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Seeling-Modell - Akademische Arbeitsgemeinschaft Verlag

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Spezial Nr. 23<br />

<strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong>:<br />

Vorsteuerabzug für die<br />

Unternehmer-Wohnung<br />

‣ Voraussetzungen für<br />

Vorsteuererstattung aus<br />

gesamten Baukosten<br />

‣ Rechtzeitige Zuordnung<br />

erforderlich<br />

‣ 10 %-Grenze beachten<br />

‣ Wie die private Nutzung<br />

besteuert wird<br />

‣ EU: <strong>Seeling</strong> endet zum<br />

31.12.2010


<strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong>:<br />

Vorsteuerabzug für die<br />

Unternehmer-Wohnung<br />

‣ Voraussetzungen für Vorsteuererstattung<br />

aus gesamten Baukosten<br />

‣ Rechtzeitige Zuordnung erforderlich<br />

‣ Wie die private Nutzung besteuert wird<br />

‣ EU: <strong>Seeling</strong> endet zum 31. 12. 2010


Spezial Nr.<br />

© 2010 by <strong>Akademische</strong> <strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>Verlag</strong><br />

Wolters Kluwer Deutschland GmbH<br />

Postfach 10 01 61 · 68001 Mannheim<br />

Telefon 0621/8 62 62 62<br />

Telefax 0621/8 62 62 63<br />

www.akademische.de<br />

2. überarbeitete Auflage<br />

Stand: März 2010<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede<br />

Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne<br />

Zustimmung des <strong>Verlag</strong>s unzulässig. Das gilt insbesondere für die Vervielfältigung,<br />

Übersetzung, Mikroverfilmung sowie Einspeicherung und Verarbeitung in<br />

elektronischen Systemen.<br />

Alle Angaben wurden nach genauen Recherchen sorgfältig verfasst;<br />

eine Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben ist jedoch ausgeschlossen.<br />

Redaktion: Marianne Schumm<br />

<strong>Verlag</strong>sleitung: Frank Schellmann<br />

ISBN: 978-3-86817-110-5


<strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Inhaltsübersicht<br />

Seite I<br />

Inhaltsübersicht<br />

A. GeaÈ nderte Rechtsprechung beim Vorsteuerabzug ........... 1<br />

I. Inhalt des <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong>s ............................. 1<br />

II. <strong>Seeling</strong>-Urteil des EuropaÈ ischen Gerichtshofs ................. 1<br />

III. Reaktionen von Finanzverwaltung und Gesetzgeber ............. 2<br />

IV. EndguÈltiges Aus fuÈ r das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> ..................... 3<br />

B. Voraussetzungen fuÈ r das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> .................. 5<br />

I. Privatwohnung in einem gemischt genutzten GebaÈ ude ........... 5<br />

II. Sie erzielen umsatzsteuerpflichtige UmsaÈtze .................. 6<br />

III. Die 10 %-Grenze .................................. 9<br />

IV. Zuordnung des GebaÈ udes zum UnternehmensvermoÈgen ........... 12<br />

C. So wird die Privatnutzung besteuert ..................... 20<br />

I. Bemessungsgrundlage fuÈ r die Umsatzsteuer .................. 20<br />

II. Anteilige Abschreibung (Umsatzsteuer-AfA) .................. 21<br />

III. Laufende Kosten ................................... 23<br />

IV. Einkommensteuerliche Auswirkungen ...................... 24<br />

D. Wenn sich die Nutzung aÈndert ......................... 27<br />

I. Das Problem der Vorsteuerberichtigung ..................... 27<br />

II. Unproblematische NutzungsaÈ nderungen .................... 29<br />

E. Besonderheiten bei Ehepartnern ........................ 31<br />

I. Umsatzsteuerpflichtige Vermietung an Unternehmer-Ehegatten ...... 31<br />

II. Miteigentum und unentgeltliche UÈ berlassung ................. 32<br />

F. Die GrundstuÈ cksentnahme ist umsatzsteuerfrei ............. 36<br />

I. Wann es zu einer Entnahme kommt ....................... 36<br />

II. Entnahme: Jetzt doch nicht umsatzsteuerpflichtig .............. 36<br />

G. Amtliche Dokumente ................................ 39<br />

I. BMF-Schreiben vom 30. 3. 2004 (Zuordnung) ................. 39<br />

II. BMF-Schreiben vom 13. 4. 2004 (unentgeltliche Wertabgabe und Entnahme) 41<br />

III. BMF-Schreiben vom 13. 4. 2004 (Bemessungsgrundlage) .......... 44<br />

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Seite II<br />

<strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Inhaltsübersicht<br />

IV. OFD Rheinland vom 13. 2. 2006 (einkommensteuerliche Auswirkungen) . 47<br />

V. BMF-Schreiben vom 22. 9. 2008 (GrundstuÈcksentnahme) .......... 48<br />

VI. VerfuÈ gung der OFD Koblenzvom 4. 11. 2008 (Umsetzung der<br />

<strong>Seeling</strong>-Rechtsprechung) .............................. 49<br />

VII. VerfuÈ gung der OFD Karlsruhe vom 28. 1. 2009, S 7300 (teilweise<br />

Privatnutzung eines BetriebsgebaÈudes) ..................... 58<br />

VIII.Artikel 168 a Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie ................. 65<br />

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Geänderte Rechtsprechung beim Vorsteuerabzug<br />

A. GeaÈnderte Rechtsprechung beim Vorsteuerabzug<br />

I. Inhalt des <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong>s<br />

<strong>Seeling</strong>-Urteil des Europäischen Gerichtshofs Seite 1<br />

Wenn Sie ein GebaÈude errichten, das Sie zum Teil fuÈr umsatzsteuerpflichtige<br />

UmsaÈtze und zum Teil fuÈr sich privat als Wohnung nutzen, koÈnnen Sie dieses<br />

GebaÈude insgesamt Ihrem UnternehmensvermoÈgen zuordnen. Das Finanzamt<br />

erstattet Ihnen dann aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten die gesamte<br />

Ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer ± also auch den Teil, der auf die<br />

anteiligen Baukosten fuÈr Ihre Privatwohnung entfaÈllt.<br />

DafuÈr muÈssen Sie dann zehn Jahre lang Umsatzsteuer auf die Privatnutzung an<br />

das Finanzamt zahlen. Im Ergebnis haben Sie daraus einen Zins- und LiquiditaÈtsvorteil,<br />

der jedoch mit gewissen Risiken erkauft wird.<br />

Sowohl Rechtsprechung als auch Finanzverwaltung haben nach laÈngerem Widerstand<br />

das aus einem Urteil des EuropaÈischen Gerichtshofs resultierende sogenannte<br />

<strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> akzeptiert. Wegen der Reaktionen der Verwaltung und<br />

des Gesetzgebers auf diese umsatzsteuerliche Gestaltung hat das <strong>Modell</strong> jedoch<br />

viel von seiner urspruÈnglichen AttraktivitaÈt verloren.<br />

II. <strong>Seeling</strong>-Urteil des Europäischen Gerichtshofs<br />

Der Unternehmer Wolfgang <strong>Seeling</strong> ist mittlerweile zu einer BeruÈhmtheit im<br />

deutschen Umsatzsteuerrecht geworden. Er hat einen Baumpflege- und Gartenbaubetrieb<br />

in Starnberg und errichtete 1995 ein zweigeschossiges GebaÈude mit<br />

Baukosten von netto ca. Q 600 000, -- . Das Erdgeschoss (ca. 60 %) nutzte er als<br />

Gewerbe- und BuÈroraÈume, das Obergeschoss (ca. 40 %) als eigene Wohnung.<br />

Herr <strong>Seeling</strong> ordnete das gesamte GebaÈude seinem UnternehmensvermoÈgen<br />

zu. Er zog in seiner UmsatzsteuererklaÈrung 1995 die VorsteuerbetraÈge aus<br />

den Baukosten von insgesamt Q 85 973,06 in voller HoÈhe ab. Davon entfielen<br />

Q 34 293,65 auf die Privatwohnung. Auf der anderen Seite erklaÈrte er fuÈr die<br />

private Nutzung steuerpflichtigen Eigenverbrauch in HoÈhe von Q 5 359, -- .DafuÈr<br />

zahlte er ans Finanzamt Umsatzsteuer von Q 803,85 (15 % von Q 5 359, -- ).<br />

Entsprechend der bisherigen Rechtsauffassung strich ihm das Finanzamt den<br />

Vorsteuerabzug fuÈr die eigene Wohnung von Q 34 293,65, setzte aber auch keine<br />

Umsatzsteuer fuÈr den Eigenverbrauch an. Denn die Nutzung der Privatwohnung<br />

wurde gleichgesetzt mit der umsatzsteuerfreien Vermietung einer Wohnung.<br />

Weil danach mit der Privatwohnung keine umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen<br />

erzielt wurden, war auch der Vorsteuerabzug aus den Baukosten daraus<br />

nicht zulaÈssig.<br />

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Seite 2<br />

Geänderte Rechtsprechung beim Vorsteuerabzug<br />

Reaktionen von Finanzverwaltung und Gesetzgeber<br />

Schlieûlich landete der hartnaÈckige Herr <strong>Seeling</strong> mit seiner Revision beim Bundesfinanzhof<br />

in MuÈnchen, der den Fall zur UÈ berpruÈfung dem EuropaÈischen Gerichtshof<br />

vorlegte.<br />

Drei Jahre spaÈter liegt das bahnbrechende Urteil des EuGH vor (EuGH, Urteil<br />

vom 8. 5. 2003, Rs. C - 269/00, BStBl. 2004 II S. 378). Quintessenz: Die bisherige<br />

deutsche Rechtsauffassung und Verwaltungspraxis ist nicht mit EU-Recht<br />

vereinbar. Richtig ist vielmehr:<br />

± Eine Umsatzsteuerbefreiung existiert im Gemeinschaftsrecht der EU nur fuÈr<br />

eine tatsaÈchliche Wohnungsvermietung, nicht aber fuÈr die eigene Nutzung<br />

einer Wohnung durch den Unternehmer.<br />

± Ordnet ein Unternehmer ein gemischt genutztes GebaÈude insgesamt seinem<br />

UnternehmensvermoÈgen zu, so ist die private Nutzung der Wohnung wie<br />

eine sonstige Leistung und damit als umsatzsteuerpflichtig anzusehen.<br />

± Mit der Umsatzsteuerpflicht fuÈr die private Nutzung oÈffnet sich die TuÈr zum<br />

Vorsteuerabzug fuÈr die anteiligen Baukosten, die auf die Privatwohnung entfallen.<br />

Kurz darauf setzt der Bundesfinanzhof in seiner Folgeentscheidung das Urteil<br />

aus Luxemburg 1: 1 um (BFH-Urteil vom 24. 7. 2003, V R 39/99, BStBl. 2004 II<br />

S. 371). Der BFH spricht Wolfgang <strong>Seeling</strong> den vollen Vorsteuerabzug aus den<br />

gesamten Baukosten des GebaÈudes zu. FuÈr Herrn <strong>Seeling</strong> hat sich das Verfahren<br />

gelohnt: Er bekommt im Nachhinein fuÈr das Jahr 1995 eine Vorsteuererstattung<br />

von Q 33 489,80 auf sein Konto uÈberwiesen.<br />

Da die bisherige nationale Rechtsprechung dem uÈbergeordneten Gemeinschaftsrecht<br />

entgegensteht, bleibt den BFH-Richtern nichts anderes uÈbrig, als<br />

eine folgenschwere AÈ nderung der Rechtsprechung zu proklamieren. Damit<br />

hat der Unternehmer <strong>Seeling</strong> nach seinem acht Jahre dauernden Weg durch<br />

alle Instanzen schlieûlich auf der ganzen Linie gesiegt.<br />

III. Reaktionen von Finanzverwaltung und Gesetzgeber<br />

Die Finanzverwaltung hat auf die geaÈnderte Rechtsprechung mit mehreren BMF-<br />

Schreiben reagiert. Sie finden diese Texte am Ende des Beitrags. Die neuen<br />

GrundsaÈtze gelten fuÈr GebaÈude, die nach dem 30. 6. 2004 angeschafft oder hergestellt<br />

worden sind. Teilweise gelten sie aber auch fuÈr vorher fertiggestellte GebaÈude,<br />

wenn der Unternehmer dafuÈr das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> in Anspruch genommen<br />

hat. Der Gesetzgeber zog nach und verschaÈrfte mit Wirkung vom 1. 7. 2004 die<br />

Vorschrift zur Besteuerung der privaten Nutzung (§ 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG).<br />

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Geänderte Rechtsprechung beim Vorsteuerabzug<br />

Endgültiges Aus für das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> Seite 3<br />

Verwaltungsanweisungen zum Vorsteuerabzug fuÈr die<br />

Privatwohnung des Unternehmers (Fall <strong>Seeling</strong>)<br />

¨ BMF-Schreiben vom 30. 3. 2004, BStBl. 2004 I S. 451:<br />

Zuordnung eines GebaÈudes zum Unternehmen<br />

¨ BMF-Schreiben vom 13. 4. 2004, BStBl. 2004 I S. 468:<br />

Bemessungsgrundlage fuÈr die Umsatzsteuer bei der Privatwohnung<br />

des Unternehmers<br />

¨ BMF-Schreiben vom 13. 4. 2004, BStBl. 2004 I S. 469:<br />

Welchen Unternehmern steht der Vorsteuerabzug fuÈr die Privatwohnung<br />

zu?<br />

Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten GrundstuÈcks<br />

¨ BMF-Schreiben vom 22. 9. 2008, BStBl. 2008 I S. 895:<br />

Steuerbefreiung bei der Entnahme eines GrundstuÈcks aus dem Unternehmen<br />

Die folgenden AusfuÈhrungen beruÈcksichtigen die geaÈnderten Vorschriften im<br />

Umsatzsteuergesetz sowie die Verwaltungsanweisungen.<br />

IV. Endgültiges Aus für das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> ist bei Finanzverwaltung und Regierung verstaÈndlicherweise<br />

nicht beliebt, fuÈhrt es doch zu erheblichen SteuerausfaÈllen. Denn es kommt<br />

einem zinslosen Darlehen uÈber zehn Jahre gleich, das in HoÈhe des Vorsteuerguthabens<br />

auf die anteiligen Baukosten der Privatwohnung vom Fiskus an den<br />

Unternehmer gezahlt wird.<br />

Da die Rechtsprechung des EuropaÈischen Gerichtshofs Ausgangspunkt fuÈrdiese<br />

Gestaltung war, konnte auch nur auf EU-Ebene das <strong>Modell</strong> wieder gestoppt werden.<br />

Die EG-Kommission hat daher am 7. 11. 2007 dem Rat eine AÈ nderung der<br />

Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie vorgeschlagen. Infolge einer Initiative mehrerer<br />

EU-MitgliedslaÈnder hat nun der Rat der europaÈischen Union den Finanzierungsvorteil<br />

durch das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> beseitigt. Mit der Richtlinie<br />

2009 /162 /EU vom 22. 12. 2009, die am 15. 1. 2010 in Kraft getreten ist, wurde<br />

ein neuer Art. 168 a in die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie aufgenommen.<br />

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Seite 4<br />

Geänderte Rechtsprechung beim Vorsteuerabzug<br />

Endgültiges Aus für das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Danach ist der Vorsteuerabzug fuÈr ein gemischt genutztes GebaÈude nicht mehr<br />

wie bisher bei Zuordnung zum UnternehmensvermoÈgen zu 100 % moÈglich,<br />

sondern nur noch anteilig entsprechend dem unternehmerisch genutzten Teil.<br />

Ein Vorsteuerabzug fuÈr die auf die Privatwohnung entfallenden Baukosten ist<br />

demnach nicht mehr zulaÈssig. Eine spaÈtere ErhoÈhung der unternehmerischen<br />

Nutzung soll dann durch eine Vorsteuerberichtigung gemaÈû § 15 a UStG zugunsten<br />

des Unternehmers steuerlich beruÈcksichtigt werden.<br />

BEISPIEL<br />

Frau Karg nutzt in ihrem im Dezember 2011 neu errichteten Einfamilienhaus zwei<br />

RaÈume (20 %) fuÈr ihre umsatzsteuerpflichtige TaÈtigkeit als selbststaÈndige Pharmareferentin.<br />

Sie beantragt den Vorsteuerabzug fuÈr die Baukosten, die auf die unternehmerisch<br />

genutzten RaÈume entfallen, also aus 20 % der Baukosten.<br />

Ein Jahr spaÈter, ab Januar 2013, erhoÈht sich die betriebliche Nutzung auf 30 % der<br />

GesamtflaÈche. Entsprechend der RechtsaÈnderung soll in diesem Fall eine Vorsteuerberichtigung<br />

zugunsten gemaÈû § 15 a UStG moÈglich sein. Danach koÈnnte Frau Karg<br />

pro Jahr weitere anteilige Vorsteuer in HoÈhe von 10 % der Baukosten geltend machen<br />

± und das bei unveraÈnderter Nutzung neun Jahre lang bis zum Ende des Berichtigungszeitraums<br />

von 10 Jahren.<br />

<strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> nur noch bei Anschaffung/Fertigstellung bis 31. 12. 2010<br />

Der neue Art. 168 a der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie muss spaÈtestens zum<br />

1. 1. 2011 in deutsches Recht umgesetzt werden. Nach dem Referentenentwurf<br />

fuÈr das »Jahressteuergesetz 2010« vom MaÈrz 2010 soll das durch EinfuÈgen einer<br />

neuen Vorschrift in das Umsatzsteuergesetz geschehen (§ 15 Abs. 1 b - neu -<br />

UStG). Eine UÈ bergangsregelung ist nicht vorgesehen. Das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong> gibt<br />

es danach nur noch fuÈr GebaÈude, die vor dem 1. 1. 2011 fertiggestellt oder angeschafft<br />

werden (§ 27 Abs. 16 - neu - UStG). Interessierte muÈssen sich also sputen,<br />

wenn sie noch von der bisherigen Rechtslage profitieren wollen.<br />

Wird ein GebaÈude erst nach dem 31. 12. 2010 fertiggestellt und sind dafuÈr vor<br />

dem 1. 1. 2011 abgrenzbare Teilleistungen erbracht worden, kann der Unternehmer<br />

fuÈr diese noch den vollen Vorsteuerabzug geltend machen. Ab der erstmaligen<br />

Verwendung des GebaÈudes ist dann jedoch eine Vorsteuerberichtigung<br />

zum Nachteil des Unternehmers durchzufuÈhren. FuÈr ab dem 1. 1. 2011 bezogene<br />

Bauleistungen gibt es nur noch den der unternehmerischen Nutzung entsprechenden<br />

anteiligen Vorsteuerabzug.<br />

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Voraussetzungen für das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Privatwohnung in einem gemischt genutzten Gebäude Seite 5<br />

B. Voraussetzungen fuÈr das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Vom EuGH-Urteil in Form des Vorsteuerabzugs auf die Baukosten Ihrer Privatwohnung<br />

koÈnnen Sie nur profitieren, wenn eine ganze Reihe von Anforderungen<br />

erfuÈllt sind.<br />

Diese Voraussetzungen muÈssen erfuÈllt sein<br />

¨ Die Privatwohnung des Unternehmers liegt in einem gemischt genutzten<br />

GebaÈude.<br />

¨ Der unternehmerisch genutzte GebaÈudeteil wird fuÈr Leistungen verwendet,<br />

die den vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug ermoÈglichen.<br />

¨ Die unternehmerisch genutzte FlaÈche betraÈgt mindestens 10 % der<br />

FlaÈche des GesamtgebaÈudes.<br />

¨ Der Unternehmer hat das GesamtgebaÈude einschlieûlich Privatwohnung<br />

seinem UnternehmensvermoÈgen zugeordnet.<br />

I. Privatwohnung in einem gemischt genutzten Gebäude<br />

Voraussetzung ist immer, dass ein einheitliches GebaÈudeteils unternehmerisch,<br />

teils vom Unternehmer als private Wohnung genutzt wird. Wenn der Unternehmer<br />

eine Wohnung unentgeltlich an AngehoÈrige uÈberlaÈsst, wird dies ebenfalls<br />

als private Wohnungsnutzung angesehen.<br />

Meist wird es sich um ein mehrgeschossiges GebaÈude mit unterschiedlicher<br />

Nutzung auf den einzelnen Stockwerken handeln. Aber auch eine Eigentumswohnung<br />

oder ein Einfamilienhaus kann ein solches gemischt genutztes GebaÈude<br />

sein. Voraussetzung: Die Wohnung oder das Einfamilienhaus wird vom Unternehmer<br />

teilweise unternehmerisch, teilweise privat genutzt.<br />

Eine unternehmerische Nutzung liegt vor bei<br />

± Nutzung von RaÈumen fuÈr den eigenen Betrieb;<br />

± Vermietung von RaÈumen an andere Unternehmer;<br />

± privater Wohnungsvermietung.<br />

n In diesen Fällen ist der Vorsteuerabzug nicht möglich<br />

± Ein mehrgeschossiges GebaÈude besteht aus zwei Einheiten in Form von Wohnungseigentum<br />

(ausschlieûlich als eigene Privatwohnung genutzt) und Teileigen-<br />

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Seite 6<br />

Voraussetzungen für das <strong>Seeling</strong>-<strong>Modell</strong><br />

Sie erzielen umsatzsteuerpflichtige Umsätze<br />

tum (ausschlieûlich unternehmerisch genutzt): Es handelt sich dann nicht um ein<br />

einheitliches gemischt genutztes GebaÈude im Sinne der EuGH-Rechtsprechung.<br />

± Die Wohnung des Unternehmers befindet sich in einem privat genutzten Einfamilienhaus<br />

oder einer privat genutzten Eigentumswohnung. Die unternehmerisch<br />

genutzten RaÈume liegen separat.<br />

BEISPIEL<br />

Der Unternehmer Herr Fleischle hat 2007 im Gewerbegebiet eine neue Produktionshalle<br />

und direkt daneben ein neues Einfamilienhaus errichtet, in dem er mit<br />

seiner Familie wohnt. Da das Einfamilienhaus ausschlieûlich privat genutzt wird,<br />

kann es nicht dem UnternehmensvermoÈgen zugeordnet werden. Herr Fleischle<br />

kann von der Rechtsprechung des EuGH nicht profitieren.<br />

± A uch fuÈr vermietete Wohnungen ist nach wie vor ein Vorsteuerabzug nicht<br />

moÈglich. Denn hier liegt immer eine umsatzsteuerfreie Leistung vor, die den<br />

Vorsteuerabzug ausschlieût.<br />

BEISPIEL<br />

Das Erdgeschoss nutzt der Unternehmer im Rahmen eines Gewerbebetriebs als<br />

Restaurant. Das Obergeschoss hat er privat vermietet. Der Vorsteuerabzug ist<br />

nur fuÈr das Restaurant, nicht aber fuÈr die vermietete Wohnung moÈglich.<br />

II. Sie erzielen umsatzsteuerpflichtige Umsätze<br />

Laut EuropaÈischem Gerichtshof ist eine weitere Voraussetzung fuÈr den Vorsteuerabzug<br />

auf die Privatwohnung, dass das GebaÈude »zum vollen oder teilweisen<br />

Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer berechtigt hat«. Das bedeutet, dass Sie<br />

mit den unternehmerisch genutzten RaÈumen in dem gemischt genutzten GebaÈude<br />

zumindest zum Teil umsatzsteuerpflichtige UmsaÈtze erzielen, die zum<br />

Vorsteuerabzug berechtigen.<br />

n Sie nutzen Räume für Ihren eigenen Betrieb<br />

AmhaÈufigsten ist sicher der Fall, dass ein Unternehmer das GebaÈude teilweise<br />

fuÈr seinen eigenen Betrieb nutzt und er damit umsatzsteuerpflichtige UmsaÈtze<br />

mit Vorsteuerabzug erzielt (z. B. Architekt, Rechtsanwalt, Unternehmensberater,<br />

Handwerker usw.). Genau uÈber einen solchen Fall wurde im <strong>Seeling</strong>-Urteil<br />

entschieden.<br />

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