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gt - Barbara Bierach

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Titel<br />

Maut macht mobil<br />

Mautstraßen und private finanzierte Autobahnen sind vielen Deutsche noch immer suspekt. International hingegen<br />

hat sich das Modell einer Public-Private-Partnership im Straßenbau großflächig durchgesetzt. Welchen<br />

alltäglichen Nutzen brin<strong>gt</strong> es Menschen in Santiago de Chile, Athen oder Sydney? Werden die Gebühren akzeptiert?<br />

Und wie funktioniert die Bezahlung? concepts schickte drei Fahrerinnen in drei Ländern auf die Piste<br />

– dies sind ihre „Erfahrungs“-Berichte.<br />

Maut macht mobil<br />

Mautstraßen und private finanzierte Autobahnen sind vielen Deutsche noch immer suspekt. International hingegen<br />

hat sich das Modell einer Public-Private-Partnership im Straßenbau großflächig durchgesetzt. Welchen<br />

alltäglichen Nutzen brin<strong>gt</strong> es Menschen in Santiago de Chile, Athen oder Sydney? Werden die Gebühren akzeptiert?<br />

Und wie funktioniert die Bezahlung? concepts schickte drei Fahrerinnen in drei Ländern auf die Piste<br />

– dies sind ihre „Erfahrungs“-Berichte.<br />

Ullandrer aut ulluptatue feugue<br />

voloborpero od enisl ute duis nissendrem<br />

ver ipit, quis eliquisl ipit<br />

vulput vel eugait,<br />

Ullandrer aut ulluptatue feugue<br />

voloborpero od enisl ute duis nissendrem<br />

ver ipit, quis eliquisl ipit<br />

vulput vel eugait,<br />

HOCHTIEF #02/2008<br />

#02/2008 HOCHTIEF <br />

foto: XXX


Titel<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Bierach</strong> machte sich<br />

nach vielen Jahren bei der<br />

„WirtschaftsWoche“ selbstständig,<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Bierach</strong> machte sich<br />

nach vielen Jahren bei der<br />

„WirtschaftsWoche“ selbstständig,<br />

um Bücher zu schreiben und<br />

aus dem Ausland füei der<br />

„WirtschaftsWoche“ selbstständig,<br />

um Bücher zu schreiben ur deut-<br />

lange, vierspurige Trasse. Vor deren Fertigstellung Ende 2005 bedeutete<br />

ein Trip vom Norden in den Süden der Metropole eine Tour<br />

quer durch die Stadt, durch verstopfte Tunnels, am Flughafen vorbei.<br />

Wer Pech hatte, brauchte allein dafür 90 Minuten. Auf dem WestLink<br />

schaffe ich es in der gleichen Zeit bis an meinen Lieblings-Beach in<br />

Jarvis Bay. Schließlich werden mir mal eben 48 Ampeln erspart.<br />

Zahler sind Kunden<br />

In Thüringen entsteht der erste private<br />

Autobahnneubau Deutschlands. Die Strecke wird über<br />

die Lkw-Maut finanziert – eine Regelung mit Folgen<br />

Australien<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Bierach</strong> auf dem<br />

WestLink M7, rund um Sydney<br />

Die Tage am Strand von Jarvis Bay waren schön, doch nun ist Sonntagabend.<br />

Und ich muss rund 180 Kilometer Australiens Ostküste<br />

hoch, heimwärts in Sydneys Norden. Aus meinem Autoradio quaken<br />

Staumeldungen, die ganze Stadt ist ziemlich dicht. Die Ironie dabei<br />

ist: Wer in dieser Blechlawine festsitzt, hat vermutlich auf Tausenden<br />

von Kilometern in alle Richtungen die einzig staugefährdete<br />

Gegend erwischt – so weitläufig und leer ist Australien. Nur nicht in<br />

Sydney: Hier drängeln sich mit mir noch 4,5 der insgesamt 21 Millionen<br />

Einwohner des Kontinents. Doch heute stört mich das nicht,<br />

ich donnere gerade über die größte Straßenkreuzung der südlichen<br />

Hemisphäre, um die Stadt auf der M7 westlich zu umfahren.<br />

Mir freie Fahrt zu verschaffen, war eine echte Herausforderung für<br />

die Regierung. Nur etwa elf Millionen Bürger zahlen in Australien<br />

Steuern, und mit diesen spärlichen Einnahmen muss sie die Infrastruktur<br />

für einen gewaltigen Kontinent erstellen. Das geht nur in<br />

Public-Private-Partnerships (PPP): Staat und Industrie müssen sich<br />

zusammentun, um große Projekte zu stemmen. Wie das im Optimalfall<br />

geht, zei<strong>gt</strong> die Westumfahrung Sydneys, die lokal schlicht West-<br />

Link heißt und mir die Sonntagabend-Laune rettet. Im Auftrag der<br />

staatlichen Roads and Traffic Authority (RTA) erstellte ein Joint Venture<br />

der HOCHTIEF-Beteiligung Leighton Holdings eine 40 Kilometer<br />

Die Strecke gefällt mir. Nicht nur, weil sie so angenehm zu fahren ist,<br />

sondern auch wegen des Spaßfaktors. Wenn ich Zeit habe, lädt am<br />

Rande des Geschehens der Sydney Regional Park zum Ausruhen<br />

ein; habe ich den Nachwuchs im Auto, ist ein Stopp beim Mitmach-<br />

Bauernhof Fairfield City Farm ein Muss. Alternativ geht’s zum Eastern<br />

Creek International Raceway, dem lokalen Autorenn-Parcours.<br />

Zurück auf dem WestLink muss ich schauen, dass ich mich nicht<br />

aufführe wie Michaela Schumacher, denn trotz Maut-System komme<br />

ich flott voran. Ich brauche nämlich nicht an Stationen zu halten<br />

und mit Kleingeld herumzufummeln, sondern kassiert wird vollelektronisch.<br />

Als ich nach Sydney zog, habe ich mich und mein Auto<br />

online bei der RTA registriert. Seither klebt ein “e-tag” ¬– ein<br />

etwa zigarettenschachtelkleiner Funkapparat – hinter meinem<br />

Rückspiegel und kommuniziert mit Mautstellen auf dem WestLink.<br />

So weiß die RTA, welche Strecken ich genutzt habe, und holt sich die<br />

Gebühren von meinem Konto. Umgerechnet 30 Euro monatlich<br />

kommen so zusammen, denn in Sydney sind auch viele Tunnel und<br />

die berühmte Harbour Bridge gebührenpflichtig.<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Bierach</strong> machte sich<br />

nach vielen Jahren bei der<br />

„WirtschaftsWoche“ selbstständig,<br />

um Bücher zu schreiben und<br />

aus dem Ausland für deutsche<br />

Printmedien zu berichten.<br />

Inzwischen arbeitet sie in Sydney.<br />

Sind PPP-Autobahnen die besseren Straßen? Gianluca Beraldo,<br />

Geschäftsführer der Via Solutions Thüringen ist davon<br />

überzeu<strong>gt</strong>. Die A4 ist die erste Autobahn in Deutschland, die<br />

als Public Private Partnership (PPP) realisiert wird. 42 Kilometer<br />

lang ist die Trasse zwischen Eisenach und Gotha heute. Etwas<br />

mehr als die Hälfte davon wird nach Norden um Eisenach<br />

und die Hörselberge verle<strong>gt</strong>. Dafür werden zirka zwei Kilometer<br />

verbreitert und 22,5 Kilometer völlig neu gebaut. Die alte<br />

Trasse wird teils zurückgebaut, teils zur Ortsumgehung Eisenach<br />

umfunktioniert Ausgeführt werden die Arbeiten von der<br />

Projektgesellschaft Via Solutions Thüringen, bei der HOCH-<br />

TIEF PPP Solutions federführend ist. Um seine Investitionen in<br />

den Bau und die Erhaltung refinanzieren zu können, erhält das<br />

Konsortium statt eines Festpreises die Lkw-Maut, die auf dieser<br />

Strecke eingenommen wird. Auf diese Weise wird auch der<br />

Betrieb finanziert.<br />

So wird die Straße zum „Produkt“ – und der Spediteur zum<br />

Kunden. Für die Via Solutions Thüringen kann dieses Geschäft<br />

nur zum Erfolg werden, wenn das Produkt attraktiv ist. „Wenn<br />

keiner fährt“, sa<strong>gt</strong> Beraldo, „haben wir ein Problem“. Das ist<br />

hauptsächlich von der Konjunktur in Deutschland und Europa<br />

abhängig, der Zustand der Strecke spielt ebenfalls eine Rolle.<br />

„Bei den üblichen Vergabeverfahren“, so der HOCHTIEF-Experte,<br />

„werden Bau, Erhaltung und Betrieb als völlig getrennte<br />

Einheiten betrachtet. Bei Ausschreibungen wird dann das Billigste<br />

vom Billigen bevorzu<strong>gt</strong>,<br />

die Gesamtwirtschaftlichkeit<br />

über den Lebenszyklus des Projekts<br />

dagegen nicht oder kaum<br />

betrachtet“. Bei der A4 aber<br />

wird schon beim Bau akribisch<br />

auf Qualität geachtet, weil die<br />

Via Solutions Thüringen auch<br />

für den langfristigen Erhalt der<br />

Strecke verantwortlich ist. Voraussichtlich<br />

Anfang 2010 heißt<br />

HOCHTIEF #02/2008<br />

#02/2008 HOCHTIEF


Titel<br />

Chile<br />

Karen Naundorf im Tunnel San Cristóbal,<br />

Santiago de Chile<br />

An Wochenenden liebe ich den Cerro San Cristóbal: Der 880 Meter<br />

hohe Berg, mitten in Santiago, ist eine Oase der Ruhe in der Sechs-<br />

Millionen-Metropole. Zwei Seilbahnen führen zum Gipfel, der Blick<br />

auf die Stadt am Rande der Andenkette ist berauschend. Auch die<br />

Chilenen können sich nicht sattsehen. Wann immer es geht, schnappen<br />

sie ihre Mountainbikes und quälen sich auf den Gipfel.<br />

Karen Naundorf lebt in Buenos Aires<br />

und schreibt für deutsche Zeitschriften<br />

und Magazine aus Südamerika.Tet<br />

luptat la consent ad enim<br />

An Wochentagen hasse ich den Cerro San Cristóbal. Er lie<strong>gt</strong> genau<br />

da, wo man langfahren müsste, um vom Zentrum Santiagos in das<br />

Büroviertel Ciudad Empresarial, zum Flughafen oder in die Vororte<br />

im Norden zu gelangen. Gut, der Berg hat keine Schuld, er war ja zuerst<br />

da. Trotzdem nervt es, den einzigen Weg einzuschlagen, der<br />

auf die andere Seite des Cerros führt: Die doppelspurige Autobahn,<br />

„Piramide“ genannt, lehnt sich steil an den Berg an, hat enge Kurven,<br />

es gibt Staus und Auffahrunfälle.<br />

Doch die Tage des Hasses sind gezählt: Der Cerro ist durchbohrt,<br />

Meter für Meter wurde der Fels zurückgedrän<strong>gt</strong>. Und so führen nun<br />

zwei knapp zwei Kilometer lange Röhren durchs Massiv. Sobald sie<br />

eröffnet werden, verbindet der Tunnel das Zentrum Santiagos mit<br />

der modernen Ringautobahn Vespucio Norte Express, wie der Tunnel<br />

ein HOCHTIEF- Projekt. Ich habe mir diesen Tunnel gewünscht,<br />

lange, bevor ich nun als eine der Ersten hinein darf: Einmal, nach<br />

einem Interview im Finanzdistrikt, wollte ich mit meiner Freundin<br />

Paola Mittag essen. Sie arbeitet auf der anderen Seite des Berges.<br />

Natürlich gab es Stau. Als ich ankam, war ich genervt und Paolas<br />

Pause längst vorbei.<br />

Karen Naundorf lebt in Buenos Aires<br />

und schreibt für deutsche Zeitschriften<br />

und Magazine aus Südamerika.Tet<br />

luptat la consent ad enim<br />

dolutpat, quisi ex essi.Pisciduis<br />

nullamcommy nos am, conummod<br />

ent ilis aliquam consequisl ea facin<br />

ero del dolorpe raestisci tat nonum-<br />

Karen Naundorf lebt in Buenos<br />

Aires und schreibt für<br />

deutsche Zeitschriften und<br />

Magazine aus Südamerika.<br />

Auch Don Jaime, der Betreiber einiger Fußballplätze, freut sich auf<br />

den Tunnel: Nach einem tödlichen Unfall auf der steilen Piramide<br />

hatten zwei Schulen ihre Abonnements gekündi<strong>gt</strong>. Die Elternbeiräte<br />

beschlossen, die Kinder erst wieder zum Fußball zu schicken, wenn<br />

der Tunnel eröffnet wird. Dass er nötig ist, zeigen auch die Baukräne<br />

im Finanzdistrikt, „Sanhattan“ genannt. Hier entstehen das größte<br />

Shoppingcenter der Stadt und der höchste Wolkenkratzer Südamerikas.<br />

Auf der anderen Seite des Berges, wo Paola arbeitet, wird<br />

zurzeit die verfügbare Bürofläche mehr als verdoppelt. Bisher drängeln<br />

sich alle, die an diesem Boom teilhaben, über die Piramide.<br />

Der Tunnel wurde nach europäischen Sicherheitsstandards gebaut,<br />

40 Kameraaugen sind auf die Spuren gerichtet. Klar, durchzufahren<br />

wird je nach Tageszeit umgerechnet 0,20 bis 0,50 Euro kosten, das<br />

ist ja das Konzept: Unternehmen investieren, das Geld kommt durch<br />

Mauteinnahmen wieder herein. Aber anstatt 16 Kilometer über die<br />

Piramide hin und zurück zu fahren, künftig den Berg zu durchqueren<br />

und nur sechs Kilometer zu fahren – das spart Nerven und Benzin.<br />

30 Jahre lang wird das Konsortium den Tunnel betreiben, danach<br />

gehört er dem Staat.<br />

Anhalten muss man fürs Bezahlen übrigens nicht, dafür sor<strong>gt</strong> der<br />

Transponder, ein kleiner Apparat, der ein Signal gibt, wenn man unter<br />

einer Mautbrücke durchfährt. Mehr als eine Million Fahrzeuge –<br />

also fast der gesamte Fuhrpark Santiagos – haben bereits eines dieser<br />

Geräte installiert. So wird auch auf der Vespucio-Norte-Autobahn<br />

abgerechnet, die Nutzer wählten sie kürzlich zur besten Santiagos.<br />

Seit zwei Jahren ist der Vespucio Norte Express in Betrieb: Statt der<br />

ehemals vier Spuren gibt es nun zehn. Wo heute Fußgängerbrücken<br />

und Unterführungen sind, waren früher Kreuzungen mit Ampeln.<br />

Daran erinnert sich kaum jemand, die gute Anbindung ist längst eine<br />

Selbstverständlichkeit. Aber es ist ja nur gesund, alten Ärger<br />

verblassen zu lassen. Und um dich, lieber Berg, muss ich mich nun<br />

bald nicht mehr herumquälen.<br />

HOCHTIEF #02/2008<br />

#02/2008 HOCHTIEF


Titel<br />

Corinna Jessen ist in Griechenland zweisprachig<br />

aufgewachsen und berichtet aus<br />

der Region regelmäßig für deutsche Fernsehsender<br />

und Zeitungen.<br />

Griechenland<br />

Corinna Jessen auf der<br />

Strecke zwischen Maliakos und Kleidi<br />

Ich wünschte, ich hätte die Reise schon hinter mir. So ist es immer,<br />

wenn ich mich auf den Weg zu unseren Verwandten im Norden mache<br />

und die 520 Kilometer zwischen Athen und Thessaloniki bewältigen<br />

muss. Besonders an den Wochenenden ist diese Hauptachse<br />

des griechischen Straßennetzes regelmäßig überlastet. Autobahnabschnitte<br />

wechseln sich hier mit langen Landstraßen-Kilometern<br />

ab. Die sonntägliche Unfallliste liest sich wie der Einlieferungsbericht<br />

eines großen Krankenhauses.Und das, obwohl mehrere Abschnitte<br />

seit Jahrzehnten vom Staat bemautet werden.<br />

Im „Hufeisen des Todes“, wie die Maliakos-Bucht wegen der vielen<br />

Unfälle genannt wird, schiebt sich der Wochenendverkehr über die<br />

Landstraße Richtung Stylida. Das soll von hier ab demnächst anders<br />

werden – durch ein PPP-Projekt: Das Konsortium Aegean Motorway,<br />

in dem HOCHTIEF PPP Solutions mit 35 Prozent größter Anteilseigner<br />

ist, wird 230 Kilometer durchgehende Autobahn ausbauen<br />

und mittels neuer Tunnelstrecken sicherer und schneller<br />

gestalten. So soll die Anbindung an die Trasse bis Thessaloniki geschaffen<br />

werden. Auch in punkto Befahrbarkeit hat sich das Konsortium<br />

hohe Ziele gesteckt: Zwei neue Straßenmeistereien sollen für<br />

optimalen Straßenzustand sorgen, ein Winterdienst das Schneechaos<br />

der griechischen Winter bändigen.<br />

Der schwerste Brocken aber ist, das Tempi-Tal zu umgehen. So unangenehm<br />

das Stück zu befahren ist, so überwältigend ist die Landschaft<br />

hier. Wie die meisten Reisenden halte ich deshalb vor dem Tal<br />

auf einem überfüllten Parkplatz. Es lohnt sich, von hier aus an grünen<br />

Berghängen zu dem Flüsschen hinunterzusteigen, dessen Was-<br />

Karen Naundorf lebt in Buenos<br />

Aires und schreibt für<br />

deutsche Zeitschriften und<br />

Magazine aus Südamerika.<br />

ser nicht nur angenehm kühl ist, sondern nach fester Überzeugung<br />

gläubiger Griechen auch Wunder vollbrin<strong>gt</strong>. Ein Schutzengel ist tatsächlich<br />

zu gebrauchen für die nun folgende, 16 Kilometer lange<br />

Strecke durch das Tal. Auf kurvig enger Straße klemme ich hinter<br />

einem Laster aus Bulgarien und kann die Straße nirgends einsehen.<br />

Es geht maximal mit Tempo 50 vorwärts, Überholen ist streng untersa<strong>gt</strong>.<br />

Wer das Verbot missachtet, wird nicht selten mit dem Unfalltod<br />

bestraft und reißt noch andere mit ins Unglück. Eine Marmortafel<br />

zu meiner Rechten erinnert an eine der schlimmsten<br />

Tragödien: Ein Lkw war 2003 in einen Ausflugsbus von Schülern gerast.<br />

21 Menschen kamen ums Leben.<br />

Ich blicke auf das bulgarische Nummernschild vor mir und die Berghänge<br />

neben mir und sehne die drei geplanten Tunnel von insgesamt<br />

gut elf Kilometern Länge herbei. Bereits in drei Jahren, enorm<br />

schnell für eine so komplexe Bauaufgabe, sollen sie eine Autobahn<br />

aufnehmen und am Tal der Qual vorbeiführen. Dass Griechen solchen<br />

Ankündigungen misstrauen, ist verständlich nach jahrelangen<br />

Versprechungen, denen im staatlichen System kaum Taten fol<strong>gt</strong>en.<br />

Dem Ärger über die seit einigen Monaten in beiden Richtungen erhobene,<br />

leicht erhöhte Mautgebühr ist wohl am nachhaltigsten zu<br />

begegnen, indem die ersehnten Tunnel zügig fertig gestellt werden.<br />

Nachdem ich die endlosen Serpentinen hinter mir gelassen habe,<br />

merke ich, wie hungrig ich nach fast fünfstündiger Fahrt bin. Das<br />

Verpflegungsangebot auf der Strecke war dürftig. Auch das wird<br />

sich mit jeweils fünf neuen Raststätten in beiden Richtungen ändern.<br />

Davon habe ich zwar heute noch nichts, bin aber auch fast am<br />

Ziel: Aghios Pandeleimonas an den Ausläufern des Olymp. Artig<br />

Mühsame<br />

Modernisierung<br />

Bernward Kulle, Sprecher der<br />

Geschäftsführung von HOCHTIEF<br />

PPP Solutions, über den Markt für<br />

Mautstraßen in Deutschland und die<br />

zähen Widerstände gegen Innovation<br />

concepts Andere Länder haben fast ihr gesamtes Autobahnnetz<br />

über Maut finanziert. Warum tut sich Deutschland noch<br />

schwer damit, solche Systeme zu akzeptieren?<br />

Kulle Die Lkw-Maut wird inzwischen breit akzeptiert. Vorbehalte<br />

gibt es jedoch gegen jede Form von Pkw-Maut. Einige<br />

wenige solcher Strecken gibt es ja auch in Deutschland, zum<br />

Beispiel den Herrentunnel in Lübeck. Die Menschen erwarten<br />

einfach, dass der Staat die Infrastruktur über bereits vorhandene<br />

Steuern finanziert. Sie sind nicht bereit, für kürzere und<br />

modernere Strecken extra zu zahlen und fahren lieber weite<br />

Umwege.<br />

concepts Es gibt in Deutschland derzeit nur drei Autobahnabschnitte,<br />

bei denen Bau und Betrieb über die Lkw-Maut finanziert<br />

wird. Warum zögerte die Politik auch hier?<br />

Kulle Das Beharrungsvermögen der Behörden ist erheblich.<br />

Das Engagement des Bundes für PPP-Projekte im Straßenbau<br />

ist 2001 unter dem optimistischen Namen „Bauen jetzt“ verkündet<br />

worden. Das erste Projekt startete dann sechs Jahre<br />

später.<br />

concepts Privatisierungen stehen unter dem Generalverdacht,<br />

dass nur die Gewinne privatisiert werden, Verluste und Schulden<br />

aber beim Staat bleiben. Sind in PPP gebaute Straßen ein<br />

schlechtes Geschäft für den Staat?<br />

Kulle Im Gegenteil. Es ist sogar nachgewiesen, dass sie schneller<br />

fertig werden als andere, weil die Motivation der Privaten<br />

viel höher ist. Wir leben direkt von den Maut-Einnahmen. Baustellen<br />

behindern den Verkehr und damit das Geschäft.<br />

concepts Was sind mögliche Nachteile von PPP-Projekten im<br />

Straßenbau?<br />

Kulle Ein Hemmnis ist die hohe Komplexität. Schon im Vertrag<br />

müssen alle Themen für die nächsten 30 Jahre angesprochen<br />

sein. Das stellt große Anforderungen an alle Beteili<strong>gt</strong>en. Aber<br />

wer sich darauf einlässt, profitiert. Unsere kompetentesten<br />

Verhandlungspartner auf Behördenseite haben danach oft<br />

sehr schnell Karriere gemacht. Kein Wunder, denn PPP-Projekte<br />

stehen für Verwaltungsmodernisierung und Strukturwandel<br />

in unserem Land.<br />

concepts Fahren wir in Deutschland bald häufiger auf privat<br />

betriebenen Autobahnen?<br />

Kulle Das wäre angesichts des rasant steigenden Güterver-<br />

HOCHTIEF #02/2008 #02/2008 HOCHTIEF 10

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