Sakralisation - Engelhardt Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie
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PDF 01770<br />
<strong>Engelhardt</strong> (Hrsg.)<br />
<strong>Lexikon</strong> Orthopädie <strong>und</strong> <strong>Unfallchirurgie</strong><br />
<strong>Sakralisation</strong><br />
Synonyme<br />
Lumbosakrale Übergangsstörung; Assimilationsstörung<br />
Englischer Begriff<br />
Sacralization<br />
Definition<br />
Anlagebedingte Segmentationsstörung, wobei der fünfte Lendenwirbelkörper teilweise (asymmetrisch,<br />
Hemisakralisation) oder komplett (symmetrisch) knöchern mit dem Kreuzbein verb<strong>und</strong>en ist.<br />
Vorkommen<br />
Die <strong>Sakralisation</strong> betrifft den Kreuz-Lenden-Übergang. Die Häufigkeit der Assimilationsstörung wird für<br />
verschiedene Bevölkerungsgruppen unterschiedlich angegeben <strong>und</strong> liegt bei 6–16 %. Eine Koinzidenz zur<br />
Ausbildung von Halsrippen ist beschrieben. Weiterhin gilt der sakralisierte fünfte Lendenwirbelkörper als<br />
Prädisposition für eine Bandscheibenprotrusion des darüber liegenden Bewegungssegments.<br />
Diagnostik<br />
Klinisch kann eine <strong>Sakralisation</strong> asymptomatisch sein <strong>und</strong> nur als Zufallsbef<strong>und</strong> diagnostiziert werden. Dies ist<br />
meist bei den symmetrischen <strong>Sakralisation</strong>en der Fall. Asymmetrische Assimilationsstörungen führen mitunter<br />
durch die Ausbildung eines breiten Querfortsatzes, der mit dem Sakrum in Form einer schmerzhaften<br />
Nearthrose artikulieren kann. Selten ist auch die Ausbildung einer kurzbogigen Skoliose möglich. Bei der<br />
klinischen Untersuchung kann deshalb die Skoliose durch Ausbildung eines konvexseitigen Lendenwulstes sowie<br />
einer Bewegungsstörung imponieren. Durch die strukturelle Veränderung des Foramen intervertebrale sind<br />
hierbei ischialgieforme Beschwerden mit radikulären Defiziten möglich (Bertolotti-Syndrom). In diesem Fall sind<br />
segmentale Empfindungsstörungen, eine Schwäche der Kennmuskulatur (M. triceps surae) sowie<br />
Nervendehnungsschmerzen (Lasègue-Zeichen) auslösbar.<br />
Röntgenologisch kann der fünfte Lendenwirbelkörper bei Vorliegen einer symmetrischen <strong>Sakralisation</strong><br />
vollständig in das Kreuzbein integriert <strong>und</strong> so konfiguriert sein, dass er zunächst nicht als Lendenwirbelkörper<br />
zu erkennen ist. Hinweisend können vier freie Lendenwirbelkörper sein. Da die <strong>Sakralisation</strong> auch mit einer<br />
Übergangsstörung im thorakolumbalen Wirbelsäulenabschnitt kombiniert sein kann, empfiehlt es sich, die<br />
Wirbelkörper ab dem zervikothorakalen Übergang nach kaudal zu zählen, um Gewissheit über die Anzahl der<br />
Wirbelkörper zu haben.<br />
Differenzialdiagnose<br />
Bandscheibenprotrusion der unteren Lendenwirbelsäule bzw. des lumbosakralen Übergangs, Irritationen der<br />
Keuz-Darmbein-Gelenke, Facettensyndrom, Instabilität der kaudalen Bewegungssegmente der<br />
Lendenwirbelsäule, Spondylolisthesis, Pseudospondylolisthesis, tendoligamentäre Überlastungsreaktionen,<br />
Erkrankungen von Uterus <strong>und</strong> Ovarien, Erkrankungen von Niere <strong>und</strong> ableitenden Harnwegen, Erkrankungen des<br />
Dickdarms, Tumoren, Metastasen, entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparats.<br />
Therapie<br />
Eine therapeutische Konsequenz ergibt sich nur aus symptomatischen <strong>Sakralisation</strong>en.<br />
Akuttherapie<br />
Analagetika<br />
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PDF 01770<br />
Konservative/symptomatische Therapie<br />
Als invasive Maßnahmen zur Schmerzlinderung kommen Triggerpunktinfiltrationen oder Nervenwurzelblockaden<br />
in Frage. Parallel dazu sollten physikalische Maßnahmen (Hochvolttherapie, TENS, Kälte- oder<br />
Wärmeapplikation) durchgeführt werden. Akupunktur <strong>und</strong> psychotherapeutische Betreuung sind als supportive<br />
Maßnahmen möglich.<br />
Medikamentöse Therapie<br />
Analgetika, Antiphlogistika, Myotonolytika.<br />
Operative Therapie<br />
Lässt sich die Schmerzsymptomatik bei einer asymmetrischen <strong>Sakralisation</strong> auf eine Nearthrosebildung<br />
zwischen dem verbreiterten Querfortsatz <strong>und</strong> dem Os sacrum zurückführen, kann hier eine partielle Resektion<br />
des Querfortsatzes erfolgen. Steht die kurzbogige Skoliose mit Ausbildung radikulärer Defizite im Vordergr<strong>und</strong>,<br />
kann eine Erweiterung des Foramen intervertebrale zur Dekompression der Nervenwurzel in Kombination mit<br />
einer Stellungskorrektur <strong>und</strong> Fusion der Wirbelkörper (fünfter Lendenwirbelkörper <strong>und</strong> Kreuzbein) erfolgen.<br />
Dauertherapie<br />
Konservative Behandlungsstrategien, die zur Beschwerdelinderung bei Hemisakralisation durchgeführt werden,<br />
sind als Dauertherapie bei dem chronisch-rezidivierenden Charakter der Erkrankung zu verstehen. Nach der<br />
seltenen operativen Intervention ist keine Dauertherapie erforderlich.<br />
Bewertung<br />
Kommt es durch die asymmetrische <strong>Sakralisation</strong> zur Ausbildung einer schmerzhaften Nearthrose, ist von einem<br />
chronisch-rezidivierenden Leiden mit häufigem Therapiebedarf auszugehen. Ist eine operative Korrektur<br />
(Spondylodese) bei Vorliegen einer kurzbogigen Skoliose erforderlich, kommt es postoperativ häufig zur<br />
Ausbildung von schmerzhaften Irritationen der Kreuz-Darmbein-Gelenke.<br />
Nachsorge<br />
Nach operativen Maßnahmen (Spondylodese) ist bis zum Eintreten der knöchernen Ausheilung eine regelmäßige<br />
klinische <strong>und</strong> röntgenologische Kontrolle erforderlich.<br />
Autor<br />
Renée Fuhrmann<br />
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