Mikrobiologie - Trillium
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RUBRIKTITEL<br />
Die Insel der Glückseligen?<br />
von Georg Hoffmann und Gabriele Egert<br />
Wir befinden uns im Jahr 2013. Ganz<br />
Mitteleuropa ist von MRSA befallen...<br />
Ganz Mitteleuropa? Nein! Ein kleiner,<br />
von unbeugsamen Niederländern bevölkerter<br />
Staat hört nicht auf, dem Eindringling<br />
Widerstand zu leisten.<br />
MRSA-Screening und -Isolation im Ländervergleich<br />
Prävention lohnt sich<br />
Bildquelle: kma<br />
Bildquelle: Wikipedia & Anja Bach<br />
Dank Screening und Prävention ist die MRSA-Prävalenz in den<br />
Niederlanden viel geringer als in Deutschland. Wir können von<br />
den Nachbarn einiges lernen, aber wegen unterschiedlicher<br />
Voraussetzungen lassen sich nicht alle Maßnahmen kopieren.<br />
So könnte unser MRSA-Bericht im<br />
Asterix stil beginnen, wenn die Geschichte<br />
nicht so ernst wäre: Auf einer kleinen<br />
Insel der Glück seligen liegt die Prävalenz<br />
tödlicher MRSA-Keime unter 2 Prozent<br />
(grün), umgeben von einem hell- bis dunkelroten<br />
Meer mit Prävalenzen von 10 bis<br />
25 bzw. sogar 25 bis 50 Prozent. Woher<br />
kommt diese Diskrepanz?<br />
Darauf gibt es zwei Antworten: Unsere<br />
Nachbarn haben seit Langem Standards<br />
für Screening und Prävention etabliert, die<br />
bei uns nur zögernd Fuß fassen. Und die<br />
Niederländer propagieren seit den 1980er-<br />
Jahren, als MRSA erstmals auftauchte,<br />
den sparsamen und verantwortungsvollen<br />
Umgang mit Antibio tika. Andere europäische<br />
Staaten, darunter auch Deutschland,<br />
zogen erst viel später unter dem Schlagwort<br />
Antibiotic Stewardship (ABS) nach.<br />
Studien belegen ein Nord-Süd -Gefälle<br />
beim Einsatz von Breitbandantibio tika<br />
in Europa, das sich in der MRSA-Prävalenz<br />
ganz deutlich widerspiegelt: Sie<br />
ist in Skandinavien, Dänemark und den<br />
Niederlanden viel geringer als bei uns, in<br />
Griechenland, Italien, Spanien und Portugal<br />
dagegen weit höher. „Glückseligkeit“<br />
als Folge von Verantwortung? Es lohnt,<br />
darüber nachzudenken.<br />
Staphylococcus aureus ist als klassischer<br />
Erreger bei nosokomialen Infektionen<br />
schon lange bekannt. Für die Behandlung<br />
von S. aureus Infektionen besonders kritisch<br />
ist eine Resistenz gegen die normalerweise<br />
verwendeten β-Lactam-Antibiotika,<br />
wie sie bei MRSA (=Methicillin-resistenter<br />
S. aureus) vorliegt.<br />
In Deutschland sind etwa 16 bis 20 Prozent<br />
aller S. aureus-Isolate aus klinischen<br />
Untersuchungsmateria lien MRSA, in den<br />
Niederlanden und den skandinavischen<br />
Ländern dagegen weniger als zwei Prozent<br />
(Stand 2011). Im Gegensatz zu Infektionen<br />
mit β-Lactam empfindlichen S. aureus führen<br />
Fälle mit MRSA regelmäßig zu einem<br />
schwereren Infektionsverlauf, verlängerter<br />
Krankenhausliegedauer und beachtlichen<br />
Mehrkosten (www.mrsa-net.nl/de/).<br />
Wo aber liegen die Unterschiede zwischen<br />
Deutschland und den Niederlanden<br />
hinsichtlich der für die MRSA-Kontrolle<br />
wichtigen Elemente Screening, Suche<br />
nach asymptomatischen MRSA-Trägern<br />
und Isolation?<br />
In den Niederlanden teilt man – gemäß<br />
den Empfehlungen der Werkgroep Infectie<br />
Preventie (WIP) – Patienten bei der Krankenhausaufnahme<br />
in MRSA-Risikoklassen<br />
ein (siehe Tabelle 1). Für Risiko patienten<br />
wird immer ein Screening durchgeführt,<br />
für solche in Kategorie 1 und 2 (sehr hohes<br />
und hohes Risiko) sind bis zum sicheren<br />
Ausschluss von MRSA zusätzlich weitere,<br />
über die „Standard hygiene“ hinausgehende<br />
Maßnahmen erforderlich (s. u.).<br />
Unterschiedliche Definitionen<br />
Bei Kategorie 1 müssen mindestens<br />
drei Abstrichserien im wöchentlichen<br />
Abstand entnommen und kulturell untersucht<br />
werden. Erst wenn diese alle negativ<br />
sind, wird die Isolation aufgehoben.<br />
Bei Kategorie 2 reicht hierfür ein einmalig<br />
negatives Screening, das in vielen<br />
Krankenhäusern auch mittels Schnelltest<br />
durchgeführt wird.<br />
Die Empfehlungen der deutschen Kommission<br />
für Krankenhaushygiene und<br />
Infektionsprävention am Robert-Koch-<br />
Institut (KRINKO) unterscheiden sich<br />
davon hinsichtlich der Definition von<br />
MRSA-Risikopatienten, und eine prophylaktische<br />
Einzelzimmerunterbringung bis<br />
zum Vorliegen der Screeningergebnisse<br />
wird nicht für alle Risikopatienten empfohlen<br />
(siehe Tabelle 2).<br />
Aufgrund der seit Jahrzehnten geringen<br />
Prävalenz von MRSA kann das Screening<br />
in den Niederlanden auf wenige Patienten<br />
74<br />
trilliumdiagnostik 2013 11(2):74