Yamanaka Tokiwa - Berlinale
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voller verblüffender Spezialtechniken. Es heißt, dass der japanische<br />
Animationsfilm internationales Ansehen genießt, weil er auf die Tradition<br />
der Bilderrollenmaler und ihre ausdrucksstarken Techniken zurückgeht.<br />
Jenseits der kleinen Welt der Aristokratie wurden Bilderrollen bald<br />
auch einem größeren Publikum bekannt. Sie entwickelten sich zu einer<br />
neuen Form der Unterhaltung – die Herstellung florierte. Allgemein<br />
wird behauptet, dass die interessanten und einzigartigen Merkmale<br />
der frühen ‘emakis’ über die Jahrhunderte hinweg verloren gegangen<br />
sind. Doch die Bilderrolle ‘<strong>Yamanaka</strong> <strong>Tokiwa</strong>’, die Anfang des<br />
siebzehnten Jahrhunderts hergestellt wurde, beweist das Gegenteil.<br />
(...) Verglichen mit den Bilderrollen des zwölften Jahrunderts ist<br />
‘<strong>Yamanaka</strong> <strong>Tokiwa</strong>’ viel vulgärer, einfacher und volkstümlicher. Auch<br />
die schwindelerregenden Farben und monotonen Wiederholungen innerhalb<br />
der langen Szenen lassen diese Bilderrolle im Vergleich mit<br />
den klassischen ‘emaki’ schlecht abschneiden. Doch die überragende<br />
Persönlichkeit und die darstellenden Fähigkeiten des Malers dieser<br />
Bilderrolle, Iwasa Matabei, gleichen diese Nachteile bei weitem aus.<br />
Der erste Teil der Rolle, der die Reise von Lady <strong>Tokiwa</strong> und ihrer<br />
Kammerfrau zu Ushiwaka-maru zeigt, beschreibt auf humorvolle Weise<br />
das überschwängliche Leben der damaligen Zeit. Iwasas einzigartiges<br />
Talent wird in den Szenen deutlich, die den Höhepunkt der Geschichte<br />
beschreiben: Lady <strong>Tokiwa</strong> wird von den verabscheuungswürdigen<br />
Räubern umgebracht. Ihre tragische Schönheit im Moment<br />
des Todes sucht in der japanischen Malerei ihresgleichen. Natürlich<br />
kann man die blutrünstigen Szenen, in denen Ushiwaka-maru seine<br />
Mutter rächt, als zu grausam kritisieren. Doch man darf nicht vergessen,<br />
dass wenige Jahrzehnte zuvor Blut und Schlachten noch selbstverständlich<br />
zum Leben in Japan gehörten. Insofern bedeutete die<br />
Szene, in der die Räuber für ihre Taten bestraft werden, für den<br />
damaligen Betrachter eine kathartische Erfahrung. Die eigenartige<br />
Darstellung der Gliedmaßen der Räuber kann von den Bewegungen<br />
der Puppen im Marionettentheater beeinflusst sein.<br />
Tsuji Nobuo, Produktionsmitteilung<br />
Der historische Hintergrund der Bilderrolle ‘<strong>Yamanaka</strong> <strong>Tokiwa</strong>’ und<br />
des Malers Iwasa Matabei<br />
Von der späten Heian-Periode zur Kamakura-Periode (vom 12. Jahrhundert<br />
bis zum frühen 14. Jahrhundert)<br />
Im zwölften Jahrhundert spielte die Aristokratie, d.h. der kaiserliche<br />
Hof eine bedeutende Rolle in der japanischen Regierung. In verschiedenen<br />
Landesteilen jedoch wuchs der Einfluss der Krieger, die in zwei<br />
mächtige Lager unterteilt waren: die Heike und die Genji. Dank ihrer<br />
militärischen Stärke konnten sie sich in den Machtkampf am kaiserlichen<br />
Hofe einschalten und allmählich ihre Stellung in der Regierung<br />
ausbauen. 1159 besiegte Taira Kiyomori, der Führer des Heike-Clans,<br />
Genji-Krieger Minamoto Yoshitomo; dieses Ereignis markierte den Beginn<br />
der Heike-Ära. Kurze Zeit später griffen die Genji erneut zu den Waffen<br />
und besiegten 1185 die Heike. Der Shogun Minamoto Yoritomo,<br />
Anführer der Genji, bildete eine Militärregierung, das Kamakura-<br />
Shogunat.<br />
Die Muromachi-Periode (Mitte 14. Jahrhundert - Ende 15. Jahrhundert)<br />
Gegen Ende der Kamakura-Zeit verlor das Shogunat unter anderem<br />
aufgrund der Invasion Japans durch die Mongolen an Macht. Mit Hilfe<br />
der entmachteten kaiserlichen Familie, den Ashikagas, konnte das<br />
Kamakura-Shogunat 1333 gestürzt werden. Unzufrieden mit der kai-<br />
4<br />
cial techniques. Some say that Japanese animated films<br />
are acclaimed internationally because a tradition of expressive<br />
picture scroll techniques is behind such films.<br />
Picture scrolls spread from the small world of the aristocrats<br />
to the large world of the general public, and their<br />
production flourished as they became a kind of entertainment.<br />
It is said that the intresting and unique features of<br />
the early emaki were gradually lost. But “<strong>Yamanaka</strong> <strong>Tokiwa</strong>”,<br />
created in the early 17th century, proves that it was not<br />
so. (...) Compared with those made in the 12th century,<br />
“<strong>Yamanaka</strong> <strong>Tokiwa</strong>” is far more vulgar, unpretentious and<br />
folksy, and its giddy colors and monotonous repetition of<br />
long scenes compare poorly with the classical emaki. But<br />
what more than makes up for these drawbacks is the paramount<br />
personality and descriptive power of Iwasa Matabei,<br />
the author of this emaki.<br />
Its first half, in which Lady <strong>Tokiwa</strong> and her maid-in waiting<br />
travel to see Ushiwaka, humorously depicts the exuberant<br />
life of the people in this period. Iwasa’s unique talent is<br />
displayed in the climactic scenes where Lady <strong>Tokiwa</strong>,<br />
Ushikawa’s mother, is killed by despicable robbers. The<br />
tragic beauty of <strong>Tokiwa</strong> facing death is unparalleled in Japanese<br />
paintings. It may be easy to criticize as too cruel the<br />
excessively bloody scenes of Ushiwaka taking revenge for<br />
his mother, but we need to consider that such gore in<br />
battle had been a regular part of life just a few decades<br />
earlier. So the scene where the terrible robbers are punished<br />
would have been the supreme catharsis for viewers.<br />
It may be that the awkward depiction of the robbers’ limbs<br />
was inspired by movements in the puppetry of those days.<br />
Tsuji Nobuo, production note<br />
The historical background of <strong>Yamanaka</strong> <strong>Tokiwa</strong> and Iwasa<br />
Matabei<br />
Late Heian Period to Kamakura Period (12th century – early<br />
14th century)<br />
In the 12th century, while the aristocrats headed by the<br />
imperial court dominated the central government, warriors<br />
increased their power in various parts of Japan. Warriors<br />
were divided into two powerful groups: the Heike and the<br />
Genji. Bolstered with military might, they helped in the<br />
power struggle at the imperial court and gradually gained<br />
ground in the central government. In 1159, Taira Kiyomori<br />
of the Heike defeated Minamoto Yoshitomo of the Genji,<br />
which ushered in the Heike era. Soon the Genji took up<br />
arms again, and in 1185 the Heike fell. Shogun Yoritomo,<br />
leader of the Genji, established a military government, the<br />
Kamakura Shogunate.<br />
Muromachi Period (mid 14th century – late 15th century)<br />
Near the end of the Kamakura Period, the shogunate became<br />
exhausted by the Mongol invasion of Japan and other<br />
events. With the cooperation of the Ashikagas, the imperial<br />
family, which had been robbed of its power, overthrew<br />
the Kamakura Shogunate in 1333. Dissatisfied with the<br />
imperial government, however, the Ashikagas and their<br />
warriors set up the Muromachi Shogunate with its own