4 <strong>Regulierung</strong> <strong>verstehen</strong>
<strong>Regulierung</strong> <strong>verstehen</strong> 5 <strong>Regulierung</strong> <strong>verstehen</strong> Gesetze,Verordnungen und Standesregeln, aber auch ungeschriebenes Recht prägen unser Leben. Sowohl privat wie auch beruflich stellt uns der Staat Leitplanken und Rahmenordnungen bereit, in denen wir uns bewegen dürfen und müssen. Und das ist gut so. Eine funktionierende Gesellschaft braucht Regeln und eine gewisse Ordnung. Nur so werden das Zusammenleben und die Entwicklung einer erfolgreichen Volkswirtschaft möglich. Nicht jedes Land und jede Gesellschaft geht jedoch gleich mit dem Thema <strong>Regulierung</strong> um. Die Schweiz ist seit jeher ein Staat, der seinen Bürgern grösstmögliche Freiheit in ihrer privaten und beruflichen Entfaltung gewährt hat. Das ist auch einer der Erfolgsfaktoren für den wirtschaftlichen Aufschwung in verschiedenen Epochen unserer Geschichte. Das Milizsystem als Stärke Nun bringen unsere immer komplexer werdende Gesellschaft und die vermehrt global agierenden Unternehmen und Märkte auch immer mehr Regeln mit sich. Offenbar ist es ein Bedürfnis des Menschen, sich gegen mögliche Risiken abzusichern. Zudem sollen mögliche Fehlentwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft wie etwa die unrechtmässige Bereicherung einzelner Akteure oder Gruppen verhindert werden. Letztlich geht es immer darum, das Vertrauen und die Integrität aller Marktteilnehmer zu stärken. Die Schweiz baut auch indieser Frage auf die Stärke des Milizsystems. Sehr viele Regeln des wirtschaftlichen und privaten Zusammenlebens sind dezentral-föderalistisch oder von Selbstregulierungsorganisationen erlassen. Zudem rekrutieren sich die Mitglieder von zentralen Aufsichtsbehörden aus der Praxis. Letztlich liegt die Macht über die Einführung neuer Gesetze in der Schweiz beim Souverän, was die Kontrolle, aber auch die Akzeptanz der geschaffenen Leitplanken im Volk breit abstützt. Ein unschätzbarer Wert und Vorteil gegenüber anderen Staatsmodellen, die zentralistische Überregulierung schon oft mit fehlendem Wettbewerb und Empörung bei den Bürgern bezahlt haben. Mut zur Abschaffung von unzweckmässigen Regeln Der <strong>Regulierung</strong> kommt also ein sehr hoher Stellenwert zu. Und gleichzeitig droht die Wirtschaftsordnung an Übersichtlichkeit zu verlieren und zu einem Korsett zuwerden. Regeln und Gesetze müssen sich weiterentwickeln. Sie leben mit der Dynamik der Märkte und müssen mit Innovationen und Veränderungen Schritt halten können. Dabei gilt aber eine alte Weisheit: Mehr <strong>Regulierung</strong> bedeutet nicht unbedingt bessere <strong>Regulierung</strong>.Wir müssen auch den Mut haben, uns von veralteten und unzweckmässigen Regeln zu trennen, und nicht nur neue Vorschriften schaffen. Doch wie entstehen neue Gesetze überhaupt? Welche Impulse lösen <strong>Regulierung</strong>saktivitäten aus? Können wir in Zukunft die <strong>Regulierung</strong> so gestalten, dass keine Fehler mehr passieren und kein Betrug mehr stattfindet? Was sind die Kosten und was der Nutzen, was der Sinn von <strong>Regulierung</strong>? All diesen Fragen sind wir auf den Grund gegangen. Mit dem Ziel, einer breiten Öffentlichkeit eine Welt zu erläutern, in der wir uns zwar täglich bewegen, deren Wirkungsweise aber nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist. Wir wollen mit der vorliegenden Publikation die Diskussion um den Sinn und Zweck und das gesunde Ausmass der regulatorischen Kraft anregen. Führungskräfte und Mitarbeitende aus Unternehmen, Verbänden und Verwaltung, die sich gelegentlich mit juristischen Fragen beschäftigen, sind ebenso eingeladen, sich grundsätzlich mit dem Wesen der staatlichen Rahmenordnung auseinanderzusetzen wie Studierende von Universitäten und Fachhochschulen sowie politisch Interessierte aller Couleur. Esfreut uns besonders, dass wir dies zusammen mit hochkarätigen und erfahrenen Experten machen dürfen. Neben Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf beleuchten wir mit Eugen Haltiner, Gerold Bührer, Martin Leupold, Thomas Werlen, Beat Kappeler sowie Vertretern von KPMG das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln. An dieser Stelle herzlichen Dank den Autoren für die wertvollen Beiträge. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und hoffe, dass wir mit dieser Publikation sowohl Fragen beantworten wie auch Diskussionen anregen können. Dieter Widmer, Mitglied der Geschäftsleitung und Head of Advisory, KPMG Schweiz