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Nondualismus in Theorie und Praxis als Grundlage der - IPPM

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erfährt. Shankara sieht <strong>in</strong> Nichtwissen eher e<strong>in</strong>en unerwünschten Zustand (avastha) o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Leidenschaft (klesha), die das Individuum befallen.<br />

Wenn es daher e<strong>in</strong> empirisches Wissen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Gefühl des „Ich“ o<strong>der</strong> „me<strong>in</strong>“ gibt, so können diese im<br />

Licht <strong>der</strong> endgültigen upanishadischen Wahrheit nur <strong>als</strong> durch Nichtwissen begründet bezeichnet werden.<br />

Wenn es Handlung <strong>und</strong> die begleitende Wahrnehmung gibt, dass das Selbst <strong>der</strong> Erfahrung moralischer<br />

Konsequenzen se<strong>in</strong>er Handlungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft unterliegt, so können diese nur dank Nichtwissen entstehen.<br />

Ebenso verdanken wir Verkörperung, Ausführung von Handlung, B<strong>in</strong>dung, die Kraft zur Erfahrung<br />

von Objekten, Sterblichkeit <strong>und</strong> die Neigung, S<strong>in</strong>nes-Illusionen wahrzunehmen, lediglich dem Nichtwissen.<br />

In e<strong>in</strong>em weiteren S<strong>in</strong>ne beruht das ganze Universum, selbst <strong>der</strong> Unterschied <strong>und</strong> die Erfahrung <strong>der</strong> Unterscheidung<br />

auf Nichtwissen. Dabei ist es nicht so, dass die aus dem Nichtwissen resultierenden Überlagerungen<br />

des Individuums von <strong>der</strong> Aktivität e<strong>in</strong>er kosmischen Macht abh<strong>in</strong>gen, die Ausdruck e<strong>in</strong>es göttlichen<br />

Waltens sei. Im Gegenteil macht die gesamte Wahrnehmung e<strong>in</strong>er objektiven Welt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>es göttlichen<br />

Kontrolleurs, <strong>der</strong> diese regiere, nur S<strong>in</strong>n vom Standpunkt <strong>der</strong> Erlebens aus, das e<strong>in</strong>em bestimmten Individuum<br />

im Wachzustand wi<strong>der</strong>fährt <strong>und</strong> das selber e<strong>in</strong> Ergebnis von Überlagerung ist. (Alston, 2004)<br />

Nichtwissen besteht <strong>als</strong>o lediglich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unvermögen, das Selbst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er wahren Natur wahrzunehmen,<br />

mit <strong>der</strong> Folge <strong>der</strong> Überlagerung durch e<strong>in</strong> Nicht-Selbst, die wie<strong>der</strong>um zu <strong>der</strong> Unfähigkeit<br />

führt, das Selbst von dem überlagernden Nicht-Selbst zu unterscheiden.<br />

Nach Shankara gibt es <strong>in</strong> Wahrheit ke<strong>in</strong> Nichtwissen. Das Selbst sche<strong>in</strong>t nur getäuscht zu se<strong>in</strong>,<br />

<strong>und</strong> es sche<strong>in</strong>t später nur befreit zu werden. Die Befreiung ist ke<strong>in</strong> reales Ereignis, die e<strong>in</strong>e reale<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>in</strong>volvierte, die zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt stattfände. Ebenso können wir<br />

nicht sagen, das Nichtwissen sei irgendwie real o<strong>der</strong> dass das Selbst zwischen B<strong>in</strong>dung <strong>und</strong> Befreiung<br />

e<strong>in</strong>e Wandlung durchmachte, <strong>als</strong> ob die letzten zwei getrennte reale Zustände seien. Der<br />

Erwachte sieht, dass <strong>in</strong> Wahrheit ke<strong>in</strong> Nichtwissen irgendwo für irgend jemanden existiert. Erleuchtung<br />

zerstört nicht so sehr Nichtwissen <strong>als</strong> dass es enthüllt, dass dies niem<strong>als</strong> existierte. Das<br />

wahre <strong>in</strong>nere Selbst kann nicht von Nichtwissen heimgesucht werden.<br />

Während im Falle e<strong>in</strong>er irrtümlichen Wahrnehmung (z. B. <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dämmerung e<strong>in</strong>en Pfahl für e<strong>in</strong>en<br />

Menschen halten) e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Akt <strong>in</strong>tellektuellen Unterscheidens den Irrtum korrigiert, ist<br />

zur Beseitigung <strong>der</strong> f<strong>und</strong>amentalen Überlagerung, die das Individuum <strong>in</strong> die Welt empirischer<br />

Erfahrung wirft, die gesamte vedantische Diszipl<strong>in</strong> erfor<strong>der</strong>lich. Die meisten Lehrer <strong>der</strong> heutigen<br />

„Neo-Advaita-Szene“ tendieren eher zu e<strong>in</strong>em nicht durch den Advaita Vedanta gedeckten<br />

„Nichts-Tun“ (<strong>als</strong> sei „ja alles schon da“) <strong>als</strong> zu spirituell nachhaltiger Diszipl<strong>in</strong>, die nach Shankara<br />

für die Realisierung <strong>der</strong> höchsten Wahrheit unverzichtbar ist. Bedauerlicherweise werden so<br />

die Sucher eher auf e<strong>in</strong>en f<strong>als</strong>chen Weg <strong>und</strong> <strong>in</strong> die Stagnation gebracht <strong>als</strong> <strong>in</strong> ihrer persönlichen<br />

spirituellen Entwicklung geför<strong>der</strong>t.<br />

Die <strong>Theorie</strong> des Nichtwissens ist nichts weiter <strong>als</strong> selber e<strong>in</strong>e Erweiterung des Nichtwissens, e<strong>in</strong><br />

Traum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Traum. Man ist jedesmal Opfer <strong>der</strong> Überlagerung, wenn man versucht, sie kausal<br />

zu erklären. Kausale Erklärungen haben e<strong>in</strong>en pragmatischen Wert dar<strong>in</strong>, dass sie den Schüler<br />

gegen die Attraktivität nicht-upanishadischer Weltanschauungen o<strong>der</strong> f<strong>als</strong>ch aufgefasster Interpretationen<br />

<strong>der</strong> Upanishaden schützen. Aber am Ende ist jede <strong>Theorie</strong> des Nichtwissens selber<br />

Nichtwissen, <strong>und</strong> Nichtwissen ist rational nicht erklärbar.<br />

Transpersonale Konzepte <strong>als</strong> „<strong>Theorie</strong>n <strong>und</strong> Methodenkanon des Nichtwissens“ sollten aus nondualistischer<br />

Sicht vor allem die direkte Erfahrung des „höchsten Selbst“ för<strong>der</strong>n <strong>und</strong> verwirklichen<br />

helfen.<br />

3.1.2 Das Wissen des Absoluten<br />

Das Absolute wird nicht <strong>als</strong> Objekt erkannt<br />

Die hier auftauchende Frage ist, ob überhaupt irgende<strong>in</strong> Erkenntnismittel das Selbst enthüllen<br />

kann, da dies bedeuten würde, das Selbst zum Objekt für e<strong>in</strong> erkennendes Subjekt zu machen.<br />

Du kannst etwas solange nicht <strong>als</strong> Objekt erkennen, bis Du nicht getrennt von ihm bist <strong>und</strong> es<br />

Dir gegenüber steht <strong>als</strong> e<strong>in</strong> erkenntnisbereites Objekt. Für Shankara bestand upanishadische<br />

Weisheit im wesentlichen <strong>in</strong> Negation. Das Absolute kann nicht durch Sprache beschrieben wer-<br />

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