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Zum Glück fehlt oft so wenig - Ethos

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Das neue <strong>Glück</strong>sevangelium<br />

Zeitströmungen und neue Lehren versuchen<br />

Christen heute anderes zu lehren.<br />

In Amerika gibt es eine christliche Gemeinde,<br />

deren Lehren medial weltweit<br />

verbreitet werden: Die Pastoren dieser<br />

grossen christlichen Kirche verheissen ihren<br />

Mitgliedern irdischen Reichtum und<br />

<strong>Glück</strong>. Dicke Limousinen parken vor ihren<br />

Gotteshäusern, die Predigten handeln<br />

von irdischem <strong>Glück</strong>. Zusätzlich können<br />

die Mitglieder dieser Gruppe Seminare<br />

zum Thema besuchen, bei denen ihnen<br />

bei rechtem Glauben Erfolg und Wohlstand<br />

versprochen werden.<br />

Doch dies ist eine Irrlehre. Nirgends<br />

verheisst Gottes Wort Jesu Nachfolgern<br />

irdisches <strong>Glück</strong>. Zwar <strong>so</strong>llen sich Christen<br />

keine Sorgen um Alltägliches machen,<br />

aber ein dickes Bankkonto und einen Luxuswagen<br />

gibt es als Garantie bei der Bekehrung<br />

nicht. Jesus selber besass – als<br />

er auf der Erde lebte – nicht einmal «einen<br />

Platz, auf den er sein Haupt legen<br />

konnte». Überhaupt entsprach er nicht<br />

dem irdisch reichen Königs<strong>so</strong>hn, den die<br />

Menschen damals erwarteten. Das wahre<br />

<strong>Glück</strong>, von dem Jesus spricht, ist ein anderes:<br />

«<strong>Glück</strong>selig sind, die reinen Herzens<br />

sind, denn sie werden Gott schauen»<br />

(Matth. 5,8).<br />

Das Haus der Bosheit oder<br />

Wege zum Unglücklichsein<br />

Manchmal verhindern wir unser <strong>Glück</strong><br />

auch selber: Neid, Zorn, Wut, Missgunst<br />

und Zwietracht entstehen, wenn wir unser<br />

Herz nicht reinigen lassen und unsere<br />

Zufriedenheit nicht an den «Wasserbächen<br />

des Wortes Gottes» suchen, <strong>so</strong>ndern<br />

anderswo.<br />

In New York stand lange Zeit das<br />

schmalste Haus der Welt. Es war 32 Meter<br />

hoch, aber nur eineinhalb Meter breit.<br />

Die Bewohner New Yorks nannten dieses<br />

eigenartige Gebäude «Spite House» («das<br />

Haus der Bosheit»). Der Besitzer, Mr.<br />

Richard<strong>so</strong>n, war sehr ärgerlich, dass nach<br />

Strassenbauten nur mehr jener schmale<br />

Streifen übrig blieb. Er wollte dieses unbrauchbare<br />

Grundstück an den Nachbarn<br />

um einen horrenden Preis verkaufen.<br />

Jener sah das aber nicht ein, da er<br />

diese Grundstücksvergrösserung nicht<br />

unbedingt benötigte, und bot einen angemessenen<br />

Preis. Das war wiederum<br />

dem Grundstücksbesitzer des schmalen<br />

Streifens viel zu <strong>wenig</strong>. Niemals würde<br />

er seinem Nachbarn oder <strong>so</strong>nst irgendjemandem<br />

etwas günstig zukommen lassen.<br />

Das wäre ja noch schöner! Al<strong>so</strong> grübelte<br />

er lange, wie er dem «geizigen»<br />

Nachbarn eins auswischen konnte. Schadenfroh<br />

machte er sich ans Werk und<br />

baute das hohe, extrem schmale Gebäude.<br />

Er baute es vier Stockwerke hoch, damit<br />

seinem Nachbarn die Sonne und das Licht<br />

genommen waren. Nur die schmalsten<br />

Möbel, die extra angefertigt werden<br />

mussten, fanden in dem Haus Platz. Der<br />

boshafte Besitzer wohnte mit seiner Frau<br />

und seiner Tochter bis an sein Lebensende<br />

in diesen engen Wohnverhältnissen.<br />

Für Besuch war kein Platz und auch die<br />

Treppe konnten nur sehr schmale Menschen<br />

benutzen. So verbrachte Mr.<br />

Richard<strong>so</strong>n seinen Lebensabend im Erdgeschoss<br />

sitzend. Es bereitete ihm diebisches<br />

Vergnügen, aus dem Fenster<br />

zum schattigen Nachbarsgarten zu blicken<br />

und zu denken: «Geschieht dir<br />

Recht, hättest du mein Grundstück gekauft!»<br />

Mr. Richard<strong>so</strong>n und seine Familie<br />

pflegten keinerlei Kontakt mehr zur<br />

Nachbarschaft und starben einsam und<br />

... unglücklich. Gefangen in ihrer Enge –<br />

im Herzen, im Denken und im Tun. Jahre<br />

später rissen die neuen Besitzer das Gebäude<br />

ab. Nichts ist geblieben vom Haus<br />

der Bosheit.<br />

<strong>Glück</strong>lich machen<br />

<strong>Glück</strong> besteht auch darin, andere glücklich<br />

machen zu wollen, oder wie Jesus<br />

sagt: «Geben ist seliger als Nehmen.»<br />

Dem anderen das <strong>Glück</strong> nicht zu gönnen,<br />

ist der beste Weg zum Unglücklichsein.<br />

Das Haus der Bosheit zeigt deutlich,<br />

wie lächerlich dieses Verhalten ist. Dennoch<br />

besteht auch für Christen die Gefahr,<br />

in gewissen Situationen «hohe, enge<br />

und lächerliche Häuser der Bosheit» aufzubauen.<br />

Und dann wie Mr. Richard<strong>so</strong>n<br />

in seinem selbst gebauten Turm der Bosheit,<br />

Ablehnung und Einsamkeit zu verharren,<br />

um es irgendjemand anderem «zu<br />

zeigen». Ein Christ, der es nicht wagt, aus<br />

diesem Haus der Bosheit auszubrechen,<br />

ist wohl der unglücklichste Mensch der<br />

Welt.<br />

Das bedeutet allerdings, sich selbst und<br />

seine eigenen Anliegen nicht überzubewerten.<br />

Der Theologe Helmut Thielicke<br />

drückt es treffend aus: «Wir müssen den<br />

Gekreuzigten mehr lieben als das <strong>Glück</strong>,<br />

das er uns schenkt.»<br />

In Christus zu leben bedeutet unermesslichen<br />

Reichtum. Aber unsere christliche<br />

Botschaft darf nicht verwässert werden,<br />

indem das <strong>Glück</strong>, das ein Leben in<br />

der Nachfolge Jesu mit sich bringt, vor die<br />

Botschaft des Kreuzes gestellt wird. Denn<br />

erst durch das befreiende Erlösungswerk<br />

Jesu ist diese Zufriedenheit möglich geworden.<br />

Was bleibt vom <strong>Glück</strong>?<br />

<strong>Glück</strong> ist keine Frage von Umständen,<br />

<strong>so</strong>ndern eine innere Herzenshaltung und<br />

eine Frage der Lebenseinstellung. Woran<br />

erinnere ich mich? Bin ich dankbar<br />

für die guten Momente, die liebevollen<br />

Worte und frohen Stunden oder drehen<br />

sich meine Gedanken um böse Aussagen,<br />

negative Begegnungen und leidvolle Augenblicke?<br />

In einem österreichischen Hospiz wurden<br />

Todkranke befragt, woran sie sich im<br />

Leben erinnern würden und was von ihrem<br />

bald verlöschenden irdischen Leben<br />

übrig bleiben würde. Und siehe da: Die<br />

meisten erzählten von wundersamen Begegnungen<br />

und von glücklichen Stunden.<br />

Da war der arme Bauern<strong>so</strong>hn, der<br />

keinen Blumenschmuck für die Hochzeit<br />

bezahlen konnte und unerwartet eine bereits<br />

prunkvoll für die Hochzeit Adeliger<br />

verzierte Kirche verwenden durfte. Oder<br />

die wunderbar überstandene Hungersnot<br />

oder die plötzlich gefundene Stelle nach<br />

langen Jahren der Arbeitslosigkeit. Was<br />

am Ende übrig bleibt, ist nicht Geld, be-<br />

24 ethos 10 I 2007

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