Kinder haben ein Recht auf GEOMETRIE - WOLFsWEB
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<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong><br />
Ausgewählte Textfolien aus dem Vortrag <strong>auf</strong> der<br />
30. Mathematiktagung NWEDK am 4.9.2009<br />
weitere Unterlagen und links sind baldmöglichst<br />
zu finden unter:<br />
http://math-www.uni-paderborn.de/~hartmut/0909NWEDK/<br />
Was für uns banale Gewohnheiten sind,<br />
werden fundamentale Entdeckungen,<br />
wenn wir es bei Jüngeren, weniger Routinierten entstehen sehen -<br />
so etwas muss man gesehen und erlebt <strong>haben</strong>,<br />
damit es <strong>ein</strong>em recht <strong>auf</strong>falle;<br />
da genügt auch <strong>ein</strong> geschriebener und gedruckter Bericht nicht.<br />
Hans Freudenthal<br />
“Die Geometrie bildet in der Grundschule k<strong>ein</strong>en geschlossenen<br />
Lehrgang. Es geht weder um <strong>ein</strong>e Vorverlegung geometrischer Lerninhalte<br />
der Sekundarstufe in die Primarstufe noch um den Versuch, so genannte<br />
geometrische Grundgebilde (Punk, Gerade, Strecke, ...) begrifflich vorklären<br />
zu wollen.<br />
Vielmehr sollen Aktivitäten im Vordergrund stehen, die geeignet sind...“<br />
Lehrplan NRW 1973<br />
Geometrie ist <strong>ein</strong>e der großen Gelegenheiten, die<br />
Wirklichkeit mathematisieren zu lernen. Es ist <strong>ein</strong>e<br />
Gelegenheit, Entdeckungen zu machen...<br />
Gewiss, man kann auch das Zahlenreich erforschen, man kann<br />
auch rechnend denken lernen,<br />
aber Entdeckungen, die man mit Augen und Händen macht,<br />
sind überzeugender und überraschender.<br />
Die Figuren im Raum sind, bis man sie entbehren kann, <strong>ein</strong><br />
unersetzliches Hilfsmittel, die Forschung und Erfindung zu<br />
leiten<br />
Hans Freudenthal<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- vieles von dem <strong>auf</strong>greift und weiterentwickelt, was <strong>Kinder</strong> interessiert<br />
und was sie schon mitbringen.<br />
- Einsichten ermöglicht, die über die Geometrie hinausgehen.<br />
- hilft, die Welt mit anderen Augen zu sehen und sie messend zu erfassen.<br />
- Sprache besser verstehen und gebrauchen hilft.<br />
- die stärkste mathematische Disziplin <strong>ein</strong>es Kindes s<strong>ein</strong> kann.<br />
- räumliches Denken fordert und fördert.<br />
- <strong>ein</strong>en spielerischen, experimentellen Zugang zu fundamentalen Ideen<br />
- das Selbstvertrauen in die Kraft des eigenen Denkens stärken kann.<br />
der Geometrie ermöglicht.
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- notwendige Grundlagen für die spätere systematische Geometrie legt.<br />
1. Der Geometrie kommt <strong>ein</strong>e<br />
fundamentale Bedeutung für die<br />
generelle geistige Entwicklung zu<br />
Mitgebrachtes Aufgreifen<br />
räumliches Denken<br />
Sprache<br />
- vielerlei mathematische Tätigkeiten wie Erfinden, Erforschen und<br />
Begründen anregt und die Entwicklung mathematiktypischer<br />
Vorgehensweisen und Denkstrategien unterstützt.<br />
2. Die Geometrie leistet <strong>ein</strong>en<br />
bedeutenden Beitrag zur<br />
Umwelterschließung<br />
Welt mit anderen Augen sehen, sie<br />
messend erfassen<br />
- Mathematik ohne Geometrie k<strong>ein</strong>e Mathematik ist.<br />
3. Inhaltliche und allgem<strong>ein</strong>e Ziele<br />
des Mathematikunterrichts<br />
mathematiktypische<br />
Vorgehensweisen und<br />
Denkstrategien<br />
Grundl. für syst. Geometrie<br />
„Geometrie ist in doppelter Hinsicht <strong>ein</strong> Baby unter den Inhalten des<br />
Mathematikunterrichts in der Grundschule. Gegenüber den altehrwürdigen<br />
arithmetischen Themen ist sie erst <strong>ein</strong> paar Tage alt“<br />
aus: Radatz, H. und Schipper,W.: 1983, Handbuch für den Mathematikunterricht<br />
„Weltweit ist nahezu unverändert das Rechnen beherrschendes Thema des<br />
mathematischen Grundschulunterrichts, wiewohl gerade das r<strong>ein</strong>e Rechnen<br />
inzwischen schneller und zuverlässiger von Taschenrechnern erledigt werden<br />
kann. Was aber die Taschenrechner und Kl<strong>ein</strong>computer nicht können, räumlichgeometrisches<br />
Operieren mit verschiedensten Elementen nämlich, das<br />
vernachlässigt die Schule weitgehend.“<br />
aus: H. Bauersfeld: Grundschul-Stiefkind Geometrie. in: Die Grundschulzeitschrift. (62), S. 8-11, 1993<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- die stärkste mathematische Disziplin <strong>ein</strong>es Kindes s<strong>ein</strong> kann<br />
- das Selbstvertrauen in die Kraft des eigenen Denkens stärken kann<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- die stärkste mathematische Disziplin <strong>ein</strong>es Kindes s<strong>ein</strong> kann<br />
- das Selbstvertrauen in die Kraft des eigenen Denkens stärken kann<br />
„Hinzu kommen die Effekte <strong>ein</strong>es kompensatorischen oder differenzierenden<br />
Mathematikunterrichts: Oft <strong>haben</strong> Schüler mit Lernschwierigkeiten im Rechnen<br />
besondere Erfolgserlebnisse beim handelnden Lösen geometrischer Aufgaben“<br />
in: H.Radatz & K.Rickmeyer 1990; Handbuch für den Geometrieunterricht an Grundschulen S. 8<br />
„<strong>Kinder</strong> mit Schwierigkeiten im Bereich der Arithmetik können hier häufig zu<br />
besonderen, von der Lehrerin oder den Mitschülern unerwarteten<br />
Erfolgserlebnissen kommen, was ihr Selbstwertgefühl, auch vor der Klasse, steigern<br />
kann; derartige Erfolgserlebnisse und das damit verbundene Selbstbewussts<strong>ein</strong><br />
können wiederum zurückwirken auch <strong>auf</strong> jene Bereiche, in denen die <strong>Kinder</strong><br />
bislang als schwächer galten.“<br />
aus: G. Krauthausen & P. Scherer: Einführung in die Mathematikdidaktik 2001
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- vieles von dem <strong>auf</strong>greift und weiterentwickelt, was <strong>Kinder</strong> interessiert<br />
und was sie schon mitbringen<br />
Wie kann man es denn verantworten, Fähigkeiten des Kindes vier Jahre lang<br />
brach liegen zu lassen, die sich im Vorschulalter schon entwickelten? Das Kind hat<br />
gebaut, gelegt, experimentiert und <strong>auf</strong> diese Weise im Raum Erfahrungen<br />
gesammelt, die fortgesetzt werden müssen.<br />
(H. Besuden, 1973)<br />
- vieles von dem <strong>auf</strong>greift und weiterentwickelt, was <strong>Kinder</strong> interessiert<br />
und was sie schon mitbringen<br />
Beispiele aus der Arbeit mit Fünfjährigen<br />
PotzKlotz; Spiegel-Tangram; Mirakel<br />
„... da wurde mir klar, dass wir etwas versäumen, unwiderruflich verpassen, wenn<br />
wir <strong>Kinder</strong> im Grundschulalter nicht der Geometrie zuführen.“<br />
(H. Freudenthal, 1981)<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- hilft, die Welt mit anderen Augen zu sehen ...<br />
„Ein so <strong>ein</strong>gestelltes Auge sieht in s<strong>ein</strong>er Umwelt <strong>ein</strong>e<br />
herrliche Fülle von Verständigkeit, logischem Zusammenhang,<br />
von Zweckmäßigkeit, woran <strong>ein</strong> anderes achtlos vorübergeht,<br />
womit sich das ungeübte Auge als mit etwas ebenso Seiendem<br />
urteilslos abfindet.“<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- Einsichten ermöglicht, die über die Geometrie hinausgehen<br />
Es sch<strong>ein</strong>t bemerkenswert, dass der konventionelle Rechenunterricht<br />
ständig geometrische Gebilde zur Veranschaulichung von Zahlen und ihren<br />
Beziehungen heranzog - man denke an Rechenlatte, Hundertertafel,<br />
Bruchkreise usf. - und dabei diese Grundlagen als selbstverständlich<br />
voraussetzte, ohne sie vorweg zu erklären. (H. Bauersfeld, 1972)<br />
Kempinsky (Lebensvolle Raumlehre; 1931)<br />
„Die Figuren im Raum sind, bis man sie entbehren kann, <strong>ein</strong><br />
unersetzliches Hilfsmittel, die Forschung und Erfindung zu<br />
leiten“ (Freudenthal)<br />
Wieso kommt immer <strong>ein</strong>e gerade Zahl heraus, wenn<br />
ich zwei ungerade Zahlen addiere?<br />
<strong>Kinder</strong> <strong>haben</strong> <strong>ein</strong> <strong>Recht</strong> <strong>auf</strong> <strong>GEOMETRIE</strong>, weil <strong>GEOMETRIE</strong> ...<br />
- Sprache besser verstehen und gebrauchen hilft<br />
89 · 91 = 90 · 90 ?<br />
Proofs Without Words: Exercises in Visual Thinking, by Roger B. Nelson<br />
(Mathematical Association of. America, 1993)
H<strong>ein</strong>rich Winter: Geometrisches Vorspiel im Mathematikunterricht der<br />
Grundschule. Der Mathematikunterricht 1971, Heft 5, S. 40-66<br />
„Wer denkt, der geht geistige Wege, handelt im Raum, wirklich oder in<br />
der Vorstellung“<br />
„Die Sprache enthält die Bilder, die Gestalten, aber diesen<br />
Bildern ging und geht das Handeln voraus. Es ist daher<br />
vergebliche Mühe, Sinnverständnis allzu stzark von der<br />
Muttersprache her, die das Kind ja bereits als fertiges<br />
Gebäude kennenlernt, <strong>auf</strong>schließen zu wollen. Die Bilder der<br />
Sprache müssen durch eigenes Handeln zunächst <strong>ein</strong>mal im<br />
Unterricht wieder <strong>auf</strong>gebaut werden. Und hier liegt <strong>ein</strong>e der<br />
Haupt<strong>auf</strong>gaben <strong>ein</strong>er Geometrie in der Grundschule.“<br />
H<strong>ein</strong>rich Bauersfeld (1967):<br />
„Die Grundlegung und Vorbereitung geometrischen Denkens<br />
in der Grundschule“ in: Ruprecht, H. (Hrsg.): Erziehung zum<br />
produktiven Denken. Freiburg. Herder, S. 40-54<br />
„Für das 5. Schuljahr wird zumeist u.a. die „Behandlung von<br />
Würfel und Quadrat“ gefordert. Im Umgang mit konkreten<br />
Material sollen die <strong>Kinder</strong> dabei zu Aussagen geführt werden,<br />
wie: „Der Würfel hat 3 Ecken, 12 Kanten und 6 Flächen.“ Aber<br />
auch: Das Quadrat hat 4 gleiche Seiten und 4 rechte Winkel“;<br />
die beiden Diagonalen und die beiden Mittellinien sind<br />
Faltachsen“; „die Diagonalen (Mittellinien) halbieren sich<br />
gegenseitig und sind gleich lang“<br />
Wie kann das Kind den Begriff „Kante“ <strong>auf</strong>fassen, wenn es nicht zuvor<br />
ausgedehnte Erfahrungen mit Eckigem, Kantigen, Spitzem usw. erworben hat,<br />
die Qualitäten von je <strong>ein</strong>em bestimmten konkreten Gegenstand ablösen und<br />
übertragen, sie unterscheiden und sprachlich treffend beschreiben kann?<br />
Kann dies in den wenigen so genannte Einführungsstunden und am Würfel<br />
all<strong>ein</strong> zureichend gelingen? Zudem vertreten Wörter wie „Ecke“, „Kante“,<br />
„Seite“, „Mitte“, „Länge“ und „Fläche“ in der Umgangssprache je nach<br />
Sachzusammenhang sehr verschiedene Inhalte. ...“<br />
„ ... Ein Buch hat 300 „Seiten“; <strong>ein</strong>e Entscheidung kann zwei Seiten <strong>haben</strong>; <strong>ein</strong><br />
Haus hat <strong>ein</strong>e „Vorderseite“, <strong>ein</strong> Auto <strong>ein</strong>e „Unterseite“ – und nun besitzt<br />
<strong>ein</strong> Quadrat vier gleichlange(!) „Seiten“!“<br />
Er formuliert folgende Thesen:<br />
1.1 Die skizzierten Voraussetzungen „wachsen“ nicht, um dann wie<br />
selbstverständlich zur Verfügung zu stehen.<br />
1.2 Ihr Aufbau kann auch nicht zufälligen und damit unkontrollierten<br />
Lernprozessen des Kindes überlassen bleiben.<br />
1.3. Der im 5. Schuljahr beginnende systematische Geometrieunterricht ist an diese<br />
Voraussetzungen gebunden, kann sie jedoch nicht in der erforderlichen Breite<br />
schaffen.<br />
1.4. Eigenart und Grundlagencharakter der betreffenden Inhalte erfordern den<br />
zugehörigen Aufbau – Geometrische Propädeutik – in der Grundschule.<br />
vier Themenbereiche<br />
- Qualitätsbegriffe<br />
- Ordnungsbeziehungen<br />
- Formtypen<br />
- Symmetrie<br />
Schlussbemerkung