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Amor et Passio: Das Theater und die Liebe - Freunde der ...

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Dann, lieber Titus, würdest siegreich <strong>und</strong> geliebt du sehn<br />

Wie kostbar dein Herz meinen Augen ist.<br />

Um sich in ihrer ganzen Stärke (Wahrheit) zeigen zu können, benötigte <strong>die</strong><br />

<strong>Liebe</strong> paradoxerweise eine Ungleichheit. Darin ist <strong>der</strong> Keim eines Konflikts,<br />

einer Unmöglichkeit angelegt. Damit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> wirklich sehen<br />

könnte, müsste er schwach, gedemütigt, ohne Anerkennung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en sein.<br />

Zugleich aber richt<strong>et</strong> sich aber das Begehren auf den an<strong>der</strong>en, wie wir sahen,<br />

unausweichlich auch als ein Ideal, eine Imago, ein Bild, bei dem zwischen<br />

innerstem Wesen <strong>und</strong> den äußerlichen Einhüllungen <strong>der</strong> Person durch Rang,<br />

Status, Macht Ansehen gerade nicht geschieden werden kann. So ergibt sich <strong>der</strong><br />

Wunsch nach einer Offenbarung <strong>der</strong> <strong>Liebe</strong>, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Unmöglichkeit einer<br />

<strong>der</strong>artigen Offenbarung einschließt. Die leidenschaftliche <strong>Liebe</strong> zum an<strong>der</strong>en<br />

wäre nur einem zu zeigen, <strong>der</strong> <strong>die</strong>ser an<strong>der</strong>e gerade nicht sein kann: einem<br />

Ungleichen. Ihm aber könnte <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> nicht gelten. Bleibt dagegen <strong>die</strong><br />

Gleichheit, notwendige Vorauss<strong>et</strong>zung <strong>der</strong> <strong>Liebe</strong>, erhalten, so kann nie <strong>der</strong><br />

Zweifel ausgelöscht werden, ob <strong>die</strong> <strong>Liebe</strong> dem gedachten "wahren" <strong>und</strong><br />

unverstellten Subjekt gilt o<strong>der</strong> "nur" seiner äußeren Hülle, <strong>der</strong> Erscheinung<br />

seines "Ich".<br />

Die Spaltung des Subjekts o<strong>der</strong>, wie man auch sagen kann: <strong>die</strong> Verfassung des<br />

Subjekts als begehrendes hat also zur Folge eine ebenso erschreckende wie<br />

notwendige Ungewissheit. So muss Bérénice das für sie Unfassbare erleben,<br />

dass Titus sein <strong>und</strong> ihr Begehren verneinen <strong>und</strong> verraten kann. Die absolute<br />

Sicherheit, in <strong>der</strong> sie sich wiegte, erweist sich als illusionär. Racine aber hat<br />

durch ihre Rede, wie wir gesehen haben, erkennen lasse, dass <strong>die</strong>se ihre Illusion<br />

ihrerseits im Imaginären wurzelt. So ist eine unaufhebbar scheinende<br />

"séparation" im begehrenden Subjekt selbst angelegt, <strong>die</strong> von <strong>der</strong> Trennung <strong>der</strong><br />

<strong>Liebe</strong>nden dann dramaturgisch konfirmiert wird. An keinem Punkt, auch nicht<br />

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