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Physik im Strassenverkehr

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Strassenverk._dt_ 7.2.2000 9:12 Uhr Seite 2<br />

3. ANHALTEWEG<br />

1. DIE GRUNDGRÖSSEN<br />

GESCHWINDIGKEIT<br />

<strong>Physik</strong>alisch ist die Geschwindigkeit als Weg<br />

pro Zeit definiert. Im <strong>Strassenverkehr</strong> wird sie<br />

meist in Kilometern pro Stunde angegeben.<br />

Welcher Weg in einer Sekunde bei der jeweiligen<br />

Geschwindigkeit in km/h zurückgelegt<br />

wird, zeigt folgende Darstellung.<br />

Geschwindigkeit [km/h]<br />

30<br />

50<br />

80<br />

100<br />

120<br />

8.3<br />

13.9<br />

22.2<br />

27.8<br />

33.3<br />

0 5 10 15 20 25 30 35<br />

Zurückgelegter Weg pro Sekunde [m]<br />

TRÄGHEIT<br />

Das Trägheitsgesetz besagt, dass sich ein<br />

Körper solange geradeaus fortbewegt, bis<br />

zusätzliche Kräfte auf ihn einwirken. Ein nicht<br />

angegurteter Autofahrer wird deshalb bei<br />

einem Aufprall ungebremst gegen Armaturenbrett<br />

und Windschutzscheibe geschleudert. Ist<br />

er angegurtet, wird die Bewegungsenergie des<br />

menschlichen Körpers über den Sicherheitsgurt<br />

und die Knautschzone abgebaut.<br />

So entspricht z. B. die Wucht des Aufpralls bei<br />

nur 30 km/h ungefähr dem 20fachen des<br />

Körpergewichts des Automobilisten (ca. 1500<br />

kg). Solche Kräfte können mit den Armen<br />

nicht aufgefangen werden. Die weltbesten<br />

Gewichtheber stemmen höchstens 260 kg.<br />

Das Tragen eines Sicherheitsgurts erhöht bei<br />

einer Kollision die Überlebenschancen der<br />

Autoinsassen beträchtlich. Ca. 50 % der nicht<br />

angegurteten und tödlich verletzten Personen<br />

könnten noch leben, wenn sie den Sicherheitsgurt<br />

getragen hätten.<br />

s<br />

Geschwindigkeit v = – v Geschwindigkeit [m/s]<br />

t s Weg [m]<br />

t Zeit [s]<br />

Geschwindigkeit in [km/h]<br />

Geschwindigkeit in [m/s] =<br />

3.6<br />

ENERGIE<br />

Jedem bewegten Körper wohnt kinetische<br />

Energie inne. Sie steigt mit zunehmender<br />

Geschwindigkeit quadratisch an: Doppelte<br />

Geschwindigkeit bedeutet vierfache Energie –<br />

bildhaft dargestellt vierfache Fallhöhe.<br />

Die Grösse der Energie ist bei einem Aufprall<br />

entscheidend für die Unfallfolgen.<br />

ZUSAMMENHANG ZWISCHEN<br />

GESCHWINDIGKEIT UND FALLHÖHE<br />

(POTENZIELLE ENERGIE):<br />

Geschwindigkeit<br />

und Fallhöhe<br />

Entspricht einem<br />

Sturz aus dem<br />

80 km/h = 25.2 m 9. Stock<br />

8. Stock<br />

7. Stock<br />

6. Stock<br />

5. Stock<br />

4. Stock<br />

50 km/h = 9.8 m 3. Stock<br />

2. Stock<br />

30 km/h = 3.5 m 1. Stock<br />

Parterre<br />

Merke:<br />

Geschwindigkeit den Verhältnissen<br />

anpassen!<br />

Genügend Zeit für die Fahrt einplanen!<br />

«Klick» vor jedem Start!<br />

WAHRSCHEINLICHKEIT ALS FUSSGÄNGER BEI<br />

EINER KOLLISION MIT EINEM PERSONENWAGEN<br />

GETÖTET ZU WERDEN:<br />

Kinetische Energie E kin =<br />

m<br />

– . v 2 E kin Kinetische Energie [Joule]<br />

2 E pot Potenzielle Energie [Joule]<br />

m Masse [kg]<br />

Potenzielle Energie E pot = m . g . h v Geschwindigkeit [m/s]<br />

h Höhe über Boden [m]<br />

g Erdbeschleunigung [9.81m/s 2 ]<br />

Wahrscheinlichkeit [%]<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

20 30 40 50 60 70 80<br />

Aufprallgeschwindigkeit des Fahrzeugs [km/h]<br />

2. KONTAKT REIFEN/FAHRBAHN<br />

Voraussetzung für das Beschleunigen, das Bremsen und auch das Lenken ist die<br />

Übertragung der erzeugten Kräfte von den Reifen auf die Fahrbahn. Möglich ist dies aufgrund<br />

der Reibung, die zwischen Reifen und Fahrbahnoberfläche auftritt. Das Ausmass der<br />

Reibungskraft ist pr<strong>im</strong>är abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit der Reifen und<br />

der Fahrbahn, der Radlast sowie der Geschwindigkeit.<br />

Das physikalische Mass für die Qualität der<br />

Kraftübertragung zwischen der Fahrbahn- und<br />

Reifenoberfläche ist eine Verhältniszahl, die so<br />

genannte Gleitreibungszahl µ R (oder Reibbeiwert).<br />

Je glatter die Fahrbahn und je schlechter<br />

der Reifenzustand (Profil, Luftdruck) bzw.<br />

je niedriger die auf den Reifen wirkende<br />

Radlast, desto kleiner ist die übertragene<br />

Kraft. Zudem wirkt sich die Geschwindigkeit<br />

des Fahrzeugs aus. Das heisst, dass auch unter<br />

idealen Fahrbahnbedingungen und bei opt<strong>im</strong>alem<br />

Reifenzustand die Fahrbefehle (beschleunigen,<br />

bremsen, lenken) mit steigender Geschwindigkeit<br />

schlechter auf die Fahrbahn übertragen<br />

werden.<br />

Merke:<br />

Regelmässig Luftdruck kontrollieren und<br />

Reifen nach Herstellerangaben aufpumpen!<br />

Keine abgefahrenen Reifen verwenden<br />

(Profiltiefe über 1.6 mm)!<br />

Tempo den Witterungsverhältnissen<br />

anpassen!<br />

Beispiel:<br />

Die Fahrgeschwindigkeit hat bei Nässe einen<br />

grossen Einfluss auf die Bremsverzögerung.<br />

Mit zunehmender Geschwindigkeit verschlechtert<br />

sich der Kontakt zwischen Reifen und<br />

Fahrbahn. Versuche haben ergeben, dass bei<br />

5 mm Profiltiefe – halb abgefahrenes Profil –<br />

und 2 mm Wasserfilmhöhe (geschlossener<br />

Wasserfilm) die Bremsverzögerung von 6.5<br />

m/s 2 bei 60 km/h auf 4.2 m/s 2 bei 80 km/h bzw.<br />

auf 0.5 m/s 2 bei 120 km/h (Aquaplaning) absinken<br />

kann. Das heisst, bei gleichartigen Strassenverhältnissen<br />

kann sich die Bremsverzögerung<br />

bei Verdoppelung der Geschwindigkeit bis zum<br />

15fachen verkleinern und der Bremsweg entsprechend<br />

verlängern.<br />

Der Weg, den ein Fahrzeug zurücklegt um zum Halten zu kommen, lässt sich unterteilen<br />

in den Reaktionsweg und den Bremsweg. Der Reaktionsweg ist die Strecke, die<br />

das Fahrzeug vom Erkennen der Gefahr bis zur Betätigung der Bremse zurücklegt. Die Länge<br />

dieses Weges ist abhängig von der Geschwindigkeit des Fahrzeuges und der Reaktionszeit<br />

des Lenkers. In der Regel beträgt die Reaktionszeit ca. 1 bis 2 Sekunden. Um zum Stehen zu<br />

kommen, muss man das Fahrzeug verzögern. Unter Bremsweg versteht man die Strecke,<br />

die ein Fahrzeug vom Beginn der Verzögerung bis zum Stillstand zurücklegt.<br />

Beispiel: Dort, wo ein mit 50<br />

km/h auf trockener Fahrbahn<br />

fahrendes Auto nach einer<br />

Vollbremsung stillsteht, hat ein<br />

Fahrzeug, dessen Lenker am<br />

gleichen Ort gleich schnell reagiert,<br />

aber mit 60 km/h fährt,<br />

noch <strong>im</strong>mer eine Geschwindigkeit<br />

von mehr als 40 km/h.<br />

Geschwindigkeit [km/h]<br />

30<br />

40<br />

50<br />

60<br />

70<br />

80<br />

8<br />

11<br />

14<br />

17<br />

5<br />

19<br />

22<br />

8<br />

13<br />

19<br />

ANHALTEWEG BEI VERSCHIEDENEN GESCHWINDIGKEITEN:<br />

ANHALTEWEG BEI VERSCHIEDENEN GESCHWINDIGKEITEN AUF<br />

TROCKENER FAHRBAHN:<br />

Geschwindigkeit Reaktionsweg Bremsweg Anhalteweg<br />

trocken nass eisig (= Reaktionsweg + Bremsweg)<br />

(Reaktionszeit = 1s) (µR = 0.75) (µR = 0.6) (µR = 0.1) trocken nass eisig<br />

0 10 20 30 40 50 60<br />

Anhalteweg [m] Reaktionsweg Bremsweg<br />

26<br />

30 km/h 8 m 5 m 6 m 35 m 13 m 14 m 43 m<br />

50 km/h 14 m 13 m 16 m 98 m 27 m 30 m 112 m<br />

80 km/h 22 m 34 m 42 m 252 m 56 m 64 m 274 m<br />

100 km/h 28 m 52 m 66 m 399 m 80 m 94 m 421 m<br />

120 km/h 33 m 76 m 94 m 566 m 109 m 127 m 599 m<br />

34<br />

Reaktionsweg s r = v . t r s r Reaktionsweg [m]<br />

s b Bremsweg [m]<br />

Bremsweg s b =<br />

v Geschwindigkeit [m/s]<br />

v 2<br />

2 . g . t<br />

µ r Reaktionszeit [s] i.d.R. 1 bis 2 Sek.<br />

R g Erdbeschleunigung [9.81 m/s 2 ]<br />

µ R Gleitreibungszahl [–] i.d.R.<br />

trocken = 0.7–0.8 / nass = 0.55–0.65 /<br />

eisig = 0.05–0.15<br />

Der Anhalteweg wird vor allem<br />

von zwei Faktoren best<strong>im</strong>mt:<br />

● von der Geschwindigkeit –<br />

doppelte Geschwindigkeit<br />

bedeutet vierfacher Bremsweg.<br />

● vom Strassenzustand –<br />

bei Nässe ist der Bremsweg<br />

etwa 25 % länger als auf<br />

trockener Strasse, bei Schnee<br />

und Eis kann er sich um das<br />

Achtfache verlängern.

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