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REPORTAGE<br />
DAUERTHEMA: BAFÖG<br />
Die Studierendenzahlen sind derzeit auf einem Höchststand. Über 1,5 Mio. Studierende<br />
sind bundesweit an Hochschulen eingeschrieben. Um die akademische Bildung<br />
zu finanzieren, ist für viele das BAföG neben dem Unterhalt von den Eltern<br />
die wichtigste Finanzquelle.<br />
Die Abkürzung steht für das „Wortmonster“ Bundesausbildungsförderungsgesetz.<br />
Seit 1971 regelt das Gesetz die finanzielle Förderung<br />
von Ausbildungen an Schulen und Hochschulen. Im Jahr 2010 erhielten<br />
440 000 Studierende bundesweit BAföG-Zahlungen, durchschnittlich<br />
etwa 448 Euro monatlich. Der monatliche Höchstsatz liegt aktuell bei<br />
670 Euro. Das ist nicht unbedingt viel; Erhebungen vom Studentenwerk<br />
Berlin belegen, dass der Hauptstadtstudierende im Schnitt über<br />
900 Euro im Monat zum Leben benötigt.<br />
Im Regelfall besteht die BAföG-Förderung je zur Hälfte aus einem rückzahlungsfreien<br />
Zuschuss und einem unverzinslichen Darlehen, begrenzt<br />
auf maximal 10.000 Euro. Der Darlehensanteil muss moderat und frühestens<br />
fünf Jahre nach Ende der Regelstudienzeit getilgt werden.<br />
Berliner Studierende stellen ihre Anträge im Amt für Ausbildungsförderung<br />
am Studentenwerk Berlin.<br />
Grundsätzlich ist das Einkommen bzw. Vermögen der Antragstellenden<br />
sowie das Einkommen der Eltern, Ehegatten oder des/der eingetragenen<br />
Lebenspartner/Lebenspartnerin entscheidungserheblich.<br />
Hilfe zum Ausfüllen des Antrags bietet BAföG-Online. Neben einer<br />
Plausibilitätsprüfung wird nach der Datenübertragung eine Checkliste<br />
angeboten, die alle notwendigen Unterlagen auflistet – vom Mietvertrag<br />
über Kontoauszüge bis zum Einkommensteuerbescheid.<br />
FAZIT:<br />
Trotz hoher Fördersummen bekommen nur rund 25 Prozent aller Studierenden<br />
eine BAföG-Förderung. Nach wie vor sind der Unterhalt der<br />
Eltern und das Jobben neben dem Studium die häufigsten Finanzierungsquellen<br />
des Studiums. Zum WS 2016/17 ist eine Gesetzesreform<br />
geplant – soweit schon sicher, werden u. a. die Bedarfssätze und die<br />
Einkommensfreibeträge angehoben.<br />
BAFÖG IM ÜBERBLICK<br />
In Berlin studieren rund 165 000 Menschen. Dementsprechend viel<br />
Arbeit gibt es für das Amt für Ausbildungsförderung im Studentenwerk<br />
Berlin. Christan Gröger-Hafermann, Leiter des Berliner BAföG-<br />
Amts, gibt uns einen kleinen Einblick in die tägliche Arbeit.<br />
WIE VIEL ANTRÄGE AUF ERST- UND FOLGEFÖRDERUNG<br />
BEARBEITEN SIE PRO SEMESTER?<br />
„Erfahrungsgemäß werden die meisten Erst- und Verlängerungsanträge<br />
zum Wintersemester gestellt. Durch die Zunahme der Immatrikulationen<br />
in Masterstudiengängen nimmt aber auch die Antragstellung<br />
zum jeweiligen Sommersemester zu. Im Schnitt der letzten drei Jahren<br />
wurden mehr als 41 000 Anträge in unserem Amt gestellt und bearbeitet.“<br />
WELCHE UNTERLAGEN FEHLEN AM HÄUFIGSTEN BEI DER<br />
ANTRAGSTELLUNG?<br />
„Grundsätzlich gibt es keine Hitliste der besonders gerne oder am häufigsten<br />
vergessenen Unterlagen. Es mangelt jedoch regelmäßig an vollständigen<br />
Einkommensteuerbescheiden; alle Seiten desselben müssen<br />
vorgelegt werden. Auch die Nachweise über Geschwisterausbildungen<br />
und Einkommens- und Vermögensnachweise der Antragsteller sind<br />
nicht immer vollständig.“<br />
MIT WELCHEN BEARBEITUNGSZEITEN MÜSSEN STUDIEREN-<br />
DE IN DER REGEL RECHNEN?<br />
„Die Antragsteller sollten mit einer Gesamtbearbeitungsdauer, d. h. der<br />
Zeit vom Eingang der Antragsunterlagen im Amt bis zum ersten Geld<br />
bzw. dem Bescheid, von 8–10 Wochen rechnen.“<br />
DARF ICH NEBEN DEM BAFÖG NOCH JOBBEN?<br />
„Natürlich darf jedermann neben der Ausbildung noch jobben, z. B. in<br />
den Ferien. Grundsätzlich bleiben aktuell Einkünfte bis zu 400 Euro im<br />
Monat a<strong>nr</strong>echnungsfrei. Erfolgt eine Vergütung jedoch aus der Ausbildung<br />
heraus (z. B. Praktikumsvergütung) dann wird dieses Einkommen<br />
auf die Förderung voll angerechnet.“<br />
REPORTAGE<br />
WO GIBT ES AUS IHRER PERSPEKTIVE GESEHEN DIE GRÖSST<br />
TEN PROBLEME BEI DER ANTRAGSTELLUNG?<br />
„Da das BAföG selbst sehr komplex ist, sind die bundeseinheitlichen<br />
Vordrucke auch leider nicht so gestaltet bzw. auch nicht so gestaltbar,<br />
dass man sie schnell mal zwischen Tagesschau und Tatort ausfüllen<br />
kann. Mit Einführung von BAföG-Online haben die Antragsteller jedoch<br />
die Möglichkeit einer onlineunterstützten Antragstellung, d. h. durch<br />
eine im Hintergrund laufende Plausibilitätsprüfung kann die Fehlerhaftigkeit<br />
erheblich gemindert werden. Alle weiteren Informationen<br />
hierzu sind auf der Homepage des Studentenwerks zu finden<br />
à www.studentenwerk-berlin.de.“<br />
AUS IHRER SICHT ALS PRAKTIKER: WELCHE DINGE LIESSEN<br />
SICH BEIM BAFÖG VEREINFACHEN BZW. SOLLTEN ANDERS<br />
GESTALTET WERDEN?<br />
„Als sehr pragmatisch veranlagter Mensch verbietet es sich mir eigentlich<br />
der Politik Verbesserungsvorschläge zu machen. Grundsätzlich<br />
unterliegen politische Überlegungen zur Fortentwicklung des BAföG<br />
zu großen Teilen anderen Intentionen als der Praxis. In jedem Fall sollte<br />
die Gesetzessystematik immer einer stetigen Prüfung und Fortentwicklung<br />
unterliegen. Ausgehend von den Antragssteigerungen in den<br />
letzten Jahren, der fortdauernden Arbeitsbelastung meiner Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, dem Wunsch der Antragsteller nach zeitnahen<br />
Entscheidungen und der bevorstehenden Reform im Wintersemester<br />
2016/17 würde eine spürbare personelle Verstärkung des Amtes in<br />
jedem Fall zu einer Arbeitserleichterung führen.“<br />
[Dirk M. Oberländer]<br />
Christian Gröger-Hafermann ist seit 2007<br />
Leiter des BAföG-Amts beim Studentenwerk<br />
Berlin<br />
Persönliche Beratung ist sehr wichtig<br />
STANLEY 21, STUDIERT GEO-<br />
TECHNOLOGIE IM BACHELOR<br />
OLINDA, STUDIERT WIRTSCHAFTS-<br />
INGENIEURSWESEN IM MASTER<br />
VIKTOR, 22, STUDIERT GEO-<br />
TECHNOLOGIE IM BACHELOR<br />
Fotos: Dirk M. Oberländer<br />
Orientierung im BAföG-Amt - damit der Weg gefunden wird<br />
Warten muss nicht sein - der Online-Antrag erleichtert die Prozedure<br />
Fotos: Luise Wagener<br />
„Ich habe meinen BAföG-Antrag grade erst<br />
abgegeben und warte noch auf den Bescheid.<br />
Weil ich mein Studienfach gewechselt hatte,<br />
musste ich nach dem ersten Termin noch<br />
Unterlagen nachreichen. Der Antrag ist recht<br />
kompliziert, man sollte sich zum Ausfüllen<br />
Zeit nehmen. Derzeit finanzieren noch meine<br />
Eltern mein Studium.“<br />
„Bei mir macht das BAföG etwa ein Viertel<br />
des Einkommens aus. Früher im Studium<br />
habe ich nebenbei als Werkstudentin und<br />
wissenschaftliche Hilfskraft gearbeitet. Das<br />
schaffe ich im Moment nicht mehr, weil ich<br />
grade an meiner Masterarbeit schreibe. Deshalb<br />
unterstützen mich meine Eltern zusätzlich.<br />
Bei mir gab es keine Probleme beim<br />
BAföG-Antrag. Ich habe mich zuerst vom<br />
Studentenwerk beraten lassen und hatte erst<br />
danach die Unterlagen zusammengestellt.<br />
So war dann gleich beim ersten Anlauf alles<br />
vollständig. Ich bin mit dem Ablauf eigentlich<br />
ganz zufrieden.“<br />
„Das BAföG deckt bei mir ungefähr 15 Prozent<br />
meiner Ausgaben, sodass ich noch zusätzlich<br />
von meinen Eltern unterstützt werde. Der<br />
BAföG-Antrag hat auf Anhieb geklappt, ich<br />
musste nichts nachliefern. Allerdings sind<br />
die Formulare sehr kompliziert formuliert<br />
und es werden zahlreiche Dinge gefragt, die<br />
vielleicht auf zwei Prozent aller Studenten<br />
überhaupt zutreffen – das könnte man besser<br />
machen.“<br />
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