Coachs auf der Couch Chance für Unternehmer ... - Administration
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gump<br />
Zeitung <strong>für</strong> Mutanfälle<br />
Schweissen nach Feierabend<br />
Ginard Willi ist kein Mann aus dem Weltall. Er kommt<br />
aus den Bündner Bergen. Er möchte Ihnen nach Feierabend<br />
die Schönheiten des Schweissens lehren. Da<strong>für</strong><br />
zeigt er auch sein wahres Gesicht. Seite 8<br />
<strong>Coachs</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Couch</strong><br />
Mehr zur Kür im Gump- & Drahtesel. Seite 6<br />
<strong>Chance</strong> <strong>für</strong> <strong>Unternehmer</strong><br />
Jobtimum nutzt den Grauen Markt. Seite 25<br />
Zuckerbrot und Peitsche<br />
Neue Hausordnung am Weierbühlweg. Seite 27<br />
!15<br />
Neu! mit
Liebe Leserin.<br />
Lieber Leser.<br />
Der neue gump! ist fertig. Jetzt noch<br />
diese ersten Zeilen an Sie. An<br />
Menschen, die uns seit Jahren, wenn<br />
nicht Jahrzehnten, immer wie<strong>der</strong><br />
aktiv unterstützt haben – o<strong>der</strong> zumindest<br />
wohlgesinnt sind.<br />
Erste Zeilen aber auch an all jene, die<br />
diese «Zeitung <strong>für</strong> Mutanfälle» erst<br />
jetzt, vielleicht per Zufall o<strong>der</strong> <strong>auf</strong> Anregung<br />
von Freunden in Händen<br />
halten.<br />
Willkommen so o<strong>der</strong> so. Schön, dass<br />
Sie da sind und dass Sie gleich bei den<br />
nächsten Premieren mit dabei sind.<br />
Pioniertaten könnte man auch sagen.<br />
Pioniertaten, die unsere langjährigen<br />
Weggefährtinnen und gefährten<br />
von uns schon fast erwarten, weil sich<br />
die Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation<br />
und ihre Unternehmen Gump &<br />
Drahtesel (mit lokalem Pico Bollo<br />
Laden und globalem «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika»Projekt) und Wege Weierbühl<br />
aus Tradition nicht nur um die<br />
verordneten Pflichten im sozialen<br />
Netzwerk kümmern.<br />
Die Kür ist uns allen genauso wichtig,<br />
eine Angelegenheit des Herzens.<br />
Von solchen Kürprogrammen sollen<br />
Sie hier lesen dürfen. In einer Zeitung,<br />
die an sich ja schon eine Kür ist. Mehr<br />
als <strong>der</strong> jährliche Geschäftsbericht.<br />
Den haben die Stiftungs<strong>auf</strong>sicht, die<br />
Sozialpartner und die Geldgeberinnen<br />
pflichtgemäss zugut. Wir<br />
s chicken ihn übrigens <strong>auf</strong> Wunsch<br />
auch Ihnen gerne zu.<br />
Aber eben. Viel lieber erzählen wir<br />
Ihnen natürlich hier im gump! mutig<br />
Geschichten aus unserem Alltag. Wir<br />
stellen Ihnen Menschen vor, die bei<br />
uns o<strong>der</strong> mit uns am gleichen Strick<br />
ziehen. Von <strong>der</strong> einen wie von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n<br />
Seite des Seils. Das ist ja eh immer<br />
wie<strong>der</strong> eine Frage des Blickwinkels,<br />
des persönlichen Standpunkts<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> aktuellen Ausgangslage.<br />
Womit wir wie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Kür wären.<br />
Das Lesen <strong>der</strong> folgenden 30 Seiten<br />
soll <strong>für</strong> Sie bitte keine Pflicht, son<strong>der</strong>n<br />
reine Kür sein.<br />
Da<strong>für</strong> verehren wir Sie!<br />
Herzlich.<br />
Beat Hugi<br />
gump!Redaktor<br />
beathugi@bluewin.ch<br />
2<br />
3 «Scharfer Dreh» im Pico Bollo<br />
Unikate und Sürprisen à discrétion.<br />
5 Sagen Sie j-aah!<br />
Avancen zur Patenschaft.<br />
6 <strong>Coachs</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Couch</strong><br />
Pflicht und Kür im Gump & Drahtesel.<br />
8 Schweissen nach Feierabend<br />
Kurse <strong>für</strong> alle: Arbeiten mit Metall.<br />
9 Neu: nord_süd<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» aktuell.<br />
11 Velospenden per Bahn<br />
Gratistransport <strong>auf</strong> Schiene und Schiff.<br />
12 Für Afrika <strong>auf</strong> Achse<br />
Planzer fährt Velos durch die Schweiz.<br />
13 Ab 50 Franken nach Afrika<br />
Schicken Sie Velos <strong>auf</strong> die Reise.<br />
14 Unser Mann <strong>für</strong> den Süden<br />
Michel liebt das afrikanische Gewusel.<br />
17 Velomechanik in <strong>der</strong> Schule<br />
Neuer Stundenplan in Kukurantumi.<br />
22 Kirchen machen mobil<br />
Sammeln am Sonntag.<br />
23 Luxuspedalen <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
Lange Tour durch Amerika.<br />
25 <strong>Chance</strong> <strong>für</strong> <strong>Unternehmer</strong><br />
Jobtimum setzt <strong>auf</strong> den Grauen Markt.<br />
27 Zuckerbrot in <strong>der</strong> Wege<br />
Entschlackte Hausordnung am Weierbühlweg.<br />
29 Zehn Jahre später<br />
Alex ist wie<strong>der</strong> da.<br />
31 Testament <strong>für</strong> Taten<br />
Spenden in die Zukunft.<br />
32 Emils Gala in <strong>der</strong> Werkstatt<br />
Grosser Auftritt <strong>für</strong> eine gute Sache.<br />
8 Bei Ginard Willi aus Donat/<br />
Ems lernen Sie nach Feierabend<br />
das Bearbeiten von Metall als<br />
erholsames Handwerk kennen.<br />
Schweissen, Löten, Schmieden<br />
<strong>für</strong> alle. Die Kurse in <strong>der</strong> Metallwerkstatt<br />
von Gump- & Drahtesel<br />
eignen sich <strong>für</strong> Frauen wie <strong>für</strong><br />
Männer.<br />
Partnerschaft<br />
<strong>auf</strong> Augenhöhe<br />
Der Mann <strong>für</strong> den Süden,<br />
Seite 14<br />
Velomechanik<br />
in <strong>der</strong> Schule<br />
Neuer Stundenplan<br />
in Ghana, Seite 17<br />
Spenden<br />
per Bahn<br />
öV spediert Velos<br />
nach Afrika, Seite 11<br />
01/2010<br />
9 In <strong>der</strong> neuen gump!-<br />
Beilage «nord-süd/Velos <strong>für</strong><br />
Afrika» bündeln wir <strong>auf</strong> 16 Seiten<br />
all das, was uns im hauseigenen<br />
Engagement <strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
aktuell berührt,<br />
bewegt und beschäftigt. Schön,<br />
wenn «Velos <strong>für</strong> Afrika» auch <strong>für</strong><br />
Sie ein Thema ist. Sie machen so<br />
mehr möglich.
«Scharfer Dreh» am Berner Bollwerk 35<br />
Pico Bollo am Bollwerk 35 in Bern ist immer <strong>für</strong> eine Überraschung gut: Zum einen werden<br />
Sie im Verk<strong>auf</strong>sladen von Gump- & Drahtesel von Menschen ohne Erwerbsarbeit bedient und<br />
betreut, die dank Ihnen das Verk<strong>auf</strong>en in <strong>der</strong> Praxis lernen. Sie machen sich so fit <strong>für</strong> ihren<br />
nächsten Arbeitsplatz im Detailhandel. Zum an<strong>der</strong>n finden Sie hier geniale Unikate, schlichte<br />
Sürprisen und liebevoll <strong>auf</strong>bereitete Spielsachen als Geschenk <strong>für</strong> sich und an<strong>der</strong>e.<br />
Dank dem «Scharfen Dreh» zum<br />
Beispiel schaffen Jugendliche aus<br />
dem Abseits die soziale und berufliche<br />
Kurve. Im Projekt Trampolin<br />
<strong>der</strong> Stadt Winterthur arbeiten sie<br />
unter an<strong>der</strong>em in einer Werkstatt.<br />
Sie haben dort unter kundiger<br />
Führung eine Pfeffermühle entwickelt,<br />
die es so noch nicht gab. Sie<br />
heisst schlicht «Scharfer Dreh».<br />
Wichtigstes Teil an jedem Stück,<br />
das es im Pico Bollo-Laden <strong>für</strong> 78<br />
Franken zu k<strong>auf</strong>en gibt: die Velonabe.<br />
Für die ersten Kleinserien <strong>der</strong><br />
Trampolin-Produktion plün<strong>der</strong>te<br />
die Velo-Recyclingwerkstatt Gump-<br />
& Drahtesel noch ihr Ersatzteillager.<br />
Heute müssen die Winterthurer<br />
Jugendlichen mehrheitlich mit<br />
neuen Naben aus Taiwan arbeiten,<br />
um die grosse Nachfrage nach<br />
ihren exklusiven Pfeffermühlen<br />
befriedigen zu können. Die Mahlwerke<br />
werden weiterhin in <strong>der</strong><br />
Schweiz hergestellt. Die frechen<br />
schwarzen und roten Drehgriffe<br />
giessen die Jugendlichen in <strong>der</strong><br />
Trampolin-Werkstatt selbst. Der<br />
Betrieb ist ein nie<strong>der</strong>schwelliges<br />
Integrations- und Präventionsprojekt<br />
mit Tagesstruktur <strong>für</strong> Jugendliche<br />
ohne Ausbildung und ohne<br />
geregelte Beschäftigung. Das Projekt<br />
bietet ihnen während maximal<br />
12 Monaten Unterstützung<br />
und Begleitung an.<br />
Nachhaltige<br />
Produktion<br />
Gut zu wissen: Pico Bollo verk<strong>auf</strong>t<br />
mehrheitlich Produkte, die unter<br />
ganz speziellen Vorzeichen gefertigt<br />
wurden, sei es in sozialen Institutionen<br />
wie dem Trampolin, in<br />
den eigenen Gump- & Drahtesel-<br />
Werkstätten mit Menschen ohne<br />
Erwerbsarbeit o<strong>der</strong> in Werkhäusern<br />
von Behin<strong>der</strong>tenheimen. Gutes<br />
Beispiel da<strong>für</strong> sind die Produkte<br />
von tät-tat, dem mehrmals schon<br />
preisgekrönten Design- und Qualitätslabel<br />
<strong>für</strong> kleine Geschenke von<br />
Brigitta und Benedikt Martig-<br />
Imhof. Das Designer-Paar hat sich<br />
seit 1994 <strong>auf</strong> die Entwicklung und<br />
den Vertrieb von Produkten aus sozialer<br />
Produktion spezialisiert. Das<br />
Unternehmen basiert nach eigenem<br />
Bekunden <strong>auf</strong> einem ein-<br />
Foto: Janosch Hugi<br />
fachen Grundgedanken: «Inspiriert<br />
von den Fähigkeiten <strong>der</strong><br />
Menschen und den technischen<br />
Möglichkeiten in den Werkstätten<br />
werden gestalterisch und quali tativ<br />
hochwertige Produkte entwickelt,<br />
produziert und über den konventionellen<br />
Handel vertrieben. Nicht<br />
<strong>auf</strong> Mitleid hoffen, son<strong>der</strong>n erfolgreich<br />
sein durch Innovation, das<br />
ist die Devise.» Aus scheinbarer<br />
Schwäche eine Stärke machen, das<br />
ist das Ziel. Pico Bollo und Gump-<br />
& Drahtesel arbeiten seit Jahren im<br />
Verk<strong>auf</strong> wie in <strong>der</strong> Produktentwicklung<br />
und Produktion eng mit «tättat»<br />
zusammen.<br />
Veloteile<br />
zum Schenken<br />
Erfolgreiche Folge dieser Partnerschaft<br />
ist <strong>der</strong> Auf- und Ausbau einer<br />
Produktlinie, die <strong>auf</strong> alten Veloteilen<br />
basiert. Ein Beispiel von vielen:<br />
<strong>der</strong>«gabel-stapler». Eine unikate<br />
Gar<strong>der</strong>obe aus <strong>der</strong> Gabel und<br />
Rückstrebe eines alten Fahrradrahmens<br />
samt praktischer Magnethalterin<br />
<strong>für</strong> den Schlüsselbund. Der<br />
«gabel-stapler» wird als limitierte<br />
Kleinserie in den Metallwerkstätten<br />
von Gump- & Drahtesel hergestellt.<br />
Zu k<strong>auf</strong>en gibt es ihn im Pico Bollo.<br />
Genauso wie alle an<strong>der</strong>en tät-tat-<br />
Geschenkideen aus alten Veloteilen<br />
und sozialen Werkstätten: «speicher»,<br />
«haken», «öffner», «lichtig»,<br />
«pyrad» o<strong>der</strong> «plattfuss». Sie<br />
finden die schmucken Teile <strong>auf</strong><br />
einen Blick und rund um die<br />
Uhr im Pico Bollo-Onlineshop <strong>auf</strong><br />
www.picobollo.ch.<br />
Gezupfte Notizen<br />
Im Pico Bollo-Laden sind zudem<br />
neu die witzigen Notizblöcke von<br />
tät-tat zu haben. Sie heissen<br />
«zupf» und sind gefädelt. Wie<br />
Blütenblätter wird Blatt <strong>für</strong> Blatt<br />
vom Block gezupft.<br />
Es gibt die Blöcke in verschiedenen<br />
Grössen, mit mindestens<br />
100 Blatt Papier, verziert mit<br />
Pompons aus Merinowolle, frechen<br />
Gummiteilchen aus alten<br />
Fahrradschläuchen o<strong>der</strong> zarten<br />
Papierpflanzen. Klein, fein, genial<br />
und sozial: Alle «zupf» werden in<br />
!<br />
«Scharfer Dreh»<br />
und «gabel-stapler»<br />
im Pico Bollo:<br />
nachhaltige Sürprisen<br />
und Unikate<br />
aus alten Veloteilen<br />
à discrétion.<br />
Das alles und noch viel<br />
mehr finden Sie bei Pico<br />
Bollo am Berner Bollwerk<br />
35 in Bern. Die<br />
Öffnungszeiten: Dienstag<br />
bis Freitag durchgehend<br />
von 9 bis 18.30<br />
Uhr, Montagnachmittag<br />
ab 13 Uhr und am Samstag<br />
von 10 bis 16 Uhr.<br />
Einen Teil des Angebots<br />
können Sie rund um die<br />
Uhr <strong>auf</strong> www.picobollo.ch<br />
im Internet-Shop anschauen<br />
und bestellen.<br />
3
!<br />
Bunte Kin<strong>der</strong>gar<strong>der</strong>obe<br />
aus <strong>der</strong><br />
Vollzugsanstalt.<br />
Blanko-Ringbücher<br />
aus <strong>der</strong> Papierwerkstatt<br />
Tapa.<br />
4<br />
den Heimstätten Wil hergestellt und<br />
in eine transparente Geschenkverpackung<br />
gesteckt.<br />
In den Werkstätten des Bernischen<br />
Massnahmezentrums «St.<br />
Johannsen» entstehen im Strafvollzug<br />
farbige Kin<strong>der</strong>gar<strong>der</strong>oben,<br />
die Diana Grossrie<strong>der</strong>, Fachleiterin<br />
Verk<strong>auf</strong> im Pico Bollo, <strong>auf</strong> Anhieb<br />
begeistert haben. Die mit grosser<br />
Liebe zum Detail und viel Sorgfalt<br />
in <strong>der</strong> Verarbeitung hergestellten<br />
Holzteile mussten einfach ins Pico<br />
Bollo-Sortiment. Mit allen bunten<br />
Sujets, die es davon zu k<strong>auf</strong>en gibt:<br />
Wasser, Luft, Wiese... In den Zinn-<br />
und Holz-Ateliers von St. Johannsen<br />
stellen Strafgefangene solide,<br />
originelle Spielsachen aus natürlichen<br />
Mate rialien her.<br />
Der Zupf-Block<br />
von tät-tat.<br />
An geschützten Arbeitsplätzen werden<br />
auch die 11�18 cm grossen<br />
Blanko-Ringbücher mit verschie-<br />
Im Sous-sol:<br />
Schöne Sachen zum Spielen<br />
Foto: Janosch Hugi<br />
denen Motiven hergestellt, die Pico<br />
Bollo vom Tapa-Atelier individuell<br />
anfertigen lässt.<br />
Das Atelier in Riedikon bei<br />
Uster ist eine Werkstatt <strong>für</strong> Papier.<br />
Die Werkstatt ist eine Einrichtung<br />
des Vereins Noveos.<br />
Sie bietet Menschen mit einer<br />
psychischen Beeinträchtigung<br />
einen geschützten Arbeitsplatz.<br />
Im Atelier werden Buchbinde-<br />
und Papierarbeiten ausgeführt.<br />
Die Werkstatt bietet Arbeitsplätze<br />
mit flexiblen Arbeitszeiten an.<br />
Die Stellen stehen Frauen<br />
und Männern zur Verfügung, die<br />
wegen psychischer Erkrankung in<br />
ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt<br />
sind.<br />
Durch sinnvolle, vielseitige<br />
Arbeit sollen die vorhandenen<br />
Fähigkeiten erhalten und geför<strong>der</strong>t<br />
werden.<br />
gump!<br />
Im Sous-sol von Pico Bollo finden Erwachsene und Kin<strong>der</strong><br />
schönste Recycling-Sachen zum Schenken und Spielen. Exklusive<br />
Eigenproduktionen <strong>der</strong> Holzwerkstatt von Gump- & Drahtesel<br />
gibt es solange Vorrat. Kaum ausgehen werden die restaurierten<br />
Würfel- und Gesellschaftsspiele aller Art, Holzautos,<br />
Legosteine, Playmobil-Ersatzteile o<strong>der</strong> Holzklötze per Gramm<br />
o<strong>der</strong> Kilo. Pico Bollo nimmt auch gerne Ihre alten Holzspielsachen<br />
und Gesellschaftsspiele als Geschenk entgegen. Sie<br />
werden wenn nötig in <strong>der</strong> Gumpesel-Spielsachen-Recyclingwerkstatt<br />
revidiert und dann im Pico Bollo-Laden verk<strong>auf</strong>t. Der<br />
Erlös fliesst in das Projekt zurück.<br />
Für Firmen<br />
von Flores<br />
Francisco Flores ist vor 15 Jahren<br />
bei Umbau- und Isolationsarbeiten<br />
ohne Selbstverschulden verunfallt.<br />
Die Ärzte im Zieglerspital operierten<br />
eine komplizierte Fraktur<br />
des linken Unterschenkels und<br />
Fussgelenks sofort. Das Handicap<br />
blieb bis heute – und die Schmerzen,<br />
sobald er lange steht. Trotzdem<br />
will er arbeiten. Zum Glück<br />
lassen sich die exklusiven Riesenbüroklammern<br />
«speicher» in <strong>der</strong><br />
Metallwerkstatt von Gump- &<br />
Drahtesel sitzend biegen.<br />
> Die aus Recycling-Velospeichen<br />
gebogenen Riesenbüroklammern<br />
«speicher» gibt es einzeln verpackt<br />
in einem Kunststoffbeutel <strong>auf</strong> individuell<br />
bedruckbarem Trägerkarton<br />
o<strong>der</strong> lose in je<strong>der</strong> Menge zum<br />
Gebrauchen und Verschenken.<br />
> Mit dem «speicher» können Sie<br />
Akten o<strong>der</strong> Geldscheine bündeln,<br />
Rechnungen sammeln, Postkarten<br />
sortieren, Rezepte sichern, Bussenzettel<br />
ablegen – und eine schöne<br />
Geschichte erzählen.<br />
> Gerne beraten wir Sie bei<br />
<strong>der</strong> individuellen Gestaltung<br />
Ihres «speicher»-Geschenks an<br />
Kund Innen o<strong>der</strong> MitarbeiterInnen.<br />
Setzen Sie Ihr Firmenlogo und<br />
Ihre Botschaft ein.<br />
> Ein «speicher» kostet Fr. 4.10,<br />
einzeln im Kunststoffbeutel <strong>auf</strong><br />
individuell bedruckbarem Trägerkarton<br />
verpackt Fr. 4.50. Natürlich<br />
gewähren wir Ihnen bei grösseren<br />
Mengen Rabatt.<br />
Lassen Sie sich Ihre gewünschte<br />
Stückzahl «speicher» offerieren.<br />
Kontaktieren Sie direkt<br />
gianfranco.martina@<br />
gump-drahtesel.ch,<br />
Telefon 031 979 70 70.
Als Mitglied des För<strong>der</strong>vereins<br />
j-aah! pro Gump- & Drahtesel<br />
sagen Sie Ja zu den sozialen,<br />
kulturellen, ökologischen und<br />
entwicklungspolitischen Anliegen<br />
<strong>der</strong> Recycling-Werkstätten<br />
Gump- & Drahtesel in Bern-<br />
Liebefeld mit Pico Bollo, dem<br />
Verk<strong>auf</strong>sladen <strong>für</strong> Unikate und<br />
Sürprisen am Bollwerk in Bern.<br />
Sie för<strong>der</strong>n mit Ihrer Paten-<br />
und Partnerschaft o<strong>der</strong> einer<br />
Spende aktiv <strong>der</strong>en nachhaltige<br />
Umsetzung.<br />
Mehr dazu <strong>auf</strong> www.sozinn.ch.<br />
O<strong>der</strong> in diesem gump! –<br />
<strong>der</strong> Zeitung <strong>für</strong> Mutanfälle.<br />
Der För<strong>der</strong>verein j-aah! pro<br />
Gump- & Drahtesel beschafft<br />
dank Ihnen und mit Ihnen wirt-<br />
Sagen Sie<br />
Ja zu j-aah!<br />
Patenschaft und Partnerschaft<br />
Werden Sie Mitglied des För<strong>der</strong>vereins<br />
pro Gump- & Drahtesel mit Pico Bollo<br />
schaftliche Mittel und sorgt sich<br />
um die nötige Publizität und<br />
nachhallende Beachtung in<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeit wie in befreundeten<br />
und begleitenden<br />
Institu tionen, Verbänden,<br />
staat lichen Behörden, privatwirtschaftlichen<br />
Betrieben und<br />
politischen Parteien.<br />
Sie werden regelmässig über<br />
den Gang <strong>der</strong> Arbeiten in <strong>der</strong><br />
Schweiz wie von Velos <strong>für</strong> Afrika<br />
informiert. Sie werden zu exklusiven<br />
Veranstaltungen und<br />
Festen eingeladen. Sie profitieren<br />
von speziellen j-aah!-<br />
Aktionen und -Angeboten.<br />
Als verdienendes Einzelmitglied<br />
machen Sie mit Fr. 50.– jährlich<br />
als Patin/Pate und Partnerin/<br />
Partner mehr möglich. Nichtverdienende<br />
zahlen Fr. 20.–, Firmen<br />
und Institutionen Fr. 200.–.<br />
Danke <strong>für</strong> Ihre weitsichtige<br />
Partnerschaft und Ihre Patenschaft.<br />
Sie können sich mit Ihrer<br />
Einzahlung <strong>auf</strong> PC 30-736791-5<br />
<strong>für</strong> j-aah! pro Gump- & Drahtesel,<br />
3097 Liebefeld, direkt<br />
anmelden. O<strong>der</strong> Sie for<strong>der</strong>n <strong>auf</strong><br />
www.jaah.ch alle Unterlagen an.<br />
Wir freuen uns <strong>auf</strong> Ihr Zeichen.<br />
5<br />
pro Gump- und Drahtesel
!<br />
Christine Holenweger<br />
Corinne Kläy<br />
Ju<strong>der</strong>ico Friedli<br />
6<br />
«Hier ist nie etwas <strong>für</strong> nüt»<br />
Im Gump- & Drahtesel arbeiten Menschen ohne Erwerbsarbeit <strong>auf</strong> Zeit an ihrer Gegenwart und<br />
Zukunft – bei Bedarf unter Einbezug <strong>der</strong> Vergangenheit. Sie werden in den Werkstätten und in<br />
<strong>der</strong> <strong>Administration</strong> von Fachleitern und Fachleiterinnen begleitet und während ihrer temporären<br />
Anstellung und Ausbildung von <strong>Coachs</strong> persönlich beraten. Christine Holenweger leitet den<br />
Bereich Beratung & Bildung. Zu ihrem Team von SozialarbeiterInnen gehören unter an<strong>der</strong>em<br />
Corinne Kläy und Ju<strong>der</strong>ico Friedli. Sie verfassen im Auftrag <strong>der</strong> Arbeitslosenkasse und an<strong>der</strong>er<br />
zuweisen<strong>der</strong> Stellen Berichte und Empfehlungen. Das ist ein anspruchsvoller Teil ihrer Pflicht.<br />
Zur Klärung <strong>der</strong> Kür bat gump! die drei <strong>Coachs</strong> an den Tisch und <strong>auf</strong> die <strong>Couch</strong>.<br />
Für alle drei ist eines klar: Die Basis ihrer Haltung<br />
bilden Begriffe wie Wertschätzung, Achtsamkeit,<br />
Klarheit, Echtheit und Transparenz.<br />
Die Teilnehmenden stehen im Zentrum. Einige<br />
fühlen sich von Beginn an wohl, an<strong>der</strong>e brauchen<br />
etwas Zeit, bis sie ankommen und wie<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e versuchen, das Programm zu absolvieren,<br />
ohne dass es sie betrifft.<br />
Für alle drei <strong>Coachs</strong> erstaunlich ist, wie<br />
viele <strong>der</strong> Teilnehmenden hier in Bewegung kommen,<br />
sich bewegen und bewegen lassen, <strong>auf</strong> <strong>der</strong><br />
Suche nach dem eigenen Weg. Zentral ist aus<br />
ihrer Sicht die Frage, ob jemand etwas nicht kann<br />
o<strong>der</strong> nicht will. Bei den meisten steht das För<strong>der</strong>n<br />
im Mittelpunkt, im zweiten Fall konzentrieren<br />
sie sich <strong>auf</strong> das For<strong>der</strong>n. Und Ju<strong>der</strong>ico Friedli ergänzt:<br />
«Es ist eine Haltung, die wir leben. Und<br />
die musst du auch gerade in unangenehmen<br />
Drei <strong>Coachs</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Couch</strong><br />
Situationen leben können. Das gehört zu<br />
unserem Auftrag. Mit Leuten aus verschiedensten<br />
Kulturen, mit unterschiedlichstem Hintergrund,<br />
Frauen, Männern, Jugendlichen und Menschen<br />
kurz vor <strong>der</strong> Pensionierung, arbeiten zu<br />
können.» Aber es sei hier drin nie etwas <strong>für</strong> nüt,<br />
ist Corinne Kläy überzeugt. Auch wenn man es<br />
<strong>auf</strong> den ersten Blick vielleicht nicht wahrnimmt.<br />
Pflicht und Kür<br />
Die <strong>Coachs</strong> im Bereich Beratung & Bildung des<br />
Gump- & Drahtesel arbeiten <strong>für</strong> verschiedene<br />
zuweisende Stellen – mehrheitlich <strong>für</strong> die<br />
Arbeitslosenkasse – Berichte zu den Teilnehmenden<br />
und <strong>der</strong>en Einsatz aus. Corinne<br />
Kläy: «Die zuweisenden Stellen wollen wissen,<br />
wie sich die Leute verhalten, wie sie arbeiten, wo<br />
Christine Holenweger leitet das Team Beratung & Bildung im Gump- & Drahtesel seit<br />
bald 3½ Jahren. Sie hat zuvor vier Jahre lang <strong>auf</strong> einem polyvalenten Sozialdienst gearbeitet.<br />
Sie ist von Haus aus Sekundarlehrerin, hat die Schule <strong>für</strong> Sozialarbeit gemacht<br />
und früher in unterschiedlichsten Bereichen gearbeitet: als Übersetzerin in <strong>der</strong> Bundeskanzlei,<br />
als Ausstellungsmacherin, als rechte Hand <strong>der</strong> Marketingleiterin eines wissenschaftlichen<br />
Verlags, als Assistentin des Ombudsmannes <strong>der</strong> Stadt Bern.<br />
Corinne Kläy arbeitet seit Februar 2006 als Coach im Gump- & Drahtesel. Zuerst im<br />
Pico Bollo am Bollwerk Bern, heute an <strong>der</strong> Waldeggstrasse 27 in Bern-Liebefeld. Sie<br />
ist in einer Grossfamilie <strong>auf</strong>gewachsen und wollte an sich nie in einen Sozialberuf einsteigen.<br />
Sie hat nach <strong>der</strong> Ausbildung zur Primarlehrerin noch Landwirtin gelernt, später<br />
in <strong>der</strong> Migros und bei Coop an <strong>der</strong> Kasse gejobbt, als Miterzieherin in einem Heim<br />
gearbeitet und in <strong>der</strong> Blindenschule Zollikofen Schule gegeben. Später doch noch Schule<br />
<strong>für</strong> Sozialarbeit in Bern, u.a. mit Praktikum im Pico Bollo. Corinne Kläy wird den Gump-<br />
& Drahtesel <strong>auf</strong> Herbst 2010 verlassen – sie nimmt sich eine Auszeit, u.a. zum Reisen.<br />
Ju<strong>der</strong>ico Friedli ist gelernter Automechaniker, ist durch Zentral- und Südamerika gereist,<br />
hat die Berufsmatur gemacht, an <strong>der</strong> Schule <strong>für</strong> Sozialarbeit studiert (mit Praktikum im<br />
To do, Motivationssemester <strong>für</strong> Jugendliche und in <strong>der</strong> Psychiatrie Münsingen) und<br />
als Sozialarbeiter abgeschlossen. Er arbeitet seit März 2009 im Gump- & Drahtesel,<br />
zuerst im Pico Bollo-Laden, jetzt im Mutterhaus Gump- & Drahtesel Bern-Liebefeld.<br />
ihre Möglichkeiten und Grenzen liegen. Was<br />
darüber hinaus passiert ist das, was den Betrieb<br />
hier ganz speziell auszeichnet. Wir schauen<br />
individuell mit den Leuten, wer welche Begleitung<br />
und Beratung braucht.»<br />
Das könne in Einzelfällen weit gehen. «Es<br />
betrifft nicht nur den beruflichen Bereich. Wie<br />
sieht es finanziell aus, in welchen Beziehungen<br />
steckt die Person im Moment, wie geht es ihr gesundheitlich,<br />
usw.», sagt Ju<strong>der</strong>ico Friedli, «aus<br />
all dem ergeben sich dann individuelle Zielsetzungen,<br />
in die alle diese Themen in die gemeinsame<br />
Arbeit miteinbezogen werden. Ohne<br />
das eine ist das an<strong>der</strong>e kaum möglich.»<br />
Professionelle Nähe<br />
Für Christine Holenweger, die das Coaching-<br />
Team seit Februar 2007 leitet, liegt die Stärke<br />
im Gump- & Drahtesel vor allem auch in <strong>der</strong><br />
Art <strong>der</strong> Beziehungsgestaltung: «Rein räumlich<br />
schon. Wir sehen und treffen die Leute in <strong>der</strong><br />
Pause, am Mittagstisch im Bistro – es gibt<br />
immer wie<strong>der</strong> ganz viele kleine, aber wichtige<br />
Interaktionen. Feinstoffliche Dinge, Gespräche<br />
über den Tellerrand, Blicke, über die viel passiert.»<br />
Für und mit Menschen, bei denen neben<br />
<strong>der</strong> beruflichen teilweise auch eine soziale Integration<br />
Thema ist, die zurzeit nicht gut zwäg<br />
sind. Es geht auch darum, sie langsam wie<strong>der</strong><br />
<strong>auf</strong>zubauen, ihnen das nötige Selbstwertgefühl<br />
zurückzugeben: «Wir schauen, wo jemand<br />
steht. Und wohin jemand möchte. Wir arbeiten<br />
schon im ersten Gespräch mit Perspektiven, mit<br />
Ideen, Wünschen, Visionen und Vorstellungen.<br />
Was braucht es denn, um diese Wünsche wahr<br />
werden zu lassen...» Das zeichne diesen Betrieb<br />
aus, das mache ihre eigene Arbeit so wertvoll<br />
und reich: «Dass von oben bis unten immer und<br />
immer wie<strong>der</strong> <strong>auf</strong> die Ressourcen jedes Einzelnen<br />
geschaut wird. Als Basis dient die tragfähige<br />
Arbeitsbeziehung. Dies gilt auch <strong>für</strong> das Team.»<br />
Dabei ist es <strong>für</strong> Corinne Kläy wichtig, dass die
Rollen und Möglichkeiten im Haus klar <strong>auf</strong> den<br />
konkreten Arbeitsplatz <strong>der</strong> Teilnehmenden und<br />
das begleitende Coaching verteilt sind: «Wenn<br />
<strong>der</strong> Auftrag nur aus Beratung bestehen würde,<br />
liessen sich die gesteckten Ziele so nicht erreichen.<br />
Was die Teilnehmenden während <strong>der</strong><br />
Woche mehrheitlich in den Werkstätten, <strong>der</strong><br />
<strong>Administration</strong> und im Verk<strong>auf</strong> am Arbeitsplatz<br />
erleben, sind Dinge, die ihnen viel geben. Dort<br />
lernen und tanken sie...» – «...in den Arbeitsbereichen<br />
findet die fachliche Qualifikation<br />
statt», nimmt Ju<strong>der</strong>ico Friedli den Faden gerne<br />
<strong>auf</strong>: «Die Qualifikation im Fachbereich passiert<br />
über die Lernsequenzen, im Fachkurs am Freitag,<br />
im Arbeitsalltag in den Werkstätten. Wir begleiten<br />
diesen Prozess. Die KollegInnen in den<br />
Fachbereichen sind quasi die ArbeitgeberInnen.<br />
Sie müssen z. B. ein <strong>auf</strong>fälliges Verhalten bei den<br />
Teilnehmenden ansprechen und weiter leiten.<br />
Wir im Coaching loten dann aus, was es braucht,<br />
damit <strong>der</strong> Teilnehmende sich arbeitsmarktkonform<br />
verhalten kann. Wir können und wollen<br />
mit ihnen die Zeit <strong>auf</strong>wenden, um das zu klären.<br />
Und zu än<strong>der</strong>n. So ergänzen wir uns ideal.»<br />
«Komische» Fragen<br />
<strong>der</strong> <strong>Coachs</strong><br />
Corinne Kläy nickt zustimmend: «Ihre kleinen,<br />
wichtigen Erfolgserlebnisse holen sich die Leute<br />
hier am Arbeitsplatz. Im Coaching kann es auch<br />
mühsam sein. Einige Leute sind sich nicht gewohnt,<br />
mit den ‹komischen› Fragen <strong>der</strong> SozialarbeiterInnen<br />
konfrontiert zu werden. Es ist entscheidend<br />
<strong>für</strong> ein gutes Gelingen, dass die<br />
Teilnehmenden aus <strong>der</strong> Coaching-Situation wie<strong>der</strong><br />
zurück in die Werkstatt können, in ein handfestes<br />
Umfeld, das sie kennen. Ein Umfeld, in dem<br />
kleine und konkrete Dinge möglich sind, wo kleine<br />
Schritte vorwärts ihren Wert haben. Dort finden<br />
sie Sicherheit und können sich <strong>auf</strong>bauen.»<br />
Es sei aber auch wichtig, meint Chris tine<br />
Holenweger, dass ihnen jemand sagt: «Du hast<br />
es in <strong>der</strong> Hand, es liegt in deiner Verantwortung,<br />
was du wie machst. Es ist wun<strong>der</strong>bar, wenn die<br />
Teilnehmenden die Verantwortung <strong>für</strong> sich<br />
(wie<strong>der</strong>) übernehmen!»<br />
Druckstellen des Lebens<br />
Viele Menschen, die im Gump- & Drahtesel<br />
Arbeit <strong>auf</strong> Zeit finden, plagt noch etwas an<strong>der</strong>es,<br />
als nur die Erwerbslosigkeit. Christine Holenweger:<br />
«In jedem Leben gibt es Auf und Ab. Das<br />
liegt in <strong>der</strong> Natur. Der Verlust <strong>der</strong> Arbeit ist ein<br />
massiver Einschnitt, <strong>der</strong> vieles in Frage stellen<br />
und auslösen kann. Es sind Themen, die in diesen<br />
Situationen problematisch werden, zu an-<br />
<strong>der</strong>en Zeiten aber auch ohne direkte Folgen bleiben<br />
können. Vielfach gibt es neben strukturellen<br />
Gründen <strong>für</strong> die Kündigung zusätzliche auslösende<br />
Faktoren, eine ganzheitliche Thematik,<br />
Probleme in Beziehungen, bei den Finanzen,<br />
<strong>der</strong> Gesundheit usw. Es sind immer wie<strong>der</strong> sehr<br />
komplexe Lebenssituationen, in denen die Teilnehmenden<br />
hier stehen.» Eine Aufgabe <strong>der</strong><br />
<strong>Coachs</strong> sei es gerade auch, diese Dinge zu spiegeln<br />
und zu benennen: «Es mag komisch tönen,<br />
aber wir haben die Leute und ihre Geschichten<br />
gern. Das scheint mir ganz wichtig. Wir haben<br />
ein Interesse an den Menschen, an den Entwicklungen,<br />
die sie machen, an den Themen, die sie<br />
beschäftigen. Diese Interaktionen lösen auch<br />
bei uns immer wie<strong>der</strong> Bewegung und Weiterentwicklung<br />
aus.»<br />
Netzwerk <strong>für</strong> die Zukunft<br />
Die <strong>Coachs</strong> im Gump- & Drahtesel rufen bei Bedarf<br />
auch mal einen Arzt an, frühere Arbeit geber<br />
o<strong>der</strong> persönliche Beziehungspersonen <strong>der</strong><br />
Teilnehmenden. Sie vernetzen sich mit einem<br />
Psychiater, einem möglichen Arbeitgeber, sie<br />
arbeiten sehr eng und intensiv mit den RAV-<br />
BeraterInnen o<strong>der</strong> betreuenden Sozialarbeiter-<br />
Innen zusammen. Mit all jenen Bezugspersonen<br />
halt, die wichtig sind <strong>für</strong> das momentane<br />
und zukünftige Netz des Teilnehmenden.<br />
Kommt <strong>für</strong> Corinne Kläy dazu, dass unsere<br />
Sozialsysteme heute hochkomplex und oft sogar<br />
<strong>für</strong> Professionelle schwer durchschaubar<br />
sind. «Das ist auch <strong>für</strong> uns eine ständige<br />
Heraus for<strong>der</strong>ung. Mit <strong>der</strong> ALV, <strong>der</strong> IV, all den Versicherungen.<br />
Was spielt wo wie zusammen.<br />
!<br />
Schnittstellenarbeit ist angesagt. Die einzelnen<br />
Systemgrenzen sind trotz Interinstitutioneller<br />
Zusammenarbeit (IIZ) rigi<strong>der</strong> geworden, auch<br />
<strong>auf</strong> Kosten <strong>der</strong> Leute, die lange in unklaren Verhältnissen<br />
leben müssen. Dies ist <strong>für</strong> alle Beteiligten<br />
nicht einfach, da wir wissen, dass Unsicherheit<br />
krank machen kann. Umso wichtiger<br />
ist es, die Teilnehmenden im Umgang mit diesen<br />
Systemen zu unterstützen. Natürlich sind<br />
diese Systeme starr, trotzdem gibt es immer<br />
wie<strong>der</strong> Spielräume. Auch solche Grenzen und<br />
Räume gilt es übrigens in unserer Arbeit mit <strong>der</strong><br />
nötigen Hartnäckigkeit und Fachlichkeit auszuloten.»<br />
Corinne Kläy schaut dabei keck in die<br />
Fotos: Janosch Hugi<br />
Runde. Sie lächelt verschmitzt. Sie weiss, was<br />
die an<strong>der</strong>n am Tisch jetzt grad denken. Dass<br />
Christine diesbezüglich eine <strong>der</strong> Versiertesten im<br />
Team sei.<br />
Auf den Weg bringen<br />
Sie würden die Leute in ihren Möglichkeiten unterstützen,<br />
sagt auch Ju<strong>der</strong>ico Friedli: «Sie sind<br />
mehrheitlich drei Monate hier. Wir dürfen und<br />
wollen uns nicht als Angelpunkt in ihrem<br />
Sys tem einbringen. Sonst werden sie zu sehr von<br />
uns abhängig. Es geht darum, sie zu begleiten<br />
und mehr Möglichkeiten <strong>für</strong> sie zu schaffen, sie<br />
zu befähigen, mehr aus ihren eigenen Ressourcen<br />
zu gestalten. Sie sollen sich dieser Ressourcen<br />
bewusst werden und sie auch künftig abrufen<br />
und einsetzen können. Selbst abrufen<br />
können.» Leute gern zu haben, heisse, ihre<br />
Selbstständigkeit zu för<strong>der</strong>n: «Nicht klammern,<br />
son<strong>der</strong>n begleiten, för<strong>der</strong>n, ermutigen.»<br />
gump!<br />
Drei <strong>Coachs</strong><br />
<strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Couch</strong>: Sie<br />
sorgen mit <strong>für</strong> die<br />
vielseitige Kür im<br />
«Gump- & Drahtesel».<br />
7
!<br />
Fotos: Janosch Hugi<br />
Für Frauen wie<br />
Männer: Coach<br />
Corinne Kläy beim<br />
Probeschweissen<br />
mit Ginard Willi.<br />
8<br />
Neue Schweisskurse nach Feierabend<br />
Das Arbeiten mit Eisen fasziniert die Menschen seit sie das Feuer, die verschiedenen Metalle<br />
und ihre beson<strong>der</strong>en Eigenschaften entdeckt haben. In <strong>der</strong> Industrie wird Metall heute vorwiegend<br />
mit computergesteuerten Maschinen bearbeitet. Die Gump- & Drahtesel-Recyclingwerkstätten<br />
bieten Ihnen mit «Ysebügu» und Ginard Willi nach Feierabend die Möglichkeit,<br />
das Bearbeiten von Metall als Handwerk kennen, spüren und schätzen zu lernen. Alle Kurse<br />
eignen sich <strong>für</strong> Frauen und <strong>für</strong> Männer.<br />
Ginard Willi stammt aus Domat/Ems GR. Er<br />
spricht so ruhig, wie er arbeitet. Je<strong>der</strong> Griff sitzt,<br />
die Worte sind bedacht gewählt. Ein geduldiger<br />
Bündner im bedächtigen Bern. Einer aus den<br />
Bergen im Tal. Ginard lebt seit fünf Jahren hier.<br />
In den ersten Monaten hatte er noch Mühe,<br />
nach dem Besuch bei seinen Töchtern in<br />
Domat/Ems wie<strong>der</strong> den Zug nach Bern zu besteigen.<br />
Bald einmal war es grad umgekehrt: Er<br />
lockte die Töchter an Wochenenden zunehmend<br />
nach Bern, wo es ihm immer wohler wurde.<br />
Ginard Willi arbeitet seit Januar 2010 zu 70<br />
Prozent als Fachleiter in <strong>der</strong> Metallwerkstatt von<br />
Gump- & Drahtesel. Vor drei Jahren hatte er<br />
schon mal als Ferienablösung von Werkstatt-<br />
Ihr Einstieg ist l<strong>auf</strong>end möglich<br />
leiter Mark Rolli hier gejobbt. Ginard Willi ist<br />
gelernter Maschinenschlosser. Nach <strong>der</strong> Zeit als<br />
selbstständiger Monteur von Rollläden arbeitete<br />
er als Vorsorgeberater einer Versicherung und<br />
später als Betriebsmechaniker in einer Zementfabrik.<br />
«In dieser Stelle als Freelancer habe ich<br />
dann auch noch zu Beginn meiner Berner Zeit<br />
<strong>für</strong> zwei Tage pro Woche weitergemacht. In den<br />
restlichen drei Tagen studierte ich an <strong>der</strong> Pädagogischen<br />
Hochschule in Bern, um mich zum<br />
Werklehrer ausbilden zu lassen. Ich habe das<br />
Studium abgebrochen. Es war mir damals einfach<br />
zuviel.» Der Wunsch, Menschen das Fachwissen<br />
zu vermitteln und am Werkbank zu<br />
arbeiten, ging dabei aber nicht verloren. «Zumal<br />
ich schon in <strong>der</strong> Zementfabrik sehr gerne<br />
mit den Lehrlingen gearbeitet habe.»<br />
Er vertrat vor drei Jahren nicht nur den<br />
Fachleiter Mark Rolli in <strong>der</strong> Werkstatt, son<strong>der</strong>n<br />
übernahm während dessen Urlaub auch gleich<br />
die Aufgabe als Kursleiter <strong>der</strong> Migros-Schweisskurse.<br />
Die beiden Basiskurse betreut er bis heute.<br />
Für an<strong>der</strong>e Lehrmodule zum Thema Schweissen,<br />
die Ginard Willi bald einmal zur Prüfung<br />
und Einführung vorgeschlagen hatte, mochte<br />
sich die Schulleitung aber nicht erwärmen.<br />
Keine Kurse <strong>für</strong> Fortgeschrittene. Er wollte sich<br />
selbst darum kümmern: «Denn nach diesem<br />
Basiskurs können die Teilnehmenden praktisch<br />
wenig selbst umsetzen. Zudem fehlt den meisten<br />
die eigene Werkstatt und das Schweissgerät, um<br />
konkret etwas aus Eisen bauen zu können.»<br />
Das aktuelle Kursangebot «Arbeiten mit Eisen» von «Ysebügu» und Gump- & Draht-<br />
esel umfasst neun Module. So können Sie Ihr Lernprogramm individuell zusammen-<br />
stellen. Als Einstieg in die Metallverarbeitung empfiehlt Ginard Willi das Modul 1,<br />
«Metall als Herausfor<strong>der</strong>ung». Zu jedem Modul gehören jeweils zwei dreistündige<br />
Abendkurse, 18 bis 21 Uhr, o<strong>der</strong> eintägige Samstagskurse, 9 bis 16 Uhr. Die neun<br />
Module stehen l<strong>auf</strong>end mit neuen Terminen im Angebot. Der Einstieg ist (fast) immer<br />
möglich. Alle Kurse finden in <strong>der</strong> Metallwerkstatt von Gump- & Drahtesel an <strong>der</strong><br />
Waldeggstrasse 27 in Bern-Liebefeld statt. Alle Kursinhalte, Termine und Anmelde-<br />
möglichkeiten <strong>auf</strong> einen Blick: www.ysebuegu.ch<br />
Ginard Willi entwarf neun neue Kursmodule,<br />
gab seinem Kind einen Namen und<br />
schaltete mit www.ysebuegu.ch eine Internetseite<br />
<strong>auf</strong>. Alles Vorarbeiten, die nach seinem<br />
Stellenantritt im Gump- & Drahtesel am Mittagstisch<br />
mit zunehmen<strong>der</strong> Begeisterung <strong>auf</strong>genommen<br />
wurden.<br />
Hier steht nach Arbeitsschluss um 17 Uhr<br />
von Montag bis Freitag eine komplett eingerichtete<br />
Metallwerkstatt leer. Hier ist das Metall, das<br />
Löten und Schweissen seit jeher ein erfolgreicher<br />
Schwerpunkt des integrativen Arbeitens<br />
mit Menschen ohne Erwerbsarbeit. Ein Nabel<br />
dieser Welt, neben den Naben <strong>der</strong> Velowerkstatt.<br />
Handfester Ausgleich<br />
Ginard Willi und Kollege Rolli kennen zudem<br />
die Bedürfnisse <strong>der</strong> FreizeithandwerkerInnen<br />
aus den Migros-Kursen: «Viele Leute, die tagsüber<br />
im Büro sitzen, suchen in ihrer Freizeit den<br />
Ausgleich. Sie wollen etwas mit ihren Händen<br />
machen. Das gilt speziell auch <strong>für</strong> Frauen. Die<br />
Arbeit mit Eisen fasziniert, weckt aber auch Berührungsängste.<br />
Mit Holz lässt sich zu Hause<br />
schnell einmal arbeiten, ganz an<strong>der</strong>s mit Feuer<br />
und mit Metall.» Da braucht es den passenden<br />
Rahmen. Dazu gehört eben auch, dass man sich<br />
in <strong>der</strong> Arbeit mit Metall Schritt <strong>für</strong> Schritt<br />
weiterentwickeln kann, ist Ginard Willi überzeugt,<br />
dass man selbst etwas planen, konstruieren<br />
und bauen kann: «Mit dem Schweissen<br />
einer Naht ist es nicht getan.» Mit seinem ausgeklügelten<br />
Kursangebot können Mann und<br />
Frau in Etappen alles lernen, was es zum guten<br />
Gelingen braucht. Das gilt übrigens auch <strong>für</strong><br />
jene, die von sich sagen, sie hätten zum Handwerken<br />
zwei linke Hände. Beat Hugi<br />
Wenn Sie sich <strong>für</strong> eine massgeschnei<strong>der</strong>te<br />
Lösung interessieren – beispielsweise<br />
eine Teamweiterbildung in <strong>der</strong> Firma o<strong>der</strong><br />
Institution, nehmen Sie bitte Kontakt mit<br />
uns <strong>auf</strong>. Besuchen Sie uns im Internet <strong>auf</strong><br />
www.ysebuegu.ch o<strong>der</strong> schreiben Sie an<br />
an Ginard Willi: info@ysebuegu.ch
Partnerschaft<br />
<strong>auf</strong> Augenhöhe<br />
Der Mann <strong>für</strong> den Süden,<br />
Seite 14<br />
Velomechanik<br />
in <strong>der</strong> Schule<br />
Neuer Stundenplan<br />
in Ghana, Seite 17<br />
Spenden<br />
per Bahn<br />
öV spediert Velos<br />
nach Afrika, Seite 11<br />
01/2010
Gemeinsam mehr<br />
möglich machen.<br />
Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht<br />
eine Pioniertat möglich wird. Um<br />
nicht zu sagen: ein Wun<strong>der</strong> geschieht.<br />
Wobei ein Blick <strong>auf</strong> die letzten<br />
17 Jahre «Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
zeigt: Wun<strong>der</strong> sind dann möglich,<br />
wenn man sie macht.<br />
Wenn Menschen von einer Idee begeistert<br />
sind und sich <strong>für</strong> eine gemeinsame<br />
Sache engagieren, weil<br />
sie davon überzeugt sind, dass es<br />
sein muss.<br />
Das ist «Velos <strong>für</strong> Afrika». Ein Projekt<br />
<strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit.<br />
1993 in <strong>der</strong> Velorecycling<br />
Werkstatt Gump & Drahtesel in<br />
BernLiebefeld gestartet. Heute<br />
schweizweit nachhaltig mitgetragen<br />
von vielen sozialen Partnerbetrieben.<br />
Ein bestechendes lokales Engagement,<br />
das global Bestand hat:<br />
Jährlich werden Tausende von ausgemusterten<br />
Schweizer Velos gesammelt,<br />
wenn nötig geflickt und<br />
dann in grossen Containern an vertrauensvolle,<br />
initiative Partnerorganisationen<br />
in verschiedene Län<strong>der</strong><br />
Afrikas verschifft. Ladungen mit<br />
Perspektiven. Neue Mobilität ohne<br />
CO2Ausstoss. Neue Möglichkeiten<br />
von Erwerbsarbeit und <strong>für</strong> ein besseres<br />
Leben. So gut es eben besser<br />
geht <strong>auf</strong> diesem Kontinent. In Burkina<br />
Faso. In Ghana. In Zimbabwe.<br />
In Eritrea. In Tansania.<br />
Zum guten Gelingen dieser Kür<br />
tragen immer wie<strong>der</strong> Menschen aus<br />
dem Norden und aus dem Süden<br />
bei. Sie machen eines schönen Tages<br />
kostenlose Transporte <strong>auf</strong> Schiene<br />
und Strasse möglich. Sie spenden an<br />
die Exportkosten. Sie arbeiten in sozialen<br />
Velowerkstätten schweizweit<br />
<strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika». Sie sammeln<br />
und spenden Velos.<br />
Mehr zu allem lesen Sie <strong>auf</strong> den<br />
nächsten Seiten. Für mehr von<br />
allem finden Sie einen Einzahlungsschein<br />
<strong>auf</strong> Seite 13.<br />
Merci, dass Sie mit uns im Süden<br />
(und Norden) mehr möglich machen.<br />
Beat Hugi<br />
nord_südRedaktor<br />
beathugi@bluewin.ch<br />
10<br />
11 Spenden mit <strong>der</strong> Bahn<br />
öV spediert Velos nach Afrika.<br />
12 Auf Achse <strong>für</strong> Afrika<br />
Planzer transportiert mit Herz.<br />
13 Machen Sie mehr möglich<br />
Mit 50 Franken nach Afrika.<br />
14 Partnerschaft <strong>auf</strong> Augenhöhe<br />
Michel, <strong>der</strong> Mann <strong>für</strong> den Süden.<br />
17 Velomechanik in <strong>der</strong> Schule<br />
Neuer Stundenplan in Ghana.<br />
19 Partner im Süden<br />
Unser Ziel: Wertschöpfung in Afrika.<br />
21 Sammelrekord an Afro-Pfingsten<br />
Winterthur bricht Bestmarke on tour.<br />
22 Ihre Namen machen Mut<br />
Prominente BotschafterInnen im Boot.<br />
22 Kirchen greifen in den Topf<br />
Ihre Spenden machen mobil.<br />
23 Luxusradler fährt <strong>für</strong> Afrika<br />
Race Across America <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
24 Soziale Allianz im Norden<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika»Bewegung schweizweit.<br />
14 Das ist <strong>der</strong> Erdnussmann.<br />
Er fährt mit den gerösteten<br />
Nüssen täglich ein- bis zweimal<br />
<strong>auf</strong> den Markt. Michel Ducommun<br />
von «Velos <strong>für</strong> Afrika» hat<br />
ihn in Tansania kennen und<br />
schätzen gelernt. Was er sonst<br />
noch an Afrika liebt, sagt er hier.<br />
21 «Velos <strong>für</strong> Afrika on<br />
tour» bricht 2010 viele Rekorde:<br />
An Afro-Pfingsten in Winterthur<br />
wurden 368 Velos <strong>für</strong> den Export<br />
in den Süden gespendet. Ende<br />
März waren es in <strong>der</strong> Markthalle<br />
Langenthal 300. Wo und<br />
wann Sie nachlegen können,<br />
erfahren Sie hier und <strong>auf</strong><br />
www.velosfuerafrika.ch.<br />
Bitte Button «Velos spenden»<br />
beachten.
Spenden Sie Ihre Velos per Bahn<br />
Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) mit den Bundesbahnen SBB, Privatbahnen, Bus und<br />
Schifffahrt för<strong>der</strong>t ab sofort auch das nachhaltige Mobilitäts-Projekt «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
Marco Leuenberger und seine Tochter Rahel aus Herzogenbuchsee waren mit die ersten, die ihre<br />
Velos <strong>für</strong> Afrika kostenlos per Bahn nach Bern spedieren liessen. Eine Bil<strong>der</strong>buchgeschichte.<br />
Wenn Sie alte, ausgediente Velos<br />
<strong>für</strong> den nachhaltigen Gebrauch in<br />
Afrika spenden wollen, können Sie<br />
Ihre Drahtesel natürlich wie bis anhin<br />
bequem und direkt an einer <strong>der</strong><br />
schweizweit installierten Sammelstellen<br />
abgeben o<strong>der</strong> bei einem <strong>der</strong><br />
verschiedenen temporären Sammelevents<br />
von «Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
und Gump- & Drahtesel vorbeibringen.<br />
Liegt aber das eine wie an<strong>der</strong>e<br />
nicht gleich in <strong>der</strong> Nähe o<strong>der</strong><br />
am Weg, bietet sich ab sofort eine<br />
dritte Möglichkeit an, Ihre gute Tat<br />
umgehend umzusetzen. Die Kooperation<br />
von «Velos <strong>für</strong> Afrika» mit<br />
dem Verband öffentlicher Verkehr<br />
(VöV) machts möglich.<br />
Wichtig zu wissen: Wo, was, wie<br />
Wer sein altes Velo <strong>für</strong> Afrika <strong>auf</strong> einem bedienten Bahnhof in<br />
seiner Nähe <strong>auf</strong>geben will, kann das ab sofort kostenlos tun.<br />
Dabei bitten wir Sie, folgendes Vorgehen zu beachten:<br />
1. Die Transportgutscheine <strong>für</strong> Ihre Velos können nicht direkt<br />
am Bahnschalter, son<strong>der</strong>n nur per Mail an matthias.maurer@<br />
gump-drahtesel.ch o<strong>der</strong> über Telefon 031 979 70 70 beim<br />
Gump- & Drahtesel in Bern-Liebefeld bezogen werden. Wir<br />
bitten Sie, uns im Mail-Mitteilungsfeld zusätzlich anzugeben,<br />
wie viele Velos Sie von welchem Bahnhof aus spedieren wollen.<br />
Wir schicken Ihnen dann umgehend die nötigen Etiketten zu.<br />
2. Die mit <strong>der</strong> speziellen Transport-Etikette markierten Velos<br />
können in allen bedienten Bahnhöfen (mit Gepäck<strong>auf</strong>gabe)<br />
<strong>der</strong> Schweiz abgegeben werden. Eine Liste finden Sie <strong>auf</strong><br />
www.velosfuerafrika.ch als pdf zum Herunterladen.<br />
Marco und Rahel<br />
Leuenberger<br />
bringen zwei alte<br />
Velos mit Buchsis<br />
Bahnhofvorstand<br />
<strong>auf</strong> die Schiene<br />
nach Afrika.<br />
Fotos: Janosch Hugi<br />
11
Nils Planzer lässt<br />
seine Lastwagenflotte<br />
neu kostenlos<br />
<strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika» durch die<br />
Schweiz rollen.<br />
Ein flotter Einsatz<br />
mit Herz.<br />
12<br />
Planzers Flotte <strong>für</strong> Afrika <strong>auf</strong> Achse<br />
Die Planzer Transport AG unterstützt das nachhaltige Handeln von Gump- & Drahtesel / Velos<br />
<strong>für</strong> Afrika tatkräftig. Ihre Camions transportieren seit Frühling 2010 kostenlos gesammelte und/<br />
o<strong>der</strong> gespendete Velos von permanenten Sammelstellen und temporären Sammelevents<br />
schweizweit in die Verarbeitungswerkstätten und zu den «Velos <strong>für</strong> Afrika»-Partnerbetrieben.<br />
Ein Engagement mit Herz.<br />
«Diese Hilfe ist uns wichtig, weil<br />
‹Velos <strong>für</strong> Afrika› zahlreichen Menschen<br />
eine neue Perspektive bietet<br />
und <strong>auf</strong> unterschiedlichen Wirtschaftsstufen<br />
einen sinnvollen<br />
Mehrwert schafft: Mittellose Menschen<br />
in <strong>der</strong> dritten Welt erhalten<br />
wertvolle Mobilität, benachteiligte<br />
Personen in unserem Land finden<br />
eine passende Beschäftigung, und<br />
nicht zuletzt werden verbrauchte<br />
Güter aus allen Winkeln <strong>der</strong><br />
Schweiz umweltschonend in den<br />
Warenkreisl<strong>auf</strong> zurückgeführt»,<br />
begründet Nils Planzer, Geschäftsführer<br />
<strong>der</strong> Planzer Transport AG,<br />
das neuste soziale Engagement<br />
des Familienbetriebs: «Als verantwortungsbewusstes<br />
Unternehmen<br />
legen wir Wert dar<strong>auf</strong>, dass unsere<br />
sozialen Engagements einer breiten<br />
Anspruchsgruppe zugute kommen<br />
und dabei nicht nur einfach<br />
Geld fliesst.»<br />
Regional verankert<br />
Nils Planzers Onkel Max senior<br />
gründete 1936 ein Fuhrunternehmen<br />
in Dietikon. Seither haben<br />
Menschen mit Fleiss, Offenheit und<br />
Redlichkeit das Unternehmen geprägt.<br />
Heute arbeiten 3300 Mitarbeitende<br />
<strong>für</strong> den Schweizer<br />
Marktführer von Transport- und<br />
Lagerlogistik-Dienst leistungen. Die<br />
Ausrichtung <strong>auf</strong> Stabilität trägt wesentlich<br />
zum nachhaltigen Markterfolg<br />
bei. Die Firmen <strong>der</strong> Planzer-<br />
Holding sind schweizweit <strong>auf</strong> 47<br />
Standorte verteilt. Diese Regionalität<br />
garantiert Nähe zum Kunden<br />
und macht vieles einfacher. Ganz<br />
gleich, wo und wann ein Kunde das<br />
Netzwerk betritt: Es steht ihm überall<br />
ein breit gefächertes Logistik-<br />
Angebot zur Verfügung.<br />
Vom Versen<strong>der</strong><br />
zum Empfänger<br />
Planzer begleitet die Kundenware<br />
von <strong>der</strong> Herstellung bis zum Verk<strong>auf</strong>.<br />
Das Serviceangebot umfasst<br />
die Planung, die Ausführung und<br />
das Controlling von Transport, Lagerung<br />
und Handling. Mo<strong>der</strong>nste<br />
IT-Systeme tragen dem Anspruch<br />
an Effizienz, Convenience und<br />
Sicherheit Rechnung. Trotz <strong>der</strong><br />
aktuellen Grösse ist Planzer ein<br />
hun<strong>der</strong>prozentiges Familienunternehmen<br />
geblieben. Dank einfacher<br />
Hierarchien ist <strong>der</strong> Konzern<br />
übersichtlich organisiert und<br />
pflegt eine teamorientierte Loyalität.<br />
Entscheide werden im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Gesamtziele weitgehend direkt<br />
in den Tochtergesellschaften gefällt.<br />
Gut zur Umwelt<br />
Planzer trägt <strong>der</strong> Umwelt Sorge. So<br />
werden die Güter zu 60 Prozent <strong>auf</strong><br />
den CO2-neutralen Schienenverkehr<br />
verlagert, Ökodiesel eingesetzt<br />
und die Fahrer <strong>auf</strong> ökonomisches<br />
Fotos: Planzer<br />
Fahren geschult. Ein hoher Auslastungsgrad<br />
und strenge Sicherheitsvorkehrungen<br />
tragen ebenfalls<br />
zur Schonung <strong>der</strong> Umwelt bei.<br />
Mit mehr als 1100 eigenen Fahrzeugen<br />
und 360 Vertragsfahrern<br />
im Exklusiveinsatz bewegt Planzer<br />
jeden Tag 9000 t durch die Schweiz.<br />
Dabei gilt: heute abgeholt, morgen<br />
zugestellt. Dank <strong>der</strong> nachhaltigen<br />
Kombination von Schiene und<br />
Strasse bleibt die Lieferbereitschaft<br />
auch bei Stau, Schnee o<strong>der</strong> Nachtfahrverbot<br />
garantiert.<br />
Planzer ist per LKW, Zug o<strong>der</strong><br />
Luftfracht-Ersatzverkehr (AirCargo)<br />
auch im Ausland unterwegs.<br />
Meistens handelt es sich um<br />
Import- o<strong>der</strong> Exportfahrten über<br />
mehrere Stationen. Dabei wird<br />
immer die effizienteste Transportkombination<br />
gesucht.<br />
Ausgeklügelte<br />
Lagerlogistik<br />
Mit über 800 Spezialisten, 700 000<br />
m 2 Lagerfläche, neun Hochregallagern,<br />
zwei Speziallagern und<br />
einer starken IT stellt die Planzer-<br />
Lagerlogistik die Güter pünktlich<br />
und fertig ausgerüstet am gewünschten<br />
Ort bereit. Standort,<br />
Lagertyp und Know-how werden<br />
<strong>auf</strong> die Kundenbedürfnisse abgestimmt.<br />
Für die Konfektionierung<br />
und das Co-Packing steht ein vielfältiger<br />
Maschinenpark im Einsatz.<br />
Über eine kluge IT-Lösung<br />
können die Kunden den Warenbestand<br />
online bewirtschaften.<br />
Imposante<br />
Spezial transporte<br />
Von überlang bis extra-schwer, von<br />
hier bis ins hinterste Tal: Dank<br />
Son<strong>der</strong>fahrzeugen und speziell geschulter<br />
Ch<strong>auf</strong>feure ist je<strong>der</strong> Transportwunsch<br />
möglich. Eine weitere<br />
Spezialität ist <strong>der</strong> 2-Personen-<br />
Lieferservice: Von neun Standorten<br />
aus werden Privat- und Geschäftsumzüge<br />
sowie Neumöbeltransporte<br />
durchgeführt.
Ihre Spende<br />
macht im Süden<br />
mehr möglich<br />
Mit 50 Franken nach Afrika.<br />
Schenken Sie Ihrem alten, ausgedienten<br />
Velo ein zweites Leben als Transportmittel<br />
in Afrika. O<strong>der</strong> sorgen Sie mit Ihrer Geldspende<br />
<strong>für</strong> die nötigen Mittel zum Export<br />
von Fahrrä<strong>der</strong>n an<strong>der</strong>er in den Süden.<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» arbeitet schweizweit<br />
eng mit lizenzierten sozialen Institutionen,<br />
Werkstätten, gemeinnützigen Vereinen,<br />
Firmen und Gemeinden zusammen. Die<br />
einen sammeln Velos, an<strong>der</strong>e bereiten<br />
sie zusätzlich <strong>für</strong> den Export in den Süden<br />
<strong>auf</strong> o<strong>der</strong> demontieren Ersatzteile.<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» konzentriert sich im<br />
Süden <strong>auf</strong> langfristige Partnerschaften<br />
mit gemeinnützigen Organisationen<br />
und privaten Initiativen. Diese bauen<br />
lokale Velokreisläufe <strong>auf</strong> und betreiben<br />
Velo- und Ausbildungsstätten.<br />
Mit Ihrem alten Drahtesel o<strong>der</strong> einer<br />
Investition von mindestens 50 Franken<br />
<strong>auf</strong> PC 30-7391-3 von Velos <strong>für</strong> Afrika <strong>der</strong><br />
Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation machen<br />
Sie Menschen im Süden mobil. Sie machen<br />
Ihnen Mut. Sie bauen Werkstätten und<br />
Netzwerke mit <strong>auf</strong>.<br />
Wie Sie praktisch und bequem alte Velos<br />
spenden können, lesen Sie <strong>auf</strong> den<br />
umliegenden Seiten o<strong>der</strong> im Internet <strong>auf</strong><br />
www.velosfuerafrika.ch. Für Ihre Geldspende<br />
liegt ein Einzahlungsschein zum<br />
Ausfüllen bei.<br />
Danke <strong>für</strong> Ihre weitsichtige Paten- und<br />
Partnerschaft.<br />
13
14<br />
«Partnerschaft <strong>auf</strong> Augenhöhe»<br />
Michel Ducommun ist kein Downhillbiker. Er fährt Velo im Alltag. So ist er nach einem dreijährigen<br />
Einsatz in Tansania mit Partnerin Flurina Derungs quer durch Afrika und später solo<br />
von Portugal heim nach Solothurn pedalt. Und das, obwohl er in seinen jungen Jahren als<br />
Buechibärger Töfflibueb Motoren frisiert hat. Seit ein paar Monaten arbeitet <strong>der</strong> studierte<br />
Sozialwissenschaftler und praktizierende Fachmann <strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit in den<br />
Recycling-Werkstätten Gump- & Drahtesel. Er betreut als Projektleiter «Velos <strong>für</strong> Afrika» die<br />
Kooperationen im Süden. Er baut in Burkina Faso, Ghana o<strong>der</strong> Tansania neue Velowerk stätten<br />
und lokale Produktionskreisläufe mit <strong>auf</strong>.<br />
Michel Ducommun spricht Swahili. Neulich<br />
kam ihm das auch in Bern zugut. Vor einem<br />
Konzert <strong>der</strong> weltweit angesagten Band aus<br />
Kongo. Staff Benda Bilili. Brillante Musiker. Auf<br />
<strong>der</strong> Bühne sitzen sie alle in Rollstühlen. Im Alltag<br />
in Kinshasa sind sie <strong>auf</strong> dreirädrigen Velo-<br />
Voiturettes o<strong>der</strong> Töff-Tricycles unterwegs. In<br />
Swahili kam er mit den körperbehin<strong>der</strong>ten<br />
Musikern direkt ins Gespräch. Die versammelten<br />
Kulturjournalisten mussten sich mit englischen<br />
Statements des Bandmanagers begnügen.<br />
Michel versteht auch, wie und warum man<br />
dem ältes ten Musiker <strong>der</strong> Gruppe beim Rotwein<br />
die Ehre erweisen muss.<br />
Einsatz in Tansania<br />
Michel Ducommun hat die Sprache und manche<br />
Sitte Ostafrikas in Tansania gelernt. Dort arbeitete<br />
er <strong>für</strong> ein Projekt von Terre des Hommes<br />
Schweiz mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen. In <strong>der</strong><br />
selbstorganisierten Waisenorganisation VSI, <strong>auf</strong><br />
Swahili: Vijana Simama Imara – Jugend, die<br />
standhält. Heute sind in Nshamba, im äussersten<br />
Nordwesten Tansanias, über 4500 Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche in 17 Dorfeinheiten vereint.<br />
Innerhalb dieser Dorfgemeinschaften gibt es jeweils<br />
Gruppen von drei bis sechs Jugendlichen,<br />
die sich ihr Einkommen mit kleinen Projekten<br />
selbst verdienen: zum Beispiel Gemüseanbau,<br />
Fischverk<strong>auf</strong>, das Halten von Hühnern und <strong>der</strong><br />
Verk<strong>auf</strong> von Eiern. In regelmässigen Meetings<br />
organisieren die Jugendlichen ihre eigenen<br />
Aktivitäten. Zusätzlich führen sie <strong>für</strong> alte,<br />
kranke Menschen Arbeiten aus, holen Wasser,<br />
sammeln Brennholz, kochen. Die Kin<strong>der</strong> und<br />
Jugend lichen erhalten da<strong>für</strong> einen monatlichen<br />
Beitrag, <strong>der</strong> zu ihrer Verfügung steht und teilweise<br />
in die Kasse <strong>der</strong> Dorfgemeinschaften geht.<br />
«Diese Partizipation, nicht nur als Teilnahme<br />
an einem Training verstanden, son<strong>der</strong>n<br />
als Ansatz <strong>der</strong> Selbstorganisation und Selbstentscheidung,<br />
ermöglicht den Waisen, innerhalb<br />
ihrer Lebenswelt im Dorf ihr soziales Netzwerk<br />
<strong>auf</strong>zubauen und durch die gegenseitige Unterstützung<br />
schwierige Situationen im Leben<br />
meis tern zu können», sagt Ducommun. Er<br />
engagierte sich im Auftrag von Interteam 2½<br />
Jahre in diesem Projekt. Seine Lebenspartnerin<br />
Flurina Derungs, heute Gleichstellungsbe<strong>auf</strong>tragte<br />
des Kantons Luzern, arbeitete gleichzeitig<br />
<strong>für</strong> WOSCA, die Women Savings and Credit<br />
Association. Diese Organisation setzt sich <strong>für</strong> die<br />
Ermächtigung von Frauen im Nordwesten von<br />
Tansania ein. Mikrofinanzierung, häusliche<br />
Gewalt und Landwirtschaft sind die Schwerpunktbereiche.<br />
Michel Ducommun konnte in dieser Zeit<br />
viele seiner alten Leidenschaften ausleben. Auf<br />
einer alten brasilianischen Akustikgitarre hat er<br />
nach Jahren <strong>der</strong> Abstinenz wie<strong>der</strong> zu spielen begonnen,<br />
heute übt er regelmässig den Blues <strong>auf</strong><br />
<strong>der</strong> Stromgitarre. O<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fussball. In Bern ist<br />
er im Besitz einer Saisonkarte von YB. Er besucht<br />
auch immer öfters die Erstliga-Spiele des<br />
FC Breitenrain. Weil er da näher am Spielfeld<br />
sitzt. Und weil die Frau an <strong>der</strong> Theke rät, doch<br />
ein grosses Bier zu nehmen, das koste nur einen<br />
Franken mehr, biete aber 2,5 Dezi mehr Bier.<br />
Während des Studiums <strong>der</strong> Sozialarbeit<br />
und Sozialpolitik, Zeitgeschichte und Umweltwissenschaften<br />
an <strong>der</strong> Uni Fribourg gründete er<br />
die alternative Plausch-Fussballmeisterschaft La<br />
Liga mit. In Tansania ist er stundenlang <strong>für</strong> ein<br />
Spiel <strong>der</strong> Afrikanischen Champions League angestanden:<br />
«Bis schwerbewaffnete Polizisten erst<br />
kurz vor Spielbeginn die Tickets an die Kassen<br />
gebracht haben, aus Angst vor Raubkopien.»<br />
In Tansania werde überall und unter allen<br />
Umständen gekickt. Im hohen Gras, zwischen<br />
Kühen, <strong>auf</strong> hügeligem Terrain, egal! Kein<br />
Wun<strong>der</strong> also auch, dass Michel Ducommun<br />
während <strong>der</strong> Fussball-WM in Deutschland 2006<br />
in Nshamba mit einer Handvoll Jugendlicher<br />
ein erstes VSI-Turnier von den Gruppenspielen<br />
bis zum Endspiel <strong>auf</strong>gezogen und damit<br />
Hun<strong>der</strong>te von Mitspielern und Tausende von Zuschauerinnen<br />
und Zuschauern bewegt und begeistert<br />
hat. Michel hatte zuvor Schweizer Clubs<br />
um ihren Support gebeten. Im Final standen<br />
sich die beiden Mannschaften in gesponserten<br />
Leibchen des FC Schaffhausen und des FC Basel<br />
gegenüber. «Schaffhauser Nachrichten» gegen<br />
Novartis. Seine Sammlung digitaler Fotos hält<br />
das Erlebnis bis heute wach.<br />
Der Erdnussmann<br />
Michel strahlt beim Durchclicken. Auch bei den<br />
Bil<strong>der</strong>n, die vom Ausleben seiner Velo-Leidenschaft<br />
zeugen. Er zeigt <strong>auf</strong> ein Bild eines alten<br />
Mannes mit einem ebenso alten Velo. «Das ist <strong>der</strong><br />
Erdnussmann. Mein liebstes Velobild aus<br />
Nshamba. Der Mann heisst Mzee Amada, ist weit<br />
über achtzig, wohnt alleine in einer kleinen Hütte<br />
inmitten <strong>der</strong> Bananenplantagen in einem Dorf<br />
in <strong>der</strong> Nähe von Nshamba», erzählt Michel: «Jeden<br />
Morgen röstet er die Erdnüsse zu Hause und<br />
macht sich dann mit dem Velo <strong>auf</strong> den Weg. Er<br />
verk<strong>auf</strong>t die Erdnüsse <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Strasse – direkt ab<br />
Velo sozusagen. Mit einem Löffeli wird Mass genommen.<br />
Ein Löffeli kostet so um die zwei bis drei<br />
Rappen. Bestellen kann man so: Ninaomba kwa<br />
shillingi mia moja...das heisst, dass ich gern <strong>für</strong><br />
100 Schillinge Nüsse haben möchte. Er nimmt<br />
dann den Löffel, greift 10-mal in die blaue Box.<br />
Wo die Erdnüsschen frisch und immer noch<br />
warm gelagert sind. Er verpackt sie <strong>auf</strong> Wunsch<br />
in ein kleines Säcklein o<strong>der</strong> legt sie direkt in die<br />
Hand <strong>der</strong> Käufer. Am Nachmittag geht er wie<strong>der</strong><br />
nach Hause und röstet neue. Am Abend, wenn viel<br />
los ist in Nshamba, kommt er wie<strong>der</strong> <strong>für</strong> den<br />
Verk<strong>auf</strong>. Sein wichtigster Tag ist natürlich <strong>der</strong><br />
Samstag, da ist Markttag in Nshamba.»<br />
An<strong>der</strong>e Fotos zeigen Michel selbst <strong>auf</strong> dem<br />
Velo. Nach Abschluss des Engagements in Tansania<br />
ist er mit Freundin Flurina und den Velos<br />
vor dem Haus, in dem sie gelebt haben, zur<br />
Heimfahrt gestartet. Zusammen mit Flurina via
Uganda, Ruanda, Burundi, Malawi, Sambia<br />
und Namibia bis nach Kapstadt. «Dort nahm<br />
Flurina das Flugzeug nach Hause, weil sie anschliessend<br />
nochmals <strong>für</strong> einen Einsatz nach<br />
Kampala, Uganda, musste. Ich hatte Zeit und<br />
wollte trotz bevorstehenden Wintermonaten unbedingt<br />
mit dem Velo durch jene Län<strong>der</strong> und<br />
Gebiete zurück, die ich früher schon besucht<br />
habe und die mir viel bedeuten. Das het eifach<br />
müesse sy.» Michel flog nach Portugal, stieg<br />
wie<strong>der</strong> <strong>auf</strong>s Velo und radelte über Lissabon und<br />
Barcelona durch Spanien und Frankreich in ein<br />
paar Wochen bis Weihnachten nach Solothurn,<br />
wo er vor seiner Abreise nach Tansania kurz bei<br />
einem Kollegen gewohnt hatte.<br />
Grossevents<br />
<strong>für</strong> Euroschools<br />
Zurück in <strong>der</strong> Schweiz heuerte er bei Euroschools,<br />
dem offiziellen Schul- und Jugendprojekt<br />
<strong>der</strong> Euro 08 an. Er organisierte u. a. als<br />
Projektleiter grosse Fair-Play-Fussballturniere<br />
mit kleinen Goals und Spielfel<strong>der</strong>n <strong>für</strong> Jugendliche<br />
aus ganz Europa und <strong>der</strong> Schweiz. Im<br />
April 2009 kehrte er als Coach in den Gump- &<br />
Fotos: Janosch Hugi / Michel Ducommun<br />
Michel Ducommun: leidenschaftlicher Velofahrer und «Velos <strong>für</strong> Afrika»-Projektleiter Süd.<br />
Drahtesel Bern-Liebefeld zurück. Hier hatte er<br />
nach dem Studium 2002 schon mal Zivildienst<br />
geleistet. In <strong>der</strong> Velowerkstatt, um endlich<br />
wie<strong>der</strong> einmal mit den Händen arbeiten zu<br />
können, wie er sagt, und in <strong>der</strong> damals im kleinen<br />
initiierte Bewerbungswerkstatt, weil dort<br />
seine Ressourcen gefragt waren – und heute<br />
wie<strong>der</strong> gefragt sind: Vor wenigen Monaten wechselte<br />
Michel Ducommun im Gump- & Drahtesel<br />
vom Coaching-Team als Projektleiter Süd<br />
zu «Velos <strong>für</strong> Afrika». Bald wird er sein Nachdiplomstudium<br />
<strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
an <strong>der</strong> ETH abschliessen.<br />
Zauber <strong>der</strong> Geschichten<br />
Wie<strong>der</strong> bündeln sich seine grössten Leidenschaften<br />
in einem neuen Engagement. Seine<br />
Affinität zu Afrika. Sein Faible <strong>für</strong> die Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Seine Liebe zum Velo.<br />
Seine Lust <strong>auf</strong> Arbeit mit Menschen, «die unter<br />
irgendwelchen Umständen an Orten und in Bedingungen<br />
<strong>auf</strong>wachsen, wo das Leben kompliziert<br />
ist.» Michel fasziniert an Afrika «dieses<br />
unbeschreibliche Gewusel, das Lebendige, ein<br />
Zauber, <strong>der</strong> uns hier im Norden längst abhan-<br />
den gekommen ist, <strong>der</strong> aber sehr wohl auch zu<br />
uns gehören würde.» Hat ihn Afrika nicht überfor<strong>der</strong>t?<br />
«Nur bis ich wusste, wie es funktioniert.<br />
Bis ich mich in diesem Gewusel zurechtfand.<br />
Bis man weiss, dass <strong>der</strong> Händler mit den Rüebli<br />
<strong>auf</strong> dem Markt einem vor allem eine Geschichte<br />
<strong>auf</strong>tischt. Wer die bessere Geschichte<br />
bieten kann, löst den besten Preis. Und du musst<br />
beim Eink<strong>auf</strong>en mit deiner Geschichte dagegenhalten.<br />
Je<strong>der</strong> weiss, dass die Geschichten so nicht<br />
stimmen können, aber wer sie als Lügen wahrnimmt,<br />
hat schon verloren.» Es sei wirklich eine<br />
Art Zauber: «Du weisst nie, ob das, was ist, wirklich<br />
so ist o<strong>der</strong> so wird. Bei uns sind die meisten<br />
Dinge geregelt und fix, beim Eink<strong>auf</strong>en ist alles<br />
angeschrieben, im Umgang vieles festgeschrieben.<br />
Das ist die Entzauberung <strong>der</strong> Welt. Natürlich<br />
finde ich mich darin gut zurecht. In Afrika<br />
lebt <strong>für</strong> mich all das Unbestimmte, dieser<br />
Zauber, wie<strong>der</strong> <strong>auf</strong>. Als ich letzten September <strong>für</strong><br />
einen mehrwöchigen Besuch in Tansania aus<br />
dem Flugzeug stieg, wusste ich, wie mir dieser<br />
Zauber gefehlt hat.»<br />
Arbeit <strong>auf</strong> Augenhöhe<br />
Dass wir im Norden eine Verantwortung gegenüber<br />
Afrika haben, ist ihm zu moralisch. Eine<br />
Zusammenarbeit <strong>auf</strong> Augenhöhe sei in <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
unabdingbar. «Wir<br />
müssen den gemeinsamen Weg fair und ehrlich<br />
aushandeln. Partnerschaft ist nicht nur Schulterklopfen,<br />
nicht nur Geben. Man muss in <strong>der</strong><br />
Zusammenarbeit auch for<strong>der</strong>n, nur so kann<br />
man sich gegenseitig ernst nehmen. Solche<br />
Partnerschaften sind <strong>für</strong> uns und <strong>für</strong> Afrika<br />
wichtig und möglich.» Vor allem wenn sie den<br />
lokalen Bedarf mehr gewichten als den Nutzen<br />
<strong>für</strong> den globalen Export. «Hier kann ‹Velos <strong>für</strong><br />
Afrika› wirklich einen grossen Beitrag leisten.<br />
Das Rohmaterial kommt mehrheitlich aus dem<br />
Norden, weil es hier bei uns einen Markt hat,<br />
<strong>der</strong> es weggibt. Vor Ort gibt es einen grossen Bedarf<br />
nach diesem Rohmaterial, nach Erwerbsarbeit,<br />
Möglichkeiten zum regionalen und lokalen<br />
Handel in Kleinstrukturen mit Kapazitäten<br />
zur Verarbeitung, zum Verk<strong>auf</strong>. Es ist spannend,<br />
diese Systeme lesen, verstehen und mitgestalten<br />
zu können. Das Velo eignet sich bestens dazu,<br />
diese kleinen lokalen Kreisläufe nachhaltig weiterzuentwickeln.»<br />
Man könne nie davon ausgehen,<br />
alles an Afrika zu verstehen. Er glaube aber,<br />
mit den Erfahrungen <strong>der</strong> letzten Jahre «einen<br />
Zugang, ein Gespür <strong>für</strong> das Handeln von<br />
Menschen zu haben, die ich dort kenne. Ich<br />
kann auch in an<strong>der</strong>en Situationen erahnen,<br />
dass es so o<strong>der</strong> so ist.» Und Michel Ducommun<br />
kann Swahili. Beat Hugi<br />
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14-10
Velos <strong>für</strong> Afrika <strong>auf</strong> dem Stundenplan<br />
Kurt Wüthrich und Maurice Brunner sind zufrieden. Die beiden Mitarbeiter <strong>der</strong> Berner Fachhochschule<br />
Architektur, Bau und Holz BFH betreuen von Biel aus im Auftrag einer Schweizer<br />
Stiftung das Fitnessprogramm <strong>der</strong> St. Paul Technical School SPATS in Kukurantumi, Ghana.<br />
In diesem Projekt aktiv dabei ist «Velos Afrika». Die im Sommer 2009 in Kukurantiumi eingerichteten<br />
Velowerkstätten dienen ab sofort nicht nur wie geplant <strong>der</strong> Weiterbildung ehemaliger<br />
SPATS-Absolventen: Das Fach Velomechanik ist jetzt schon Teil <strong>der</strong> Fachausbildung <strong>der</strong> Schule.<br />
Verk<strong>auf</strong>, Vertrieb und Marketing stehen zudem aktuell <strong>auf</strong> dem Stundenplan von drei Lehrern<br />
aus Kukurantumi, die sich im Juli 2010 <strong>für</strong> fünf Wochen in den Gump- & Drahtesel-Werkstätten<br />
Bern-Liebefeld weiterbilden.<br />
Maurice Brunner kehrte kurz nach<br />
Ostern mit beruhigenden Botschaften<br />
aus Ghana zurück: «An<br />
<strong>der</strong> Techniker-Schule SPATS läuft<br />
alles nach Plan. Sie haben die gemeinsam<br />
gesteckten Ziele erreicht.<br />
Der Ausbildungsbetrieb in <strong>der</strong> Velowerkstatt<br />
läuft rund. Die ersten 350<br />
Velos aus Bern wurden bis <strong>auf</strong><br />
wenige verk<strong>auf</strong>t. Die Verk<strong>auf</strong>spreise<br />
von etwa 45 Cedi, das sind<br />
rund 40 Franken, wurden lei<strong>der</strong><br />
noch zu tief angesetzt. Die Velos<br />
wurden vor allem an Leute aus <strong>der</strong><br />
Umgebung und an die Studenten<br />
<strong>der</strong> Schule abgegeben. Daran wird<br />
gearbeitet. Die Probleme sind erkannt.<br />
Die Leute sind hochmotiviert.<br />
Die Grundausbildung <strong>der</strong><br />
Lehrkräfte ist abgeschlossen.»<br />
Besuch aus Biel<br />
Maurice Brunner ist in Kumasi,<br />
Ghana, geboren. Seine Mutter ist<br />
Ghanaerin, sein Vater war Schweizer.<br />
Er ist früh gestorben. Maurice<br />
hat in <strong>der</strong> Schweiz studiert. Er reist<br />
als Schweizer SPATS-Projektleiter<br />
alternierend mit seinem Kollegen<br />
Kurt Wüthrich mehrmals pro Jahr<br />
nach Kukurantumi. Brunner ist<br />
heute Dozent <strong>für</strong> Baustatik an <strong>der</strong><br />
Berner Fachhochschule <strong>für</strong> Architektur,<br />
Bau und Holz BFH. Holzingenieur<br />
Kurt Wüthrich betreut in<br />
<strong>der</strong> BFH Projekte <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit.<br />
Die beiden<br />
beraten seit zwei Jahren im Auftrag<br />
einer Schweizer Stiftung die Leitung<br />
<strong>der</strong> St. Paul Technical School<br />
SPATS bei <strong>der</strong> Optimierung ihrer<br />
Ressourcen und Angebote. Erklärtes<br />
Ziel aller Beteiligten im<br />
Süden wie im Norden ist es, mit<br />
Zusatzangeboten in den Bereichen<br />
Weiterbildung, Dienstleistungen<br />
und Produktentwicklung neue<br />
Einnahmen <strong>für</strong> die Schule zu generieren.<br />
Zu diesem Zweck wurde auch<br />
das Projekt einer Velowerkstatt mit<br />
Ausbildung, Verk<strong>auf</strong> und Vertrieb<br />
in die Jahrespläne 2009 und 2010<br />
<strong>auf</strong>genommen. Im Sommer 2009<br />
lieferte «Velos <strong>für</strong> Afrika» einen<br />
ersten Container mit rund 350<br />
Schweizer Recycling-Velos und<br />
Einrichtungsgegenständen <strong>für</strong> die<br />
Arbeitsplätze nach Ghana. Beim<br />
Ausladen waren Matthias Maurer<br />
und Kaspar Gyger von Gump- &<br />
Drahtesel schon vor Ort. Sie bildeten<br />
anschliessend in einem ersten<br />
Workshop den Leiter des<br />
Mechanik-Bereichs und sechs seiner<br />
Lehrer in Velomechanik aus.<br />
Ein Energieeffort mit unerwarteten<br />
Folgen, wie Brunner bei<br />
seinem Besuch im Frühling mit<br />
Verblüffung mitbekam: «Noch im<br />
Herbst haben frühere Absolventen<br />
<strong>der</strong> Schule Velomechanik-Workshops<br />
als Weiterbildung besucht.<br />
Der Betrieb ist gut und stabil angel<strong>auf</strong>en.»<br />
Man habe ja <strong>für</strong> die l<strong>auf</strong>ende<br />
Periode genau solche Weiterbildungsmodule<br />
initiieren wollen,<br />
kaum aber schon an eine feste<br />
Inte gration <strong>der</strong> Velomechanik in<br />
die Grundausbildung <strong>der</strong> Schule<br />
zu denken gewagt. «Zu meinem<br />
Erstaunen steht die Velomechanik<br />
aber heute schon zum Schluss <strong>der</strong><br />
regulären Ausbildung <strong>für</strong> die Studenten<br />
<strong>der</strong> SPATS <strong>auf</strong> dem festen<br />
Stundenplan. Wir haben also ein<br />
eher mittelfristiges Ziel kurzfristig<br />
erreicht. Das zeigt die grosse Akzeptanz,<br />
die <strong>der</strong> Bereich Velomechanik<br />
in kurzer Zeit erreicht hat.»<br />
Das sei denn auch die beste<br />
Basis, früher und intensiver als<br />
vorge sehen die Entwicklung in <strong>der</strong><br />
Produktion von neuen Produkten<br />
<strong>auf</strong> Velobasis voranzutreiben, ist<br />
Kurt Wüthrich überzeugt.<br />
Wettbewerb<br />
und Voiturettes<br />
Wüthrich hatte SPATS kurz vor<br />
Weihnachten besucht. Schon damals<br />
ist im Lehrkörper darüber<br />
diskutiert worden, welche Spezialprodukte<br />
man <strong>der</strong>einst in den<br />
Werkstätten entwickeln und produzieren<br />
könnte: «Die Schule hat<br />
dazu einen Wettbewerb lanciert.<br />
Lehrer, Assistenten und Studenten<br />
können <strong>auf</strong> Papier Konzepte und<br />
Vorschläge einreichen. Eine Jury<br />
entscheidet, welche Projekte weiterverfolgt<br />
und als Prototypen gebaut<br />
werden sollen. Drei Projekte<br />
sollen dann realisiert werden.»<br />
Gleichzeitig wird auch die <strong>für</strong><br />
2011 geplante Produktion von Voiturettes,<br />
den dreirädrigen Velofahrzeugen<br />
<strong>für</strong> körperlich Behin<strong>der</strong>te,<br />
konkretisiert. Erste Prototypen, die<br />
Gump- & Drahtesel speziell <strong>für</strong> die<br />
Produktion im Süden entwickelt<br />
hat, stehen <strong>für</strong> den Export bereit.<br />
Dazu gibts Konstruktionspläne und<br />
spezielle Schweisslehren. Mit <strong>der</strong>en<br />
Hilfe werden die alten Velorahmen<br />
präzise zu neuen Voiturettes verbaut.<br />
Kurt Wüthrich: «Die Leute in<br />
Kuku rantumi freuen sich <strong>auf</strong> die<br />
neue Herausfor<strong>der</strong>ung. Sie sollen<br />
und wollen die neuen Fahrzeuge<br />
nach den individuellen Bedürfnissen<br />
potenzieller Nutzerinnen und<br />
Oben im Bild<br />
das Bieler Duo<br />
Brunner/Wüthrich,<br />
unten das Workshop-Team<br />
2009<br />
in Ghana. Mit dem<br />
Gump-& Drahtesel-Duo<br />
Maurer/<br />
Gyger.<br />
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bester Qualität wird<br />
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Veloflicken und Velover k<strong>auf</strong>en ist<br />
<strong>für</strong> Lehrer nach einer gewissen<br />
Zeit keine Herausfor<strong>der</strong>ung mehr.»<br />
Wirtschaftlich<br />
nachhaltig<br />
Gerade im betriebswirtschaftlichen<br />
Bereich liegen aber viel Entwicklungspotenzial<br />
und Hoffnung.<br />
Geht es doch darum, die Velos zu<br />
<strong>der</strong>art kalkulierten Preisen zu verk<strong>auf</strong>en,<br />
dass nicht nur <strong>der</strong> K<strong>auf</strong><br />
von neuen Velos möglich wird,<br />
son<strong>der</strong>n auch ein guter Batzen in<br />
die Kassen <strong>der</strong> Schule fliesst. Mit<br />
dem Geld sollen in Zukunft neue<br />
Projekte lanciert und alte Maschinen<br />
und Werkzeuge ersetzt werden.<br />
So werden sich die drei<br />
Lehrer <strong>der</strong> SPATS, die jetzt im Juli<br />
zur Fortbildung im Gump- &<br />
Draht esel arbeiten, auch intensiv<br />
mit Budgets, Kennzahlen, Marktanalysen<br />
und dem Festlegen von<br />
sinnvollen Verk<strong>auf</strong>spreisen beschäftigen<br />
müssen. Kurt Wüthrich:<br />
«Das war <strong>für</strong> die Lehrer bisher nie<br />
ein Thema. Sie haben unterrichtet<br />
und sich nicht um Produktionsmöglichkeiten<br />
und das Erwirtschaften<br />
<strong>der</strong> Finanzmittel kümmern<br />
müssen. Im letzten Sommer<br />
ging es erst einmal darum, das<br />
technische Know-how zu vermitteln<br />
und die Velomechanik als<br />
solches in den Griff zu kriegen.<br />
O<strong>der</strong> mehr noch: die Leute vom<br />
Velo zu begeistern. Das ist uns gut<br />
gelungen. Jetzt sind die Tücken<br />
und Regeln von Verk<strong>auf</strong> und Vertrieb<br />
an <strong>der</strong> Reihe.»<br />
Darin sind sich die Berater<br />
aus dem Norden und die Schulleitung<br />
im Süden einig. Klar, dass<br />
die 350 ersten Velos etwas zu schnell<br />
zu Einheitspreisen unters Volk gebracht<br />
wurden. Geprüft wird jetzt<br />
auch die Eröffnung eines SPATS-<br />
Veloladens mit geregelten Öffnungszeiten.<br />
Vorbild dazu könnte<br />
<strong>der</strong> Drahtesel-Laden von Gump- &<br />
Drahtesel im Liebefeld sein. In<br />
Ghana durften nämlich die rund<br />
350 Velos aus Bern einzig und<br />
allein vom Chef <strong>der</strong> Mechanikerabteilung<br />
verk<strong>auf</strong>t werden. Gab er<br />
Schule o<strong>der</strong> war sonst unterwegs,<br />
mussten potenzielle Käufer unverrichteter<br />
Dinge wie<strong>der</strong> ab ziehen.<br />
Der zweite Container mit<br />
Velos <strong>für</strong> Afrika ist übrigens bei<br />
Redaktionsschluss dieses gump!<br />
schon in Tema, dem Hafen von<br />
Accra in Ghana eingetroffen. Er<br />
wird dann <strong>auf</strong> dem Landweg nach<br />
Kukurantumi gefahren.<br />
Start mit Start ups<br />
«Gut möglich, dass ein Teil dieser<br />
Velos als Start-up-Paket an neu<br />
ausgebildete Veloagenten <strong>der</strong><br />
SPATS in Kommission gegeben<br />
werden», sagt Maurice Brunner.<br />
Denn darüber hätten sie sich im<br />
Frühjahr ebenfalls intensiv unterhalten:<br />
«Geplant sind erste Velomechanikkurse<br />
<strong>für</strong> interessierte<br />
Auswärtige, die dann die Velos in<br />
ihrer Region verk<strong>auf</strong>en und in<br />
einer eigenen kleinen Velowerkstatt<br />
<strong>für</strong> den Unterhalt <strong>der</strong> verk<strong>auf</strong>ten<br />
Velos sorgen.» Diesen Partnern<br />
soll als Startkapital eine Handvoll<br />
Velos anvertraut und ein Satz<br />
Werkzeuge zu einem Spezialpreis<br />
mitgegeben werden. Brunner: «Es<br />
ist in Ghana üblich, dass die Händler<br />
Waren in Kommission nehmen<br />
und erst nach dem Verk<strong>auf</strong> bezahlen.<br />
Dass dabei <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e abtaucht, gehört zum Geschäft.»<br />
Wobei die meisten <strong>der</strong><br />
potenziellen Partner ja seit längerem<br />
schon mit <strong>der</strong> SPATS in<br />
Kontakt stünden, ergänzt Kurt<br />
Wüthrich, «und damit auch ein<br />
gewisses Vertrauensverhältnis vorhanden<br />
ist.» Beat Hugi<br />
Wertschöpfung<br />
im Süden<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» konzentriert sich im Süden<br />
wie im Norden <strong>auf</strong> langfristige Partnerschaften<br />
mit gemeinnützigen Organisationen und<br />
privaten Initiativen. Diese bauen lokale<br />
Velokreisläufe <strong>auf</strong> und betreiben Velo- und<br />
Ausbildungsstätten. Hier weitere Beispiele:<br />
> Gebana afrique arbeitet in<br />
Burkina Faso mit Bauerngenossenschaften<br />
zusammen. Die Kleinbauern<br />
bauen unter an<strong>der</strong>em<br />
Mango und Cashew-Nüsse an. Als<br />
Teil <strong>der</strong> Fairtrade-Prämie beliefert<br />
sie Gebana aus <strong>der</strong> Schweiz mit<br />
Recycling-Velos von Gump- &<br />
Drahtesel und «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
> Die Eritrean National War<br />
Disabled Veterans Associa tion<br />
ENWDVA – eine Kriegsversehrten-Vereinigung<br />
in Eritrea –<br />
wird vom Hilfswerk <strong>der</strong> Evangelischen<br />
Kirchen Schweiz HEKS und<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» mit Velos und<br />
Ersatzteilen beliefert. Sie machen<br />
damit nicht nur Menschen mobil,<br />
son<strong>der</strong>n helfen auch mit, in Eritrea<br />
ein funktionierendes Velohandelsnetz<br />
<strong>auf</strong>zubauen. Es sichert Arbeit<br />
und Verdienst.<br />
> Das Youth Ahead Zimbabwe<br />
YAZ-Jugend-Projekt in Kuwadzana,<br />
einem Township bei Harare,<br />
<strong>der</strong> Hauptstadt von Zimbabwe<br />
bildet arbeitslose junge<br />
Menschen im Alter von 16 bis 30<br />
Jahren handwerklich aus. Fepa, ein<br />
Schweizer Fonds <strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
in Afrika, und<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» beliefern YAZ mit<br />
Velos und Ersatzteilen aus <strong>der</strong><br />
Schweiz. Geplant ist auch <strong>der</strong> Aufbau<br />
einer Velowerkstatt mit Ausbildungsplätzen<br />
<strong>für</strong> die Jugendlichen.<br />
> «Etre comme les autres/<br />
ECLA» ist eine Nichtregierungsorganisation<br />
im Norden von<br />
Burkina Faso. ECLA unterstützt<br />
Behin<strong>der</strong>te, Arbeitslose und Strassenkin<strong>der</strong><br />
durch Hilfe zur Selbsthilfe.<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» arbeitet<br />
seit Projektstart mit ECLA zusammen.<br />
Die beiden Organisationen<br />
erhielten <strong>für</strong> ihre Kooperation und<br />
ihr Engagement im Süden wie im<br />
Norden 2002 den renommierten<br />
«Nord/Süd-Preis» <strong>der</strong> Bethlehem-<br />
Mission und des Romerohauses<br />
Luzern.<br />
19
20<br />
Dieses Kultstück kriegt nicht je<strong>der</strong><br />
Dieser Bogen war eigentlich <strong>für</strong> ultramo<strong>der</strong>ne Felgen robuster Rä<strong>der</strong> von Downhill-Bikes<br />
gedacht. Ein Produktionsfehler mit Bruchgefahr machte es zum kostbaren Recyclingmaterial.<br />
Produzent DT Swiss liess die Felgen aber nicht einschmelzen. Die Recycling-Werkstätte<br />
von Gump- & Drahtesel durfte daraus diesen einzigartigen Klei<strong>der</strong>bügel in limitierter Auflage<br />
entwickeln. Der Reinerlös fliesst in die Kassen von «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
> Der Klei<strong>der</strong>bügel «drahtesel kult» wird von<br />
Francisco Flores und Kollegen in den Recyclingwerkstätten<br />
Gump- & Drahtesel mehrheitlich in<br />
Handarbeit gefertigt. Zum Trocknen <strong>der</strong> Schutzmaterialien<br />
an den Eckkanten kommt eine<br />
eigens <strong>für</strong> diesen Arbeitsprozess entwickelte und<br />
gebaute Trocknungsmaschine zum Einsatz.<br />
> Den Kult-Klei<strong>der</strong>bügel aus DT-Swiss-Felgen<br />
gibt es solange Vorrat in den Trendfarben<br />
Schwarz und Rot.<br />
Die Stückzahl ist limitiert. Der Reinerlös<br />
aus dem Verk<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Bügel fliesst in das Nord/<br />
Süd-Projekt «Velos <strong>für</strong> Afrika» von Gump- &<br />
Drahtesel Bern-Liebefeld.<br />
Aus <strong>der</strong> prächtigen Bieler Taubenlochschlucht und <strong>der</strong> Schüss<br />
fl iesst sauberer Ökostrom «naturemade star» <strong>auf</strong> Wunsch<br />
auch in Ihre Steckdose. Mehr dazu erfahren Sie beim:<br />
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Ein Klei<strong>der</strong>bügel «drahtesel kult» kostet<br />
Fr. 24.–, das Fünfer-Set gibts <strong>für</strong> Fr. 100.–.<br />
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Bollwerk 35 in Bern. O<strong>der</strong> weltweit und<br />
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Spendefreude nicht nur in Winterthur, son<strong>der</strong>n auch in Langenthal: 300 Velos verladen!<br />
Sammelrekord an Afro-Pfingsten:<br />
368 Schweizer Velos <strong>für</strong> Afrika<br />
Quantitativer und qualitativer Grosserfolg <strong>der</strong> Sammlung von<br />
alten Velos aus Winterthur und Umgebung <strong>für</strong> Afrika an Afro-<br />
Pfingsten 2010. An diesem Mai-Wochenende kamen <strong>auf</strong> dem<br />
Winterthurer Kirchplatz 310 Velos zusammen. 58 wurden per<br />
öV nachgeschickt. Mit 368 Velos wird die Rekordmarke aus<br />
dem letzten Jahr um acht Velos <strong>für</strong> Afrika übertroffen. Wochen<br />
zuvor schon wurden bei «Velos <strong>für</strong> Afrika on tour» in Langenthal<br />
300 Velos gespendet.<br />
Ob prächtiger Oldtimer, ultraleichte Rennvelos,<br />
stabile City- und Mountainbikes, Kin<strong>der</strong>velos<br />
o<strong>der</strong> viele solide Dreigänger-Damen- und<br />
Herrenvelos: Die Spen<strong>der</strong>innen und Spen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
368 Velos <strong>für</strong> Afrika nahmen <strong>auf</strong> dem Winterthurer<br />
Kirchplatz zwar oft mit etwas Wehmut,<br />
aber immer auch mit grossem Herzen <strong>für</strong> Afrika,<br />
Abschied von ihrem langjährigen Weg- und<br />
Reise gefährten. Sie brachten die Velospenden<br />
am Freitag und Samstag aus <strong>der</strong> ganzen Agglomeration,<br />
aber auch von weiter her zu Fuss, Bus,<br />
Bahn o<strong>der</strong> im Auto zum Sammelort am fairfair-<br />
Markt von Afro-Pfingsten.<br />
Alle Winterthurer Velos <strong>für</strong> Afrika werden<br />
in den Recycling- und Integrationswerkstätten<br />
WTL in Rapperswil-Jona und Gump- & Drahtesel<br />
Bern-Liebefeld <strong>für</strong> den Export fahrtüchtig<br />
<strong>auf</strong>bereitet und dann nach Ghana, Burkina Faso,<br />
Simbabwe o<strong>der</strong> Eritrea verschifft. Speziell kostbare<br />
Stücke können auch in <strong>der</strong> Schweiz verk<strong>auf</strong>t<br />
o<strong>der</strong> versteigert werden – <strong>der</strong> Erlös fliesst vollumfänglich<br />
in den kontrollierten «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika»-Fonds <strong>der</strong> Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation<br />
als Trägerorganisation von Velos <strong>für</strong> Afrika.<br />
Er kommt so <strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
mit Werkstätten, Arbeits- und Ausbildungsplätzen<br />
<strong>für</strong> Velomechanik im Süden zugut.<br />
Erfolgreich war auch das Sammeln von<br />
Velos <strong>für</strong> Afrika anlässlich <strong>der</strong> «re-Cycle» vom<br />
Samstag, 27. März, in <strong>der</strong> Markthalle Langenthal.<br />
Hier kamen über 300 Velos aus dem<br />
ganzen Oberaargau und sogar dem Emmental<br />
zusammen. Aarwangens Wegmeister René<br />
Müller karrte gleich zwölf Stück vorbei.<br />
In Langenthal und Winterthur wurde<br />
das «Velos <strong>für</strong> Afrika»-Team übrigens von Mitarbeiterinnen<br />
<strong>der</strong> UBS, Abteilung Community<br />
Affairs Switzerland, im Freiwilligeneinsatz<br />
unterstützt. Die in Langenthal gespendeten<br />
Velos wurden von Planzer kostenlos nach Bern<br />
transportiert.<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika on tour» sammelt mit<br />
ProjektpartnerInnen wie Pro Velo, Veloplus,<br />
Velowerkstätten, Gemeinden,<br />
Vereinen und Fachhändlern an Velobörsen<br />
o<strong>der</strong> Bring-, Hol- und Sammeltagen punktuell<br />
Velos <strong>für</strong> Afrika. Die aktuellen Daten<br />
finden Sie im Internet. Ebenso die<br />
ständigen Sammelpunkte, wo Sie Ihr altes<br />
Velo (fast) je<strong>der</strong>zeit abgeben können:<br />
www.velosfuerafrika.ch, Button «Velos<br />
spenden».<br />
Bekannte<br />
Botschafter<br />
Persönlichkeiten aus Kultur, Politik,<br />
Gesellschaft und Sport unterstützen<br />
das Projekt «Velos <strong>für</strong> Afrika» als<br />
Botschafter. Unter ihnen die Kabarettisten<br />
EMIL Steinberger und Franz<br />
Hohler mit ihren Frauen Niccel und<br />
Ursula, OL-Spitzenläuferin Simone<br />
Niggli-Lu<strong>der</strong> mit Mann Matthias,<br />
Künstler Matthias Winkler mit Frau<br />
Paula Hiltbrunner und Clown PIC.<br />
21
Das kleine Bild<br />
rechst zeigt den<br />
Prototyp eines<br />
Voiturettes.<br />
Gebaut von<br />
Gump- &<br />
Draht esel und<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
mit Gel<strong>der</strong>n <strong>der</strong><br />
Kirchen.<br />
22<br />
Kirchgemeinden machen mobil<br />
Ein aktuelles Beispiel von vielen: Die reformierte Kirchgemeinde Uetikon am See sammelt bis<br />
Anfang 2011 Geld <strong>für</strong> das entwicklungspolitische Engagement «Velos <strong>für</strong> Afrika». Spenden<br />
können <strong>auf</strong> das Konto <strong>der</strong> reformierten Kirchenpflege (PC 87-4412-2) einbezahlt werden. Zudem<br />
sind die Kollekten <strong>der</strong> elf Gottesdienste vom 2. April, 2. Mai, 27. Juni, 25. Juli, 15. August,<br />
26. September, 24. Oktober, 21. November, 19. Dezember sowie 2. Januar und 6. Februar 2011<br />
<strong>für</strong> das Projekt bestimmt. Es macht die Menschen im Süden mobil.<br />
Die Kirchenpflege Uetikon am See<br />
wählt <strong>für</strong> die jährliche Hilfsaktion<br />
jeweils sehr sorgfältig ein Inland-<br />
und ein Auslandprojekt aus. Im<br />
Inland wird die Genossenschaft<br />
Fontana Passugg unterstützt. Sie<br />
widmet sich <strong>der</strong> Integration von<br />
hörbehin<strong>der</strong>ten Menschen. Mit<br />
Überzeugung empfiehlt die Kirchenpflege<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung, die jeweiligen<br />
Projekte zu unterstützen.<br />
Bis Ende Februar 2011 machen<br />
sich so die Kirchgängerinnen und<br />
Kirchgänger <strong>der</strong> Gemeinde und die<br />
Kirche <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika» und<br />
damit <strong>für</strong> mehr Mobilität ohne<br />
CO2-Ausstoss im Süden stark.<br />
Pioniertaten<br />
ermöglicht<br />
Genauso wie die Kirchgänger-<br />
Innen <strong>der</strong> ev.-ref. Kirchgemeinde<br />
Köniz. Sie zahlten zur Jahressammlung<br />
08/09 1690 Franken<br />
<strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika» ein. 2008<br />
gingen aus Illnau-Effretikon 7500<br />
Franken als Teil des Erlöses aus<br />
dem traditionellen «Illnauer Ad-<br />
Die Sekundarschule Hatzenbühl<br />
in <strong>der</strong> zürcherischen Gemeinde<br />
Nürensdorf wurde 2009 als<br />
velofreundlichste Schule ausgezeichnet<br />
und mit dem «bike to<br />
work»-Preis geehrt. Das Preisgeld<br />
solle gespendet werden, entschied<br />
die Schulkonferenz. «Der Schülerrat<br />
<strong>der</strong> Sekundarschule Hatzenbühl<br />
wählte dar<strong>auf</strong>hin drei gemeinnützige<br />
Organisationen aus,<br />
die das Preisgeld – von <strong>der</strong> Schule<br />
vents-Basar» an «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
Seit Beginn 1993 kann «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika» landesweit immer wie<strong>der</strong><br />
<strong>auf</strong> die Unterstützung durch die<br />
Kirchen zählen. Sie erachten das<br />
Engagement <strong>für</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
als nachhaltig<br />
und för<strong>der</strong>ungswürdig. So haben<br />
Kirchgemeinden immer wie<strong>der</strong><br />
zukunftsweisende Pioniertaten finanziell<br />
unterstützt: wie den Aufbau<br />
von Werkstätten in Côte d’Ivoire,<br />
Burkina Faso o<strong>der</strong> Ghana.<br />
HEKS, das Hilfswerk <strong>der</strong> evangelischen<br />
Kirchen Schweiz, hat zusammen<br />
mit einer Kriegsversehrtenorganisation<br />
den Aufbau einer<br />
Velowerkstatt und ein Vertriebsnetz<br />
in Eritrea ermöglicht. HEKS liefert<br />
periodisch neue Container voller<br />
Schweizer Recyclingvelos nach.<br />
Die lokale Partnerorganisation<br />
verk<strong>auf</strong>t die begehrten Fahrrä<strong>der</strong><br />
<strong>auf</strong> dem Markt und generiert damit<br />
Einkommen und kurzfristig<br />
auch Arbeitsplätze <strong>für</strong> behin<strong>der</strong>te<br />
Velomechaniker. Mit dem Gewinn<br />
aus dem Verk<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Velos werden<br />
lokale eigene Projekte finanziert.<br />
<strong>auf</strong> Fr. 3000.– <strong>auf</strong>gestockt – erhalten<br />
sollten», berichtet Co-Schulleiter<br />
Thomas Obrist. Unter den Begünstigten<br />
befand sich auch das<br />
Nord-Süd-Projekt «Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
(VfA) von Gump- & Drahtesel<br />
und Partnerbetrieben schweizweit.<br />
Gump- & Drahtesel ist ein soziales<br />
Unternehmen <strong>der</strong> Stiftung<br />
<strong>für</strong> soziale Innovation. Die Recycling-Werkstätten<br />
in Bern-Liebefeld<br />
exportieren seit 17 Jahren Schwei-<br />
Zudem wird ein Mikrokredit-Fonds<br />
gespiesen, aus dem 100 Frauen<br />
einen Kleinkredit beziehen können,<br />
um Geschäftsaktivitäten <strong>auf</strong>zunehmen.<br />
Voiturettes<br />
neu erfunden<br />
Die römisch-katholische Gesamtkirchgemeinde<br />
von Bern und Umgebung<br />
hat 2009 mit 30 000 Franken<br />
die Entwicklung und den Bau<br />
von neuen Prototypen dreirädriger<br />
Transportfahrzeuge <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Behin<strong>der</strong>ungen mehrheitlich<br />
zer Recycling-Velos in den Süden.<br />
Unter an<strong>der</strong>em deshalb wurden das<br />
Unternehmen und sein Grün<strong>der</strong><br />
Paolo Richter 2009 von einer hochkarätigen<br />
Jury um Nationalratspräsidentin<br />
Pascal Bru<strong>der</strong>er zum<br />
«Swiss Social Entrepreneur» gekürt.<br />
Die Nürensdorfer Sekschüler<br />
liessen es übrigens nicht bei ihrer<br />
Geldspende bewenden. Sie halfen<br />
zusammen mit Schulsozialarbeiter<br />
Jürg Gilly Mitte April mit, bei <strong>der</strong><br />
aus Schweizer Recyclingmaterial<br />
finanziert. In Afrika heissen die<br />
Vehikel Voiturettes. Ziel <strong>der</strong> Entwicklungsarbeit<br />
im Norden ist es,<br />
die Schwachstellen <strong>der</strong> bisherigen<br />
Fahrzeuge auszumerzen und möglichst<br />
viel Fahr- und Sitzkomfort<br />
mit einem guten Design zu kombinieren.<br />
Die Voiturettes werden<br />
dann aus alten Veloteilen in Betrieben<br />
im Süden nach den individuellen<br />
Bedürfnissen <strong>der</strong> Nutzer-<br />
Innen weiterentwickelt und produziert.<br />
So sollen nicht nur<br />
nachhaltige Fahrzeuge <strong>für</strong> Handicapierte<br />
gebaut, son<strong>der</strong>n auch<br />
nachhaltig neue Arbeitsplätze geschaffen<br />
werden. Ruth Hugi<br />
Schön, wenn auch Sie sich <strong>für</strong><br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» in Vereinen,<br />
Gemeinden o<strong>der</strong> ganz privat<br />
engagieren wollen. Kontaktieren<br />
Sie Ruth Hugi. Sie koordiniert<br />
Mittelbeschaffung von<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» <strong>der</strong> Berner<br />
Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation.<br />
Telefon 062 922 91 56, E-Mail<br />
hugiruth@bluewin.ch<br />
Sekschüler spendeten Geld und spielten mit den Muskeln<br />
VfA-Partnerwerkstatt WTL in Rapperswil/Jona<br />
einen Container mit<br />
Hun<strong>der</strong>ten Recyclingvelos zu füllen.<br />
Werkstattleiter Christian Fäh<br />
zu gump!: «Die Schülerinnen und<br />
Schüler trugen die exportfertig demontierten<br />
Velos 100 m weit vom<br />
Lager zum Container. 460 Velos<br />
fanden Platz im Container. Nach<br />
drei Stunden fuhr <strong>der</strong> Tiefla<strong>der</strong><br />
Richtung Rheinhafen Basel ab.»<br />
Ruth Hugi
«Luxusradler» fährt<br />
alte Velos nach Afrika<br />
Ein Münsinger Berufschullehrer startet 2011 zum legendären Race<br />
Across America. Das härteste Radrennen <strong>der</strong> Welt führt quer durch<br />
den nordamerikanischen Kontinent und zieht Ultralangdistanzfreaks<br />
aus allen Kontinenten an. Nik Zeindler und sein Team werden mit<br />
einem Teil <strong>der</strong> Supporter- und Sponsorenbeiträge «Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
von Gump- & Drahtesel unterstützen. Für gump! beschreibt er sich<br />
und sein Abenteuer:<br />
Eigentlich bin ich ja ein Bergsteiger<br />
und schaue am liebsten von<br />
<strong>der</strong> ausgesetzten Spitze eines<br />
hohen Gipfels in die Nie<strong>der</strong>ungen<br />
des Lebens. Bis zu meinem ersten<br />
Radmarathon im Jahr 2004 suchte<br />
ich also die Herausfor<strong>der</strong>ungen vor<br />
allem im steilen Fels und den kombinierten<br />
Wänden unserer atemberaubenden<br />
Alpen. Begonnen hat<br />
die Zwei radleidenschaft in den<br />
frühen 1980er Jahren des vergangenen<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts mit einer<br />
längeren Radtour rund um Europa:<br />
10 000 km mit Sack und Pack,<br />
damals aber in gemütlichen sechs<br />
Monaten. Geblieben ist mir davon<br />
die Zuversicht, dass mit genügend<br />
Enthusiasmus und Zeit fast jede<br />
Ecke <strong>der</strong> Erde mit Muskelkraft erreicht<br />
werden kann.<br />
Race Across<br />
America (RAAM)<br />
Das härteste Radrennen <strong>der</strong> Welt<br />
startet an <strong>der</strong> Westküste <strong>der</strong> USA<br />
und führt über 4800 km und<br />
30 000 Höhenmeter an die Ostküste.<br />
Den Solofahrern stehen<br />
lediglich 12 Tage zur Verfügung,<br />
viel Schlaf liegt also nicht drin,<br />
und tägliche Fahrzeiten von 20<br />
Stunden sind die Regel. Je<strong>der</strong> Teilnehmer<br />
und jede Teilnehmerin<br />
(ja, nicht nur Männer machen sowas)<br />
organisiert sich sein Team<br />
von 7 bis 9 Begleitpersonen selber,<br />
welches im Pacecar direkt hinter<br />
dem Rennfahrer o<strong>der</strong> im Wohnmobil<br />
mitfährt.<br />
Ziemlich strapaziös<br />
Die Anfor<strong>der</strong>ungen an Team und<br />
Fahrer sind sehr hoch, denn <strong>auf</strong><br />
den fast 5000 km Rennstrecke<br />
können vielfältige Schwierigkeiten<br />
<strong>auf</strong>treten: Sattel- und Gelenkprobleme,<br />
Durchfall, Infektionen,<br />
Dehydration, Stürze, Schlafmangel<br />
aller Beteiligten mit entsprechenden<br />
Folgen und vieles mehr.<br />
Kein Wun<strong>der</strong>, dass aus Erfahrung<br />
nur gerade die Hälfte <strong>der</strong> 20 bis 25<br />
Startenden aus eigener Kraft im Ziel<br />
in Annapolis, Maryland, einfährt.<br />
Luxusradeln <strong>für</strong><br />
guten Zweck<br />
Irgendwann während einer längeren<br />
Fahrt über etliche Emmentaler<br />
Höger kreisten meine Gedan-<br />
ken um den ewigen Zwiespalt<br />
zwischen Luxusradeln und Weltverbessern.<br />
Für jeden halbwegs<br />
grün-rot angehauchten Zeitgenossen<br />
ist ja so ein 4800-km-Rennen<br />
drüben in den USA ein Graus, völlig<br />
unverantwortbar...und trotzdem<br />
eine Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Aus diesem Dilemma heraus<br />
haben wir uns entschlossen, im Bewusstsein<br />
unseres Überflusses und<br />
auch aus Dankbarkeit einen Teil<br />
<strong>der</strong> uns zufliessenden Supporter-<br />
und Sponsorenbeiträge an das Projekt<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» weiterzugeben.<br />
Uns ist klar, dass wir damit<br />
nicht die Welt vor dem Untergang<br />
retten, aber doch einen kleinen<br />
Schritt in Richtung besseres Leben<br />
unterstützen. Nik Zeindler<br />
Nik Zeindler, geboren am<br />
16. Januar 1960, ist verheiratet,<br />
Vater von drei Kin<strong>der</strong>n.<br />
Er lebt als Berufschullehrer in<br />
Münsingen. Mehr Informationen<br />
zu seinem Abenteuer<br />
RAAM finden Sie <strong>auf</strong><br />
www.nikzeindler.ch.<br />
Mehr zu seinen selbstgebauten<br />
Wind rä<strong>der</strong>n <strong>auf</strong><br />
www.zeindler-windrae<strong>der</strong>.ch<br />
Virtuos<br />
und virtuell<br />
Schon während <strong>der</strong> Preisverleihung<br />
«Swiss Social Entrepreneur 2009»<br />
an Paolo Richter von Gump- &<br />
Drahtesel und «Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
war <strong>für</strong> Gast Lutz Schlange eine<br />
Blitzidee beschlossene Sache: Der<br />
Marketing-Dozent und Experte <strong>für</strong><br />
Social Entrepreneurship an <strong>der</strong><br />
Churer Hochschule <strong>für</strong> Technik<br />
und Wirtschaft HTW wollte seine<br />
StudentInnen unbedingt <strong>für</strong> «Velos<br />
<strong>für</strong> Afrika» wirken lassen. Sein Auftrag<br />
als Abschlussarbeit «Kampagnenmanagement»:<br />
Entwickeln<br />
Sie als professionelle Agentur eine<br />
Kampagne zum Internet<strong>auf</strong>tritt<br />
von «Velos <strong>für</strong> Afrika» im Web 2.0.<br />
Das heisst: Wie kann das Projekt <strong>auf</strong><br />
den neuen, freien Internetplattformen<br />
Facebook, YouTube usw.<br />
mehr Aufmerksamkeit und Spenden<br />
gewinnen. Und wie lässt sich<br />
das digitale Wun<strong>der</strong> mit realen Wirkungsfel<strong>der</strong>n<br />
wie aktuelle Velosammelevents,<br />
traditionelles Spendenverhalten<br />
usw. verbinden.<br />
Die Latte lag zugegebenermassen<br />
hoch. Das Resultat begeistert.<br />
Fünf ad hoc formierte<br />
«Agenturen» setzten sich von<br />
Februar bis April 2010 intensiv mit<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» und mit den<br />
<strong>Chance</strong>n und Gefahren <strong>der</strong> neuen<br />
sozialen Netzwerken, im Internet<br />
auseinan<strong>der</strong>. Sie klärten die Vorgaben,<br />
entwickelten eigene Strategien,<br />
erkannten Stolperdrähte,<br />
entschieden sich <strong>für</strong> klare Konzepte<br />
und setzen diese praxisnah<br />
<strong>auf</strong> Papier und virtuos virtuell im<br />
Internet um. Zum Schluss präsentierten<br />
sie ihre Konzepte und Kampagnen<br />
höchst professionell ihrem<br />
Kunden, den Kommunikationsverantwortlichen<br />
von «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
Mehr dazu hoffentlich bald<br />
im Web. «Velos <strong>für</strong> Afrika» bedankt<br />
sich schon heute ganz herzlich bei<br />
den beteiligten Agenturen RGW<br />
communications, Smar(t)keting,<br />
AHA marketing solutions, SunShine<br />
und Nyoka <strong>für</strong> ihr gespendetes<br />
Engagement, ihren Arbeitseinsatz<br />
und die bestechenden Ideen.<br />
23
Soziale Einrichtungen und Betriebe<br />
PROJEKT-WERKSTATT<br />
24<br />
Sinnstiftende Arbeit im Norden<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» arbeitet schweizweit eng mit privat lizenzierten sozialen Institutionen,<br />
Werkstätten, gemeinnützigen Vereinen, Firmen und Gemeinden zusammen. Sie sammeln Velos,<br />
bereiten sie <strong>für</strong> den Export in den Süden <strong>auf</strong>, verladen sie teilweise direkt in die Container o<strong>der</strong><br />
demontieren Ersatzteile. Das sind die aktuell wichtigsten «Velos <strong>für</strong> Afrika»-Verarbeitungspartner:<br />
> Im Metallbereich Basisbeschäftigung<br />
des Sozialdienstes<br />
<strong>der</strong> Stadt Zürich bereiten die 25<br />
Teilzeitmitarbeiter unter Leitung<br />
von Werkstattleiter Christian Juchli<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» <strong>auf</strong> und füllen<br />
hier an <strong>der</strong> Aemtlerstrasse auch<br />
jährlich zwei bis vier Container <strong>für</strong><br />
die Schiffsreise nach Afrika.<br />
> In <strong>der</strong> Recycling- und Velowerkstatt<br />
des WTL Werk- und<br />
Technologiezentrums Linthgebiet<br />
Rapperswil-Jona werden<br />
mehrheitlich Velos <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika» <strong>auf</strong>bereitet. Im WTL werden<br />
stellenlose Menschen aus den umliegenden<br />
Gemeinden am Oberen<br />
Seebecken «wie<strong>der</strong> fit <strong>für</strong> den ersten<br />
Arbeitsmarkt gemacht».<br />
> Die Velo-Werkstatt des Lern-<br />
Werks Turgi sammelt in <strong>der</strong><br />
Grossregion Aarau-Baden Velos zur<br />
Verarbeitung o<strong>der</strong> kann sie in<br />
Werkhöfen, Polizeidepots und bei<br />
Versicherungen <strong>der</strong> Region abholen.<br />
Rund 1500 pro Jahr kommen<br />
in «Velos <strong>für</strong> Afrika»-Container.<br />
> Die Velorecycling-Werkstatt<br />
des Sozialdienstes <strong>der</strong> Stadt<br />
Thun sammelt Velos aus <strong>der</strong> Stadt<br />
und Region Thun und dem Berner<br />
Oberland und bereitet sie <strong>für</strong> den<br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika»-Transport in<br />
den Süden <strong>auf</strong>.<br />
Das Impressum<br />
nord_süd ist eine Beilage/ein Son<strong>der</strong>druck<br />
von gump! Zeitung <strong>für</strong> Mutanfälle;<br />
erscheint 2� jährlich; Auflage: 25 000 Ex.<br />
Redaktion 01/2010 im Juli:<br />
Paolo Richter, Ruth und Beat Hugi (Leitung)<br />
Ob St. Gallen o<strong>der</strong> Rapperswil: Engagement <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika».<br />
> In Andy Franks Projekt-Werkstatt<br />
St. Gallen werden seit<br />
Oktober 2009 in einem Einsatzprogramm<br />
von Menschen ohne Erwerbsarbeit<br />
gespendete und gesammelte<br />
Fahrrä<strong>der</strong> <strong>für</strong> «Velos<br />
<strong>für</strong> Afrika» und Partnerorganisationen<br />
<strong>der</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />
<strong>auf</strong>bereitet.<br />
> In den Velowerkstätten von<br />
Caritas Luzern in Littau und<br />
Sursee werden jährlich rund 1500<br />
Velos <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika» gesammelt<br />
und <strong>auf</strong>bereitet. Zum Verlad<br />
in die Container werden sie nach<br />
Bern zum Gump- & Drahtesel<br />
transportiert.<br />
> Das Arbeitsintegrationsprogramm<br />
HEKS TG job unterstützt<br />
erwerbslose Frauen, Männer und<br />
junge Erwachsene. Sie sammeln<br />
und reparieren u. a. in <strong>der</strong> ganzen<br />
Inserate, Redaktion & Produktion:<br />
hugis, Postfach, 4901 Langenthal<br />
Telefon 062 923 15 57<br />
beathugi@bluewin.ch<br />
Layout & Druck:<br />
Stefan Zimmerli;<br />
Schürch Druck und Medien, Huttwil<br />
Ostschweiz ausrangierte Fahrrä<strong>der</strong><br />
und bereiten einen Teil davon <strong>für</strong><br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika» <strong>auf</strong>.<br />
> Die Velostation Bödeli des<br />
Schweizerischen Arbeiterhilfswerks<br />
SAH in Interlaken sammelt<br />
Velos und bereitet eine kleinere Menge<br />
auch <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika» <strong>auf</strong>.<br />
Die <strong>für</strong> den Export bereiten Fahrrä<strong>der</strong><br />
werden von Gump- & Drahtesel<br />
in Bern in Container verladen.<br />
> Die Velostation Burgdorf<br />
Dienst leistungen ist ein lizenzierter<br />
Partnerbetrieb. Die Recyclingwerkstatt<br />
ist sowohl Sammelstelle<br />
von «Velos <strong>für</strong> Afrika», wie<br />
auch Aufbereitungspartner.<br />
> Im Werkhaus des Wohnheims<br />
Riggisberg nehmen Bewohner bei<br />
definitiv ausgemusterten Velos die<br />
noch nutzbaren Teile <strong>für</strong> das Ersatzteillager<br />
heraus. Werkhaus-<br />
Leiter Andreas Schmocker hat eigens<br />
<strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong> Afrika» und<br />
diese Arbeiten eine Velowerkstatt<br />
einrichten lassen.<br />
Mehr Hintergrundinformationen<br />
zum Projekt «Velos<br />
<strong>für</strong> Afrika» und News zu den<br />
aktuellen Sammelstellen und<br />
Möglichkeiten <strong>für</strong> Spenden<br />
finden Sie <strong>auf</strong><br />
www.velosfuerafrika.ch<br />
Herausgeberin:<br />
Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation<br />
www.sozinn.ch<br />
www.velosfuerafrika.ch
«<strong>Unternehmer</strong> finden hier gute Mitarbeiter»<br />
Seit fünf Jahren leitet Eva Maria Thür das Jobtimum im Gump- & Drahtesel. Mit einem starken<br />
Team von <strong>Coachs</strong> begleitet sie seither erfolgreich Menschen ohne Erwerbsarbeit während<br />
maximal zwei Monaten zurück an den Arbeitsplatz. Ein Weg, <strong>der</strong> immer häufiger über den<br />
Grauen Arbeitsmarkt gelingen soll. Im Sommer 2009 hat das beco Berner Wirtschaft als Zeichen<br />
<strong>der</strong> Zustimmung dieses Programm zur Beruflichen Integration um 13 Plätze <strong>auf</strong>gestockt.<br />
Eva Maria Thür sieht sich trotz des Erfolgs und<br />
<strong>der</strong> guten Resultate noch nicht ganz am Ziel. Sie<br />
würde gerne noch mehr <strong>der</strong> Teilnehmenden<br />
schon während o<strong>der</strong> bald nach ihrem Einsatz im<br />
Jobtimum in einer neuen Stelle wissen. Letztes<br />
Jahr waren es 36 Prozent, im Vorjahr 43 Prozent.<br />
Die Pionierphase sei abgeschlossen, jetzt gehe es<br />
um den Feinschliff. Natürlich freut sich Thür<br />
über die positive Resonanz in den zuweisenden<br />
Stellen: von den RAV-PersonalberaterInnen an<br />
<strong>der</strong> Front genauso wie von den EntscheidungsträgerInnen<br />
in <strong>der</strong> Schaltzentrale <strong>für</strong> Arbeitsloseneinsätze,<br />
dem beco Berner Wirtschaft.<br />
Unnötiger Raubbau<br />
an allen Ressourcen<br />
Der Entscheid, im Sommer 2009 schon kurzfristig<br />
Ausbildungsplätze <strong>auf</strong>zustocken, ist ein gutes<br />
Zeichen. Der Auftrag, Menschen ohne Erwerbsarbeit<br />
möglichst rasch wie<strong>der</strong> in die Arbeitswelt<br />
zu integrieren, wird mit grossem persönlichem<br />
Engagement und mo<strong>der</strong>nen Methoden gut erfüllt.<br />
Auch und gerade mitten und nach all den<br />
Verwerfungen, die die Wirtschafts- und Finanzwelt<br />
in den letzten Monaten geschüttelt hat. Eva<br />
Maria Thür kennt die Probleme. Hat sie doch vor<br />
Jahren schon, damals persönliche Ausbildnerin<br />
von Ka<strong>der</strong>leuten <strong>der</strong> Wirtschaft, erkannt: «In<br />
meinem eigenen Lernfeld habe ich von guten<br />
Leuten erfahren, wie man mit Menschen umgeht,<br />
damit sie gute Leistungen erbringen, einen<br />
guten Job machen und möglichst erfolgreich<br />
sind. Wir haben letztes Jahr <strong>auf</strong> dem Arbeitsmarkt<br />
ein Riesendesaster erlebt. Das wäre doch alles<br />
nicht nötig gewesen, wenn es nicht so viele<br />
Firmen gäbe, die am Ausbeuten sind: die Raubbau<br />
an <strong>der</strong> Natur betreiben, die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter verbrauchen.» Die Stärke <strong>der</strong><br />
<strong>Coachs</strong> im Jobtimum sei es gerade, die Stärken<br />
<strong>der</strong> Menschen, ihre privaten Ressourcen und<br />
beruflichen Fähigkeiten zu erkennen, notfalls<br />
wie<strong>der</strong> freizulegen und <strong>für</strong> eine tragfähige Entwicklung<br />
zu sorgen.<br />
Freiwilligkeit<br />
als Schlüssel<br />
Integrieren, inspirieren und optimieren<br />
Ziel ist es, dass die Teilnehmenden aus all den<br />
Dingen und Kontakten, die sie hier einfädeln<br />
und erkennen, eine neue Stelle finden. «Wer<br />
hier reinkommt, geht meistens an<strong>der</strong>s raus.»<br />
Das bedinge aber, dass sie beim Einstieg o<strong>der</strong><br />
spätestens ein paar Tage danach weiterkommen<br />
Jobtimum von Gump- & Drahtesel bietet professionelle Beratung und Unterstützung<br />
in <strong>der</strong> Optimierung des Selbstmarketings an. Die Teilnehmenden lernen, ihre eigenen<br />
Fähigkeiten zu analysieren, Perspektiven und Kompetenzen zu entwickeln, sich ambi-<br />
tionierte, aber realistische Ziele zu setzen, eine persönliche Bewerbungsstrategie zu<br />
gestalten, verschiedenartige Bewerbungsaktivitäten zu verfolgen. Sie lernen den Ar-<br />
beitsmarkt besser kennen und diesen aktiv zu bearbeiten und auszuschöpfen.<br />
Im Jobtimum wird geübt und ausgewertet, was <strong>für</strong> die erfolgreiche Stellensuche von<br />
Bedeutung ist. Während zwei Monaten erhöhen die Teil nehmenden mit Eigeninitiative<br />
und Durchhaltevermögen ihre Selbstwirksamkeit. In <strong>der</strong> Gruppe sowie im individuellen<br />
Coaching erhalten sie wertvolle Impulse und Rück meldungen zu massgebenden<br />
Themen wie Bewerbungsschreiben, wirkungsvolle Anrufe, Vorstellungsgespräch und<br />
persönliche Wirkung.<br />
Mehr Informationen erhalten Sie von Eva Maria Thür, Leiterin Berufliche Integration/<br />
Jobtimum, Telefon 031 979 70 75, E-Mail evamaria.thuer@gump-drahtesel.ch<br />
und an sich arbeiten wollen. Ob Handwerker,<br />
Büezer o<strong>der</strong> Ka<strong>der</strong>mitarbeiter.<br />
Eva Maria Thür unterscheidet nach fünf<br />
Jahren Erfahrung grob drei Arten von Motivation.<br />
Die zwangsweise Zugewiesenen: Sie übernehmen<br />
zu Beginn kaum selbst Verantwortung<br />
und sitzen die Stunden vorerst ab. Die Besucher-<br />
Innen: Sie sind offener und abwartend. Sie<br />
nehmen sich, was sie können und steigern mit<br />
<strong>der</strong> Zeit die Eigeninitiative. Die KundInnen: Sie<br />
wollen gleich weiterkommen. Mit ihnen ist viel<br />
möglich und das gemeinsame Arbeiten fällt<br />
leicht. Die drei Kategorien besetzen übers Jahr<br />
je einen Drittel <strong>der</strong> 33 Jobtimum-Plätze.<br />
Fit <strong>für</strong> den<br />
nächsten Auftritt<br />
Alle Teilnehmenden haben im Jobtimum ihren<br />
persönlichen Coach. In den ersten zehn Tagen<br />
wird die eigene Strategie erarbeitet, in <strong>der</strong><br />
Gruppe vorgetragen, analysiert und reflektiert.<br />
!<br />
Fotos: Janosch Hugi<br />
Eva Maria Thür und ein Teil ihres Jobtimum-Coachingteams.<br />
Kompetenzen und Perspektiven<br />
25
!<br />
Kompetenzen und Perspektiven<br />
26<br />
Wichtig dabei, dass die Einzelnen aus dieser<br />
Gruppe intensiv Feedback erhalten. Thür: «In<br />
<strong>der</strong> Strategie werden natürlich auch die nächsten<br />
Handlungsschritte festgelegt. Wir legen<br />
grossen Wert dar<strong>auf</strong>, dass die dann auch umgehend<br />
in <strong>der</strong> Praxis umgesetzt werden. In dieser<br />
individuellen Phase werden die Teilnehmenden<br />
täglich von ihren <strong>Coachs</strong> unterstützt. Es stehen<br />
ihnen auch sogenannte Trainingsinseln offen,<br />
<strong>auf</strong> denen sie bestimmte Bereiche des Vorgehens<br />
schulen und trainieren können.»<br />
Glücksmomente<br />
im Grauen Markt<br />
Ein Meilenstein des Fitnessprogramms im<br />
Jobtimum ist das Nutzen des Grauen Marktes.<br />
Die TeilnehmerInnen sollen sich <strong>auf</strong> Stellen<br />
bewerben, die nirgendwo ausgeschrieben sind.<br />
Sie sollen sich selbst darüber klar werden, bei<br />
welcher Firma sie warum arbeiten wollen. Sie<br />
sprechen dort vor und wollen die Unternehmen<br />
ihrer Wahl davon überzeugen, dass sie im<br />
Unternehmen gebraucht werden und <strong>für</strong> das<br />
Unternehmen wichtig sind. Eva Maria Thür<br />
weiss aus Erfahrung: «Solche Bewerbungen<br />
werden <strong>für</strong> die Unternehmen von Tag zu Tag<br />
wichtiger. Die Personalverantwortlichen werden<br />
in Ausbildungen intensiv mit den Glücksmomenten<br />
des Grauen Marktes vertraut gemacht.<br />
Es gibt heute zunehmend Unternehmen,<br />
die ganz gezielt sagen: Graumarktbewerbungen<br />
sind uns willkommen, und wir setzen uns mit<br />
solchen Bewerbungen intensiv auseinan<strong>der</strong>.»<br />
Umgekehrt werde den Stellensuchenden<br />
klar: «Ich bin mein eigenes Personalbüro, ich<br />
muss <strong>für</strong> mich schauen. Ich nehme die Verantwortung<br />
selbst in die Hand und besuche die<br />
Firmen gut vorbereitet, in die ich passe.»<br />
Die Teilnehmenden filtern ihre Wunschfirmen<br />
selbst heraus. Allein schon dieser Prozess<br />
helfe, eine Art inneres und äusseres Resonanzfeld<br />
<strong>auf</strong>zubauen.<br />
Die aktuellen Zahlen beeindrucken: Zwei<br />
Drittel aller Stellensuchenden, die während o<strong>der</strong><br />
kurz nach ihrem Training im Jobtimum einen<br />
neuen Arbeitgeber haben, sind dank ihrem persönlichen<br />
Einsatz und <strong>der</strong> Bearbeitung des<br />
Graumarkts fündig geworden. «Das sei also bei<br />
dieser Gelegenheit allen mitlesenden <strong>Unternehmer</strong>innen<br />
und <strong>Unternehmer</strong>n gesagt», setzt<br />
Eva Maria Thür lachend nach: «Wir haben im<br />
Jobtimum viele gute Leute <strong>für</strong> interessierte<br />
Unternehmen. Vom Journalist über die Produktionsmitarbeiterin,<br />
den Schreiner bis zur Ingenieurin.<br />
Schauen Sie vorbei und überzeugen Sie<br />
sich selbst, bevor Sie teure Stelleninserate<br />
schalten.» Beat Hugi<br />
«Das Jobtimum<br />
ist praxisnah»<br />
Beat Kuhn aus Köniz hat Mitte Januar bis Anfang März 2010<br />
im Jobtimum von Gump- & Drahtesel an sich und seinen beruflichen<br />
Möglichkeiten gearbeitet. Nach 14 Jahren als Lokalredaktor<br />
beim «Zürcher Unterlän<strong>der</strong>/Anzeiger von Uster» fiel<br />
er in einer Reorganisation aus dem Rennen. Unsere Fragen hat<br />
<strong>der</strong> Journalist aus Leidenschaft schriftlich beantwortet:<br />
gump!: Beat Kuhn, wie hast du die<br />
Zeit im Jobtimum erlebt?<br />
Beat Kuhn: Mir haben die acht Wochen im<br />
Jobtimum gut gefallen. Primär, weil ich da<br />
wie<strong>der</strong> Sozialkontakte hatte unter dem Tag, also<br />
weniger allein war. Das ist etwas, was einem erst<br />
so recht bewusst wird, wenn man mal arbeitslos<br />
ist: dass einem ein Arbeitsplatz auch ein<br />
soziales Biotop bietet.<br />
Deine letzte Stelle?<br />
Ich war 14 Jahre Lokalredaktor beim «Zürcher<br />
Oberlän<strong>der</strong>/Anzeiger von Uster» gewesen. Ich<br />
hätte mir gut vorstellen können, dort sogar mal<br />
noch pensioniert zu werden, in etwa 20 Jahren.<br />
Doch erstens kommt es im Leben manchmal<br />
an<strong>der</strong>s und zweitens als man denkt: Konkret<br />
kam in meinem Fall eine neue Redaktionsleitung,<br />
die praktisch alle, die das 40. Altersjahr<br />
überschritten haben, <strong>auf</strong> die Strasse stellte.<br />
Hat dir das Jobtimum<br />
etwas gebracht?<br />
Es hat mir durchaus etwas gebracht. Durch die<br />
vielen Feedbacks, die man da bekommt – von<br />
den <strong>Coachs</strong>, aber auch von den an<strong>der</strong>en Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmern – habe ich so<br />
einiges mitnehmen können. Bei zwei Vorstellungsgesprächen,<br />
zu denen ich während<br />
meiner Jobtimum-Zeit eingeladen wurde, habe<br />
ich feststellen können, dass da sehr praxisnah<br />
geschult wird. Es wurden nämlich haargenau<br />
jene Fragen gestellt, die auch in den Trainingsgesprächen<br />
im Kurs gestellt werden. Dass ich<br />
dies zunächst im Rahmen einer Wette mit zwei<br />
<strong>Coachs</strong> angezweifelt hatte, musste ich dann mit<br />
zwei Büchsen «Feldschlösschen Premium»<br />
büssen... Ich denke, man darf einfach keine<br />
unrealistischen Vorstellungen haben: Arbeitsplätze<br />
kann niemand herzaubern. Tröstlich ist<br />
immerhin, dass im Kapitalismus <strong>auf</strong> jede<br />
Rezession immer wie<strong>der</strong> eine Konjunktur folgt<br />
und die Schweiz traditionell eine sehr tiefe<br />
Arbeitslosenquote hat. Die <strong>Chance</strong>n, wie<strong>der</strong> einen<br />
Job zu finden, also real sind.<br />
Hast du schon eine Anstellung<br />
gefunden?<br />
Nein, ich habe noch keine neue Stelle. Und es<br />
ist schon bitter, trotz grossen Anstrengungen<br />
immer und immer wie<strong>der</strong> Briefe mit Absagen<br />
im Briefkasten vorzufinden. Das nagt ordentlich<br />
am Selbstvertrauen. Ein Aufsteller waren <strong>für</strong><br />
mich die Einladungen zu den besagten Vorstellungsgesprächen,<br />
auch weil es sich da um<br />
absolute Top-Jobs handelte!<br />
Wer mehr über die Person und die<br />
Fähigkeiten von Beat Kuhn wissen will,<br />
weil er ihm möglicherweise eine Stelle<br />
hat, meldet sich bitte bei gump!-Redaktor<br />
Beat Hugi, Natel 079 228 02 63,<br />
E-Mail: beathugi@bluewin.ch
Mehr Zeit, sich einzuleben<br />
Letzten Sommer hiess es in <strong>der</strong> Wege Weierbühl viel zu oft: Zimmer frei. Eine höchst ungewohnte<br />
Situation, mit <strong>der</strong> das Wege-Team um Manuela Diethelm, die Stiftung <strong>für</strong> soziale<br />
Innovation, aber auch die Gemeinde Köniz gelassen und gekonnt umzugehen wussten. Das<br />
sanfte Entschlacken <strong>der</strong> Hausordnung brachte zum 20. Geburtstag zwar zuerst einige Verunsicherung,<br />
dann aber auch neue Klarheiten und viel Schwung ins Traditionshaus. Seit Anfang<br />
Jahr lebt in den meisten <strong>der</strong> zwölf ausgebuchten Zimmer die altbekannte Klientel, vereinzelt<br />
wohnen aber auch Personen mit neuem Hintergrund und Umfeld am Weierbühlweg 4 in Köniz.<br />
Warum die Wege Weierbühl und<br />
an<strong>der</strong>e Angebote <strong>für</strong> Betreutes<br />
Wohnen in Bern und Umgebung<br />
im Sommer 2009 anhaltende Unterbelegung<br />
vermelden mussten,<br />
sei nicht wirklich in Fakten und<br />
Erkenntnisse zu fassen, winkt<br />
Manuela Diethelm kopfschüttelnd<br />
ab. Das gehe übrigens auch ihren<br />
leitenden KollegInnen an<strong>der</strong>er<br />
Institutionen und den Fachleuten<br />
im Suchtbereich so. Hier wie dort<br />
herrscht gefasstes Staunen. Man<br />
spricht von Fluktuationen und<br />
Wellenbewegungen, die immer<br />
mal wie<strong>der</strong> vorkommen könnten.<br />
Konkrete Zahlen fehlen. Fakt hingegen<br />
ist und bleibt: Die Wege hat<br />
die leeren Zimmer dazu genutzt,<br />
im 20. Jahr ihres Bestehens über<br />
die eigenen Bücher zu gehen.<br />
Neuralgische<br />
Stellen<br />
Dabei sind, wie schon im letzten<br />
gump! angekündigt, Verände-<br />
Wechsel an <strong>der</strong> Wege-Spitze<br />
rungen an neuralgischen Stellen<br />
vorgenommen und umgesetzt worden.<br />
Diethelm: «Wir haben uns<br />
nicht nur verbal, son<strong>der</strong>n auch inhaltlich<br />
und in <strong>der</strong> Praxis von <strong>der</strong><br />
Doktrin einer möglichen Reintegration<br />
unserer Klientel verabschiedet.<br />
Unsere Bewohnerinnen<br />
müssen nicht mehr, wie zuvor,<br />
mindestens an vier Halbtagen pro<br />
Woche ausserhalb arbeiten gehen<br />
und da<strong>für</strong> einen Nachweis vorlegen.»<br />
Haben sie das nämlich nicht<br />
getan o<strong>der</strong> gekonnt, mussten sie<br />
die Wege wie<strong>der</strong> verlassen. «Heute<br />
entscheiden wir nach dem Eintritt<br />
zusammen mit den Bewohner-<br />
Innen und dem weiteren Helfernetz,<br />
wer welche Arbeiten wann<br />
ausserhalb freiwillig machen will<br />
und machen kann. Die Bewohner-<br />
Innen haben so mehr Zeit, sich<br />
einzuleben und weiterzuentwickeln.<br />
Das Ziel, im besten Fall freiwillig<br />
arbeiten zu gehen, bleibt.»<br />
Ein entschlacktes System,<br />
das laut Manuela Diethelm nach<br />
Manuela Diethelm wird das Wege-Team im Herbst <strong>auf</strong> eige-<br />
nen Wunsch verlassen. Sie will zuerst <strong>auf</strong> Reisen gehen und<br />
später eine neue berufliche Herausfor<strong>der</strong>ung suchen – ob wei-<br />
terhin im Dienste <strong>der</strong> Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation ist offen.<br />
Der Stiftungsrat hat jüngst Barendjan van Harskamp (40) als<br />
Nachfolger gewählt. Er übernimmt die Leitung <strong>der</strong> Wege Wei-<br />
erbühl am 1. Oktober 2010. Der Sozialpädagoge mit Zusatz-<br />
ausbildung in System- und Familientherapie arbeitet seit 1994<br />
in Bern als therapeutischer Mitarbeiter <strong>für</strong> Contact Netz im Be-<br />
reich Prisma – Suchttherapie in Gastfamilien. Er ist verheiratet,<br />
Vater von zwei Töchtern. Die Familie lebt in Bern. Mehr zu<br />
allem im nächsten gump!. Er erscheint im November.<br />
erstem Stottern bestens angel<strong>auf</strong>en<br />
ist: «Nach Abschaffen <strong>der</strong> Arbeitspflicht<br />
ging in den ersten Wochen<br />
Ende letzten Jahres niemand mehr<br />
freiwillig arbeiten. Heute aber treffen<br />
sich die Leute morgens nach<br />
sieben Uhr immer zahlreicher vor<br />
dem Ausschwärmen zur Arbeit<br />
beim Morgenkaffee und <strong>der</strong> ersten<br />
Zigarette im Raucherraum.»<br />
Entschlacktes<br />
System<br />
Genauso erfreulich greife das Prinzip<br />
«Weniger Sanktionen, mehr<br />
Belohnungen» auch in an<strong>der</strong>en<br />
Bereichen des Zusammenlebens<br />
und im individuellen Umgang mit<br />
dem eigenen Leben jedes Einzelnen.<br />
Manuela Diethelm ist überzeugt:<br />
«Eine Aufbauarbeit ist nötig.<br />
Mit unserem alten Sanktionssystem<br />
haben wir viel zu schnell<br />
die Notleine ziehen müssen. Die<br />
Erfahrung <strong>der</strong> letzten Monate<br />
zeigt: Es war ein weiser und wegweisen<strong>der</strong><br />
Entscheid, die fixe Anfor<strong>der</strong>ung<br />
Arbeitsnachweis fallen<br />
zu lassen.»<br />
Ein Entscheid, <strong>der</strong> natürlich<br />
im Betrieb des Hauses noch an<strong>der</strong>e<br />
neue Verän<strong>der</strong>ungen mit sich<br />
bringen sollte. Musste doch mit<br />
mehr Leuten untertags im Haus<br />
gerechnet werden. «Wir hatten uns<br />
als Team, aber auch gemeinsam<br />
mit den BewohnerInnen, mit einer<br />
neuen Tagesstruktur im Haus<br />
selbst auseinan<strong>der</strong>zusetzen und<br />
neue Abläufe umzusetzen.» Das<br />
habe seine Zeit gedauert und ab<br />
und zu mächtig <strong>für</strong> Verunsicherung<br />
gesorgt. Bis es soweit kam,<br />
!<br />
Fotos: Janosch Hugi<br />
27
28<br />
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dass die BewohnerInnen selbst<br />
nach mehr klaren Regeln und sogar<br />
nach Sanktionen bei Nichterfüllen<br />
riefen.<br />
Zuckerbrot<br />
und Peitsche<br />
Heute ruhe das System auch da in<br />
einer wohltuenden Balance. «Wir<br />
gehen sogar soweit, dass wir sozusagen<br />
einen wöchentlichen Bonus<br />
an all jene vergeben, die alle<br />
eingeführten Haus<strong>auf</strong>gaben lösen<br />
und erfüllen: von <strong>der</strong> Ordnung im<br />
eigenen Zimmer über das Putzen<br />
<strong>der</strong> Gemeinschaftsräume bis hin<br />
zum Ausführen fixer Tagesämtli.»<br />
Wer pro Woche fünf Kreuze<br />
sammelt, ist nicht nur aus dem<br />
Schnei<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n wird mit zehn<br />
Franken belohnt. Das belastet<br />
übrigens das Budget nicht übermässig,<br />
beruhigt Manuela Diethelm<br />
gleich lachend, «weil <strong>der</strong><br />
erste Boom <strong>der</strong> Kreuzchensammler<br />
bald vorüber war.»<br />
Heute sind es vielleicht zwei<br />
Bewohner, die ihre Belohnung regelmässig<br />
einholen. Die Haus<strong>auf</strong>gaben<br />
werden aber dennoch von allen<br />
mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> regelmässig<br />
erledigt. Wenn nicht, werden Nacharbeitsstunden<br />
verbucht. Sind zehn<br />
beieinan<strong>der</strong>, müssen die Bewohner-<br />
Innen das Haus von 8 bis 12 Uhr<br />
vormittags verlassen. «Wobei auch<br />
diese 10er-Grenze schon hilft»,<br />
weiss Manuela Diethelm aus Erfahrung,<br />
«die Leute machen sich spätestens<br />
bei neun Stunden <strong>auf</strong> dem<br />
Strafkonto ans Aufräumen und an<br />
die Arbeit.» Das zeige aber, dass es<br />
nicht nur mit dem Zuckerbrot zu<br />
machen sei, ab und zu brauche es<br />
auch die Peitsche. Auch wenn sie<br />
nur virtuell an <strong>der</strong> Wand hänge.<br />
Erfolgreiches<br />
Probewohnen<br />
Seit <strong>der</strong> Umstellung im Dezember<br />
2009 sind die zwölf Zimmer <strong>der</strong><br />
Wege Weierbühl ohne grosse Unterbrüche<br />
bewohnt. Die Eigendynamik<br />
innerhalb <strong>der</strong> Gruppe habe<br />
sich wohltuend stabilisiert. Die soziale<br />
Selbstkontrolle spiele. Und ab<br />
und zu sei es gar zu einer kurzzeitigen<br />
Überbelegung gekommen. So<br />
wurde etwa <strong>für</strong> ein dreitägiges Probewohnen<br />
einer Person aus dem<br />
psychiatrischen Dienst <strong>der</strong> Waldau<br />
das inoffizielle 13. Wege-Zimmer<br />
aktiviert. Die Waldau-Klientin wurde<br />
nach dem Austritt eines Bewohners<br />
kurz dar<strong>auf</strong> als offizielle<br />
Bewohnerin mit herkömmlicher<br />
Probezeit <strong>auf</strong>genommen. Manuela<br />
Diethelm: «Wir haben uns mit <strong>der</strong><br />
Umstrukturierung auch gegenüber<br />
neuen Klienten und zuweisenden<br />
Stellen mit an<strong>der</strong>en Bedürfnissen<br />
als gewohnt geöffnet und aktiv angeboten.<br />
So wohnt seit Monaten<br />
schon ein an<strong>der</strong>er früherer Patient<br />
<strong>der</strong> Waldau bei uns. Ihn hätten wir<br />
früher wohl nicht <strong>auf</strong>nehmen können.<br />
Wir arbeiten auch im Team an<br />
und mit dieser neuen Durchmischung.<br />
Das ist zugegebenermassen<br />
höchst anspruchsvoll. Es<br />
erfor<strong>der</strong>t auch l<strong>auf</strong>end neue Kompetenzen<br />
im Team. Bis jetzt ist es<br />
uns aber gut gelungen, damit<br />
umzugehen.» Beat Hugi<br />
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Menschen mit Suchtproblemen<br />
o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Notlagen <strong>der</strong><br />
Wege Weierbühl lesen Sie <strong>auf</strong><br />
www.wege-weierbuehl.ch.<br />
O<strong>der</strong> telefonisch<br />
über 031 971 80 00.<br />
«Ich weiss, wie schön<br />
das normale Leben ist»<br />
Alex war vor zehn Jahren schon mal hier.<br />
Jetzt wohnt er wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wege Weierbühl.<br />
Mit 36 Jahren, die ihm keiner ansieht. Nach<br />
20 Jahren Sucht, die seine Gesundheit nicht<br />
ruinieren konnte. Er will auch jetzt nicht <strong>auf</strong>geben.<br />
Er wisse doch, wie schön das normale<br />
Leben sei. Er will es nach <strong>der</strong> kontrollierten<br />
Auszeit am Weierbühlweg 4 in eine eigene<br />
Wohnung schaffen.<br />
«Wenn ich heute in den Spiegel<br />
schaue, greife ich mir manchmal<br />
an den Kopf: Gopf, schau dich an,<br />
hee, gib Gas und mach endlich<br />
vorwärts.» Wenn Alex in den Spiegel<br />
schaut, sieht er ein junges Gesicht,<br />
intakte Zähne, wache Augen<br />
und kaum Zeichen seiner letzten<br />
20 eher selbstzerstörerischen Jahre.<br />
Seinen Vater, ein Italiener,<br />
kennt er nicht. Seine Mutter war<br />
<strong>für</strong> ihn schon Jahre vor ihrem Tod<br />
kein Thema. Mit seinen sieben Geschwistern<br />
hat er kaum je Kontakt.<br />
Mit 15 kam er von Biel nach Bern.<br />
Er wollte wissen, ob «Sugar» wirklich<br />
besser ist als Sex, was seine damalige<br />
Freundin behauptet hat. Da<br />
habe es ihn gepackt. Auch wenn das<br />
Gift nicht schöner ist, aber das Gefühl<br />
war warm genug. Dann <strong>der</strong><br />
Teufelskreis: Gasse, Spital, Jugendgericht,<br />
Heim, Entzug, Arbeitsstelle,<br />
Absturz, Gasse... «Kaum zu erwarten,<br />
dass du weiterhin so viel<br />
Glück wie bisher hast», lässt Alex<br />
sein Spiegelbild wissen.<br />
Blut und Dreck<br />
Seine <strong>Chance</strong>n seien nachweislich<br />
intakt, nur packen müsse er sie<br />
endlich: «Ich habe meine Geschichte<br />
<strong>für</strong> mich schon so oft auseinan<strong>der</strong>genommen.<br />
Ich weiss eigentlich,<br />
wie es läuft, <strong>auf</strong> was ich<br />
achten muss, dass ich nicht wie<strong>der</strong><br />
abstürze.»<br />
!<br />
Wege-Teamchefin<br />
Manuela Diethelm<br />
und Bewohner<br />
Alex.<br />
29
!<br />
Alex liebt die<br />
Arbeit am Computer.<br />
Und seine<br />
Schuhsammlung.<br />
In Reih und Glied.<br />
30<br />
Trotzdem ist es in den letzten<br />
Jahrzehnten immer wie<strong>der</strong> passiert.<br />
Nach jedem <strong>der</strong> unzähligen<br />
Entzugsversuche. Nach je<strong>der</strong> stabilen<br />
Phase in Heimen o<strong>der</strong> geschützten<br />
Wohnräumen. Monate<br />
<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Gasse. Wochen ohne Dusche,<br />
mit Blut, Gestank und Dreck<br />
am ganzen Körper. Er lacht. «Ich<br />
sah ja wirklich nicht immer so ge-<br />
sund aus wie heute», sagt er, «ich<br />
war nicht selten bis <strong>auf</strong> 50 Kilo abgemagert,<br />
habe Zustände erlebt,<br />
die bei an<strong>der</strong>n Langzeitschäden<br />
am Körper hinterlassen haben.»<br />
Aber er habe sich nie <strong>auf</strong>gegeben.<br />
Jetzt erst recht nicht. «Langsam<br />
finde ich mich einfach zu alt <strong>für</strong><br />
diesen Scheiss.»<br />
Alex ist 36. Das sehen ihm<br />
oft auch die Verkäuferinnen am<br />
Kiosk nicht an, wollen von ihm<br />
den Ausweis wegen dem Alter<br />
sehen, wenn er Zigaretten k<strong>auf</strong>t.<br />
Das ist ein Kompliment und nervt<br />
zugleich.<br />
Gift aus dem Koda<br />
Alex fühlt sich wohl in <strong>der</strong> Wege.<br />
Er sitzt viel am Computer, ohne<br />
Internetanschluss und Games. Er<br />
versucht, mit jenen Arbeitsprogrammen<br />
besser umzugehen, die<br />
er noch nicht kennt. «Open Office»<br />
zum Beispiel. Das ECDL-Diplom<br />
aus dem Computerkurs hat er<br />
schon im Sack. Er sagt, er könne<br />
hier gut zur Ruhe kommen. Wie<br />
vor zehn Jahren, aber mit besseren<br />
Voraussetzungen. Er ist im Koda in<br />
Behandlung. Er bekommt dort<br />
täglich seine Rationen Heroinersatz<br />
Diafin. «Das Koda ist neu <strong>für</strong><br />
mich. Mehr brauche ich nicht zum<br />
Leben. Keinen Zusatzkonsum seit<br />
Monaten, das war früher neben<br />
dem Metadon ganz an<strong>der</strong>s. Das<br />
Koda sättigt mich, was das Gift anbelangt.<br />
Wenn ich den richtigen<br />
Zeitpunkt sehe, gehe ich in den<br />
Entzug.» Das sei wohl nicht heute<br />
o<strong>der</strong> morgen, aber übermorgen:<br />
«Dieser Schritt ist ein Wagnis.<br />
Da<strong>für</strong> will ich mir Zeit lassen. Er<br />
ist mir früher allzu oft nicht gelungen.»<br />
Nur eben. Langsam gehe<br />
ihm <strong>der</strong> Schn<strong>auf</strong> aus, soviel <strong>Chance</strong>n<br />
stünden wohl nicht mehr offen<br />
<strong>für</strong> ihn. «Hepatitis habe ich seit<br />
15 Jahren im Blut, aber noch nie<br />
etwas davon gemerkt, kein HIV,<br />
gesunde Zähne! Irgendwann sagt<br />
dann aber auch mein Körper<br />
stopp.»<br />
Natürlich weiss er, dass er<br />
auch im Koda «giftelet», wenn<br />
auch kontrolliert. «Damit will ich<br />
mich nicht einfach abfinden. Das<br />
kann es nicht gewesen sein. Ich<br />
weiss, wie schön das normale<br />
Leben ist. Ich will wie<strong>der</strong> dahin.»<br />
In einen festen Job, den er<br />
einst schon bei Nestlé als Lagerist<br />
hatte. In eine feste Beziehung, wie<br />
damals mit <strong>der</strong> Freundin, die ihn<br />
heiraten wollte.<br />
Überdosis<br />
<strong>auf</strong> <strong>der</strong> Gasse<br />
Vor einer Überdosis, nach <strong>der</strong> er in<br />
<strong>der</strong> Insel <strong>auf</strong>gewacht war und in<br />
<strong>der</strong> Waldau <strong>auf</strong>gepäppelt wurde,<br />
lebte Alex in St. Gallen. Er hatte die<br />
Frau im Facebook kennengelernt.<br />
«In St. Gallen hatte ich aber keine<br />
Arbeit und kein soziales Umfeld. Es<br />
ging alles zu schnell. Ich war rasch<br />
überfor<strong>der</strong>t. Ich hing herum. Ich<br />
war nach einem Entzug zuerst<br />
sauber, kam dann aber mit <strong>der</strong><br />
lokalen Szene in Kontakt.»<br />
Erste Rückfälle folgten, mit<br />
denen seine neue Partnerin nicht<br />
umgehen konnte und umgehen<br />
wollte. Alex kehrte Hals über Kopf<br />
nach Bern zurück. Angemeldet<br />
blieb er aber in St. Gallen. So lebte<br />
er während Monaten ohne Begleitung<br />
eines zuständigen Sozialdienstes<br />
in Bern <strong>auf</strong> <strong>der</strong> Gasse. Bis<br />
zur Überdosis, die ein Zufall war.<br />
Unabsichtlich, sagt er: «Ich hatte<br />
einfach zuviel verschiedenes Zeug<br />
in mich hineingepumpt.»<br />
Pläne und Träume<br />
Die Sozialdienste <strong>der</strong> Waldau und<br />
<strong>der</strong> Stadt Bern haben ihm nach <strong>der</strong><br />
gesundheitlichen Genesung das<br />
Begleitete Wohnen in <strong>der</strong> Wege<br />
Weierbühl empfohlen. Für Alex ist<br />
es eine Übergangslösung: «Ich will<br />
mir nächstes Jahr eine eigene<br />
Wohnung suchen und mich dort<br />
noch ambulant von <strong>der</strong> Wege<br />
Weierbühl begleiten und nachbetreuen<br />
lassen. Ich werde eine Stelle<br />
finden, ob <strong>auf</strong> dem Bau o<strong>der</strong> in<br />
einem Magazin wie früher, egal.<br />
Ich möchte mein Leben weiterleben.<br />
Das ist an<strong>der</strong>en schon gelungen.<br />
Warum also nicht auch mir?»<br />
Er könne aber auch niemand<br />
an<strong>der</strong>em die Schuld geben,<br />
«falls ich meinen Hochmut, mit<br />
den Drogen locker umgehen zu<br />
können, einmal mehr nicht in<br />
den Griff kriegen sollte.» Und <strong>der</strong><br />
nächste Absturz dann vorprogrammiert<br />
scheint, wenn das Geld<br />
locker im Sack sitzt: «Es liegt einzig<br />
und allein an mir.»<br />
Beat Hugi
Ein Testament <strong>für</strong> gute Taten<br />
Wir Menschen sind vergänglich. Aber die Werte, die uns wichtig sind, leben weiter. In Ihrem<br />
Testament können Sie einen Teil Ihres Vermögens in Form eines Legats <strong>für</strong> gute Taten und sinnvolle<br />
Wohn- und Arbeitsplätze <strong>für</strong> Menschen am Rande einsetzen. Wenn Sie die Stiftung <strong>für</strong><br />
soziale Innovation o<strong>der</strong> eines ihrer Unternehmen in Ihrem Testament berücksichtigen, garantieren<br />
Sie, dass soziale, ökologische und entwicklungspolitische Werte gepflegt und da<strong>für</strong> einstehende<br />
Projekte bestehen bleiben – o<strong>der</strong> neu entstehen können.<br />
Die Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation<br />
und ihre Unternehmen Wege Weierbühl in<br />
Köniz und Gump- & Drahtesel mit Pico Bollo<br />
in Liebefeld und Bern arbeiten gemeinnützig.<br />
Die Stiftungsunternehmen schaffen Perspektiven<br />
<strong>für</strong> Menschen ohne Erwerbsarbeit und <strong>für</strong><br />
Suchtkranke.<br />
In <strong>der</strong> Wege Weierbühl finden Menschen<br />
mit Suchtproblemen Ruhe, Halt und ein<br />
Dach über dem Kopf. Neben zwölf Einzelzimmern<br />
gehören eine Werkstatt und ein grosser<br />
Garten zur Infrastruktur des Hauses Weierbühlweg<br />
4 in Köniz. Mit <strong>der</strong> Angebotspalette «Wege<br />
zum selbstständigen Wohnen» versucht Wege<br />
Weierbühl aktuell, auch eine Lücke im sozialen<br />
Netz zu schliessen. Sie ermöglicht ihren Klient-<br />
Innen so konsequent, sich das selbst verantwortete<br />
und damit mündige Mieten einer eigenen<br />
Wohnung schrittweise zu erarbeiten.<br />
Im Recycling-Projekt «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika» setzt das Stiftungsunternehmen<br />
Gump- & Drahtesel neben seinem Tagesgeschäft<br />
zur sozialen und beruflichen Ingegration einen<br />
ökologischen und entwicklungspolitischen<br />
Schwerpunkt. Gump- & Drahtesel sammelt in<br />
<strong>der</strong> Schweiz alte Velos.<br />
Diese werden in Werkstätten in Zürich,<br />
Rapperswil/Jona, Amriswil, Turgi, Littau und<br />
Sursee, Burgdorf, Thun, Interlaken, Riggisberg<br />
Wir freuen uns, wenn Sie weiterhin mit uns gumpen!<br />
und Bern-Liebefeld <strong>für</strong> den Versand <strong>auf</strong>bereitet<br />
und in Containern in den Süden verschifft. Partner<br />
und Partnerorganisationen im Süden betreiben<br />
Velowerkstätten, welche die Recycling-Velos<br />
verk<strong>auf</strong>en o<strong>der</strong> nutzbringend einsetzen und innovative,<br />
neue Transportfahrzeuge herstellen<br />
<strong>für</strong> Menschen mit Behin<strong>der</strong>ungen. Das Velo-<br />
Recy cling von Gump- & Drahtesel ist ein einzigartiges<br />
Netzwerk zwischen Nord und Süd.<br />
Diese Engagements brauchen Ihre<br />
finan zielle Unterstützung. Tragen Sie zum Erfolg<br />
bei, machen Sie das ökologische, völkerverbindende<br />
und innovative Engagement <strong>auf</strong> lange<br />
Sicht möglich. Setzen Sie die Stiftung <strong>für</strong> soziale<br />
Innovation in Ihrem Testament o<strong>der</strong> in Ihrem<br />
Erbvertrag ein.<br />
Die Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation wird<br />
den Wert einer Erbschaft o<strong>der</strong> eines Vermächtnisses<br />
erhalten und nutzen.<br />
Haben Sie den gump! heute zum ersten Mal aus Ihrem Briefkasten gefischt? Haben Sie ihn irgendwo unterwegs in die Hand gedrückt<br />
bekommen? O<strong>der</strong> sind Sie längst schon eine treue Leserin o<strong>der</strong> ein treuer Leser, aber haben eben die Adresse gewechselt?<br />
Wenn Sie so o<strong>der</strong> so weiterhin mit gump! – Der Zeitung <strong>für</strong> Mutanfälle <strong>der</strong> Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation beschickt werden wollen<br />
(o<strong>der</strong> auch nicht), füllen Sie doch bitte diesen Talon aus. Das hilft. Dazu Ihr Kreuzchen im gewünschten Punkt – und ab die Post.<br />
Siehe unten.<br />
O Ich erhalte gump! erstmals und möchte ihn weiterhin im Briefkasten finden.<br />
O Ich bekomme gump! im Kuvert zugeschickt und habe eine neue Adresse.<br />
O Ich bitte Sie, Ihren gump! neu auch an die notierte Adresse zu schicken.<br />
O Ich bitte Sie, mir den gump! nicht mehr zu schicken.<br />
Ruth Hugi berät und betreut Sie gerne.<br />
Name: Vorname:<br />
Strasse/Nummer: PLZ/ORT:<br />
E-Mail: Telefon:<br />
Schicken Sie den Talon nach dem Ausfüllen bitte an folgende Adresse:<br />
<strong>Administration</strong> gump!, Cornelia Weber, Gump- & Drahtesel, Waldeggstrasse 27, 3097 Liebefeld. Merci.<br />
gump gump!<br />
✂<br />
!<br />
Ruth Hugi berät Sie<br />
gerne. Nehmen Sie bitte<br />
Kontakt mit ihr <strong>auf</strong>:<br />
Telefon 062 922 91 56,<br />
hugiruth@bluewin.ch.<br />
Ihre Angaben werden<br />
absolut vertraulich<br />
behandelt.<br />
31
!<br />
Wege Weierbühl<br />
Weierbühlweg 4<br />
3098 Köniz<br />
Telefon 031 971 80 00<br />
Fax 031 971 80 10<br />
team@wegeweierbuehl.ch<br />
www.wegeweierbuehl.ch<br />
Gump & Drahtesel<br />
RecyclingWerkstätten<br />
Waldeggstrasse 27<br />
3097 Liebefeld<br />
Telefon 031 979 70 70<br />
Fax 031 979 70 79<br />
info@gumpdrahtesel.ch<br />
www.gumpdrahtesel.ch<br />
Pico Bollo, Verk<strong>auf</strong>sladen<br />
Bollwerk 35, 3011 Bern<br />
Telefon 031 312 97 73<br />
Fax 031 332 38 34<br />
info@picobollo.ch<br />
www.picobollo.ch<br />
Velos <strong>für</strong> Afrika<br />
c/o Gump & Drahtesel<br />
RecyclingWerkstätten<br />
Waldeggstrasse 27<br />
3097 Liebefeld<br />
Tel. 031 979 70 70<br />
Fax 031 979 70 79<br />
info@gumpdrahtesel.ch<br />
www.velosfuerafrika.ch<br />
Stiftung <strong>für</strong> soziale<br />
Innovation, c/o<br />
Treuhand U. Müller GmbH<br />
Postfach, 3000 Bern 14<br />
info@sozinn.ch<br />
www.sozinn.ch<br />
32<br />
EMIL in <strong>der</strong> Velowerkstatt<br />
Grosse Benefiz-Gala mit «Velos <strong>für</strong> Afrika»-Botschafter Emil Steinberger in <strong>der</strong> Velowerkstatt<br />
Gump- & Drahtesel: Am Mittwoch, 10. November, 20 Uhr, gastiert <strong>der</strong> Doyen <strong>der</strong> Schweizer<br />
Kleinkunst mit seinem feinen Programm «Drei Engel!» an <strong>der</strong> Waldeggstrasse 27 in Liebefeld.<br />
Karten zu 40 Franken gibt es hier zu k<strong>auf</strong>en: Im Pico Bollo-Laden am Berner Bollwerk 35,<br />
Telefon 031 312 97 73, E-Mail info@picobollo.ch. Die Einnahmen des Abends fliessen voll ins<br />
Projekt «Velos <strong>für</strong> Afrika». Hier Emils persönliche Einladung:<br />
«Vor acht Jahren hat alles<br />
mit einer Lesung begonnen. Im<br />
L<strong>auf</strong>e <strong>der</strong> Jahre verän<strong>der</strong>te sich<br />
diese Lesung immer mehr zu<br />
einem neuen Bühnenprogramm,<br />
bei dem ich immer wie<strong>der</strong> mit drei<br />
erhobenen Fingern und dem Ausspruch<br />
«Drei Engel!» dem Publikum<br />
den Wahrheitsgehalt einer<br />
Geschichte versichere.<br />
Während meinem 100-minütigen<br />
Bühnenprogramm lese<br />
ich höchstens noch 15 Minuten.<br />
Der frühere EMIL hat sich nämlich<br />
zu mir ins Programm geschlichen.<br />
Und so kann man in meinem Programm<br />
den STEINBERGER und<br />
den EMIL gemeinsam <strong>auf</strong> <strong>der</strong><br />
Bühne erleben.<br />
Glauben Sie, dass Sie die beiden<br />
auseinan<strong>der</strong>halten können?<br />
Versuchen Sie’s doch herauszufinden,<br />
und kommen Sie in die<br />
Lesung – pardon! – in mein Programm<br />
«Drei Engel!» Ich freue<br />
mich <strong>auf</strong> Sie!»<br />
Das Impressum<br />
gump! Zeitung <strong>für</strong> Mutanfälle;<br />
erscheint 2� jährlich; Auflage: 20 000 Ex.<br />
Redaktion Heft 15 // Juli 2010:<br />
Manuela Diethelm, Paolo Richter,<br />
Ruth Hugi, Beat Hugi (Leitung)<br />
Inserate, Redaktion & Produktion:<br />
hugis, Postfach, 4901 Langenthal<br />
Telefon 062 923 15 57<br />
beathugi@bluewin.ch<br />
Layout & Druck:<br />
Stefan Zimmerli;<br />
Schürch Druck und Medien, Huttwil<br />
Chapeau <strong>für</strong><br />
«Velos <strong>für</strong> Afrika»<br />
Der Doyen <strong>der</strong> Schweizer<br />
Kabarettwelt war begeistert,<br />
als er unlängst <strong>auf</strong> Blitzbesuch<br />
in den Velo-Werkstätten<br />
von Gump- & Draht esel<br />
kam. Emil Steinberger und<br />
seine Frau Niccel sind<br />
Botschafter <strong>für</strong> «Velos <strong>für</strong><br />
Afrika». Für Niccel Stein-<br />
berger ist ihr Engagement<br />
eine Selbstverständlichkeit<br />
und Ehre: «Das Projekt ist<br />
genial. Velos, die sonst <strong>auf</strong><br />
dem Schrott landen o<strong>der</strong> im<br />
Keller stehen bleiben, brin-<br />
gen Arbeit im Norden und<br />
Arbeit, Einkommen und<br />
Mobilität im Süden. Was<br />
will man noch mehr?» Emil<br />
doppelt gerne nach: «Es ist<br />
von A bis E eine ehrliche<br />
Sache. Einfach und effizi-<br />
ent. Vom Sammeln über<br />
das Reparieren bis zum<br />
Verschiffen und Verwen-<br />
den in Afrika. Je<strong>der</strong> Mensch<br />
kann sich die Hilfe rasch<br />
vorstellen. Chapeau!»<br />
Herausgeberin:<br />
Stiftung <strong>für</strong> soziale Innovation<br />
www.sozinn.ch