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Dämonen, Monster, Fabelwesen

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Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong><br />

Eine kleine Einführung in<br />

Mythen und Typen phantastischer Geschöpfe<br />

Werner Wunderlich (St. Gallen)<br />

Aus all den erfunden und eingebildeten Geschöpfen eine nach welchen Gesichtspunkten<br />

auch immer systematische, repräsentative und methodisch wie historisch begründete<br />

Auswahl für einen Sammelband zu treffen, scheint unmöglich zu sein. Wir haben versucht,<br />

solche imaginären Kreaturen zu finden, die über Kulturgrenzen und Epochenschwellen<br />

hinweg existieren, wenn auch ihre Bedeutung schwankt und wir der westlichen<br />

Kultur den Vorzug einräumen. Vor allem aber richtet sich unser Sortiment schlichtweg<br />

nach der besonderen Vorliebe, die der eine und der andere Autor für »seine« Kreatur hat.<br />

Will man diese »Kreaturen« planmäßig erfassen und nach typologischen Kriterien<br />

vorstellen, muß man zuvor einräumen, daß begriffliche Unterscheidungen und Differenzierungen<br />

nach Herkunft und Überlieferung, nach Erscheinung und Funktion natürlich<br />

möglich und auch hilfreich sind, daß aber eine strikte und unangreifbare Einteilung in<br />

»Dämonen«, »<strong>Monster</strong>« und »<strong>Fabelwesen</strong>« wegen der fließenden Übergänge und Überschneidungen<br />

nicht in jedem Fall eine zweifelsfreie Zuordnung einzelner Geschöpfe<br />

möglich und auch nicht sinnvoll macht. Unser Buchtitel will deshalb einen thematischen<br />

Bereich umreissen und nicht eine kategoriale Systematik suggerieren. So soll es auch im<br />

folgenden in erster Linie nur darum gehen, Wesensmerkmale mythischer Geschöpfe unter<br />

typischen Aspekten vorzustellen, nicht eine systematische Typologie für alle im Band<br />

vertretenen Dämonen, <strong>Monster</strong> und <strong>Fabelwesen</strong> vorzugeben.<br />

Die Wirklichkeit mythischer Geschöpfe heute<br />

Der Titelheld der Filmreihe (1987, 1990, 1993) und gleichnamigen TV-Serie Robocop<br />

(1992 ff.) räumt als Ordnungshüter in der Unterwelt von Detroit gründlich auf. Robocop<br />

ist ein künstliches Geschöpf. Ein Roboter mit allen elektronischen Finessen der<br />

Kommunikations- und Waffentechnik, gesteuert von einem Computerprogramm und<br />

dem Gehirn eines erschossenen Polizisten, eines Cops. Roboter plus Cop ergibt Robocop.<br />

Das Produkt futuristischer Biomechanik und Computertechnologie ähnelt im Aussehen<br />

einem mittelalterlichen Ritter mit Harnisch und Helm. Wie dieser kann er von<br />

Feinden verletzt oder sogar fast zerstört werden und benötigt menschliche Fürsorge und<br />

– selbstredend – technisches Knowhow, um wieder hergestellt zu werden. An der Herstellung<br />

solcher Maschinenmenschen, Menschenmaschinen übten sich seit dem Barock<br />

Uhrmacher und Feinmechaniker, zugleich tauchten sie seit dieser Zeit als Figuren in der<br />

Literatur und auf der Opernbühne auf. In der Romantik hatten sie Hochkonjunktur und<br />

tummelten sie sich zu Hauf in Romanen und Novellen. Bis heute erfreuen sie sich hoher<br />

Beliebtheit in vielen Fantasy- und Science Fiction-Filmen und -Romanen. Die Perfektion<br />

der modernen special effects bringt immer neue, immer phantastischere Gestalten und


12 Werner Wunderlich<br />

Mixturen aus menschlichen Lebewesen und elektronisch-mechanischen Apparaten hervor.<br />

Androide, Humanoide, Biomechanoide düsen durchs All und übernehmen als Helfer<br />

von Menschen die Rolle putziger Märchenwichtel, als Widersacher der Menschen die<br />

Rolle greulicher Sagenungeheuer.<br />

Daneben bedrohen grauenhafte Bestien des Kosmos (z.B. Alien 1979, 1986, 1992)<br />

ahnungslose Astronauten oder bevölkern auf fernen Planeten ganze Menagerien fantastischer<br />

Geschöpfe schumrige Kneipen (z.B. Star Wars, 1977–97) und machen unerfahrenen<br />

Raumfahrern das Leben schwer.<br />

Regisseure und Autoren lassen uns auch auf der Erde gefährliche Begegnungen mit<br />

Vertretern seltsamer und ungewöhlicher Spezien erleben. Sei es mit Besuchern aus dem<br />

All wie den gefräßigen Gremlins (Gremlins, 1984, 1990) oder dem erbarmungslosen<br />

Menschenjäger, dem nur ein Arnold Schwarzenegger Paroli bieten kann (Predator, 1987)<br />

oder den heuschreckenartigen Raubrittern, die beinahe die Feiern um den Independence<br />

Day (1996) verdorben hätten.<br />

Nicht wenige <strong>Monster</strong> aber sind »menschlichen Ursprungs« und entstammen den<br />

Laboren und Gen-Küchen moderner Wissenschaftler (resp. den Köpfen ausgebuffter<br />

special effects-Spezialisten). Zu dieser Kategorie zählen sicher die durch Genexperimente<br />

wiederbelebten Dinosaurier (Jurassic Park, 1993, 1997), oder das wunderschöne und zugleich<br />

grauenhafte Ergebnis der Kreuzung menschlicher und außerirdischer Gene (Species,<br />

1995). Der Schweizer Hans Rudolf Giger (Schöpfer u.a. von Alien und Species) ist<br />

heute weltweit der bekannteste »Master of the Macabre«, dessen bizarre Filmmonster als<br />

Hollywood-Stars eine ständig wachsende Fan-Gemeinde haben, die in der virtuellen Welt<br />

des Internets wie auf Ausstellungen renommierter Galerien den Geschöpfen eines phantastischen<br />

Realismus ihre Referenz erweisen kann.<br />

Gewiß starken Einfluß auf die neue Hochkonjunktur unheimlicher Gestalten, magischer<br />

Welten und infernalischer Kulte hat das bevorstehende Jahr 2000, das Endzeitängste<br />

schürt, okkulte Praktiken in Schwung bringt, übersinnliche Erscheinungen aufkommen<br />

läßt – und die Diskussion über die Existenz und den Einfluß dämonischer und<br />

fabelhafter Wesen zum allgegenwärtigen Medienereignis macht.<br />

Niemand kann diese Ausgeburten der Phantasie leibhaftig auftreten lassen, aber dafür<br />

werden sie von ihren Zeugen umso eifriger in allen Einzelheiten einfallsreich geschildert<br />

und in Wort und Bild wiedergegeben. In Originalität und Präzision sind dabei aktuelle<br />

Berichte denen des Altertums in nichts voraus. Schon antike Naturbeobachtungen konnten<br />

fremde und unbekannte Kreaturen oft nur beschreiben, indem sie deren einzelne<br />

Körperteile mit denen ihnen bekannter Lebewesen verglichen. Mittelalterliche Reiseberichte<br />

ließen deshalb zur Erklärung des Unbekannten ihre Kombinationsgabe und Phantasie<br />

ins Kraut schießen. Zeichner und Autoren, die solche Darstellungen beim Wort<br />

nahmen, haben dann die groteskesten Kreaturen daraus geschaffen, wundersame Tiere,<br />

seltsame Menschen, Hybriden aus beiden. Es sind Geschöpfe des Menschen, der sie nach<br />

seinem Bild und seiner Vorstellung formt und verformt. »Alles ist durch das Wort geworden«<br />

steht im Prolog des Johannesevangeliums über die Schöpfungsgeschichte. Tatsächlich<br />

zeugt das Wort immerfort Welt, daran hat sich seit biblischen Zeiten nichts geändert.<br />

Deshalb auch werden immer wieder immer neue imaginäre Geschöpfe geschaffen. In der<br />

Un-Wahrscheinlichkeit ist unsere Zeit dem Mittelalter auf diesem Gebiet in nichts voraus.<br />

Die Nachfahren mittelalterlicher Schöpfungsphantastik sind heute gespenstische


Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 13<br />

Technik- oder Genfiktionen, die Panik und Ekel auslösen. Das Paradoxe: Gerade wegen<br />

ihrer Existenz als Hirngespinste sind solche Geschöpfe eben durchaus Realität. Dann,<br />

wenn sie als Projektionen psychischer Zustände und seelischer Verfassungen dienen;<br />

dann, wenn sie – gleichviel ob als triviale Stereotpyen oder originelle Deutungsmodelle –<br />

zum Verständnis von Welt beitragen und menschliche Erfahrung, Angst oder Hoffnung<br />

ausdrücken und verstehbar machen wollen.<br />

Diese Funktion macht imaginäre Geschöpfe zu mythischen Kreaturen. Wovon wir<br />

keine genaue Vorstellung haben, was wir uns nicht erklären können, wovon wir nicht wissen,<br />

ob es existiert, nehmen wir dessen ungeachtet ernst, halten es für wahr und fürchten<br />

uns davor, glauben an seine Bedeutsamkeit und Wirksamkeit, wenn uns vorrationale Annahmen<br />

über die Welt und unser Selbst in Geschichten und in Gestalten erzählt werden.<br />

Wo man nichts genaues wissen kann, erzählt man Geschichten. Der Mythos erteilt dazu<br />

das Wort und bringt es in Religion und Philosophie, Kunst und Literatur, Sitte und<br />

Brauchtum als »Wissen« zur Sprache. So vermittelt der Mythos heilige Wahrheiten,<br />

schafft Vorbilder für Schuld oder Unschuld, erklärt die Herkunft von Gott und der Welt,<br />

macht Mensch und Natur begreiflich, berichtet die Geschichte von Institutionen und<br />

Kulten, veranschaulicht gesellschaftliche und politische Zeitläufte. Insofern hat der Mythos<br />

nicht nur konstativen, sondern auch performativen Charakter. Immer schon, denn<br />

immer sind bestimmte Dimensionen von Wirklichkeit unserer vorstellbaren Erfahrungswelt<br />

und unserer erlebten Geschichte einen Schritt voraus. Was theoretisches Denken,<br />

abstrakte Rationalitätsentwürfe, wissenschaftliches Sprechen noch nicht verbindlich erklären<br />

und als Macht des Unergründlichen enttabuisieren, als Geheimnis des Unbegreiflichen<br />

entschleiern können, wird durch den Mythos und seinen Verbindlichkeitsanspruch<br />

vorstellbar und verständlich gemacht. Deshalb entstehen mit den Vorstößen in<br />

neue Wissensbereiche auch immerzu neue Mythen über das unerklärlich und geheimnisvoll<br />

Bleibende. Auch das Medienzeitalter erfindet neue Mythen, die keiner unbewußten<br />

Tätigkeit der Einbildungskraft entspringen, sondern planvollem Handeln, das letzte<br />

Wahrheiten oder massensuggestive Leitbilder in symbolischen, erzählten Wirklichkeiten<br />

verdichtet und diesen Realität unterstellt. Deshalb auch wird von den Kulturwissenschaften<br />

auf den drohenden Verlust von Kontingenzbewußtsein, auf den Mangel an Selbstreflexion<br />

jener mythischen Realitätskonstruktion hingewiesen, wenn diese für Seinsformen<br />

oder für Sinntransparenz Erklärungskompetenz und Moralansprüche behaupten. So ist<br />

der Mythos stets auch wegen seiner Komplementärfunktion zum Diskurs des Logos, des<br />

vernünftiges Wortes, und nicht etwa allein schon wegen der vermeintlichen oder tatsächlichen<br />

Überlegenheit seiner Bilder und Argumente im Gebrauch. Weil das, was Menschen<br />

beispielsweise für das Böse halten, rational kaum als Teil unserer Wesenheit erklärt<br />

werden kann, erklärt uns der Mythos vom Satan die Entstehung des Bösen in der Welt<br />

und hilft uns religiöse Werte und moralische Normen für den ethischen und sozialen<br />

Umgang damit – etwa die Abwehr und Bestrafung des Bösen – zu entwickeln.<br />

Auf diese Weise schlägt der Mythos den Bogen vom Einst zum Jetzt und verweist<br />

auf das Künftige, gründet also im Immer. Im Mythos wird das Dazumal, von dem berichtet<br />

und erzählt wird, im Derzeitigen erfahren. Deshalb ist der Mythos nicht nur archaische<br />

Vergangenheit, sondern auch beständige Gegenwart. Natürlich hängt vom Grade<br />

der Aufklärung und vom Stand des Wissens ab, in welcher Weise Gegenwart den Mythos<br />

erlebt und vergegenwärtigt. Wo rationale Geschichtsauffassung und empirische Naturkenntnisse<br />

Mysterien und Magie ersetzt haben, verliert der Mythos seine Überzeugungs-


14 Werner Wunderlich<br />

kraft. Wo aber Fragen nach Herkunft und Ziel unserer Welt, nach Geburt und Tod zu<br />

immer neuen Rätseln führen, behalten Mythen nach wie vor ihre Funktion für die Weltund<br />

Selbstauslegung des Menschen. Und selbst wenn im Alltag Banalitäten für außergewöhnlich,<br />

für mysteriös oder wenigstens für ungewöhnlich gehalten werden, bietet der<br />

Mythosbegriff wenigstens die Möglichkeit, das scheinbar in sich selbst Unergründliche<br />

faßbar und befreiflich zu machen: sei’s als Mythos des »Wunders von Bern«, das 1954<br />

Deutschland zum Fußballweltmeister machte, sei’s als Mythos der legendären Blue Jeans<br />

als einer Ikone amerikanischer Lebenskultur mit globalem Modeerfolg, sei’s als Mythos<br />

von Madonna als einer Kultfigur und eines Sexidols mit sagenhaftem Erfolg.<br />

Der Mensch als einziges uns bekanntes Wesen, das über sich selbst nachdenken kann,<br />

nutzt diese Fähigkeit manchmal auf wunderbare Weise und denkt sich Geschichten und<br />

Gestalten aus, um mit deren Hilfe über sich selbst etwas zu erfahren: woher er kommt,<br />

wohin er geht. In einem vorhellenischen Schöpfungsmythos paart sich Eurynome, die<br />

dem Chaos entsteigt, mit dem Nordwind Boreas, der die Gestalt der Schlange angenommen<br />

hat. Eurynome legt das Weltei, dem alles entsprungen ist, was unsere Erde trägt. Und<br />

schon bei dieser Weltschöpfung sind auch jene Wesen entstanden, die unsere Welt seither<br />

mit uns zusammen bevölkern. Geschöpfe, die keine erdgeschichtliche Evolution hervorgebracht<br />

hat, sondern die menschliche Einbildungskraft. Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong>:<br />

chtonische Wesen, die mit dem Diesseits verhaftet sind; uranische Wesen, die himmlische<br />

Sphären bewohnen und von dort aus irdische Kreise ziehen. Geschöpfe, die nie aussterben<br />

und die durch immer andere und neue Spezien bereichert werden oder auch Zuwachs<br />

und Nachwuchs erhalten. Über Generationen hinweg haben Gesellschaften und<br />

Kulturen mit ihnen gelebt, sie mit symbolhaften Bedeutungen versehen. Freilich, im Vergleich<br />

zur unendlichen Artenvielfalt der Natur nimmt sich die phantastische Zoologie<br />

und Ethnologie in bezug auf die Mannigfaltigkeit ihrer imaginären Geschöpfe eher bescheiden<br />

aus. Da Phantasie und Imagination immer nur aus der empirischen Realität und<br />

der menschlicher Vorstellungskraft, einem begrenzten Reservoir, schöpfen können, wiederholen<br />

sich im Grunde stereotyp relativ wenig Variationstypen: als Puzzle aus menschlichen<br />

und tierischen Körperteilen, als übersteigerte Formen und Prinzipien bekannter<br />

Fehlbildungen, als diffuse wesenhafte Verkörperungen schematisierbarer Ängste, als Repräsentanten<br />

furchteinflößender, geheimnisvoll wirkender Orte und deren Merkmale.<br />

Die Wirklichkeit mythischer Geschöpfe im Mittelalter<br />

»Scheusale existieren, weil sie Teil des göttlichen Plans sind, und selbst in den schrecklichsten<br />

Fratzen offenbart sich die Größe des Schöpfers.« Diese für das Mittelalter charakteristische<br />

Auffassung vertritt in Umberto Ecos postmodernem Roman Der Name<br />

der Rose (1980) Benediktinerabt Abbo gegenüber seinem franziskanischen Besucher William<br />

von Baskerville. Eco versetzt uns mit der Handlung ins Mittelalter. Er thematisiert<br />

dessen Vorliebe für Fabulöses und demonstriert damit gleichzeitg auch dessen immer<br />

noch fortwährende, nie nachlassende Anziehungskraft imaginierter Welten auch auf die<br />

Neugier unserer Gegenwart.<br />

Gegen das stattliche Aufgebot phantastischer Wesen auf den Rändern bebilderter<br />

Manuskriptseiten in Codices oder auf Mauern und Mobiliar von Kathedralen und Klö-


Abb. 1<br />

Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 15


16 Werner Wunderlich<br />

stern hat Bernhard von Clairvaux in seiner Apologia ad Guillelmum Abbatem von 1125<br />

heftig protestiert. Unflätige Affen und monströse Kentauren würden sich in romanischen<br />

Klöstern breitmachen, und er warnte vor der Macht dieser Bilder, die Mönche zu verwirren<br />

und von ihrer Frömmigkeit abzubringen. Aber weder die Einwände Bernhards noch<br />

von irgendjemand anders konnten wenig später die Vermehrung der unzähligen hypbriden<br />

<strong>Monster</strong> (Abb. 1) auf den sogenannten Marginalien gotischer Kirchen (i.e. Fassadenreliefs,<br />

Fensterbögen, Wasserspeier, Teile des Chorgestühls, Kragsteine, Dachabschlüsse<br />

oder anderes architektonisches Dekor) und den Seiten gotischer Handschriften von Bestiarien,<br />

Fabeln, Sprichwort- und Rätselsammlungen oder Ritterepen verhüten.<br />

Mittelalterliches Bewußtsein wollte wundersame Phantasiegeschöpfe nicht von realen<br />

Naturgeschöpfen unterscheiden. Zum einen, weil die Bibel den Unterschied auch<br />

nicht macht; zum anderen, weil nach allgemeiner Anschauung vom Begriff auch auf das<br />

Wesen der Sache geschlossen wird: Worte sind der Dinge Zeichen. Deshalb bezeichnet<br />

»Drache« unbezweifelbar einen existierenden Drachen oder »Kynokephalos« eben einen<br />

wirklichen Hundsköpfigen. Natürlich hat man auch im Mittelalter nach dem Wahrheitsgehalt<br />

und dem Wahrscheinlichkeitsgrad von Naturberichten und Tierkunden gefragt,<br />

aber man hat eben auch grundsätzlich in Gottes Schöpfung und als Gottes Geschöpf<br />

nichts für unmöglich gehalten. Deshalb gehören auch <strong>Fabelwesen</strong> in Gottes Heilsplan.<br />

Von diesem Glauben legen die zahllosen bebilderten Chroniken und Bestiarien mit ihren<br />

absonderlichen Geschöpfen und den exakten Beschreibungen der phantastischen Zoologie<br />

ein oft prachtvolles Zeugnis ab. Bestiaren sind gleichsam die schöpferische Fortsetzung<br />

der biblischen Genesis durch den Menschen, da es in 1. Mos 2.19, 20 heißt:<br />

»Und Gott der Herr machte aus Erde alle die Tiere auf dem Felde und alle die Vögel unter<br />

dem Himmel und brachte sie zu dem Menschen, daß er sähe, wie er sie nennte; denn wie der<br />

Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen. Und der Mensch gab einem jeden Vieh<br />

und Vogel unter dem Himmel und Tier auf dem Felde seinen Namen.«<br />

Hinter dieser Darstellung steckt eine Grunderkenntnis naturwissenschaftlichen Denkens.<br />

Wie sich das Werden in Entwicklungsperioden vollzogen hat, so hat sich analog das<br />

Lebendige in Arten ausgebildet. Es wird nicht von der Erschaffung beliebiger oder bestimmter<br />

einzelner Tiere gesprochen, sondern von der Erschaffung der Tierarten. Die<br />

Grunderkenntnis der in Arten oder Gattungen gegliederten Fauna liegt also schon der biblischen<br />

Schöpfungsdarstellung zugrunde. Es ist dem Menschen aufgetragen, das komplexe<br />

Ganze der Natur durch Einteilen und Auseinanderhalten zu erfassen, indem die<br />

einzelnen Tiere einen Namen erhalten sollen. Das Schöpfungshandeln Gottes hat eine<br />

Welt von Lebewesen hervorgebracht, die der Mensch nicht zu erfinden, sondern nur zu<br />

finden und zu benennen braucht, damit es sie gibt. Und just deshalb gibt es selbstverständlich<br />

auch die phantastischen Lebewesen.<br />

Diese sind immer auch Objekte analogischer Deutungen. Daß beispielsweise wiederkäuende<br />

Tiere für rein gehalten wurden, soll die Pflicht, stets Gott zu gedenken, einschärfen,<br />

und Tiere mit gespaltenen Klauen versinnbildlichen die Dichotomie von Recht und Unrecht.<br />

So ergibt sich eine unendliche Vielfalt der Ding- und Sinnkombinationen. Um Laster<br />

und Tugenden begrifflich und inhaltlich vorstellbar zu machen, kombiniert und konstruiert<br />

die Scholastik ganz rational Montagen aus Tieren und Menschen (Abb. 2). Gerhoh<br />

von Reichersberg, Propst des Innviertler Augustiner Chorherrenstifts, läßt in seinem<br />

Psalmenkommentar die Stelle »facies peccatorum meorum« durch ein Wesen illu-


Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 17<br />

strieren, das sich aus dämonischen Geschöpfen<br />

und negativen Symboltieren zusammensetzt:<br />

das Wesen hat ein Menschengesicht,<br />

Kuhhörner, Pferdehals,<br />

Schweinerücken, Bärenfüße, zwei Schwänze.<br />

Dieses Wesen hat die didaktische und<br />

mnemotechnische Funktion, die schrecklichen<br />

Laster zu verdeutlichen und stets erinnerlich<br />

zu halten. Derartiges Analogiedenken<br />

konstruiert bis in die Frühe Neuzeit<br />

hinein solche Kreaturen. Berühmt ist<br />

jener Einblattdruck, der um 1500 auftaucht:<br />

Er zeigt ein <strong>Monster</strong> mit kahlem<br />

Abb. 2<br />

Kopf und einem nach oben gekrümmten<br />

Horn. Die Ohren sind flammengestaltig<br />

und statt der Arme hat das Wesen zwei gefiederte Flügel. Über einer männlichen und einer<br />

weiblichen Brust sind zwei griechische Kreuze und darunter zwei Flammenzungen,<br />

die nach unten auf kreisförmige Punkte zeigen. Das Geschlecht besteht aus Vulva und<br />

Phallus. Das rechte Bein hat am Knie ein Auge, das linke ist geschuppt und hat einen<br />

Krallenfuß mit Sporn. Es ist eine aus Florenz stammende Allegorie des Bösen und des Lasters,<br />

das die schamlose Nacktheit, die diabolische Sündhaftigkeit, die androgyne Wollust<br />

darstellt. Prodigienliteratur, Chroniken, Exemplasammlungen, Predigten schildern<br />

in Wort und Bild solche phantastischen und monströsen Allegoresen des schrecklich<br />

Wunderbaren, in dem die Alpträume eines durch den Teufelsglauben und apokalyptischen<br />

Endzeiterwartungen erschütterten Zeit Gestalt annahmen.<br />

Wie wichtig dämonisch-monströse Wesen für die Realität allegorischer Deutungen<br />

waren, zeigt besonders die satansartig geflügte figura mundi (Frau Welt) mit Hahnklaue<br />

und drachenköpfigem Schweif als fabulöse Verkörperung der Welt und Gegengestalt zur<br />

religio. Die Figur und ihre Attribute repräsentieren symbolisch die sieben Todsünden als<br />

die verführerischen Laster der Welt, vor deren verderblichen Wirkungen die monströsen<br />

Scheußlichkeiten warnen.<br />

Das Buch ist im Mittelalter das Medium, durch das die Wirklichkeit und die Natur wahrgenommen<br />

und gewertet werden. Die empirische Umwelt war kaum der Maßstab für die<br />

Darstellung der Welt in den Büchern. Eher wurde umgekehrt die Welt nach den Büchern<br />

wahrgenommen und beurteilt. Fiktion und Realität waren keine Kategorien für die Wirklichkeitserfahrung.<br />

Deshalb galt überliefertes Naturverständnis wie das des Physiologus<br />

und die Weltauffassungen von Autoritäten wie Thomas Cantimpratensis, Jacob van<br />

Maerlant oder Konrad von Megenburg als vielleicht noch wichtiger und zuverlässiger als<br />

die unmittelbare Wirklichkeitsbeobachtung des einzelnen. Infolgedessen wurde zwischen<br />

imaginären und natürlichen Geschöpfen kein deutlicher Unterschied gemacht.<br />

Wahr und real waren beide, und die Differenzierung zwischen fictum und factum oder<br />

zwischen erfundener Dichtung und Tatsachenberichten war bis in die Frühe Neuzeit<br />

kein Dilemma, wie die Beispiele der Nachrichtensammlung des Pfarrers Johann Jakob<br />

Wick aus den Jahren 1560 bis 1587 etwa lehren.<br />

Das Mittelalter war die Zeit, in der die erdachten Geschöpfe immer Saison hatten.


18 Werner Wunderlich<br />

Von den skurrilen, dekorativen Figuren der keltischen Mythologie in den Illuminationen<br />

irischer Evangeliare bis zur Zeit des Teufelsglaubens und der Hexenverfolgungen mit ihren<br />

Nachwirkungen bis weit ins 17. Jahrhundert hinein. Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong><br />

waren nicht allein exotische Geschöpfe fremder Lebenswelten, sondern sie waren im Lebensraum<br />

des mittelalterlichen Menschen allgegenwärtig: in Religion und Recht, Medizin<br />

und Astronomie, Kunst und Literatur. Durch die Übertragung dämonologischer Vorstellungen<br />

auf gewisse Arten wie Schafe und Ziegen oder Stiere und Vögel kam es zur rituellen<br />

Opferung dieser Tiere oder auch zu kuriosen Tierprozessen, in denen schon mal<br />

ein Esel oder eine Kröte, ein Krebs oder ein Hahn wegen vermeintlicher zauberischer Fähigkeiten<br />

und diabolischer Vergehen angeklagt und anschließend hingerichtet wurden.<br />

Dämonen<br />

Begriff und Bedeutung<br />

Das griechische »δαιµον« (daimon) bezeichnet einen Verteiler oder Zuteiler des Schicksals.<br />

Im 6. Jahrhundert v. Chr. verstand Thales von Milet unter dem Begriff einen der die<br />

Welt erfüllenden Geister, und Sokrates meinte damit das Gewissen. Die Neuplatoniker<br />

hatten Naturgeister im Sinn, wenn die Rede auf Dämonen kam, und Augustin gab hilfreichen<br />

ebenso wie übelwollenden Geistern diesen Namen. In der Bibel steht der Ausdruck<br />

im Singular synonym für den unreinen oder bösen Geist sowie im Plural für die Engel<br />

des Teufels. Das sind nach animistischer Vorstellung körperlose Wesen, die an wüsten<br />

und unreinen Orten hausen, von wo aus sie von Menschen Besitz ergreifen und ihnen<br />

Schaden zufügen. Ulfilas übersetzte das griechische Wort mit »unhultho«, und Notker<br />

Teutonicus gab in seiner Lukasübersetzung den Begriff mit »holdo« wieder, was aber dem<br />

mittelhochdeutschen »unholt« und dem neuhochdeutschen »Unhold« entspricht. Diese<br />

Bedeutung im Sinne von »jemand nicht hold sein«, »feindlich« oder »böse« wurde mit dämonologischer<br />

Bedeutung sinngleich für mächtige, feindselige, schädigende Dämonen<br />

gebraucht; in der Christianisierungsphase vor allem für die heidnischen Gottheiten, antike<br />

und germanische Götter, die auf diese Weise als furchterregende und schadenstiftende<br />

Dämonen diabolisiert wurden. Deshalb wird der Begriff heute noch weitgehend negativ<br />

verwendet. Der Begriff überschneidet sich mit anderen Ausdrücken zur Kennzeichnung<br />

imaginärer Wesen wie <strong>Monster</strong> und <strong>Fabelwesen</strong>, Gespenst und Geist, Unhold und Ungeheuer<br />

oder Bestie und Scheusal.<br />

Wesen, Erscheinungsweise und Funktion<br />

In der Antike waren Dämonen – in den Epen Homers etwa – ursprünglich Götter mit<br />

menschlichen Charakterzügen, die in nachhomerischer Zeit vor allem mit den chthonischen<br />

Gottheiten wie Hades, Demeter, Persephone, Moira oder Tyche identifiziert wurden.<br />

Hesiod beschreibt dann Dämonen als Zwischenwesen zwischen Göttern und Menschen,<br />

die in gutem wie in bösem Sinne auf menschliche Geschicke Einfluß nehmen<br />

konnten. Auch der germanische Mythos kennt mit Loki einen Gott, dessen Unstetigkeit,<br />

Boshaftigkeit, Tücke und Zauberkünste ihm zu einem gelegentlich geradezu dämonischen<br />

Charakter gereichen. Andererseits sind in der Sage sowohl historisch bekannte


Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 19<br />

Personen wie Dietrich von Bern als auch anonyme Gestalten wie der Rattenfänger von<br />

Hameln dämonisiert. Die Legende wiederum kennt den umgekehrten Vorgang der Entdämonisierung<br />

wie im Falle des Christopherus, der von einem hundsköpfigen Riesen<br />

zum christlichen Heiligen, der den Märtyrertod erleidet, umgedeutet wird.<br />

Dämonen sind unsichtbar oder aber können die körperliche Gestalt natürlicher wie<br />

auch phantastischer Wesen annehmen. Sie können aber auch als Geister in übernatürlicher<br />

Erscheinung auftreten. Sie verführen und peinigen den Menschen; selten helfen sie<br />

ihm auch. Der Kampf gegen die Dämonen ist eine Hauptaufgabe der Heiligen. Hexen<br />

und Magier schließen häufig einen Pakt mit einzelnen Menschen oder verkehren sogar<br />

geschlechtlich mit ihnen. Der Incubus, der »Daraufliegende«, ist der männliche Dämon,<br />

der mit Hexen schläft. Da er selbst zeugungsunfähig ist, kann er nur solchen Samen weitergeben,<br />

den er vorher im Geschlechtsverkehr in weiblicher Gestalt als Succubus, »Darunterliegende«,<br />

in sich aufgenommen hat.<br />

Es gibt jeweils nach Kulturkreisen, Ethnien oder Landschaften typische Dämonen.<br />

Sie treten dort hordenweise in Kollektiven wie dem Wilden Heer, der Wilden Jagd, dem<br />

Totenheer, den Venedigern, als Weiße Frauen, Wasserfrauen und Waldleute auf. Die<br />

Oberhäupter solcher Scharen sind auch als Einzeldämonen bekannt, wie beispielsweise<br />

die Precht und Herodias als Anführerinnen dämonischer Haufen, wie Odin bzw. Wotan<br />

als Anführer des Wilden Heeres, wie Dietrich von Bern in der Rolle des Wilden Jägers als<br />

Chef der Wilden Jagd. Familienweise treten Zwerge bzw. Wichte, Heinzelmännchen,<br />

Riesen, Alben, Trolle, Feen, Nymphen, Nixen, Elfen und Hexen auf. Solitäre Gestalten<br />

aus all diesen Gruppen mit einer eigenen Erzähltradition als Kristallisationsfigur sind u.a.<br />

die Riesen Haymon oder Thürse, die Waldgeister Rübezahl, Hehmann, Meister Epp, Salvan<br />

oder Schratt, die Berggeister Gangerl oder Ork, der Brunnengeist Frau Holle, der<br />

»Ewige Jude« Ahasver, der untote Vampir Dracula, der künstliche Riese Golem, die Hexen<br />

Diana oder Margot, die heidnischen Götzen Appollo oder Trevigant, der auch als<br />

Drache, Greif, Pudel, Mönch oder Feuerkugel herumgeisternde Teufelsdämon Mephistopheles,<br />

der Zauberer Krabbat, die Schreckfigur Krampas, der Schiffskobold Klabautermann,<br />

die Wasserfrauen Melusine, Undine oder die Raue Else, die Wassergeister Elbst<br />

und Fossegrimm, die Kobolde Butzenmann, Entenwick, Ekke Nekkepenn, Kasermandl,<br />

Puck oder Poppele, die Zwerge Laurin, Fenixmännlein, Goldemar oder Rumpelstilzchen,<br />

der Nachtgeist Mahr in Gestalt eines Haares oder Strohhalms, die Spukgestalt Feuerputz,<br />

der Kinderschreck Langtüttin. Besonders im Mittelmeerraum sind fabulöse Mischwesen<br />

wie Hundsköpfiger, Kentauros, Sirene, Pan oder Sphinx dämonisiert worden, während in<br />

nördlichen Kulturkreisen Dämonen in Gestalt phantastischer Tiere wie Drache oder Basilisk<br />

und vor allem in anthropomorphisierter Gestalt vorkommen. Da Dämonen immer<br />

auch menschliche Fähigkeiten und Fertigkeiten, Eigenschaften und Verhaltensweisen<br />

verkörpern, sind sie auch nach dem Bild und den Vorstellungen des Menschen geschaffen,<br />

gerade dort, wo sie sich von ihm durch einzelne tierische Körperteile wie Fischschwanz,<br />

Entenfüße oder Pferdeleib unterscheiden. Als Hauchwesen können Geister in menschlicher,<br />

tierischer oder phantastischer Statur sichtbar werden. In Geistergestalt können Dämonen<br />

gelegentlich auch als Beschützer und Begleiter des Menschen auftreten, aber vor<br />

allem als Polter- und Plagegeister ihr Unwesen treiben, wenn sie in einen Menschen fahren<br />

und nur durch Abwehrriten wie dem Exorzismus wieder vertrieben werden können.<br />

Die Macht der Geister ist oft auf einen bestimmten Ort begrenzt. In Gebäuden, auf<br />

Kreuzwegen, an Hinrichtungsstätten spuken zur Geisterstunde die Schreckgespenster,


20 Werner Wunderlich<br />

die als Totengeister, Gerippe, Ungeheuer, Kobolde, wilde Tiere oder in furchterregender,<br />

monströster Menschengestalt auftreten. Anthropomorphisches Aussehen haben oft<br />

auch die Elementargeister in Wäldern und Bergen, an Gewässern, auf Wiesen, wo sie Naturkräfte<br />

und Naturerscheinungen repräsentieren. Im allgemeinen genießen Dämonen<br />

keine kultische Verehrung, aber ihnen werden als Ausdruck eines Abhängigkeitsverhältnisses<br />

gelegentlich Opfer zur Begütigung oder auch als Entgelt für erbrachte bzw. erwartete<br />

Hilfeleistungen dargebracht. Auch zu Verträgen zwischen Dämon und Mensch<br />

kommt es mitunter. Das wohl bekannteste literarische Beispiel dafür ist der Teufelspakt<br />

zwischen Faust und Mephistopheles, mit dem der Schwarzkünstler und Negromant aus<br />

Knittlingen seine Seele aufs Spiel setzt.<br />

Als mythologische Gestalten sind Dämonen ein Instrument zur Erklärung von Welt.<br />

Denn was der Mensch von seiner Umwelt wahrnimmt und nicht rational versteht, kann<br />

für ihn durch das Wirken von Dämonen verständlich werden. Aitiolische Sagen erzählen<br />

von Erscheinungen wie der Wilden Jagd und erklären damit metereologische Vorgänge<br />

wie Unwetter, Nebel, Regenbogen; sie schreiben Naturkatastrophen dem gewalttätigen<br />

Unmut oder dem Leichtsinn von Riesen zu, bringen bizarre Felsen und Steine mit verzauberten<br />

Menschen in Zusammenhang. Als Projektionen von Träumen oder Halluzinationen,<br />

als Konfigurationen von Ängsten, Furcht oder schlechtem Gewissen, als Verkörperung<br />

von Wunschdenken und des Unbewußten, als gestaltgewordene sexuelle Obsessionen<br />

sind Dämonen eine individuelle, höchst subjektive Erfahrung und eine objektive<br />

psychische Realität, ein Teil der Persönlichkeit des Menschen. Schon die Stoiker hatten<br />

Träume und Krankheiten, aber auch Witterungserscheinungen durch die Existenz von<br />

Dämonen erklärt. Heute werden vor allem Märchen gerne als Zeugen psychologischer<br />

Erklärungs- und auch Bewältigungsansätze für Konfliktlösungen, Behauptungsversuche<br />

und Entwicklungsphasen gedeutet. Als Glaubensgestalten konkretisieren Dämonen religiöse<br />

Vorstellungen, oft abhängig von den ethischen Werten und den sozialen Normen<br />

einer Gesellschaft oder einer Gruppe. Die Ambivalenz gerade ältester Vorstellungen des<br />

Volksglaubens und seiner Brauchtumstraditionen zeigt dabei besonders der Umgang mit<br />

Totengeistern als verehrungswürdige Ahnen oder als schreckliche Wiedergänger.<br />

Christliche Dämonologie<br />

Als personifizierte Ursachen von Vorgängen, die erst auf der Stufe empirisch-wissenschaftlicher<br />

Naturbeobachtung erklärt werden können, finden wir Dämonen, die durch<br />

Zeremonien oder Abbildungen beschworen und magisch gebannt werden können, in der<br />

Frühstufe aller Kulturen, wo der Animismus an eine von Dämonen beseelte Natur<br />

glaubt. Weltreligionen wie das Christentum greifen diese Dämonenvorstellungen auf,<br />

konkretisieren sie immer wieder in neuen Gestalten und Kreaturen und verändern auch<br />

deren faktische, symbolische oder allegorische Bedeutung. Der Glaube an Dämonen war<br />

im Mittelalter ganz selbstverständlich. Die christliche Dämonologie sah und sieht in den<br />

Dämonen nicht die Verkörperung eines bösen Urprinzips, sondern gefallene Engel, die<br />

in ihrem sündigen Hochmut Gott zu gleichen nicht wesensmäßig böse sind, sondern<br />

durch freien Willen schuldig wurden. Ihr oberster Repräsentant Luzifer wurde nach außerbiblischer<br />

Überlieferung durch den Erzengel Michael in die Hölle gestürzt. Origines<br />

sah im Sturz der Engel eine übergeschichtliche himmlische Vorsehung, die die Schöpfungs-<br />

und Heilsgeschichte bestimmt. Im Engelsturz verbreite sich das Dämonische im


Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 21<br />

Abb. 3<br />

Luftraum über der Welt und über der Unterwelt. Als Beherrscher der Lüfte sehen Augustin<br />

in De divinatione daemonum (um 410/40) oder Hrabanus Maurus in De magicis artibus<br />

(um 850) die Dämonen, denen sie eine ätherische, alles Körperliche durchdringende<br />

Wesenhaftigkeit sowie teuflischen Zauber und Magie zuschreiben.<br />

Analog zur himmlischen Hierarchie nahm man auch eine Teufelshierarchie an. An<br />

der Spitze steht der Höllenfürst mit mancherlei Namen wie Beelzebub, Belial, Gottseibeiuns,<br />

Mephistopheles, Luzifer, Satan oder Teufel. Er tritt auf in verschiedenen Erscheinungsweisen<br />

wie der des Mischwesens als Gehörnter oder Bocksfüßiger, in Tiergestalt als<br />

Hahn oder Schlange und vor allem als Ungeziefer, in Gestalt von <strong>Fabelwesen</strong> als Drache.<br />

Sein Vetter Antichrist gehört zu den dämonischen Gestalten der mittelalterlichen Eschatologie.<br />

Geboren vor dem Weltuntergang von einer jüdischen Hure zu Babylon ähnelt<br />

sein Lebensweg dem Christi. Nachdem er vergeblich versucht hatte, sich den Zugang<br />

zum Himmel zu erzwingen, wurde er in die Abgründe des Erdinneren verbannt.<br />

Die christliche Theologie handhabte von Anfang an die Dämonologie in der Auseinandersetzung<br />

mit den heidnischen Göttern, die von Tertullian, Ambrosius oder Augustin<br />

zu Dämonen erklärt wurden, an deren Existenz es keinen Zweifel geben konnte und die<br />

den Menschen Angst und Schrecken einjagten (Abb. 3).


22 Werner Wunderlich<br />

Der Theologe Maximus Confessor nannte im 7. Jahrhundert als den wichtigsten<br />

Grund, warum Gott den Dämonen erlaube uns anzugreifen, daß wir so über die Versuchung<br />

das Laster verabscheuen lernen und die innere Freiheit erlangen, niemals unsere<br />

Schwächen zu vergessen und an Gott und seine Erlösungskraft fest zu glauben. In solcher<br />

Tradition rationalisiert die kirchliche Teufelslehre, die offizielle Satanologie, bis heute den<br />

Mythos und differenziert zwischen dem prinzipiell Bösen und dem personifizierten Bösen.<br />

Sie überträgt die Idee der Theodizee, das im freien Willen gründende Erz- und Erbübel,<br />

mutatis mutandis auf die bis zum jüngsten Tag allgegenwärtigen Dämonen, die sich<br />

in stetem apokalyptischen Kampf mit den Engeln um die Seele des Menschen befinden.<br />

Dämonen im Mittelalter<br />

Gelehrte Schriften, Kunst und Literatur vermittelten im Mittelalter dämonologische<br />

Vorstellungen. Das 4. Laterankonzil von 1215 formulierte lakonisch: »Diabolus enim et<br />

alii daemones a Deo quidem natura creati sunt boni, sed ipsi per se facti sunt mali.« (Denn<br />

der Teufel und die anderen Dämonen wurden von Gott der Natur nach als gut erschaffen,<br />

doch wurden sie durch sich selbst böse.) Unter Berufung auf Augustins De civitate Dei<br />

(413–26) nannte Thomas von Aquin in der Summa Theologica (um 1267/73) die Dämonen<br />

einen »genus simulans deos et animas defunctorum«, eine Art, die die Gestalt von<br />

Göttern und die Geister Verstorbener annimmt. Im Dialogus Miraculorum (1219–23) des<br />

Caesarius von Heisterbach, in den Erzählwerken von Vincent de Beauvais, Stefan de<br />

Bellevilla oder in den Legenda aurea (um 1260/67?) des Jacobus a Voragine tummeln sich<br />

Dämonen in teuflischer und tierischer Gestalt, als Soldaten, Bauern und immer wieder als<br />

lüsterne Verführerinnen. Oft ist ihr Auftreten von Lärm und Schwefelgestank begleitet.<br />

Es sind Exempla, in denen es um die Auseinandersetzung des Menschen mit Dämonen<br />

und die Überwindung dämonischer Mächte geht. Seit dem 15. Jahrhundert entstand eine<br />

reiche Literatur, die sich wie die Chronologia mystica (1515) des Johannes Trithemius<br />

oder wie die Occulta philosophia (1531) des Agrippa von Nettesheim mit der Beschwörung<br />

und Bannung der magia daemonica sowie mit Aussehen und Wirken von Dämonen<br />

befaßte und – auch unter dem Einfluß kabbalistischen Gedankenguts – in Schriften wie<br />

dem berüchtigten Malleus maleficarum, dem Hexenhammer (1487), ein diagnostisches<br />

System zur Identifizierung von Hexen und Schwarzen Magiern entwarf. Die Einteilung<br />

von Geistern nach den vier Elementen versprach dabei eine Pseudo-Systematik, denn ihre<br />

Logik verdankte sich der spekulativen Naturphilosophie beispielsweise eines Theophrastus<br />

Paracelsus. Dessen Liber de nymphis, sylphis, pygmaeis et salamandribus (1556) beschrieb<br />

Wesen, die als Najaden, Undinen oder in der Figur der Lorelei durch die naturromantische<br />

Dichtung des 19. Jahrhunderts dann wieder neu belebt wurden. Da diese<br />

weiblichen Dämonen keine Seele haben, sehnen sie sich nach der Verbindung mit Menschen,<br />

um an deren Transzendenz teilzuhaben. Schon im Liber quaestionum (1508) hatte<br />

Trithemius doziert, daß Dämonen zumeist in weiblicher Gestalt erschienen, weshalb die<br />

sexuelle Begierde bei ihnen besonders ausgeprägt sei. Freilich, eindringen in die weiblichen<br />

Körper können die sexistischen Dämonen am leichtesten mit männlicher Unterstützung<br />

bei der Kopulation.<br />

Die mittelalterliche Ikonographie kennt Dämonen vor allem in der Kirchenplastik:<br />

zum einen in der Gestalt phantastischer zoomorpher Mischwesen; zum anderen als häufig<br />

geflügelte, schwarze Teufel. Erstere finden sich zu Hauf an den Kapitellen der West-


Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 23<br />

portale, an den sogenannten Bestienpfeilern, sowie an Taufsteinen von Kirchen. Als Feinde<br />

der Heiligen besiedelten die Dämonen den Westen, von wo aus sie die Kirchen gewissermassen<br />

belagerten und bestürmten, wo sie mit magischen Zeichen gebannt und durch<br />

den Gegenangriff der Engel unter Führung Michaels geschlagen wurden. Mit der Gotik<br />

verschwanden die Dämonen weitgehend aus den Kirchen und fristeten als Wasserspeier<br />

mit teuflischen Fratzen ihr Dasein unter den Dächern, um so den ausfahrenden Dämon<br />

darzustellen. Geflügelte Teufel gehören als fester Personalbestand zu den malerischen<br />

Darstellungen zahlreicher Fresken, Altäre, Buchillustrationen, Gemälde, Holzschnitte<br />

von den Austreibungen Besessener, von den Versuchungen der Heiligen, von Szenarien<br />

der Weltgerichte und Höllendarstellungen. Hieronymus Bosch und seine Nachfolger<br />

entwickelten als Gegenbild zur ikonographischen Heiligenwelt ein regelrechtes Genre<br />

des Dämonischen.<br />

<strong>Monster</strong><br />

Begriff und Bedeutung<br />

Abb. 4<br />

Aus dem lateinischen »monstrum« für<br />

Wahrzeichen – bedeutungsähnliche Begriffe<br />

sind »miraculum« (Wunderding),<br />

»portentum« (Vorzeichen), »ostentum«<br />

(Omen) oder »prodigium« (Vorbedeutung)<br />

– ist das im Singular und<br />

Plural verwendete Wort »<strong>Monster</strong>« abgeleitet.<br />

Wir haben uns für diese eingebürgerte<br />

neudeutsche Form, die auch<br />

im Englischen gebräuchlich ist, entschieden.<br />

Schon in der Antike verstand<br />

die Medizin unter dem Begriff »monstra«<br />

Menschen und Tiere mit angeborenen<br />

Fehlbildungen, die sogenannten<br />

Mißgeburten, die oft gleich nach der<br />

Geburt getötet wurden. Reisebeschreibungen<br />

und Naturschilderungen versetzen<br />

ganze Völkerschaften von <strong>Monster</strong>n<br />

zumeist in exotische Länder, weshalb<br />

ihre wirkliche Existenz kaum<br />

nachgeprüft werden konnte. Weil angeborene<br />

Fehlbildungen oft den Nimbus<br />

von Wunderbildungen, »terata«, besaßen,<br />

wurde daraus der Begriff Teratologie<br />

für die medizinische Lehre von den<br />

angeborenen Mißbildungen. Der dreiköpfige<br />

Höllenhund, der den Hades


24 Werner Wunderlich<br />

Abb. 5<br />

bewacht, Kerberos, wird auch als ein Teras bezeichnet, und Platon nennt ein wunderliches,<br />

abnormes Wesen Teratolos. Widernatürliche, normabweichende Variationen, Anomalien<br />

und Deformationen sind also die Merkmale von tierischen und menschlichen<br />

<strong>Monster</strong>n von Mißgeburten, Zwittern, Riesen, Zwergen, Doppelbildungen, Vielbrüstigen,<br />

Wesen mit über- und unterzähligen oder zusammengewachsenen Extremitäten,<br />

Mischwesen aus verschiedenen Tieren oder aus Mensch und Tier (Abb. 4).<br />

Daß derartige Wesen als reale oder fiktive Erscheinungen unnatürlich, unmenschlich<br />

und aufgrund ihres monströsen Aussehens nicht nur fremdartig, sondern auch unheimlich,<br />

wild und fürchterlich wirkten, liegt auf der Hand. Deshalb steht das deutsche Wort<br />

»Ungeheuer« für das, was Schutz, Sicherheit, Vertrautheit vermissen läßt, als Synonym


Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> 25<br />

für <strong>Monster</strong>, das aus der Sicht des Schutzlosen und Schwachen widerwärtig, gräßlich, entsetzlich,<br />

grauenvoll und furchterregend ist (Abb. 5). Ein Geschöpf, das auf solche Weise<br />

Abscheu erregt, ist deshalb auch ein schreckeneinjagendes Scheusal; ein Begriff, der von<br />

»Scheuche« im Sinne von Schreckbild abgeleitet ist.<br />

Wesen, Erscheinungsweise und Funktion<br />

Solche Sichtweise identifiziert dann natürlich auch Eigenschaften und Verhaltensweisen<br />

von <strong>Monster</strong>n in diesem negativen Sinn als feindselig, bösartig, widerwärtig, ungestüm,<br />

gierig, schändlich und abscheulich. <strong>Monster</strong> verschlingen gerne fremde Kinder, schieben<br />

ihre eigenen unförmigen, häßlichen als Wechselbälger den Wöchnerinnen unter, sodaß<br />

eine Familienplage daraus wird. Eine rühmliche Ausnahme unter den <strong>Monster</strong>n ist Bardewitt,<br />

der fünfköpfige wendische Gott des Friedens, des Handels und der fünf Sinne.<br />

Die Dämonisierung der <strong>Monster</strong> warf auch praktische Fragen des Glaubensvollzugs auf.<br />

Die Unterscheidung von beseelten und unbeseelten <strong>Monster</strong>n war für die Taufpraxis beispielsweise<br />

entscheidend. Nach Konrad von Megenberg (Buch der Natur, vor 1350) waren<br />

jene <strong>Monster</strong> seelenlos, die durch kosmische Einflüsse gezeugt und mit einem Viehhaupt<br />

geboren worden waren. Diese sollten nicht getauft werden. Auch für Petrus de<br />

Abano (Conciliator differentiarum philosophorum medicorum, um 1310) war die Kopfform<br />

eines Lebewesens ausschlaggebend für die Einstufung als Mensch und damit für die<br />

Taufe.<br />

Entstehung und Verbreitung von natürlichen <strong>Monster</strong>n<br />

Vergleichsweise nüchterne Theorien für die Entstehungen von <strong>Monster</strong>n waren in der<br />

Antike verbreitet und gründeten auf medizinischen Beobachtungen und einleuchtenden<br />

Folgerungen. Schläge oder Stöße auf den Leib der Schwangeren, die Enge des Uterus<br />

oder Erkrankungen des Unterleibs wurden als Ursachen für Fehlbildungen gehalten. Daneben<br />

aber gab es auch magische Auffassungen wie jene, die Träume und Trugbilder einer<br />

Schwangern für die ursächlichen Faktoren von Mißgeburten hält: der Anblick oder die<br />

Vorstellung von etwas Abscheulichem, Widerwärtigem während der Schwangerschaft<br />

könne teratogene Wirkung haben. Ein Aberglaube, der über viele Jahrhunderte lebendig<br />

blieb und sich im mittelalterlichen Teufels- und Hexenwahn austobte. Allerdings kennt<br />

auch unser Jahrhundert mit der imagologischen Erklärung von Leberflecken und Feuermalen<br />

noch derartige volkstümliche Ansichten. Aber <strong>Monster</strong> entstehen auch durch die<br />

Einnahme verbotener und gefährlicher Mittel. Die Wiener Genesis (um 1060/80?) beispielsweise<br />

schreibt Pflanzen letztere Wirkung zu: Adam habe seine Töchter vergeblich<br />

vor dem Verzehr embryotoxischer Kräuter gewarnt, weswegen die <strong>Monster</strong> in die Welt<br />

gekommen seien.<br />

Vielfältig sind die Ansichten über die Entstehung von <strong>Monster</strong>n durch oder nach<br />

dem Zeugungsakt. Hildegard von Bingen war überzeugt, daß <strong>Monster</strong> die Frucht widernatürlicher<br />

Verbindungen seien. Sodomie, Geschlechtsverkehr mit Tieren und Sexualkontakte<br />

zu Teufeln und Dämonen galten im Mittelalter und gelten in manchen Aberglauben<br />

auch heute noch ganz allgemein als eine der möglichen Ursachen für die Entstehung<br />

monströser Geschöpfe. Abartiger Verkehr während der Menstruation sollte Mißbildungen<br />

beim Neugeborenen hervorrufen, und die Seitenlage beim Koitus sei für


26 Werner Wunderlich<br />

Klumpfuß und Schiefwuchs verantwortlich. Durch die Vereinigung mit Dämonen, <strong>Fabelwesen</strong><br />

oder Tieren während einer bestimmten Planetenkonstellation sollten ebenfalls<br />

diverse <strong>Monster</strong> wie Hermaphroditen, Albinos oder Kyklopen gezeugt werden. Zwergen-<br />

oder Riesenwuchs sei von einer zu geringen oder zu großen Spermamenge abhängig,<br />

und Zwitter- wie Doppelbildung vermutete man als Folge einer Sameneinnistung in der<br />

Scheitelkammer des siebenzelligen Uterus. Für Albertus Magnus waren solche Mißgeburten<br />

Störungen in der natürlichen Entwicklung der Individuen, womit er einer der wenigen<br />

Gelehrten war, der sich eher auf naturkundliche Beobachtungen denn dämonologische<br />

Spekulationen stützte. Indes, nach mittelalterlicher Vorstellung gehörten sie –<br />

ebenso wie die Dämonen – zum erklärten Weltplan des Schöpfers.<br />

Angesichts der medizinisch-rationalen Unzulänglichkeit solcher Erklärungen und<br />

angesichts des erschreckenden Aussehen der <strong>Monster</strong> lag es nahe, daß reale <strong>Monster</strong> dämonisiert<br />

und daß phantastische <strong>Monster</strong> vor allem als <strong>Fabelwesen</strong> eigens zu diesem<br />

Zwecke erfunden wurden. Das Vergnügen an Kuriosem und der Glaube an das Wunderbare<br />

verband sich mit dem Bedürfnis, in diesen Geschöpfen existentielle Ängste zu veranschaulichen.<br />

In bildlicher wie literarischer Darstellung dienten sie deshalb als Gruselwesen<br />

und Unholde. In mittelalterlichen Epen sind sie Widersacher von Helden, so wie<br />

Kundrie von Parzival oder Ydrogant von Apollonius. Auch die Heraldik kannte abnorme<br />

Wappentiere wie den doppelköpfigen Adler (Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation)<br />

oder den zweischwänzigen Löwen (Böhmen). Vor allem Bildzeugnisse und weniger<br />

Textzeugen überliefern uns eine Vielzahl von <strong>Monster</strong>vorstellungen des Mittelalters und<br />

der Frühen Neuzeit. Dabei bieten illustrierte Flugblätter wie die schon erwähnte Sammlung<br />

Wickiana (1560–87), Weltchroniken wie Hermann Vincents Liber chronicarum<br />

(1495), polyhistorische Weltbeschreibungen wie Sebastian Münsters Cosmographey<br />

(1544) und zahlreiche Reisebeschreibungen des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit<br />

eine Fülle von Anschauungsmaterial für die Sensationslust an Mirakulösem, Exotischem,<br />

Mysteriösem. Oft ist der Realitätsgrad nur sehr schwer zu bestimmen, wenn<br />

Phantasmagorien wichtigste Anregerinnen für die Illustratoren sind. Da bestimmte Fehlbildungen<br />

etwa des Vorderkopfes nicht lebensfähig sind, dürften zyklopische oder rüsselköpfige<br />

Mißbildungen bei Erwachsenen ins Reich der Phantasie gehören oder nach<br />

Hörensagen entstanden sein.<br />

Im 16. Jahrhundert entstand – auch unter dem Einfluß anatomischer Studien wie<br />

Andreas Vesalius’ berühmtem Werk De humani corporis fabrica (um 1550) – eine regelrechte<br />

<strong>Monster</strong>literatur. Jacob Rueffs Hebammenbuch De conceptu et generatione hominis<br />

(1554), Conrad Wolfhardts Wunderbuch Prodigiorum ac ostentorum chronicon<br />

(1557) oder Ambroise Parés chirurgisches Werk Des monstres tant terrestres que marins<br />

avec leurs portraits (1573), das im übrigen die Vererbung als ursächlichen Faktor annimmt,<br />

sind Beispiele illustrierter teratologischer Darstellungen. Diese enthalten neben<br />

medizinischen Erklärungen auch dämonologisches und abergläubisches Gedankengut<br />

und beeinflußten damit die Schulmeinung der Gelehrten bis weit ins 17. Jahrhundert<br />

hinein. Bekanntes Bespiel dafür ist das Werk De monstris (1616) des Philosophen Licetus<br />

von Padua, der nach Obduktionsbefunden als Ursachen für die Terata göttliche (supranaturale),<br />

satanische (infranaturale) und physische Gründe nannte. Darstellungen<br />

wie die des italienischen Arztes Ulisse Aldrovandus, Monstrum historia (1642), und des<br />

Jesuiten Caspar Schott, Physica curiosa sive mirabilia naturae et artis (1662), setzten diese<br />

Tradition fort.


27<br />

Abb. 6<br />

Kurz nach 1560 schuf vermutlich der Florentiner Bartolomeo Ammanati im Auftrag von<br />

Vicino Orsini der Park von Bomarzo bei Viterbo als ein »Schauerarkadien«, in dem Architektur<br />

und Plastik als verzerrte Wahnvorstellungen und irreale Kuriositäten als künstliche<br />

Natur Gestalt und Form angenommen haben (Abb. 6). Die monströse Entstellung<br />

der Natur durch überdimensionale Abnormalitäten und hypermanieristische Monumentalität<br />

erinnern an die zeichnerischen <strong>Monster</strong> von Leonardo da Vinci oder Michelangelo<br />

und haben surrealistisch-visionären Künstler wie Max Ernst oder Dali immer wieder als<br />

Inspiration gedient.<br />

Seit den Bauernkriegen und der Reformation hatte sich aus den monströsen Darstellungen<br />

auch die Stilrichtung der Karikatur entwickelt, mit der die politischen und konfessionellen<br />

Protagonisten und Antagonisten durch groteske Körperverzerrungen oder<br />

tierische Attribute monströse Gestalt annahmen, um derart als Scheusal verhöhnt werden<br />

zu können. Ein berühmtes Beispiel dafür ist der Papstesel auf weit verbreiteten Flugblättern<br />

zur Zeit Luthers und Melanchthons. Diese Zeichen- und Maltechnik, die wir seit<br />

den Flugschriften des Vormärz vor allem auch von politische Karikaturen kennen und in<br />

den surrealistischen Bildern beispielsweise von Max Ernst, Magritte oder Dali sowie in<br />

den skurrilen, an Rabelais’ Gestalten erinnernden Figurenkombinationen aus Körperteilen,<br />

geometrischen Figuren oder Zeichenwerkzeugen des polnischen Graphikers Zygmunt<br />

Januszewski (Abb. 7 auf der folgenden Seite) entdecken können.


28 Werner Wunderlich<br />

Abb. 7


29<br />

Fabulöse <strong>Monster</strong><br />

Eine ganze Reihe von <strong>Fabelwesen</strong> haben als fiktive Geschöpfe monströse Merkmale, die<br />

nach dem Vorbild von Mißbildungen ersonnen waren. Namentlich die Naturalis historia<br />

(vor 79 n. Chr., deutsch 1543) von Plinius d. Ä. kennt eine Vielzahl solcher phantastischer<br />

Menschen und Tiere, die oft in Äthiopien oder Indien beheimatet sind: Acephalen<br />

sind kopflose Menschen, Ambaren Vierfüßler ohne Ohren und Amphisbaena zweiköpfige<br />

Schlangen, Antipoden Menschen mit nach rückwärts gekehrten Füßen. Choromandaren<br />

sind behaarte Menschen, die nur brüllen können. Auf allen vieren laufen Artabatiten,<br />

und die mundlosen Astomen ernähren sich vom Duft. Außerdem erzählt Plinius von<br />

Menschen ohne Nase, ohne Zunge, mit vier Augen, verwachsenen Mündern, riesiger Unterlippe<br />

und sechsfingrigen Händen, von Frauen mit doppelten Pupillen, vom Volk der<br />

schleppbeinigen Himantopoden, vom Volk der Panotier mit überlangen Ohren, vom<br />

Volk der Skiapoden mit riesenhafter, schattenspendender Fußsohle, von den skythischen<br />

Hippopoden mit Pferdehufen (Abb. 8). Als Menschen mit vorstehenden Eckzähnen beschreibt<br />

Isiodor von Sevilla die Kynodoten, und die Epistola Premonis (10./11. Jahrhundert)<br />

berichtet von kahlköpfigen Frauen mit brustlangen Bärten. In den volkssprachlichen<br />

Literaturen kämpfen die Helden mit solchen <strong>Monster</strong>n in Gestalt von Riesen wie<br />

dem Heiden Fierrabras, von Waldmenschen<br />

oder von Ungeheuern wie dem gierigen und<br />

schrecklich grausamen Grendel, dem Herrscher<br />

des Moores. Die Erzählliteratur der<br />

Frühen Neuzeit kennt sie vor allem im Zusammenhang<br />

mit wundersamen Begebenheiten<br />

oder auch als Mißgeburten wie Berta<br />

mit den großen Füßen, die Tochter von<br />

Flore und Blancheflur.<br />

<strong>Fabelwesen</strong><br />

Begriff und Bedeutung<br />

Der Begriff »fabula« bezeichnet in Antike<br />

und Mittelalter eine erfundene Geschichte,<br />

erzählt im epischen Präteritum, und meint<br />

damit auch abwertend die unwahre Erzählung.<br />

Für das Mittelalter sind die entwicklungsgeschichtliche<br />

Wirklichkeit sowie die<br />

naturwissenschaftliche Richtigkeit der fabula<br />

bedeutungslos, weil sich Wahrheit allein<br />

durch eine Entsprechung zum Heilsgeschehen<br />

erweist. Es ist unwichtig, ob das<br />

Einhorn real existiert, wenn es dank methodischer<br />

Bibelhermeneutik vom Physiologus<br />

als typologische Verkörperung Christi ver- Abb. 8


30 Werner Wunderlich<br />

Abb. 9<br />

standen wird. Zum biblischen Typus »Herabkunft des Erlösers und Menschwerdung im<br />

Schoß der Jungfrau« wird gleichsam als Antitypus in einer quasi-naturkundlichen Geschichte<br />

das Einhorn als typologische Inkarnation von Passion und Auferstehung Jesu<br />

ersonnen. Die fabula stellt das Einhorn so dar, als ob es eine in der Natur vorgegebene<br />

Eigenschaft durch sein Dasein nur auslege. So werden res naturales durch die bibelexegetische<br />

Methode der Typologie fiktiv erschaffen und mit Artmerkmalen ausgestattet, die<br />

den tatsächlichen res naturales gleichen und von diesen faktisch nicht mehr unterschieden<br />

werden. Deshalb auch kennt das Mittelalter auch nicht den Terminus »creatura fabulae«.<br />

Das Kompositum »<strong>Fabelwesen</strong>« fügt ja Begriffe aus den uns heute nur konträr vorkommenden<br />

Bedeutungsbereichen des Erfundenen und der Natur zusammen, um Geschöpfe<br />

als imaginäre, als nicht-existente Kreaturen zu kennzeichnen. Dieses Verständnis<br />

aber wurde erst in der Aufklärung auf den Begriff <strong>Fabelwesen</strong> gebracht, und zwar weil<br />

fiktive Naturerscheinungen empirisch-rational von realen zu unterscheiden begonnen<br />

worden waren. Aus dem von Carl von Linné entwickelten Ordnungssystem von Fauna<br />

und Flora unseres Planeten waren die <strong>Fabelwesen</strong> verbannt. Im aufgeklärten Verständnis<br />

sind deshalb <strong>Fabelwesen</strong> real nicht existierende, aber in Antike und Mittelalter für real gehaltene<br />

mythische Geschöpfe (Abb. 9), die von den erdichteten und unwahren fabula<br />

ausgedacht worden waren und die in Literatur und Kunst sowie in der Volksüberlieferung<br />

ein Eigenleben zu führen begonnen hatten.


31<br />

Wirklichkeit und Wahrheit<br />

Dennoch wurde immer wieder die Frage aufgeworfen, ob <strong>Fabelwesen</strong> wirklich existierten.<br />

Im 16. und 17. Jahrhundert wurde eine heftige und kontroverse gelehrte Debatte geführt,<br />

ob es das Einhorn, den Greif oder den Phönix tatsächlich gegeben habe oder noch<br />

gebe. Mit dem Aufkommen von Archäologie und Paläontologie gingen Wissenschaftler<br />

der Frage nach, ob es in unserer Fauna nicht doch Lebewesen gegeben haben könnten,<br />

die später fälschlich für <strong>Fabelwesen</strong> gehalten wurden oder an die die <strong>Fabelwesen</strong> erinnerten.<br />

Viele Drachenbilder ähneln tatsächlich den Rekonstruktionen von Sauriern und<br />

Flugechsen. Indes, zweifelsfreie Beweise hat man bislang nicht gefunden. Bei der Ausgrabung<br />

des Ishtar-Tores in Babylon fand der Archäologe Robert Koldeway zu Beginn unseres<br />

Jahrhunderts unter den über 500 Tieren, die Nebukadnezar hatte abbilden lassen,<br />

eines mit Schlangenkopf, Vordertatzen und Vogelkrallen an den Hinterläufen. Dieser sogenannte<br />

Sirrush wurde analog zu den anderen Tieren für existent gehalten und in Zentralafrika<br />

vermutet. Aber weder dort noch in Mesopotamien fanden Paläontologen passende<br />

Knochen als Beweis. So wenig wie bislang von Nessie, dem Ungeheuer aus dem<br />

schottischen Loch Ness, eine einwandfreie Spur, die seine biologische Existenz beweisen<br />

könnte, gefunden wurde.<br />

Vielleicht gerade wegen dieser scheinbaren Ungewißheit hat beispielsweise auch das<br />

Einhorn bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt. Nicht nur, daß es in Literatur,<br />

Film und Kunst weiterlebt, sondern es gibt auch immer wieder Anlaß zu naturwissenschaftlichen<br />

Studien über seine Natur. Der Pariser Paläontologe Georges Cuvier bewies<br />

1827, daß es Einhörner aus anatomischen Gründen nicht geben könnte. Paarhufer haben<br />

ein zweiteiliges Stirnbein, und genau über der Teilung hätte das Horn wachsen müssen,<br />

was aber statisch unmöglich ist. Das Horn des Rhinozeros im übigen ist kein echtes<br />

Horn, weil es keinen Knochenkern hat. 1933 entfernte Franklin Dove an der University<br />

of Maine einem neugeborenen Kalb die beiden Hornknospen und verpflanzte eine von<br />

ihnen an die Nahtstelle beider Schädelhälften, so daß tatsächlich ein einziges, gerades<br />

Horn wuchs. Daraufhin wollten Ethnologen nicht ausschließen, daß orientalische oder<br />

afrikanische Völker diese simple Operationstechnik zu kultischen Zwecken angewandt<br />

hatten.<br />

Die wichtigsten Nachrichten über <strong>Fabelwesen</strong> entnehmen wir enzyklopädischen,<br />

kosmographischen, geographischen, chronikalischen, naturkundlichen Werken, Reiseberichten<br />

und Weltkarten sowie Epen, Sagen und Märchen. Meist stellte man sich die <strong>Fabelwesen</strong><br />

in exotischen Ländern voller Wunder und Magie wie Indien, Äthiopien, Libyen<br />

oder Skythien vor. Wir haben uns in unserer Lebenswelt an die <strong>Fabelwesen</strong> als Sternzeichen<br />

und als Haustiere längst gewöhnt: vollbusige Sphinxe stemmen Tischplatten, Drachen<br />

flankieren Kamine, Nixen halten Spiegel und Einhörner galoppieren auf Krawatten.<br />

Entstehung, Erscheinungsweise und Verbreitung<br />

Viele <strong>Fabelwesen</strong> sind antiken Ursprungs. Aus mythologischen Vorstellungen Griechenlands<br />

und des Orients schöpften die Berichte des Seefahrers Skylax im 6. Jahrhundert, des<br />

Historiographen Ktesias im 5. Jahrhundert oder des Ethnographen Megasthenes um etwa<br />

300 v. Chr. über fremdartige Völker und Tiere Indiens. Über die Naturalis historia (vor<br />

79 n. Chr.) von Plinius d. Ä. und die Collectanea rerum memorabilium (um 250 n. Chr.)


32 Werner Wunderlich<br />

des Cajus Julius Solinus wurden diese Erzählungen dem Mittelalter bekannt. Der wichtigste<br />

Vermittler antiker <strong>Fabelwesen</strong> ist eine im 2. Jahrhundert vielleicht in Alexandria ursprünglich<br />

in Griechisch verfaßte Beschreibung und allegorische Deutung wunderbarer<br />

Tiere, Pflanzen und Steine, die in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts ins Lateinische<br />

übersetzt wurde. Unter dem Namen »Physiologus« (der Naturkundige) – zunächst auf<br />

Aristoteles gemünzt – war sie verbreitet, ehe sie seit dem 11./12. Jahrhundert auch in<br />

mehrere Volkssprachen übersetzt wurde. Nach dem Vorbild des Physiologus entstanden<br />

die Bestiarien, illustrierte Bücher, die Tiere und <strong>Fabelwesen</strong> unterscheidungslos auflisten.<br />

Sie verbinden eine allgemeine pseudonaturkundliche Beschreibung mit einer heilsgeschichtlichen<br />

Auslegung der den Kreaturen angedichteten Eigenschaften und Verhaltensweisen.<br />

Auf Augustins Erörterung in der Civitas dei (413/26), ob die <strong>Monster</strong> von<br />

Adams oder Noahs Geschlecht abstammten, beruhen die Bestiarien De monstris et bellius<br />

und Liber monstrorum de diversis generibus (6./7. Jahrhundert), wo Sirenen, Hippokentauren,<br />

Kyklopen, Zwitterwesen und andere monströse <strong>Fabelwesen</strong> behandelt werden.<br />

Der Überlieferer des Ktesias, Photios, Patriarch von Konstantinopel und bedeutender<br />

Vertreter der sogenannten byzantinischen Renaissance, erzählt im 9. Jahrhundert von<br />

Pygmäen, Schattenfüßlern, Hundsköpfigen, langschwänzigen Menschen, vom Manticora<br />

mit Menschengesicht, Löwenrumpf und Skorpionschwanz, vom Einhorn und vom<br />

Greifen. Der Katalog der hier überlieferten <strong>Fabelwesen</strong> wurde im Laufe des Mittelalters<br />

durch eine Gruppe untereinander verwandter Texte wie die Epistola Premonis Regis ad<br />

Trajanum Imperatorem (10./11. Jahrhundert), die Marvels of the East (11. bis 13. Jahrhundert)<br />

oder den Liber monstrorum (14. bis 16. Jahrhundert) erweitert.<br />

Auf antiker Alexanderliteratur einerseits, auf naturwissenschaftlichen Werken der<br />

lateinischen Spätantike andererseits beruhen vor allem die Ausführungen der Enzyklopädisten<br />

über <strong>Fabelwesen</strong>. In seinen Etymologiae behandelt Isidor von Sevilla (7. Jahrhundert)<br />

ebenso wie Hrabanus Maurus in seiner De rerum naturalis (um 850) menschliche<br />

und tierische <strong>Fabelwesen</strong>. Eine Trennung, die auch Thomas von Cantimprensis im Liber<br />

de natura rerum (um 1250) als »de monstruosis hominibus« (über menschliche <strong>Monster</strong>)<br />

und »de animalibus quadrupedibus« (über Vierbeiner) vornimmt und die in den volkssprachlichen<br />

Bearbeitungen Jacobs van Maerlant (1267) und Konrads von Megenburg<br />

(um 1350) übernommen wird. Auch De bestiis et aliis rebus (12. Jahrhundert) des Pseudo-<br />

Hugos von St. Victor, Gervasius von Tilbury in Otia imperalia (1209/14), De animalibus<br />

(nach 1250) von Albertus Magnus oder der Speculum naturale (um 1256/59) des Vincent<br />

de Beauvais führen Fabeltiere und menschliche Fabelrassen auf, während das fälschlicherweise<br />

Hugos von Folieto zugeschriebene De bestiis et aliis rebus (um 1150) und Alexander<br />

Neckhams De naturis rerum (um 1200/10) nur tierische <strong>Fabelwesen</strong> berücksichtigen.<br />

Geographische Handbücher und Erdbeschreibungen wie Imago mundi (um 1100) von<br />

Honorius Augustodunensis, Liber floridus (nach 1100) von Lambert de St-Omer, Apologia<br />

(um 1180) von Guido de Bazochis, De rerum proprietatibus (nach 1235) von Bartholomäus<br />

Anglicus, Image du monde (1246) von Gossouin de Metz, Li livres dou trésor<br />

(1260–66) von Brunetto Latini, Imago mundi (1410) von Petrus de Alliaco, Mirour of the<br />

World (um 1480) von William Caxton, Cosmographey (1544) von Sebastian Münster oder<br />

De principiis astronomiae et cosmographiae (1530) des Löwener Arztes und Kartographen<br />

Rainerus Gemma Frisius erwähnen <strong>Fabelwesen</strong>. Kosmologische Literatur des Elucidarius<br />

und Prodigiensammlungen widmen sich ebenfalls Fabeltieren und Fabelmenschen. Noch<br />

zu Beginn der Neuzeit befaßten sich selbst zoologische Werke von Edward Wotton,


Conrad Gesner oder Ulysses Aldrovandi und sogar medizinische Bücher über Mißbildungen<br />

von Conradt Wolfhardt, gen. Lycosthenes, von Heinrich Kornmann oder von<br />

Gasparius Schott mit anthropomorphen <strong>Fabelwesen</strong>.<br />

Weltchroniken wie jene Rudolfs von Ems (um 1250/54), wie Filippo Forestis Supplementum<br />

Chronicarum (1483), Hartmann Schedels Buch der Chroniken (1493) oder Sebastian<br />

Francks Chronica (1531) glauben, die Fabelrassen seien nach der Zerstreuung der<br />

Menschheit über die Erdteile entstanden. Zahlreiche mittelalterliche Weltkarten wie die<br />

berühmten mappae mundi von Ebstorf und Hereford, die Carta Marina (1530) des Lorenz<br />

Fries und auch Martin Behaims Globus von 1491 zeigen einige <strong>Fabelwesen</strong>. Reiseberichte<br />

vermischen authentische Erlebnisse und Beobachtungen mit Überliefertem,<br />

Hörensagen und phantastischen Ausschmückungen. In Marco Polos Aufzeichnungen, in<br />

den franziskanischen Berichten der Giovanni di Pian del Carpine, Benedikt von Polen<br />

und Odoricus de Pordenone aus dem 13. und 14. Jahrhundert vom mongolischen Hof,<br />

im Bericht Fraters Jordanus über seine Indienreise, in dem fingierten Reisebericht De mirabilibus<br />

Jeans de Mandeville (um 1350) sowie im Livre nomme les merveilles du monde<br />

(1475–76) fallen immer wieder Bemerkungen über <strong>Fabelwesen</strong>. Auch in Erzählwerken<br />

wie den Gesta Romanorum (um 1280?), in den Artusepen, den Alexanderromanen, der<br />

Heldendichtung um Dietrich von Bern, Ritterepen wie Herzog Ernst (um 1160/70?) und<br />

in zahlreichen frühneuhochdeutschen Prosaromanen oder in der Emblematik spielen <strong>Fabelwesen</strong><br />

in Gestalt von Drachen, Meeresungeheuern oder Waldmenschen eine wichtige<br />

Rolle. Oft sind auf sie menschliche Fähigkeiten wie Sprache und Denken und Eigenschaften<br />

wie Tugenden und Laster übertragen.<br />

Neben den Darstellungen der Buchillustrationen sind <strong>Fabelwesen</strong> in fast allen<br />

Kunstbereichen verbreitet: Malerei, Tapisserie, Bauskulptur, Mosaik, Möbel, Aquamile,<br />

Fresken, Heraldik usw. Zu rein dekorativen Zwecken verwenden auch Drôlerien, Grillen<br />

und Grotesken Elemente von phantastischen <strong>Fabelwesen</strong>, ohne ihnen eine sinnhafte Bedeutung<br />

geben zu wollen. Den Variations- und Kombinationsmöglichkeiten von<br />

menschlichen und tierischen Mischwesen sind hier kaum Grenzen gesetzt. Vogelmenschen<br />

und Meermenschen, Bauchgesichter und Schlangenfüßler, Skorpionmenschen und<br />

Schildkrötenmenschen, Baummenschen und Hirschköpfige, drachenfüßige und mehrköpfige<br />

Riesen, Mannweiber und borstige Riesenfrauen mit Eberzähnen und Stierschwänzen,<br />

Seepferdchen und Elephantenfische, Schlangenhalslöwen und Ameisentiger,<br />

Vögel mit Eisenkrallen oder Eisenschnäbeln, geflügelte Steinböcke und Schlangenvögel<br />

tummeln sich beispielsweise auf den Holzschnitten in den Ausgaben von François<br />

Rabelais’ Romanzyklus Gargantua et Pantagruel (1532–64, deutsch 1575), wo im Speichel<br />

des Vielfraßes Eusthenes eine Vielzahl von <strong>Fabelwesen</strong> von Amphisbäen bis zu den Zekken<br />

hausen. Eine Sehenswürdigkeit sind heute noch jene <strong>Fabelwesen</strong> auf den 153 Holztafeln<br />

der romanischen Bilderdecke (1. Hälfte des 12. Jahrhunderts) der Kirche St. Martin<br />

im rätomanischen Zillis an der Via Mala in Graubünden.<br />

Der österreichische Schriftsteller und Literaturkritiker Franz Blei bediente sich zu<br />

satirischen Zwecken der Darstellung- und Illustrationsweise des mittelalterlichen Bestiariums<br />

für seine 1920 unter dem Pseudonym Dr. Peregrinus Steinhövel erschienene<br />

Sammlung Bestiarum literaricum. Darin sind karikierende Porträts zeitgenössischer<br />

Dichter enthalten, die witzig und spöttisch literarische und persönliche Charakteristika<br />

der Betroffenen aufs Korn nehmen.<br />

33


34 Werner Wunderlich<br />

Symbolik und Magie<br />

Eine umfassende und eindeutige Sinngebung für all diese Phantasiewesen läßt sich wohl<br />

kaum finden. Wir können aber über alle Kulturgrenzen und über Generationen hinweg<br />

immer gleichbleibende Funktionen der imanginären Kreaturen feststellen. In <strong>Fabelwesen</strong><br />

drückt sich die Suche des Menschen nach einer durchschaubaren Ordnung von Welt,<br />

nach Begründung übernatürlicher Erscheinungen, nach Möglichkeiten der Erklärung<br />

und des Umgangs mit dem Unbekannten und Fremden, der stete Wunsch nach Erweiterung<br />

des physischen und kognitiven Erfahrungshorizonts, das Bedürfnis nach existentieller<br />

Sicherheit durch Kontakt und Bündnis mit göttlichen und übernatürlichen Mächten<br />

aus. Und gewiß spielt auch die Lust am Spiel mit der fiktiven Aufhebung von Naturgesetzen,<br />

mit der Absurdität, mit Normverstößen, mit den wundersamen Möglichkeiten<br />

der Verkehrten Welt eine kreative Rolle. Phantastische Literatur, Fantasy-Spiele, Kinderbücher,<br />

Comics und Filme schicken immer wieder alte und neue <strong>Fabelwesen</strong> aus den<br />

Welten der Einbildungskraft zu ihrem Publikum, um dieses auf unterhaltsame Weise den<br />

Spaß an Rollenwechseln, das Vergnügen an der Überwindung von Realitätszwängen oder<br />

auch den Schauer vor greulichen Begegnungen erleben zu lassen.<br />

Ihre magischen Fähigkeiten, ihre gewaltigen Kräfte oder ihr furchteinflößendes Äußeres<br />

machen <strong>Fabelwesen</strong> zu Wächtern von Grenzen, Hütern von heiligen Jenseitsstätten<br />

und zu Wärter der Schranken zwischen Leben und Tod. Der Kerberus mit den drei<br />

Hundsköpfen beispielsweise bewacht den Hades, die Sphinx die ägyptischen Nekropolen.<br />

<strong>Fabelwesen</strong> sind auch ein Mittel, um ein duales Weltbild oder die Doppelnatur von<br />

Menschen zu versinnbildlichen. Das Verhältnis dieser <strong>Fabelwesen</strong> zum Menschen ist<br />

grundsätzlich vom ethischen Prinzip, das sie verkörpern, abhängig. Gilt ein <strong>Fabelwesen</strong><br />

wie der Drache als Symbol für das Naturgesetz des Bösen, übernimmt es die Funktion,<br />

als Gegner dem Helden im Kampf um das Gute zu unterliegen. Beispiele dafür sind etwa<br />

der Kampf zwischen Herakles und der Hydra, zwischen Bellerophon und der Chimäre,<br />

zwischen Sigurd und Fafnir oder zwischen St. Georg und dem Drachen. Der Sieg und die<br />

Macht über <strong>Fabelwesen</strong> beweisen die Stärke des Helden und erhöhen dessen Status. Einmal<br />

vom Helden besiegt, wurden manche <strong>Fabelwesen</strong> wie der Greif Embleme der Kühnheit<br />

und Stärke und vom Helden oder von einer Tugend bzw. von einem christlichen<br />

Prinzip in allegorischer Gestalt in Dienst genommen. So zieht in Dantes Purgatorio, dem<br />

zweiten Teil der Divina comedia (1318), ein Greif den Triumphwagen des Himmlischen<br />

Jerusalem. Auf den Schilden der Helden prangten solche <strong>Fabelwesen</strong>, deren Stärke und<br />

Zauber auf den Helden übergehen sollen, um die Feinde in magischen Bann zu schlagen<br />

und zu besiegen. Agamemnon hatte beispielsweise auf seinem Schild das Gorgonenhaupt<br />

und eine blaue Schlange. Auch Feldzeichen wie Standarten und Banner trugen <strong>Fabelwesen</strong>.<br />

Besonders beliebt waren Drachen oder natürliche Tiere, die in biblischer Überlieferung<br />

oder in der Fabeltradition Kraft und Stärke, Mut und Tapferkeit, Macht und Herrschaft<br />

verkörperten wie Löwe, Adler, Falke, Eber, Hirsch, Stier oder Hengst, die auf diese<br />

Weise mythisiert wurden. Seit dem 14. Jahrundert finden wir <strong>Fabelwesen</strong> wie das Einhorn,<br />

die Nixe oder den Löwenadler als Beschützer und Erkennungszeichen auch auf<br />

Wappen und – wie beispielsweise im englischen Königswappen das Einhorn – als seitlichen<br />

Schildhalter. Heute noch werden <strong>Fabelwesen</strong> von Apotheken, Banken, Versicherungen,<br />

Parteien, Verbänden und Vereinen als Symbole und Imageträger verwendet, um<br />

mit ihrer Hilfe Vertrauenswürdigkeit auszustrahlen. Aus lokalen Neckbräuchen entste-


35<br />

hen immer wieder mal neue <strong>Fabelwesen</strong> wie der bayrische Wolpertinger, eine kuriose Mischung<br />

aus Hase, Hirsch, Ente oder anderem Wild, mit dem Jägerlatein oder Bauernscherze<br />

Ortsfremde foppen.<br />

Dämonen, <strong>Monster</strong>, <strong>Fabelwesen</strong> – all diese imaginären Geschöpfe machen die Grenzen<br />

zwischen den phantastischen und den wirklichen Arten deutlich, und sie sind zugleich ein<br />

Ausdruck menschlichen Urstrebens nach göttlicher Schöpferkraft und lebendigem Zeugungswillen.<br />

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