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TRAINING<br />
MULTI-<br />
TASKING<br />
EIN BABY ZUHAUSE, 70 STUNDEN AUF DER ARBEIT, STÄNDIGE PARTYS<br />
UND DANN NOCH TRIATHLONTRAINING. ES IST TATSÄCHLICH MÖGLICH ...<br />
NAME GORDON SMART ALTER 33 WOHNORT KINROSS, SCHOTTLAND<br />
BERUF REDAKTEUR, THE SCOTTISH SUN ERFOLGE ERSTER TRIATHLON IN<br />
2:39:24<br />
“<br />
Als ich an meinem ersten <strong>Triathlon</strong><br />
teilnahmen, war ich verantwortlich<br />
für die Kolumne „Bizarre“ [eine<br />
Klatschspalte] in der schottischen<br />
Boulevardzeitung „The Scottish Sun“. Um<br />
8:00 Uhr jeden Morgen prasselten die<br />
E-Mails auf mich ein, mit den neuesten<br />
Meldungen aus Amerika. An drei oder vier<br />
Abenden pro Woche war ich außerdem<br />
immer bis nach Mitternacht unterwegs. An<br />
den Wochenenden gab es dann noch die<br />
Festivals, oder ich musste zu Interviews ins<br />
Ausland. Ich arbeitete jede Woche<br />
mindestens 70 Stunden.<br />
Die Arbeit gefiel mir. Es war aber wirklich<br />
stressig. Bei der ‚Sun‘ erwarten sie immer<br />
vollen Einsatz. Je mehr du dich engagierst,<br />
umso höher ist schließlich die Chance, dass<br />
du an eine große Story herankommst.<br />
Auf die Idee zu einem ‚Sun‘-<strong>Triathlon</strong>team<br />
kamen wir, weil einige unserer Leute im<br />
Vorjahr einen <strong>Triathlon</strong> absolviert hatten. Ich<br />
kannte damals den britischen<br />
Fernsehmoderator Vernon Kay schon ein<br />
bisschen. Er hatte sich bereits mit dem<br />
Rennfahrer Jenson Button ein wenig über das<br />
Thema unterhalten. Deshalb schlug Vernon<br />
mir vor, mit einzusteigen. Er meinte nur: „Du<br />
bist der einzige Kerl, den ich kenne, der noch<br />
mehr Vollgas gibt als ich!“ Ich war dumm<br />
genug, einzuwilligen.<br />
Zu dem Zeitpunkt war meine Frau Kate<br />
hochschwanger. Es war ziemlich schwierig,<br />
viermal die Woche zum Training zu kommen,<br />
um 6:30 Uhr aufzustehen, während des<br />
Arbeitstags ins <strong>Fitness</strong>center zu rennen, am<br />
Wochenende lange Rad- und Lauftouren zu<br />
absolvieren und Runden im offenen<br />
Gewässer zu drehen. Mein Sohn Jimmy kam<br />
im Februar zur Welt. Anfangs fielen ziemlich<br />
viele Einheiten flach. Der kleine Kerl hielt uns<br />
nämlich die ganze Nacht über auf Trab, und<br />
nach gerade mal einer Stunde Schlaf musste<br />
ich schon wieder raus, ab auf die Arbeit. Es<br />
war schrecklich.<br />
Das Gute daran war, dass ich durch das<br />
ganze Training auf der Arbeit wirklich fit und<br />
konzentriert war. Doch dann waren da auch<br />
die Nächte, an denen ich einfach keinen Schlaf<br />
fand. Dazu noch meine Frau, die sich<br />
beschwerte, weil ich mehr Zeit mit dem<br />
Training als zuhause mit unserem Baby<br />
verbrachte. Mir selbst ging das auch ab. Ich<br />
hätte morgens lieber anderthalb Stunden mit<br />
unserem Sohn verbracht, als draußen im<br />
strömenden Regen.<br />
Anfangs war ich in den Trainingseinheiten<br />
ziemlich relaxt. Ich wollte einfach nur fitter<br />
werden. Ich trainierte mit einem Kerl namens<br />
James Daly. Auf der Arbeit hatte ich außerdem<br />
Zac Taylor als Partner, der<br />
Teil des Teams ist und als Trainer arbeitet.<br />
Er brachte uns wirklich in Form.<br />
Dann traf ich einen Mann namens Dermott<br />
Hayes von RG Active. Sein Geschäftspartner<br />
trainiert Jenson Button. Dermott war einfach<br />
fantastisch. Er machte mit uns VO2<br />
max-Tests, um uns einen kleinen Plan zu<br />
erstellen. Wir machten viele Brick-Einheiten<br />
und nahmen an Hobbyrennen teil. Er machte<br />
mich topfit. Zu den Spitzenzeiten trieb ich jede<br />
Woche über zehn Stunden Sport.<br />
Das wirkte sich durchaus auch auf meine<br />
Durch das Training fühlte ich mich auf der<br />
Arbeit einfach toll. Allerdings gab es da auch<br />
die schlaflosen Nächte. Ich verbrachte mehr<br />
Zeit mit dem Sport als mit unserem Baby.<br />
Arbeit aus. Komischerweise schaffte ich es<br />
nämlich sechs Monate lang, trotz der ganzen<br />
Party-Events relativ nüchtern zu bleiben. Ich<br />
kam früher nachhause und hatte am nächsten<br />
Tag auf der Arbeit keinen Kater. Ein ganz neues<br />
Lebensgefühl! Am Ende hatte ich trotzdem<br />
das ganze Training satt.<br />
Ich hatte die Nase voll davon, immer ganz<br />
früh aufzustehen und voll durchzustarten.<br />
Dazu standen große Events wie das<br />
legendäre schottische Musikfestival „T in the<br />
Park“ an, über die ich berichten musste.<br />
Darunter litt natürlich mein Training.<br />
Am Wettkampftag war ich nichtsdestotrotz<br />
tipptopp vorbereitet. Meine Leistung beim<br />
Schwimmen enttäuschte mich ein wenig. Ich<br />
hätte erwartet, es unter 25 Minuten zu<br />
schaffen, brauchte aber letztendlich 28. Dafür<br />
war ich beim Radfahren ziemlich gut. Ich kam<br />
nach 1:12 Stunden in die Wechselzone. Beim<br />
Laufen ging mir dann aber der Saft aus. Ich<br />
wollte eigentlich die Zweieinhalb-Stunden-<br />
Marke knacken. Glücklicherweise hatte ich mit<br />
Jenson fürs Rennen ein Handicap von einer<br />
halben Stunde ausgemacht. Ich wusste, dass<br />
ich es schon hatte. Also konnte ich einfach nur<br />
das Laufen genießen.<br />
Als ich über die Ziellinie lief, war ich schon<br />
erleichtert, dass alles vorbei war. Allerdings<br />
erholte ich mich auch recht schnell wieder von<br />
dem Rennen. Dadurch kam ich auf die Idee mit<br />
dem halben Ironman.<br />
Meine Frau arbeitet als Personal Trainer.<br />
Nach der Geburt unseres Babys war sie etwas<br />
raus aus dem Geschäft. Inzwischen trainiert<br />
sie aber wieder. Es hat sie wirklich gewurmt,<br />
dass sie nicht sechs Monate lang auf ein Event<br />
trainieren konnte wie ich. Inzwischen ist sie<br />
wieder im Training, während ich mich um<br />
Jimmy kümmere. Ich hatte ihr versprochen,<br />
dass sie sechs Monate gut bei mir hat. Aber<br />
muss das gerade jetzt sein ...?<br />
108 | AB ZUM TRIATHLON