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Matchings in Graphen - Lehrstuhl für Effiziente Algorithmen

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Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 1<br />

<strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> <strong>Graphen</strong><br />

Es sei e<strong>in</strong> ungerichteter Graph G = (V, E) gegeben. E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g <strong>in</strong> G ist e<strong>in</strong>e Teilmenge<br />

M ⊆ E, so dass ke<strong>in</strong>e zwei Kanten aus M e<strong>in</strong>en Endpunkt geme<strong>in</strong>sam haben. E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g<br />

M heißt maximal, falls es <strong>in</strong> G ke<strong>in</strong> größeres Match<strong>in</strong>g M ′ mit M ′ ⊃ M gibt. E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g<br />

M heißt Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität (engl. maximum match<strong>in</strong>g), falls es <strong>in</strong> G ke<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g<br />

M ′ mit |M ′ | > |M| gibt. Wir s<strong>in</strong>d an e<strong>in</strong>em Algorithmus <strong>in</strong>teressiert, der für e<strong>in</strong>en<br />

gegebenen <strong>Graphen</strong> effizient e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität berechnet.<br />

(a) maximales Match<strong>in</strong>g<br />

(b) Match<strong>in</strong>g max. Kard<strong>in</strong>alität<br />

Match<strong>in</strong>g-Probleme treten <strong>in</strong> der Praxis meistens als Zuordnungsprobleme auf. E<strong>in</strong> Beispiel<br />

könnte etwa die Zuordnung von Professoren zu Vorlesungen se<strong>in</strong>, wenn jeder Professor<br />

höchstens e<strong>in</strong>e Vorlesung halten will: die Knoten des E<strong>in</strong>gabegraphen repräsentieren die<br />

Professoren und die Vorlesungen, e<strong>in</strong>e Kante zwischen e<strong>in</strong>em Professor und e<strong>in</strong>er Vorlesung<br />

gibt an, dass der Professor die Vorlesung halten kann. E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität<br />

entspricht dann genau e<strong>in</strong>er Zuordnung von Professoren zu Vorlesungen, bei der so viele Vorlesungen<br />

angeboten werden können wie möglich.<br />

Für e<strong>in</strong>en <strong>Graphen</strong> G = (V, E) und e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g M ⊆ E nennen wir die Kanten aus<br />

M gematcht und die Kanten aus E \ M ungematcht. E<strong>in</strong> Knoten heißt gematcht, wenn e<strong>in</strong>e<br />

se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>zidenten Kanten gematcht ist. Knoten, die ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong>zidente gematchte Kante haben,<br />

heißen frei. Hilfreich ist weiterh<strong>in</strong> das Konzept alternierender bzw. augmentierender Pfade<br />

bzgl. e<strong>in</strong>es <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> M:<br />

(i) E<strong>in</strong> e<strong>in</strong>facher Pfad v 0 , v 1 , . . . , v r heißt alternierend, falls die Kanten (v i−1 , v i ) abwechselnd<br />

<strong>in</strong> M und <strong>in</strong> E \ M s<strong>in</strong>d.<br />

(ii) E<strong>in</strong> alternierender Pfad heißt augmentierend, falls er an beiden Enden ungematchte<br />

Kanten hat und nicht verlängert werden kann, also wenn beide Endknoten des Pfades<br />

frei s<strong>in</strong>d.<br />

Beachte, dass e<strong>in</strong> augmentierender Pfad auch aus e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen ungematchten Kante zwischen<br />

zwei freien Knoten bestehen kann.<br />

Man sieht leicht, dass e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g M mit Hilfe e<strong>in</strong>es augmentierenden Pfades p zu e<strong>in</strong>em<br />

Match<strong>in</strong>g M ′ vergrößert werden kann: wenn man die gematchten Kanten des Pfades aus M<br />

herausnimmt und die ungematchten Kanten des Pfades <strong>in</strong> M e<strong>in</strong>fügt, erhält man nämlich<br />

e<strong>in</strong> gültiges Match<strong>in</strong>g mit e<strong>in</strong>er zusätzlichen Kante. Diesen Prozess bezeichnen wir auch als<br />

Invertieren e<strong>in</strong>es augmentierenden Pfades. Das obige Match<strong>in</strong>g (b) lässt sich zum Beispiel aus<br />

Match<strong>in</strong>g (a) durch e<strong>in</strong> derartiges Invertieren e<strong>in</strong>es augmentierenden Pfades erhalten.<br />

Satz 1 E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g M <strong>in</strong> G = (V, E) hat genau dann maximale Kard<strong>in</strong>alität, wenn es<br />

ke<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad gibt.


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 2<br />

Beweis: Die Behauptung des Satzes ist äquivalent zu: E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g M hat genau dann nicht<br />

maximale Kard<strong>in</strong>alität, wenn es e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad gibt. Wir beweisen diese Behauptung.<br />

Die Richtung ⇐ ist offensichtlich richtig. Die Richtung ⇒ ist noch zu zeigen.<br />

Sei M e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g <strong>in</strong> G, das nicht maximale Kard<strong>in</strong>alität hat. Sei M ′ e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g <strong>in</strong> G<br />

mit maximaler Kard<strong>in</strong>alität. Betrachte den <strong>Graphen</strong> G ′ = (V, M ⊕ M ′ ), wobei M ⊕ M ′ =<br />

(M ∪ M ′ ) \ (M ∩ M ′ ) die symmetrische Differenz von M und M ′ ist. Offensichtlich haben <strong>in</strong><br />

G ′ alle Knoten Grad ≤ 2. Also besteht G ′ aus e<strong>in</strong>er Reihe von e<strong>in</strong>fachen Pfaden und Kreisen,<br />

die alle alternierend bzgl. M s<strong>in</strong>d. M ′ lässt sich aus M durch Invertieren aller dieser Pfade und<br />

Kreise erhalten. Da das Invertieren von Kreisen und von nicht-augmentierenden Pfaden das<br />

Match<strong>in</strong>g nicht vergrößert, müssen unter den Pfaden auch |M ′ | − |M| ≥ 1 augmentierende<br />

Pfade se<strong>in</strong>.<br />

⊓⊔<br />

Aus dem Beweis des Satzes folgt sogar, dass es <strong>in</strong> G bzgl. M genau |M ′ | − |M| knotendisjunkte<br />

augmentierende Pfade gibt, wobei M ′ e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität<br />

ist. Da sich die |M| gematchten Kanten auf diese |M ′ | − |M| augmentierenden Pfade verteilen,<br />

lässt sich auch ableiten, dass es e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad der Länge höchstens<br />

2 · ⌊|M|/(|M ′ | − |M|)⌋ + 1 gibt.<br />

Aufgrund des Satzes wissen wir auch, dass wir e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität f<strong>in</strong>den<br />

können, <strong>in</strong>dem wir mit e<strong>in</strong>em beliebigen Match<strong>in</strong>g M, zum Beispiel M = ∅, starten<br />

und so lange augmentierende Pfade suchen und diese <strong>in</strong>vertieren, bis es ke<strong>in</strong>en augmentierenden<br />

Pfad mehr gibt. Es ist nur noch zu klären, wie die Suche nach augmentierenden Pfaden<br />

realisiert werden soll.<br />

Dabei stellt es sich zunächst als sehr günstig heraus, nicht beliebige augmentierende Pfade<br />

zu suchen, sondern e<strong>in</strong>e maximale Menge kürzester augmentierender Pfade. Sei M das aktuelle<br />

Match<strong>in</strong>g und sei l die Länge (Anzahl Kanten) e<strong>in</strong>es kürzesten augmentierenden Pfades<br />

bzgl. M. Dann suchen wir e<strong>in</strong>e Menge p 1 , p 2 , . . . , p r von knotendisjunkten augmentierenden<br />

Pfaden der Länge l, so dass es ke<strong>in</strong>en weiteren solchen knotendisjunkten Pfad mehr gibt, und<br />

<strong>in</strong>vertieren alle diese Pfade p 1 , . . . , p r . Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass wir höchstens<br />

O( √ |V |)-mal augmentierende Pfade suchen müssen, wie Hopcroft und Karp gezeigt haben.<br />

Lässt sich die Suche nach augmentierenden Pfaden <strong>in</strong> Zeit O(|V |+|E|) = O(|E|) realisieren,<br />

erhält man also e<strong>in</strong>en Match<strong>in</strong>g-Algorithmus mit Gesamtlaufzeit O( √ |V ||E|). Im nächsten<br />

Abschnitt wird dies für den Fall bipartiter <strong>Graphen</strong> konkret beschrieben.<br />

1 <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> bipartiten <strong>Graphen</strong><br />

E<strong>in</strong> Graph G = (V, E) heißt bipartit, wenn sich se<strong>in</strong>e Knotenmenge V so <strong>in</strong> disjunkte Teilmengen<br />

V 1 und V 2 aufteilen lässt, dass alle Kanten e<strong>in</strong>en Knoten aus V 1 mit e<strong>in</strong>em aus V 2<br />

verb<strong>in</strong>den. Bei vielen <strong>in</strong> der Praxis auftretenden Zuordnungsproblemen ist der entstehende<br />

Graph tatsächlich bipartit, so auch beim e<strong>in</strong>gangs erwähnten Zuordnungsproblem mit Professoren<br />

und Vorlesungen.<br />

In bipartiten <strong>Graphen</strong> lässt sich die Suche nach e<strong>in</strong>er maximalen Menge knotendisjunkter<br />

augmentierender Pfade durch simultane Breitensuche und anschließende Tiefensuche effizient<br />

<strong>in</strong> l<strong>in</strong>earer Zeit O(|V |+|E|) realisieren (Algorithmus von Hopcroft und Karp, 1973). Genauer<br />

sieht der Algorithmus so aus:<br />

• setze M := ∅


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 3<br />

• while (true) do<br />

simultane Breitensuche;<br />

if (es existiert e<strong>in</strong> augmentierender Pfad)<br />

then Tiefensuche nach knotendisjunkten kürzesten augmentierenden Pfaden;<br />

else break;<br />

fi<br />

od<br />

• gib M als Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität aus<br />

E<strong>in</strong>e Ausführung des Rumpfes der while-Schleife nennen wir Iteration. Wir wissen, dass der<br />

Algorithmus auch im Worst-Case nur O( √ |V |) Iterationen ausführt. Jede Iteration besteht<br />

aus e<strong>in</strong>er simultanen Breitensuche und, falls das Match<strong>in</strong>g noch nicht maximale Kard<strong>in</strong>alität<br />

hat, e<strong>in</strong>er anschließenden Tiefensuche. Sowohl die simultane Breitensuche als auch die Tiefensuche<br />

können <strong>in</strong> Zeit O(|V | + |E|) ausgeführt werden, so dass sich e<strong>in</strong>e Gesamtlaufzeit<br />

von O( √ |V ||E|) ergibt.<br />

1.1 Simultane Breitensuche<br />

Bei gegebenem aktuellen Match<strong>in</strong>g M ist es die Aufgabe der simultanen Breitensuche, erstens<br />

zu entscheiden, ob es <strong>in</strong> dem <strong>Graphen</strong> überhaupt noch augmentierende Pfade gibt, und<br />

zweitens den Knoten des <strong>Graphen</strong> Level-Werte zuzuordnen, mit deren Hilfe die anschließende<br />

Tiefensuche e<strong>in</strong>e maximale Menge kürzester knotendisjunkter augmentierender Pfade f<strong>in</strong>den<br />

kann.<br />

Jeder Pfad <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bipartiten <strong>Graphen</strong> G besucht abwechselnd e<strong>in</strong>en Knoten <strong>in</strong> V 1 und<br />

e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> V 2 . Da alle augmentierenden Pfade ungerade Länge haben, beg<strong>in</strong>nen sie jeweils bei<br />

e<strong>in</strong>em freien Knoten <strong>in</strong> V 1 und enden bei e<strong>in</strong>em freien Knoten <strong>in</strong> V 2 . Dabei verwenden sie <strong>in</strong><br />

Richtung von V 1 nach V 2 jeweils e<strong>in</strong>e ungematchte Kante und <strong>in</strong> Richtung von V 2 nach V 1 e<strong>in</strong>e<br />

gematchte Kante. Wir ordnen jedem Knoten v e<strong>in</strong>en Wert level[v] zu, den wir am Beg<strong>in</strong>n jeder<br />

simultanen Breitensuche mit −1 <strong>in</strong>itialisieren und der am Ende der Breitensuche die Länge<br />

e<strong>in</strong>es kürzesten alternierenden Pfades von e<strong>in</strong>em freien Knoten aus V 1 zu v repräsentieren soll.<br />

Um die Länge e<strong>in</strong>es kürzesten augmentierenden Pfades zu bestimmen, lässt man e<strong>in</strong>e<br />

Breitensuche gleichzeitig bei allen freien Knoten aus V 1 beg<strong>in</strong>nen: aus diesem Grund spricht<br />

man von simultaner Breitensuche. Dabei <strong>in</strong>itialisiert man die Queue e<strong>in</strong>fach am Anfang nicht<br />

mit e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Startknoten, sondern fügt alle freien Knoten aus V 1 <strong>in</strong> die Queue e<strong>in</strong>. Für<br />

jeden dieser Knoten v setzt man außerdem level[v] = 0.<br />

Die weitere Breitensuche läuft dann <strong>in</strong> Phasen ab, die abwechselnd vom Typ 1 bzw. vom<br />

Typ 2 s<strong>in</strong>d:<br />

Typ 1: zu Anfang der Phase bilden die Knoten aus der Queue e<strong>in</strong>e Teilmenge von V 1 ; <strong>in</strong><br />

der Phase wird jeder solche Knoten v aus der Queue geholt und alle ungematchten<br />

Nachbarkanten e = {v, w} betrachtet: falls w noch nicht besucht wurde, setzt man<br />

level[w] = level[v] + 1 und fügt w h<strong>in</strong>ten an die Queue an; am Ende der Phase besteht<br />

die Queue nur aus Knoten, die <strong>in</strong> V 2 s<strong>in</strong>d.<br />

Typ 2: zu Anfang der Phase bilden die Knoten aus der Queue e<strong>in</strong>e Teilmenge von V 2 ; <strong>in</strong><br />

der Phase wird jeder solche Knoten v aus der Queue geholt und se<strong>in</strong>e gematchte


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 4<br />

Nachbarkante e = {v, w} betrachtet: falls w noch nicht besucht wurde, setzt man<br />

level[w] = level[v] + 1 und fügt w h<strong>in</strong>ten an die Queue an; am Ende der Phase besteht<br />

die Queue aus Knoten, die <strong>in</strong> V 1 s<strong>in</strong>d.<br />

Die Breitensuche term<strong>in</strong>iert, wenn die Queue nach e<strong>in</strong>er Phase vom Typ 1 e<strong>in</strong>en freien Knoten<br />

w enthält (dann gibt es e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad der Länge level[w], der bei w endet, und<br />

es wird die anschließende Tiefensuche gestartet) oder wenn die Queue leer wird (dann gibt es<br />

ke<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad und das aktuelle Match<strong>in</strong>g hat bereits maximale Kard<strong>in</strong>alität).<br />

1.2 Tiefensuche nach augmentierenden Pfaden<br />

Wenn bei der simultanen Breitensuche nach l Phasen e<strong>in</strong> freier Knoten aus V 2 erreicht wurde,<br />

so wissen wir jetzt, dass es m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>en kürzesten augmentierenden Pfad der Länge l<br />

gibt, und wollen nun mittels Tiefensuche e<strong>in</strong>e maximale Menge solcher kürzester augmentierender<br />

Pfade berechnen. Genauer werden wir dazu nicht e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Tiefensuche verwenden,<br />

sondern für jeden freien Knoten v aus V 1 e<strong>in</strong>e eigene Tiefensuche starten, um von v aus (falls<br />

möglich) e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad der Länge l zu f<strong>in</strong>den. Bei diesen Tiefensuchen betrachten<br />

wir ausschließlich Kanten, die den folgenden Bed<strong>in</strong>gungen genügen (andere Kanten<br />

werden ignoriert):<br />

• Ist der aktuelle Knoten u ∈ V 1 , so betrachten wir von u aus Kanten e = {u, w} mit<br />

e ∈ E \ M und level[w] = level[u] + 1.<br />

• Ist der aktuelle Knoten u ∈ V 2 , so betrachten wir von u aus Kanten e = {u, w} mit<br />

e ∈ M und level[w] = level[u] + 1.<br />

Erreicht e<strong>in</strong>e solche Tiefensuche von e<strong>in</strong>em freien Knoten v aus V 1 e<strong>in</strong>en freien Knoten w aus<br />

V 2 , so ist der zugehörige Pfad von v nach w e<strong>in</strong> kürzester augmentierender Pfad. In diesem<br />

Fall wird der Pfad sofort <strong>in</strong>vertiert (Kanten, die <strong>in</strong> M waren, werden aus M herausgenommen,<br />

und Kanten, die noch nicht <strong>in</strong> M waren, werden <strong>in</strong> M e<strong>in</strong>gefügt), alle Knoten u auf dem Pfad<br />

werden durch Setzen von level[u] = −1 für weitere Tiefensuchen gesperrt, und die nächste<br />

Tiefensuche wird beim nächsten freien Knoten aus V 1 gestartet. Läuft e<strong>in</strong>e Tiefensuche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Sackgasse, d.h. es wurde noch ke<strong>in</strong> augmentierender Pfad gefunden und es gibt vom aktuellen<br />

Knoten u aus ke<strong>in</strong>e den obigen Bed<strong>in</strong>gungen genügende Kante mehr, so wird level[u] = −1<br />

gesetzt und die Tiefensuche am Vorgänger von u fortgesetzt. Die Level-Werte der Knoten<br />

werden während der Tiefensuchen nur dann verändert, wenn e<strong>in</strong> augmentierender Pfad oder<br />

e<strong>in</strong>e Sackgasse gefunden wurde: <strong>in</strong> diesem Fall wird durch Setzen des Level-Wertes auf −1<br />

erreicht, dass die betroffenen Knoten für den Rest der Tiefensuche ignoriert werden.<br />

1.3 Beispiel des Ablaufs e<strong>in</strong>er Iteration<br />

Der bipartite Graph G = (V 1 ∪ V 2 , E) mit V 1 = {1, 2, 3, 4, 5, 6} und V 2 = {a, b, c, d, e, f}<br />

und das aktuelle Match<strong>in</strong>g M seien wie folgt gegeben (gematchte Kanten s<strong>in</strong>d fett gezeichnet,<br />

freie Knoten s<strong>in</strong>d dick umrandet):


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 5<br />

0<br />

2 2<br />

0<br />

-1<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4 5<br />

2<br />

6<br />

a b<br />

c d<br />

1 1 3<br />

1<br />

e<br />

3<br />

f<br />

3<br />

Die Zahlen außerhalb der Knoten geben den level-Wert an, der sich bei der simultanen Breitensuche<br />

ergibt. Nach der dritten Phase der simultanen Breitensuche bef<strong>in</strong>den sich die Knoten<br />

c, e und f <strong>in</strong> der Queue. Da darunter auch zwei freie Knoten (c und e) s<strong>in</strong>d, term<strong>in</strong>iert die<br />

simultane Breitensuche, und es wird nache<strong>in</strong>ander bei den freien Knoten aus V 1 , also bei<br />

Knoten 1 und 4, jeweils e<strong>in</strong>e Tiefensuche gestartet. Dabei werden nur die folgenden Kanten<br />

betrachtet:<br />

Level 0:<br />

1 4<br />

Level 1:<br />

a b d<br />

Level 2:<br />

2 3 6<br />

Level 3:<br />

c e f<br />

Es könnten dann z.B. die Pfade 1, a, 2, c und 4, b, 3, e gefunden werden, die e<strong>in</strong>e maximale<br />

Menge knotendisjunkter kürzester augmentierender Pfade darstellen. (Auch der Pfad 4, b, 3, c<br />

alle<strong>in</strong>e wäre übrigens e<strong>in</strong>e solche Menge.) Nach Invertierung dieser beiden Pfade ergibt sich<br />

folgendes Match<strong>in</strong>g, das bereits maximale Kard<strong>in</strong>alität hat.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4 5<br />

6<br />

a b<br />

c d e f


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 6<br />

2 Gewichtete <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> bipartiten <strong>Graphen</strong><br />

Es sei e<strong>in</strong> ungerichteter Graph G = (V, E) mit ganzzahligen Kantengewichten w : E → Z<br />

gegeben. E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g <strong>in</strong> G ist e<strong>in</strong>e Teilmenge M ⊆ E, so dass ke<strong>in</strong>e zwei Kanten aus M<br />

e<strong>in</strong>en Endpunkt geme<strong>in</strong>sam haben. E<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g M heißt Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität<br />

falls es <strong>in</strong> G ke<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g M ′ mit |M ′ | > |M| gibt. Das Gewicht w(M) e<strong>in</strong>es <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong><br />

M ist die Summe der Gewichte aller Kanten <strong>in</strong> M. Das Gewicht w(p) e<strong>in</strong>es augmentierenden<br />

Pfades p bezüglich M ist die Summe der Gewichte aller Kanten aus p \ M abzüglich der<br />

Summe der Gewichte aller Kanten aus p ∩ M. Das Gewicht des folgenden augmentierenden<br />

Pfades wäre also 5 + 6 + 7 − 3 − 2 = 13.<br />

5 3 6 2 7<br />

Mit dieser Def<strong>in</strong>ition ändert sich das Gewicht e<strong>in</strong>es <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> durch Invertieren e<strong>in</strong>es<br />

augmentierenden Pfades p genau um w(p).<br />

Wir haben bereits den Algorithmus von Hopcroft und Karp kennengelernt, der <strong>in</strong> bipartiten<br />

<strong>Graphen</strong> effizient <strong>in</strong> Zeit O( √ |V ||E|) e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität berechnet.<br />

Oft gibt es jedoch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gegebenen <strong>Graphen</strong> verschiedene <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximaler Kard<strong>in</strong>alität,<br />

von denen man nicht e<strong>in</strong> beliebiges, sondern e<strong>in</strong>es mit m<strong>in</strong>imalem oder maximalem<br />

Gewicht haben möchte. Im folgenden betrachten wir den Fall, dass e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler<br />

Kard<strong>in</strong>alität und m<strong>in</strong>imalen Gewichts gesucht ist.<br />

2.1 Inkrementelle Berechnung<br />

Die Grundidee zur Lösung dieses Problems ist, nache<strong>in</strong>ander für k = 1, 2, . . . jeweils e<strong>in</strong><br />

Match<strong>in</strong>g M k zu berechnen, das genau k Kanten enthält und unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> mit k<br />

Kanten m<strong>in</strong>imales Gewicht hat. Der folgende Satz zeigt, wie M k+1 aus M k berechnet werden<br />

kann.<br />

Satz 2 Sei M k e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g <strong>in</strong> G mit k Kanten, das unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> G, die genau k<br />

Kanten enthalten, m<strong>in</strong>imales Gewicht hat. Sei p e<strong>in</strong> augmentierender Pfad <strong>in</strong> G bzgl. M k , der<br />

unter allen augmentierenden Pfaden bzgl. M k m<strong>in</strong>imales Gewicht hat. Dann enthält M k+1 :=<br />

M k ⊕ p, d.h. das durch Invertieren von p aus M k entstehende Match<strong>in</strong>g, genau k + 1 Kanten<br />

und hat unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> G, die genau k + 1 Kanten enthalten, m<strong>in</strong>imales Gewicht.<br />

Beweis: Sei M ′ e<strong>in</strong> beliebiges Match<strong>in</strong>g mit k + 1 Kanten, das unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> mit<br />

k + 1 Kanten m<strong>in</strong>imales Gewicht hat. Betrachte den <strong>Graphen</strong> H = (V, M k ⊕ M ′ ), der nur<br />

die Kanten enthält, die entweder <strong>in</strong> M k oder <strong>in</strong> M ′ enthalten s<strong>in</strong>d (aber nicht <strong>in</strong> beiden). Alle<br />

Knoten haben <strong>in</strong> H Grad höchstens 2, und die Zusammenhangskomponenten von H können<br />

daher nur die folgende Form haben:<br />

1. alternierende (bzgl. M k und M ′ ) Pfade oder Kreise mit gerader Kantenanzahl<br />

2. augmentierende Pfade bzgl. M k (d.h. durch Invertieren e<strong>in</strong>es solchen Pfades wird M k<br />

um E<strong>in</strong>s größer bzw. M ′ um E<strong>in</strong>s kle<strong>in</strong>er)


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 7<br />

3. augmentierende Pfade bzgl. M ′ (d.h. durch Invertieren e<strong>in</strong>es solchen Pfades wird M k<br />

um E<strong>in</strong>s kle<strong>in</strong>er bzw. M ′ um E<strong>in</strong>s größer)<br />

Auf alternierenden Pfaden oder Kreisen mit gerader Kantenanzahl muss das Gewicht der Kanten<br />

aus M k gleich dem Gewicht der Kanten aus M ′ se<strong>in</strong>, da sonst durch Invertieren entweder<br />

M k oder M ′ billiger gemacht werden könnte (Widerspruch). Weiter muss die Anzahl augmentierender<br />

Pfade bzgl. M k (2.) um genau E<strong>in</strong>s größer se<strong>in</strong> als die Anzahl augmentierender<br />

Pfade bzgl. M ′ (3.).<br />

Enthält H ke<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad bzgl. M ′ (3.), so s<strong>in</strong>d wir fertig: H enthält genau<br />

e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad p bzgl. M k , und durch Invertieren von p (oder jedes anderen<br />

augmentierenden Pfades mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht) erhalten wir aus M k e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g mit k+1<br />

Kanten und m<strong>in</strong>imalem Gewicht.<br />

Enthält H augmentierende Pfade bzgl. M ′ (3.), so muss für jedes Paar e<strong>in</strong>es augmentierenden<br />

Pfades p bzgl. M k und e<strong>in</strong>es augmentierenden Pfades q bzgl. M ′ gelten: die Summe<br />

der Kantengewichte <strong>in</strong> (p∪q)∩M k ist gleich der Summe der Kantengewichte <strong>in</strong> (p∪q)∩M ′ .<br />

(Ansonsten könnte man durch Invertieren von p und q entweder M k oder M ′ billiger machen,<br />

e<strong>in</strong> Widerspruch.) Also müssen alle augmentierenden Pfade bzgl. M k das selbe Gewicht c ∈ Z<br />

und alle augmentierenden Pfade bzgl. M ′ das selbe Gewicht −c haben. Auch <strong>in</strong> diesem Fall<br />

folgt sofort, dass man e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g mit k + 1 Kanten und m<strong>in</strong>imalem Gewicht aus M k durch<br />

Invertieren e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen augmentierenden Pfades bzgl. M k von Gewicht c erhalten kann, also<br />

auch durch Invertieren e<strong>in</strong>es beliebigen augmentierenden Pfades mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht.<br />

⊓⊔<br />

Der Algorithmus zur Berechnung e<strong>in</strong>es <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximaler Kard<strong>in</strong>alität und m<strong>in</strong>imalen<br />

Gewichts sieht also wie folgt aus:<br />

• setze M := ∅<br />

• while (es existiert augmentierender Pfad bzgl. M) do<br />

suche e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad p mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht;<br />

<strong>in</strong>vertiere p und vergrößere damit M um e<strong>in</strong>e Kante;<br />

od<br />

• gib M als Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität und m<strong>in</strong>imalen Gewichts aus<br />

2.2 Berechnung augmentierender Pfade m<strong>in</strong>imalen Gewichts<br />

Nun muss nur noch geklärt werden, wie man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bipartiten <strong>Graphen</strong> e<strong>in</strong>en augmentierenden<br />

Pfad mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht f<strong>in</strong>det. Wir wollen also unter allen alternierenden Pfaden,<br />

die von e<strong>in</strong>em freien Knoten aus V 1 zu e<strong>in</strong>em freien Knoten aus V 2 laufen, e<strong>in</strong>en f<strong>in</strong>den, dessen<br />

Gewicht m<strong>in</strong>imal ist. Wir beobachten, dass jeder solche Pfad Kanten aus E \ M nur <strong>in</strong><br />

Richtung von V 1 nach V 2 besucht und Kanten aus M nur <strong>in</strong> Richtung von V 2 nach V 1 . Wir<br />

können also die Kanten zu gerichteten Kanten machen. Ferner können wir den Kanten Kosten<br />

zuordnen derart, dass das Gewicht e<strong>in</strong>es augmentierenden Pfades genau gleich der Summe der<br />

Kosten auf dem Pfad ist: dazu weisen wir jeder Kante e ∈ E \ M die Kosten c(e) = w(e) und<br />

jeder Kante e ∈ M die Kosten c(e) = −w(e) zu. Wenn wir nun noch zwei neue Knoten s und<br />

t e<strong>in</strong>fügen, s über gerichtete Kanten mit c(e) = 0 mit allen freien Knoten <strong>in</strong> V 1 verb<strong>in</strong>den und


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 8<br />

alle freien Knoten <strong>in</strong> V 2 über gerichtete Kanten mit c(e) = 0 mit t, so lässt sich e<strong>in</strong> augmentierender<br />

Pfad mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht offensichtlich durch Suchen e<strong>in</strong>es kürzesten Pfades<br />

von s nach t <strong>in</strong> diesem erweiterten <strong>Graphen</strong> G ′ f<strong>in</strong>den. Es bleibt also nur noch zu untersuchen,<br />

wie diese Suche nach e<strong>in</strong>em kürzesten Pfad von s nach t <strong>in</strong> G ′ erfolgen soll. (In Abschnitt 2.3<br />

f<strong>in</strong>den sich Beispiele dieser Konstruktion.)<br />

2.2.1 Negative Gewichte und Rekalibrierung<br />

Da Kanten <strong>in</strong> G ′ auch negatives Gewicht haben können, sche<strong>in</strong>t es so, als ob wir den Algorithmus<br />

von Dijkstra nicht e<strong>in</strong>setzen könnten. Stattdessen wäre der Algorithmus von Bellman<br />

und Ford e<strong>in</strong>setzbar, der kürzeste Pfade <strong>in</strong> <strong>Graphen</strong> mit beliebigen Kantengewichten (aber ohne<br />

Kreise negativer Länge) <strong>in</strong> Zeit O(|V | · |E|) berechnet. Die sich ergebende Gesamtlaufzeit<br />

für das F<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>es <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximaler Kard<strong>in</strong>alität und m<strong>in</strong>imalen Gewichts wäre damit<br />

O(|V | 2 |E|), weil im schlimmsten Fall |V |/2 augmentierende Pfade gesucht werden müssen.<br />

Mittels e<strong>in</strong>es geschickten ”<br />

Rekalibrierungs“-Tricks können wir jedoch die Kosten der<br />

Kanten positiv machen und dann doch den Algorithmus von Dijkstra e<strong>in</strong>setzen. Da der Algorithmus<br />

von Dijkstra bei Implementierung mittels Fibonacci-Heaps Worst-Case-Laufzeit<br />

O(|E| + |V | log |V |) hat, ergibt sich damit für das F<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>es <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximaler<br />

Kard<strong>in</strong>alität und m<strong>in</strong>imalen Gewichts (unter allen solchen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong>) die Gesamtlaufzeit<br />

O(|V | 2 log |V | + |V | · |E|).<br />

Wie funktioniert nun e<strong>in</strong>e solche Rekalibrierung? Betrachten wir zuerst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>e beliebige<br />

Funktion F : V → Z und ersetzen <strong>in</strong> G ′ die Kosten c(u, v) jeder Kante (u, v)<br />

durch c ′ (u, v) := c(u, v) + F (u) − F (v). Die Länge jeden Pfades von s nach t ändert sich<br />

durch e<strong>in</strong>e solche Rekalibrierung um genau F (s) − F (t). Da diese Änderung nicht vom Pfad<br />

abhängt, bleibt e<strong>in</strong> kürzester Pfad von s nach t auch im Graph mit modifizierten Gewichten<br />

e<strong>in</strong> kürzester Pfad von s nach t. Wenn wir e<strong>in</strong>e Funktion F f<strong>in</strong>den, die alle c ′ (u, v) positiv<br />

macht, so können wir anschließend e<strong>in</strong>en augmentierenden Pfad m<strong>in</strong>imalen Gewichts mit<br />

dem Algorithmus von Dijkstra bestimmen.<br />

2.2.2 Wahl der Rekalibrierungsfunktion<br />

Wir benötigen also e<strong>in</strong>e Funktion F , so dass alle c ′ (e) durch die Rekalibrierung nicht-negativ<br />

werden. E<strong>in</strong>e Möglichkeit ist, F (u) gleich der Länge e<strong>in</strong>es kürzesten Pfades von s nach u<br />

zu wählen: damit gilt nämlich für jede Kante (u, v) offensichtlich F (v) ≤ F (u) + c(u, v),<br />

woraus direkt c ′ (u, v) ≥ 0 folgt. Problem dabei ist, dass wir eigentlich die kürzesten Pfade<br />

erst mit Hilfe der Rekalibrierung berechnen wollen. Die Lösung des Dilemmas ist, e<strong>in</strong>fach<br />

die Informationen aus der Suche nach dem augmentierenden Pfad mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht<br />

im vorherigen Schritt auszunutzen!<br />

Falls am Anfang, d.h. vor Suche des ersten augmentierenden Pfads, Kanten mit negativem<br />

Gewicht existieren, so addiert man e<strong>in</strong>fach auf alle Kantengewichte e<strong>in</strong>e genügend große<br />

positive Zahl, um alle Gewichte nicht-negativ zu machen. (Das kann man machen, weil sich<br />

dadurch das Gewicht aller <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximaler Kard<strong>in</strong>alität gleich verändert.) Somit kann<br />

die Suche nach dem ersten augmentierenden Pfad bereits mit dem Algorithmus von Dijkstra<br />

realisiert werden. Der Graph G ′ und die Kosten der Kanten ergeben sich dabei wie oben beschrieben.<br />

Man lässt den Algorithmus von Dijkstra <strong>in</strong> G ′ laufen, bis die Längen der kürzesten


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 9<br />

Pfade zu allen Knoten von G ′ berechnet s<strong>in</strong>d (s<strong>in</strong>gle source-Problem).<br />

Wir bezeichnen mit c(u, v) die aktuellen Kosten der Kanten <strong>in</strong> G ′ und mit d(v) die berechnete<br />

Länge e<strong>in</strong>es kürzesten Pfades von s nach v. Ferner sei p der kürzeste Pfad <strong>in</strong> G ′ von s nach<br />

t, den der Algorithmus von Dijkstra berechnet hat. Dann führt der Match<strong>in</strong>g-Algorithmus die<br />

folgenden Operationen aus:<br />

• Der p entsprechende augmentierende Pfad <strong>in</strong> G wird <strong>in</strong>vertiert.<br />

• Die erste und letzte Kante von p wird aus G ′ gelöscht.<br />

• Für alle Kanten (u, v) von G ′ , die nicht auf p liegen, werden die Kosten c(u, v) durch<br />

c(u, v) + d(u) − d(v) ≥ 0 ersetzt.<br />

• Alle <strong>in</strong> G ′ verbleibenden Kanten (u, v) von p (d.h. alle Kanten außer der ersten und<br />

der letzten) werden umgedreht (d.h. aus (u, v) wird (v, u)) und erhalten neue Kosten<br />

c(v, u) = 0.<br />

Man überzeugt sich leicht, dass durch diese Modifikationen genau e<strong>in</strong> Graph G ′ entsteht, der<br />

zur Berechnung des nächsten augmentierenden Pfades mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht unter Verwendung<br />

des Algorithmus von Dijkstra dienen kann. Der Prozess (Berechnung kürzester Pfade <strong>in</strong><br />

G ′ e<strong>in</strong>schließlich e<strong>in</strong>es kürzesten Pfades p von s nach t, Invertieren des p entsprechenden<br />

augmentierenden Pfades mit m<strong>in</strong>imalem Gewicht <strong>in</strong> G, Modifizieren von G ′ wie oben beschrieben)<br />

wird wiederholt, bis irgendwann <strong>in</strong> G ′ ke<strong>in</strong> Pfad von s nach t mehr existiert. Dann<br />

ist das aktuelle Match<strong>in</strong>g <strong>in</strong> G genau das gesuchte Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität, das unter<br />

allen solchen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> m<strong>in</strong>imales Gewicht hat.<br />

Bemerkung: Da der vorgestellte Algorithmus auch mit negativen Kantengewichten zurecht<br />

kommt, kann man auch e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong> Match<strong>in</strong>g maximaler Kard<strong>in</strong>alität berechnen, das unter<br />

allen solchen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximales (statt m<strong>in</strong>imales) Gewicht hat. Dazu reicht es aus, zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des Algorithmus alle Kantengewichte zu negieren.<br />

Weitere Informationen: Diese Darstellung des Algorithmus zur Berechnung von <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong><br />

maximaler Kard<strong>in</strong>alität und m<strong>in</strong>imalen bzw. maximalen Gewichts basiert auf<br />

den Seiten 81–85 aus dem Skript “Advanced Algorithms” zu e<strong>in</strong>er Vorlesung von<br />

Johan Håstad. Dieses Skript ist als PostScript-Datei im WWW auf Håstad’s Homepage<br />

http://www.nada.kth.se/∼johanh/ verfügbar.


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 10<br />

2.3 Beispiellauf des Algorithmus<br />

Im folgenden wollen wir den vorgestellten Algorithmus Schritt für Schritt an e<strong>in</strong>em Beispiel<br />

durchrechnen.<br />

0<br />

s<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

15<br />

6<br />

13 14<br />

4<br />

6<br />

4<br />

13 14<br />

10<br />

15<br />

10<br />

0 0 0<br />

6<br />

4<br />

13 14<br />

15 10<br />

13 4 10<br />

0 0 0<br />

0 0<br />

0<br />

t<br />

4<br />

(1) E<strong>in</strong>gabegraph G (2) Graph G ′ (3) kürzeste Pfade <strong>in</strong> G ′<br />

Der E<strong>in</strong>gabegraph G ist <strong>in</strong> (1) dargestellt. Die Kantengewichte von G s<strong>in</strong>d alle positiv, so<br />

dass anfänglich ke<strong>in</strong>e Modifikation der Gewichte nötig ist. Der Graph G ′ ergibt sich wie <strong>in</strong><br />

Abschnitt 2.2 beschrieben und ist <strong>in</strong> (2) dargestellt. Nach der Berechnung kürzester Pfade von<br />

s aus <strong>in</strong> G ′ mittels des Algorithmus von Dijkstra ergeben sich die <strong>in</strong> (3) gezeigten Abstände<br />

der Knoten von s, und der kürzeste Pfad p von s nach t ist gestrichelt dargestellt. Durch<br />

Invertieren des zugehörigen augmentierenden Pfades <strong>in</strong> G erhalten wir das <strong>in</strong> (4) dargestellte<br />

Match<strong>in</strong>g M 1 , das unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> G, die genau e<strong>in</strong>e Kante enthalten, m<strong>in</strong>imales<br />

Gewicht hat.<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0 0 2<br />

15<br />

6<br />

13 14<br />

4<br />

2<br />

0<br />

0 4<br />

10 2<br />

0<br />

2<br />

2<br />

0<br />

4<br />

0<br />

0<br />

0 2 2<br />

9 6<br />

9 6<br />

8<br />

(4) Match<strong>in</strong>g M 1 <strong>in</strong> G (5) neuer Graph G ′ (6) kürzeste Pfade <strong>in</strong> G ′


Praktikum <strong>Algorithmen</strong>-Entwurf (Teil 5) 14.11.2005 11<br />

Durch Löschen der ersten und letzten Kante von p, durch Umdrehen der verbleibenden<br />

Kante von p und durch Modifikation der Gewichte entsteht aus dem alten <strong>Graphen</strong> G ′ <strong>in</strong> (3)<br />

der neue Graph G ′ <strong>in</strong> (5). In diesem <strong>Graphen</strong> wird wieder der Algorithmus von Dijkstra ausgeführt;<br />

er liefert diesmal die <strong>in</strong> (6) dargestellten Abstandswerte sowie e<strong>in</strong>en neuen kürzesten<br />

Pfad p (gestrichelt dargestellt) von s nach t. Invertieren des zugehörigen augmentierenden<br />

Pfades <strong>in</strong> G liefert das <strong>in</strong> (7) dargestellte Match<strong>in</strong>g M 2 , das unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> <strong>in</strong> G, die<br />

genau zwei Kanten enthalten, m<strong>in</strong>imales Gewicht hat.<br />

0<br />

0<br />

0<br />

0<br />

2 0 2<br />

15<br />

6<br />

13 14<br />

4<br />

10<br />

2<br />

0 0<br />

0 2<br />

0<br />

2<br />

0<br />

0<br />

2<br />

0<br />

0<br />

0 2 2<br />

1<br />

1<br />

1<br />

(7) Match<strong>in</strong>g M 2 <strong>in</strong> G (8) neuer Graph G ′ (9) kürzeste Pfade <strong>in</strong> G ′<br />

Wiederum ist der neue Graph G ′ <strong>in</strong> (8) abgebildet und das Ergebnis der Berechnung<br />

kürzester Pfade <strong>in</strong> G ′ <strong>in</strong> (9). Invertieren des augmentierenden Pfades <strong>in</strong> G, der dem gestrichelt<br />

gezeichneten, kürzesten Pfad <strong>in</strong> G ′ entspricht, liefert schließlich das Match<strong>in</strong>g M 3 <strong>in</strong><br />

(10). Im Graph G ′ , der sich daraus ergibt, ist t von s aus nicht mehr erreichbar. Also hat<br />

M 3 maximale Kard<strong>in</strong>alität und unter allen <strong>Match<strong>in</strong>gs</strong> maximaler Kard<strong>in</strong>alität <strong>in</strong> G m<strong>in</strong>imales<br />

Gewicht, nämlich w(M 3 ) = 29.<br />

15<br />

6<br />

13 14<br />

4<br />

10<br />

(10) Match<strong>in</strong>g M 3 <strong>in</strong> G

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