Das Passivhaus - Ytong
Das Passivhaus - Ytong
Das Passivhaus - Ytong
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SILKA Kalksandstein<br />
<strong>Das</strong> <strong>Passivhaus</strong><br />
®
INHALT<br />
KALKSANDSTEIN<br />
<strong>Das</strong> <strong>Passivhaus</strong><br />
Stand: Januar 2006<br />
Redaktion:<br />
Dipl.-Ing. S. Brinkmann, Durmersheim<br />
Dipl.-Ing. B. Diestelmeier, Dorsten<br />
Dipl.-Ing. G. Meyer, Hannover<br />
Dipl.-Ing. W. Raab, Röthenbach<br />
Dipl.-Ing. O. Roschkowski, Duisburg<br />
Dipl.-Ing. J. Schmertmann, Buxtehude<br />
Dipl.-Ing. H. Schwieger, Hannover<br />
Vorwort ______________________________________________________________ 3<br />
Was ist ein <strong>Passivhaus</strong>? _______________________________________________ 4<br />
Optimale Ausrichtung:<br />
Einfamilienhaus Herzogenaurach ________________________________________ 7<br />
Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung _____________________________ 11<br />
Energetische Berechnung _____________________________________________ 12<br />
Klassisch münsterländisch:<br />
Reihenhauszeile mit <strong>Passivhaus</strong> in Alverskirchen _________________________ 13<br />
Raumluftqualität und Lüftung __________________________________________ 17<br />
Kosten, Wirtschaftlichkeit und Förderung ________________________________ 18<br />
Architektur als Beitrag zur Landesgartenschau:<br />
Hofhäuser am Wasserband in Trier______________________________________ 21<br />
Vakuum-Isolations-Paneele (VIP)________________________________________ 25<br />
Kurzdarstellung von 12 Fallbeispielen ___________________________________ 26<br />
Fenster _____________________________________________________________ 28<br />
Bürogebäude im <strong>Passivhaus</strong>standard in Ellwangen _______________________ 29<br />
Kosten versus Komfort und Behaglichkeit _______________________________ 33<br />
Lüftungskonzept _____________________________________________________ 34<br />
Heizung und sommerliche Kühlung _____________________________________ 34<br />
Luft- und Winddichtheit _______________________________________________ 35<br />
Behaglichkeit für 150 Kinder:<br />
Kindergarten Dohna __________________________________________________ 37<br />
Wärmebrücken ______________________________________________________ 41<br />
Nutzerverhalten ______________________________________________________ 44<br />
Genossenschaften im <strong>Passivhaus</strong>:<br />
Mehrfamilienhaus in Hamburg _________________________________________ 45<br />
Marktaussichten _____________________________________________________ 49<br />
Ausblick ____________________________________________________________ 50<br />
Literatur ____________________________________________________________ 50<br />
Autor: Dr. Burkhard Schulze Darup<br />
Herausgeber:<br />
Bundesverband Kalksandsteinindustrie eV, Hannover<br />
Alle Angaben erfolgen nach bestem Wissen<br />
und Gewissen, jedoch ohne Gewähr.<br />
Nachdruck auch auszugsweise nur mit<br />
schriftlicher Genehmigung.<br />
Alle nicht gekennzeichneten Fotos:<br />
Dr. Burkhard Schulze Darup<br />
BV-9034-07/11<br />
Gesamtproduktion und<br />
© by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf<br />
Schutzgebühr 5 €<br />
2
VORWORT<br />
VORWORT<br />
Kalksandstein war von Anfang an dabei, als 1991 das erste <strong>Passivhaus</strong> in Deutschland<br />
in Darmstadt-Kranichstein gebaut wurde. Der Bau von Passivhäusern mit Kalksandstein<br />
ist nicht nur gebaute Realität, sondern steht auch für hohe Wirtschaftlichkeit und<br />
Komfort. Dies belegen mehrere Hundert Kalksandstein-Objekte aus dem Wohn- und<br />
Nichtwohnbau, die in den vergangenen 15 Jahren erstellt wurden.<br />
Experten und Branchenkenner schätzen, dass im Jahr 2010 etwa jedes fünfte Haus<br />
in <strong>Passivhaus</strong>bauweise entstehen wird – einer der wenigen Märkte mit Zukunftschancen.<br />
Passivhäuser sind besonders wirtschaftlich. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige<br />
Rolle. Zum einen wird der Bau Energie sparender Gebäude gefördert, zum anderen steigen<br />
die Heizkosten und somit die Unterhaltskosten von Jahr zu Jahr weiter an. Dabei<br />
ist davon auszugehen, dass die Energiekostensteigerung in zum Teil schmerzhaften<br />
Sprüngen stattfinden wird. Die beste Versicherung dagegen ist frühzeitiges Investieren<br />
in Energieeffizienz und regenerative Energieversorgung – zum Beispiel durch den Bau<br />
eines massiven <strong>Passivhaus</strong>es aus Kalksandstein.<br />
Mit dem Prinzip der KS-Funktionswand (tragendes Kalksandstein-Mauerwerk mit hoher<br />
Rohdichte kombiniert mit außen liegender Wärmedämmung) sind vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten<br />
gegeben. Neben der häufig anzutreffenden Variante KS-Thermohaut<br />
(KS + WDVS) sind auch die Außenwandkonstruktionen zweischaliges Mauerwerk und<br />
KS-Vorhangfassade (KS + VHF) möglich. Durch den flexibel einstellbaren winterlichen<br />
Wärmeschutz lassen sich U-Werte von ca. 0,10 W/mK erzielen. Aufgrund seiner hohen<br />
Rohdichte sorgt der Kalksandstein als natürlicher Wärmespeicher auch während<br />
sommerlicher Hitzeperioden für angenehm niedrige Raumtemperaturen und damit hohe<br />
Behaglichkeit.<br />
Bereits im Jahr 2000 veröffentlichte die Kalksandsteinindustrie die Broschüre „Passivhäuser<br />
– Fallbeispiele“ und gab damit Bauherren und Planern Hilfestellung und<br />
Anregung für den Bau von Passivhäusern. Mit der vorliegenden Broschüre baut die<br />
Kalksandsteinindustrie ihren Know-How-Vorsprung weiter aus und besetzt dieses aktuelle<br />
Zukunftsthema.<br />
Der Herausgeber<br />
Hannover, im Januar 2006<br />
3
WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />
WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />
Passivhäuser sind durch einen sehr niedrigen<br />
Energiebedarf bei hoher Behaglichkeit<br />
und bestem Komfort gekennzeichnet. Die<br />
Transmissions- und Lüftungswärmeverluste<br />
sind so gering, dass sie fast vollständig<br />
durch kostenlose „passive“ Energiebeiträge<br />
(nutzbare Energiegewinne)<br />
ausgeglichen werden. <strong>Das</strong> sind:<br />
solare Gewinne durch Fenster und<br />
sonstige transparente Flächen,<br />
Wärmeabgabe von Beleuchtung,<br />
Geräten und Prozessen sowie<br />
Körperwärme der Personen im<br />
Gebäude.<br />
Verbleibt nur ein minimaler Heizwärmebedarf<br />
von ≤ 15 kWh/(m²a), so ist das<br />
Hauptkriterium für ein <strong>Passivhaus</strong> 1) erfüllt.<br />
Der Begriff beschreibt einen technischen<br />
Standard, keinen Gebäudetyp. Dem Planer<br />
erschließen sich durch die Anwendung<br />
der Energie sparenden Komponenten vor<br />
allem neue Möglichkeiten der Gestaltung,<br />
die Einschränkungen sind eher gering.<br />
Ausgerüstet mit ein wenig zusätzlichem<br />
energetischem Handwerkszeug erweitern<br />
sich die Spielräume für Entwurfskonzepte.<br />
Durch eine sorgfältige Ausbildung der<br />
Gebäudehülle können gebäudetechnische<br />
Installationen reduziert werden und die Behaglichkeit<br />
und der Komfort der Gebäude<br />
erhöht sich.<br />
Entwurfs- und<br />
Konstruktionskriterien<br />
Grundvoraussetzung ist eine hervorragende<br />
thermische Gebäudehülle. Die Konstruktionen<br />
von Wand, Dach und Grund<br />
sollten einen Wärmedurchgangskoeffizienten<br />
von U < 0,15 W/(m²K) aufweisen.<br />
Vorteilhaft sind eine günstige Gebäudegeometrie,<br />
die Reduzierung der Wärme<br />
abgebenden Oberflächen im Verhältnis<br />
zum Heizvolumen (A/V-Verhältnis) durch<br />
eine kompakte Form des beheizten Bereichs,<br />
große Bautiefe und den Verzicht<br />
auf Versprünge.<br />
Der Wärmedurchgang für die Fenster in<br />
der Gesamtbetrachtung von Verglasung,<br />
Rahmen und Wärmebrücken sollte U w<br />
≤<br />
0,8 W/(m²K) betragen. Ein möglichst hoher<br />
Energiedurchlassgrad wirkt sich vorteilhaft<br />
aus, vor allem für die Südfenster ist ein<br />
Wert von g ≥ 50 bis 60 % anzustreben. Die<br />
Ausrichtung der Fensterflächen entscheidet<br />
über das Ausmaß der Wärmegewinne:<br />
Je geringer die Abweichung von der Südorientierung,<br />
desto günstiger. Möglichst<br />
weitgehende Verschattungsfreiheit dient<br />
der vollständigen Ausnutzung passiver Solargewinne.<br />
Wärmebrückenfreiheit bei Außenmaßbezug<br />
der Transmissionsfläche muss Ziel der<br />
Detaillösungen sein.<br />
Der Nachweis erfolgt mittels BlowerDoor-<br />
Test, der für Passivhäuser einen Luftdurchsatz<br />
unterhalb des 0,6-fachen<br />
Gebäudevolumens bei einem Differenzdruck<br />
von 50 Pa vorsieht (n 50<br />
≤ 0,6 h -1 ).<br />
Lüftung<br />
Die Raumluftqualität muss oberste Priorität<br />
bei der Gebäudeplanung haben. Deshalb<br />
beinhaltet eine Energie sparende Planung<br />
zugleich immer die Anforderungen des<br />
gesundheitsverträglichen Bauens. Ziel ist<br />
es, Schadstoffeinträge und gesundheitsbeeinträchtigende<br />
Einflüsse so gering zu<br />
halten, dass die Luftwechselrate durch den<br />
Kohlendioxidgehalt bestimmt wird, der dem<br />
Atemvorgang der Nutzer entspricht. Der<br />
Pettenkofer-Wert von 0,1 Vol-% CO 2<br />
sollte<br />
nicht überschritten werden. Daraus ergibt<br />
sich die Anforderung von 30 m³ Frischluft<br />
pro Stunde für jede Person (entspricht der<br />
Mindestanforderung nach DIN 1946 Teil 6)<br />
bei normaler Betätigung.<br />
Ventilatorgestützte Lüftungsanlagen dienen<br />
einem erhöhten Komfort und sorgen<br />
für eine hygienisch einwandfreie Raumluft.<br />
Mittels Wärmerückgewinnung über einen<br />
Wärmetauscher kann zudem Energie eingespart<br />
werden. Folgende Parameter sind für<br />
eine passivhaustaugliche Lüftungsanlage<br />
Voraussetzung:<br />
Zum Vergleich: Gebäude aus den sechziger<br />
Jahren und davor haben einen Heizwärmebedarf<br />
von 200 bis 300 kWh/(m²a),<br />
das entspricht ca. 20 bis 30 Litern Öl.<br />
In den achtziger Jahren wurden 10- bis<br />
15-Liter-Häuser gebaut. Gebäude nach<br />
der Energieeinsparverordnung (EnEV) erreichen<br />
fast den Niedrigenergiestandard<br />
und liegen bei 5 bis 10 Litern − und das<br />
<strong>Passivhaus</strong> kann als 1,5-Liter-Haus bezeichnet<br />
werden.<br />
Die Luftdichtheit der Gebäudehülle und<br />
eine schadensfreie Konstruktion sind die<br />
Voraussetzung für eine funktionierende<br />
Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage<br />
mit minimierten Leckageverlusten.<br />
Übersicht der wichtigsten <strong>Passivhaus</strong>-Kriterien<br />
Jahresheizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m 2 a)<br />
Wärmebereitstellungsgrad η WRG,eff<br />
≥ 75 %<br />
Zulufttemperatur > 16,5 °C zur<br />
Erzielung von Behaglichkeit<br />
maximale Heizwärmelast ≤ 10 W/m 2 , um auf ein gesondertes Heizsystem verzichten<br />
zu können<br />
Wand, Dach und Fußboden: Wärmedurchgangskoeffizient U < 0,15 W/(m 2 K),<br />
Wärmebrückenfreiheit<br />
Fenster U W ≤ 0,8 W/(m2 K); g ≥ 50…60 %<br />
Luftdichtheit: max. 0,6-facher Luftwechsel bei 50 Pa Druckdifferenz (n 50<br />
≤ 0,6 h -1 )<br />
1)<br />
Die Anforderungen für Passivhäuser wurden entwickelt<br />
in verschiedenen Arbeitskreisen und Untersuchungen,<br />
die im Wesentlichen koordiniert und<br />
ausgeführt wurden durch das <strong>Passivhaus</strong> Institut<br />
Darmstadt, Dr. Wolfgang Feist, 64283 Darmstadt.<br />
Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit einem Wärmebereitstellungsgrad<br />
η WRG,eff<br />
≥ 75 %, Stromeffizienz p el<br />
< 0,45 Wh/m 3<br />
Jahresprimärenergiebedarf für Heizung, Brauchwasserbereitung, Lüftung und<br />
Haushaltsstrom ≤ 120 kWh/(m 2 a)<br />
4
WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />
Stromeffizienz p el<br />
< 0,45 Wh/m³<br />
450<br />
weitgehende Dichtheit des Lüftungsgeräts<br />
400<br />
Schalldruckpegel in Wohnräumen<br />
< 25 dB(A)<br />
kWh/(m ≤ a)<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
Haushaltsstrom<br />
Lüfterstrom<br />
Warmwasser<br />
Heizung<br />
Restwärmebereitstellung<br />
Der <strong>Passivhaus</strong>-Standard von 15 kWh/<br />
(m²a) ermöglicht einen Kostensprung<br />
zur Reduzierung der Investitionskosten,<br />
wenn ein gesondertes Heizsystem überflüssig<br />
wird und das ohnehin vorhandene<br />
Zuluftsystem die erforderliche Heizwärme<br />
transportieren kann. Damit dies unter<br />
bauphysikalisch behaglichen Kriterien<br />
geschehen kann, muss die Auslegungs-<br />
Heizleistung unter 10 W/m² und die maximale<br />
Temperatur im Wärmetauscher bei<br />
50 °C liegen.<br />
Zahlreiche Beispiele zeigen, dass ein<br />
deutlicher wirtschaftlicher Vorteil hinsichtlich<br />
der Gestaltung der Heizanlage<br />
auch bei der Trennung von Lüftungs- und<br />
Heizungstechnik gegeben ist. Gerade bei<br />
gewerblich genutzten Gebäuden kommt<br />
als wichtiger ökonomischer Faktor hinzu,<br />
dass bei einer <strong>Passivhaus</strong>-Gebäudehülle<br />
deutliche Einsparungen hinsichtlich<br />
der Gebäudetechnik – gerade auch für<br />
den Sommerfall – gegeben sind mit der<br />
Folge eines deutlich reduzierten Technikaufwands.<br />
Dies eröffnet ein weiteres<br />
Einsparungspotenzial bei den Funktionsflächen<br />
und den daraus resultierenden<br />
Baukosten.<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Bestand WSVO 84 WSVO 95 EnEV KfW 60 KfW 40 3-Liter- <strong>Passivhaus</strong><br />
Haus<br />
Primärenergie-Kennwerte von Baustandards<br />
Zugleich dient das Programm als Qualitätsnachweis,<br />
in dem die konstruktiven<br />
und energetischen Kennwerte zusammengefasst<br />
sind. Zudem wird die Erfüllung der<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Kriterien nachgewiesen:<br />
Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m²a)<br />
Primärenergiebedarf für Heizung,<br />
Klimatisierung, Warmwasserbereitung,<br />
Hilfsenergien und (Haushalts) – Strom<br />
≤ 120 kWh/(m²a).<br />
Primärenergieaufwand<br />
Neben dem Aspekt des Energieverbrauchs<br />
für den Gebäudebetrieb ist die Betrachtung<br />
des Primärenergieaufwands für die Gebäudeerstellung<br />
relevant.<br />
ren Oberflächentemperatur, die nahe an<br />
der Raumlufttemperatur liegt. Tauwasser<br />
und mithin Schimmelproblematik kann bei<br />
solchen Konstruktionen nicht auftreten.<br />
Fenster mit einem U-Wert unterhalb<br />
0,8 W/(m²K) weisen ausreichende Behaglichkeitskriterien<br />
auf, ohne durch Heizwärme<br />
einen Ausgleich schaffen zu müssen.<br />
Strahlungs-Asymmetrien werden in<br />
Passivhäusern auf ein sehr komfortables<br />
Maß minimiert.<br />
Als Folge der geringen Thermik und der<br />
minimalen Heizlast liegen auftretende<br />
Luftgeschwindigkeiten deutlich unter der<br />
Anforderungsschwelle von 0,15 m/s, in<br />
den meisten Bereichen unter 0,05 m/s.<br />
Die Lüftungsanlage erzeugt nur in sehr<br />
kleinen Einblasbereichen eine erhöhte<br />
Luftgeschwindigkeit, die bei richtiger Planung<br />
aufgrund der geringen stündlichen<br />
Luftmengen keinerlei Zugempfinden aufkommen<br />
lässt.<br />
Energetische Berechnung<br />
und Anforderung an den<br />
Primärenergiebedarf<br />
Die Einbeziehung der energetischen Gebäudesimulation<br />
bereits in der Vorentwurfsphase<br />
ist Voraussetzung für eine<br />
wirtschaftliche Konzeption von Passivhäusern.<br />
Als Werkzeug dient das <strong>Passivhaus</strong><br />
Projektierungs Paket (PHPP) 2) , mit dem<br />
die Besonderheiten hoch energieeffizienter<br />
Gebäude rechnerisch äußerst exakt<br />
abgebildet werden können.<br />
2)<br />
<strong>Passivhaus</strong> Projektierungs Paket. <strong>Passivhaus</strong> Institut<br />
Darmstadt, www.passiv.de<br />
Der zusätzliche Materialaufwand für den<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Standard amortisiert sich<br />
im Vergleich zum Standard der EnEV bei<br />
günstig geplanten Gebäuden in einem<br />
Zeitraum von etwa einem Jahr.<br />
Behaglichkeit und<br />
Raumklima<br />
Hoch wärmegedämmte Außenbauteile erfüllen<br />
die bauphysikalische Behaglichkeitsanforderung<br />
nach einer hohen inne-<br />
Sehr wesentlich für das Wohlbefinden ist<br />
die ständig erneuerte Frischluft. Dies hat<br />
nicht nur Vorteile für die Raumluftqualität.<br />
Es stellt sich auch eine kontinuierlich angemessene<br />
Raumluftfeuchte ein, da eine<br />
ständige Abfuhr der anfallenden (Wohn-)<br />
Feuchte im Gebäude sichergestellt ist. Aufgrund<br />
des relativ geringen erforderlichen<br />
Luftwechsels von etwa 30 m³/h pro Person<br />
fällt bei richtiger Planung an kalten Tagen<br />
die Raumluftfeuchte dennoch nicht in zu<br />
trockene Bereiche.<br />
Die hohe bauphysikalische Behaglichkeit<br />
führt zu Wohlbefinden und besten hygienischen<br />
und gesundheitlichen Raumklima-<br />
5
WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />
bedingungen. Dies schlägt sich nicht nur<br />
beim Wohnen in positiven Kommentaren<br />
der Bewohner nieder – auch bei gewerblichen<br />
Objekten ist durchaus eine Betrachtung<br />
dieser „weichen“ Komfortfaktoren<br />
sinnvoll: Durch niedrigeren Krankenstand<br />
amortisieren sich nicht nur die geringen<br />
Mehrinvestitionen sehr schnell. Obendrein<br />
stimuliert ein komfortables Arbeitsumfeld<br />
ein positives Arbeitsklima.<br />
Kostengünstige<br />
Passivhäuser<br />
Der Kostenvergleich von <strong>Passivhaus</strong>komponenten<br />
gegenüber Standard-Technik<br />
nach EnEV stellt sich wie folgt dar:<br />
Erhöhte Dämmstoffdicken sind von Anfang<br />
an rentierlich, wenn der konstruktive<br />
Aufwand niedrig gehalten werden kann.<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Fenster erzeugen derzeit<br />
noch 30 bis 50 % Mehrinvestitionen, in wenigen<br />
Jahren werden es 15 bis 30 % sein.<br />
Lüftungstechnik dient nicht nur der<br />
Energieeffizienz, sondern in starkem Maß<br />
dem Komfort und der Raumluftqualität,<br />
für die in Fachkreisen für jedes Gebäude<br />
ventilatorgestützte Lüftung gefordert wird.<br />
Dadurch relativieren sich die 30 bis 70<br />
€/m² für Zu-/Abluftanlagen. Bei Gewerbebauten<br />
kann das <strong>Passivhaus</strong>-Konzept<br />
Einsparungspotenziale hinsichtlich der<br />
Raumluft-Technik (RLT) eröffnen.<br />
Heizungstechnik wird kostengünstiger<br />
durch die geringe Heizwärmelast mit der<br />
Folge minimierter Technik in der Zentrale<br />
und einem deutlich vereinfachten Verteilsystem.<br />
Bei gewerblichen Gebäuden kann die<br />
dort übliche Klimatechnik durch das <strong>Passivhaus</strong>-Konzept<br />
überflüssig werden, was<br />
zu deutlichen Einsparungen führt.<br />
Passivhäuser erzeugen gegenüber einem<br />
Standardgebäude Mehrinvestitionen<br />
von 5 bis 15 %. In zahlreichen Fällen wurde<br />
allerdings dokumentiert, dass durch konsequente<br />
Planung Einsparungen in zahlrei-<br />
chen Bereichen vom Raumprogramm bis<br />
zur Technik erzielt werden konnten. Dies<br />
führte zu äußerst günstigen Lösungen,<br />
die bereits bei den Investitionskosten mit<br />
üblichen Gebäuden konkurrieren konnten.<br />
Solche Synergieeffekte sind bei vielen gewerblichen<br />
Gebäuden erzielbar, ebenso bei<br />
kommunalen Bauten wie Schulen, Pflegeund<br />
Altenheimen.<br />
Bei der Betrachtung von Betriebs- und<br />
Finanzierungskosten liegt bereits bei heutigen<br />
Rahmenbedingungen unter Einbeziehung<br />
der aktuellen Förderprogramme die<br />
jährliche Belastung von Passivhäusern<br />
in den meisten Fällen niedriger als die<br />
für Standardgebäude. Bei steigenden<br />
Energiepreisen wird sich dieser Effekt<br />
verstärken. Bereits nach einem kleinen<br />
Teil der Abschreibungszeit von z.B. 20<br />
Jahren wird sich die wirtschaftliche Situation<br />
völlig anders darstellen. Es kann<br />
sicher prognostiziert werden, dass auf<br />
die Lebenszeit gesehen Passivhäuser die<br />
mit Abstand wirtschaftlichere Variante<br />
gegenüber üblichen Gebäudestandards<br />
darstellen.<br />
GLOSSAR<br />
3-Liter-Haus: Gebäude mit einem Heizwärmebedarf<br />
von höchstens 30 kWh/<br />
(m 2 a). Es handelt sich um keinen geschützten<br />
Begriff und es gibt auch abweichende<br />
Definitionen, bezogen auf<br />
den Heizenergiebedarf oder den Primärenergiebedarf.<br />
Ein Nullheizenergiehaus ist ein Gebäude<br />
ohne Verbrauch an fossilen Energieträgern,<br />
d.h. der Heizwärmebedarf<br />
wird über regenerative Energieträger<br />
gedeckt.<br />
Von einem Nullenergiehaus spricht man,<br />
wenn sich diese Betrachtung nicht nur<br />
auf das Heizen, sondern auch auf die<br />
Bereiche Warmwasserbereitung und<br />
Haushaltsstrom bezieht.<br />
Ein PlusEnergieHaus weist in der Bilanz<br />
einen Energieüberschuss auf. Im Allgemeinen<br />
werden bei diesen Gebäuden<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Technologien hinsichtlich<br />
der Gebäudehülle und der Lüftungstechnik<br />
zur Minimierung des Heizwärmebedarfs<br />
eingesetzt, darüber hinaus<br />
wird in hohem Umfang eine Versorgung<br />
mit regenerativen Energieträgern durchgeführt.<br />
Energiebezugsfläche: Fläche, auf die<br />
sich der Kennwert eines Energiebilanzverfahrens<br />
bezieht. Sie wird nach EnEV<br />
aus dem Volumen abgeleitet und ist<br />
vor allem bei kleineren Gebäude meist<br />
deutlich größer als die tatsächliche<br />
Wohn- und Nutzfläche.<br />
Energiedurchlassgrad (g-Wert): Kennzahl<br />
von Gläsern, die angibt, wie viel<br />
Prozent der auf die Scheibe treffenden<br />
Sonnenenergie diese durchdringt. Je<br />
höher der g-Wert ist, desto mehr solare<br />
Wärmegewinne erhält das Haus durch<br />
die Fenster.<br />
Heizwärmebedarf: Notwendige jährliche<br />
Wärmezufuhr eines Gebäudes<br />
[kWh/m 2 a] zur Aufrechterhaltung normaler<br />
Innenraumtemperaturen bei normalen<br />
äußeren Klimabedingungen<br />
und normalem Luftwechsel. Er ergibt<br />
sich aus Transmissionswärmeverlusten,<br />
Lüftungswärmeverlusten, solaren<br />
Wärmegewinnen und internen Wärmegewinnen.<br />
Interne Wärmegewinne: Energiegewinne<br />
aus der Abwärme von elektrisch betriebenen<br />
Geräten, von anderen Wärmequellen<br />
wie Gasherden und von in den Räumen<br />
lebenden Menschen.<br />
Lüftungswärmebedarf: Wärmebedarf für<br />
die Erwärmung der Frischluft.<br />
Solare Wärmegewinne: Nutzbare Sonnenenergie,<br />
die durch transparente Bauteile<br />
ins Haus gelangt.<br />
Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert):<br />
Gibt den Wärmestrom in Watt an, der<br />
durch einen Quadratmeter eines Bauteils<br />
bei einer Temperaturdifferenz zwischen<br />
innen und außen von 1 Kelvin fließt.<br />
Wärmeleitfähigkeit (λ R<br />
-Wert): Gibt an,<br />
welche Wärmemenge durch eine Fläche<br />
von 1 m 2 eines Baumaterials von 1 m<br />
Dicke strömt, wenn die Temperaturdifferenz<br />
zwischen den beiden Seiten 1 Kelvin<br />
beträgt. Die Maßeinheit ist W/m·K. Je<br />
größer der λ R<br />
-Wert ist, desto besser leitet<br />
das Material Wärme.<br />
6
EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />
OPTIMALE AUSRICHTUNG!<br />
Einfamilienhaus Herzogenaurach<br />
Zunächst gab es ein wunderschönes<br />
Grundstück am südöstlichen Rand des<br />
Herzogenauracher Ortsteils Welkenbach,<br />
das frisch aufgelegte Förderprogramm<br />
des Stadtrats in Höhe von 5.000 € pro<br />
<strong>Passivhaus</strong>, und – das war der Wermutstropfen<br />
– das Grundstück lag diagonal zur<br />
Südausrichtung. Sicher wäre es möglich<br />
gewesen, die ortstypische eingeschossige<br />
Bebauungsform mit Satteldach aufzunehmen<br />
und dieses Konzept energetisch zu<br />
optimieren. Es ging aber zugleich um kostenoptimierte<br />
Planung: <strong>Das</strong> Budget sollte<br />
ausreichen, eine ganze Menge Wünsche<br />
für eine fünfköpfige Familie zu erfüllen –<br />
und trotzdem den <strong>Passivhaus</strong>-Standard<br />
zu erreichen. Es sollten große Zimmer<br />
für die Kinder sein, ein zentraler Wohnbereich,<br />
eine separate Küche mit bequemem<br />
Essbereich, viel Abstellfläche, eine<br />
Rückzugsmöglichkeit für die Eltern, ein<br />
Arbeitszimmer und ein Gästezimmer.<br />
<strong>Das</strong> größte Einsparpotenzial liegt im<br />
ersten Planungsabschnitt. Deshalb wurde<br />
Architekten Thomas Meyer, Cadolzburg, und<br />
Burkhard Schulze Darup, Nürnberg<br />
zunächst das Raumprogramm auf den Prüfstand<br />
gestellt: Die drei letzten Funktionen<br />
wurden zu einem kombinierten Arbeits- und<br />
Gästezimmer zusammengefasst und die<br />
Eltern bekamen einen abgeschlossenen<br />
großzügigen Schlafbereich abseits von<br />
den schon sehr selbstständigen Kindern.<br />
Durch diese Art des Entwurfsprozesses<br />
konnten die Baukosten so weit gesenkt<br />
werden, dass die <strong>Passivhaus</strong>-Komponenten<br />
in das Budget passten – zumindest,<br />
wenn keine zusätzlichen Aufwendungen<br />
erforderlich wurden, z.B. für das Ausgleichen<br />
einer ungünstigen Ausrichtung durch<br />
erhöhte Dämmstoffdicken.<br />
Also ging es an die konsequente Optimierung<br />
der energetischen Rahmenbedingungen.<br />
Die Dreiecksform mit der segmentbogenförmigen<br />
Südfassade ermöglicht<br />
nicht nur die Südausrichtung aller<br />
Aufenthaltsräume, sondern schafft durch<br />
den Dachverlauf einerseits angemessen<br />
niedrige Räume bei den nördlich gelegenen<br />
Kellerersatzräumen und andererseits<br />
ausreichend Höhe für Hochbetten bzw.<br />
Spielebenen in den Kinderzimmern. Der<br />
Versatz zwischen Erdgeschoss und Dachgeschoss<br />
mit der gegenläufigen Dachfläche<br />
ermöglichte nicht nur eine optimierte<br />
Ausbalancierung der EG- zu den<br />
OG-Flächen, sondern wurde seitens der<br />
Herzogenauracher Baubehörde wohlwollend<br />
als hinreichendes Attribut an die<br />
umgebende Bebauung gewertet, um eine<br />
Genehmigung für diese <strong>Passivhaus</strong>-Form<br />
geben zu können.<br />
Gebäudehülle & Konstruktion<br />
Die Außenwandkonstruktion wurde klassisch<br />
erstellt: 17,5 cm Kalksand-Planstein<br />
mit 32 cm Wärmedämm-Verbundsystem<br />
Südansicht: Alle Aufenthaltsräume sind segmentbogenförmig nach Süden geöffnet<br />
7
EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />
Die Flächen mit NO- und NW-Ausrichtung haben nur<br />
kleine Fenster<br />
Nordansicht mit deutlich erkennbarer Dachkonstruktion:<br />
Brettschichtholz 6/40 cm<br />
Anschluss der Außenwand zum Dach auf der<br />
Nordseite<br />
mit λ R<br />
= 0,040 W/mK. Der resultierende<br />
U-Wert liegt unter 0,12 W/(m²K). Entgegen<br />
der bereits oft angewandten tragenden Bodenplatte<br />
mit lückenlos umfassender unterer<br />
Dämmlage ergab sich in diesem Fall<br />
eine kostengünstigere Ausführung der<br />
Gründung mit Streifenfundamenten. Dementsprechend<br />
liegt die gesamte Dämmung<br />
mit 25 cm PS oberhalb der Betonplatte,<br />
unter dem Estrich. Der U-Wert liegt unter<br />
0,14 W/(m²K).<br />
Die Dachkonstruktion stellt aufgrund<br />
des Gebäudezuschnitts ein kleines Kunstwerk<br />
dar, das aber für den Zimmerer einfach<br />
und kostengünstig mit Brettschichtholz<br />
im Querschnitt 60/400 mm zu erstellen<br />
war. Die Aussteifung der hohen Hölzer<br />
erfolgt durch die obere Schalungslage bzw.<br />
Windrispen. Zur Dämmung wurde Zellulose<br />
eingeblasen. Der resultierende U-Wert liegt<br />
fast bei 0,1 W/(m²K).<br />
Die Fenster wurden als <strong>Passivhaus</strong>-<br />
Kunststofffenster ausgeführt mit einem<br />
sehr günstigen U w<br />
von 0,78 W/(m²K) und<br />
einem g-Wert von 50 %. Die segmentbogenförmigen<br />
Fenster auf der Südseite<br />
wurden jeweils durch ein kleines Kopplungsprofil<br />
verbunden, um einen dichten<br />
Anschluss zu erzielen.<br />
Grundriss des Obergeschosses – drei Kinderzimmer, Gäste- und Abstellraum<br />
Die Wärmebrückenermittlung erfolgte im<br />
Rahmen der <strong>Passivhaus</strong>-Projektierung. Aufgrund<br />
des Außenmaßbezuges ergibt sich<br />
in der Summe ein negativer Wert.<br />
Hinsichtlich der Luftdichtigkeit wurde<br />
bei Detailplanung und Ausführung sehr<br />
sorgfältig gearbeitet. Der Bauherr führte<br />
einen Teil des Innenausbaus in Eigenleistung<br />
durch und legte großen Wert auf<br />
qualitativ hochwertige Arbeit, so dass beim<br />
Blower-Door-Test ein n 50<br />
-Wert von 0,3 h -1<br />
gemessen wurde.<br />
Im Erdgeschoss finden neben Küche und Wohn-/Essbereich ein Hauswirtschaftsraum und das<br />
Elternschlafzimmer Platz<br />
8
EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />
Optimale Ausrichtung der Solarkollektoren<br />
Regeldetail Bodenplatte – Wand<br />
Lüftung<br />
<strong>Das</strong> ursprünglich ausgeschriebene Lüftungskonzept<br />
wurde im Zuge der Vergabe<br />
und Ausführung grundlegend geändert,<br />
da die ausführende Lüftungsfirma den<br />
Bauherrn von einem anderen System<br />
überzeugte. Bei dem nun eingebauten<br />
Lüftungssystem verläuft die Leitungsführung<br />
unter dem Estrich mit Luftauslässen<br />
im Bereich der Heizflächen und nicht, wie<br />
ursprünglich geplant, mit Wickelfalzrohren<br />
in Verbindung mit kurzer Leitungsführung<br />
und Verteilung über Weitwurfdüsen.<br />
<strong>Das</strong> Zu-/Abluftgerät mit Wärmerückgewinnung<br />
erhält die frische Außenluft über<br />
einen Erdwärmetauscher mit 25 m Länge,<br />
der in gut 2 m Tiefe mit Gefälle zu einem<br />
Revisionsschacht bei der Ansaugung<br />
verlegt ist.<br />
Heizung &<br />
Warmwasserbereitung<br />
Die Wärmebereitstellung erfolgt mit einer<br />
Gas-Brennwerttherme, die in den Solar-<br />
Schichtenspeicher integriert ist. Dadurch<br />
konnte eine sehr raumsparende<br />
Installation erfolgen, die nur eine Fläche<br />
von einem Quadratmeter einnimmt. Die<br />
Energieversorgung erfolgt durch Propangasflaschen.<br />
Eine Flasche mit 33 kg hält<br />
in der Hauptheizzeit ca. 3 Wochen – inkl.<br />
Warmwasserbereitung für fünf Personen.<br />
Die Heizzeit beginnt üblicherweise im<br />
November und endete laut Angabe des<br />
Bauherrn im Jahr 2005 Mitte Februar.<br />
Die Solarthermie-Anlage wurde als fassadenintegrierter<br />
Flachkollektor mit 10 m²<br />
Absorberfläche erstellt. Durch die vertikale<br />
Ausrichtung erhöht sich die Ausbeute im<br />
Winterhalbjahr, während beim höchsten<br />
Sonnenstand die solare Ausbeute geringer<br />
wird. <strong>Das</strong> wirkt sich angesichts der für den<br />
Sommerfall überdimensionierten Fläche<br />
angenehm auf die Stillstandszeiten aus.<br />
Lüftungsgerät: Zu-/Abluftanlage mit<br />
Wärmerückgewinnung<br />
Schnitt durch das Einfamilienhaus<br />
9
EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />
Projektdaten<br />
Objekt<br />
Bauherr<br />
Ort<br />
Wohn-/Nutzfläche<br />
Frei stehendes Einfamilienhaus<br />
Familie Rubruck<br />
91074 Herzogenaurach<br />
163 m² inkl. Nebenräume (nicht unterkellert)<br />
Konstruktion<br />
Außenwand<br />
Bodenplatte<br />
Dach<br />
17,5 cm Kalksandstein, 32 cm WDVS aus Polystyrol mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK)<br />
U-Wert = 0,12 W/(m²K)<br />
Stahlbetonbodenplatte mit Streifenfundamenten, 25 cm Estrichdämmung<br />
(10 cm mit λ R<br />
= 0,035 W/(mK), 15 cm mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK)),<br />
U-Wert = 0,14 W/(m²K)<br />
Tragwerk Brettschichtholz 60/400 mm, 40 cm Zellulosedämmung<br />
mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
Fenster Kunststofffenster U w<br />
= 0,78 W/(m²K), g-Wert = 50 %<br />
Fabrikat: Eurotec<br />
Eingangstür<br />
Wärmebrücken<br />
<strong>Passivhaus</strong>tür U w<br />
= 0,8 W/(m²K)<br />
Fabrikat: Variotec<br />
Detaillierte Ermittlung der Wärmebrücken<br />
ΔU WB<br />
= -0,01 W/(m²K)<br />
Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50<br />
= 0,30 h -1<br />
Gebäudetechnik<br />
Lüftung<br />
Heizung und<br />
Warmwasser<br />
Übertragung<br />
Heizwärme<br />
Baukosten<br />
Fabrikat Pluggit, Lüftungsverteilung unter dem Estrich,<br />
Erdreichwärmetauscher mit Rohrdurchmesser 160 mm<br />
Länge: 25 m, PE-Leitung 2,5 m tief<br />
Gas-Brennwert-Therme, Fabrikat Solvis-Max in Verbindung mit 10 m²<br />
Fassaden-Solarkollektoren und 400 Liter Schichtenspeicher<br />
Heizkörper an den Lüftungsauslässen<br />
1.100 €/m² Wohn-/Nutzfläche<br />
Baujahr Fertigstellung 2002<br />
Architekten Architekturbüro Architekturbüro<br />
Dr. Burkhard Schulze Darup Thomas Meyer<br />
90475 Nürnberg 90556 Cadolzburg<br />
www.schulze-darup.de<br />
Bilanzierung des<br />
Heizwärmebedarfs<br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
Verluste<br />
13,8 18,4 10,6<br />
13,2 6,1 3,9 14,5 5,1<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45<br />
Die Küche neben dem Wohn-/Essbereich<br />
Resümee<br />
Die Familie fühlt sich in ihrem Haus rundum<br />
wohl. Natürlich gibt es Nachteile, die<br />
sich aus der wunderbar ländlichen Lage<br />
ergeben – so staubt es bisweilen landwirtschaftsbedingt<br />
oder es gibt mal ein paar<br />
Tage eine Mückenplage.<br />
Stimmen zum Haus:<br />
„Wir leben mit der Sonne, sie begleitet<br />
uns den Tag über von Fenster zu<br />
Fenster, das bringt eine wunderbare<br />
Lebensqualität!“<br />
„In der vorherigen Wohnung hatte ich<br />
immer geschwollene Augen wegen<br />
einer Allergie, im <strong>Passivhaus</strong> habe ich<br />
das nicht mehr.“<br />
„So hell und trotzdem geborgen und<br />
freundlich…“<br />
„Ganz angenehm gute Luft, keine<br />
Atembeschwerden wie in vielen anderen<br />
Häusern.“ (Opa, 85 Jahre, bei<br />
einem Besuch)<br />
„Durch die Glasfront fühle ich mich<br />
fast, als wäre ich draußen. Und trotzdem<br />
ist es total behaglich warm.“<br />
„Sehr angenehme gleichmäßige Temperatur<br />
im ganzen Haus, sowohl im<br />
Winter wie auch im Sommer.“<br />
„<strong>Das</strong> Haus ist ja schon ein komisches<br />
Modell“ (Nachbarin nach einem Jahr<br />
Stillschweigen).<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Lüftung<br />
10
ZU-/ABLUFTANLAGEN MIT WÄRMERÜCKGEWINNUNG<br />
ZU-/ABLUFTANLAGEN MIT<br />
WÄRMERÜCKGEWINNUNG<br />
Die Reduzierung der Lüftungswärmeverluste<br />
über eine Zu- und Abluftanlage mit<br />
Wärmerückgewinnung ist eine der wesentlichen<br />
Maßnahmen, um den niedrigen<br />
Energieverbrauch eines <strong>Passivhaus</strong>es zu<br />
erreichen und zugleich für die Bewohner<br />
einen hohen Komfort und gute Raumluftqualität<br />
zu erzielen. Durch die Lüftungsanlage<br />
wird die Wärme der Abluft über einen<br />
Wärmetauscher auf die hereinströmende<br />
Außenluft übertragen. Um den hohen energetischen<br />
und technischen Ansprüchen<br />
eines <strong>Passivhaus</strong>es gerecht zu werden,<br />
müssen das Gerät und die damit verbundene<br />
Anlage folgende Kriterien 1) erfüllen.<br />
1. Behaglichkeitskriterium: Eine minimale<br />
Zulufttemperatur von 16,5 °C wird vom<br />
Gerät ohne zusätzliche Einrichtungen<br />
auch bei einer Außenlufttemperatur von<br />
-10 °C erreicht.<br />
2. Effizienzkriterium (Wärme): Effektiver<br />
trockener Wärmebereitstellungsgrad<br />
η WBG,t,eff<br />
(≥ 75 %, am Laborprüfstand mit<br />
balancierten Massenströmen auf der<br />
Außen-/Fortluftseite gemessen.<br />
3. Effizienzkriterium (Strom): Elektrische<br />
Leistungsaufnahme des Gerätes inklusive<br />
Steuerung jedoch ohne Frostschutzheizung<br />
≤ 0,45 W/(m 3 /h) bei einer externen<br />
Pressung von 100 Pa.<br />
4. Dichtheit und Dämmung: Leckvolumenströme<br />
≤ 3 % des mittleren Volumenstromes<br />
des Wohnungslüftungsgerät-Einsatzbereiches<br />
entsprechend den<br />
DIBt-Richtlinien sowohl für Unter- als<br />
auch Überdruck.<br />
5. Abgleich und Regelbarkeit: Disbalance<br />
von maximal 10 % für Außen- und<br />
Fortluftmassenstrom (bei Aufstellung<br />
des Gerätes innerhalb der wärmegedämmten<br />
Gebäudehülle) bzw. Zuluft- und<br />
Abluft-Massenstrom (bei Aufstellung des<br />
Gerätes außerhalb der wärmegedämmten<br />
Gebäudehülle).<br />
6. Schallschutz: Schalldruckpegel im<br />
Aufstellraum ≤ 35 dB(A), in Wohnräumen<br />
1)<br />
<strong>Passivhaus</strong> Institut Darmstadt: Anforderungen -<br />
Zertifizierung von Lüftungsanlagen, Kriterien für<br />
die Beurteilung der Eignung von Lüftungsanlagen<br />
als <strong>Passivhaus</strong>-geeignete Komponente:<br />
www.passiv.de<br />
2)<br />
z.B. Fabr. Rehau<br />
unter 25 dB(A) und in Funktionsräumen<br />
unter 30 dB(A).<br />
7. Raumlufthygiene: <strong>Das</strong> Zentralgerät einschließlich<br />
Wärmeübertrager sollte einfach<br />
zu inspizieren und zu reinigen sein. Der<br />
Filterwechsel kann vom Betreiber (kein<br />
Fachpersonal) selbst durchgeführt werden,<br />
Filterqualitäten:<br />
Außenluftfilter als Feinfilter (F7),<br />
Anordnung frontständig<br />
Abluftfilter als Grobfilter (G4)<br />
Filterüberwachung durch Druckdifferenzmessung<br />
an den Filtern, halbjährlicher<br />
Filterwechsel. Wird das Gerät im Sommer<br />
nicht betrieben, soll der Filter vor der Wiederinbetriebnahme<br />
gewechselt werden.<br />
Der Gerätehersteller hat entweder durch<br />
Gerätebestandteile oder durch obligatorisch<br />
beigefügtes Zubehör dafür Sorge zu<br />
tragen, dass die Raumlufthygiene nach<br />
dem neuesten Erkenntnisstand sichergestellt<br />
wird.<br />
8. Frostschutzschaltung: Auch bei winterlichen<br />
Extremtemperaturen (-15 °C) muss<br />
sowohl ein Zufrieren des Wärmeübertragers<br />
als auch das Einfrieren eines hydraulischen<br />
Nachheizregisters ausgeschlossen<br />
werden. Beim ungestörten Frostschutzbetrieb<br />
muss die reguläre Funktion des Gerätes<br />
dauernd sichergestellt sein (keine<br />
Außenluftunterbrechungsschaltung).<br />
Erdwärmetauscher<br />
Durch einen Erdwärmetauscher, der die<br />
Außenluft vorwärmt, kann der Wirkungsgrad<br />
einer Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung<br />
verbessert und vor allem<br />
das Einfrieren des Wärmetauschers verhindert<br />
werden. Es kann handelsübliches<br />
Rohrmaterial, z.B. Kabelschutzrohre HD-<br />
PE, KG-Rohr oder spezifisches Material für<br />
Erdwärmetauscher verwendet werden 2) . Als<br />
Querschnitte sind in Abhängigkeit von der<br />
Luftmenge für den Bereich einer Wohneinheit<br />
DN 150 oder DN 200 zu wählen. Die<br />
Länge und Anordnung ergibt sich aus der<br />
Anforderung an die minimale Lufttemperatur<br />
am Wärmetauscher des Gerätes. 15<br />
bis 40 m Rohrlänge werden üblicherweise<br />
ausgeführt. Je höher die Erdüberdeckung<br />
(möglichst > 2,00 m oder Führung unterhalb<br />
der Bodenplatte) und je besser leitend<br />
das umgebende Erdmaterial ist (z.B. gut<br />
verdichtetes lehmiges Material), desto<br />
günstiger ist der Wirkungsgrad. Die Leitungen<br />
sollten mit mindestens 2 % Gefälle<br />
zu einem Reinigungsschacht verlegt sein<br />
und mit einem Ansaugfilter ausgestattet<br />
sein. Zudem ist sicherzustellen, dass<br />
eine Reinigung möglich ist und jederzeit<br />
eine hygienisch einwandfreie Situation<br />
gegeben ist.<br />
Eine gute Alternative stellt ein Sole-<br />
Luft-Wärmetauscher [1] dar. Dabei wird<br />
eine Erdleitung mit Sole durchströmt und<br />
die so gewonnene Erdwärme vor dem Lüftungsgerät<br />
mittels Wasser-Luft-Wärmetauscher<br />
auf die angesaugte Außenluft der<br />
Lüftungsanlage übertragen. Die Anlage<br />
ist einfach herstellbar und mittels einer<br />
kleinen Umwälzpumpe gezielt regelbar.<br />
Zentralgerät einer Zu-/Abluftanlage mit<br />
Wärmerückgewinnung für Einfamilienhäuser<br />
Lüftungszentrale für ein Gebäude mit ca. 1000 m 2<br />
Nutzfläche<br />
Lüftungszentrale für ein Bürogebäude mit über<br />
5000 m 2 Nutzfläche<br />
11
ENERGETISCHE BERECHNUNG<br />
ENERGETISCHE BERECHNUNG<br />
Für den Energiebedarf eines Gebäudes<br />
werden bereits beim Vorentwurf die wichtigsten<br />
Festlegungen getroffen. Deshalb<br />
sollte schon in diesem Stadium eine begleitende<br />
Untersuchung zur thermischen<br />
Bauphysik und zum Jahresheizwärmebedarf<br />
durchgeführt werden. Üblicherweise<br />
wird das Berechnungsverfahren nach<br />
EN 832 / DIN V 4108-6 eingesetzt, das<br />
der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu<br />
Grunde liegt. Baulicher Wärmeschutz<br />
und Heizungsanlagentechnik können auf<br />
diesem Weg simuliert und während des<br />
gesamten Planungsprozesses optimiert<br />
werden.<br />
Die hohe Wirtschaftlichkeit des <strong>Passivhaus</strong>es<br />
basiert auf den hohen Anforderungen<br />
an den baulichen Wärmeschutz,<br />
wodurch die Anlagentechnik kostengünstig<br />
realisierbar ist.<br />
Es ist sinnvoll, für Gebäude mit extrem<br />
niedrigem Jahresheizwärmebedarf<br />
Programme zu verwenden, bei denen<br />
die spezifischen Anforderungen erfasst<br />
werden können. Mit dem <strong>Passivhaus</strong><br />
Projektierungs Paket (PHPP) 1) liegen<br />
seit Jahren im Bereich der Planung hoch<br />
energieeffizienter Gebäude sehr gute<br />
Erfahrungen vor. Bei mehreren hundert<br />
Gebäuden wurden Rechenergebnisse<br />
durch später durchgeführte Energieverbrauchs-Messungen<br />
bestätigt.<br />
1)<br />
<strong>Passivhaus</strong> Projektierungs Paket. <strong>Passivhaus</strong> Institut<br />
Darmstadt, www.passiv.de<br />
Es handelt sich um ein Excel-Programm<br />
auf Grundlage der EN 832, bei dem zunächst<br />
wie bei den Rechenwegen nach<br />
EnEV zur Ermittlung der Transmissionswärmeverluste<br />
die Außenoberflächen<br />
der Wärme übertragenden Gebäudehülle<br />
mit Bauteilaußenmaßen sowie die<br />
entsprechenden U-Werte eingegeben<br />
werden. Sehr genau können dabei zur<br />
Ermittlung der solaren Gewinne die Rahmenbedingungen<br />
der Fenster inklusive<br />
der vorliegenden Verschattung erfasst<br />
werden. Wärmebrücken werden mit ihren<br />
Wärmebrückenverlustkoeffizienten<br />
längenbezogen eingegeben.<br />
Lüftungswärmeverluste und interne Gewinne<br />
sind auf einfachem, aber sehr präzisem<br />
Weg ermittelbar. Dabei sind Standardwerte<br />
im Programm vorgegeben,<br />
die jedoch alternativ mit sehr hoher<br />
Tiefenschärfe individuell ermittelt werden<br />
können und somit die Spezifika des<br />
<strong>Passivhaus</strong>es sehr genau abbilden.<br />
Aus diesen Eingaben ergeben sich<br />
u.a. der Jahresheizwärmebedarf sowie<br />
die Heizwärmelast und eine Beurteilung<br />
des sommerlichen Wärmeschutzes. Die<br />
Berechnung erfolgt auf der Basis der Energiebezugsfläche,<br />
also der tatsächlich<br />
beheizten Fläche.<br />
Darüber hinaus sind Rechenblätter<br />
zur Ermittlung des Warmwasserbedarfs<br />
sowie des Hilfs- und Haushaltsstrombedarfs<br />
enthalten. Als Ergebnis werden<br />
Primärenergiekennwert und CO 2<br />
-Emissionen<br />
ermittelt. Die EnEV-Berechnung<br />
erfolgt mit nur geringen Zusatzangaben<br />
parallel auf der gleichen Datenbasis.<br />
Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches <strong>Passivhaus</strong><br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
14,8<br />
13,2 10,9<br />
Verluste<br />
9,2 6,4 3,3 13,5 0,4 6,1<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Wärmebrücken<br />
Lüftungsverluste<br />
Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches <strong>Passivhaus</strong>: den Transmissionswärmeverlusten durch<br />
Wand, Grund, Dach, Fenster und Wärmebrücken und Lüftungswärmeverlusten stehen die nutzbaren<br />
Gewinne gegenüber: solare Gewinne, interne Wärme und der resultierende Heizwärmebedarf, der beim<br />
<strong>Passivhaus</strong> unter 15 kWh/(m²a) liegt<br />
12
REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />
KLASSISCH MÜNSTERLÄNDISCH!<br />
Reihenhauszeile mit <strong>Passivhaus</strong> in<br />
Alverskirchen<br />
Ein Haus im Münsterland zeichnet sich<br />
vor allem durch eines aus: die Verblender<br />
an der Fassade. Die Architekten Johannes<br />
Schrief und Helmut Weber-Jasinski wagten<br />
sich mit dem <strong>Passivhaus</strong> in Alverskirchen<br />
auf ein bisher wenig bearbeitetes Feld vor:<br />
<strong>Passivhaus</strong> in zweischaliger Bauweise.<br />
Gebäudehülle & Konstruktion<br />
Zum Planungszeitpunkt gab es für die<br />
Architekten keine Standard-Konstruktion<br />
für die zweischalige <strong>Passivhaus</strong>außenwand<br />
mit Verblendern. Eher einfach war<br />
die Festlegung der Tragkonstruktion aus<br />
Kalksandstein. Als Tragsystem wählten<br />
sie KS-Planelemente mit einer Dicke<br />
von nur 15 cm. Die Verblendschale ist<br />
9 cm dick. Am schwierigsten war die Suche<br />
Johannes Schrief und Helmut Weber-Jasinski, a.l.s.o.<br />
Architekten, Münster<br />
nach einem Dämmmaterial mit niedrigem<br />
Lambda-Wert. Die Wahl fiel auf Phenolharzhartschaum<br />
mit λ R<br />
= 0,022 W/(mK) 1) .<br />
18 cm Dämmstoffdicke wurden geplant,<br />
wobei zwei je 9 cm dicke Platten stoßversetzt<br />
verlegt werden sollten.<br />
Der Hersteller der Mauerwerksanker führte<br />
einen statischen Nachweis, da gegenüber<br />
DIN 1053-1 der Schalenabstand erhöht<br />
wurde. 10 Edelstahlanker mit 4 mm<br />
Durchmesser pro m² Fassadenfläche waren<br />
erforderlich. Die daraus resultierenden<br />
punktförmigen Wärmebrücken mit einer<br />
Fläche von insgesamt 0,02 m² nahm man<br />
in die Wärmebrückenberechnung auf.<br />
Zuerst wurden die Dübelanker in die<br />
Tragschale aus Kalksandstein eingesetzt,<br />
anschließend die Wärmedämmplatten angesetzt,<br />
die Löcher für die Anker gebohrt<br />
und dann die Wärmedämmplatten über<br />
die Anker geschoben. Zur Minimierung<br />
der Wärmebrückenwirkung der Anker wurden<br />
die Löcher in den Wärmedämmplatten<br />
mit Ortschaum verfüllt. <strong>Das</strong> Aufmauern<br />
der Verblendschale erfolgte in gewohnter<br />
Weise.<br />
Die Gründung erfolgte mit einer 15 cm<br />
dicken Stahlbetonbodenplatte auf einer<br />
5 cm dicken Sauberkeitsschicht und umlaufender<br />
Sohlendämmung. Über der Feuchteisolierung<br />
wurde im Bereich von Elektro-<br />
1)<br />
Fabr. Kooltherm K8, Fa. Sitek, nach Zulassung<br />
Z-23.12-1389<br />
Nordansicht des <strong>Passivhaus</strong>es in zweischaliger Bauweise<br />
13
REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />
leitungen 2 cm Dämmschüttung aus Perlite<br />
und darauf 14 cm Phenolharzhartschaumplatten<br />
mit λ R<br />
= 0,025 W/(mK) ausgeführt.<br />
Darüber folgt die Estrichschicht mit 6 cm<br />
Dicke.<br />
Fensterbereich an der Südfassade<br />
Wärmedämmplatten am unteren Anschluss<br />
Foto: a.l.s.o. Architekten<br />
Die Dachkonstruktion basiert auf dem<br />
Standard der Nachbarhäuser mit einem<br />
Sparrenquerschnitt von 8/24 cm. Zusätzlich<br />
wurde unterhalb der Sparren<br />
ein Holz mit 10 cm Konstruktionshöhe<br />
aufgedoppelt und die gesamte Konstruktionshöhe<br />
zuzüglich eines weiteren<br />
Lattungsbereichs mit einer resultierenden<br />
Dämmstoffdicke von 38 cm mit<br />
Mineralwolle mit λ R<br />
= 0,035 W/(mK)<br />
gedämmt. Daraus ergibt sich ein U-Wert<br />
von 0,11 W/(m²K).<br />
Für die Fenster wählte man <strong>Passivhaus</strong>-<br />
Kunststofffenster mit einem sehr günstigen<br />
U w<br />
von 0,78 W/(m²K) und einem<br />
g-Wert von 50 %.<br />
Die Wärmebrückenermittlung wurde<br />
im Rahmen der <strong>Passivhaus</strong>-Projektierung<br />
detailliert durchgeführt.<br />
Hinsichtlich der Luftdichtheit ergab sich<br />
beim abschließenden Blower-Door-Test ein<br />
n 50<br />
-Wert von 0,6 h -1 .<br />
Lüftung, Heizung &<br />
Warmwasserbereitung<br />
<strong>Das</strong> Lüftungsgerät befindet sich im Erdgeschoss.<br />
Die Ansaugung der frischen<br />
Außenluft erfolgt über einen 40 m langen<br />
Erdwärmetauscher, der mit Gefälle zu einem<br />
Revisionsschacht im Ansaugbereich<br />
ausgeführt ist. Die hausinterne Verteilung<br />
erfolgt über Wickelfalzrohre. Die Zuluft wird<br />
über Weitwurfdüsen in die Aufenthaltsräume<br />
geführt. Abluftseitig reicht ein sehr<br />
kompaktes Rohrnetz, da Küche, Bad, WC<br />
und Abstellraum räumlich optimiert zueinander<br />
angeordnet sind.<br />
Grundriss Erdgeschoss<br />
Bild: a.l.s.o. Architekten<br />
Die Heizwärme wird für die gesamte<br />
Reihenhauszeile durch einen kleinen Gasbrennwertkessel<br />
bereit gestellt, der im<br />
Technikraum im Dachgeschoss des <strong>Passivhaus</strong>es<br />
positioniert ist. Die Erfassung<br />
und Abrechnung erfolgt über Wärmemengenzähler.<br />
Die Wärmeübertragung auf die Räume<br />
erledigt im Wesentlichen das Heizregister<br />
in der Zuluftleitung des Lüftungssystems.<br />
14
REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />
Im Bad und Dachgeschoss wurden im<br />
Zuge der Lüftungs- und Heizungsauslegung<br />
zusätzliche Heizkörper projektiert. Die Nutzung<br />
zeigt, dass durch die thermische<br />
Schichtung im Gebäude der DG-Heizkörper<br />
nie benutzt wird. Im Wohnzimmer dagegen<br />
wäre die Option auf einen etwas erhöhten<br />
thermischen Komfort von einzelnen Bewohnern<br />
gelegentlich erwünscht. „<strong>Das</strong> machen<br />
wir dann mit Kerzen!” merkte der Bauherr<br />
an. Dieser Kommentar war übrigens nicht<br />
scherzhaft gemeint: Die Heizwärme von<br />
einem halben Dutzend Kerzen entspricht<br />
dem Bedarf des Wohnzimmers.<br />
Anbringen der Wärmedämmplatten<br />
Foto: a.l.s.o. Architekten<br />
Schnitt durch das Gebäude<br />
Bild: a.l.s.o. Architekten<br />
Mauerwerksanker vor Anbringen der Dämmplatten in<br />
„Igelstellung“<br />
Foto: a.l.s.o. Architekten<br />
Lüftungsgerät im Abstellraum<br />
Heizzentrale für die drei Reihenhäuser im Dachgeschoss<br />
des <strong>Passivhaus</strong>es<br />
15
REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />
Projektdaten<br />
Objekt<br />
Bauherr<br />
Ort<br />
Wohn-/Nutzfläche<br />
Konstruktion<br />
Außenwand<br />
Bodenplatte<br />
Dach<br />
Fenster<br />
Eingangstür<br />
Wärmebrücken<br />
Reihenhauszeile mit <strong>Passivhaus</strong><br />
Marlene Hommernick<br />
48351 Alverskirchen<br />
144 m² Wohn-/Nutzfläche, II + D, nicht unterkellert<br />
1,5 cm Putz, 15 cm Kalksandstein Planelemente, System KS Plus,<br />
18 cm Phenolharzhartschaum, Fabrikat Kooltherm K8, λ R<br />
= 0,025 W/(mK),<br />
aktueller Rechenwert λ R<br />
= 0,022 W/(mK), 9 cm Verblender<br />
U-Wert = 0,13 W/(m²K)<br />
Oberbodenbelag Parkett bzw. Fliesen, 6 cm Estrich<br />
14 cm Hartschaumdämmung Phenolharzhartschaum mit<br />
λ R<br />
= 0,025 W/(mK)<br />
2 cm Ausgleichs-Dämmschüttung Perlite im Bereich von Leitungen<br />
Feuchteabdichtung, 15 cm Stahlbetonbodenplatte<br />
U-Wert = 0,14 W/(m²K)<br />
Gipskartonbekleidung mit Unterkonstruktion, Dampfbremse als luftdichtende<br />
Ebene, 38 cm Mineralwolldämmung mit λ R<br />
= 0,035 W/(mK),<br />
diffusionsoffene Unterspannbahn, Lattung, Dacheindeckung<br />
U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
Kunststofffenster Fabr. Veka Topline Plus<br />
U w<br />
= 0,78 W/(m²K), g-Wert = 50 %<br />
Holztür, passivhauszertifiziert, Fabr. Variotec Thermosafe U w<br />
= 0,8 W/(m²K)<br />
Detaillierte Wärmebrückenberechnung im Rahmen der<br />
PHPP-Berechnung: ΔU WB<br />
= -0,02 W/(m²K)<br />
Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50<br />
= 0,6 h -1<br />
Gebäudetechnik<br />
Lüftung<br />
Heizung und<br />
Warmwasser<br />
Übertragung<br />
Heizwärme<br />
Baukosten<br />
Baujahr 2002<br />
Architekten<br />
Planung<br />
Gebäudetechnik<br />
Energieberatung<br />
Bilanzierung des<br />
Heizwärmebedarfs<br />
Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabr. Aerex Recco-Box Comfort<br />
Verteilung mit Wickelfalzrohr, Zuluft-Auslässe als Weitwurfdüsen,<br />
Erdwärmetauscher 40 m, Durchmesser 200 mm<br />
Gas-Brennwertkessel für die gesamte Reihenhauszeile für Heizung und<br />
Warmwasserbereitung, beim <strong>Passivhaus</strong> zusätzlich 11 m² Flachkollektor<br />
und Schichtenspeicher mit 700 l<br />
Heizwärmeverteilung als Luftheizung über das Lüftungssystem<br />
Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.:<br />
1.030 €/m² Wohn-/Nutzfläche<br />
a.l.s.o. Architekten, Johannes Schrief & Helmut Weber-Jansinski,<br />
48155 Münster, www.also-architekten.de<br />
Energietechnik Baron, Dipl.-Ing. Frank Fechner, 48161 Münster<br />
Ingenieurbüro Stappen + Gödde, 33428 Harsewinkel<br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
14,1 16 10,7<br />
Treppenpodest<br />
Warmwasser wird für das <strong>Passivhaus</strong><br />
bivalent durch Solarthermie und bei<br />
Bedarf durch die Gasbrennwerttherme<br />
bereitgestellt über einen Schichtenspeicher<br />
mit 700 Litern Wasserinhalt. Der<br />
Solarkollektor wurde als Flachkollektor<br />
mit 11 m² Fläche erstellt.<br />
Resümee<br />
Trotz der Besonderheiten der zweischaligen<br />
Wandkonstruktion (erhöhter Schalenabstand<br />
20 cm, Wärmedämmung<br />
aus Phenolharzhartschaum) wurde das<br />
<strong>Passivhaus</strong> mit einem sehr guten Kosten-<br />
Nutzen-Verhältnis erstellt. 1.030 € pro m²<br />
Wohnfläche stellen einen hervorragenden<br />
Wert dar, der auch bei Gebäuden nach<br />
EnEV-Standard nicht ohne Weiteres erreicht<br />
wird. Zugleich strahlt das Gebäude<br />
für den Besucher eine sehr freundliche und<br />
offene Atmosphäre aus, so dass man sich<br />
dort auf Anhieb wohl fühlt.<br />
Wohnzimmer<br />
Verluste<br />
10,3 4,5 2,8 17,2 6,2<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Lüftung<br />
16
RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG<br />
RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG<br />
Die Lüftung von Gebäuden erfüllt vor allem<br />
zwei Aufgaben:<br />
Frischluftzufuhr zum Ausgleich von<br />
Schadstoffbelastungen durch<br />
- Schadstoffe aus Baumaterialien, insbesondere<br />
Ausbaumaterialien, Einrichtungsgegenständen<br />
und Möbeln,<br />
- Luftverunreinigungen durch Hausstaub,<br />
- nutzerbedingte Belastungen aus<br />
Haushaltsgegenständen, Lagerung<br />
und Zubereitung von Lebensmitteln,<br />
Haushaltschemikalien,<br />
- Stoffwechselprodukte der Nutzer aus<br />
Atmung, Transpiration etc.<br />
Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit<br />
durch<br />
- Begrenzung der relativen Luftfeuchte<br />
auf einen behaglichen und gesundheitsverträglichen<br />
Bereich von 35 bis<br />
65 % relative Feuchte,<br />
- Abtransport der in den Räumen anfallenden<br />
(Wohn-)Feuchte,<br />
- Vermeidung von Kondensatanfall und<br />
Schimmelbildung an Bauteilen.<br />
Manuelle Fensterlüftung kann diesen<br />
Aufgaben nur bedingt gerecht werden.<br />
Durch Erfahrungen mit gut ausgeführten<br />
Lüftungsanlagen und zahlreiche Vergleichsmessungen<br />
hinsichtlich der Raumluftqualität<br />
hat sich in den letzten Jahren<br />
zunehmend die Fachmeinung etabliert,<br />
dass bei Neubauten und Modernisierungen<br />
grundsätzlich ventilatorgestützte Lüftungsanlagen<br />
installiert werden sollten.<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
14.02.00 18.03.00 30.04.00 28.05.00 29.06.00 14./19.<br />
07.00<br />
Bei der Auslegung von Lüftungsanlagen<br />
müssen folgende Aspekte berücksichtigt<br />
werden:<br />
Ausschlaggebend ist der Kohlendioxidgehalt<br />
der Raumluft, weil dieser<br />
Wert durch die Nutzer verursacht und<br />
nicht veränderbar ist. Ein CO 2<br />
-Gehalt<br />
von 0,1 Vol.-% (Pettenkofer-Wert) sollte<br />
nicht überschritten werden. Bei völliger<br />
Ruhe sind dazu für einen erwachsenen<br />
Menschen etwa 20 m³ Frischluft pro<br />
Stunde erforderlich, bei leichter Arbeit<br />
etwa 30 m³. Damit korrespondiert die<br />
Mindestanforderung DIN 1946 Teil 6<br />
von 30 m³ Frischluft pro Stunde für jede<br />
Person bei normaler Betätigung.<br />
TVOC Gesamtsumme ohne Pentan in µg/m 3 Haus 1<br />
Haus 2<br />
BAUPHASE<br />
21.09.00 19.12.00 10./11.<br />
07.01<br />
Haus 3<br />
Haus 4<br />
12.12.01 13.01.02<br />
Messergebnisse Passivhäuser Nürnberg: Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) [2]. Durch<br />
Einsatz der Lüftungsanlagen wird ein schnelles Abklingen der Schadstoffwerte erreicht<br />
Schadstoffe und gesundheitsbeeinträchtigende<br />
Einflüsse müssen so gering<br />
gehalten werden, dass durch die<br />
so festgelegte Luftwechselrate (LWR)<br />
Rest-Schadstoffe ausreichend abgeführt<br />
werden.<br />
Es muss dafür gesorgt werden, dass<br />
eine ausreichende Durchströmung jedes<br />
einzelnen Raumes entsprechend seiner<br />
Nutzung gegeben ist.<br />
Am Beispiel einer Wohneinheit mit<br />
120 m² Wohnfläche wird das Lüftungskonzept<br />
dargestellt. Die frische Außenluft<br />
wird in die Aufenthaltsräume geführt. Dabei<br />
ist darauf zu achten, dass die Räume<br />
Wohnfläche 120 m 2 , LWR gesamt 0,4 h -1<br />
Aufenthaltsräume Flure<br />
-1<br />
LWR gesamt 0,5 - 0,8 h<br />
Sanitär etc.<br />
LWR 2,0 h -1<br />
Aufenthaltsräume Verkehrsfläche<br />
-1<br />
LWR gesamt 0,6 - 2,0 h<br />
Sanitär etc.<br />
LWR 2,0 h -1<br />
Zuluft<br />
gesamt<br />
120<br />
m 3 /h<br />
Wohnen<br />
Zimmer 1<br />
Zimmer 2<br />
Überströmbereich<br />
Küche<br />
WC/Abst.<br />
Abluft<br />
60 m 3 /h<br />
Abluft<br />
20 m 3 /h<br />
Zuluft<br />
pro Pers.<br />
30<br />
m 3 /h<br />
Büro 1<br />
Büro 2<br />
Büro 3<br />
Überströmbereich<br />
Sanitär<br />
Technik<br />
Abluft<br />
nach DIN<br />
Abluft<br />
Zimmer 3<br />
Bad<br />
Abluft<br />
40 m 3 /h<br />
Büro 4 …<br />
Lager<br />
Abluft<br />
75 m 2 20 m 2 25 m 2 Anpassen des Luftwechsels in Betriebs-/Leerzeiten 150 %…100 %…20 %<br />
Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für eine<br />
Wohnung<br />
Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für ein Büro<br />
17
KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG<br />
möglichst vollständig durchlüftet werden<br />
und möglichst keine Kurzschluss-<br />
Luftströme entstehen.<br />
Der Zuluftbereich hat in diesem Fall<br />
eine Fläche von etwa 75 m², was<br />
bei 120 m³/h einem mittleren Luftwechsel<br />
von 0,66 h -1 entspricht. <strong>Das</strong><br />
entspricht bei manueller Lüftung<br />
einer ausgiebigen Querlüftung alle<br />
eineinhalb Stunden. Die Luft wird<br />
durch den Überströmbereich (Flure,<br />
Treppenraum, Nebenräume, ungenutzte<br />
Teile von offenen Wohnräumen) in<br />
die Ablufträume geleitet. Die Lüftungsanforderungen<br />
werden dort vollständig<br />
erfüllt: Küche 40 bis 60 m³/h, Bad<br />
40 m³/h und WC 20 m³/h. Der Luftwechsel<br />
über die gesamte Fläche beträgt<br />
im vorliegenden Fall etwa 0,4 h -1.<br />
Bei kleineren Wohneinheiten mit höherer<br />
Belegungsdichte pro m² ist von<br />
höheren Raten auszugehen, bei großzügigen<br />
Wohnungen oder Häusern mit<br />
geringer Personenbelegung kann bis<br />
zu einem Wert von 0,3 h -1 reduziert<br />
werden.<br />
Bei Nicht-Wohnnutzungen gilt das<br />
Prinzip in gleicher Form: Qualität und<br />
Energieeffizienz eines Lüftungssystems<br />
hängen davon ab, wie geschickt<br />
Zuluftbereich (Arbeitsbereich, Aufenthaltsräume),<br />
Überströmzone und Abluftbereich<br />
festgelegt werden (Sanitär-,<br />
Neben-, Technikräume und vor allem<br />
Räume mit hoher interner Wärmelast<br />
zur Reduktion der sommerlichen Kühllast).<br />
Lüftungsanlagen sollten in einfachster<br />
Form die Möglichkeit bieten, die<br />
Luftwechselrate zu regeln. In Abhängigkeit<br />
von Nutzung und Belegungsdichte<br />
kann die geförderte Luftmenge<br />
geändert werden. Bei Wohnnutzung<br />
reicht im Allgemeinen eine Drei-Stufen-<br />
Regelung mit Auslegungsvolumen,<br />
abgesenktem Betrieb und Bedarfslüftung.<br />
Bei komplexeren Anlagen kann<br />
die Stimmigkeit der Regelung sehr<br />
stark über das Funktionieren des Energiekonzepts<br />
entscheiden. So kann bei<br />
Büronutzung außerhalb der Betriebszeiten<br />
eine starke Absenkung bis hin<br />
zur Abschaltung gewählt werden.<br />
Bei zahlreichen Raumluftmessungen<br />
wurde belegt, dass durch ventilatorgestützte<br />
Lüftungsanlagen die Raumluftqualität<br />
signifikant verbessert wird.<br />
KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND<br />
FÖRDERUNG<br />
Die jährliche Steigerung der Heizkosten<br />
betrug seit 1990 im Mittel 7 %. Es ist<br />
davon auszugehen, dass die Steigerungsrate<br />
nach oben gehen wird, solange eine<br />
Abhängigkeit von fossilen Energieträgern<br />
gegeben ist. Bei stark steigender Nachfrage<br />
der Industrie-Schwellenländer und<br />
unsicherer globalpolitischer Situation<br />
der Hauptförderländer ist es eine Frage<br />
der volkswirtschaftlichen Entwicklungsfähigkeit<br />
und Friedenssicherung, dass<br />
die Industrieländer kurzfristig sinnvolle<br />
Strategien zur Begrenzung ihres Energiebedarfs<br />
auf den Weg bringen.<br />
Der Gebäudebereich bietet sich dafür<br />
besonders gut an, denn dort sind Einsparungen<br />
durch Effizienzverbesserung<br />
bei sehr gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />
möglich. Es ist zu beachten, dass<br />
Investitionsentscheidungen für 30 bis 80<br />
Jahre tragen müssen: Der energetische<br />
Standard eines Gebäudes sollte also<br />
mindestens in 20 Jahren noch so aktuell<br />
sein, dass bei den dann zu erwartenden<br />
Energiekosten keine teuren Nachbesserungen<br />
erfolgen müssen: Bei 5 % jährlicher<br />
Steigerung liegen die Kosten dann<br />
bei 0,14 € pro kWh, bei – realistischen<br />
– 7 % sind es 0,21 €. De facto ist davon<br />
auszugehen, dass es sich nicht um eine<br />
kontinuierliche Entwicklung handeln wird,<br />
sondern dass die Energiekostensteigerung<br />
in zum Teil schmerzhaften Sprüngen<br />
stattfinden wird. Die beste Versicherung<br />
dagegen ist frühzeitiges Investieren in<br />
Energieeffizienz und regenerative Energieversorgung.<br />
Mehrinvestitionen<br />
<strong>Das</strong> <strong>Passivhaus</strong>-Konzept ist deshalb so<br />
erfolgreich, weil einerseits konsequent<br />
auf Energieeffizienz und die Entwicklung<br />
optimierter Komponenten gesetzt wird.<br />
Auf der anderen Seite werden diejenigen<br />
Techniken angewandt, die wirtschaftlich<br />
möglichst günstig zu bewerten sind. Voraussetzung<br />
ist eine Optimierung der<br />
Kosten bei der Gebäudeplanung. Für<br />
die Konstruktionen der gedämmten Hülle<br />
gilt die Maxime: Raum für Dämmung<br />
schaffen ohne konstruktiven Mehraufwand.<br />
Daraus resultieren höchst wirtschaftliche<br />
Beträge für die Mehrinvestitionen.<br />
In der Tafel werden beispielhaft<br />
Kostenansätze dargestellt – wobei<br />
darauf hinzuweisen ist, dass auf dem<br />
Markt oftmals durch Angstpreise oder<br />
unangemessen hohe Angebote von Anbietern<br />
deutlich höhere Mehrinvestitionen<br />
entstehen.<br />
<strong>Passivhaus</strong>fenster kosten derzeit 30<br />
bis über 50 % mehr als Standardfenster,<br />
die Tendenz ist jedoch deutlich fallend<br />
und wird in wenigen Jahren bei 15 bis<br />
30 % Mehrinvestitionen liegen.<br />
Den Investitionen für die Zu-/Abluftanlage<br />
mit Wärmerückgewinnung sind die<br />
Kosten für eine Abluftanlage gegenüber<br />
zu stellen, die für die Raumlufthygiene<br />
in Fachkreisen als ohnehin erforderliche<br />
Maßnahme gesehen wird. Bei gewerblichen<br />
Bauten ist dieser Aspekt schon<br />
weitestgehend in die Planungspraxis umgesetzt,<br />
beim Wohnungsbau wird dies in<br />
den nächsten Jahren geschehen.<br />
Den Mehrinvestitionen für die <strong>Passivhaus</strong>-Technik<br />
stehen Einsparungen gegenüber:<br />
Die Heizwärmeübertragung kann aufgrund<br />
der minimierten Heizleistung unter<br />
10 W/m² durch die Lüftungsanlage übernommen<br />
werden oder mit reduziertem<br />
Aufwand für Leitungen und Heizflächen.<br />
Bei Kühlbedarf kann Betonkernaktivierung<br />
für Heizung und Kühlung gleichermaßen<br />
verwandt werden.<br />
Die Heizzentrale fällt deutlich kleiner<br />
aus als bei Vergleichsbauten und die<br />
Technik ist deutlich kostengünstiger.<br />
Da die Kühllast ebenfalls deutlich gesenkt<br />
werden kann, ist für zahlreiche<br />
Anwendungen bei gleich bleibend hohem<br />
thermischen Komfort der Verzicht<br />
auf herkömmliche teure Klimatechnik<br />
möglich.<br />
Aufgrund des geringeren Technikeinsatzes<br />
reduzieren sich Funktionsflächen<br />
z.T. deutlich.<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Beispielrechnungen auf der Grundlage<br />
der Investitions-Kennwerte aus der Tafel<br />
führen für ein Einfamilienhaus (125 m²<br />
WF) zu Mehrinvestitionen gegenüber einem<br />
Haus nach EnEV-Standard in Höhe<br />
von 12.000 € (90 €/m²), bei einem<br />
vergleichbaren Reihenmittelhaus sind<br />
es weniger als 9.000 € (70 €/m²). Relevant<br />
ist jedoch nicht die Betrachtung der<br />
Investitionskosten, sondern der daraus<br />
18
KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG<br />
resultierenden monatlichen Belastung inklusive<br />
der Betriebskosten. Im Bild wird<br />
das Ergebnis für die beiden Gebäude<br />
dargestellt: Aufgrund der KfW-Förderung<br />
(s.u.) liegen die Finanzierungskosten für<br />
die <strong>Passivhaus</strong>-Ausführung günstiger als<br />
für die EnEV-Variante.<br />
pro<br />
Monat<br />
10<br />
8<br />
Strom<br />
Wasser<br />
Heizung<br />
Warmwasser<br />
Finanzierung<br />
Nochmals günstiger können Funktionsbauten<br />
abschneiden, wenn ohnehin<br />
erforderliche Maßnahmen oder Komfortanforderungen<br />
durch Synergieeffekte<br />
der <strong>Passivhaus</strong>-Technik belegt werden<br />
können: So bieten Alten- und Pflegeheime<br />
extrem günstige Voraussetzungen, da<br />
einerseits hoch effiziente Lüftungstechnik<br />
ohnehin erforderlich ist und zudem<br />
sehr günstige Rahmenbedingungen<br />
durch die KfW-Förderung gegeben sein<br />
können. Zahlreiche Bürogebäude sind in<br />
Passivbauweise mit höchstem Komfort<br />
errichtet worden ohne den Einsatz klassischer<br />
aufwendiger Klimatechnik. Dort<br />
können hohe Einsparungseffekte erzielt<br />
werden, welche die Mehrinvestitionen<br />
im Bereich der Gebäudehülle mehr als<br />
aufwiegen.<br />
Es ist erfreulich festzustellen, dass in<br />
den letzten Jahren viele kostengünstige<br />
Passivhäuser mit hoher architektonischer<br />
Qualität erstellt worden sind. Die<br />
Vereinigung von Ökonomie und Ökologie<br />
hat im Bereich der Passivhäuser bereits<br />
stattgefunden!<br />
Förderung<br />
Energieeffizientes Bauen wird gefördert.<br />
Die Rahmenbedingungen sind im<br />
Internet unter www.kfw-foerderbank.de<br />
einzusehen. Weiterhin sollte recherchiert<br />
werden, ob Landesprogramme<br />
oder kommunale Fördermöglichkeiten<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Eine umfassende Recherche von Förderprogrammen<br />
bietet der BINE-Informationsdienst<br />
mit seinem Programm „FIS-<br />
KUS“ www.bine.info sowie die Fördermitteldatenbank<br />
für Endverbraucher der<br />
fe.bis GmbH unter www.foerderdata.de.<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Vergleich des <strong>Passivhaus</strong>- und EnEV-Standards hinsichtlich der monatlichen Belastung für ein Einfamilienhaus,<br />
Reihenmittelhaus, Altenheim und Bürogebäude: Bei optimaler Planung sind bereits heute Passivhäuser<br />
wirtschaftlich<br />
Investitions-Kennwerte bei optimierter Planung<br />
Dämmdicke / Standard Mehrinvestition 1) /<br />
m² Bauteil-Fläche<br />
EnEV <strong>Passivhaus</strong><br />
12-16 cm 24-30 cm 9,30 € 0,70 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl.<br />
konstruktiver Aufwand 0,20 €/m²<br />
Dach 20-25 cm 30-40 cm 7,65 € 0,60 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl.<br />
konstruktiver Aufwand 0,15 €/m²<br />
10-15 cm 20-25 cm<br />
8,30 €<br />
0,80 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl.<br />
konstruktiver Aufwand 0,30 €/m²<br />
Fenster U = 1,3-1,6 U = 0,8 70-120 € 30 bis über 50 % Mehrinvestition für<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Fenster<br />
Außenwand<br />
Bodenplatte<br />
Wärmebrücken<br />
Luft-/<br />
Winddichtheit<br />
Einfamilienhaus Reihenmittelhaus Altenheim Bürogebäude<br />
EnEV <strong>Passivhaus</strong> EnEV <strong>Passivhaus</strong> EnEV <strong>Passivhaus</strong> EnEV <strong>Passivhaus</strong><br />
0,05<br />
W/(mK)<br />
0,00<br />
W/(mK)<br />
– bei optimierter Planung kostenneutral<br />
3,0/1,5 h -1 0,6 h -1 – Qualitätssicherung auch bei EnEV-<br />
Standard erforderlich<br />
Lüftung Abluft 2) Zu/Abluft<br />
WRG<br />
20-40 € Mehrinvestition pro m² Wohn-/Nutzfläche<br />
gegenüber der Abluftanlage<br />
Heizung bis zu –20 € Minderkosten pro m² Wohn-/Nutzfläche;<br />
Einsparung von Funktionsfläche<br />
1)<br />
Baukosten Kostengruppe 300+400 nach DIN 276 ohne Mehrwertsteuer<br />
2)<br />
Aus Hygiene- und Komfortgründen sollte grundsätzlich ventilatorgestützte Lüftung durchgeführt werden;<br />
Abluftanlage 15-30 €/m²<br />
19
HOFHÄUSER TRIER<br />
Foto: Harald Lamberty Architekten<br />
20
HOFHÄUSER TRIER<br />
ARCHITEKTUR ALS BEITRAG ZUR<br />
LANDESGARTENSCHAU<br />
Hofhäuser am Wasserband in Trier<br />
Ökologie und Ökonomie sowie soziale<br />
Nachhaltigkeit, Ästhetik und Dynamik<br />
kristallisierten sich als Hauptforderungen<br />
eines Workshops zum Konversionsgelände<br />
Petrisberg heraus. Eingeladen hatten das<br />
Finanzministerium Rheinland-Pfalz und<br />
die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg<br />
EGP die Bauakteure der Region, um Planungsleitlinien<br />
für den Architekturbereich<br />
der Landesgartenschau 2004 in Trier zu<br />
entwickeln.<br />
Als eines der Leitprojekte aus dieser<br />
Aufgabenstellung entwickelte die Lamberty<br />
Architekten GmbH in Kooperation<br />
mit engagierten Investoren Hofhäuser als<br />
Abschluss von zwei gewerblich genutzten<br />
Gebäudezeilen „am Wasserband“. Die Bezeichnung<br />
ist äußerst korrekt, suggeriert<br />
aber eine deutlich größere Wasserfläche,<br />
als das wunderschön gestaltete kleine<br />
Becken neben dem Gebäudezug wirklich<br />
ist.<br />
Ansicht der Gesamtbebauung vom Wasserband<br />
Harald Lamberty, Trier<br />
Nordwestansicht<br />
<strong>Das</strong> Gebäudekonzept gibt Antworten<br />
auf alle Workshop-Anforderungen: <strong>Passivhaus</strong>technik<br />
für Ökologie & Ökonomie,<br />
Verbindung von Wohnen und Arbeiten bzw.<br />
Generationen übergreifendes Wohnen in<br />
dem Doppel-Gebäude mit vielen Nutzungsvarianten<br />
für die Anforderung der sozialen<br />
Nachhaltigkeit. Die Ästhetik war den Architekten<br />
ein besonderes Anliegen – und<br />
hohe Dynamik bewies die Bauleitung, als<br />
nach vier Monaten Winterbauzeit in den<br />
letzten zwei Wochen vor der Eröffnung<br />
der Landesgartenschau das Pensum<br />
von sechs Wochen abgearbeitet werden<br />
musste.<br />
Foto: Harald Lamberty Architekten Foto: Harald Lamberty Architekten<br />
21
HOFHÄUSER TRIER<br />
Gebäudehülle & Konstruktion<br />
In der städtebaulich verdichteten Situation<br />
suchten die Architekten für die Giebelwand<br />
nach einer möglichst schlanken Lösung<br />
mit <strong>Passivhaus</strong>-Qualität, um das schmale<br />
Grundstück möglichst effektiv nutzen zu<br />
können. 20 cm Einsparung beim Wandaufbau<br />
brachten für die beiden Gebäude ein<br />
Mehr an 12 m² Wohnfläche. Die Lösung<br />
lag in der Wahl des Wandaufbaus mit<br />
17, 5 cm Kalksandstein und einem Wärmedämm-Verbundsystem<br />
unter Einsatz von<br />
Vakuumdämmung (VIP). Die sonstigen Flächen<br />
erhielten ein konventionelles WDVS<br />
mit 30 cm Dämmung. Der resultierende<br />
U-Wert lag bei jeweils 0,12 W/(m²K).<br />
Die Kellerdecke über der Tiefgarage ist<br />
unterseitig mit 8 cm Mineralwolleplatten<br />
gedämmt. Oberhalb der Stahlbetondecke<br />
befinden sich weitere 18 cm PS-Wärmedämmung<br />
unter dem schwimmenden Estrich.<br />
Der U-Wert beträgt hier 0,13 W/(m²K).<br />
Im Bereich des Gebäudes mit der Bodenplatte<br />
wurde zum Erdreich 8 cm Perimeterdämmung<br />
eingesetzt.<br />
<strong>Das</strong> Flachdach ist als Zimmermannskonstruktion<br />
ausgeführt. Die Dämmung der<br />
Vollsparren erfolgt zuzüglich Aufdachdämmung<br />
mit einer Gesamtdämmstoffdicke von<br />
35 cm, mittlerer U-Wert = 0,11 W/(m²K).<br />
Die extensive Dachbegrünung über der<br />
Abdichtung schließt den Aufbau ab.<br />
Südostfenster zum Hof<br />
Die Fenster wurden als <strong>Passivhaus</strong>-<br />
Kunststofffenster ausgeführt. Die Montage<br />
erfolgte in der Dämmebene, d.h. die<br />
Innenkante des Fensters schließt mit der<br />
Außenkante des Mauerwerks ab. Sowohl<br />
ein guter U w<br />
-Wert von 0,78 W/(m²K) wurde<br />
realisiert als auch ein äußerst positiver<br />
g-Wert von 60 %, um eine möglichst günstige<br />
Ausnutzung der solaren Gewinne zu<br />
erhalten.<br />
Luft- und Winddichtheit stellen für das<br />
Architekturbüro seit Jahren Routine dar, so<br />
dass aufgrund der vorgegebenen Details<br />
und der sorgfältigen handwerklichen Arbeit<br />
beim Blower-Door-Test ad hoc ein n 50<br />
-Wert<br />
von 0,4 h -1 erreicht wurde.<br />
Schnitt<br />
Bild: Harald Lamberty Architekten<br />
22
HOFHÄUSER TRIER<br />
Lüftung, Heizung & Warmwasser<br />
Die Gebäudetechnik ist auf engstem Raum<br />
von 1,5 m² untergebracht: Mit dem Wärmepumpenkompaktaggregat<br />
werden Lüftung<br />
und Wärmerückgewinnung gesteuert. Die<br />
integrierte Kleinstwärmepumpe stellt die<br />
Restwärme aus der Fortluft für Heizen und<br />
Warmwasser bereit. Über einen Schichtenspeicher<br />
wird das System bivalent mit der<br />
Solarthermieanlage verbunden. Die Übertragung<br />
der Heizwärme auf die Räume<br />
erfolgt einerseits durch ein Wasser-Luft-<br />
Heizregister in der Zuluft. Darüber hinaus<br />
dient eine Wandflächenheizung im Bereich<br />
der Gebäudetrennwand als Heizung mit minimalem<br />
Temperaturniveau.<br />
Die Verteilung der Lüftungsleitungen im<br />
Gebäude erfolgt mit Wickelfalzrohren in<br />
einem zentralen Schacht. Kurze horizontale<br />
Anbindungsleitungen führen in die<br />
jeweiligen Räume, wobei die Zuluft über<br />
Weitwurfdüsen in die Aufenthaltsräume<br />
eingeleitet wird. In Sonderfällen wird die<br />
Luft in Flachkanälen in der Dämmlage unter<br />
dem Estrich geführt. Die Überströmung<br />
auf die Flur- und Abluftbereiche erfolgt bei<br />
den Türen auf besonders elegante Art: Die<br />
raumhohen Türelemente weisen unten<br />
und oben symmetrische Abstände von<br />
jeweils 1,5 cm zu Boden und Decke auf.<br />
<strong>Das</strong> wirkt optisch angenehmer als Standardtüren,<br />
die unten deutlich erkennbar<br />
gekürzt sind.<br />
Installationswand – zu Demonstrationszwecken für<br />
die Landesgartenschau „freigelegt“<br />
Einfassung des Fensters durch die<br />
Vakuumdämmung<br />
Foto: Harald Lamberty Architekten<br />
Technikzentrale mit Wärmepumpenkompaktaggregat<br />
Foto: Harald Lamberty Architekten<br />
Rohbau<br />
Foto: Harald Lamberty Architekten<br />
Grundriss<br />
Bild: Harald Lamberty Architekten<br />
23
HOFHÄUSER TRIER<br />
Projektdaten<br />
Objekt<br />
Bauherr<br />
Hofhäuser als Reihenhäuser zweier Gebäudezeilen im Gebiet der<br />
Landesgartenschau Petrisberg<br />
Eigentümergemeinschaft Hans Ohlinger & Siegfried Ruppert<br />
Ort<br />
53842 Trier<br />
Wohn-/Nutzfläche Am Wasserband: 170 m²<br />
Rückseite: 130 m²<br />
Konstruktion<br />
Außenwand<br />
Bodenplatte/<br />
Kellerdecke<br />
Dünnlagenputz, 17,5 cm Kalksandstein, Giebelseite: Vakuumdämmung,<br />
Fabrikat: STO / Sonstige Flächen: 30 cm WDVS, U-Wert = 0,12 W/(m²K)<br />
Bodenbelag, 6 cm Estrich, 18 cm PS-Wärmedämmung mit λ R<br />
= 0,035<br />
W/(mK), 25 cm Stahlbetondecke, über Tiefgarage: 8 cm Mineralfaserplatten,<br />
Bodenplatte: 8 cm Perimeterdämmung, U-Wert = 0,13 W/(m²K)<br />
Dach<br />
Fenster<br />
Eingangstür<br />
Wärmebrücken<br />
Gipskartonplatten, 8 cm Luftraum für Leitungsführung, Dampfbremse<br />
und Luftdichtungsebene als PE-Folie, 20 cm Sparren, Mineralwolledämmung<br />
mit λ R<br />
= 0,035 W/(mK), Aufsparrendämmung PS 15 cm mit<br />
λ R<br />
= 0,035 W/(mK), Abdichtung, extensive Dachbegrünung,<br />
U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Kunststofffenster, Fabrikat: VEKA Topline Plus<br />
U w<br />
= 0,78 W/(m²K), g-Wert = 60 %<br />
<strong>Passivhaus</strong>tür, Kunststoff, U w<br />
= 0,8 W/(m²K)<br />
Wärmebrückenoptimierung im Rahmen der Planung der<br />
Vakuumdämmung durch Fa. STO; ΔU WB<br />
= 0,00 W/(m²K)<br />
Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50<br />
= 0,4 h -1<br />
Gebäudetechnik<br />
Lüftung/<br />
Heizung/<br />
Warmwasser<br />
Baukosten<br />
Baujahr<br />
Architekt<br />
Planung<br />
Gebäudetechnik<br />
Bilanzierung des<br />
Heizwärmebedarfs<br />
Wärmepumpenkompaktaggregat, Fabrikat: Aerex,<br />
Erdreichwärmetauscher 30 m mit Durchmesser 200 mm,<br />
Solarschichtenspeicher, Fabrikat: IVT/Rohr Latento<br />
Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.:<br />
1.350 €/m² Wohnfläche<br />
November 2002 bis 22. April 2003 (Eröffnung der Landesgartenschau)<br />
Harald Lamberty Architekten GmbH<br />
54294 Trier, www.lamberty-architektur.de<br />
Aerex-Haustechnik-Systeme, Eisdorf<br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
Verluste<br />
15,4 36,3 11,6<br />
11,1 5,3 4,4 37,5 5,1<br />
Treppensituation<br />
Die Ansaugung der Außenluft erfolgt<br />
über Erdwärmetauscher mit 30 m Länge<br />
und einem Durchmesser von 200 mm. Die<br />
Leitungen der beiden Häuser verlaufen<br />
über Kreuz, so dass jeweils beim gegenüber<br />
liegenden Gebäude die Ansaugung<br />
erfolgt.<br />
<strong>Das</strong> Gebäudetechnik-Konzept wird abgerundet<br />
durch ein hochwertiges BUS-<br />
System für die Elektroinstallation.<br />
Resümee<br />
Im Zuge der Landesgartenschau erhielten<br />
die beiden Gebäude hohe Aufmerksamkeit<br />
– das zeigten nicht nur die Besucherströme,<br />
sondern auch mehrere Preisverleihungen.<br />
Besonders hervorzuheben ist<br />
die Auszeichnung der Gebäudezeilen im<br />
Rahmen des Architekturpreises, den die<br />
Architektenkammer Rheinland-Pfalz alle<br />
fünf Jahre vergibt.<br />
Bleibt zu hoffen, dass die Architekten<br />
auf den zahlreichen freien Flächen des<br />
Baugebiets noch viele weitere ebenso<br />
ästhetische wie energieeffiziente Gebäude<br />
planen werden und darüber hinaus<br />
Nachahmer finden!<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Lüftung<br />
24
VAKUUM-ISOLATIONS-PANEELE (VIP).<br />
VAKUUM-ISOLATIONS-PANEELE (VIP)<br />
Vakuumdämmung ermöglicht eine fünfbis<br />
zehnmal geringere Dämmschichtdicke<br />
als übliche Dämmstoffe bei gleichem<br />
Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert).<br />
Sie basiert auf der Entwicklung des Physikers<br />
James Dewar, der im Jahr 1890<br />
den Zwischenraum von doppelwandigen<br />
Glasgefäßen auf 10 -6 mbar extrahierte<br />
– das Prinzip der Thermoskanne. Soll dieses<br />
Prinzip auf ebene Flächen (im Baubereich)<br />
übertragen werden, muss vor allem<br />
das Problem der Druckkräfte gelöst<br />
werden, die aufgrund des Vakuums entstehen.<br />
Bei Vakuum-Isolations-Paneelen<br />
[3] geschieht dies mittels nanoporöser<br />
Füllmaterialien aus gepresstem Pulver,<br />
Glasfasern oder offenporigem Schaum.<br />
Durch die extrem kleinen Hohlräume von<br />
etwa 100 nm (= 0,0001 mm) reicht ein<br />
mäßiges Vakuum von 1 mbar, um die<br />
Wärmeleitung über das Gas in diesen<br />
Materialien zu unterdrücken.<br />
Am günstigsten verhalten sich nanoporöse<br />
Pulverkerne aus pyrogener Kieselsäure.<br />
Erst bei Nachlassen des Vakuums<br />
auf 100 mbar verdoppelt sich die<br />
Wärmeleitfähigkeit der Dämmung, bei<br />
vollständigem Versagen liegt der Lambda-Wert<br />
immer noch unter 0,02 W/(mK).<br />
Hochbarrierefolien aus mehreren Lagen<br />
verschiedener Kunststoffe mit dünner<br />
Metallbeschichtung hüllen das Material<br />
ein.<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
λ R<br />
[W/(mK)]<br />
3<br />
VIP<br />
160<br />
Erforderliche Dämmschichtdicken zum Erreichen des <strong>Passivhaus</strong>standards von U = 0,15 W/(m 2 K) in<br />
Verbindung mit einer 17,5 cm KS-Wand mit RDK 1,8<br />
Auf der Grundlage von Tests wird mit<br />
solchen Konstruktionen für das Vakuum<br />
eine Standzeit von 30 bis 50 Jahren<br />
belegt.<br />
VIP-Dämmung ist deutlich teurer als<br />
konventionelle Dämmung und wird deshalb<br />
sinnvollerweise vor allem in Sonderbereichen<br />
eingesetzt: zur Wärmebrückenreduktion<br />
in schwierigen Fällen, als<br />
Paneel für Fenster und Türen und beim<br />
Flächen sparenden Bauen – Beispiel Trier-<br />
Petrisberg.<br />
220<br />
0,006 0,025 0,035 0,040 0,050<br />
250<br />
310<br />
Es muss mit vorkonfektionierten Platten<br />
gearbeitet werden und die Hülle darf<br />
nicht beschädigt werden. Die Detailplanung<br />
muss sehr präzise erfolgen. Befestigungen<br />
müssen in den Stoßbereichen<br />
der Platte erfolgen. Zudem bilden die<br />
Ränder der Platten erhöhte Wärmeübergänge<br />
– insbesondere dann, wenn Fugen<br />
verbleiben. Dies wird am besten<br />
durch eine versetzte zweite Lage ausgeglichen.<br />
Wenn man bedenkt, dass noch vor<br />
wenigen Jahren die Anwendung von<br />
VIP als eher theoretische Möglichkeit<br />
gesehen wurde, so zeigen ausgeführte<br />
Gebäude [4], dass die Vakuum-Technik<br />
in der nächsten Zeit einen Stammplatz<br />
unter den Dämm-Materialien gewinnen<br />
kann. Sollte es möglich sein, für das<br />
Vakuum eine Trägerstruktur zu entwickeln,<br />
die ohne eine umfassende Folie<br />
auskommt, und somit Bearbeitung und<br />
Durchdringungen auf der Baustelle ermöglicht,<br />
könnte dies die Grundlage für<br />
eine völlige Revolutionierung der Dämmtechnologie<br />
darstellen.<br />
Modell einer zweischaligen Außenwand mit VIP-<br />
Dämmung<br />
Anbringen der VIP-Dämmung<br />
Foto: Bauindustriezentrum Nürnberg-Wetzendorf<br />
VIP-Dämmung im Bereich der Fenster<br />
Foto: Bauindustriezentrum Nürnberg-Wetzendorf<br />
25
KURZDARSTELLUNG VON 12 FALLBEISPIELEN<br />
Kindertagesstätte (2004), 01326 Dresden-Loschwitz,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut/Vorhangfassade<br />
Entwurf: wurm architektur, 88214 Ravensburg und 01796 Pirna,<br />
www.wurm-architektur.de<br />
Foto: wurm architektur<br />
Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (2004), 04668 Schkortitz,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: BMB Baubetreuung Kettner, 04668 Grimma,<br />
www.kettner-haus.de<br />
Foto: BMB Baubetreuung Kettner<br />
Einfamilienhaus (2003), 24626 Groß Kummerfeld,<br />
Außenwand: zweischaliges Mauerwerk<br />
Entwurf: Systembau Jürgen von Rönn, 21706 Drochtersen,<br />
www.passivhaus-roenn.de<br />
Foto: Kalksandstein-Info GmbH<br />
Pflege- und Wohnheim (2003), 30559 Hannover,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: Dipl.-Ing. Architekt Thomas Torlach, Art-plan Architekturund<br />
Ingenieurbüro, 30175 Hannover, www.art-plan.de<br />
Foto: Carsten Grobe / Thomas Torlach<br />
Reihenhäuser (2002), 33330 Gütersloh,<br />
Außenwand: zweischaliges Mauerwerk<br />
Entwurf: Architekten Hauer & Kortemeier, 33332 Gütersloh,<br />
www.hauer-und-kortemeier.de<br />
Foto: Kalksandstein-Info GmbH<br />
Doppelhaus (2001), 33739 Bielefeld,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: Architekten Gabrysch & Partner, 33615 Bielefeld,<br />
www.gp-architekten.de<br />
Foto: Kalksandstein-Info GmbH<br />
26
KURZDARSTELLUNG VON 12 FALLBEISPIELEN<br />
Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (2003), 72379 Hechingen<br />
Außenwand: KS-Thermohaut und Vorhangfassade,<br />
Entwurf: Architekturbüro Brietzke, 72147 Nehren<br />
Foto: Architekturbüro Brietzke<br />
Mehrfamilienhaus (2003), 70376 Stuttgart,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: Rainfried und Hana Rudolf, 70499 Stuttgart,<br />
www.rh-rudolf.de<br />
Foto: Architekturbüro Werner Friedl<br />
Foto: Rainfried und Hana Rudolf<br />
Einfamilienhaus (2002), 86559 Adelzhausen,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: Dipl.-Ing. (FH) Werner Friedl, Architekturbüro Werner Friedl,<br />
86559 Adelzhausen, www.architekt-friedl.de<br />
Büro- und Verwaltungsgebäude (2002), 89081 Ulm,<br />
Außenwand: Vorhangfassade<br />
Entwurf: oehler + arch kom architekten ingenieure, 75015 Bretten,<br />
www.archkom.de<br />
Seminargebäude ELAN (2005), 90762 Fürth<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: Thomas Meyer, 90556 Cadolzburg, und Dr. Burkhard<br />
Schulze Darup, 90475 Nürnberg, www.schulze-darup.de<br />
Einfamilienhaus (2002), 91077 Neunkirchen a. Brand,<br />
Außenwand: KS-Thermohaut<br />
Entwurf: Architekturbüro Trykowski, 96158 Frensdorf,<br />
www.trykowski.de<br />
Foto: Architekturbüro Trykowski<br />
27
FENSTER<br />
FENSTER<br />
Transparente Flächen bilden die wärmetechnisch<br />
schwächsten Bauteile eines<br />
Gebäudes mit dem höchsten Wärmedurchgang.<br />
Dies gilt für die längste Zeit<br />
der Heizperiode – für die Nächte und<br />
die strahlungsarmen Tage. Durch die<br />
solare Einstrahlung kann jedoch in der<br />
Gesamtbilanz ein Wärmegewinn durch<br />
die Fensterfläche gegeben sein. Voraussetzung<br />
dafür ist eine günstige Ausrichtung,<br />
weitgehende Verschattungsfreiheit,<br />
eine optimierte Größe der Fensterflächen<br />
und eine sehr gute Ausführung von Verglasung,<br />
Rahmen und Einbaudetails.<br />
Auf dem Markt sind inzwischen mehrere<br />
Dutzend passivhauszertifizierte [5]<br />
Fenstertypen erhältlich. Der Fenster-U-<br />
Wert (U w<br />
) liegt dabei unter 0,8 W/(m²K),<br />
im eingebauten Zustand unter 0,85<br />
W/(m²K). Ermittelt werden die Werte für<br />
ein Standardfenster von 1,23 / 1,48 m<br />
(b/h).<br />
Folgende Aspekte sind bei den Fenstern<br />
zu beachten:<br />
Verglasung mit U g<br />
≤ 0,7 W/(m²K),<br />
wärmebrückenminimierter Randverbund<br />
der Verglasung mit einem thermisch<br />
optimierten Abstandshalter aus<br />
Kunststoff oder Edelstahl (mit einer sehr<br />
geringen Wandstärke unter 0,2 mm) und<br />
einem daraus resultierenden Verlustkoeffizienten<br />
Ψ g<br />
im Bereich von 0,035 W/(mK),<br />
Rahmenausführung mit einem möglichst<br />
niedrigen Fensterrandverbundkoeffizienten<br />
Ψ F<br />
,<br />
allerdings nicht nur hinsichtlich der thermischen<br />
Optimierung durchgeführt werden.<br />
Ebenso wichtig sind Formate, die kostengünstig<br />
gefertigt werden können, was von<br />
Hersteller zu Hersteller variieren kann.<br />
Vorteilhaft für das Erreichen des <strong>Passivhaus</strong>-Standards<br />
ist ein möglichst günstiger<br />
Energiedurchlassgrad der Scheiben – vor<br />
allem der südausgerichteten Fenster – von<br />
mindestens 50 %, im Optimalfall 60 %.<br />
Zudem ist es sehr hilfreich, die Verschattungssituation<br />
genau zu betrachten und<br />
beim Entwurf zu optimieren: Dabei sind<br />
neben Verschattungen aus der umgebenden<br />
Topografie, Gebäuden und Bäumen<br />
auch gebäudeeigene Aspekte wie Überstände,<br />
Versprünge sowie die Tiefe der<br />
Fensterleibungen zu beachten. Ein nicht<br />
unwesentlicher Bonus kann sich in der<br />
Berechnung ergeben, wenn die Leibungen<br />
seitlich angeschrägt sind und dadurch die<br />
schräg einfallende Solarstrahlung besser<br />
nutzbar wird.<br />
<strong>Passivhaus</strong>fenster verbessern den bisher<br />
bauphysikalisch schwächsten Punkt<br />
von Gebäuden so grundlegend, dass bei<br />
üblichen Fensterhöhen kein thermischer<br />
Ausgleich durch Heizkörper vor den Fenstern<br />
zur Erzielung ausreichender Behaglichkeit<br />
mehr erforderlich ist. Bei sehr kalten<br />
Außentemperaturen fallen die Werte an<br />
der Innenseite der Scheiben kaum unter<br />
16 bis 17 °C. Aufgrund dessen ist es möglich,<br />
bei Passivhäusern die Heizwärmezufuhr<br />
vollständig von den bisher gängigen<br />
Behaglichkeitsanforderungen zu trennen.<br />
Die Wärmezufuhr kann also auch über die<br />
Lüftungsanlage oder Heizkörper auf der<br />
Innenseite der Gebäude erfolgen.<br />
Fenster erhalten beim <strong>Passivhaus</strong> als<br />
Gestaltungselemente neue Aspekte – die<br />
beschriebenen Anforderungen können<br />
Auswirkungen auf den Entwurf haben.<br />
Viele gebaute Passivhäuser zeigen inzwischen,<br />
dass die Architektursprache dadurch<br />
nicht eingeschränkt, sondern dass<br />
durch sie bei konsequenter Anwendung<br />
eher noch mehr gestalterischer Freiraum<br />
gegeben wird.<br />
Holz-Alu-Fenster<br />
Kunststofffenster mit <strong>Passivhaus</strong>-Zertifizierung<br />
hoher Glaseinstand des Randverbundes<br />
in den Rahmen,<br />
Wärmebrückenreduzierung beim Einbau<br />
durch hohe Rahmenüberdeckung mit<br />
Dämmung [6].<br />
Da der Randverbund den kältesten Bereich<br />
des Fensters bildet, haben großflächige<br />
Fenster bei gleicher Ausführung<br />
die besten wärmetechnischen Eigenschaften.<br />
Bei Fensterteilungen, Sprossen<br />
und kleinen Fensterformaten liegen die<br />
U W<br />
-Werte durchaus 0,05 - 0,1 W/(m²K)<br />
schlechter. Bei der Berechnung des<br />
Heizwärmebedarfs wird im Rahmen der<br />
PHPP-Berechnung der Einzelnachweis der<br />
Fenster durchgeführt [7]. Fenstergrößenoptimierung<br />
im Vorentwurfsstadium sollte<br />
Verglasungs-Standards<br />
Bezeichnung U-Wert 1)<br />
W/(m²K)<br />
Füllung<br />
Metalloxid-<br />
Beschichtung<br />
g-Wert<br />
Energiedurchlass<br />
TL Lichtdurchlass<br />
Oberflächentemperatur<br />
2)<br />
Einfachverglasung 5,2/5,8 nein nein 92 % 94 % -1,8 °C<br />
Zweifach-Isolierverglasung<br />
Zweifach-Wärmeschutzverglasung<br />
Dreifach Wärmeschutzverglasung<br />
Dreifach Wärmeschutzverglasung<br />
Dreifach Wärmeschutzverglasung<br />
2,6/3,0 Luft nein 77 % 79 % 9,8 °C<br />
1,1/1,2 Argon ja 60 % 76 % 15,4 °C<br />
0,6/0,7 Argon ja 50-55 % 66 % 17,5 °C<br />
0,5/0,6 Krypton<br />
0,6/0,7 Krypton<br />
ja 43-48 % 66 % 18,1 °C<br />
ja 60 % 75 % 17,5 °C<br />
1)<br />
Messwerte/Werte nach Bundesanzeiger<br />
2)<br />
Oberflächentemperatur der Scheibe innen bei –15 °C Außentemperatur und 20 °C Raumlufttemperatur<br />
28
BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />
BÜROGEBÄUDE IM PASSIVHAUS-<br />
STANDARD<br />
Ellwangen<br />
Die Baulücke lag vis-à-vis vom Büro des<br />
Architekten Hariolf Brenner in einem städtebaulich<br />
sensiblen Bereich der Innenstadt<br />
von Ellwangen. Als er den Zuschlag für<br />
das Grundstück erhielt, begeisterte er<br />
zunächst Partner aus seinem geschäftlichen<br />
Umfeld für die Idee des <strong>Passivhaus</strong>-<br />
Projektes. Zur Umsetzung bildeten sie eine<br />
Bauherrengemeinschaft. Der Planungsprozess<br />
stellte aufgrund der besonderen Lage<br />
hohe Anforderungen an den Architekten.<br />
Die Zweigeschossigkeit der umliegenden<br />
Gebäude mit den Dachaufbauten sollte<br />
übernommen werden. Um hinreichende<br />
Geschossfläche zu erhalten, wurde das<br />
Dachgeschoss des neuen Gebäudes<br />
als zurückgenommenes Geschoss in der<br />
dritten Ebene interpretiert. Es liegt knapp<br />
unter der Grenze der Vollgeschossigkeit.<br />
Durch das Hanggrundstück konnte ein<br />
Teil des Untergeschosses ebenfalls für<br />
eine Büronutzung aktiviert werden. Diese<br />
Maßnahmen führten in der Summe zu<br />
einem guten wirtschaftlichen Ergebnis.<br />
Architekt Hariolf Brenner<br />
Neben den Räumen für die beteiligten<br />
Partner konnte so Raum zur zusätzlichen<br />
Vermietung geschaffen werden.<br />
Gebäudehülle & Konstruktion<br />
<strong>Das</strong> Gebäude wurde mit 17,5 cm Kalksandstein<br />
erstellt. Der Wärmeschutz<br />
erfolgte mit 26 cm Wärmedämm-Verbundsystem<br />
mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK) aus Polystyrol.<br />
Der resultierende U-Wert beträgt 0,15<br />
Lageplan<br />
W/(m²K). Innenseitig wurde die Oberfläche<br />
geschlämmt – die sanft durchscheinende<br />
Steinstruktur gibt den Innenräumen eine<br />
besondere Note.<br />
Die Konstruktion der Bodenplatte erfolgte<br />
als tragende Stahlbetonplatte auf<br />
einer Dämmschicht von 8 cm Perimeterdämmung.<br />
Die Wärmedämmung oberhalb<br />
besteht aus 12 cm Phenolharzhartschaumplatten<br />
mit λ R<br />
= 0,025 W/(mK) unter dem<br />
Estrich. Durch den Aufbau wurde ein U-<br />
Wert von 0,16 W/(m²K) erreicht.<br />
Bild: Hariolf Brenner<br />
Ansicht Nordwest<br />
Foto: Hariolf Brenner<br />
29
BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />
<strong>Das</strong> Dach wurde mit TJI-Trägern (40,6<br />
cm hoch) erstellt, mit Vollsparrendämmung<br />
aus Mineralfasern. Die Luftdichtung erfolgt<br />
durch eine PE-Folie. Im Lattungsbereich<br />
unter den Gipskartonplatten wurde nochmals<br />
24 mm Mineralfaser eingebracht. Die<br />
Dacheindeckung erfolgte mit Betondachsteinen,<br />
wovon auf der Südostseite ein<br />
großer Teil mit Photovoltaik-Beschichtung<br />
als PV-Dachstein ausgebildet wurde. Die<br />
Unterkonstruktion der Eindeckung erhielt<br />
eine erhöhte Konterlattung, um für die<br />
Photovoltaikanlage eine möglichst gute<br />
Hinterlüftung zu gewährleisten.<br />
Foto: Hariolf Brenner<br />
Treppenhaus Rohbau von Südost Anbringen des WDVS<br />
Die Fenster sind als passivhaus-zertifizierte<br />
Holzfenster mit Kork-Kerndämmung<br />
ausgeführt, im Bereich von Pfosten-Riegel-<br />
Konstruktionen als Holz-Alu-Konstruktion.<br />
Der Glasvorbau auf der Nordwestseite ist<br />
vor allem aus städtebaulichen Gründen<br />
erstellt und dient darüber hinaus dem<br />
Schallschutz. Als temporär nutzbarer<br />
Bereich wird er von den Nutzern des Gebäudes<br />
gerne angenommen. Der Bereich<br />
wird nicht geheizt und liegt außerhalb der<br />
thermischen Hülle.<br />
Foto: Hariolf Brenner<br />
Entsprechend liegen die Zugangstüren<br />
in <strong>Passivhaus</strong>-Ausführung zwischen Glasvorbau<br />
und Hauptbaukörper. Die Türen<br />
wurden vom Schreiner in T-30-Ausführung<br />
mit Dreifachwärmeschutzverglasung G-30<br />
in <strong>Passivhaus</strong>-Qualität gefertigt.<br />
Die Durchführung der Detailplanung<br />
und Ausführung erfolgte sehr sorgfältig<br />
hinsichtlich der Wärmebrückenoptimierung<br />
und Luftdichtheit. Bereits beim ersten Blower-Door-Test<br />
unterschritt der n 50<br />
-Wert mit<br />
0,5 h -1 deutlich den Zielwert. Die Messung<br />
wurde mit drei Geräten für das gesamte<br />
Gebäude in einem Zug durchgeführt.<br />
Foto: Hariolf Brenner<br />
Grundriss Erdgeschoss<br />
Bild: Hariolf Brenner<br />
Holzfenster in Verbindung mit Pfosten-Riegel-<br />
Konstruktion in <strong>Passivhaus</strong>-Ausführung<br />
30
BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />
Lüftung, Heizung &<br />
Warmwasserbereitung<br />
Eine zentrale Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung<br />
wurde im rückwärtigen<br />
Bereich des Untergeschosses installiert,<br />
der aufgrund des Hanggrundstückes nicht<br />
für Büroräume nutzbar ist. Die Außenluftansaugung<br />
erfolgt über ein Register<br />
von 25 Leitungen DN 100 à ca. 12 m<br />
Länge unterhalb der Bodenplatte, die als<br />
Erdwärmetauscher wirksam sind. <strong>Das</strong><br />
Zentralgerät befördert ein stündliches<br />
Luftvolumen von 1.700 m³. Die Verteilung<br />
erfolgt über Wickelfalzrohre. Bei den vertikalen<br />
Schächten wurde der Brandschutz<br />
mittels Brandschotts in den Geschossdecken<br />
gelöst. Die Luftmengenregelung kann<br />
getrennt für vier Zonen nach Luftqualität<br />
durchgeführt werden.<br />
Die Heizwärmebereitstellung erfolgt mit<br />
einer kleinen Gas-Brennwerttherme, die<br />
von 4 bis 11 kW modulierend gefahren werden<br />
kann. Die Übertragung der Wärme wird<br />
mit jeweils einem Heizregister in jeder der<br />
vier Verteilstränge durchgeführt und über<br />
die Luft auf die Räume verteilt. Statische<br />
Heizflächen wurden nicht installiert.<br />
Ansicht Südost<br />
Foto: Hariolf Brenner<br />
Die Erfahrungen mit dem Heizsystem<br />
sind sehr gut. Es herrscht eine hohe<br />
thermische Behaglichkeit in den Büroräumen.<br />
Diskussionspunkt ist allenfalls die<br />
Abschaltung der Anlage über das Wochen-<br />
Anschluss der Register des Erdwärmetauschers<br />
Foto: Hariolf Brenner<br />
Weitwurfdüse im Bereich der abgehängten Decke zur<br />
Verkleidung der Lüftungsleitungen<br />
Gastherme für das Gesamtgebäude<br />
Zentrales Lüftungsgerät, ausgelegt auf 1.700 m 3 /h<br />
Vertikale Verteilungsleitung der Lüftungsanlage<br />
31
BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />
Projektdaten<br />
Objekt<br />
Bauherr<br />
Ort<br />
Wohn-/Nutzfläche<br />
Konstruktion<br />
Bürogebäude für 28 Mitarbeiter<br />
Bauherrengemeinschaft<br />
Hariolf Brenner – Wolfgang Ebert – Fuchs & Partner<br />
73479 Ellwangen<br />
810 m² Nutzfläche, 3.023 m³ Rauminhalt<br />
Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 26 cm WDVS aus Polystyrol mit λ R<br />
= 0,040<br />
W/(mK), U-Wert = 0,15 W/(m²K)<br />
Bodenplatte/<br />
Kellerdecke<br />
Dach<br />
Fenster<br />
Eingangstür<br />
Wärmebrücken<br />
Bodenbelag, 6 cm Zementestrich, 12 cm Phenolharzhartschaum mit λ R<br />
= 0,025 W/(mK), Perlite Ausgleichsschicht, 30 cm Bodenplatte, 8 cm<br />
Perimeterdämmung, 30 cm Mineralstoffgemisch 0/56, U-Wert = 0,16<br />
W/(m²K)<br />
Gipskartonplatten, 24 mm Mineralfasermatte, PE-Folie, 19 mm Spanplatte,<br />
40,6 cm TJI-Träger / Mineralwolle mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK), Schalung,<br />
diffusionsoffene Folie, Dacheindeckung, U-Wert = 0,10 W/(m²K)<br />
Holzfenster mit <strong>Passivhaus</strong>zertifizierung Fabrikat: Freisinger; Pfosten-<br />
Riegel Konstruktion, Fabrikat: Raico, Mittelwert U w<br />
= 0,78 W/(m²K)<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Tür als Schreinerkonstruktion als T-30-Tür mit<br />
Dreifachwärmeschutzverglasung G-30<br />
Detaillierte Ermittlung der Wärmebrücken<br />
Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50<br />
= 0,5 h -1<br />
Gebäudetechnik<br />
Lüftung<br />
Heizung<br />
Warmwasser<br />
Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit Gegenstrom-Wärmetauscher,<br />
Fabrikat: Lüfta 2000, Luftvolumen 1.700 m³/h, Luftmengenregelung<br />
für 4 Zonen nach Luftqualität, Ventilatoren Frequenzumrichtergeregelt,<br />
Erdreichwärmetauscher Verteilkanal Beton, Register aus 25<br />
Kabelschutzrohren NW 100 unter der Bodenplatte<br />
Heizwärmebereitstellung mit einer Heiztherme, Fabrikat: Viessmann<br />
Vitodens 200 modulierend 4-11 kW,<br />
Heizwärmeübertragung ausschließlich mittels Zuluftnachheizung<br />
3 Elektrospeicher à 5 Liter<br />
Regenwasser Regenwasserzisterne 10 m³<br />
Photovoltaik<br />
Baukosten<br />
PV-Anlage mit 8,5 kW peak<br />
als PV-Dachstein (Fabr. Braas),<br />
mittlerer jährlicher Ertrag 7.500 kWh<br />
Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.220 €/m² NF<br />
Baujahr Juni 2000 – September 2001<br />
Architekt<br />
Planung<br />
Gebäudetechnik<br />
Bilanzierung des<br />
Heizwärmebedarfs<br />
Hariolf Brenner, 73479 Ellwangen<br />
www.architekt-brenner.de<br />
novatech – Planungsgruppe<br />
74405 Gaildorf<br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
Verluste<br />
10,8 16,8 12,2<br />
9,5 3,1 1,9 19,6 5,6<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Lüftung<br />
<strong>Passivhaus</strong>tür zum Treppenhaus<br />
ende. Diese führt zu einer Temperaturabsenkung,<br />
die durch die fehlenden internen<br />
Lasten verstärkt wird. In der Nacht zum<br />
Montag schaltet die Anlage ein und schafft<br />
nahezu im ganzen Gebäude bis zum Arbeitsbeginn<br />
die Solltemperatur.<br />
Der Heizwärmebedarf war im Rahmen<br />
des PHPP mit 10,8 kWh/(m²a) berechnet<br />
worden. In der ersten Heizsaison wurde<br />
ein Wert von 11,5 kWh/(m²a) gemessen.<br />
Theorie und Wirklichkeit stehen also in<br />
hohem Einklang.<br />
Warmwasser wird im Bürogebäude nur<br />
in geringem Umfang benötigt – im Bereich<br />
von Teeküchen und WCs. Deshalb wurde<br />
bewusst auf eine zentrale Anlage mit den<br />
daraus resultierenden Anforderungen an<br />
Zirkulation und Einhaltung der Legionellen-<br />
Richtlinien verzichtet. Drei Elektrospeicher<br />
à 5 Liter erwiesen sich in diesem Fall auch<br />
primärenergetisch deutlich günstiger als<br />
die zentrale Variante.<br />
Eine Regenwasserzisterne mit 10 m³<br />
Volumen und eine Photovoltaikanlage<br />
(PV-Anlage) runden das ökologische Konzept<br />
ab. Die PV-Anlage wurde als dachintegrierte<br />
Anlage mit PV-Dachsteinen mit<br />
einer Leistung von 8,5 kW peak<br />
ausgeführt.<br />
Der regelmäßig ermittelte Ertrag liegt bei<br />
einem Mittelwert von 7.500 kWh pro<br />
Jahr, was leicht über dem projektierten<br />
Soll liegt.<br />
Resümee<br />
<strong>Das</strong> Gebäude stellt ein hervorragendes<br />
Beispiel dafür dar, wie <strong>Passivhaus</strong>technik<br />
mit günstigen Investitionskosten realisiert<br />
werden kann – eine angenehme Arbeitsatmosphäre,<br />
hohen Nutzungskomfort und<br />
niedrige Betriebskosten inbegriffen!<br />
32
KOSTEN VERSUS KOMFORT UND BEHAGLICHKEIT<br />
KOSTEN VERSUS KOMFORT UND<br />
BEHAGLICHKEIT<br />
Die bisher gebauten Bürogebäude in<br />
Passivbauweise zeigen, dass mit geringem<br />
technischen Aufwand eine hohe<br />
Behaglichkeit geschaffen werden kann.<br />
Aufgrund der bauphysikalisch einwandfreien<br />
Gebäudehülle ergibt sich für alle<br />
Bereiche ein hoher thermischer Komfort<br />
mit ausgeglichenen Temperaturen und<br />
minimaler Luftbewegung.<br />
Die Gebäudetechnik fällt deutlich kostengünstiger<br />
und platzsparender aus als<br />
bei Standardgebäuden mit vergleichbarem<br />
bauphysikalischen Komfort. Voll klimatisierte<br />
Bürogebäude mit hohen Glasanteilen<br />
benötigen bis zu 25 % ihrer Fläche<br />
für Funktionsflächen – das EnerGon<br />
benötigt gerade einmal 5 %.<br />
Durch das Steinbeis-Transferzentrum<br />
Energietechnik an der Fachhochschule<br />
Ulm, Prof. Obert und Herr Lindemann<br />
werden Energiekonzept und bauphysikalische<br />
Rahmenbedingungen wissenschaftlich<br />
begleitet. Planung und Realität<br />
passen gut zusammen – und der Komfort<br />
für die Benutzer wird belegt.<br />
<strong>Das</strong> EnerGon in Ulm ist ein Bürogebäude für 420 Mitarbeiter, www.EnerGon-Ulm.de<br />
Foto: Projekt M Real Estate Frankfurt GmbH<br />
Fassadendetails<br />
Erschließungswege<br />
Frische Luft im Atrium<br />
Verschattung des Innenhofes<br />
33
LÜFTUNGSKONZEPT<br />
LÜFTUNGSKONZEPT<br />
Beim EnerGon, dem Bürogebäude der<br />
Software AG Stiftung, Darmstadt, mit<br />
6.500 m² Bürofläche, wird die Luft durch<br />
drei Edelstahlrohre angesaugt und über<br />
ein knapp 30 m langes Betonrohr mit<br />
180 cm Durchmesser zur Lüftungszentrale<br />
im Untergeschoss geleitet. Die Zu-/<br />
Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung<br />
ist beim EnerGon aufgrund der deutlichen<br />
räumlichen und entwurflichen Vorteile als<br />
Kreislaufverbundsystem gestaltet mit Zuluftsystem<br />
im Keller und Abluftstrecke<br />
im Dachgeschoss. <strong>Das</strong> System ist auf<br />
28.000 m³/h ausgelegt und erreicht<br />
einen Wärmebereitstellungsgrad von<br />
65 %, der sich durch die Nutzung von<br />
Erdsonden auf ca. 80 % erhöht.<br />
Die Zuluft wird vor allem durch die<br />
beiden vertikalen Luftkanäle in das<br />
Atrium gefördert, von wo sie durch die<br />
Innenfassade bzw. durch ein Rohrsystem<br />
in den Decken in die außen gelegenen<br />
Räume geleitet wird. Dort befindet sich<br />
das Abluftsystem, durch welches die<br />
jeweiligen Luftvolumina der einzelnen<br />
Räume geregelt wird.<br />
HEIZUNG UND SOMMERLICHE<br />
KÜHLUNG<br />
Lüftungszentrale im Untergeschoss<br />
Ansaugung der frischen Außenluft<br />
Da die Heizwärmelast bei Passivhäusern<br />
unter 10 W/m² liegt, kann die erforderliche<br />
Heizwärme auf sehr einfache Weise<br />
zugeführt werden. Im EnerGon erfolgt<br />
dies auf zwei Wegen: Die Zuluft wird erwärmt<br />
durch Erdwärmesonden, Wärmerückgewinnung<br />
und im Bedarfsfall durch<br />
Fernwärme. Die wesentliche Heizleistung<br />
wird durch Betonkerntemperierung (BKT)<br />
bereitgestellt. Für die BKT wird die Abwärme<br />
der Kältemaschinen und bei erhöhtem<br />
Bedarf Fernwärme genutzt.<br />
Zuluftführung<br />
Die BKT leistet gleichzeitig den wesentlichen<br />
Teil der sommerlichen Kühlung:<br />
<strong>Das</strong> zirkulierende Wasser wird mit einer<br />
Vorlauftemperatur von 18 °C durch das<br />
Rohrsystem in den Betondecken geleitet.<br />
Eine niedrigere Temperatur ist nicht<br />
sinnvoll, da es zu Kondensatproblemen<br />
führen würde. Gespeist wird die Kühlung<br />
aus den Erdsonden mittels einer einfachen<br />
Pumpe und eines Wärmetauschers<br />
zwischen den beiden Wasserkreisläufen.<br />
Die resultierende Arbeitszahl für diese<br />
Art der sommerlichen Kühlung weist den<br />
hervorragenden Wert von 18 auf.<br />
Einfachste Pumpentechnik für die Kühlung mittels<br />
Betonkerntemperierung mit hoher Arbeitszahl von 18<br />
Wärmetauscher für die Heizfunktion der<br />
Betonkerntemperierung von 6.500 m 2 Bürofläche<br />
34
LUFT- UND WINDDICHTHEIT<br />
LUFT- UND WINDDICHTHEIT<br />
Luftdichtheit fordert die Energieeinsparverordnung<br />
(EnEV) in § 5 und präzisiert<br />
die Anforderungen in Anhang 4:<br />
Bei einer Druckdifferenz zwischen Innen<br />
und Außen von 50 Pascal darf<br />
der gemessene Volumenstrom 3 h -1<br />
nicht überschreiten – bezogen auf das<br />
beheizte Luftvolumen. Bei Gebäuden<br />
mit raumlufttechnischen Anlagen gilt<br />
der Grenzwert von 1,5 h -1 . Ansonsten<br />
wird auf den Stand der Technik<br />
verwiesen. In DIN 4108, Teil 7 wird<br />
die Luftdichtheit von Bauteilen und Anschlüssen<br />
behandelt und es werden<br />
Planungs- und Ausführungsempfehlungen<br />
gegeben.<br />
Bei Passivhäusern gelten erhöhte Anforderungen<br />
an die Luftdichtheit: Der<br />
n 50<br />
- Wert beträgt ≤ 0,6 h -1 .<br />
Eine luft- und winddichte Ausführung<br />
bewirkt für den Nutzer zahlreiche Vorteile:<br />
Vermeidung von baukonstruktiven<br />
Schäden, die aufgrund von Kondensatanfall<br />
bei Abkühlung der durchströmenden<br />
Luft in Leckagebereichen entstehen<br />
können<br />
funktionsfähige Wärmedämmung, deren<br />
Wirkung nicht durch Luftströme reduziert<br />
wird<br />
effizienter Luftschallschutz ohne Senkung<br />
des Schalldämm-Maßes durch<br />
Undichtheiten<br />
Blower-Door-Messung<br />
höhere Luftqualität ohne unkontrollierte<br />
Luftströme, die Schadstoffe und Fasern<br />
aus Konstruktionen oder durch die Thermik<br />
aus tiefer gelegenen Räumen (z.B. Mikroorganismen)<br />
eintragen<br />
gezielte Luftwechselraten durch Lüftungsanlagen<br />
statt Luftaustausch durch<br />
Winddruck oder Thermik (hoher Luftaustausch<br />
nur in unerwünschten Wettersituationen<br />
wie bei starkem Wind und in sehr<br />
kalten Witterungsperioden)<br />
nahezu vollständiger Luftwechsel über<br />
den Wärmetauscher der Zu-/Abluftanlagen<br />
– Leckage-Luftwechsel von 0,1 h -1 entsprechen<br />
Lüftungswärmeverlusten von etwa<br />
5 bis 7 kWh/(m²a)<br />
thermischer Komfort durch Vermeidung<br />
von Zugerscheinungen, Kaltluftseen und<br />
vertikale Temperaturschichtung<br />
verringerter Heizenergieverbrauch<br />
Der Nachweis der Dichtheit eines Gebäudes<br />
nach DIN EN 13829 wird mittels eines<br />
Blower-Door-Tests durchgeführt. Durch einen<br />
Ventilator in einer dicht eingebauten<br />
Blower-Door wird eine Druckdifferenz erzeugt.<br />
Der resultierende Luftvolumenstrom<br />
für die Unterdruck- als auch Überdruckmessung<br />
wird für die Druckdifferenz von<br />
50 Pascal ermittelt. Gewöhnlich liegen die<br />
beiden Werte eng beieinander, sofern kein<br />
Klappenventil-Effekt einer Leckage vorliegt<br />
oder die Windeinflüsse zu hoch sind. Der<br />
Mittelwert ist der gemessene n 50<br />
-Wert. Bei<br />
Unterdruck können mittels Anemometer,<br />
durch Nebel oder Infrarot-Thermografie<br />
Leckagen festgestellt werden.<br />
Die Kosten von Blower-Door-Messungen<br />
liegen für eine Wohneinheit bzw. ein Haus<br />
bei etwa 300 bis 600 € und umfassen<br />
die Installation der Messtechnik, die Begehung<br />
des Gebäudes zur Feststellung der<br />
Leckagen sowie ein Messprotokoll, in dem<br />
der n 50<br />
-Wert dargestellt wird.<br />
Der Test sollte ausgeführt werden, sobald<br />
alle luftdichtenden Bauteile eingebaut<br />
sind, jedoch bevor die darüber liegenden<br />
Verkleidungen ausgeführt werden,<br />
üblicherweise nach Fenstereinbau,<br />
Ausführung der Dampfbremse und des<br />
Innenputzes. Sind Handwerker erstmals<br />
bei solch einem Bauvorhaben involviert,<br />
ist es empfehlenswert, sie zur Messung<br />
einzuladen. Die Erfahrung zeigt, dass die<br />
Nachbesserung von Luftundichtheiten<br />
während des Blower-Door-Tests am zielführendsten<br />
sind. Selbst detaillierteste<br />
Mängelprotokolle können Handwerkern<br />
nicht in der Deutlichkeit die Leckagen<br />
nahe bringen, wie dies mit Anemometer<br />
oder Nebelröhrchen während des Tests<br />
gezeigt werden kann.<br />
Undichtheiten treten üblicherweise an<br />
folgenden Stellen auf:<br />
nicht verputzte Flächen und Durchdringungen<br />
im Außenmauerwerk und doppelschaligen<br />
Haustrennwänden, z.B. hinter<br />
Vorwandinstallationen, Anschlüssen<br />
von Trockenbauwänden, unsaubere Putzanschlüsse<br />
zum Boden im Bereich des<br />
Estrichs etc.<br />
Anschlüsse zwischen massiven Bauteilen<br />
und Leichtbaukonstruktionen; hierbei<br />
ist zu beachten, dass Anschlüsse auch<br />
bei den vorhersehbaren Setzungen und<br />
Bewegungen dicht bleiben müssen<br />
Anschlüsse von Dichtungsmaterialien<br />
innerhalb von Leichtbaukonstruktionen<br />
jede Form von Durchdringung bei Holzkonstruktionen,<br />
z.B. Anschluss von Pfetten,<br />
Zangen etc. bei Dachstühlen, Anschlüsse<br />
von Gauben, Deckenauflagern etc.<br />
Fensteranschlüsse zum Rohbau rundum<br />
sowie Fugen zwischen Stockrahmen<br />
und Fensterflügel; besonders anfällig<br />
sind Haustüren an den oberen und unteren<br />
Anschlagsseiten; Dichtheit ist im<br />
Allgemeinen nur durch Abschließen der<br />
Haustür zu erreichen<br />
Elektrodosen und Leerrohre, welche die<br />
dichtende Putzebene von Außenbauteilen<br />
durchdringen oder innerhalb des Gebäudes<br />
in einen unbeheizten Bereich führen<br />
(z.B. Leerrohre zum Keller)<br />
Installationsleitungen von Sanitär, Heizung<br />
und Lüftung, die dichtende Ebenen<br />
durchstoßen; auf eine schadensträchtige<br />
Entwässerungs-Dachentlüftung kann z.B.<br />
mittels einer internen Entlüftung verzichtet<br />
werden<br />
Diese Liste stellt keinerlei Anspruch<br />
auf Vollständigkeit. Gute Ergebnisse werden<br />
nur dann erzielt, wenn bereits beim<br />
Entwurf auf ein einfaches Gebäudekonzept<br />
geachtet wird, bei der Werkplanung<br />
die Details hinsichtlich der Dichtheit<br />
optimiert werden und bei der Bauüberwachung<br />
gezielt die Handwerker zur<br />
sorgfältigen Arbeit angehalten werden.<br />
35
KINDERGARTEN DOHNA<br />
36
KINDERGARTEN DOHNA<br />
BEHAGLICHKEIT FÜR 150 KINDER!<br />
Kindergarten Dohna<br />
Eine wunderschöne Architektur empfängt<br />
den Besucher beim Betreten des Grundstücks:<br />
Ein roter Kubus umrahmt die freundliche<br />
Südfassade mit den transparenten<br />
Flächen, die den Bedürfnissen der Kinder<br />
in den dahinter liegenden Räumen angepasst<br />
sind. Beim zweiten Hinschauen<br />
entpuppt sich der rote Part der Südfassade<br />
als vollflächiger Fassadenkollektor,<br />
farblich perfekt den Verkleidungselementen<br />
der seitlich angrenzenden Flächen<br />
angepasst.<br />
Beim Betreten des Gebäudes eröffnet<br />
sich ein großzügiges Foyer. Jedes Kind hat<br />
sofort den Überblick, wo sich sein Gruppenraum<br />
auf den beiden Ebenen befindet. Der<br />
Raum wird offensichtlich gern und intensiv<br />
genutzt. Mit dem offenen und freundlichen<br />
Entree ist es den Architekten gut gelungen,<br />
eine angemessene Empfangssituation für<br />
einen großen Kindergarten mit fast 150<br />
Plätzen zu schaffen, in dem sich jedes Kind<br />
auf Anhieb wohl fühlt. Acht Gruppenräume<br />
decken verschiedene Bedarfssituationen<br />
vom Krippenplatz über integrative Gruppen<br />
bis hin zu Vorschulplätzen ab. Sie strahlen<br />
durch Architektur und Ausstattung eine individuelle<br />
anheimelnde Atmosphäre aus.<br />
Günther Rentzsch und Olaf Reiter, Dresden<br />
Sehr schön ist jeweils die Verbindung<br />
zu den Sanitärbereichen gelöst, die in<br />
einem direkt angrenzenden Raum durch<br />
eine transparente Glas-Regalwand in den<br />
Gesamtraum eingebunden sind und zugleich<br />
für die Kinder einen abgeschlossenen<br />
Raum bilden. Verglaste Flächen beginnen<br />
erst ab einer Höhe von 1,50 m.<br />
Gebäudehülle & Konstruktion<br />
Der Kindergarten entstand nach dem<br />
großen Hochwasser von 2002 neu und<br />
ist konstruktiv auf diese besonderen<br />
Bedingungen ausgerichtet. Er wurde als<br />
Der Kindergarten Dohna<br />
Massivbau aus 17,5 cm dicken Kalksandsteinen<br />
mit Vorhangfassade errichtet. Aufgrund<br />
des Hochwasserschutzes erfolgte<br />
die Gründung mittels massiver Bohrpfähle<br />
in Verbindung mit einer Stahlbeton-Bodenplatte.<br />
Die Dämmung befindet sich vollständig<br />
oberhalb dieser Konstruktion mit<br />
einer Dicke von 280 mm. Darüber schließt<br />
sich der Estrich (6 cm) mit dem jeweiligen<br />
Bodenbelag an.<br />
Die elegante Außenverkleidung mit<br />
rot beschichteten zementgebundenen<br />
Spanplatten stellt eine eher untypische<br />
Fassadenvariante massiver Kalksandsteinwand-Konstruktionen<br />
dar. Die Dämmung<br />
erfolgte mit 30 cm Zellulose. Als<br />
Foto: Lothar Sprenger<br />
Südostansicht des Gebäudes – Fassadenkollektor und seitliche Verkleidungselemente sind optisch kaum zu unterscheiden<br />
37
KINDERGARTEN DOHNA<br />
Tragsystem für den Dämmbereich wurden<br />
Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz<br />
als vorgehängtes Holzrahmenbauelement<br />
verwandt. Die innere Beplankung erfolgte<br />
mit einer Holzweichfaserplatte.<br />
Die Dachkonstruktion besteht ebenfalls<br />
aus Doka-Trägern von etwa 300 mm<br />
Höhe. Die gesamte Konstruktionshöhe<br />
wurde mit Zellulosefasern gedämmt.<br />
Unterseitig befinden sich die jeweilige<br />
Deckenbekleidung mit Unterkonstruktion<br />
und die luftdichtende Ebene. Oberseitig erfolgte<br />
der Abschluss der Dämmung durch<br />
Holzweichfaserplatten, worüber sich die<br />
Hinterlüftungsebene anschließt. Darüber<br />
befindet sich eine Schalung mit Abdichtung<br />
sowie eine Dachbegrünung.<br />
Die transparenten Flächen wurden mit<br />
Holzfenstern in <strong>Passivhaus</strong>-Ausführung<br />
ausgeführt. Die gleiche thermische Qualität<br />
erhielten die Außentüren. Der Windfang<br />
stellt ein wesentliches energetisches Element<br />
zur Reduzierung der Wärmeverluste<br />
aufgrund der hohen Besuchsfrequenz beim<br />
Bringen und Holen der Kinder dar.<br />
Die Wärmebrücken wurden ermittelt und<br />
die Konstruktion in dieser Hinsicht optimiert.<br />
<strong>Das</strong> Gleiche gilt für die Detailausbildung<br />
hinsichtlich der Luftdichtigkeit. Der<br />
Bauprozess wurde mit Qualitätssicherung<br />
in Form von Blower-Door-Tests begleitet.<br />
Der schließlich gemessene n 50<br />
-Wert betrugt<br />
0,5 h -1 .<br />
Lüftung<br />
Die Gebäudetechnik wurde auf geringstem<br />
Platz oberhalb der nördlichen Gruppen- und<br />
Verwaltungsräume im Shedbereich untergebracht.<br />
Für die Lüftungstechnik steht<br />
dennoch eine großzügige Strecke mit bestens<br />
angepasstem Querschnitt zur Verfügung:<br />
Ausgehend vom kombinierten Außen-/Fortluftelement<br />
reihen sich Schalldämpfer,<br />
Lüftungsgerät mit Rotationswärmetauscher<br />
sowie die gebäudeseitige<br />
Schalldämpfung und die Verteilung auf die<br />
verschiedenen Gebäudebereiche aneinander.<br />
<strong>Das</strong> Lüftungsvolumen beträgt 2.100<br />
m³/h, was in etwa 15 m³/h und Kind bei<br />
Vollbelegung entspricht.<br />
Detailansicht: Verschnitt des südlichen Hauptgebäudes<br />
mit dem Dach über dem Foyerbereich<br />
Grundriss des Kindergarten-Gebäudes<br />
Bild: Reiter & Rentzsch<br />
Leuchtende Farben und helles Holz schaffen eine freundliche Atmosphäre<br />
38
KINDERGARTEN DOHNA<br />
Zentralgerät der Lüftungsanlage mit Rotationswärmetauscher und gebäudeseitiger<br />
Schalldämpfung – das Lüftungsvolumen beträgt 2.100 m 3 pro Stunde<br />
Verteilung der Lüftungsleitungen in einem Gruppenraum inkl. Schalldämpfung:<br />
Rechts wird der Zuluftdurchlass montiert<br />
Bild: Reiter & Rentzsch<br />
Die Verteilleitungen sind verkleidet und<br />
für den Betrachter nicht wahrnehmbar.<br />
Die Querung des Foyers erfolgt oberhalb<br />
des Windfangs. Die Verteilung in den<br />
Gruppenräumen ist in eine Akustikdecke<br />
integriert. Die Zuluftdurchlässe befinden<br />
sich im Allgemeinen in zentralen Bereichen<br />
dieser Decken. Abluftbereich ist<br />
jeweils der angrenzende Sanitärbereich.<br />
<strong>Das</strong> großvolumige Foyer wird über einen<br />
eher geringen gerichteten Volumenstrom<br />
in Verbindung mit dem Luftaustausch über<br />
die offenen Verbindungen zu den Gruppenräumen<br />
belüftet.<br />
Heizung &<br />
Warmwasserbereitung<br />
Auf der Stirnseite des Gebäudetechnik-<br />
Bereichs befindet sich die komplette<br />
Heiztechnik in Form einer Wärmepumpe<br />
mit 16,5 kW thermischer Leistung im<br />
Mini-Kühlschrank-Format. Der Primärkreislauf<br />
wird gespeist durch zwei 100 m<br />
tiefe Bohrpfähle mit 15 cm Durchmesser<br />
und jeweils zwei Kreisläufen mit Leitungen<br />
DN 25. Die Temperatur des Glykols liegt<br />
bei ca. 4 °C im Vorlauf und 0 °C im Rücklauf.<br />
Die projektierte Jahresarbeitszahl<br />
für die Heizung beträgt 4,5 aufgrund des<br />
niedrigen Temperaturniveaus im Heizkreis.<br />
Die Wandflächenheizung, die an den Innenwänden<br />
des Gebäudes verlegt ist, weist<br />
einen Vor-/Rücklauf von 38/30 °C auf.<br />
Die Wärmebereitstellung wird unterstützt<br />
durch eine Solarthermieanlage mit vollflächigem<br />
Fassadenkollektor auf der Südseite<br />
des Kindergartens mit einer Fläche von<br />
75 m². <strong>Das</strong> Holzrahmensystem des Kollektors<br />
ermöglicht eine einfache passgerechte<br />
Einfügung in die Fassade. Die rote<br />
Einfärbung der Absorber entspricht exakt<br />
dem Farbton der Fassadenverkleidung.<br />
Der farblichen Gestaltung werden 20 %<br />
Wirkungsgradverlust geopfert.<br />
Detail Sockelanschluss<br />
Die Heizung des gesamten Komplexes erfolgt durch<br />
eine Wärmepumpe im Kühlschrank-Format, die<br />
thermische Leistung beträgt 16,5 kW<br />
Solar- und Warmwasserspeicher platzoptimiert in<br />
einem Abstellraum<br />
39
KINDERGARTEN DOHNA<br />
Projektdaten<br />
Objekt<br />
Bauherr<br />
Ort<br />
Wohn-/<br />
Nutzfläche<br />
Konstruktion<br />
Außenwand<br />
Bodenplatte<br />
Dach<br />
Fenster<br />
Eingangstür<br />
Wärmebrücken<br />
Kindergarten und Kindertagesstätte, 01809 Dohna<br />
Stadtverwaltung Dohna<br />
01809 Dohna<br />
1.036 m² Nutzfläche<br />
1,5 cm Lehmputz, 17,5 cm Kalksandstein, RDK 1,8, 30 cm Doka-Träger<br />
ohne chemischen Holzschutz als vorgehängtes Holzrahmenbauelement<br />
gedämmt mit Zellulosedämmung, 3,5 cm Holzweichfaserplatte,<br />
Außenverkleidung mit beschichteten zementgebundenen Spanplatten;<br />
U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
1,5 cm Parkett, 6 cm Estrich, 28 cm Polystyrol mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK),<br />
Bitumenbahn, 25 cm Normalbeton<br />
U-Wert = 0,14 W/(m²K), Gründung mit Bohrpfählen<br />
Deckenbekleidung mit Unterkonstruktion, Dampfbremse / luftdichtende<br />
Ebene, Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz mit Zelluloseausfachung<br />
300 mm, Holzweichfaserplatten, Hinterlüftungsebene, Schalung mit<br />
Abdichtung, Dachbegrünung, U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
Dreifachverglasung mit gedämmten Holzrahmen<br />
U f<br />
-Wert = 0,94 W/(m²K), U w<br />
-Wert = 0,8 W/(m²K), U g<br />
-Wert = 0,6 W/(m²K)<br />
Dreifachverglasung mit gedämmten Holzrahmen, U w<br />
-Wert = 0,8 W/(m²K)<br />
Detaillierte Ermittlung im Rahmen des PHPP<br />
Luftdichtheit Blower-Door-Messung n 50<br />
= 0,5 h -1<br />
Gebäudetechnik<br />
Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabrikat: GEA Happel Com 4,<br />
Lüftungsvolumen 2.100 m³/h (15 m³/h pro Kind bei Vollbelegung);<br />
Erdwärmetauscher<br />
Heizung und<br />
Warmwasser<br />
Übertragung<br />
Heizwärme<br />
Sanitärbereich<br />
Wärmepumpe mit 16,5 kW thermischer Leistung, Fabrikat: Viessmann,<br />
Primärkreislauf gespeist durch 2 x 100 m Bohrpfähle;<br />
Solarthermieanlage mit Fassadenkollektor (75 m²) mit fassadenangepasster<br />
bordeauxroter Absorberfläche;<br />
Fabrikat: Sachsensolar AG, Dresden<br />
heizseitig Wandflächenheizung mit Vor-/Rücklauf 38/30 °C<br />
Regenwassernutzung<br />
Baukosten 1.589 €/m² Wohn-/Nutzfläche (Kostengruppe 300+400)<br />
Baujahr Fertigstellung September 2004<br />
Architekten<br />
Architekturbüro Reiter & Rentzsch, 01109 Dresden,<br />
www.reiter-rentzsch.de<br />
Eingangsbereich des Foyers mit Windfang<br />
Die Wärmespeicherung erfolgt in einem<br />
gesonderten Bereich im Obergeschoss<br />
auf engstem Raum integriert in einen<br />
Abstellbereich unterhalb des Heiz-/Lüftungsraums.<br />
Resümee<br />
<strong>Das</strong> Gebäude zeigt in einer sehr schönen<br />
Form, wie Gestaltung, Funktionalität und<br />
Energieeffizienz miteinander verbunden<br />
werden können. Hoher Komfort wird mit<br />
wenig Technik erreicht. Bei der Betrachtung<br />
drängt sich der Eindruck auf, dass<br />
die <strong>Passivhaus</strong>-Komponenten keine Last<br />
für die Planer dargestellt haben, sondern<br />
im Gegenteil Sprungbrett zu einer rundum<br />
gelungenen Architektur waren.<br />
Planung<br />
Gebäudetechnik<br />
Ingenieurbüro Thomas Hoffmann, 01129 Dresden<br />
Bilanzierung<br />
des Heizwärmebedarfs<br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
Verluste<br />
13,8 18,4 10,6<br />
13,2 6,1 3,9 14,5 5,1<br />
Blick auf die Treppen des Foyers<br />
Foto: Lothar Sprenger<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Lüftung<br />
40
WÄRMEBRÜCKEN<br />
WÄRMEBRÜCKEN<br />
Die Energieeinsparverordnung ermöglicht<br />
den pauschalen Ansatz von Wärmebrücken<br />
bei der energetischen Berechnung.<br />
Die ermittelten U-Werte werden nach<br />
DIN V 4108-6 um 0,10 W/(m²K) erhöht. Bei<br />
Anwendung von Wärmebrückendetails, die<br />
im Beiblatt 2 dargestellt werden, kann der<br />
Ansatz auf 0,05 W/(m²K) halbiert werden.<br />
Beide Lösungen sind für den Nachweis<br />
von Passivhäusern nicht geeignet, da<br />
dort im Allgemeinen deutlich günstigere<br />
Wärmebrückenlösungen angewandt<br />
werden müssen. Dies gilt sowohl um die<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Anforderungen zu erzielen als<br />
auch um bauphysikalisch einwandfreie<br />
Lösungen zu erhalten.<br />
Die Bauteillängen der einzelnen Wärmebrücken<br />
müssen in einem detaillierten Rechengang<br />
ermittelt werden. Sie werden<br />
jeweils mit dem längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten<br />
Ψ [W/(mK)]<br />
multipliziert und aufsummiert. Sind die<br />
Ψ-Werte für die angewandten Konstruktionen<br />
bekannt – z.B. aus einem Wärmebrückenkatalog<br />
–, ist der Aufwand eher gering.<br />
Die Berechnung von individuellen Wärmebrücken<br />
erzeugt Kosten in Höhe von 250<br />
bis 500 € pro Wärmebrücke.<br />
Im <strong>Passivhaus</strong> Projektierungs Paket<br />
werden die Wärmebrücken im Arbeitsblatt<br />
„Flächen” ermittelt und die Längen und Ψ-<br />
Werte eingetragen. <strong>Das</strong> Ergebnis wird dann<br />
selbsttätig in den weiteren Rechenvorgang<br />
eingebunden, z.B. für die Berechnung der<br />
Heizwärme und der Heizwärmelast.<br />
Für Kalksandstein-typische Details<br />
liegt ein Wärmebrückenkatalog für<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Details vor, Bezug über<br />
www.kalksandstein.de<br />
a<br />
λ<br />
[W/mK]<br />
a =<br />
200 mm<br />
a =<br />
250 mm<br />
a =<br />
300 mm<br />
0,99 Ψ =<br />
0,181<br />
Ψ =<br />
0,172<br />
Ψ =<br />
0,162<br />
0,33 Ψ =<br />
0,066<br />
Ψ =<br />
0,069<br />
Ψ =<br />
0,070<br />
λ<br />
a<br />
Anschluss Bodenplatte – Außenwand<br />
a<br />
λ<br />
[W/mK]<br />
a =<br />
200 mm<br />
a =<br />
250 mm<br />
a =<br />
300 mm<br />
0,99 Ψ =<br />
0,079<br />
0,33 Ψ =<br />
0,008<br />
Ψ =<br />
0,072<br />
Ψ =<br />
0,010<br />
Ψ =<br />
0,065<br />
Ψ =<br />
0,012<br />
a<br />
Anschluss Bodenplatte – Außenwand, nicht unterkellert<br />
a<br />
λ<br />
[W/mK]<br />
a =<br />
200 mm<br />
a =<br />
250 mm<br />
a =<br />
300 mm<br />
0,99 Ψ =<br />
0,076<br />
Ψ =<br />
0,069<br />
Ψ =<br />
0,063<br />
0,33 Ψ =<br />
0,012<br />
Ψ =<br />
0,012<br />
Ψ =<br />
0,013<br />
a<br />
Anschluss Kellerdecke – Außenwand, unbeheizter Keller<br />
41
WÄRMEBRÜCKEN<br />
λ<br />
[W/mK]<br />
a =<br />
200 mm<br />
a =<br />
250 mm<br />
a =<br />
300 mm<br />
0,99 Ψ =<br />
0,269<br />
Ψ =<br />
0,243<br />
Ψ =<br />
0,221<br />
0,33 Ψ =<br />
0,125<br />
Ψ =<br />
0,107<br />
Ψ =<br />
0,094<br />
λ<br />
a<br />
Anschluss Kellerwand – Innenwand EG, unbeheizter Keller<br />
a =<br />
200 mm<br />
a =<br />
250 mm<br />
a =<br />
300 mm<br />
b<br />
b =<br />
200 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,084<br />
Ψ =<br />
- 0,080<br />
Ψ =<br />
- 0,076<br />
b =<br />
240 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,073<br />
Ψ =<br />
- 0,067<br />
Ψ =<br />
- 0,061<br />
b =<br />
280 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,060<br />
Ψ =<br />
- 0,052<br />
Ψ =<br />
- 0,044<br />
a<br />
Traufe – Außenwand<br />
a =<br />
250 mm<br />
a =<br />
300 mm<br />
a =<br />
350 mm<br />
b =<br />
250 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,014<br />
Ψ =<br />
- 0,022<br />
Ψ =<br />
- 0,028<br />
b<br />
b =<br />
300 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,016<br />
Ψ =<br />
- 0,023<br />
Ψ =<br />
- 0,029<br />
b =<br />
350 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,016<br />
Ψ =<br />
- 0,022<br />
Ψ =<br />
- 0,028<br />
a<br />
Ortgang – Außenwand<br />
42
WÄRMEBRÜCKEN<br />
a = 200 mm a = 250 mm a = 300 mm<br />
Ψ = - 0,067 Ψ = - 0,064 Ψ = - 0,061<br />
a<br />
Fenster – Brüstung<br />
b<br />
a =<br />
0 mm<br />
a =<br />
20 mm<br />
a =<br />
40 mm<br />
b =<br />
200 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,022<br />
Ψ =<br />
- 0,013<br />
Ψ =<br />
- 0,003<br />
b =<br />
250 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,027<br />
Ψ =<br />
- 0,017<br />
Ψ =<br />
- 0,006<br />
b =<br />
300 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,030<br />
Ψ =<br />
- 0,020<br />
Ψ =<br />
- 0,009<br />
a<br />
Fenster – Sturz<br />
a =<br />
20 mm<br />
a =<br />
40 mm<br />
a =<br />
60 mm<br />
b<br />
b =<br />
200 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,071<br />
Ψ =<br />
- 0,078<br />
Ψ =<br />
- 0,085<br />
a<br />
b =<br />
250 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,069<br />
Ψ =<br />
- 0,077<br />
Ψ =<br />
- 0,085<br />
b =<br />
300 mm<br />
Ψ =<br />
- 0,067<br />
Ψ =<br />
- 0,075<br />
Ψ =<br />
- 0,084<br />
Fenster – Leibung<br />
43
NUTZERVERHALTEN<br />
NUTZERVERHALTEN<br />
Passivhäuser sind äußerst nutzerfreundlich<br />
und komfortabel. Die Bewohner<br />
schätzen die hohe Behaglichkeit aufgrund<br />
der guten Gebäudedämmung. Zudem<br />
werden die Lüftungsanlagen als angenehm<br />
empfunden. „Die Luft ist frisch<br />
und klar, wenn ich nach Hause komme,“<br />
ist die durchgängig positive Auskunft von<br />
<strong>Passivhaus</strong>-Bewohnern, die seit einiger<br />
Zeit in ihrem neuen Haus mit Lüftungsanlage<br />
wohnen „Nicht wie früher, als ich<br />
jedes mal beim Nachhausekommen die<br />
Fenster aufreißen musste.“<br />
<strong>Das</strong> Öffnen der Fenster ist natürlich<br />
nach wie vor möglich und in der Übergangszeit<br />
sowie im Sommer eindeutig<br />
sinnvoll und geboten.<br />
Zahlreiche Untersuchungen belegen aus<br />
sozialwissenschaftlicher und technischer<br />
Sicht, dass Passivhäuser von ihren Bewohnern<br />
angenommen werden. Sie kommen<br />
ohne hohen Eingewöhnungsaufwand mit<br />
den Gegebenheiten bestens zurecht. Eine<br />
kurze Anleitung für die wenigen Besonderheiten<br />
ist hilfreich. Dort sollten z.B. folgende<br />
Punkte beschrieben werden:<br />
Lüftungsanlage: Einstellung des Luftwechsels,<br />
Filterwechsel, zusätzliche Fensterlüftung<br />
außerhalb der Heizzeit<br />
Heizung: Umgang mit der Restwärmebereitstellung,<br />
Einfluss der Raumtemperatur<br />
Dichtheit der Gebäudehülle: z.B. Wartung<br />
von Fenstern und Haustüren<br />
Nutzen der Komfortfaktoren des<br />
<strong>Passivhaus</strong>es<br />
<strong>Das</strong> System <strong>Passivhaus</strong> ist fehlertolerant<br />
hinsichtlich des Verhaltens der Bewohner.<br />
Durch gelegentliches manuelles<br />
Lüften oder erhöhte Raumtemperaturen<br />
steigt der Energieverbrauch nur in sehr<br />
geringem Maß.<br />
<strong>Das</strong> wird belegt durch zahlreiche Untersuchungen<br />
über den Heizenergieverbrauch<br />
von Passivhäusern. Es zeigt sich<br />
ein immer wiederkehrendes Spektrum<br />
mit Abweichungen nach unten und oben.<br />
Diese symptomatische Gauß'sche Verteilungskurve<br />
ist unabhängig vom energetischen<br />
Standard und gilt für Bestandsgebäude<br />
wie für extrem Energie sparende<br />
Häuser. Der Mittelwert pendelt sich<br />
im Bereich des berechneten Heizenergiebedarfs<br />
ein.<br />
Blick ins Atrium des EnerGon-Gebäudes in Ulm<br />
44
MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />
GENOSSENSCHAFT IM PASSIVHAUS<br />
Mehrfamilienhaus in Hamburg<br />
Über zwölf Jahre wuchs die Initiative des<br />
gemeinsamen Wohnprojektes in der Telemannstraße<br />
in Hamburg. Es waren sechs<br />
Initiatorinnen und ein Mann, die sich regelmäßig<br />
trafen und Pläne schmiedeten.<br />
Weitere Mitbewohner(Innen) wurden gesucht.<br />
Es gab sechswöchige Schnupperphasen<br />
mit wöchentlichen Treffen. Als sich<br />
schließlich die Gruppe formiert hatte und<br />
ein Grundstück gefunden wurde, sprangen<br />
überraschend wenig Beteiligte ab. In der<br />
nun folgenden Planungs- und Bauphase<br />
blieb die Gruppe stabil. <strong>Das</strong> Grundstück<br />
liegt in einem lebendigen Gründerzeitgebiet<br />
in Hamburg-Eimsbüttel am Ende einer<br />
verkehrsberuhigten Sackgasse: Urbanität<br />
pur und gleichzeitig sehr ruhig gelegen.<br />
Im März 1999 lobte die Baugruppe einen<br />
kleinen Architektenwettbewerb aus.<br />
<strong>Das</strong> Büro Dittert & Reumschüssel erhielt<br />
schließlich die Beauftragung für die Planung<br />
eines Gebäudes, in dem „vielfältige<br />
Begegnung der Bewohner möglich ist“. Es<br />
begann ein spannender partizipierender<br />
Christine Reumschüssel und Thomas Dittert,<br />
Hamburg<br />
Planungsprozess mit dem Ziel, möglichst<br />
viele der individuellen Wünsche der künftigen<br />
Bewohner unterzubringen und miteinander<br />
zu verbinden. Die Organisation der<br />
Gruppe als Genossenschaft unterstützte<br />
den gemeinsamen Planungsgedanken und<br />
senkte das Potenzial an Individualinteressen<br />
in der späteren Umsetzungsphase.<br />
<strong>Das</strong> Ergebnis ist nicht nur in baulicher<br />
Hinsicht vorbildhaft, auch die Bewohner<br />
fühlen sich miteinander wohl: „Es besteht<br />
ein gutes nachbarschaftliches bis freundschaftliches<br />
Verhältnis!“<br />
Ansicht von Südosten vom Kinderspielplatz neben<br />
dem Anwesen<br />
Angesichts dieser vielen Aspekte war die<br />
Anforderung, das Gebäude als <strong>Passivhaus</strong><br />
zu realisieren, für die Architektin eine eher<br />
geringe Herausforderung – und das, obwohl<br />
dieser Wunsch erst aufkam, nachdem<br />
der Entwurf bereits fertig gestellt war.<br />
Gebäudehülle & Konstruktion<br />
<strong>Das</strong> Gebäude wurde als Massivbau<br />
mit einer Außenwandkonstruktion aus<br />
Kalksandstein, System KS-Quadro, 17,5<br />
cm dick mit 30 bis 35 cm Wärmedämm-<br />
Foto: Dittert & Reumschüssel<br />
<strong>Das</strong> Mehrfamilienhaus in der Hamburger Telemannstraße – initiiert und gebaut von einer Genossenschaft<br />
45
MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />
Verbundsystem mit λ R<br />
= 0,0035 W/(mK)<br />
errichtet. Der resultierende U-Wert liegt bei<br />
0,10 W/(m²K).<br />
Die Dämmung unterhalb der Kellerdecke<br />
erfolgt aus Brandschutzgründen (Tiefgarage)<br />
mit Mineralwollplatten in 30 cm Dicke,<br />
die unterseitig verspachtelt wurden.<br />
Die Wärmebrückenoptimierung erwies<br />
sich im Bereich des Außenwandanschlusses<br />
zur Decke über der im Kellergeschoss<br />
weiter nach außen gezogenen Tiefgarage<br />
als äußerst anspruchsvoll. Die Lösung<br />
erfolgt durch eine Minimierung der Deckenauflager<br />
auf einzelne Auflagerpunkte,<br />
so dass die Dämmung in allen anderen<br />
Bereichen vollflächig durch den Deckenbereich<br />
hindurch geführt werden kann.<br />
Nach gleichem Schema wurden Anschlusspunkte<br />
der Kellerwände zur KG-Decke<br />
ausgeführt. Nicht tragende Innenwände<br />
im Keller enden am unteren Anschluss<br />
zur durchgehenden Dämmung, da an die<br />
Kellerräume keine Schallschutzanforderungen<br />
gestellt sind.<br />
Die Dachkonstruktion besteht aus einer<br />
Stahlbetondecke mit außen liegender<br />
Gefälledämmung von 30 bis 50 cm. Der<br />
resultierende U-Wert beträgt im Mittel 0,10<br />
W/(m²K).<br />
Die Fenster wurden als Kunststofffenster<br />
mit einem mittleren U w<br />
-Wert nach <strong>Passivhaus</strong>-Projektierung<br />
von 0,87 W/(m²K)<br />
erstellt. Der Wert für den Rahmen beträgt<br />
U f<br />
= 0,77 W/(m²K) und für das Glas U g<br />
=<br />
0,7 W/(m²K) bei einem g-Wert von 53 %.<br />
Die Wärmebrückenberechnung erfolgte<br />
im Rahmen der <strong>Passivhaus</strong>-Projektierung<br />
Ansicht Nordost: Treppenhaus und Laubengangbereich<br />
durch das <strong>Passivhaus</strong> Institut Darmstadt.<br />
Bei einer Wärmebrücken-Gesamtlänge<br />
des Gebäudes von immerhin 528 m wird<br />
ein sehr günstiger mittlerer Ψ-Wert von<br />
0,01 W/(mK) erreicht. Nicht enthalten<br />
sind darin die Wärmebrücken zum Kellerbereich,<br />
die aufgrund der oben beschriebenen<br />
Maßnahmen auf eine Länge von nur<br />
57 m reduziert wurden, allerdings bei einem<br />
mittleren Ψ-Wert von 0,25 W/(mK).<br />
Die Luftdichtheit wurde mit Blower-<br />
Door-Tests pro Wohnung ermittelt. Dabei<br />
erwiesen sich die Leckagen zwischen<br />
den Wohnungen über die Schächte als<br />
die schwierigsten Detailpunkte. Während<br />
anfangs noch mehrere Messungen pro<br />
Wohnung erforderlich waren, konnten die<br />
letzten Wohnungen jeweils auf Anhieb abgenommen<br />
werden. Der mittlere n 50<br />
-Wert<br />
beträgt 0,3 h -1 .<br />
Lüftung, Heizung &<br />
Warmwasserbereitung<br />
Die Gebäudetechnik wurde in einer kleinen<br />
Dachtechnikzentrale mit etwa 20 m²<br />
Funktionsfläche zusammengefasst. Die<br />
Lüftungsanlage als Zu-/Abluftanlage mit<br />
Wärmerückgewinnung wurde als zentrale<br />
Anlage erstellt. <strong>Das</strong> Luftvolumen ist<br />
ausgelegt nach der Vollbelegung des<br />
Gebäudes mit 45 Personen à 30 m³/h.<br />
Foto: Dorfmüller & Kröger<br />
Laubengang<br />
Foto: Dittert & Reumschüssel<br />
Grundriss 1. Obergeschoss<br />
Bild: Dittert & Reumschüssel<br />
46
MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />
Treppenhaus<br />
Foto: Dittert & Reumschüssel<br />
Schnitt<br />
Bild: Dittert & Reumschüssel<br />
Die Ansaugung erfolgt über Dach, daran<br />
schließen sich in kompakter Bauweise das<br />
elektrische Vorheizregister für den Frostschutz<br />
des Wärmetauschers, die Filter<br />
und der Gegenstromwärmetauscher sowie<br />
die Ventilatoren an. Die Verteilung erfolgt<br />
in der Zentrale auf drei Stränge, wovon<br />
zwei vertikal in eigenen Schächten nach<br />
unten geführt werden. Der dritte Strang<br />
läuft horizontal innerhalb der gedämmten<br />
Hülle über der obersten Geschossdecke<br />
zu insgesamt fünf weiteren vertikalen<br />
Schächten. Der Brandschutz erfolgt mittels<br />
Deckenschotts, Fabr. Geba, in den<br />
Geschossdecken. An die Schächte, die einzeln<br />
je Wohnung geführt sind, wurden keine<br />
Brandschutzanforderungen gestellt.<br />
Die Verteilsysteme sind aufgrund der<br />
sehr individuellen Grundrisse in jeder<br />
Wohnung unterschiedlich gelöst. <strong>Das</strong><br />
Rohrsystem besteht aus Wickelfalzrohren,<br />
die Verteilung auf die Räume erfolgt<br />
mit Weitwurfdüsen, um möglichst geringe<br />
Rohrlängen realisieren zu können.<br />
Für die Wärmeübergabe wurde je Wohnung<br />
ein Heizregister in der Zuluftführung<br />
des Lüftungsnetzes installiert, dessen<br />
Temperatur individuell in mehreren Stufen<br />
in der Wohnung geregelt werden<br />
kann. Darüber hinaus kann durch einen<br />
Ein-Aus-Schalter die Zuluftmenge temporär<br />
über einen Volumenstromregler auf eine<br />
erhöhte Stufe gestellt werden, um eine<br />
höhere Wärmemenge zuführen zu können.<br />
Durch das Betätigen eines Bedarfstasters<br />
in der Küche wird die Luftmenge für 15<br />
bis 30 Minuten erhöht. In den Bädern<br />
befinden sich zusätzliche Heizkörper, die<br />
mit Thermostatventilen geregelt werden.<br />
In einzelnen weiteren Räumen wurden<br />
Heizleitungen vorbereitet, die Heizkörper<br />
sind allerdings meist nicht montiert.<br />
Die Inbetriebnahme der Lüftung mit<br />
präziser Einstellung der Luftvolumenströme<br />
und der Heizregister erweist sich als<br />
aufwendig. Während in einem Teil der<br />
Wohnungen die Anlage planungsgemäß<br />
funktioniert, mussten in einigen Wohnun-<br />
gen die Regelungseinstellungen nachgebessert<br />
werden.<br />
Die Einflussnahme der Mieter auf die<br />
Raumtemperatur bietet nicht den Komfort<br />
von Heizkörpern, die in jedem Raum einzeln<br />
geregelt werden können. Die Architekten<br />
haben deshalb bei einem Folgeprojekt<br />
die Trennung zwischen Lüftungsanlage und<br />
Heizungsverteilung als Alternative mit höherem<br />
Regelungskomfort gewählt.<br />
Die Wärmebereitstellung für Heizung<br />
und Warmwasserbereitung erfolgt mittels<br />
eines Gas-Brennwertkessels in der<br />
Technikzentrale mit 60 kW Leistung in<br />
Verbindung mit einem Pufferspeicher mit<br />
1.000 Litern Inhalt. Die Leistungsauslegung<br />
erfolgte nach den Anforderungen der<br />
Warmwasserbereitung, die Heizung hätte<br />
nur ein Gerät mit 15 kW erfordert.<br />
Anschlüsse für eine Solarthermie-Anlage<br />
wurden vorgesehen. Die Anlage wurde<br />
allerdings noch nicht installiert.<br />
Technikzentrale mit Gasbrennwerttherme Lüftungs-Zentralgerät Lüftungstrasse auf dem Querbau<br />
Foto: Dittert & Reumschüssel<br />
47
MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />
Projektdaten<br />
Objekt<br />
Bauherr<br />
Ort<br />
Wohn-/<br />
Nutzfläche<br />
Konstruktion<br />
Mehrfamilienhaus im Genossenschaftswohnungsbau<br />
Schanze e.G.<br />
20255 Hamburg<br />
18 Wohneinheiten<br />
1.540 m²<br />
Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 30-35 cm WDVS aus Polystyrol mit λ R<br />
= 0,035<br />
W/(mK) innen und außen verputzt, U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
Kellerdecke<br />
Dach<br />
Stahlbetondecke mit 30 cm außen liegender Mineralwolldämmung mit<br />
λ R<br />
= 0,040 W/(mK) zur Tiefgarage, innen schwimmender Estrich auf Trittschalldämmung<br />
4 cm mit λ R<br />
= 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
Stahlbetondecke mit 30–50 cm außen liegender Gefälledämmung, innen<br />
verputzt, U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />
Laubengang mit Balkonqualität<br />
Fenster<br />
Eingangstüren<br />
Wärmebrücken<br />
Kunststofffenster, Fabrikat: Rehau, U f<br />
-Wert = 0,77 W/(m²K)<br />
ψ g = 0,035 W/(mK), U w<br />
-Wert = 0,87 W/(m²K),<br />
U g-Wert = 0,7 W/(m²K), g-Wert = 53 %<br />
Türen und Glasfassade des Treppenhauses (unbeheizter Bereich) mit<br />
Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung, Türen zu den Wohnungen als<br />
passivhauszertifizierte Holztüren U w<br />
= 0,85 W/(m²K)<br />
Detaillierte Ermittlung und Berechnung der Wärmebrücken im Rahmen<br />
der PHPP-Berechnung durch das <strong>Passivhaus</strong>-Institut Darmstadt;<br />
ΔU WB<br />
= 0,02 W/(m²K)<br />
Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50<br />
= 0,3 h -1<br />
Gebäudetechnik<br />
Lüftung<br />
Heizung & Warmwasser<br />
Übertragung<br />
Heizwärme<br />
Baukosten<br />
Baujahr 2003<br />
Architekten<br />
Planung Gebäudetechnik<br />
Sonstiges<br />
Bilanzierung des<br />
Heizwärmebedarfs<br />
zentrale Dachlüftungszentrale, Komponenten: Fabrikat Lüfta mit<br />
Gegenstrom-Wärmetauscher; Volumenstrom-Regelung je Wohnung<br />
dezentral je WE Volumenstromregler und Heizregister zur individuellen<br />
Volumen- und Heizungssteuerung<br />
Gas-Brennwertkessel, Fabrikat: Paradigma, Leistung 60 kW<br />
(Auslegung nach Warmwasseranforderung), 1.000-l-Ein-Schichtenspeicher<br />
(vorbereitet für Einbindung einer Solarthermie-Anlage)<br />
dezentrale Warmwasser-Heizregister in der Zuluftführung je Wohnung<br />
inkl. Temperaturregelung<br />
Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.350 €/m²<br />
(zzgl. Tiefgarage)<br />
Architektur & Stadtentwicklung Dittert & Reumschüssel<br />
20354 Hamburg, www.dr-architekten.de<br />
InnovaTec Energiesysteme GmbH<br />
gasbeheizte Gemeinschafts-Waschmaschinen<br />
kWh/(m2a)<br />
Gewinne<br />
Verluste<br />
15 6,1 11,1<br />
9 2,3 1,9 14,7 4,4<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Heizwärmebedarf<br />
Solarstrahlung<br />
Interne Wärmequelle<br />
Wand<br />
Dach<br />
Grund<br />
Fenster<br />
Lüftung<br />
Resümee<br />
<strong>Das</strong> Gebäude funktioniert bestens als<br />
<strong>Passivhaus</strong>, obwohl die Ausrichtung alles<br />
andere als günstig ist: Eine schattige Südostseite<br />
durch üppigen Baumbestand und<br />
die Straßenseite nach Nordwesten mit den<br />
Laubengängen, die in angenehmster Form<br />
die gewünschten vielfältigen Begegnungen<br />
ermöglichen. Die Bewohner strahlen untereinander<br />
eine hohe Harmonie aus, die<br />
Kinder fühlen sich wohl und haben viel<br />
Raum.<br />
Stimmen zum Haus<br />
„<strong>Das</strong> Gebäude hat ein angenehm<br />
ausgeglichenes Wohnklima: im<br />
Sommer kühl, im Winter angenehm<br />
ohne kalte Abstrahlung von<br />
Außenwänden.“<br />
„Der sommerliche Wärmeschutz<br />
ist sehr gut, sogar im Supersommer<br />
2003 war es sehr angenehm!“<br />
„Selbst im Dachgeschoss ist es<br />
an heißen Tagen angenehm kühl<br />
– beim Kies auf dem Dach habe<br />
ich 52 °C gemessen und direkt<br />
darunter bei mir in der Wohnung<br />
21 °C.“<br />
„Der Schallschutz ist gut. Es gibt<br />
keine Störgeräusche, da hört man<br />
eine Nadel aufditschen!“<br />
„Zu Anfang musste ich bisweilen<br />
ein Fenster öffnen, es war in<br />
dem Gebäude einfach zu ruhig<br />
– und Ruhe war ich nicht mehr<br />
gewöhnt.“<br />
Eine blinde Bewohnerin machte<br />
der Architektin das schönste Kompliment:<br />
„Ich habe mich sofort<br />
nach dem Umzug in dem Gebäude<br />
zu Hause gefühlt und gleich<br />
in der ersten Nacht wunderbar<br />
geschlafen“.<br />
48
MARKTAUSSICHTEN<br />
MARKTAUSSICHTEN<br />
Die Entwicklung der Passivbauweise verläuft<br />
– wie schon zehn Jahre zuvor die<br />
Niedrigenergietechnik – in exponentiellen<br />
Schritten. Niedrigenergiebauweise stellt<br />
durch die EnEV inzwischen nahezu den<br />
aktuellen Baustandard dar. Die <strong>Passivhaus</strong>entwicklung<br />
brachte in den ersten<br />
zehn Jahren eine jährliche Verdoppelung<br />
fertig gestellter Wohneinheiten.<br />
Die Prognose für energieeffizientes<br />
Bauen ist eindeutig: Angesichts der<br />
Ressourcen- und Klimasituation ist eine<br />
forcierte Weiterentwicklung unumgänglich.<br />
Die Geschwindigkeit dieser<br />
Entwicklung hängt allerdings von zahlreichen<br />
Faktoren ab:<br />
WE<br />
pro Jahr<br />
100.000<br />
90.000<br />
80.000<br />
70.000<br />
60.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
3-Liter-Häuser<br />
Passivhäuser<br />
auf 3-Liter-Haus Niveau sanierte Häuser<br />
Die <strong>Passivhaus</strong>technik ist erprobt und<br />
wurde so gut wie keine andere Energieeffizienztechnologie<br />
im Bereich des<br />
Bauens wissenschaftlich begleitet mit<br />
rundum positiven Ergebnissen. Dadurch<br />
entwickelten sich für Gebäudehülle und<br />
Lüftungstechnologie Lösungen, die auf<br />
Jahre den Stand der Technik darstellen<br />
werden. Sie bieten eine Optimierung des<br />
Kosten-Nutzen-Verhältnisses beim energieeffizienten<br />
Bauen, das aber durch die<br />
Komponentenhersteller – z.B. von Fenstern<br />
– noch verbessert werden muss.<br />
Gebäudetechnik kann bei Passivhäusern<br />
in vielfältiger Weise eingesetzt werden.<br />
Durch die geringe Heizlast und<br />
den hohen bauphysikalischen Komfort<br />
sind sehr einfache Lösungen möglich.<br />
In diesem Bereich werden in den nächsten<br />
Jahren zahlreiche Innovationen zu<br />
erwarten sein, wobei weitsichtige Hersteller<br />
die Kosten für bisherige Systeme<br />
deutlich senken, durch die Übernahme<br />
des Gesamtpakets Heizung – solar/<br />
regenerativ – Lüftung – Regelung ihren<br />
Marktanteil dennoch deutlich steigern<br />
werden.<br />
Zahlreiche Komplementärtechniken<br />
zur Passivbauweise wie KfW-40-Häuser,<br />
3-Liter-Häuser, Ultra-Häuser, Plusenergiehäuser<br />
etc. unterscheiden sich bei konsequenter<br />
Ausführung im Allgemeinen<br />
kaum in Gebäudehülle und Lüftungstechnik,<br />
sondern setzen besondere Akzente<br />
bzw. weitere Optimierungen durch gebäudetechnische<br />
Maßnahmen.<br />
0<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />
Potenzial jährlich errichteter Passivhäuser, 3-Liter-Häuser und auf 3-Liter-Niveau sanierter Häuser bis 2010<br />
(Deutschland, Szenario TREND) [8]<br />
Förderstrategien sollten analog zur<br />
Technik- und Kostenentwicklung wirken.<br />
Langfristig angelegte degressive Förderbedingungen<br />
entsprechen dieser Entwicklung<br />
und wirken zugleich investitionsanreizend.<br />
Die vorliegende KfW-Förderung könnte in<br />
diesem Sinn fortgeschrieben werden.<br />
Da die Bauwirtschaft in weiten Teilen<br />
eher beharrend agiert, muss in diesem Sinn<br />
gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Qualifizierung<br />
durchgeführt werden, beginnend<br />
an den Universitäten bis zur berufsbegleitenden<br />
Weiterbildung von Planern,<br />
Handwerk und Immobilien- und Finanzdienstleistern.<br />
Akteure der Bauwirtschaft<br />
sollten ihrerseits Initiative und Verantwortung<br />
übernehmen. Wichtig ist es, neben<br />
der Energieeinsparung und energiepolitischen<br />
Sicherheit die weichen Faktoren des<br />
energetischen Bauens wie Behaglichkeit,<br />
Raumluftqualität und Komfort zu kommunizieren.<br />
Die zu erwartende deutliche Heizkostenentwicklung<br />
wird in Sprüngen verlaufen –<br />
die politischen, volkswirtschaftlichen und<br />
gesellschaftlichen Auswirkungen könnten<br />
eine solche Vehemenz entwickeln, dass ein<br />
extrem hoher Umsetzungsdruck für Energieeffizienz<br />
entstehen wird. Es ist nicht<br />
absehbar, inwieweit dieser Entwicklung<br />
durch rechtzeitige politische Weichenstellungen<br />
allzu schmerzhafte Spitzen<br />
genommen werden können.<br />
Eine Untersuchung über das Markpotenzial<br />
für Passivhäuser [8] kommt zu<br />
dem optimistischen Ergebnis, dass „im<br />
Jahre 2010 nahezu jedes fünfte neu gebaute<br />
Haus in <strong>Passivhaus</strong>bauweise und zusätzlich<br />
jedes dritte Haus in 3-Liter-<br />
Haus-Bauweise realisiert wird. Bei Sanierungen<br />
wird der Wärmebedarf etwa<br />
jedes zehnten Hauses auf mindestens<br />
3-Liter-Haus-Niveau gesenkt”.<br />
Bei den zugrunde liegenden Experteninterviews<br />
war dabei durchgängige<br />
Meinung, dass „die <strong>Passivhaus</strong>-Bauweise<br />
die größte Zukunft hat, vor allem<br />
aufgrund des geringen Heizwärmeverbrauchs,<br />
hohen Wohnkomforts und der<br />
geringen Mehrkosten.” Bereits heute<br />
gebe es eigentlich keinen Grund, mit<br />
einem schlechteren Energiestandard<br />
zu bauen.<br />
49
AUSBLICK UND LITERATUR<br />
AUSBLICK<br />
Die <strong>Passivhaus</strong>-Technologie hat in den<br />
letzten Jahren zu einem energetischen<br />
Quantensprung geführt. Wie schön wäre<br />
es, wenn sich im Verkehrsbereich mit<br />
ähnlichem Tempo die Entwicklung vom<br />
10-Liter-Auto nicht nur zum 5- und 3-<br />
Liter-Gefährt vollzogen hätte, sondern<br />
sogar das 1,5-Liter-Auto schon auf dem<br />
Markt wäre. Bei den Gebäuden sind<br />
wir innerhalb von 25 Jahren vom 20-<br />
Liter- zum 1,5-Liter-Haus gelangt. <strong>Das</strong><br />
faszinierendste daran ist die Tatsache,<br />
dass die zugrunde liegenden Techniken<br />
durchweg einfach und in der Breite anwendbar<br />
sind. Zudem ermöglichen sie<br />
ein großes Maß an Kreativität. Dies betrifft<br />
sowohl die architektonische Gestaltung<br />
als auch die Vielfalt der technischen<br />
Lösungskonzepte.<br />
Und die weitere Entwicklung wird spannend<br />
bleiben. Es ist überhaupt nicht davon<br />
auszugehen, dass sich die technischen<br />
Innovationen verlangsamen werden.<br />
In allen Bereichen sind weitere<br />
Entwicklungen abzusehen:<br />
1. Die Dämmung der Gebäudehülle im<br />
Bereich um U = 0,1 W/(m²K) wird durch<br />
die breite Markteinführung geeigneter<br />
Produkte einfacher und kostengünstiger.<br />
Wärmebrückenminimierung und<br />
Luftdichtungskonzepte werden zur Regel<br />
und durch entsprechende Produkte<br />
unterstützt. Dämm-Materialien werden<br />
auf ihre Primärenergiebilanz und Umweltverträglichkeit<br />
hin weiter optimiert.<br />
Schließlich wird es zusätzliche Materialien<br />
geben, wie z.B. Vakuumdämmung<br />
oder Nano-Technologie, die schlanke<br />
Konstruktionen ermöglichen.<br />
2. Verglasungen und Rahmentechnik<br />
waren der Motor für die energetische<br />
Fortentwicklung. Die Angebotspalette<br />
wird sich ausweiten und die spezifischen<br />
Kosten werden in dem Maß niedriger, wie<br />
diese Produkte auf die Main-Stream-Linien<br />
der Hersteller gelangen. Weitere<br />
Optimierungen bei Gläsern und Rahmen<br />
werden folgen.<br />
3. Für die Gebäudetechnik bietet die<br />
Energieeffizienz eine ungeheure Chance.<br />
Die klassischen Kesselkonzepte der letzten<br />
50 Jahre werden durch völlig neue<br />
integrale Gebäudetechnikstrukturen abgelöst<br />
werden. Dabei wird dezentrale<br />
Kleinst-Technik im 1-kW-Bereich vernetzt<br />
werden mit dezentralen Nahwärmeverbünden<br />
bei abnehmender Bedeutung von<br />
zentraler Großtechnik. Wärme-Kraft-Kopplung<br />
wird über die Brennstoffzellenentwicklung<br />
in den nächsten Jahren in jeder<br />
Anforderungsgröße verfügbar sein. Regenerative<br />
Energieerzeugung wird durch<br />
die geringen Leistungsanforderungen an<br />
Marktanteil stark zunehmen und kann<br />
durch dezentrale Strukturen jeweilige<br />
Standorte mit ihren individuellen Vorteilen<br />
nutzen; seien es Solarthermie, Biomassetechnik,<br />
Wind-, Wasserkraft, Photovoltaik<br />
oder Sonstige.<br />
4. Energiemanagement wird in einem<br />
freien Energiemarkt als zusätzlicher Motor<br />
für dezentrale Energieerzeugung wirken.<br />
Durch die Entwicklungen bei der Gebäudetechnik<br />
werden zahlreiche Gebäude<br />
einen Überschuss an Energie anbieten.<br />
Durch Vernetzung und Lastmanagement<br />
wird eine krisensichere Energieversorgung<br />
ohne hohe zentrale und kostenintensive<br />
Vorhaltungskapazitäten ermöglicht.<br />
5. Facility Management wird für alle<br />
Gebäude eine wirtschaftliche Selbstverständlichkeit.<br />
Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie<br />
ist eine immanente Folge dieser<br />
Entwicklung. Viele gebaute Projekte belegen<br />
dies. Es ist davon auszugehen, dass<br />
minimalenergetische Anforderungen in 10<br />
bis 20 Jahren den üblichen Baustandard<br />
darstellen werden. Da unsere Investitionsentscheidungen<br />
im Immobilienbereich zu<br />
Festlegungen für 30 bis 80 Jahren führen,<br />
können nur weitsichtige Lösungen bei der<br />
heutigen Planung betriebs- und volkswirtschaftlich<br />
sinnvoll sein.<br />
Im Bereich der energetischen Sanierung<br />
des Gebäudebestands vollzieht<br />
sich derzeit ebenfalls eine Entwicklung<br />
zu erhöhter Energieeffizienz bis hin<br />
zum Faktor 10: <strong>Das</strong> sanierte Gebäude<br />
verbraucht nur noch ein Zehntel der<br />
ursprünglichen Energiemenge. Während<br />
Zubau auch bei optimalen energetischen<br />
Standards immer noch eine zusätzliche<br />
Belastung der Umwelt darstellen wird,<br />
bietet der Sanierungsbereich die Möglichkeit,<br />
Verbesserungen zu bewirken<br />
und eine deutliche Entlastung des Ressourcenverbrauchs<br />
herbeizuführen. Eine<br />
Steigerung der Sanierungstätigkeit von<br />
derzeit knapp 2 % jährlich auf über 3 %<br />
des Gebäudebestandes bei energetisch<br />
sinnvollen Standards wird zudem einen<br />
wichtigen Konjunkturschub für die regional<br />
strukturierte Bauwirtschaft geben.<br />
LITERATUR<br />
[1] Michael, K.: Erfahrungen mit soledurchströmten<br />
Erdwärmetauschern.<br />
– NEI, Detmold www.nei-dt.de/<br />
Downloads/Sole-EWT.pdf<br />
[2] Schulze Darup, B. (Hrsg.): <strong>Passivhaus</strong>-Projektbericht<br />
Energie & Raumluftqualität.<br />
– Gefördert durch die<br />
Deutsche Bundesstiftung Umwelt,<br />
Nürnberg 2002<br />
[3] www.vip-bau.de, ZAE Bayern, Würzburg<br />
[4] Neben dem dargestellten Projekt Trier-<br />
Petrisberg u.a. Passivhäuser Bersenbrück<br />
und Neumarkt-Voggenthal,<br />
Sanierung RMH München-Harlaching<br />
[5] Auflistung passivhaus-zertifizierter<br />
Fenster durch das <strong>Passivhaus</strong> Institut<br />
Darmstadt unter: www.passiv.de<br />
[6] Feist, W. (Hrsg.): <strong>Passivhaus</strong>-Fenster.<br />
– Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser,<br />
Protokollband Nr. 14<br />
[7] <strong>Passivhaus</strong> Projektierungs Paket<br />
(PHPP), Arbeitsblätter „Fenster” und<br />
„Verschattung”, <strong>Passivhaus</strong> Institut<br />
Darmstadt<br />
[8] Bühring, A.; Leuchtner, J.; Krug, P.;<br />
Schüle, R.: Marktpotenzial für Passivhäuser<br />
und 3-Liter-Häuser. – Fraunhofer<br />
ISE / Energieagentur Regio<br />
Freiburg 2004<br />
[9] Schulze Darup, B.: Energieeffiziente<br />
Wohngebäude. – BINE Informationsdienst,<br />
2. Auflage, Köln 2004<br />
[10] Schulze Darup, B.: Umweltverträgliches<br />
Bauen und gesundes Wohnen.<br />
– Arbeitsblätter zum Wohnungsbau,<br />
Bände 6 und 7, Oberste Baubehörde<br />
im Bayerischen Staatsministerium<br />
des Innern, 2. Auflage, München<br />
50
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