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Materialien zum Modul Methoden der Demographie, Wirtschafts ...

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2.1 STATISTISCHE VARIABLEN UND VERTEILUNGEN 15<br />

Kapitel 2<br />

Statistische Begriffsbildungen<br />

2.1 Statistische Variablen und Verteilungen<br />

1. Bezugnahme auf Gesamtheiten.<br />

2. Gesamtheiten als Mengen.<br />

3. Repräsentation von Gesamtheiten.<br />

4. Statistische Variablen.<br />

5. Mehrdimensionale statistische Variablen.<br />

6. Der statistische Verteilungsbegriff.<br />

7. Statistische Aussagen über Gesamtheiten.<br />

8. Mehrdimensionale Verteilungen.<br />

2.2 Statistische Strukturbegriffe<br />

1. Statistische Strukturen und Sachverhalte.<br />

2. Beson<strong>der</strong>heiten des statistischen Strukturbegriffs.<br />

3. Unterschiedliche Sozialstrukturbegriffe.<br />

4. Der Sozialstrukturbegriff bei Peter M. Blau.<br />

5. Bezugseinheiten statistisch definierter Sozialstrukturen.<br />

6. Wie entstehen statistische Sachverhalte?<br />

7. Datenerzeugende und substantielle Prozesse.<br />

8. Statistische Sachverhalte im Mikro-Makro-Schema.<br />

In diesem Kapitel beschäftigen wir uns zunächst mit dem gedanklichen Ansatz<br />

<strong>der</strong> in <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung verwendeten statistischen Begriffsbildungen.<br />

Dann folgen Überlegungen zu statistischen (Sozial-) Strukturbegriffen.<br />

2.1 Statistische Variablen und Verteilungen<br />

1. Bezugnahme auf Gesamtheiten. Die Entwicklung <strong>der</strong> Statistik kann als<br />

eine Folge des Wunsches verstanden werden, empirisch explizierbare Vorstellungen<br />

über Gesamtheiten zu gewinnen, die nicht unmittelbar überschaubar<br />

sind. Ursprünglich ging es in erster Linie um eine Erfassung von<br />

Bevölkerungen (Populationen). Etwa seit <strong>der</strong> zweiten Hälfte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

hat sich die Statistik zu einer abstrakten <strong>Methoden</strong>wissenschaft<br />

entwickelt, <strong>der</strong>en Begriffsbildungen auf beliebige Gesamtheiten anwendbar<br />

sind. Dass in irgendeiner Weise eine Bezugnahme auf Gesamtheiten erfolgt,<br />

ist jedoch in jedem Fall relevant, um statistische Aussagen zu verstehen. 1<br />

Maurice Kendall und Alan Stuart haben das zu Beginn ihrer ”<br />

Advanced<br />

Theory of Statistics“ (1977:1) so ausgedrückt:<br />

1 Allerdings gibt es auch eine konkurrierende Idee: wie<strong>der</strong>holbare Verfahren. An dieser<br />

Idee orientieren sich die Wahrscheinlichkeitstheorie und die probabilistische Statistik.<br />

The fundamental notion in statistical theory is that of the group or aggregate, a<br />

”<br />

concept for which statisticians use a special word – “population”. This term will<br />

be generally employed to denote any collection of objects un<strong>der</strong> consi<strong>der</strong>ation,<br />

whether animate or inanimate; for example, we shall consi<strong>der</strong> populations of<br />

men, of plants, of mistakes in reading a scale, of barometric heights on different<br />

days, and even populations of ideas, such as that of the possible ways in which<br />

a hand of cards might be dealt. [. . .] The science of Statistics deals with the<br />

properties of populations. In consi<strong>der</strong>ing a population of men we are not interested,<br />

statistically speaking, in whether some particular individual has brown<br />

eyes or is a forger, but rather in how many of the individuals have brown eyes<br />

or are forgers, and whether the possession of brown eyes goes with a propensity<br />

to forgery in the population. We are, so to speak, concerned with the properties<br />

of the population itself. Such a standpoint can occur in physics as well as in<br />

demographic sciences.“<br />

In diesem Zitat wird auch schon darauf hingewiesen, dass sich statistische<br />

Aussagen in spezifischer Weise auf Gesamtheiten beziehen; das wird weiter<br />

unten (in § 6) genauer besprochen. Bereits an dieser Stelle kann aber<br />

festgestellt werden, dass Aussagen über Gesamtheiten von Aussagen über<br />

ihre individuellen Mitglie<strong>der</strong> zu unterscheiden sind.<br />

2. Gesamtheiten als Mengen. Wenn in <strong>der</strong> Statistik von Gesamtheiten gesprochen<br />

wird, sind Mengen im Sinne <strong>der</strong> Mengenlehre gemeint, d.h. Zusammenfassungen<br />

von Elementen zu einer gedanklichen Einheit, wobei von<br />

allen möglicherweise vorhandenen Beziehungen zwischen den Elementen<br />

abstrahiert wird. Der Begrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mengenlehre, Georg Cantor (1845–<br />

1918), hat einmal folgende Definition gegeben:<br />

” Unter einer Menge“ verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten<br />

”<br />

wohlunterschiedenen Objekten unsrer Anschauung o<strong>der</strong> unseres Denkens (welche<br />

die Elemente“ von M genannt werden) zu einem Ganzen.“ (Cantor 1962: 282)<br />

”<br />

Der gedankliche Ansatz ist allgemein und abstrakt. Es gibt keinerlei Einschränkungen<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Arten von Objekten, die man gedanklich zu<br />

einer Menge zusammenfassen kann. Es muss sich auch nicht unbedingt um<br />

materielle Objekte im umgangssprachlichen Sinn dieses Worts handeln,<br />

<strong>zum</strong> Beispiel können auch Zahlen, Eigenschaften, Ereignisse und Gebiete<br />

eines Raums zu Mengen zusammengefasst werden, und auch Mengen<br />

selbst können wie<strong>der</strong>um als Elemente zur Definition neuer Mengen verwendet<br />

werden. 2<br />

Wichtig ist auch, dass mit dem Mengenbegriff nur eine gedankliche<br />

Einheit <strong>der</strong> jeweils in Betracht gezogenen Elemente gemeint ist (von <strong>der</strong><br />

Frage, ob und ggf. in welcher Weise <strong>der</strong> Menge auch eine ”<br />

reale Einheit“<br />

entspricht, wird also abgesehen). Ebenfalls wird von allen Beziehungen<br />

2 In diesem Text wird eine Kenntnis <strong>der</strong> Grundbegriffe <strong>der</strong> Mengenlehre vorausgesetzt.<br />

Kurze Erläuterungen <strong>der</strong> für die Statistik relevanten Begriffsbildungen findet man bei<br />

Rohwer und Pötter (2001: 21ff.).

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