Informationsblatt Nr. 12 Juni 2013 - Parkinson Selbsthilfe Österreich
Informationsblatt Nr. 12 Juni 2013 - Parkinson Selbsthilfe Österreich
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<strong>Parkinson</strong> <strong>Selbsthilfe</strong><br />
Tirol<br />
<strong>Informationsblatt</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>12</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong><br />
Die Österr. <strong>Parkinson</strong>-Gesellschaft<br />
stellt sich vor<br />
Primar Univ. Prof. Dr. Gerhard Ransmayr, Abt. für Neurologie<br />
und Psychiatrie, Allgemeines Krankenhaus Linz<br />
Die <strong>Österreich</strong>ische <strong>Parkinson</strong>gesellschaft (ÖPG) befasst sich mit<br />
der <strong>Parkinson</strong>krankheit, atypischen <strong>Parkinson</strong>syndromen sowie anderen<br />
Bewegungssstörungen und Erkrankungen wie Tremor, Dystonie,<br />
Chorea, Tics und Myoklonien. Ziele sind die Erforschung dieser<br />
Erkrankung, die ärztliche Aus- und Weiterbildung, Information von<br />
ÄrztInnen und die Verbesserung der Information sowie der medizinischen<br />
und psychosozialen Versorgung von PatientInnen.<br />
Die ÖPG verfügt über eine Homepage (www.parkinson.at), auf der<br />
der aktuelle Vorstand sowie der wissenschaftliche Beitrat und die<br />
Ehrenmitglieder aufgeführt sind. Damit sich die PatientInnen über<br />
Mitglieder dieser Gesellschaft informieren können, gibt es auch eine<br />
Liste von in der Gesellschaft als Mitglieder gemeldeten Personen.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass diese besonderes Interesse an den<br />
Erkrankungen bekunden, die von der <strong>Parkinson</strong>gesellschaft vertreten<br />
werden, und auch entsprechend qualifiziert sind.<br />
Die ÖPG arbeitet eng mit der International Movement Disorder Society<br />
zusammen. Sowohl auf lokaler Ebene als auch im Rahmen der<br />
Jahrestagungen finden Kooperationen mit PatientInnenvereinigungen/<strong>Selbsthilfe</strong>organisationen<br />
statt.<br />
Derzeit werden einige wissenschaftliche Projekte durchgeführt, wie<br />
ein österreichweites <strong>Parkinson</strong>register, sowie die Validierung in<br />
deutscher Sprache für eine Beurteilungsskala von überschießenden<br />
Bewegungen (Dyskinesien).<br />
Mitglieder des Vorstandes wirken in internationalen Gremien mit,<br />
wo es um wissenschaftliche Fragestellungen und um die Erstellung<br />
von Therapieleitlinien oder Versorgungsleitlinien geht.<br />
So hat eben die ÖPG eine Therapieleitlinie herausgegeben, in der<br />
systematisch alle zur Verfügung stehenden Medikamente in der frühen<br />
und fortgeschrittenen Phase der <strong>Parkinson</strong>erkrankung angeführt<br />
sind. Es folgen noch Kapitel zu den Themen nichtmotorische Symptome<br />
und nichtmedikamentöse Therapie. Gefördert wird der wissenschaftliche<br />
Nachwuchs in Form von Reisestipendien junger KollegInnen<br />
und Wissenschaftspreisen.<br />
Besonders hervorzuheben ist die jährliche<br />
Kooperation mit dem Dachverband der <strong>Parkinson</strong>-<strong>Selbsthilfe</strong><br />
im Rahmen des Weltparkinsontages,<br />
der bisher zweimal im April in<br />
der Orangerie des Schlosses Schönbrunn<br />
stattgefunden hat. In dieser Veranstaltung<br />
treten der Dachverband der <strong>Parkinson</strong>-<br />
<strong>Selbsthilfe</strong> und die Österr. <strong>Parkinson</strong>gesellschaft<br />
gemeinsam auf.<br />
Fortsetzung Seite 2<br />
Prof. G. Ransmayr<br />
Foto: Charly Ortner<br />
Liebe Betroffene, liebe Angehörige,<br />
wie immer an dieser Stelle einen herzlichen<br />
Gruß und alle guten Wünsche für<br />
einen schönen und erholsamen Sommer,<br />
der den langen Winter und das wechselhafte<br />
Frühjahr vergessen lässt.<br />
Das für die Tiroler <strong>Parkinson</strong>gemeinschaft<br />
wichtigste Ereignis in den letzten<br />
Wochen war, wie die meisten unserer Leserinnen<br />
und Leser bereits wissen, der 2.<br />
<strong>Parkinson</strong>nachmittag der Klinik Innsbruck<br />
am 23. April. Anstoß zu dieser<br />
Veranstaltung war einerseits der Welt-<br />
<strong>Parkinson</strong>-Tag am 13. April, der der breiten<br />
Information über diese Krankheit gewidmet<br />
ist, anderseits das Angebot der<br />
P h a r m a f i r m a u c b , d i e d e n<br />
„Befindlichkeitsspiegel“, ein interessantes<br />
diagnostisches Hilfsmittel, in <strong>Österreich</strong><br />
bekannt machen will. Der Leitung der<br />
Neurologie, insbesondere Herrn Prof.<br />
Poewe und Frau OÄ Dr. Wolf, ist es zu<br />
danken, dass beide Anliegen aufgegriffen<br />
und in den Mittelpunkt einer erfolgreichen<br />
Veranstaltung gestellt wurden.<br />
Auf einen weiteren Beitrag möchte ich<br />
aufmerksam machen, nämlich den nebenstehenden<br />
Artikel von Prof. Ransmayr<br />
über die <strong>Österreich</strong>ische <strong>Parkinson</strong>-<br />
Gesellschaft der Neurologen. Er war bereits<br />
für den vergangenen Herbst gedacht,<br />
als die <strong>Parkinson</strong> <strong>Selbsthilfe</strong> bei der Jahrestagung<br />
dieser Gesellschaft präsent sein<br />
durfte. Aus Zeit- und Platzgründen kann<br />
er erst jetzt veröffentlicht werden. Prof.<br />
Ransmayr macht sich darin für eine enge<br />
Zusammenarbeit von Ärzte- und Patientenorganisation<br />
stark, wofür wir ihm sehr<br />
dankbar sein dürfen.<br />
Auf der letzten Seite ist wie in immer ein<br />
Erfahrungsbericht von Betroffenen zu<br />
finden, diesmal dankenswerter Weise von<br />
einem Ehepaar aus der Kitzbüheler Gruppe.<br />
MP trifft ja, wie ich aus eigener Erfahrung<br />
weiß, in einem hohen Maß auch die<br />
Ehepartner, was nach wie vor zu wenig<br />
wahrgenommen und zu wenig unterstützt<br />
wird.<br />
Weiterhin alles Gute<br />
Hans Rezac, Obmann der PSH Tirol<br />
Seite 1
<strong>Informationsblatt</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>12</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong><br />
Fortsetzung von Seite 1 Es werden jährlich mehrere hundert Teilnehmer erwartet. Schließlich erfolgen auf lokaler<br />
Ebene zahlreiche Fortbildungen und gemeinsame Veranstaltungen, die dem Ziel einer patientengerechten Öffentlichkeitsarbeit<br />
entsprechen. An der im vergangenen Oktober in Innsbruck organisierten Jahrestagung der<br />
ÖPG erfolgte auch ein interdisziplinärer Workshop mit aktiver Teilnahme von Patientenvertretern, diplomiertem<br />
Pflegepersonal, TherapeutInnen und ArztInnen, der großen Anklang fand.<br />
Innsbrucker <strong>Parkinson</strong>nachmittag<br />
Wie schon vor zwei Jahren lud aus Anlass des Welt-<strong>Parkinson</strong>tages die Neurologie der Universitätsklinik Innsbruck<br />
gemeinsam mit der <strong>Parkinson</strong>-SH Tirol am 23. April zu einem Informationsnachmittag ein. Leitthema<br />
war, nicht zuletzt in Hinblick auf den „Befindlichkeitsspiegel“, der bei dieser Veranstaltung vorgestellt werden<br />
sollte: „<strong>Parkinson</strong>, eine Krankheit mit vielen Gesichtern“.<br />
Im Hauptreferat stellte Prof. Werner Poewe die in den letzten Jahren immer deutlicher wahrgenommene Vielschichtigkeit<br />
dieser Krankheit dar. Während Morbus <strong>Parkinson</strong> seit der ersten Beschreibung durch James <strong>Parkinson</strong><br />
(1813) primär als eine Bewegungsstörung gesehen wurde und in der breiten Öffentlichkeit immer noch so<br />
gesehen wird, ergibt sich für die heutige Medizin ein wesentlich komplexeres Bild. Neben den Bewegungsstörungen<br />
wie Steifigkeit, Kleinschrittigkeit und Zittern finden z.B. Schluckstörungen, Verdauungsprobleme,<br />
Schlafstörungen bis hin zu Depressionen immer mehr die Aufmerksamkeit der Neurologen und werden Gegenstand<br />
der medizinischen Behandlung. Um diese vielfältigen Krankheitsbilder, die sich von Patient zu Patient unterscheiden,<br />
besser erfassen und rascher dem behandelnden Arzt mitteilen zu können, wurde der<br />
„Befindlichkeitsspiegel“ entwickelt, der in mehreren europäischen Ländern bereits mit Erfolg verwendet wird.<br />
Er ist im Grunde ein Fragebogen mit graphischer Auswertung, die auf einen Blick erkennen lässt, wie es dem<br />
Patienten zur Zeit geht und wo evtl. helfend eingegriffen werden muss. Prof. Poewe stellte diesen Fragebogen<br />
vor und ließ dabei erkennen, dass er sich von ihm wesentliche Vorteile für die Kommunikation zwischen Patient<br />
und Arzt erhofft.<br />
An diesen Vortrag schlossen sich Kurzreferate über Aktuelles aus der <strong>Parkinson</strong>-Forschung und -Behandlung.<br />
Prof. Seppi referierte über die zur Zeit in Innsbruck laufenden Forschungsvorhaben, die leitende Physiotherapeutin<br />
der Klinik G. Schoenherr über neue Möglichkeiten der Physiotherapie bei <strong>Parkinson</strong> und DGKP S. Zimmermann<br />
über pflegerische Aspekte der <strong>Parkinson</strong>-Krankheit.<br />
Den letzten Programmpunkt bildete eine gemeinsame Erprobung des „Befindlichkeitsspiegels“, geleitet vom<br />
Obmann der <strong>Parkinson</strong>-SH. Jeder Anwesende erhielt ein Heft mit den Fragebögen und konnte für sich oder für<br />
einen Angehörigen ein Blatt ausfüllen. Die ersten Rückmeldungen zeigten, dass der Fragebogen unschwer zu<br />
handhaben ist, die Einschätzung der Häufigkeit bestimmter Symptome aber unsicher ist. Als erste rasche Information<br />
des behandelnden Arztes scheint jedoch der „Befindlichkeitsspiegel“ geeignet, muss aber immer durch<br />
ein ausführliches Arztgespräch ergänzt werden.<br />
Zum Abschluss bot sich den Besuchern die Möglichkeit, Fragen zu stellen, sei es zum „Befindlichkeitsspiegel“<br />
oder allgemein zu Morbus <strong>Parkinson</strong>. Eine weitere Gesprächsmöglichkeit bot das anschließende Buffet, das dankenswerter<br />
Weise die Pharmafirma ucb, die den „Befindlichkeitsspiegel“ für <strong>Österreich</strong> adaptiert hat, spendierte.<br />
Das große Interesse des Publikums – es waren über 100 Personen gekommen, sogar Teilnehmer aus Vorarlberg<br />
und Niederösterreich - darf als Hinweis verstanden werden, dass ein Bedarf an einer solchen Informationsveranstaltung<br />
besteht . Es wäre zu wünschen, dass der <strong>Parkinson</strong>nachmittag in Innsbruck bald eine ähnliche Rolle für<br />
Westösterreich spielt wie seit Jahren Karlstein für den Osten und Hermagor für den Süden <strong>Österreich</strong>s.<br />
Allen, die sich für diesen Nachmittag eingesetzt haben, herzlichen Dank. Hans Rezac<br />
Bild links: Ein Blick in den gut gefüllten Hörsaal, Bild Mitte und rechts: Lebhafter Erfahrungsaustausch in den Pausen<br />
Fotos: Ch. Ortner<br />
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Seite 3<br />
<strong>Informationsblatt</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>12</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong><br />
Wissenswertes über Pflegegeld und REHA<br />
Vermutlich sind sie die wichtigsten sozialpolitischen Errungenschaften der jüngsten Zeit für chronisch Kranke,<br />
wie es die „Parkis“ leider sind: das Pflegegeld und die Möglichkeit zur REHA. Entsprechend groß war das Interesse<br />
am Vortrag von Mag. Markus Niederwieser von der Pensionsversicherung Tirol, zu dem die Gruppe<br />
Innsbruck bei ihrem Treffen am 1. Februar eingeladen hat.<br />
Auf lockere, anschauliche und zugleich präzise Weise erläuterte Herr Niederwieser die Entstehung dieser Einrichtungen,<br />
ihre sozialpolitischen Zielsetzungen, die jüngsten Veränderungen und den heutigen Stand. Folgende<br />
Punkte hob er dabei besonders hervor:<br />
Zuständig für Pflegegeld ist seit 20<strong>12</strong> in nahezu allen Fällen die Pensionsversicherung (PV)<br />
Pflegegeld wird nur über Antrag ausbezahlt, die Auszahlung erfolgt – auch rückwirkend – ab dem ersten<br />
Monat nach Antragsstellung<br />
Bei Krankenhaus- oder REHA-Aufenthalt ruht das Pflegegeld<br />
Begutachtung bei Stufe 1 – 4 durch einen Arzt bzw. Ärztin, bei höheren Stufen Beiziehung eines Pflegeexperten/einer<br />
Pflegeexpertin<br />
Bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes umgehend Antrag auf Erhöhung<br />
Anträge zur REHA kann jeder niedergelassene Arzt stellen, ebenso die Klinik<br />
REHA dient im Unterschied zur Kur der Wiederherstellung bestimmter verloren gegangener Fertigkeiten,<br />
was im Antrag herauszustellen ist (ab Pflegestufe 4 nicht mehr zu erwarten, daher REHA in<br />
der Regel auch nicht mehr bewilligt)<br />
Nach derzeitiger Praxis wird die REHA zweimal innerhalb von fünf Jahren bewilligt, soweit es um die<br />
selbe Erkrankung geht<br />
Im Anschluss an den Vortrag stellte sich Mag. Niederwieser geduldig den zahlreichen, mitunter auch kritischen<br />
Fragen. Vielen Dank! (H.R.)<br />
Ernährungstipps bei <strong>Parkinson</strong><br />
Eine spezielle Diät bei <strong>Parkinson</strong> ist zwar nicht nötig, aber es ist nützlich, folgende Ratschläge zu befolgen:<br />
Auf abwechslungsreiche Ernährung achten<br />
Genug trinken, vor allem Wasser oder verdünnte Obst- und Gemüsesäfte<br />
Besser fünf kleine Mahlzeiten pro Tag als drei große<br />
Wenig Eiweiß, vor allem tierisches (Fleisch, Eier), aber dafür mehr Kohlehydrate (Nudeln, Kartoffeln)<br />
auf Grund des erhöhten Energiebedarfs<br />
L-Dopa-Medikamente (Madopar und Co) eine halbe Stunde vor oder eineinhalb Stunden nach dem<br />
Essen<br />
Bei Neigung zur Verstopfung auf ballaststoffreiche Speisen achten<br />
Bei Schluckproblemen Speisen möglichst breiförmig zubereiten, Getränke evtl. eindicken; Kopf beim<br />
Essen und Trinken leicht nach vorne geneigt<br />
Bei schweren Schluckproblemen Logopäden beiziehen<br />
(Quelle: Kochen hält fit. Ernährungstipps für <strong>Parkinson</strong>- Betroffene. An diesem Kochbuch haben auch Mitglieder<br />
der Tiroler SH mitgearbeitet, u.a. Marion Lederer und Klaus Pfennig. Es ist erst kürzlich erschienen, aber<br />
leider schon wieder vergriffen.)<br />
BUCHTIPP<br />
Ein Buchtipp von Marion Lederer/Kufstein: Jürgen Mette,<br />
Alles außer Mikado. Ein Leben mit <strong>Parkinson</strong>, 15.40 Euro, im<br />
Buchhandel erhältlich. - Vor vier Jahren bekam Jürgen Mette<br />
die Diagnose <strong>Parkinson</strong>. In seinem Buch erzählt er von seinem<br />
Leben mit dieser Erkrankung. Sein Buch will er als Ansage<br />
gegen Resignation, als einen humorvoll ehrlichen und tiefschürfenden<br />
Mutmacher verstanden wissen.<br />
Termine<br />
28. und 29. <strong>Juni</strong>, Kultur- und Gemeindezentrum<br />
St. Stefan im Gailtal: 8. Kärntner <strong>Parkinson</strong>-Info-Tage.<br />
<strong>Parkinson</strong> aus der Sicht der<br />
Betroffenen. - Ein sehr interessantes und lebensnahes<br />
Programm, allen Betroffenen und<br />
Angehörigen sehr zu empfehlen.
<strong>Informationsblatt</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>12</strong> <strong>Juni</strong> <strong>2013</strong><br />
Gemeinsam mit <strong>Parkinson</strong> leben – ein Ehepaar berichtet<br />
Probleme mit dem Schreiben,<br />
Passschritt, beim Schwimmen<br />
abtriften, den rechten Fuß etwas<br />
nachgeschleift – Diagnose:<br />
M. <strong>Parkinson</strong>!<br />
Familie mit drei Kindern, ein<br />
Eigenheim in idyllischer Landschaft,<br />
Garten, Obstbäume und<br />
Kleintierhaltung, Interesse für<br />
Kreatives und Freizeitsport.<br />
Meinen Beruf habe ich gerne ausgeübt,<br />
ging es doch um das Wohl unserer Raika-Kunden.<br />
Mit diesem „Polster“ hat im Frühjahr 2000 ein neuer,<br />
fremder, ungewisser Lebensabschnitt für mich, meine<br />
Familie, meine Umgebung begonnen.<br />
Hin- und hergerissen zwischen Schulmedizin und Heilpraktik<br />
fasste ich Fuß in der Klinik Innsbruck. Die<br />
sportliche Betätigung in meiner Jugendzeit wirkte sich<br />
positiv auf die körperliche Verfassung aus. Nach Einstellung<br />
der richtigen Dosis (Neupro, Stalevo, Azilect)<br />
konnte ich fast alles tun und lassen, was so zu tun war.<br />
Der sogenannte Schrecken <strong>Parkinson</strong> ließ mich einige<br />
Zeit gewähren.<br />
2006 den Ruhestand erreicht, statt dem MUSS galt nun<br />
das SOLL. Ich genoss diese Momente, wer konnte<br />
schon wissen, wie lange. Eine schwere Operation läutete<br />
einen fast alljährlichen Spitalsaufenthalt ein, dem einige<br />
Brüche und sonstige Verletzungen folgten. Die<br />
Geduld und Ausdauer meiner Gattin wurden ziemlich<br />
beansprucht.<br />
Und wie schaut's heute aus? Vor circa zwei Jahren verschlechterte<br />
sich mein Sprechverhalten, manchmal bin<br />
ich sogar „sprachlos“, aber tägliches Training hält mich<br />
über Wasser. Schulterprobleme wollen nicht ausheilen,<br />
der alljährliche Obstbaum- und Sträucherschnitt hat sein<br />
Opfer gefunden. Da uns <strong>Parkinson</strong>-Patienten Ruhelosigkeit<br />
nachgesagt wird, ist Arbeit als Therapie zu betrachten.<br />
Aus diesen Umständen sind die richtigen Schlüsse zu<br />
ziehen: erkennen, wo die Grenzen der Machbarkeit sind,<br />
Verantwortung zeigen, Beiträge leisten für die Allgemeinheit,<br />
aktiv am aktuellen Geschehen teilnehmen.<br />
Mit dem Schicksal hadern ist nicht der richtige Weg für<br />
mich! Dankbar sein für die Hilfe, für das Verständnis<br />
und immer wieder hoffen auf neue Lösungen – dies täglich<br />
umzusetzen sehe ich als meine große Aufgabe.<br />
Franz Spiegl, Jahrgang 1946, SHG Kitzbühel<br />
Mein Mann Franz und ich sind<br />
seit 25 Jahren verheiratet, die<br />
Hälfte dieser Zeit auch mit <strong>Parkinson</strong>.<br />
Unsere drei Kinder waren bei<br />
der Diagnosestellung 11, 9 und<br />
7 Jahre alt. Franz stand als Filialleiter<br />
einer Bank voll im Berufsleben,<br />
ich war Hausfrau.<br />
Rückblickend glaube ich, dass<br />
bereits früher auftretende<br />
Schluckbeschwerden, Albträume und unkontrollierte<br />
Bewegungen im Schlaf erste Anzeichen der Erkrankung<br />
waren.<br />
Als Franz das Angebot der Altersteilzeit annahm, wollte<br />
ich durch eine außerhäusliche Beschäftigung das geringere<br />
Einkommen ausgleichen. Im Laufe der Jahre kam<br />
es durch Kur- und Krankenhausaufenthalte für mich zu<br />
belastenden Situationen und der Spagat zwischen drei<br />
pubertierenden Kindern, Teilzeitjob, Betreuung der<br />
Schwiegereltern sowie Arbeit in Haus und Garten forderte<br />
meinen ganzen Einsatz. Mehrmals kam es bei<br />
Franz zu Knochenbrüchen durch Stürze, zuletzt war<br />
eine Schulteroperation nach Bänderriss notwendig. Vor<br />
zwei Jahren gab ich meine Beschäftigung auf.<br />
Foto: Fam. Spiegl<br />
Ein Hauptproblem für Franz sind die Sprechschwierigkeiten,<br />
die trotz logopädischer Therapien schwer in den<br />
Griff zu bekommen sind. Phasenweise erfordert es<br />
höchste Konzentration, ihn zu verstehen. Es tut mir<br />
weh, ihn beim Telefonieren und die Hilflosigkeit der<br />
Gesprächspartner zu erleben. Das ist besonders arg,<br />
wenn er mit seiner 91-jährigen Mutter nicht mehr kommunizieren<br />
kann. Beim Essen kommt es öfter zum Verschlucken<br />
und Husten, was besonders bei Besuch oder<br />
auswärts viel Verständnis braucht.<br />
Ich muss zugeben, die Partnerschaft leidet unter diesen<br />
Situationen. Franz fühlt sich bevormundet (Auto fahren,<br />
Arbeits- und Zeiteinteilung...) und Hilfe weist er oft<br />
zurück. Dabei fühle ich Mitleid, Ärger und Ratlosigkeit,<br />
wie ich damit umgehen soll. Ich fühle Zukunftsangst.<br />
Wie schaffe ich es, für ihn gut zu sorgen, und was,<br />
wenn mir selbst alles zu viel wird?<br />
Ich schließe meinen „Lagebericht“ mit dem Vorsatz,<br />
alles mir Mögliche beizutragen, damit wir trotz <strong>Parkinson</strong><br />
die noch verbleibende Zeit miteinander positiv nützen<br />
können.<br />
Angela Spiegl<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: <strong>Parkinson</strong> <strong>Selbsthilfe</strong> Tirol<br />
Für den Inhalt verantwortlich: Dr. Hans Rezac<br />
Layout: Eva Strobl<br />
Anschrift: 6020 Innsbruck, Innrain 43<br />
E-Mail: parkinson@selbsthilfe-tirol.at<br />
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