Regionales Geld - Kennedy Bibliothek
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Stilist bestimmtes G<br />
Wie Banken regionale Währungen unterstützen<br />
könnem das Beispiel der GLS Gei<br />
VON FALK ZIENTZ, BERLIN<br />
Unternehmen kommen heutzutage immer<br />
schlechter an Bankfinanzierungen, und Spar<br />
einlagen bleiben immer weniger in den länd<br />
lichen Regionen, um dort als Kredite ausgereicht zu<br />
werden. Das liegt u.a. daran, dass die Banken mög<br />
lichst alle Abläufe standardisieren und automatisieren<br />
müssen. Eigentlich aber hat Finanzierung sehrviel mit<br />
Vertrauen zu tun - und die gewachsenen Strukturen<br />
einer Region wären eine sehr gute Grundlage für ein<br />
solches Vertrauen. Wenn man sich kennt und sozial ein<br />
gebunden ist, dann wird manche Finanzierung möglich,<br />
die anonym vom grünenTisch aus so nicht entschieden<br />
werden könnte. Nach diesem Prinzip funktionieren<br />
verschiedene Kreditgenossenschaften in Südamerika<br />
oder auch die Grameen-Banken in Bangladesh - aber<br />
auch zunehmend Einrichtungen in Europa.<br />
Die GLS Gemeinschaftsbank eG und die Gemein-<br />
nützigeTreuhandstelle e.V. (GTS) entwickeln schon seit<br />
Jahren innovative Finanzierungsinstrumente, insbe<br />
sondere mit folgenden Aufgabenstellungen:<br />
• Verbindungen zu schaffen zwischen dem gewerbli<br />
chen und dem gemeinnützigen Bereich<br />
• Förderung von Bürgerengagement für gesellschaft<br />
liche Aufgabenstellungen<br />
• Schaffung von Transparenz hinsichtlich der Verwen<br />
dung von Bankeinlagen<br />
• Mithilfe beim Aufbau von selbst verwalteten ban<br />
kähnlichen Einrichtungen.<br />
Aufbauhilfe für<br />
Regionalwährungen<br />
Im Zusammenspiel solcher Einrichtungen können<br />
Regionalwährungen wie etwa der „Chiemgauer" in<br />
Oberbayern eine wesentliche und verbindende Rolle<br />
spielen. Dass eine Regionalwährung mehr als ein blo<br />
ßes Gutschein-System ist,war auch den Initiatoren der<br />
Chiemgauer-Währung von Anfang an klar. Wenn eine<br />
Komplementärwährung „tragfähig" sein soll, dann<br />
bedarf die Region einer bankähnlichen Einrichtung,<br />
die über verschiedenste Instrumente verfügt. Dazu<br />
gehört beispielsweise auch die Möglichkeit der Kre<br />
ditvergabe: wie in den ursprünglichen Kreditgenossen<br />
schaften werden manche Finanzierungen erst dadurch<br />
möglich, dass sich die Beteiligten untereinander ken<br />
nen und sich gegenseitig unterstützen.<br />
Insofern liegt es nahe, dass GLS und GTS die im letz<br />
ten Jahrentstandenen Regio-Initiativen mitbegleiten.<br />
Konkret geschieht dies derzeit folgendermaßen:<br />
• Unterstützung des bundesweiten Regio-Netzwer-<br />
kes, beispielsweise beim Aufbau von www.regionetz-<br />
werk.org<br />
• Unterstützung von regionalen Initiativen (insoweit<br />
sie Netzwerk-Mitglied sind) beispielsweise in der Ent<br />
wicklung von Regio-Kreditfonds<br />
• Mitarbeit an der Entwicklung eines zinslosen Bank<br />
modells (z.B. JAK-Bank)<br />
Eine weitere Entwicklungsaufgabe ist die bessere<br />
Handhabbarkeit der Regionalwährung dadurch, dass<br />
auch bargeldlos gezahlt werden kann. In diesem Zu<br />
sammenhang stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist,<br />
Bankkonten für Regionalwährungen einzurichten und<br />
- ähnlich der WIR-Bank in der Schweiz - verschiedene<br />
Bankdienstleistungen auch in Chiemgauern anzubie<br />
ten. Für die Regio-Initiativen ist es wichtig, zu diesen<br />
Fragen eine Bank als Entwicklungspartner zu haben.<br />
Vertrauen schaffen<br />
Wie eingangs dargestellt, kann ein regionales Bankwe<br />
sen Instrumente ausbilden, durch die Vertrauen entste<br />
hen und für Finanzierungen nutzbar gemacht werden<br />
kann. Ein Beispiel ist das „Steplending": Es handelt<br />
sich um Unternehmensfinanzierungen, die mit sehr<br />
kleinen Krediten beginnen und durch die Kleinstunter<br />
nehmen schrittweise ihre Kreditfähigkeit mit der Bank<br />
erarbeiten können.<br />
Oder auch die „Bürgengemeinschaften" der GLS:<br />
Wenn eine Gruppe von Menschen durch kleine Bürg<br />
schaftsbeträge für ein gemeinnütziges Projekt mit in<br />
die finanzielle Verantwortung geht, dann ist das für<br />
die Bank ein wesentlicher Beweis für die Solidität und<br />
Nachhaltigkeit dieses Vorhabens.<br />
Oder der Solidarfonds: Verbundene Unternehmen<br />
geben sich untereinander Liguiditätshilfen oder stel<br />
len sich sogar Risikokapital zur Verfügung, auf der<br />
Grundlage, dass sie in ihre Geschäftsverhältnisse ei<br />
nen besseren Einblick haben kann, als die Banken.<br />
Ein weiterer Effekt ist, dass in solchen Zusammen<br />
hängen Zinsverzichte verhandelbar sind, viel besser<br />
als bei anonymen <strong>Geld</strong>anlagen. Im Zusammenspiel<br />
solcher Einrichtungen werden Regionalwährungen<br />
(wie der Chiemgauer) eine wesentliche, verbindende<br />
Rolle spielen.<br />
Das <strong>Geld</strong> kann so zum Gestaltungsmittel der Bürge<br />
rinnen und Bürgerwerden. Es sind nicht mehr nur „der<br />
Staat" oder „der Markt", die diesen lebenswichtigen Be<br />
reich bestimmen: Vielmehr können alle, die dies wollen,<br />
bewusste Entscheidungen treffen: beispielsweise dass<br />
sie einen bestimmten Anteil ihres <strong>Geld</strong>es in der Region<br />
ausgeben wollen, dass dieses <strong>Geld</strong> einer Negativ-Ver<br />
zinsung (Umlaufsicherung) unterliegen soll, dass ein<br />
bestimmter Anteil einer gemeinnützigen Initiative zu<br />
kommt, usw. Und wunderbarer Weise ist an Beispielen<br />
wie der WIR-Bank in der Schweiz zu sehen, wie solche<br />
Systeme einen wesentlichen Beitrag zur Währungs<br />
stabilität leisten können. Darin liegt also Zukunft.©<br />
Der Autor ist Mitarbeiter der GLS Gemeinschaftsbank<br />
eG im Bereich Mikrofinanz<br />
FRÜHJAHR 2004 • ZUKUNFTE 46