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Das Gartenreich Dessau-Wörlitz als Wirtschaftsfaktor

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<strong>Gartenreich</strong>-RZ 28.03.2002 11:38 Uhr Seite 74<br />

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DAS GARTENREICH DESSAU – STUDIE NORD/LB<br />

ser historischen Gartenlandschaften <strong>als</strong> Markensäule hat<br />

das Ziel, die Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts bei in- und<br />

ausländischen Touristen <strong>als</strong> unverkennbares Erscheinungsbild<br />

zu sichern. Ein weiteres touristisches Schwerpunktthema<br />

31 des Landes ist das „UNESCO Weltkulturund<br />

-naturerbe“, wozu auch das <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong>er <strong>Gartenreich</strong><br />

zählt.<br />

Die regionale, an die Landesmarketingstrategie angepasste<br />

Angebotsentwicklung und Umsetzung der touristischen<br />

Produkte im Innenmarketing obliegt dem Fremdenverkehrsverband<br />

Anhalt-Wittenberg e.V., der die Angebote<br />

unter dem Slogan „IdeenReich Anhalt-Wittenberg“ aufarbeitet.<br />

Ein anderer regionaler sowie europäischer Ansatz<br />

der Vermarktung des <strong>Gartenreich</strong>s thematisiert die historische<br />

Verbundenheit der Anlagen zum Haus Nassau-<br />

Oranien. Die von der Deutschen Zentrale für Tourismus<br />

ausgearbeitete „Oranje Route“ verbindet 25 niederländische<br />

und deutsche Städte und Regionen, die an den kulturellen,<br />

politischen und sozialen Einfluss der Oranier erinnern<br />

und von Amsterdam bis Schwerin reichen (vgl.<br />

DEUTSCHE ZENTRALE FÜR TOURISMUS 2001).<br />

Die Entdeckungsreise in die Geschichte der Oranier thematisiert<br />

z.B. die Kunstschätze von Nassau-Oranien, die<br />

sich in den <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong>er Sammlungen befinden (z.B.<br />

im Museum Schloss Mosigkau oder in der Anhaltischen<br />

Gemäldegalerie im Schloss Georgium), Anhalt-Wittenberg<br />

<strong>als</strong> Region und im speziellen Oranienbaum.<br />

Die Bekanntheit der UNESCO-Welterbestätten Deutschlands<br />

32 im In- und Ausland zu steigern, ist Ziel des neugegründeten<br />

Vereins „UNESCO-Welterbestätten Deutschland“<br />

mit Sitz im sachsen-anhaltinischen Quedlinburg, dem<br />

unter anderem die Deutsche Zentrale für Tourismus, die<br />

Deutsche UNESCO-Kommission, die Kulturstiftung <strong>Dessau</strong><strong>Wörlitz</strong><br />

und die Landesmarketinggesellschaft Sachsen-<br />

Anhalt <strong>als</strong> Mitglieder angehören. Die deutschen Welterbestätten<br />

sollen im Verbund präsentiert und für Reisen in und<br />

nach Deutschland <strong>als</strong> Imageträger positioniert werden. 33<br />

Als weiterer strategischer Ansatz steht die Vermarktung<br />

der bedeutenden UNESCO Kultur- und Naturerbestätten<br />

der Region (<strong>Gartenreich</strong> <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong>, Bauhausbauten<br />

in <strong>Dessau</strong>, Lutherstätten in Wittenberg, Biosphärenreser-<br />

vat Flusslandschaft Mittlere Elbe) <strong>als</strong> regionale Dachmarke<br />

in Vorbereitung. Dieser Ansatz deckt ein thematisch<br />

breites Spektrum des kulturellen Erbes von der Reformation<br />

bis zum Bauhaus ab. Durch diese Partnerschaft können<br />

finanzielle Ressourcen für eine effektivere Vermarktung<br />

gebündelt werden, und somit der hohen kulturellen<br />

Attraktivität der Region gezielt Ausdruck verleihen.<br />

So ist die Vermarktung des <strong>Gartenreich</strong>s <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong><br />

geprägt durch unterschiedliche Strategieansätze auf verschiedenen<br />

Ebenen, die sich gegenseitig sinnvoll ergänzen<br />

können, wenngleich bislang ein ganzheitliches Konzept<br />

für das <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong>er <strong>Gartenreich</strong> fehlt:<br />

• Verbund Gärten (Gartenträume)<br />

• Verbund Wassertourismus (Blaues Band)<br />

• Verbund Oranier-Stätten (Oranje Route)<br />

• Verbund Welterbestätten Deutschland<br />

• Verbund Welterbestätten Sachsen-Anhalt<br />

• Verbund Welterbestätten regional<br />

(<strong>Gartenreich</strong> <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong>, Bauhausbauten in<br />

<strong>Dessau</strong>, Lutherstätten in Wittenberg, Biosphärenreservat<br />

Flusslandschaft Mittlere Elbe)<br />

• Innenmarketingkooperation Region:<br />

„IdeenReich Anhalt-Wittenberg“<br />

6.2 VERMARKTUNG ENGLISCHER GÄRTEN IN<br />

GROßBRITANNIEN<br />

In Großbritannien wächst seit einigen Jahrzehnten die<br />

Erkenntnis der wirtschaftlichen Bedeutung historischer<br />

Parks und Gärten. Diese Tatsache lässt sich aus der ausgeprägten<br />

touristischen Nutzung und Vermarktung dieser<br />

Ressource herleiten und aus der Tatsache, dass es aus ver-<br />

31 Zentrale touristische Landesthemen sind außerdem: Sachsen-Anhalt -<br />

Luthers Land und Musikland Sachsen-Anhalt.<br />

32 Die Welterbeliste der UNESCO verzeichnet zur Zeit 721 Kultur- und Naturstätten<br />

in 124 Staaten. 25 liegen davon in Deutschland und fünf in Sachsen-<br />

Anhalt (vgl. http://www.unseco.de/c_arbeitsgebiete/welterbe_neuaufnahmen.htm,<br />

aufgerufen am 18.12.2001).<br />

33 Vgl. http://www.unesco.de/pdf/ua38-01-pdf, aufgerufen am 17.12.2001.<br />

schiedenen, insbesondere auch politisch-steuerlichen<br />

Gründen, seit den 1950er Jahren und verstärkt seit den<br />

1970er Jahren zu einer zunehmenden touristischen Öffnung<br />

vieler historischer Gartenanlagen kam. Heute stellen<br />

die britischen Gärten mit ihren rund 16 Millionen (1998)<br />

Besuchen (vgl. HANNA 1999, S. 8) eine bedeutende<br />

Komponente des Tourismusmarktes dar, die mit rund 4<br />

vH der Besuche britischer Sehenswürdigkeiten in den<br />

Tourismusstatistiken <strong>als</strong> eigene Kategorie aufgeführt sind.<br />

Nicht eingeschlossen in diese Zahlen sind Besuche in<br />

historischen Schlössern und Herrenhäusern, die neben<br />

ihrer Bedeutung <strong>als</strong> Gebäude oftm<strong>als</strong> auch Gärten und<br />

Parks vorzuweisen haben, die in nicht geringem Maße zur<br />

Attraktivität der Anwesen für den Tourismus beitragen.<br />

Verschiedene Veröffentlichungen befassen sich aus den<br />

oben erwähnten Gründen auch mit der statistischen Darstellung<br />

zum Gartentourismus und den daraus sich ergebenden<br />

ökonomischen Wirkungen. Hierunter fallen der<br />

jährlich erscheinende English Tourism Council-Bericht<br />

„Sightseeing in the UK“ (HANNA 1999) und „The Heritage<br />

Monitor“ (HANNA 2000), die sowohl zur Anzahl<br />

der Gartenbesucher in den erfassten und dem Publikum<br />

offen stehenden Anlagen, <strong>als</strong> auch zu ökonomischen<br />

Aspekten des Gartenbesuchs statistisch belegte Aussagen<br />

treffen.<br />

Hierin wird festgehalten, dass die Besucherzahlen in Gärten<br />

und Parks seit 1976 bis zum Jahr 1998 stetig gestiegen<br />

sind, und dass die Gärten in Großbritannien seit 1985 kein<br />

einziges Jahr unter den Vorjahreszahlen liegende Besucherzahlen<br />

vorzuweisen hatten (vgl. HANNA 1999, S. 5).<br />

Insgesamt können diese Statistiken in den letzten 22 Jahren<br />

einen Anstieg der Besucherzahlen in britischen Gärten<br />

und Parks um 87 vH verzeichnen, wobei im gleichen Zeitraum<br />

der Besuch anderer Attraktionen im Gesamtdurchschnitt<br />

nur einen Anstieg von 47 vH und der Besuch von<br />

historischen Gebäuden und Museen nur von 34 vH bzw.<br />

30 vH aufweisen konnte (vgl. ebenda, S. 11). Hierin zeigt<br />

sich ganz deutlich der zunehmende Reiz der grünen Ressource<br />

Garten in der Öffentlichkeit. Der aus diesem Trend<br />

erwachsende wirtschaftliche Wert wurde in Großbritannien<br />

durch obige Statistiken belegt und erkannt.<br />

75<br />

VERMARKTUNG HISTORISCHER GÄRTEN<br />

Jedoch ist festzustellen, dass wenige Gärten Massenpilgerziele<br />

des Tourismus sind. Viele Anlagen haben weniger <strong>als</strong><br />

20.000 Besucher jährlich und nur 16 der 380 in der Statistik<br />

erfassten, regelmäßig geöffneten reinen Gärten haben<br />

mehr <strong>als</strong> 200.000 Besucher, nur 1 vH über 500.000 Besucher<br />

im Jahr. Der jährliche Durchschnitt pro Garten liegt<br />

bei rund 41.000 Besuchern (vgl. ebenda, S. 36f). Dennoch<br />

ergeben sich hieraus wirtschaftliche Wirkungen, die zwar<br />

in vielen Fällen nicht die ökonomische Unabhängigkeit<br />

der Einzelgärten garantieren, jedoch weitreichendere wirtschaftliche<br />

Folgewirkungen generieren.<br />

Ein Beispiel für die finanziellen Auswirkungen auch der<br />

Gartenöffnung stellt der National Trust dar, der 1998 beispielsweise<br />

£ 41,3 Mio. aus Eintrittsgeldern, Geschäftsumsätzen<br />

und gastronomischen Einrichtungen sowie £ 55,5<br />

Mio. aus der Mitgliederschaft seiner Unterstützer einnahm<br />

(vgl. ebenda, S. 5 u. 30). Diese Einnahmen sind für den<br />

National Trust <strong>als</strong> nicht-staatliche Organisation lebensnotwendig<br />

und dienen der Erhaltung des kulturellen Erbes<br />

in Großbritannien. Festzuhalten ist hierbei jedoch die Tatsache,<br />

dass diese Einnahmen sich nicht nur aus Gartenbesuchen<br />

und der Begeisterung für Gärten, sondern auch aus<br />

dem Besuch des weiteren, weitgestreuten Besitztumsspektrums<br />

des National Trust ergeben, bei dem Gärten zwar<br />

eine wichtige Rolle, aber nicht die wichtigste oder alleinige<br />

spielen.<br />

Der durchschnittliche Eintrittspreis in Gärten mit Eintritt<br />

liegt in Großbritannien bei £ 2,79 (rd. € 4,50), wobei Kindern<br />

häufig freier Eintritt gewährt wird (vgl. ebenda, S.<br />

29). Hierbei wurde der Bruttoumsatz in Gärten im Durchschnitt<br />

zu 55 vH aus Eintritten gedeckt, zu 13 vH aus<br />

gastronomischen Betrieben und zu 32 vH aus Verkaufseinrichtungen<br />

(vgl. ebenda, S. 47).<br />

Die Schaffung von Arbeitsplätzen in Gärten hat ebenfalls<br />

regionalwirtschaftliche Bedeutung in Großbritannien. So<br />

schafft die Gesamtanlage von Blenheim, bestehend aus<br />

Palast, Gärten und Landschaftspark, wie <strong>Dessau</strong>-<strong>Wörlitz</strong><br />

auf der UNESCO- Weltkulturerbe-Liste stehend, nordwestlich<br />

Oxfords beispielsweise 92 Arbeitsplätze, Westonbirt<br />

Arboretum in einer ländlichen Gegend Gloucestershires<br />

63 direkte Arbeitsstellen in der Gesamtanlage (vgl.

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