Wo Sachsen Anhalt trifft...
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<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>:<br />
„Waladala“ stand am Anfang<br />
Schon im Frühmittelalter war das Bernburger<br />
Land von zentraler Bedeutung für die Geschichte<br />
des heutigen Bundeslandes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>.<br />
Bereits im 10. Jh. gingen die Gebiete<br />
um Bernburg in den Besitz<br />
mächtiger und dem Kö-<br />
Reichskloster Nienburg -<br />
Machtzentrum und Streitobjekt<br />
Im Jahr 975 verlegte Kaiser Otto II. das Benediktinerkloster<br />
Thankmarsfelde nach Nienburg.<br />
Zahlreiche Verbindungen zu hohen weltlichen und<br />
Das Bernburger Land –<br />
Wiege und Herz<br />
des Landes <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Im Jahr 806 ging von dem fränkischen Stützpunkt<br />
nigshaus<br />
nahestehender<br />
kirchlichen Würdenträgern belegen die Bedeutung der<br />
Personen über.<br />
Dieser Sachverhalt verhinderte<br />
die Eingliederung<br />
Reichsabtei, die über ausgedehnten Grundbesitz bis in<br />
die Lausitz verfügte.<br />
Das Kloster Nienburg<br />
Im Herzen <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s, an der Mündung dreier<br />
Nebenflüsse in die Saale, liegt das Bernburger<br />
Land. Das Wahrzeichen dieser Kernlandschaft<br />
der Landschaft zwischen<br />
entwickelte sich bis<br />
des mitteldeutschen Bundeslandes an Elbe und Saa-<br />
der Wipper- und Bode-<br />
zur Mitte des 12. Jh.<br />
le bildet das Bernburger Schloss, die „Krone <strong>Anhalt</strong>s“.<br />
mündung in das neu ge-<br />
zu einem wichtigen<br />
Die Schlossansicht vom Saaletal gilt als eine der beein-<br />
gründete Erzbistum Mag-<br />
Macht- und Kultur-<br />
druckendsten Renaissancefassaden Mitteldeutschlands.<br />
deburg und ermöglichte<br />
zentrum<br />
zwischen<br />
Vom gegenüberliegenden Waldauer Flussufer aus be-<br />
es später den Askaniern,<br />
Halle und Magdeburg.<br />
gann auf Weisung des fränkischen Kaisers Karl der<br />
hier eine Territorialbrücke<br />
Der einzigartige Bau<br />
Große die Erschließung des östlichen, ehemals slawisch<br />
„Waladala“ – dem späteren<br />
Königshof „Waldau“ im<br />
Die Aderstedter Pfarrkirche<br />
trug ursprünglich das<br />
fränkische Patrozinium<br />
St. Hippolyt.<br />
heutigen Stadtgebiet Bernburg<br />
– eine Feldzugskampagne<br />
gegen sorbische Stämme östlich der Elbe und<br />
Saale aus. Unter Führung Karls des Jüngeren errichtete<br />
das fränkische Heer im Ver-<br />
vom Harz zum Elbe/Mulderaum<br />
zu schlagen, aus<br />
der sich später das Land<br />
<strong>Anhalt</strong> entwickeln sollte.<br />
Zuvor gelangte das Gebiet<br />
um Bernburg unter den<br />
Einfluss mächtiger geistli-<br />
Grabplatte des Markgrafen<br />
Thietmar (Klosterstifter) und<br />
seines Sohnes Gero II. in der<br />
Klosterkirche Nienburg.<br />
der Nienburger Klosterkirche<br />
zeugt noch<br />
heute von der einstigen<br />
Bedeutung dieses<br />
Ortes.<br />
Mit dem Verlust der<br />
Reichsunmittelbarkeit<br />
besiedelten sachsen-anhaltischen Territoriums. Mit der<br />
von hier ausgehenden Befestigung der Orte Halle und<br />
Magdeburg traten im Jahr 806 drei bedeutende Zentren<br />
des heutigen Bundeslandes erstmals gemeinsam in das<br />
Licht der Geschichte.<br />
Bevor die Askanier die Stadt Bernburg gründeten, bestimmte<br />
der Landesausbau mächtiger Reichsklöster das<br />
lauf der Kampfoperation<br />
cher Institutionen, die als<br />
und dem Übergang<br />
Bernburger Land. Der Sohn Albrechts des Bären, der<br />
Romanische Pfarrkirche<br />
St. Stephan in Waldau,<br />
Grabplatte mit Bogensockelkreuz-Darstellung.<br />
ein Kastell bei Halle<br />
und gegenüber<br />
Magdeburg. Damit<br />
wurden drei wichtige<br />
Herrschaftszentren<br />
auf dem<br />
Gebiet des heutigen<br />
Bundeslandes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
erstmals durch eine<br />
administrative<br />
Handlung miteinander verbunden<br />
und der wichtige<br />
Raum östlich der unteren<br />
Saale für den beginnenden<br />
Landesausbau erschlossen.<br />
Der fränkische Stützpunkt<br />
„Waladala“ blieb als späterer<br />
Königs- und Klosterhof<br />
Waldau erhalten.<br />
Kaiser Karl der Große<br />
gab 806 den Befehl,<br />
von „Waladala“ ausgehend<br />
die Orte „Halla“<br />
und „Magadabourg“<br />
zu befestigen. Drei<br />
spätere Kernregionen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s<br />
traten damit erstmals<br />
gemeinsam in das<br />
Licht der Geschichte.<br />
Stiftungen<br />
aus<br />
dem ehemaligen<br />
Königsland gebildet<br />
wurden.<br />
Das bedeutende Reichskloster Nienburg<br />
trat bald an die Stelle des Doppelkönigshofes<br />
Aderstedt/Waldau.<br />
In Konkurrenz zu diesem errichteten die<br />
Askanier im Hochmittelalter Burg und<br />
Stadt Bernburg. Das Bärenwappen des<br />
fürstlichen Amtes Bernburg gelangte, über<br />
das Wappen des Freistaates <strong>Anhalt</strong>, in das sachsen-anhaltische<br />
Landeswappen.<br />
Kulturelle Achsen wie die Elbe-Saale-Linie von Nord<br />
nach Süd und die durch die Ausdehnung des ehemaligen<br />
Landes <strong>Anhalt</strong> gebildete Ost-West-Achse vom<br />
Harz in das Dessau-Wittenberger Gebiet werden<br />
noch heute durch wichtige Verkehrslinien wie die<br />
A14 und die B6/B185 gekennzeichnet. Beide Achsen<br />
kreuzen sich im Bernburger Raum.<br />
© 2014 Olaf Böhlk, Kulturstiftung Bernburg • www.schloss-bernburg.de<br />
Wipper<br />
Waldau<br />
Aderstedt<br />
Nienburg<br />
Saale<br />
Bode<br />
Bernburg<br />
2km<br />
Fuhne<br />
Weltliche und kirchliche<br />
Herrschaftssitze im Bernburger<br />
Saaletal im frühen und hohen<br />
Mittelalter.<br />
zum Erzbistum Magdeburg<br />
im Jahr 1166<br />
begann der machtpolitische<br />
Abstieg der<br />
Abtei. In der Folgezeit<br />
gelang es den Askaniern,<br />
auf Basis ihrer<br />
Funktion als Klostervögte<br />
und auch teils<br />
unter Anwendung von<br />
brutaler Gewalt, den<br />
Einfluss des Klosters<br />
zurückzudrängen und<br />
es schließlich in ihre<br />
Landesherrschaft<br />
integrieren.<br />
Die Ausschaltung des Klosters als konkurrierendem<br />
Saaleübergang war eine wichtige Voraussetzung für die<br />
Herausbildung eines anhaltischen Territoriums.<br />
zu<br />
Blick in die Nienburger<br />
Klosterkirche St. Marien und<br />
St. Cyprian.<br />
sächsische Herzog Bernhard III., errichtete im Hochmittelalter<br />
auf dem Bernburger Burgberg ein bedeutendes<br />
Herrschaftszentrum und förderte die Entstehung<br />
der Stadt Bernburg. Sein Tod im Jahr 1212, der<br />
Bernburger Erbfall, stand am Beginn der Entwicklung<br />
sowohl des Landes <strong>Anhalt</strong> als auch des Kurfürstentums<br />
<strong>Sachsen</strong>. Bernburg verleiht somit dem Landesnamen<br />
„<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“ eine historische Dimension.<br />
Der Bernburger Bär prägt noch heute das Wappen des<br />
Bundeslandes. Wie die eindrucksvolle Architektur des<br />
askanischen Schlosses über der Saale, symbolisiert auch<br />
er die Bedeutung des Bernburger Landes als „Herz und<br />
Wiege“ <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s.<br />
800 Jahre anhaltische<br />
Geschichte an einem<br />
Ort erleben!<br />
<strong>Wo</strong><br />
<strong>Sachsen</strong><br />
<strong>Anhalt</strong><br />
<strong>trifft</strong>...
Der Bär im Wappen<br />
Am 4. April 1924<br />
gab sich der Freistaat<br />
<strong>Anhalt</strong> ein<br />
neues Wappen in Anlehnung<br />
an das Wappen der Herrschaft<br />
Bernburg. Es zeigt einen<br />
schreitenden schwarzen Bären<br />
auf roter, schwarzgefugter Zinnenmauer<br />
mit offenem Tor.<br />
Als Zeichen für das ehemalige Land <strong>Anhalt</strong> wurde dieses<br />
Wappen Teil des sachsen-anhaltischen Landeswappens.<br />
Man kann also sagen, dass eine enge symbolische<br />
Beziehung zwischen dem Hoheitszeichen des Landes<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> und dem Baukörper des Bernburger<br />
Schlosses besteht.<br />
3D-Rekonstruktion der Burgkapelle<br />
St. Pankratius Bernburg.<br />
Der romanische Bau war Teil der Burg<br />
des askanischen <strong>Sachsen</strong>herzogs<br />
Bernhard III., Sohn Albrechts des Bären.<br />
Schloss Bernburg:<br />
Das steinerne Wappen<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>s!<br />
Bernhard von <strong>Sachsen</strong>, 1170-1212.<br />
Brakteat 1180-1212, Köthen BERN<br />
- AR DV, Vollbild des Herzogs mit<br />
Fahne in der Rechten.<br />
Foto: © Numismatik Lanz<br />
Vorhandene<br />
Fragmente<br />
Aus Bestand erschlossen<br />
spekulativ<br />
Grabung Wendler (1937),<br />
Träger (1972/73)<br />
Gedränge im 12. Jahrhundert<br />
Um Bernburg verschärfte sich im Hochmittelalter die<br />
Konkurrenz zwischen etablierten und aufstrebenden<br />
Territorialmächten. Dies führte zur Verdichtung verschiedener<br />
Machtzentren auf engstem Raum.<br />
Etabliert waren bereits die Klöster Nien burg, das Stift<br />
Gernrode, welches vom ehemaligen Waldauer Königshof<br />
aus seine umfangreichen Herrschaftsrechte<br />
auf dem westlichen Saaleufer kontrollierte, und das<br />
Kloster Ilsenburg, das über den benachbarten Königshof<br />
Aderstedt verfügte.<br />
Sowohl das Erzstift Magdeburg als auch die Askanier<br />
versuchten, Einfluss auf diese älteren Herrschaftskomplexe<br />
zu erlangen. Die von der romanischen Burg ausgehende<br />
Gründung der askanischen Stadt Bernburg entschied<br />
im Hochmittelalter das Ringen zu Gunsten der<br />
anhaltischen Fürsten.<br />
Herzog Bernhard III.<br />
kann als Bauherr der<br />
großen romanischen<br />
Bernburger Burganlage<br />
gelten. Er bezeichnete<br />
seine Bernburger<br />
Burg zur Jahreswende<br />
1185/86 als „domo<br />
nostra Berneborch“.<br />
<strong>Sachsen</strong> und <strong>Anhalt</strong> – zwei Länder<br />
haben gemeinsame Wurzeln<br />
Im Jahr 2012 feierte <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
das 800-jährige<br />
Jubiläum der Kulturlandschaft<br />
<strong>Anhalt</strong>. Das Festjahr nahm Bezug<br />
auf die Tatsache, dass im Frühjahr<br />
1212 der sächsische Herzog Bernhard<br />
III., Sohn Albrechts des Bären,<br />
auf seiner Burg Bernburg verstarb<br />
und es deshalb zur Erbteilung zwischen<br />
seinen beiden Söhnen kam.<br />
Bernhards Sohn Heinrich erbte<br />
die askanischen Stammlande, sein<br />
Bruder Albrecht wurde Herzog<br />
von <strong>Sachsen</strong> und erhielt<br />
Gebiete um Aken und<br />
Wittenberg.<br />
Der Bernburger Erbfall<br />
des Jahres 1212 macht<br />
das Schloss an der Saale<br />
somit zum real erlebbaren<br />
Bindeglied zwischen<br />
dem Kurfürstentum<br />
<strong>Sachsen</strong>-Wittenberg<br />
und dem ehemaligen Land <strong>Anhalt</strong>.<br />
Beide Territorien gingen im späteren Bundesland <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
auf.<br />
Auch die Übertragung des Namens „<strong>Sachsen</strong>“ von der<br />
Bezeichnung eines Stammesherzogtums auf den späteren<br />
gleichnamigen Freistaat ist eng mit dem Bernburger<br />
Schloss verknüpft.<br />
Durch das Ereignis des Bernburger Erbfalls wird Schloss<br />
Bernburg zu einem für den Landesnamen „<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>“<br />
konstituierenden Erinnerungsort und somit<br />
zu einer sachsen-anhaltischen „Landesburg“.<br />
In Bernburg <strong>trifft</strong><br />
<strong>Sachsen</strong> auf<br />
<strong>Anhalt</strong>!<br />
Die Reste der romanischen<br />
Burgkapelle auf dem Bernburger<br />
Schlosshof.<br />
Ein Fürstenhaus als Sinnbild<br />
Das im Jahr 1538/39 errichtete Haus des Fürsten<br />
<strong>Wo</strong>lfgang von <strong>Anhalt</strong>-Köthen gilt als eines<br />
der wertvollsten Renaissancebauwerke<br />
Deutschlands.<br />
Seine Architektur ist durchdrungen<br />
vom Gedanken<br />
der Kommunikation. Dieses<br />
Bauwerk spricht zu seinem Betrachter. Einst stand das aufragende<br />
Gebäude frei über dem hohen Ufer der Saale. Es<br />
Die Architektursprache<br />
des Humanismus<br />
griff damit metaphorisch das Motiv des Turmes auf und interpretierte<br />
so den<br />
mittelalterlichen<br />
Bergfried neu.<br />
Seine mit gebogenen<br />
Scheiben verglasten Erker ermöglichten vielfältige<br />
Blickachsen, die die Beziehungen zwischen Fürsten und<br />
Untertanen symbolisierten. Die humanistische Architektursprache<br />
des Bauwerks verdeutlicht sich auch in<br />
seinem Bildprogramm, welches das askanische Fürstenhaus<br />
mit den umgebenden Herrschaftsräumen in Verbindung<br />
setzt und damit die geopolitische Bedeutung<br />
der Herrschaft Bernburg erneut aufgreift.<br />
Der Baumeister des <strong>Wo</strong>lfgangbaues Andreas Günther gehörte<br />
zu den renommiertesten Architekten seiner Zeit.<br />
Sein Baumeisterbildnis an dem Bernburger Fürstenhaus,<br />
welches sein Portrait mit einer allegorischen Versinnbildlichung<br />
des konfessionellen Glaubenskampfes in Beziehung<br />
setzt, stellt ein einzigartiges Zeugnis dar.<br />
Die Bernburger „Leuchte“ versinnbildlicht in eindringlicher<br />
Weise das spannungsreiche Beziehungsgeflecht, in<br />
welchem sich ein humanistisch gebildeter Reformationsfürst<br />
zu Lebzeiten Martin Luthers bewegte.<br />
Das Bildnisrelief des<br />
Baumeisters Andreas<br />
Günther.