luftwechselrate bei 50 Pa<br />
beträgt dann etwa acht Prozent. Bis Windstärke 4 beträgt der Gesamtmessfehler<br />
meist nicht mehr als zehn Prozent des Messwerts.<br />
Durchführung von Luftdurchlässigkeitsmessungen.<br />
G4.3<br />
Hinweise auf häufige Irrtümer.<br />
Dokumentation der Volumenberechnung ist Pflicht.<br />
Viele Messdienstleister sind der Meinung, es reiche aus, das vom Auftraggeber<br />
angegebene Innenvolumen in den Messbericht zu schreiben. Laut Abschnitt 7<br />
der EN 13829 muss der Messbericht aber eine nachvollziehbare Volumenberechnung<br />
enthalten. Wie sinnvoll diese Vorschrift ist, zeigen Beispiele, bei<br />
denen sich die von verschiedenen Messdienstleistern angegebenen Volumina<br />
um bis zum Faktor 2 unterschieden.<br />
21
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Fußbo<strong>dena</strong>ufbau ist kein anrechenbares Volumen.<br />
Bei hochwärmegedämmten Häusern, z. B. bei Passivhäusern, nimmt der Fußbo<strong>dena</strong>ufbau<br />
im untersten beheizten Geschoss ein relativ großes Volumen<br />
ein. Wird die Luftdichtheitsprüfung vor Einbau des Bo<strong>dena</strong>ufbaus durchgeführt,<br />
dann berechnen manche Dienstleister das Innenvolumen nach den<br />
lichten Maßen zum Messzeitpunkt <strong>und</strong> nicht nach den geplanten lichten Maßen.<br />
Sie rechnen also das Volumen des vorgesehenen Fußbo<strong>dena</strong>ufbaus dem<br />
Innenvolumen zu. Sinnvoller ist es, von den Fertigmaßen auszugehen, weil<br />
dann das Messergebnis nicht davon abhängt, ob die Messung vor oder nach<br />
Einbau des Fußbo<strong>dena</strong>ufbaus durchgeführt wird. (Das Haus wird durch den<br />
Bo<strong>dena</strong>ufbau nicht dichter.)<br />
Suche nach großen Lecks ist Pflicht.<br />
Um Messungen möglichst preiswert anbieten zu können, verzichten manche<br />
Dienstleister auf die Suche nach Undichtigkeiten. EN 13829 verlangt aber,<br />
dass bei der größten vorgesehenen Druckdifferenz (Unterdruck bei der Suche<br />
von innen) die „gesamte <strong>Gebäudehülle</strong> auf große Leckagen <strong>und</strong> fehlerhafte<br />
provisorische Abdichtungen zu untersuchen“ ist. Wird diese Lecksuche nicht<br />
durchführt, riskiert man, dass beispielsweise ein Fenster nicht richtig geschlossen<br />
ist oder vorhandene Undichtigkeiten bauseits heimlich zugeklebt<br />
wurden.<br />
Auch bei Verfahren B ist die <strong>Gebäudehülle</strong> fertig.<br />
Verfahren A <strong>und</strong> B unterscheiden sich nicht durch den Baufortschritt, sondern<br />
darin, wie mit geplanten Öffnungen umgegangen wird. Ist die <strong>Gebäudehülle</strong><br />
nicht fertiggestellt, dann entspricht die Messung prinzipiell nicht den Anforderungen<br />
der Norm.<br />
Auch bei Verfahren A wird die Lüftungsanlage abgedichtet.<br />
In der Messnorm wird unter 5.2.2. der Umgang mit „Bauteilen“ beschrieben,<br />
unter 5.2.3 der mit „Heizungs-, Lüftungs- <strong>und</strong> Klimaanlagen“. Wer nur den<br />
ersten dieser beiden Abschnitte liest, kann zu der Meinung kommen, bei Verfahren<br />
A würden Lüftungsanlagen nicht abgedichtet. Tatsächlich sind nach<br />
5.2.3 unabhängig vom Verfahren „die Luftdurchlässe von mechanischen Lüftungsanlagenteilen“<br />
abzudichten.<br />
G4.3<br />
Nicht der Messdienstleister muss die Lecks abdichten.<br />
Gelegentlich liest man in Messberichten Hinweise auf festgestellte Undichtheiten,<br />
die bei der Messung abgedichtet worden seien. Dabei ist oft unklar,<br />
ob es sich um provisorische Abdichtungen handelt oder die Undichtheiten<br />
dauerhaft behoben wurden. Falls durch dauerhafte Abklebungen Luftdichtheitsmängel<br />
behoben wurden, ist am Messergebnis nichts auszusetzen. Allenfalls<br />
fragt man sich, wieso der Messdienstleister Bauleistungen erbringt. Falls<br />
es sich um provisorische Abdichtungen handelt, dann ist das Messergebnis<br />
relativ wenig wert. Jedenfalls ist eine solche Messung nicht dazu geeignet, das<br />
Einhalten von Anforderungen zu belegen. Allenfalls lässt sich durch solche<br />
Abdichtungen der Beitrag einzelner Lecks zum Messergebnis ermitteln (Messverfahren<br />
des „sukzessiven Abklebens“).<br />
22<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Abklebungen sind zu dokumentieren.<br />
In Messberichten findet man zwar regelmäßig die Behauptung, es sei Verfahren<br />
A bzw. B angewendet worden, häufig ist aber nicht dokumentiert, welche<br />
Abklebungen vorhanden waren. Der Messbericht ist dann nicht nachvollziehbar.<br />
Die Abklebungen einzeln aufzuführen, wie es die Norm vorschreibt, ist<br />
vor allem deshalb wichtig, weil die Meinungen darüber, was nach Verfahren A<br />
oder B abzukleben sei, auseinandergehen.<br />
Weitere Hinweise.<br />
Leistungsumfang <strong>und</strong> Honorarhöhe.<br />
Der Aufwand für Luftdurchlässigkeitsmessungen kann von Objekt zu Objekt<br />
sehr stark variieren. Für den Dienstleister meist nicht vorhersehbar ist der<br />
Aufwand für die Gebäudepräparation, falls Lüftungsanlagen vorhanden sind<br />
oder eine Messung vor Fertigstellung der luftdichten <strong>Gebäudehülle</strong> durchgeführt<br />
werden soll. Es empfiehlt sich daher, die Gebäudepräparation nach<br />
Aufwand abzurechnen oder sie bauseits durchführen zu lassen. Letzteres ist<br />
dann unabdingbar, wenn größere Lüftungsanlagen eingebaut sind, die vom<br />
Messdienstleister nicht bedient werden können. Besonders stark hängt der<br />
Aufwand vom Umfang der Lecksuche <strong>und</strong> deren Dokumentation ab. Es hat<br />
sich bewährt, den Umfang der Lecksuche vorab zu vereinbaren. So kann man<br />
beispielsweise eine „Basismessung“ vereinbaren, bei der nur die vorgeschriebene<br />
Lecksuche nach großen Undichtigkeiten enthalten ist. Bei der „erweiterten<br />
Messung“ ist auch die Suche nach mittleren Lecks enthalten. Mehrfach<br />
vorkommende gleichartige Lecks (z. B. Lufteintritt an der unteren Einbaufuge<br />
von Balkontüren) werden dabei nur summarisch dokumentiert. Die dritte<br />
Stufe ist eine Messung im Rahmen eines Gutachtens. Dabei werden häufig<br />
spezielle Fragen geklärt, beispielsweise die Ursache für Schimmelbildung<br />
oder der Aufwand für das Beheben festgestellter Undichtheiten. Der Aufwand<br />
dafür ist vorab nicht abzusehen, sodass eigentlich nur die Abrechnung nach<br />
Aufwand möglich ist.<br />
Abdichten von Lüftungsanlagen.<br />
Oft ist es einfacher, Lüftungsanlagen zentral am Lüftungsgerät oder am Außen-<br />
<strong>und</strong> Fortluftdurchlass abzudichten, statt in allen Räumen die Zu- <strong>und</strong><br />
Abluftdurchlässe zuzukleben. Bewährt haben sich dafür Ballblasen, die in die<br />
Lüftungsleitung gebracht <strong>und</strong> dort aufgeblasen werden.<br />
Unzulässige bauseitige provisorische Abdichtungen.<br />
Es gibt Beteiligte, die schon vor dem Messtermin vermutete Lecks provisorisch<br />
zukleben. Vor der quantitativen Messung sollte der Auftraggeber gegebenenfalls<br />
darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Messung in diesem<br />
Zustand nicht den Messvorschriften entsprechen würde. Es ist zu empfehlen,<br />
die betreffenden Abdichtungen zu entfernen.<br />
G4.3<br />
Stimmt der Auftraggeber dem nicht zu, kann die Messung dennoch durchgeführt<br />
werden. Im Bericht wird dann auf die unzulässigen Abklebungen, die<br />
Abweichungen von der Norm <strong>und</strong> die geringe Aussagekraft des Messergebnisses<br />
hingewiesen.<br />
23
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Schnelles Finden eines offenen Fensters.<br />
Ist nach dem Einschalten des Gebläses der Volumenstrom unerwartet groß,<br />
oder kann gar die Druckdifferenz von 50 Pa nicht erreicht werden, dann besteht<br />
wahrscheinlich ein großes Leck. Häufig ist z. B. ein Fenster nicht oder<br />
nicht richtig geschlossen.<br />
Um diese Undichtheit zu finden, lässt man das Gebläse laufen <strong>und</strong> geht bis zur<br />
Tür jedes Raumes oder im Mehrfamilienhaus zu jeder Wohnungstür.<br />
In der Türöffnung mit dem Gesicht zum Raum stehend, spürt man meist am<br />
Luftzug, ob in den Räumen hinter dieser Tür ein größeres Leck vorhanden ist.<br />
Zieht es beispielsweise in einer Wohnungstür, dann sucht man in dieser Wohnung<br />
weiter, zieht es nicht, geht man zur nächsten Wohnungstür.<br />
Messbereich notieren.<br />
Bei Messeinrichtungen, deren Messbereich sich verändern lässt, (z. B. die<br />
Blenden an den herkömmlichen Blower-Doors), besteht die Gefahr, durch<br />
Eingabe der falschen Blende ins Auswerteprogramm bzw. durch Ablesen der<br />
falschen Skala das Messergebnis grob zu verfälschen. Den Messdienstleistern<br />
ist deshalb dringend zu empfehlen, die verwendete Blende separat auf dem<br />
handschriftlichen Protokoll zu notieren, sodass die Größenordnung des Messergebnisses<br />
später überprüft werden kann.<br />
Bei Überdruckmessung Schlauch zur Saugseite des Gebläses nicht vergessen.<br />
Bei einigen Herstellern muss für die Überdruckmessung ein zusätzlicher<br />
Schlauch von der Messeinrichtung für den Gebläsedruck nach außen, d. h.<br />
zur Saugseite des Gebläses, gelegt werden. Analog zum Messbereich sollte<br />
man das Anbringen dieses Schlauches auf dem handschriftlichen Protokoll<br />
vermerken, weil man sich im Nachhinein kaum wird erinnern können, ob der<br />
Schlauch angeschlossen war oder nicht. Bemerkt man nach der Messung, dass<br />
der Schlauch vergessen worden ist, dann kann man die Messwerte noch rechnerisch<br />
korrigieren. Dazu muss vom jeweils abgelesenen Gebläsedruck der<br />
jeweilige Gebäudedruck subtrahiert werden.<br />
G4.3<br />
Gebäudedrücke nicht der Reihe nach einstellen.<br />
Bei dichten Gebäuden (d. h. bei kleinem n 50<br />
) dauert es nach dem Verändern<br />
der Gebläsespannung relativ lange, bis der Gebäudedruck stabil ist. Ähnlich<br />
verhält es sich gelegentlich, wenn großflächig Folien als Luftdichtung verwendet<br />
werden, die beim Anlegen des Drucks ihre Lage verändern (z. B. Folie im<br />
Dach eines Supermarkts bei Überdruck).<br />
Um genau messen zu können, muss man also ausreichend lange warten. Wird<br />
eine stetige Messreihe vom kleinsten zum größten Druck durchgeführt <strong>und</strong><br />
nicht ausreichend gewartet, dann sind alle gemessenen Volumenströme zu<br />
klein. Beginnt man beim größten Druck, dann sind die Werte zu groß. Dieser<br />
systematische Fehler ist aber aus der Messkurve nicht unbedingt zu erkennen.<br />
Es empfiehlt sich deshalb, die Messreihe nicht mit stetig steigenden oder fallenden<br />
Drücken durchzuführen, sondern abwechselnd die Gebläsespannung<br />
zu erhöhen <strong>und</strong> zu senken. Wurde nicht ausreichend gewartet, dann erkennt<br />
man dies an streuenden Messwerten. Besondere Vorsicht ist bei automatisch<br />
arbeitenden Messeinrichtungen geboten. Die Verhältnisse sind dort komplizierter,<br />
weil der Druck durch Verändern des Volumenstroms auf den Sollwert<br />
geregelt wird. Anhand der Bedienungsanleitung bzw. durch Rückfrage beim<br />
Hersteller muss der Anwender klären, wie er sicherstellen kann, dass erst gemessen<br />
wird, wenn der Gebäudedruck den stationären Zustand erreicht hat.<br />
Abbildungsverzeichnis.<br />
Abb. 2: Foto: BlowerDoor GmbH<br />
Alle anderen Abbildungen: Joachim Zeller <strong>und</strong> FLiB e. V.<br />
24<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Dieser Textbeitrag wird mit der Unterstützung des FLiB, Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen, veröffentlicht.<br />
Im neu veröffentlichten Buch zur Gebäude-Luftdichtheit des FLiB finden Sie<br />
diesen Beitrag sowie weiterführende <strong>und</strong> vertiefende Literatur zum Thema<br />
Luftdichtheit. Aktuelle Informationen stehen unter ƒ www.flib.de bereit.<br />
G4.3<br />
25
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G4.3<br />
26<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
2 Überprüfung der<br />
Luftdichtheit.<br />
Autoren:<br />
Dr. Klaus Vogel<br />
Dr. Markus Renn<br />
Bei der Überprüfung der Luftdichtheit von Gebäuden sind je nach Aufgabenstellung<br />
bestimmte Vorbereitungen an einem Prüfobjekt vorzunehmen. Da<br />
in den entscheidenden Normen <strong>und</strong> Verordnungen Detailfragen bezüglich<br />
der „richtigen“ Vorbereitungen offenbleiben, hat sich der Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen e. V. (FLiB) dieser Fragen durch Kommentierung <strong>und</strong><br />
Erstellung von Checklisten angenommen.<br />
In diesem Artikel wird auf verschiedene Messverfahren, Anforderungen <strong>und</strong><br />
Entwicklungen beim Nachweis der Luftdichtheit nach Energieeinsparverordnung<br />
eingegangen. Eine Tabelle gibt einen Überblick zu den Vorbereitungen<br />
bzw. der Gebäudepräparation, wie sie von verschiedenen Institutionen publiziert<br />
wurden.<br />
Soviel kann schon vorweggenommen werden: Der Prozess, den Messdienstleistern<br />
eine detaillierte <strong>und</strong> allgemein akzeptierte Checkliste für die Vorbereitungen<br />
der „Schlussmessung“ nach Energieeinsparverordnung an die<br />
Hand zu geben, ist nicht abgeschlossen. Hierzu gibt es neue Bemühungen des<br />
FLiB, dies durch eine „branchenübergreifende Arbeitsgruppe“ zu erreichen [1].<br />
Energieeinsparverordnung.<br />
Im Februar 2002 trat die Energieeinsparverordnung [2] in Kraft. Sie wurde in<br />
den Jahren 2004, 2007 <strong>und</strong> 2009 geändert bzw. neu gefasst.<br />
Nach § 5 der Verordnung vom 16. November 2001 „sind zu errichtende Gebäude<br />
so auszuführen, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich<br />
der Fugen dauerhaft luft<strong>und</strong>urchlässig entsprechend dem Stand<br />
der Technik abgedichtet ist“ [2]. In der aktuellen Verordnung, die auf die Jahre<br />
2007 [3] <strong>und</strong> 2009 [4] zurückgeht, findet sich ein ähnlicher Wortlaut in § 6.<br />
Allerdings wird hier nicht mehr auf den Stand der Technik, sondern auf die<br />
anerkannten Regeln der Technik abgestellt.<br />
G4.3<br />
Weiter wird in § 6 ausgeführt: „Wird die Dichtheit (…) überprüft, kann der<br />
Nachweis der Luftdichtheit bei der (…) erforderlichen Berechnung berücksichtigt<br />
werden, wenn die Anforderungen nach Anlage 4 Nummer 2 eingehalten<br />
sind“ [4]. Damit wirkt sich der erfolgreiche Nachweis einer luft<strong>und</strong>urchlässigen<br />
<strong>Gebäudehülle</strong> positiv auf das Berechnungsergebnis des Primärenergiebedarfs<br />
aus, weil geringere Lüftungswärmeverluste oder die Wärmerückgewinnung<br />
mechanischer Lüftungsanlagen in Ansatz gebracht werden können.<br />
In der Anlage 4 der Verordnung [3, 4] wird auf die Prüfnorm DIN EN 13829<br />
[5] hingewiesen. Ferner werden in dieser Anlage die Anforderungen an die<br />
Dichtheit genannt, deren Zahlenwerte – abgesehen von einer Präzisierung bei<br />
Gebäuden ohne raumlufttechnische Anlagen – über die Jahre gleich geblieben<br />
sind.<br />
27
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Auf das Verfahren kommt es an!<br />
DIN EN 13829 setzt sich mit der Bestimmung der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden<br />
oder Gebäudeteilen vor Ort nach dem Differenzdruckverfahren auseinander<br />
– Tabelle 1. Für die Durchführung von Messungen wird zwischen den<br />
Verfahren A <strong>und</strong> B unterschieden. Diese unterscheiden sich weder in der Erfassung<br />
der Messwerte noch im Zeitpunkt der Messung, sondern in der Art der<br />
Vorbereitungen zur Messung. Bei Verfahren A steht die Prüfung des Gebäudes<br />
im Nutzungszustand im Vordergr<strong>und</strong>. Deshalb werden hierfür lediglich die<br />
„absichtlich vorhandenen äußeren Öffnungen des zu untersuchenden Gebäudes<br />
oder Gebäudeteils geschlossen (Fenster, Türen, Kaminzug)“ [5]. Bei Verfahren<br />
B liegt das Hauptaugenmerk auf der Überprüfung der <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
Hierfür „werden alle einstellbaren Öffnungen geschlossen, <strong>und</strong> alle weiteren<br />
absichtlich vorhandenen Öffnungen müssen abgedichtet werden“ [5].<br />
Übersicht zu den Inhalten von DIN EN 13829.<br />
Inhalt<br />
Vorwort<br />
Einleitung<br />
1 Anwendungsbereich<br />
2 Normative Verweisungen<br />
3 Begriffe 1)<br />
4 Geräte<br />
5 Messverfahren 2)<br />
6 Auswertung<br />
7 Prüfbericht 3)<br />
8 Messgenauigkeit<br />
Diverse Anhänge (informativ) <strong>und</strong> Literaturhinweise<br />
G4.3<br />
Tab. 1: Übersicht zu den Inhalten von DIN EN 13829<br />
1)<br />
Leckagestrom: Volumenstrom durch die <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
1)<br />
Innenvolumen: Absichtlich beheiztes, gekühltes oder mechanisch belüftetes Volumen in einem<br />
Gebäude oder Gebäudeteil, das Gegenstand der Messung ist, üblicherweise ohne Dachboden,<br />
Keller oder Anbauten.<br />
1)<br />
Volumenbezogener Leckagestrom bei der Bezugsdruckdifferenz: Leckagestrom bei der Bezugsdruckdifferenz<br />
über der <strong>Gebäudehülle</strong>, dividiert durch das Innenvolumen (i. d. R. bei 50 Pa:<br />
n 50<br />
-Wert, Einheit: 1/h); ebenfalls bezeichnet als Luftwechselrate bei 50 Pa.<br />
1)<br />
Luftdurchlässigkeit: Leckagestrom bei der Bezugsdruckdifferenz über der <strong>Gebäudehülle</strong>, dividiert<br />
durch die Hüllfläche (i. d. R. bei 50 Pa: q 50<br />
-Wert, Einheit: m 3 /(h· m 2 ).<br />
1)<br />
Nettogr<strong>und</strong>flächenbezogener Leckagestrom: Leckagestrom bei der Bezugsdruckdifferenz über<br />
der <strong>Gebäudehülle</strong>, dividiert durch die Nettogr<strong>und</strong>fläche (i. d. R. bei 50 Pa: w 50<br />
-Wert, Einheit:<br />
m 3 /(h· m 2 ).<br />
2)<br />
Verfahren A (Prüfung des Gebäudes im Nutzungszustand): Der Zustand der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
sollte dem Zustand während der Jahreszeit entsprechen, in der Heizungs- oder Klimaanlagen<br />
benutzt werden.<br />
2)<br />
Verfahren B (Prüfung der <strong>Gebäudehülle</strong>): Alle absichtlich vorhandenen Öffnungen in der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
werden nach entsprechenden Vorgaben der Norm geschlossen oder abgedichtet.<br />
3)<br />
Mindestangaben (beispielhaft): Angaben zur Identifizierung des geprüften Objekts, Abweichungen<br />
von der Norm, Beschreibung des Prüfobjekts <strong>und</strong> der verwendeten Ausrüstung, Angabe<br />
der Messdaten <strong>und</strong> des Prüfdatums.<br />
28<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Die unterschiedlichen Verfahren bedingen am Beispiel von nicht verschließbaren<br />
Öffnungen für die Fahrschachtbelüftung bzw. Fahrschachtentrauchung,<br />
dass diese bei Verfahren A offen bleiben <strong>und</strong> bei Verfahren<br />
B abgedichtet werden. Es ist selbstredend, dass sich die unterschiedlichen<br />
Vorbereitungen auf die Messergebnisse auswirken müssen. Dies kann je nach<br />
Bauvorhaben mehr oder weniger bedeutsam sein. Neben diesen Unterschieden<br />
haben die Verfahren auch Gemeinsamkeiten. Hierzu zählen beispielsweise<br />
das Abdichten der Zu- <strong>und</strong> Abluftdurchlässe bei Zu- <strong>und</strong> Abluftanlagen <strong>und</strong><br />
der einleitend erwähnte Messzeitpunkt. Für beide Verfahren gilt, dass „die<br />
Messung erst stattfinden kann, nachdem die Hülle des zu untersuchenden Gebäudes<br />
oder Gebäudeteils fertiggestellt ist“ [5].<br />
Die Frage nach dem „richtigen“ Messverfahren.<br />
Aus den bisherigen Ausführungen wird deutlich: Falls Anforderungen an die<br />
Luftdichtheit mit entsprechend einzuhaltenden Grenzwerten formuliert werden,<br />
dann muss klar sein, welches Verfahren zugr<strong>und</strong>e liegt.<br />
In Tabelle 2 werden die Anforderungen an die Dichtheit nach Energieeinsparverordnung<br />
[3, 4] <strong>und</strong> nach DIN 4108-7 in der älteren Fassung aus dem Jahr<br />
2001 [6] <strong>und</strong> in der überarbeiteten, aktuellen Fassung aus dem Jahr 2011 [7] aufgeführt.<br />
Dort ist erkennbar, dass sich die Anforderungen bei den n 50<br />
-Werten<br />
nicht unterscheiden. Während die Verordnung bisher keine Angabe zum anzuwendenden<br />
Verfahren enthält, wird für die Überprüfung der Luftdichtheit<br />
sowohl in der älteren als auch in der aktuellen Fassung der Norm explizit auf<br />
das Verfahren A hingewiesen. In der aktuellen Fassung der Norm ist allerdings<br />
im Rahmen von empfohlenen n 50<br />
-Höchstwerten neu, dass die empfohlene Gebäudepräparation<br />
für unterschiedliche Lüftungssysteme von der Präparation<br />
für Verfahren A nach DIN EN 13829 abweichen kann.<br />
Da in der Energieeinsparverordnung <strong>und</strong> in DIN 4108-7, deren ältere Fassung<br />
aus dem Jahr 2001 unter anderem im Zusammenhang mit der in Vorbereitung<br />
befindlichen Energieeinsparverordnung stand [6], dieselben n 50<br />
-Werte genannt<br />
werden, war anfangs davon auszugehen, dass auch beim Nachweis der<br />
Dichtheit nach Energieeinsparverordnung das Verfahren A anzuwenden ist.<br />
Diese Auffassung hat der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V. öffentlich<br />
vertreten, sodass man davon ausgehen kann, dass bis etwa Mitte 2004 für<br />
Nachweismessungen im Sinne der Energieeinsparverordnung überwiegend<br />
das Verfahren A nach DIN EN 13829 zur Anwendung gekommen ist. Weil diese<br />
Norm keine Detailfragen beantwortet, wurde in „Beiblatt zur DIN EN 13829“<br />
des FLiB [8] eine Kommentierung (Empfehlung) vorgenommen, die auch eine<br />
„Checkliste für Abnahmemessungen“ nach Verfahren A enthält.<br />
G4.3<br />
29
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Anforderungen an die Luftdichtheit nach DIN 4108 <strong>und</strong> Energieeinsparverordnung (EnEV).<br />
DIN 4108, Teil 7<br />
EnEV<br />
DIN 4108-7<br />
(2001)<br />
DIN 4108-7<br />
(2011)<br />
EnEV 2002<br />
EnEV 2007 <strong>und</strong><br />
2009<br />
Bezugnahme auf Prüfnorm <strong>und</strong> Verfahren DIN EN 13829,<br />
Verfahren A<br />
Anforderung, die nicht<br />
überschritten werden darf ƒ<br />
ƒ n 50<br />
in 1/h bei:<br />
DIN EN 13829,<br />
Verfahren A<br />
DIN EN 13829,<br />
DIN EN 13829,<br />
zum Verfahren 5) zum Verfahren 6)<br />
keine Angabe keine Angabe<br />
Gebäuden ohne<br />
raumlufttechnische Anlagen<br />
Gebäuden mit<br />
raumlufttechnischen Anlagen<br />
3 3,0 1) 3 3,0<br />
1,5 1,5 1) 1,5 1,5<br />
ƒ w 50<br />
2)<br />
in m 3 /(m 2 · h) bei:<br />
Gebäuden ohne<br />
raumlufttechnische Anlagen<br />
7,8 keine<br />
Anforderung<br />
keine<br />
Anforderung<br />
keine<br />
Anforderung<br />
Gebäuden mit<br />
raumlufttechnischen Anlagen<br />
3,9 keine<br />
Anforderung<br />
keine<br />
Anforderung<br />
keine<br />
Anforderung<br />
ƒ q 50<br />
in m 3 /(m 2 · h) zur:<br />
Beurteilung der<br />
<strong>Gebäudehülle</strong><br />
3,0 3) 3,0 4) keine<br />
Anforderung<br />
keine<br />
Anforderung<br />
Tab. 2: Anforderungen an die Luftdichtheit nach DIN 4108-7 <strong>und</strong> Energieeinsparverordnung (EnEV)<br />
1) Sofern in der jeweils aktuellen Energieeinsparverordnung (EnEV) keine Anforderungen gestellt werden; ferner werden n 50<br />
-Höchstwerte empfohlen,<br />
die je nach Lüftungssystem <strong>und</strong> empfohlener Gebäudepräparation 1,0 1/h, 1,5 1/h oder 3,0 1/h betragen sollen.<br />
2) Alternativ, wenn lichte Geschosshöhe 2,6 m oder weniger beträgt<br />
3) Kann zusätzlich herangezogen werden<br />
4) Wird bei Gebäuden oder Gebäudeteilen mit einem Innenvolumen von mehr als 1.500 m 3 zusätzlich herangezogen<br />
5) Nach [9]: Verfahren B gemäß DIN EN 13829<br />
6) Nach [10]: Verfahren B gemäß DIN EN 13829<br />
G4.3<br />
Die Fachkommission „Bautechnik“ der Bauministerkonferenz, die sich auch<br />
mit Auslegungsfragen zur Energieeinsparverordnung beschäftigt, vertritt<br />
bezüglich des anzuwendenden Verfahrens im Rahmen der Energieeinsparverordnung<br />
seit März 2004 die Auffassung, dass „das Verfahren B (Prüfung der<br />
<strong>Gebäudehülle</strong>) der DIN EN 13829 anzuwenden ist“. Ferner „ist der Nachweis<br />
der Dichtheit des Gebäudes im Zusammenhang mit seiner Fertigstellung<br />
(nach Beendigung aller die Luftdichtheitsebene tangierenden Arbeiten) zu<br />
führen“ [9]. In den Folgejahren gab es weitere Auslegungen für spezielle Fragestellungen<br />
zum Themenbereich Luftdichtheit, deren aktueller Stand im<br />
Hinblick auf die Gebäudepräparation [10] in Tabelle 3 aufgeführt wird. Eine<br />
nähere Betrachtung der in den Auslegungen genannten Beispiele über abzudichtende<br />
bzw. nicht abzudichtende Öffnungen (z. B. nicht verschließbare<br />
Öffnungen für die Fahrschachtbelüftung bzw. Fahrschachtentrauchung werden<br />
abgedichtet, Katzenklappen bleiben unverändert) macht jedoch deutlich,<br />
dass gegenüber Verfahren B gemäß DIN EN 13829 abweichende Vorbereitungen<br />
vorzunehmen sind.<br />
30<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
Checklisten-Vergleich<br />
DIN EN 13829 ƒ Verfahren A Verfahren B<br />
EnEV-Schlussmessung<br />
[11]<br />
Abnahmemessung<br />
Verfahren A<br />
[8]<br />
Verfahren B 1)<br />
Fachkommission<br />
„Bautechnik“<br />
[10] 2)<br />
Nr.<br />
Bauteil/Öffnung/Einbau<br />
etc.<br />
Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen Maßnahmen<br />
1 Außentüren/Fenster/<br />
Dachflächenfenster<br />
„zu“<br />
„zu“,<br />
evtl. abschließen<br />
= =<br />
2 Innentüren „auf“, evtl. sichern = = =<br />
3 Fenster in unbeheizten<br />
Räumen<br />
„zu“ = = =<br />
4 Luken/Klappen zu Abseiten<br />
im Dachgeschoss 3) „zu“ = = =<br />
5 Klappen/Türen/Luken zu<br />
unbeheizten Gebäudebereichen<br />
(Garage, Abstellräume,<br />
Spitzboden)<br />
„zu“<br />
„zu“,<br />
evtl. abschließen<br />
= =<br />
6 Tür zum unbeheizten Keller/<br />
Kellerflur/Kellertreppenabgang<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich „zu“;<br />
„auf“, wenn dahinter<br />
beheizte Räume<br />
angrenzen<br />
= = =<br />
7 Schlüssellöcher keine Maßnahmen = = =<br />
8 Abgehängte Decke keine Maßnahmen = = =<br />
9 Kanalbelüftungsventile im<br />
beheizten Gebäudebereich<br />
10 Leerrohre zu unbeheizten<br />
Gebäudebereichen (z. B. für<br />
nachträgliche Montage von<br />
Solaranlagen)<br />
11 Rollladengurtdurchführungen<br />
abdichten = = =<br />
keine Maßnahmen = = =<br />
keine Maßnahmen = = =<br />
12 Wäscheschacht zum<br />
unbeheizten Gebäudeteil<br />
„zu“, keine weiteren<br />
Maßnahmen<br />
= = =<br />
G4.3<br />
13 Briefkastenklappen/<br />
-schlitze/Katzenklappen<br />
„zu“, keine weiteren<br />
Maßnahmen<br />
= abdichten =<br />
14 Zentrale<br />
Staubsaugeranlage<br />
„zu“, keine weiteren<br />
Maßnahmen<br />
= = =<br />
15 Fahrschachtbelüftung von<br />
Aufzügen<br />
keine Maßnahmen<br />
wenn<br />
unverschließbar,<br />
dann abdichten,<br />
ansonsten „zu“<br />
wenn<br />
unverschließbar,<br />
dann abdichten,<br />
ansonsten „zu“<br />
16 Wäschetrockner im<br />
beheizten Gebäudeteil mit<br />
Abluft nach außen<br />
17 Deckel von Schächten mit<br />
Pumpen/Installationen im<br />
beheizten Gebäudeteil<br />
18 Raumluftabhängige<br />
Feuerstätten für feste<br />
Brennstoffe, Öl <strong>und</strong> Gas<br />
(Öfen, Herde, Kamine,<br />
Durchlauferhitzer)<br />
„zu“,<br />
keine weiteren<br />
Maßnahmen<br />
„zu“,<br />
keine weiteren<br />
Maßnahmen<br />
außer Betrieb<br />
setzen, ggf. Asche<br />
entfernen, raumseitige<br />
Schließeinrichtungen<br />
„zu“<br />
= abdichten abdichten<br />
= = =<br />
außer Betrieb<br />
schließen abdichten<br />
Maßnahmen 4)<br />
setzen, keine<br />
31
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
19 „Öffnungen ins Freie“ für<br />
die Verbrennungsluftversorgung<br />
falls absperrbar,<br />
dann auf „zu“,<br />
ansonsten keine<br />
Maßnahmen<br />
außer Betrieb<br />
setzen, keine<br />
Maßnahmen<br />
abdichten<br />
abdichten<br />
20 Öffnung „Zuluft“ im<br />
Heizungsraum/<br />
Brennstofflager<br />
21 Im beheizten Gebäudebereich<br />
angeordnete<br />
Hinterlüftungsöffnung von<br />
Schornsteinen<br />
keine Maßnahmen = abdichten abdichten<br />
keine Maßnahmen = abdichten abdichten<br />
22a<br />
Abluft-Herdhaube (Küche)<br />
mit direktem Anschluss ins<br />
Freie<br />
außer Betrieb<br />
setzen, falls absperrbar,<br />
dann auf<br />
„zu“, ansonsten<br />
keine Maßnahmen<br />
außer Betrieb<br />
setzen, keine<br />
Maßnahmen<br />
abdichten<br />
keine Maßnahmen<br />
22b<br />
Abluft-Herdhaube (Küche)<br />
mit Anschluss an eine<br />
Lüftungsanlage<br />
abdichten = =<br />
22c<br />
Sonstige Einzelventilatoren<br />
(kurze bedarfsgesteuerte<br />
Laufzeit)<br />
außer Betrieb<br />
setzen, keine<br />
Maßnahmen<br />
= 5) abdichten abdichten<br />
23a<br />
Abluftdurchlässe (Küche,<br />
Bad, WC <strong>und</strong> weitere Ablufträume<br />
nach DIN 1946-6)<br />
sowie Außenwand-Luftdurchlässe<br />
(ALD) für ventilatorgestützte<br />
Abluftanlagen<br />
abdichten<br />
schließen, keine = =<br />
Maßnahmen 6)<br />
23b<br />
Zu- <strong>und</strong> Abluftdurchlässe<br />
von (kombin.) Zu- <strong>und</strong><br />
Abluftanlagen<br />
abdichten = = =<br />
23c<br />
Abluftdurchlässe (Küche,<br />
Bad, WC <strong>und</strong> weitere Ablufträume<br />
nach DIN 1946-6)<br />
sowie Außenwand-Luftdurchlässe<br />
(ALD) für (freie)<br />
Quer- <strong>und</strong> Schachtlüftung<br />
falls absperrbar,<br />
dann auf „zu“,<br />
ansonsten keine<br />
Maßnahmen<br />
schließen, keine abdichten abdichten<br />
Maßnahmen 7)<br />
G4.3<br />
1)<br />
Für Verfahren B nach DIN EN 13829 existiert bisher keine Liste mit den Maßnahmen zu den oben aufgeführten Punkten. Die Autoren haben die<br />
Maßnahmen für das Verfahren B sinngemäß nach dem Text der DIN EN 13829 benannt: „Alle einstellbaren Öffnungen werden geschlossen, <strong>und</strong> alle<br />
weiteren absichtlich vorhandenen Öffnungen müssen abgedichtet werden“ [5].<br />
2)<br />
Nach der Auslegung der Fachkommission „Bautechnik“ [10] ist das Verfahren B für Messungen nach EnEV anzuwenden. Die Spalte Fachkommission<br />
„Bautechnik“ baut deswegen auf der Spalte Verfahren B auf. Es ist allerdings nicht sichergestellt, dass die Fachkommission „Bautechnik“ der<br />
Bau ministerkonferenz jeden Punkt in gleicher Art <strong>und</strong> Weise interpretiert. Zumindest für die Punkte 13, 18 <strong>und</strong> 22a werden in der Auslegung der<br />
Fachkommission „Bautechnik“ [10] zur Spalte Verfahren B abweichende Maßnahmen genannt.<br />
3)<br />
Das Öffnen oder Schließen von Luken/Klappen zu Abseiten <strong>und</strong> Spitzböden wird im „Beiblatt zur DIN EN 13829“ des FLiB [8] differenzierter betrachtet.<br />
Das Innenvolumen berechnet sich nach DIN EN 13829 [5], „indem die Nettogr<strong>und</strong>fläche … mit der mittleren lichten Raumhöhe multipliziert<br />
wird“. In der neuen Fassung der DIN 277 Teil 1 aus dem Jahr 2005 ist für die Zuordnung zur Netto-Gr<strong>und</strong>fläche das Kriterium der Begehbarkeit nicht<br />
mehr relevant, welches aufgr<strong>und</strong> der alten Fassung der DIN 277 Teil 1 aus dem Jahr 1987 im „Beiblatt zur DIN EN 13829“ des FLiB [8] noch zur Anwendung<br />
kommt. Je nach Zuordnung zur Netto-Gr<strong>und</strong>fläche ergibt sich die entsprechende Maßnahme.<br />
4)<br />
In der Checkliste im „Beiblatt zur DIN EN 13829“ des FLiB [8] werden zusätzlich bei „Kachelofen/Einbauofen/Beistellherd od. Ähnl.“ sowie bei<br />
„offener Kamin“ folgende Maßnahmen benannt: „außer Betrieb, Asche raus, Zuluft schließen“.<br />
5)<br />
Der Punkt 22c ist ursprünglich in der Checkliste im „Beiblatt zur DIN EN 13829“ des FLiB [8] nicht enthalten. Im Textteil wird allerdings unter<br />
Punkt 5.2.3 darauf eingegangen, weshalb dieser Punkt in der hier aufgeführten Liste enthalten ist.<br />
6)<br />
Die Checkliste im „Beiblatt zur DIN EN 13829“ des FLiB [8] enthält keine vergleichbare Differenzierung. In ihr wird nur auf „Zuluftelemente<br />
(mech. Abluftanlage)“ hingewiesen.<br />
7)<br />
„Spaltlüftungsbeschläge an Fenstern/Dachflächenfenster“ der Checkliste im „Beiblatt zur DIN EN 13829“ des FLiB [8] werden dem Punkt 23c<br />
zugeordnet.<br />
32<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
= Die Gleichheitszeichen sind zeilenweise zu verstehen. Es gilt jeweils die gleiche Maßnahme, wie in der<br />
ersten Spalte angegeben.<br />
Die Gleichheitszeichen sind zeilenweise zu verstehen. Es gilt jeweils die gleiche Maßnahme, wie in der<br />
ersten Spalte angegeben.<br />
nach [11] „zu“ Öffnung wird mit den vorhandenen Einrichtungen geschlossen.<br />
abdichten<br />
Hinweise<br />
Öffnung wird mit provisorischen Mitteln (z. B. Klebebänder, Folien, Gummiblasen, etc.) mit dem Ziel<br />
verschlossen, einen absolut dichten Zustand herzustellen.<br />
Falls Geräte/Einbauten fehlen, dann dürfen provisorische Abdichtungen vorgenommen werden. Das<br />
Messteam muss in diesem Fall die Abweichungen vom „Nutzungszustand“ im Prüfbericht genau<br />
dokumentieren.<br />
Abluft-Herdhauben <strong>und</strong> Einzelventilatoren haben in der Abluftöffnung häufig drehbare Klappen, die<br />
sich bei Betrieb des Ventilators durch den Luftstrom öffnen. In solchen Fällen sind für Unter- <strong>und</strong> Überdruckmessung<br />
unterschiedliche Ergebnisse zu erwarten.<br />
Je nach Lage der Abdichtung bei Zu- <strong>und</strong> Abluftanlagen können Undichtigkeiten im Rohrleitungssystem<br />
in das Messergebnis einfließen.<br />
Tab. 3: Checklisten-Vergleich<br />
Erläuterungen zu den Checklisten:<br />
Der Vergleich der Listen orientiert sich an der Struktur <strong>und</strong> den Maßnahmen<br />
der „Checkliste für EnEV-Schlussmessung“ von K. Vogel <strong>und</strong> M. Renn [11].<br />
Diese Liste wurde wiederum auf Gr<strong>und</strong>lage der „Checkliste für Abnahmemessung<br />
Verfahren A“ des „Beiblatt zur DIN EN 13829“ [8] vom Fachverband<br />
Luftdichtheit im Bauwesen erarbeitet, wobei einzelne Punkte zusammengefasst,<br />
die Reihenfolge der Punkte neu strukturiert <strong>und</strong> die Maßnahmen bei<br />
lüftungstechnischen Einrichtungen ausgeweitet wurden. Explizite Hinweise<br />
in der „Checkliste für Abnahmemessung Verfahren A“ zu Schranktüren (keine<br />
Maßnahmen) <strong>und</strong> fehlenden Fenstergriffen (abdichten, Vermerk in Protokoll)<br />
sind in der „Checkliste für EnEV-Schlussmessung“ nicht mehr enthalten. Einen<br />
wesentlichen Unterschied zwischen diesen beiden Checklisten gibt es bei<br />
dem Punkt der Außenwand-Luftdurchlässe (ALD). Nach „Checkliste für EnEV-<br />
Schlussmessung“ werden diese abgedichtet, nach „Checkliste Abnahmemessung<br />
Verfahren A“ werden sie lediglich geschlossen.<br />
Checkliste.<br />
Es besteht die Notwendigkeit an einer detaillierten <strong>und</strong> zweifelsfrei nachvollziehbaren<br />
Checkliste zur Gebäudepräparation für Nachweismessungen im<br />
Sinne der Energieeinsparverordnung. Nur dadurch wird es möglich,<br />
G4.3<br />
vergleichbare Messungen durchzuführen,<br />
den am Bauprozess beteiligten Personen Sicherheit zu geben <strong>und</strong><br />
die Energieeinsparverordnung einheitlich anzuwenden.<br />
In Tabelle 3 wird eine Reihe von Punkten aufgeführt, die verfahrensabhängig<br />
in der täglichen Messpraxis einer einheitlichen Regelung bedürfen. Der darin<br />
angestellte Vergleich unterschiedlicher Listen orientiert sich an der Struktur<br />
<strong>und</strong> den Maßnahmen der „Checkliste für EnEV-Schlussmessung“ von K. Vogel<br />
<strong>und</strong> M. Renn [11]. Diese Liste wurde wiederum auf Gr<strong>und</strong>lage der „Checkliste<br />
für Abnahmemessung Verfahren A“ des „Beiblatts zur DIN EN 13829“ [8] vom<br />
Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen erarbeitet, wobei einzelne Punkte<br />
zusammengefasst, die Reihenfolge der Punkte neu strukturiert <strong>und</strong> die Maßnahmen<br />
bei lüftungstechnischen Einrichtungen ausgeweitet wurden. Die<br />
Autoren haben sinngemäß nach dem Text der DIN EN 13829 Maßnahmen zu<br />
den verschiedenen Punkten für das Verfahren B abgeleitet. Diese werden auch<br />
in der Checkliste Fachkommission „Bautechnik“ aufgeführt, sofern hiervon<br />
keine abweichenden Maßnahmen genannt sind [10]. Es ist allerdings nicht<br />
gesichert, dass die Fachkommission „Bautechnik“ der Bauministerkonferenz<br />
jeden Punkt in gleicher Art <strong>und</strong> Weise interpretiert. Diese Tabelle 3 kann eine<br />
Gr<strong>und</strong>lage für die Arbeit der anfangs geschilderten „branchenübergreifenden<br />
Arbeitsgruppe“ sein.<br />
33
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
Literaturverzeichnis.<br />
[1] Solcher, O. (2012): Gebäudepräparation bei Gebäuden mit Lüftungsanlagen<br />
– Bericht über den FLiB-Workshop Auswirkungen der Gebäudepräparation in<br />
der DIN V 18599. Vortrag anlässlich des 7th International BUILDAIR-Symposium<br />
am 11./12. Mai 2012 in Stuttgart.<br />
[2] Energieeinsparverordnung – EnEV (2001): Verordnung über energiesparenden<br />
Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden.<br />
B<strong>und</strong>esgesetzblatt Teil I Nr. 59.<br />
[3] Energieeinsparverordnung – EnEV (2007): Verordnung über energiesparenden<br />
Wärmeschutz <strong>und</strong> energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden.<br />
B<strong>und</strong>esgesetzblatt Teil I Nr. 34.<br />
[4] Energieeinsparverordnung – EnEV (2009): Verordnung zur Änderung der<br />
Energieeinsparverordnung. B<strong>und</strong>esgesetzblatt Teil I Nr. 23.<br />
[5] DIN EN 13829 (2001): Wärmetechnisches Verhalten von Gebäuden. Bestimmung<br />
der Luftdurchlässigkeit von Gebäuden. Differenzdruckverfahren (ISO<br />
9972: 1996, modifiziert), Deutsche Fassung EN 13829: 2000.<br />
[6] DIN 4108-7 (2001): Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden.<br />
Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie -beispiele.<br />
[7] DIN 4108-7 (2011): Wärmeschutz <strong>und</strong> Energie-Einsparung in Gebäuden.<br />
Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- <strong>und</strong> Ausführungsempfehlungen<br />
sowie -beispiele.<br />
[8] FLiB (2002): Beiblatt zur DIN EN 13829. Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen<br />
e. V. (FLiB), Kassel.<br />
[9] Deutsches Institut für Bautechnik (Hrsg., 2004): Auslegung zu § 5 i. V. m.<br />
Anhang 4 Nr. 2 (Luftdichtheitsprüfung) der Fachkommission Bautechnik der<br />
Bauministerkonferenz, 9. März 2004.<br />
G4.3<br />
[10] Deutsches Institut für Bautechnik (Hrsg., 2009): Auslegung zu § 6 i. V. m.<br />
Anlage 4 Nr. 1 (Luftdichtheit) <strong>und</strong> Auslegung zu § 6 i. V. m. Anlage 4 Nr. 2 (Luftdichtheitsprüfung)<br />
EnEV 2009 der Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz,<br />
9. Dezember 2009.<br />
[11] Vogel, K./Renn, M. (2005): Überprüfung der Luftdichtheit. Fachverband<br />
Luftdichtheit im Bauwesen e. V. stellt neue Checkliste vor. AIRTec 3, 13 – 16.<br />
Dieser Textbeitrag wird mit der Unterstützung des FLiB, Fachverband Luftdichtheit<br />
im Bauwesen, veröffentlicht.<br />
Im neu veröffentlichten Buch zur Gebäude-Luftdichtheit des FLiB finden Sie<br />
diesen Beitrag sowie weiterführende <strong>und</strong> vertiefende Literatur zum Thema<br />
Luftdichtheit. Aktuelle Informationen stehen unter ƒ www.flib.de bereit.<br />
34<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G<br />
www.flib.de<br />
b u c h / b a n d 1<br />
F a c h v e r b a n d L u f t d i c h t h e i t i m B a u w e s e n e . V.<br />
Band 1<br />
n Gebäude-Luftdichtheit<br />
Überreicht durch:<br />
ISBN 978-3-00-039398-3<br />
Preis: 17,50 Euro<br />
n Gebäude-Luftdichtheit Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen e. V.<br />
Band 1<br />
Gründe für eine Luftdichtheit der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
Anforderungen im Wandel – Luftdichtheit damals <strong>und</strong> heute<br />
Messung der Luftdurchlässigkeit der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
Kleben - Materialien <strong>und</strong> Verarbeitung<br />
Lüftung in luftdichten (Wohn-)Gebäuden<br />
Die Luftdichtheit der <strong>Gebäudehülle</strong> im öffentlichen <strong>und</strong> privaten Baurecht<br />
Der Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen<br />
e. V. setzt sich seit seiner Gründung im Jahr 2000<br />
für eine definierte Luftdichtheit der <strong>Gebäudehülle</strong><br />
ein. Er bringt sein gebündeltes Wissen in<br />
Gesetzgebungs- <strong>und</strong> Normungsverfahren ein<br />
<strong>und</strong> gibt es über Vorträge, Zertifizierungen <strong>und</strong><br />
Schulungsmaßnahmen sowie Veröffentlichungen<br />
an die allgemeine <strong>und</strong> Fachöffentlichkeit weiter.<br />
Aktuelle Informationen zur Arbeit des FLiB <strong>und</strong> die<br />
Bestellmöglichkeit für das Handbuch finden Sie<br />
unter www.flib.de<br />
G4.3<br />
35
G<br />
Messen <strong>und</strong> Prüfen<br />
G1.4<br />
36<br />
<strong>dena</strong>-Planungsordner. <strong>Gebäudehülle</strong>. Luftdichtheit.
Glossar <strong>Gebäudehülle</strong>.<br />
G<br />
Glossar <strong>Gebäudehülle</strong>.
Produktbeileger.<br />
G<br />
Produktbeileger.<br />
Die hier veröffentlichten Produktbeileger wurden mit fre<strong>und</strong>licher Unterstützung unserer Projektpartner<br />
entwickelt <strong>und</strong> zur Verfügung gestellt.