Update Narbenbehandlung - Dr. R. Kaden Verlag
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Plastische Chirurgie J 3/2012<br />
Fortbildung<br />
<strong>Update</strong> <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
Ursula Mirastschijski, C. Can Cedidi<br />
Vollschichtige Verletzungen der Haut, sei es durch<br />
Trauma, Infektion oder geplante chirurgische Eingriffe,<br />
heilen postnatal narbig ab. Allein in Deutschland<br />
werden pro Jahr etwa 0,3 Milliarden Euro zur Behandlung<br />
von Brandverletzungsfolgen und Narben ausgegeben<br />
[1]. Das Ausmaß der Narbenbildung, der begleitenden<br />
Funktionseinschränkungen von Gelenken und<br />
Gliedmaßen und der psycho-ästhetischen Beeinträchtigung<br />
der Lebensqualität wird durch eine Reihe an Faktoren<br />
beeinflusst. Hierzu gehören u. a. Größe und Lokalisation<br />
der Wunde, der Grad der Gewebeschädigung, die<br />
Dauer der Wundheilung und der begleitenden Entzündungsreaktion,<br />
mechanische Gewebeverhältnisse in der<br />
Wundumgebung und die genetische Prädisposition.<br />
Keloide zeichnen sich durch exzessives Wachstum<br />
über die initialen Wundränder hinaus aus<br />
Narben können je nach Alter und Erscheinungsform<br />
recht unterschiedlich aussehen [2]. Der Remodellierungsprozess<br />
nach Wundverschluss dauert zwischen<br />
einem halben bis zu eineinhalb Jahren. Kurz nach Abschluss<br />
der Wundheilung imponieren unreife Narben als<br />
leicht gerötete, im Hautniveau gelegene Veränderungen,<br />
die mit der Zeit abblassen und dann als reife Narben bezeichnet<br />
werden (Tabelle 1, Abb. 1a dünner Pfeil). Von<br />
der normalen Narbe grenzen sich pathologische Formen<br />
ab, die größenprogredient sind, jucken oder schmerzen<br />
und langfristig mit Funktionseinschränkungen einhergehen<br />
können. Häufig entstehen hypertrophe Narben<br />
(Abb. 1a dicker Pfeil) nach tiefgehenden Verbrennungsverletzungen,<br />
die unbehandelt zu einengenden Narbenplatten<br />
oder Narbensträngen mit Kontrakturen führen<br />
und die Beweglichkeit von Gelenken stark beeinträchti-<br />
gen können (Abb. 1b). Sowohl hypertrophe Narben als<br />
auch Narbenkeloide kennzeichnen sich durch starken<br />
Juckreiz, Schmerzen und progredientes Wachstum (Abb.<br />
1c). Klinisches Unterscheidungsmerkmal ist das Wachstumsverhalten:<br />
Während sich hypertrophe Narben nicht<br />
über die ursprünglichen Wundgrenzen hinaus ausbreiten,<br />
zeichnen sich Keloide durch exzessives Wachstum<br />
über die initialen Wundränder hinaus aus. Es können<br />
Latenzzeiten von bis zu einem Jahr nach dem Initialtrauma<br />
bis zur klinischen Manifestation eines Keloids auftreten<br />
(Tabelle 1). Eine genetische Prädisposition zu Keloidbildungen<br />
besteht im afrikanischen und asiatischen<br />
Raum [2].<br />
Objektive Beurteilungskriterien sind Pigmentierung,<br />
Dehnbarkeit, Höhe und Durchblutung der Narbe<br />
Eine exakte Narbenbeurteilung ist vor allen Dingen<br />
für klinische Studien von großer Bedeutung. Wichtige<br />
Parameter sind die Farbe, Dicke, Oberflächenunregelmäßigkeiten,<br />
Dehnbarkeit und die Oberflächenausdehnung<br />
der Narbe, die auch Narbenplatten und -kontrakturen<br />
berücksichtigt [3]. Man unterscheidet zwischen objektiven<br />
und subjektiven Beurteilungstests zur Narbeneinteilung<br />
[4], wobei die am häufigsten angewandten Tests<br />
mit der höchsten Validität [3] der Vancouver Scar Scale<br />
[5, 6] und der Patient and Observer Scar Assessment Scale<br />
(POSAS) [7] sind. Objektive Beurteilungskriterien sind<br />
Pigmentierung, Dehnbarkeit, Höhe und Durchblutung<br />
der Narbe, die durch den ursprünglich für Verbrennungspatienten<br />
entwickelten Vancouver Scar Scale dargestellt<br />
werden. Subjektive Beurteilungen von Schmerzen und<br />
Juckreiz werden ausschließlich durch den POSAS erfasst.
Um der Narbenentstehung effektiv vorbeugen zu<br />
können, ist ein grundlegendes Verständnis der Pathophysiologie<br />
wichtig. Während Feten bis zum dritten<br />
Schwangerschaftstrimenon noch narbenfrei abheilen,<br />
ist postnatal eine Restitutio ad integrum nach Hautverletzungen<br />
nicht mehr möglich [8]. Dabei beeinflussen<br />
die Größe und Heilungsdauer der Wunde, die begleitende<br />
inflammatorische Reaktion und die Gewebemechanik<br />
maßgeblich den Reifungsprozess der Narbe und<br />
das spätere Erscheinungsbild [9, 10]. Im Zentrum der<br />
biomolekularen Umbauprozesse bei der Narbenentstehung<br />
steht der Myofibroblast, der nach Verletzung in das<br />
Wundgebiet einwandert, wo er zunächst die provisorische<br />
Wundmatrix bildet, die er anschließend in die kollagenreiche<br />
Narbe umwandelt. Unter dem Einfluss des<br />
profibrotischen Wachstumsfaktors transforming growth<br />
factor-beta (TGF-b) [11] und der Gewebespannung [12]<br />
differenzieren Fibroblasten in hyperkontraktile Myofibroblasten,<br />
die nach Abschluss der Narbenreifung durch<br />
Apoptose verschwinden [13]. Unter ungünstigen Bedin-<br />
160<br />
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<strong>Update</strong> <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
gungen – insbesondere bei erhöhter Gewebespannung<br />
[14] – persistieren diese Zellen und können langfristig<br />
zu Narbenkontrakturen führen [9].<br />
Bei bekannter hypertropher Narbenbildung<br />
können präventiv Silikonfolien und silikonhaltige<br />
Gele eingesetzt werden<br />
Die Narbenprävention zielt darauf ab, die Wundspannung<br />
und -irritation so gering wie möglich zu halten, so<br />
dass kaum sichtbare Narben resultieren. Bereits die präoperative<br />
Planung der Schnittführung entlang der Langer-Linien<br />
der Haut [15], die intraoperativ schonende<br />
Handhabung des Gewebes und der Wundränder sowie<br />
der spannungsfreie Wundverschluss sind unabdingbar<br />
für eine ereignisfreie Wundheilung mit minimaler Narbenbildung.<br />
Unterstützend wirken Taping-Verbände,<br />
die die Wundspannung heruntersetzen. Bei Patienten<br />
mit bekannter hypertropher Narbenbildung können<br />
Tabelle 1 Klassifikation kutaner Narben<br />
Narbentypen<br />
Normal<br />
Benennung Beschreibung<br />
Aktiv Unreife Narbe – Gerötet, leicht erhaben, manchmal mit Juckreiz<br />
– Nach zirka sechs bis 12 Monaten Umwandlung in reife Narbe<br />
Inaktiv Reife Narbe – Blass, flach, im Hautniveau<br />
Pathologisch<br />
Atrophe Narbe – Blass, eingesunken unter das Hautniveau; z.B. Aknenarben<br />
– Reife Narbe mit Gewebeverlust<br />
Hypertrophe Narbe – Gerötet, deutlich prominent, über das Hautniveau erhaben, nicht über die Narbengrenzen hinaus gehend<br />
– Linear (postoperativ) oder flächig (z.B. nach Verbrennung)<br />
– Starker Juckreiz, Schmerzen, Hitzegefühl<br />
– Größenprogredienz in den ersten drei bis sechs Monaten, manchmal Spontanregression<br />
Langfristige Folgen: Narbenstrang, Narbenkontraktur, Narbenplatte<br />
Narbenkeloid – Hautfarben, tumorartig über die Narbengrenzen hinaus wachsend<br />
– Juckreiz, Schmerzen<br />
– Bis zu einem Jahr posttraumatisch auftretend, auch spontan ohne Hautverletzung (z.B. nach Kontusion)<br />
– Keine Spontanregression, hohe Rezidivrate<br />
– Größenprogredienz über Jahre hinweg<br />
– Genetische Prädisposition
präventiv Silikonfolien und silikonhaltige Gele zur Narbenmassage<br />
eingesetzt werden. Bei Patienten mit tiefen<br />
Verbrennungen, die erfahrungsgemäß zu hypertrophen<br />
Narben führen, wird prophylaktisch individuell angepasste<br />
Kompressionswäsche rezeptiert, die dann für die<br />
Dauer eines Jahres getragen werden sollte. Die Kompressionstherapie<br />
wird seit Jahren empirisch zur Narbenprophylaxe<br />
angewandt, eine Metaanalyse ergab jedoch, dass<br />
keine ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit dieser<br />
Therapie existiert [16].<br />
<strong>Update</strong> <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
Vor Beginn einer Narbentherapie sollte zunächst eine<br />
umfassende Beurteilung der Narbe erfolgen. Neben optischen<br />
Auffälligkeiten ist die Erfassung von subjektiven<br />
Beschwerden wie Juckreiz und Schmerzen sowie von<br />
funktionellen Einschränkungen wie Narbenkontrakturen<br />
wichtig. Die Behandlung normaler, reifer oder atropher<br />
Narben unterscheidet sich grundlegend von der<br />
Therapie hypertropher Narben und Keloide. Ein exzellenter<br />
Algorithmus für die primäre, präventive und sekundäre,<br />
kurative <strong>Narbenbehandlung</strong> wurde von Bloemen<br />
et al. 2009 in Burns veröffentlicht und stellt sowohl<br />
etablierte als auch innovative Therapieverfahren sehr<br />
übersichtlich dar [17].<br />
Abb. 1 Darstellung verschiedener Narbenarten. a Reife, normale Narbe im Hautniveau (schmaler Pfeil) und hypertrophe Narbe (dicker Pfeil). b Thorakale Narbenplatte<br />
nach Verbrennung (schmaler Pfeil) mit Narbensträngen und -kontrakturen bei der Abduktion der Arme (dicke Pfeile). c Bauchnabel-Keloid.<br />
a<br />
a<br />
b<br />
b<br />
Abb. 2 Z-Plastik. Patientin mit mentaler Narbe nach Hundebissverletzung: a präoperativ, b intraoperativ, c drei Monate postoperativ.<br />
c<br />
c<br />
161<br />
Plastische Chirurgie J 3/2012
162<br />
Nach Narbenexzision gibt es verschiedene<br />
Möglichkeiten der Defektdeckung und/oder<br />
Strangauflösung<br />
Vor Beginn interventioneller und chirurgischer Maßnahmen<br />
sollten zunächst konservative Maßnahmen zur<br />
Narbenreduktion angewandt werden. Hierzu gehört<br />
nach wie vor die Kompressionstherapie in Kombination<br />
mit Silikonauflagen, Narbenmassage und Physiotherapie.<br />
Intraepidermale Kortikoid-Injektionen sind derzeit<br />
der Goldstandard zur Behandlung hypertropher Narben.<br />
Hierbei haben sich der Dermo-Jet® und die Kombination<br />
eines Kortikosteroids mit einem Lokalanästhetikum<br />
bewährt. Die Behandlungen werden in einem Rhythmus<br />
von etwa zwei bis vier Wochen durchgeführt und<br />
etwa vier- bis sechsmal wiederholt. Hierbei bemerken<br />
Patienten vor allen Dingen eine deutliche Verbesserung<br />
des oft quälenden Juckreizes und der Narbenschmerzen.<br />
Gleichzeitig ist unter dieser Therapie klinisch häufig ein<br />
Abblassen und Abflachen der hypertrophen Narben zu<br />
bemerken. Narbenstränge und -kontrakturen mit Einschränkung<br />
der Gelenkbeweglichkeit treten zumeist erst<br />
im Verlauf auf und sind allein durch konservative Maßnahmen<br />
oft nicht effektiv zu behandeln.<br />
a<br />
c<br />
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<strong>Update</strong> <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
Frühestens sechs Monate nach Verletzung oder der<br />
initialen Operation und nach erfolgloser konservativer<br />
Behandlung sollten operative Narbenkorrekturen avisiert<br />
werden. Nach Narbenexzision gibt es verschiedene<br />
Möglichkeiten der Defektdeckung und/oder Strangauflösung.<br />
Dabei orientiert man sich an der chirurgischen<br />
Leiter [18], wobei sich jedoch der primäre Wundverschluss<br />
oder die Spalthauttransplantation aufgrund<br />
hoher Rezidivraten nicht zur Narbenkorrektur eignen.<br />
Goldstandard chirurgischer Narbenkorrekturen sind lokale<br />
Lappenplastiken, beispielsweise Z-Plastiken (Abb.<br />
2), die zum einen eine <strong>Verlag</strong>erung der Spannungsrichtung<br />
der Narbe und zum anderen einen Längengewinn<br />
des Gewebes bewirken. Es existieren eine Vielfalt weiterer<br />
lokaler und Fernlappenplastiken, Dehnungslappenplastiken<br />
nach vorheriger Gewebeexpansion und – etwa<br />
für großflächige Narbenplatten – freie, mikrovaskulär<br />
angeschlossene Lappenplastiken (Abb. 3). Ziel eines jeden<br />
Eingriffs ist die Wiederherstellung der Beweglichkeit<br />
und Reduktion der lokalen Gewebespannung.<br />
Da Keloide tumorartig wachsen und eine hohe Rezidivneigung<br />
haben, sind neben konservativen und chirurgischen<br />
Therapien oft zusätzliche adjuvante interventionelle<br />
Maßnahmen erforderlich [19]. Dazu zählen<br />
Abb. 3 Freie, ipsilaterale, mikrovaskulär angeschlossene Oberarmlappenplastik bei großflächiger Narbenplatte nach Kompartmentsyndrom und palmarer Adhäsion der<br />
Sehnen mit Funktionseinschränkung der Flexion: a präoperativ, b intraoperativ: Entfernung sämtlicher narbigen Adhäsionen; c,d postoperativ: freie Beweglichkeit mit<br />
wiederhergestelltem Faustschluss und Langfingerstreckung.<br />
b<br />
d
die Strahlentherapie, intraläsionale 5-Fluorouracil-Injektionen<br />
oder Lokalbehandlung mit Bleomycin. Diese<br />
aggressiven Therapien, die mit erheblichen Nebenwirkungen<br />
wie etwa Lungenfibrose (Bleomycin) einher gehen<br />
können, verdeutlichen nicht nur die maligne Wachstumstendenz<br />
der Keloide [19] sondern auch den Mangel<br />
an effektiven Behandlungsmaßnahmen. In klinischer<br />
Erprobung ist zurzeit die Kryotherapie von Keloiden<br />
mit einer Ansprechrate von 76 Prozent. Der dermale<br />
Keloid anteil wird mit einer Stickstoffsonde vereist und<br />
soll dabei den Kollagenumbau beeinflussen [20]. Da die<br />
Prozedur sehr schmerzhaft ist, wird sie im Regelfall in<br />
Narkose durchgeführt. In einer prospektiven klinischen<br />
Studie war die postoperative Rezidivhäufigkeit höher<br />
nach Kryotherapie im Vergleich mit Bestrahlung [21].<br />
164<br />
Empfehlenswert ist es, vor chirurgischen Korrekturen<br />
die vollständige Narbenreifung abzuwarten<br />
Präoperativ sollte die Indikation sehr genau geprüft<br />
werden, da jede Narbenkorrektur zwangläufig erneut<br />
in einer Narbe resultieren wird. Konservative Therapiemöglichkeiten<br />
bestehen in selektiven Fällen darin,<br />
eingezogene Narben mit unterschiedlichen Fillern zu<br />
unterspritzen. In letzter Zeit haben zudem autologe Fettinjektionen<br />
zu erstaunlichen Resultaten geführt [22],<br />
die jedoch noch klinisch evaluiert werden müssen. Vor<br />
allen Dingen an exponierten Stellen wie im Gesicht können<br />
Narben störend sein, wenn sie einen geradlinigen<br />
Verlauf haben und dem Betrachter auffallen. Hier haben<br />
a b c<br />
Abb. 4 W-Lappenplastik bei flächiger Narbe auf der Stirn: a präoperativ, b direkt<br />
postoperativ, c acht Wochen postoperativ.<br />
Plastische Chirurgie J 3/2012<br />
<strong>Update</strong> <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
sich lokale Lappenplastiken, beispielsweise die Running<br />
W-Plastik (Abb. 4), mit Narbenverlaufsunterbrechung<br />
bewährt. Alternativ zum chirurgischen Verfahren gibt<br />
es die Lasertherapie (z. B. Nd:YAG und CO 2 [23]) sowie<br />
fraktionierte Photothermolyse (Fraxel [24]) und das Medical<br />
Needling [25]. Die Gemeinsamkeit der Fraxel-Therapie<br />
und des Medical Needlings (Abb. 5) besteht darin,<br />
dass dermale Mikroläsionen mittels Laser oder Nadel erzeugt<br />
werden, die dann im Bereich der Dermis Umbauprozesse<br />
in Gang setzen und zu einer Veränderung der<br />
Kollagenstruktur und damit der visuellen Narbe führen.<br />
Beide Verfahren sind für superfiziell gelegene Narben<br />
geeignet und derzeit in klinischer Erprobung. Narbenstränge<br />
und -kontrakturen können damit hingegen nicht<br />
effizient aufgelöst werden.<br />
Derzeit werden verschiedene antifibrotische<br />
Wirkstoffe erforscht<br />
In den letzten Jahren hat die Forschung im Bereich<br />
Narbenprävention und -behandlung viel zum Verständnis<br />
der Narbenentstehung beigetragen [26]. Es gibt eine<br />
Vielzahl möglicher Ansatzpunkte, jedoch ist eine Reihe<br />
dieser Studien noch weit von der klinischen Anwendung<br />
entfernt. Grob zusammengefasst gibt es zwei Schlüsselfaktoren,<br />
deren Beeinflussung zu einer Verbesserung<br />
der Narbenqualität führen könnte. Interferenz zum einen<br />
mit profibrotischen Zytokinen und dem wichtigsten<br />
profibrotischen Wachstumsfaktor, TGF-b1, und nachfolgenden<br />
Signalketten und zum anderen mit der zellulä-<br />
Abb. 5 Medical Needling. Intraoperatives Setting.<br />
Abbildung: mit freundlicher Genehmigung von PD <strong>Dr</strong>. M. Aust, Malteserkrankenhaus Bonn
Abb. 6 Antifibrotischer Wirkmechanismus von Statinen und ACE-Hemmern bei<br />
der biomolekularen Signalübertragung (HMG-CoA Hydroxymethyl glutaryl Coenzyme<br />
A; GGPP Geranyl geranyl pyrophosphat; CTGF Connective tissue growth<br />
factor; TGF-ß Transforming growth factor beta).<br />
<strong>Update</strong> <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
ren Mechanotransduktion des Myofibroblasten haben in<br />
wissenschaftlichen Studien verheißungsvolle Resultate<br />
ergeben.<br />
Schon 1995 konnten Shah und Mitarbeiter die antifibrotische<br />
Wirkung von TGF-b1 Inhibitoren und von<br />
TGF-b3 nachweisen [27]. Zwar wurden Phase-3 klinische<br />
Studien mit TGF-b3 (Avotermin) [28] als Monotherapie<br />
wegen fehlender Effizienz eingestellt, jedoch<br />
sind inzwischen Kombinationstherapien zweier antifibrotischer<br />
Mediatoren, TGF-b3 und Interleukin-10 als<br />
Narbentherapie geplant.<br />
Altbewährte Wirkstoffe wie Statine und ACE-Hemmer<br />
haben ebenfalls antifibrotische Effekte und könnten<br />
zukünftig interessante Kandidaten in der <strong>Narbenbehandlung</strong><br />
sein [29]. In wissenschaftliche Studien an<br />
Zellen und im Tierexperiment konnte eine Narbenreduktion<br />
sowohl mit Statinen [30, 31] als auch mit ACE-<br />
Hemmern beobachtet werden [32]. TGF-b1 wirkt intrazellulär<br />
sowohl über den Smad-Signalweg als auch über<br />
RhoA/ROCK-Weg, der unter anderem die Expression
eines weiteren profibrotischen Mediators, connective<br />
tissue growth factor (CTGF) zur Folge hat (Abb. 6). Weitere<br />
Studien werden zeigen, ob trunkierte Formen dieser<br />
Inhibitoren ohne antihypertensive Wirkung auch zu<br />
einer Narbenreduktion führen [33]. Die Einflussnahme<br />
auf die Mechanotransduktion des Gewebes und damit<br />
die Differenzierung von Fibroblasten in hochkontraktile<br />
Myofibroblasten wäre eine weitere Möglichkeit der<br />
Narbentherapie. Taping-Verbände sind ein praktisches<br />
Beispiel für diese Behandlung. Die Verringerung der<br />
Zellverankerung im Gewebe (z. B. durch Inhibitoren der<br />
focal adhesion kinase [34]) oder die Interaktion mit dem<br />
Zytoskelett sind weitere Möglichkeiten [35]. Auf zellulärer<br />
Ebene konnte man nachweisen, dass eine Blockade<br />
der Mechanoperzeption über Integrine [35] oder Kalziumkanäle<br />
zu einer Reduktion der zellulären Kontraktilität<br />
führte. Auf diese Weise könnte man auch die inhibitorische<br />
Wirkung von Kalziumantagonisten auf die<br />
Narbenbildung erklären [36].<br />
Die Behandlung pathologischer Narben ist nach wie<br />
vor eine große Herausforderung, wobei sowohl konservative<br />
als auch interventionelle und chirurgische<br />
Maßnahmen ihre Anwendung finden. Wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse der biomolekularen Grundlagen der<br />
Narbenentstehung haben Ansatzpunkte aufgezeigt, die<br />
in Zukunft auf effektivere Möglichkeiten der Narbenprävention<br />
und -therapie hoffen lassen. K<br />
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Priv.-Doz. <strong>Dr</strong>. med. <strong>Dr</strong>. phil. Ursula Mirastschijski<br />
Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie<br />
Klinikum Bremen-Mitte gGmbH<br />
Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Göttingen<br />
St.-Jürgen-Straße 1<br />
28177 Bremen<br />
Ursula.Mirastschijski@klinikum-bremen-mitte.de