Crossover-Sport - Verlag & Druckerei Hofmann
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<strong>Crossover</strong>-<strong>Sport</strong> – zwischen Beliebigkeit und pädagogischer Bedeutsamkeit<br />
Abb. 3: „crossover“ – von Bewegungsformen und Gelände: Orientierungslauf<br />
und Parkour<br />
tierungsaufgaben im Gelände kombiniert<br />
wird, ist Parkour eine Vermischung<br />
von leichtathletischen und<br />
turnerischen Elementen mit der<br />
baulichen Umwelt, die als zu bewältigendes<br />
Bewegungsgelände verstanden<br />
wird.<br />
Die Liste solcher Kombinationsformen<br />
ließe sich sicherlich noch<br />
um viele Beispiele erweitern. Mit<br />
Blick auf sportpädagogische und<br />
sportdidaktische Überlegungen lassen<br />
schon die wenigen Beispiele<br />
folgende Fragen aufkommen: Wo<br />
ist „crossover“ auf dem Kontinuum<br />
zwischen Beliebigkeit und pädagogischer<br />
Bedeutsamkeit einzuordnen?<br />
Kann „crossover“ einen Beitrag<br />
zu einem aktuellen <strong>Sport</strong>unterricht<br />
leisten?<br />
<strong>Crossover</strong>-<strong>Sport</strong> –<br />
zwischen Beliebigkeit<br />
und pädagogischer<br />
Bedeutsamkeit<br />
Wie die bisherigen Ausführungen<br />
zeigen, scheint im Bereich des<br />
„crossover-sport“ fast jede Kombinationsmöglichkeit<br />
erlaubt zu sein.<br />
Dieser hohe Grad an Offenheit läuft<br />
natürlich Gefahr, nach dem Motto,<br />
„wenn alles möglich und erlaubt ist,<br />
dann ist nichts mehr wichtig!” als<br />
Beliebigkeit abgestempelt zu werden.<br />
Gleichwohl gibt es eine Reihe von<br />
guten Argumenten, die die pädagogische<br />
Bedeutsamkeit von eher offenen<br />
Herangehensweisen – wie es<br />
das „crossover“ sicherlich darstellt –<br />
unterstreichen.<br />
So bieten die Veränderungen in der<br />
Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen<br />
Anlass zum kritischen<br />
Überdenken des aktuellen <strong>Sport</strong>unterrichts,<br />
sowie seiner Inhalte<br />
und Methoden. Über diese Veränderungen<br />
rechtfertigt Balz (2001)<br />
etwa die Thematisierung von Trendsport<br />
in der Schule. In diesem Zusammenhang<br />
können lebensweltliche<br />
Bezüge in Schule und <strong>Sport</strong>unterricht<br />
als ein Beitrag verstanden<br />
werden, den Erziehungs- und<br />
Bildungsauftrag umzusetzen, in<br />
dem die Vorgaben der Lehrpläne<br />
konsequent beachtet werden. Denn<br />
dort ist als Aufgabe formuliert, dass<br />
der Schulsport „die Bedürfnisse der<br />
Jugendlichen aufzunehmen [hat]“<br />
(MSWF, 2001, 14). Schwier (2003a)<br />
hält zudem die Thematisierung von<br />
Trendsport auch aus einem anderen<br />
Grund für eine verpflichtende<br />
Aufgabe des Schulsports. Er unterstreicht,<br />
dass diese Fassetten der<br />
<strong>Sport</strong>- und Bewegungskultur nicht<br />
allein den Medien und der Industrie<br />
überlassen werden dürfen<br />
(ebd., 113), um auf diese Weise<br />
„einem unkritischen Konsum von<br />
Freizeitangeboten entgegenzuwirken“<br />
(MSWF, 2001, 14).<br />
In ähnlicher Weise argumentiert<br />
Balz, wenn er sagt: „Die Thematisierung<br />
von bestimmten Trendsportarten<br />
in der Schule vollzieht sich<br />
unter dem pädagogischen Primat:<br />
Schulsport muss durch Erschließung<br />
der Sache die Entwicklung<br />
von Kindern und Jugendlichen fördern.<br />
Sie sollen aus Erfahrungen<br />
und Einsicht zu einem sachlichen<br />
wie moralisch vertretbaren Urteil<br />
gelangen und es ihrem Handeln zugrunde<br />
legen“ (2001, 6).<br />
Neben dieser auf die Inhaltsseite<br />
gerichteten Argumentation zur pädagogischen<br />
Bedeutsamkeit muss<br />
auch noch die Ebene der methodisch-didaktischen<br />
Inszenierung in<br />
den Blick genommen werden.<br />
Dabei geraten Aspekte wie die<br />
selbsttätige Weltaneignung, des<br />
selbsttätigen Tuns, der Handlungskompetenz<br />
und der Selbstständigkeit<br />
in den Mittelpunkt der Betrachtungen.<br />
Was in den Lehrplänen<br />
<strong>Sport</strong> (MSWF, 2001) als Urteils- und<br />
Handlungsfähigkeit, Fähigkeit zum<br />
Weiterlernen, selbsttätige Erschließung<br />
der Lebenswirklichkeit, Erfahrungsorientierung,<br />
selbstständiges<br />
Erproben, Untersuchen, Planen,<br />
Verändern, Herstellen und Prüfen<br />
thematisiert wird und im Rahmen<br />
des Erziehenden <strong>Sport</strong>unterrichts<br />
umgesetzt werden soll, wird auch in<br />
der aktuellen bildungspolitischen<br />
Diskussion als unverzichtbarer Bestandteil<br />
der schulischen Bildung<br />
insgesamt betrachtet. „Selbstständigkeit,<br />
Kreativität und Handlungskompetenz<br />
sind mittlerweile anerkannte<br />
‚Schlüsselqualifikationen‘<br />
im deutschen Schulwesen“ (Struck,<br />
2007, 36).<br />
Förderung selbstständigen<br />
Handelns<br />
im <strong>Sport</strong>unterricht<br />
Auch wenn die neuen Lehrpläne<br />
und Richtlinien insgesamt eine größere<br />
Optionsvielfalt bei der Auswahl<br />
der Inhalte zulassen, so scheint<br />
der Alltag des <strong>Sport</strong>unterrichts<br />
doch in weiten Teilen von bekannten<br />
und bewährten Inhalten<br />
bestimmt zu werden (vgl. DSB,<br />
2006). Die Befunde zu den Inhalten<br />
des <strong>Sport</strong>unterrichts legen auch die<br />
Vermutung nahe, dass auch auf der<br />
Ebene der methodischen Vermittlung<br />
häufig nach dem bewährten<br />
Prinzip „Vormachen-Nachmachen“<br />
unterrichtet wird. Auch wenn dieses<br />
Prinzip in bestimmten Zusammenhängen<br />
seine Berechtigung hat, so<br />
ist doch davon auszugehen, dass<br />
Selbstständigkeit nur schwer durch<br />
Methoden vermittelt werden kann,<br />
die auf dem Prinzip von Vorgaben<br />
166 sportunterricht, Schorndorf, 56 (2007), Heft 6